1872 / 272 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Nov 1872 18:00:01 GMT) scan diff

An den Grenzen von Honduras hausen noch immer Räu⸗ Die Jesuiten beginnen in Nicaragua sich nieder⸗ zulassen. 1 Ein Telegramm der »Times« aus Philadelphia meldet: In Boston wurden 959 Gebäude, darunter 125 Privathäuser eingeäschert; 35 Personen büßten ihr Leben ein und 2043 und Individuen haben Geldverluste erlitten. Der ouverneur von Massachusetts hat die Legislatur dieses Staates einberufen, um Maßregeln für die Anterstützung Bostons zu ergreifen. Neuesten Berichten zufolge werden daselbst bereits Anstrengungen gemacht, den durch die Feuersbrunst angerich⸗ teten Schaden wieder gut zu machen. Etwa 50 Familien sind

obdachlos. 2 centralamerikanischen Republiken

1 jn bd. 8 chricht In Honduras nimmt die a in Nachrichten: Der Jahrestag der

Lage der Dinge eine ruhigere Gestalt an. Unabhängigkeit von Central⸗Amerika wurde in Comayazua

mit großem Enthusiasmus gefeiert. Der Bau der inter⸗ ozeanischen Eisenbahn macht Fortschritte. Die neue Regierung besteht aus dem folgenden Personal: D. Celeio Arias, proviso⸗ rischer Präsident ; Ponciano Leiva, Auswärtiges; Joaquin Velas⸗ quez, Jafüffi Gouverneur J. N. Vonero, Finanzen; Miguel del Cid, öffentlicher Unterricht und Kultus; General M. Alvarez, Krieg. Die Presse von Nicaragua befürwortet die Föderation der centralamerikanischen Staaten. Alle Be⸗ fürchtungen wegen eines Bruches mit Costa Rica wegen der Grenzen sind geschwunden. In Guatemala hat sich der roͤßere Theil der Indianer, die sich gegen die Regierung empört S unterworfen. Die Session des nationalen konstitu⸗ tionellen Kongresses von San Salvador sollte am 30. Sep⸗ tember beginnen.

Aus Rio de Janeiro wird unterm 23. Oktober ge⸗ meldet, daß die Unterhandlungen mit General Mitre dem Ver⸗ nehmen nach sich rasch einem freundlichen Abschlusse nähern. Ein Separatvertrag wird mit der Argentinischen Konföde⸗ ration und Paraguay zum Abschluß kommen.

Asien. Die »A. A. C.« vom 12. November meldet: Nachrichten aus Japan zufolge ist in Neddo vor Kurzem eine öffentliche Staatsbibliothek eröffnet worden.

1 Landtags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 16. November. Auf Grund der Allerhöchsten Ermäch⸗ tigung vom 12. d. M. ist dem Hause der Abgeordneten seitens des Finanz⸗Ministers der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Fessell ung des Staatshaushalts⸗Etats für 1873, zur ver ssubgem ßigen Beschlußnahme vorgelegt worden. Derselbe stimmt woͤrtlich mit der in 252 d. Bl. abgedruckten Vorlage überein.

Dem Hause der Abgeordneten sind ferner auf Grund Allerhöchster

.

Ermächtigung vom 12. d. M. Seitens des Finanz⸗Ministers die allge⸗

meine Rechnung über den Staatshaushalt der Jahre 1868

. 8

und 1869 nebst den dazu gehörigen Anlagen, Vorberichten und den Be⸗ merkungen der Ober⸗Rechnungskammer, sowie die Rechnung der Ren⸗ dantur des Staatsschatzes für dieselben Jahre von Neuem zur Ent⸗

1;2” der Staatsregierung vorgelegt worden.

schreitungen (S. Nr. 253)

Ebenso sind die Uebersichten von den Staatseinnahmen

und Ausgaben des Jahres 1871 nebst der dazu gehörigen Denk⸗

und den Motiven für die darin nachgewiesenen Etats⸗Ueber⸗ und außeretatsmäßigen extraordinären Ausgaben dem Landtage der Monarchie, zur nachträglichen Ge⸗

chrift

nehmigung dieser Etats⸗Ueberschreitungen und extraordinären Ausgaben wieder vorgelegt.

gendes

8

2 lichen Fragen, welche von einem Mitgliede 4

Se hes ist dem Präsidium des Hauses der Abgeordneten fol⸗ chreiben zugegangen:

Von dem Präsidium des Hauses der Abgeordneten ist mittelst gefälligen Marginalschreibens vom 1. d. M. eine Anzahl von schrift⸗ 1 des Hauses zu ver⸗ schiedenen Etats gestellt worden sind, unter Bezugnahme auf das Schreiben des damaligen Hrn. Finanz⸗Ministers vom 19. November

1866 mir übermittelt worden und ähnliche Anfragen sind auch an

andere Ministerien gelangt.

1 Wenngleich diese Vorlagen durch den inzwischen erfolgten Schluß der Session als erledigt anzusehen sind, so wünscht doch das König⸗ liche Staats⸗Ministerium beim Beginn der neuen Session eine Ver⸗

N

*

nen in dem Falle

ständigung darüber herbeizuführen, in welcher Weise bei der Etats⸗ Berathung etwaige weitere Erläuterungen zu einzelnen Etatspositio⸗ u geben sein werden, daß die Vorberathung des Staatshaushalts⸗Etats dieses Mal nicht wie in den Sessionen seit dem Jahre 1866, im ganzen Hause, sondern etwa in einer Kommis⸗ sion stattfinden sollte.

g

Das Verfahren, daß von einzelnen Mitgliedern des Hauses und zwar pon den für die einzelnen Etats ernannten Kommissarien des Hauses schriftliche Anfragen durch Vermittelung des Präsidiums an

die Königliche Staatsregierung gerichtet und von

dieser schriftlich

beantwortet werden, ist für diejenigen Sessionen eingeführt und be⸗

folgt worden, in welchen die Vorberathung

-

Ministerium ist, wovon ich im Einvernehmen mit

.

eine Kommission überwiesen werden sollte. fragen, welche sich an einzelne Etatspositionen knüpfen, bei den rathungen dieser Kommission an die zu denselben d

trrter der Staatsregierung zu richten sein. 16“ .

22938

es Staatshaushaltsetats Das Staats⸗ inist emselben dem Präsidium des Hauses der Abgeordneten ganz ergebenst Mittheilung mache, der Ansicht, daß dieses Verfahren nicht weiter Platz zu greifen aben wird, wenn der Staatshaushaltsetat zur Vorberathung an Alsdann würden An⸗ Be⸗ Ver⸗

im ganzen Hause stattgefunden hat.

Berlin, den 14. November 1872. 1 Der Finanz⸗Minister.

3 Camphausen. b 8

elegter, bereits in betreffend die Verpflichtung zum Halten der Gesetz⸗Sammlung und der Amtsblätter, lautet:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden

Ein dem Hause der Abgeordneten vor der vorigen Session eingebrachter Gesetzentwurf,

den König von Preußen ꝛc., verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtages für den ganzen Umfang der Monarchie', was folgt:

21 1. Zum Halten der Gesetz⸗Sammlung für die Preußischen Stagten und des Amtsblattes sind fortan verpflichtet: 1) die Gemein⸗ den und die selbständigen Gutsbezirke, 2) die im höheren unmittel⸗ baren Staatsdienste etatsmäßig angestellten Beamten.

S. 2. Von der im §. 1 zu 1 vorgeschriebenen Verpflichtung dürfen die Bezirks⸗Verwaltungs⸗Beh rden (Regierungen, Landdrosteien) Guts⸗ bezirke und kleinere Gemeinden auf Zeit entbinden.

§. 3. Alle bisherigen, über die Vorschrift des §. 1 hinaus⸗

ehende Verpflichtungen zum Halten der darin bezeichneten amtlichen

Blätter sind aufgehoben.

Urkundlich u. s. w. 8192

Den Motiven entnehmen wir Folgendes:

Auf Grund a) der Verordnung über die Erscheinung und den

Pößtauf der neuen Gesetz Sammlung vom 27. Oktober 1810 (Gesetz⸗ amml. S. 1), b) der Verordnung über die Einrichtung der Amts⸗

blätter in den Regierungs⸗Departements und über die Publikation

der Gesetze und Verfügungen durch dieselben und durch die allgemeine Gesetz⸗Sammlung vom 28. März 1811 (Ges.⸗Samml. S. 165), c) der

Verordnung zur näheren Ausführung und Anwendung der Gesetze vom 27, Oktober 1810 und 28. März 1811 über die allgemeine Gesetz⸗ Sammlung und die Einrichtung der Amtsblätter in den Rheinischen Provinzen vom 9. uni 1819 (Ges. Samml. S. 14 ), d) des Aller⸗ höchsten Erlasses, betreffend die Bestimmung, daß zur Haltung der Gesetz⸗Sammlung und des Regiecrungs⸗Amtsblatts, außer den Räthen und Referendarien der Appellationsgerxichte auch die

Mitglieder der Stadt⸗ und Kreisgerichte, einschließlich der Einzel⸗

entsprechende Handhabung der Gesetze und für die sorgfältige

richter, sowie die Gerichts⸗Assessoren und die Beamten der Staats⸗ Anwaltschaft verpflichtet sein sollen, vom 6. Juli 1850 (Ges.⸗Samml. S. 362), e) des Allerhöchsten Erlasses, betreffend die Publikation der Gesetze in den Hohenzollernschen Landen ꝛc. vom 19. September 1852 (Ges.⸗Samml. S. 588) und f) des Allerhöchsten Erlasses, betreffend die Verpflichtung der Rechtsanwalte und Notarien ꝛc. F Halten der Gesetz⸗Sammlung vom 9. Mai 1854 (Ges.Samml. S. 270) hat ich für das preußische Staatsgebiet älteren Bestandes, d. h. mit Aus⸗ chluß der im Jahre 1866 erworbenen Landestheile und des Jade⸗ gebietes in Betreff der Verpflichtung zur Haltung der Geset⸗Samm⸗ lung und des Amtsblattes folgender gktuelle Rechtszustand entwickelt:

„1I. Beide Eedts heborae sind zu halten verbunden: a) die Räthe bei den Ministerien, b) die Räthe, Assessoren und Referen⸗ darien bei den Landes⸗Kollegien, c) die Landräthe, d) die Domänen⸗ beamten, e) die Mitglieder der Stadt⸗ und Kreisgerichte einschließlich der Einzelrichter, die Gerichts Assessoren und die Beamten der Staats⸗ anwaltschaft, †) die Forst⸗Inspektoren, g) die Superintendenten und die geistlichen Inspektoren in der Rheinprovinz, von denen jedoch die⸗ jenigen, welche als Prediger das Amtsblatt unentgeltlich empfangen, dasselbe nicht zu halten verpflichtet sind, h) die Mitglieder der Landgerichte, die Friedensrichter und die Beamten des öffentlichen Ministeriums in der Rheinprovinz, i) die No⸗ tarien und Gerichtspollzieher daselbst, k) die rheinischen Bischöfe, Domkapitel, General⸗Vikare, Land⸗Dechanten und deren Stellvertreter, sowie die erz⸗ und bischöflichen Kommissarien und Be⸗ hörden, 1) die Gemeinden und die Bürgermeistereien in der Rhein⸗ provinz, welche letzteren so viele Exemplare auf Kosten der Gemeinde⸗ kasse anzuschaffen haben, als die Regierungen nach der Größe der Ge⸗ sammtgemeinden für nothwendig halten. k

II Zum Halten der Gesetz⸗Sammlung allein sind verpflichtet: a) die. Rechts⸗Anwalte und Notarien, sowie die Advokaten und Advokat⸗Anwalte im Bezirke des Appellationsgerichtsofes zu Cöln, b) die bei den Auseinandersetzungs⸗Behörden als Spezial⸗Kom⸗ missarien fungirenden Assessoren und Oekonomie⸗Kommissarien, c) die Provinzial⸗Rentmeister bei den Rentenbanken und die Univer⸗ sitätsrichter, d) die Polizeidirektoren. 8 b

III. Zum Halten der Amtsblätter allein sind verpflichtet: die Krüger, Gast⸗ und Schankwirthe in den sechs östlichen Provinzen, in Westfalen, im Kreise Essen und in dem auf dem rechten Rheinufer belegenen Theile des vormaligen Regierungsbezirkes Cleve.

In den, im Jahre 1866 mit der Monarchie vereinigten Landes⸗ theilen wurden bezüglich der Zwangspflicht zum Halten amtlicher Publikationsorgane sehr verschiedenartige Bestimmungen vorgefunden:

Während in den Herzogthümern Schleswig und Holstein und in der Stadt Frankfurt eine solche Pflicht völlig unbekannt war, die Be⸗ hörden und Beamten vielmehr unentgeltlich in den Besitz der amt⸗ lichen Blätter gesetzt wurden, beschränkte sich die Verpflichtung im Kur⸗ fürstenthum Hessen auf die sechs amtlichen Wochenblätter, welche von jeder Gerichts⸗, Verwaltungs⸗ und Finanzbehörde, sowie von jeder Gemeinde des Bezirks gehalten werden mußten. Die „»Kurhessische Sammlung von Gesetzen⸗ wurde den Behörden, Magisträten und Gemeinden unentgeltlich geliefert. ““

Im vormaligen Königreich Hannover bestand ebenfalls eine Pflicht

zum Halten der allgemeinen Gesetz⸗Sammlung nicht, von den amt⸗

lichen Publikationsorganen der Landdrosteien wurden jedoch die »Stader Anzeigen« für Rechnung der Kirchenärare angeschafft, wäh⸗ rend das »Amtsblatt für Ostfriesland⸗ von den Gemeinden gehalten werden mußte.

Im Herzogthum Nassau waren zum Halten des »Verordnungs⸗ blattes« sämmtliche Central⸗ und Lokalbehörden, sowie sämmtliche Gemeinden, Kirchen und Schulen, zum Halten des »Allgemeinen Intelligenzblattes« aber sämmtliche Staatsbehörden, mit Ausschluß 88 Eep und Oberfoͤrstereien, und die Gemeinden ver⸗ unden.

In den vom Großherzogthum Hessen abgetretenen Gebietstheilen bestand für jeden Justiz⸗ und Kommunalbeamten, sowie für jede Kommune und jeden Kirchenkasten die Verpflichtung zum Halten des »Regierungsblattes« und in der Landgrafschaft Hessen waren alle Behörden und Beamten, alle Kirchen und Gemeinden verpflichtet, so⸗ wohl das »Regierungsblatt«, als das »Amts⸗ und Intelligenz⸗Blatt⸗ des Amtes, zu welchem sie gehörten, zu halten. Es sollten jedoch die⸗ jenigen, welche ein Amtsblatt hielten, das Regierungsblatt ohne be⸗ sondere Vergütigung und die höheren landgräflichen Justiz⸗, Ver⸗ waltungs⸗ und Finanz⸗Behörden auch die Amtsblätter unentgeltlich empfangen 1

Es bedarf keiner Ausführung, daß die hiernach für ein⸗ zelne Landestheile bestandene Pflicht zum Halten der früheren Publikations⸗Organe nicht ohne Weiteres auf die »Gesetz⸗Samm⸗ lung für die Preußischen Staaten⸗- und auf die neubegrün⸗ deten Amtsblätter, welche nach Vorschrift der Verordnungen vom 1. Dezember 1866 (Gesetz⸗-Samml. S. 743) und vom 29. Januar 1867 (Gesetz⸗Samml. S. 139) zur Publikatirn landesherrlicher und amtlicher Erlasse in den gedachten Provinzen bestimmt sind, hat ausgedehnt werden dürfen. Diese beiden Verord⸗ nungen überlassen es zwar besonderer Königlicher Verfügung, welche Behörden und Beamten verpflichtet sein sollen, die Gesetz⸗Sammlung auf ihre Kosten zu halten, eine solche ist indessen während der soge⸗ nannten Diktatur⸗Periode nicht ergangen. Es erscheint daher die Regelung der Angelegenheit im Wege der Gesetzgebung um so mehr geboten, als es sich gleichzeitig darum handelt, einerseits die Zweifel zu lösen, welche die älteren Vorschriften in der Praxis hervorgerufen haben, andererseits aber die Unterschiede zu beseitigen, welche rück⸗ sichtlich des Umfangs der Verpflichtung nach der vorstehenden Dar⸗ stellung zwischen den verschiedenen Provinzen zur Zeit noch bestehen.

Indem die Staatsregierung mit dem vorliegenden Entwurfe für

alle Theile der Monarchie eine übereinstimmende Regulirung der Ver⸗

pflichtung zum Halten der Gesetz⸗Sammlung und der Amtsblätter vor⸗ schlägt, ist sie von der Ueberzeugung geleitet worden, daß, um die ehörige Verbreitung der Gesete und der amtlichen Erlasse genügend sae zu stellen und den Staatsangehörigen, für welche diese Publi⸗ aationen bestimmt sind, ausreichende Gelegenheit zu bieten, von dem Inhalte derselben Kenntniß zu nehmen, die Beibehaltung jener Ver⸗ pflichtungen im Allgemeinen geboten sei. Die Staatsregierung glaubt, daß nur auf diesem Wege eine hinreichende Gewähr für die zweck⸗ each⸗ tung der landesherrlichen oder behördlichen Vorschriften gegeben werde.

Dagegen erscheint es allerdings nothwendig, den Kreis der Ver⸗ pflichteten anders, als dies durch die zur Zeit geltenden Vorschriften geschehen ist, abzugrenzen und nach Maßgabe der veränderten Ver⸗ hältnisse auf der einen Seite eine Einschräänkung, auf der andern aber eine Erweiterung dieses Kreises eintreten zu lassen.

Zu einer Unterscheidung zwischen der Pflicht zum Halten der Gesetz⸗Sammlung und derjenigen zum Halten des Amtsblattes liegt eine Veranlassung nicht vor. Beide Organe ergänzen einander und sind für die Verpflichteten gleich unentbehrlich.

Nach dem Entwurfe soll für die Folge die Verpflichtung zum Halten beider Blätter sich erstrecken auf:

1) die Gemeinden und Gutsbezirke, 2) die Beamten im höheren Staatsdienste.

In den älteren Landestheilen sind die Gemeinden schon auf Grund der Eingangs angezogenen Verordnungen, für den Geltungs⸗ bereich der Verordnung vom 9. Juni 1819, jedoch mit der Maßgabe verpflichtet, daß die rheinischen Bürgermeister soviel Exemplare der Gesetzsammlung und des Amtsblattes auf Kosten der Femeingekaͤsfe anzuschaffen haben, als die Regierungen nach der Größe der Gesammt⸗ gemeinden für nothwendig erachten.

An dieser Verpflichtung wird auch für die Zukunft festzuhalten sein, weil eine Gewaͤhr dafür gegeben sein muß, daß mindestens ein Exemplar der amtlichen Publitations⸗Organe in jeder Gemeinde vor⸗ handen ist. Das unmittelbare Interesse für die Gesetzgebung und die Anordnungen der Behörden dürfte nicht überall so lebendig sein, daß auf ein freiwilliges Halten jener Blätter in jeder Gemeinde gerechnet werden könnte. Soweit diese Annahme aber nicht zutrifft, dürfte die durch das Gesetz vorgeschriebene Verpflichtung um so weniger Anstoß erregen, als dadurch eine Leistung gefordert wird, welche auch ohne eine solche Vorschrift bereitwillig übernommen werden würde.

Daß bezüglich der in Rede stehenden Pflicht die selbständigen Gutsbezirke den Gemeinden gleich behandelt werden 1 folgt aus der Stellung, welche sie nach gegenärtiger Lage der Gesetzgebung unter den kommunalen Verbänden der Moönarchie einnehmen. Danach stehen

8

sie mit den ländlichen Gemeinden rücksichtlich der örtlichen Verwaltun auf derselben Linie, und es liegt bei ihnen ein nicht geringeres Bedürfniß zum Besitz der amtlichen Publikations⸗Organe vor. Ohne die Gescz. Sammlung und das Amtsblatt würden die ländlichen Ortsobrigter ten nicht im Stande sein, die ihnen obliegenden Geschäfte ehörig zu erledigen, beide Blätter gehören mithin zu ihren Amtsbebtrfnse deren Beschaffung ihnen anheimfällt. Die Pflicht hierzu durch dat Gesetz festzustellen, ist aber um so mehr geboten, als sich aus den vorhandenen Uebersichten über die Zahl der freiwilligen Abonnenten der Gesetz⸗Sammlung und der Amtsblätter ergiebt, daß zur Zeit nur sehr wenige selbstständige Güter diese Blätter halten.

Außer den Gemeinden und Gutsbezirken sollen nach dem Ent⸗ wurf nur noch die im höheren Staatsdienst etatsmäßig angestellten Beamten zum Halten beider Blätter verpflichtet sein. Diese Bestim⸗ mung generalisirt die bisher schon für die überwiegend größere Zahl der höheren Beamten bestandene Pflicht, sie entlastet aber von dersel⸗ ben zugleich diejenigen zur Zeit verpflichteten Personen, welche eine etatsmäßige Stelle im unmittelbaren Staatsdienste nicht bekleiden.

Es kann darüber kein Zweifel obwalten, daß der Besitz der Ge⸗ setz Sammlung und des Amtsblattes bei sämmtlichen im öffentlichen Dienste stehenden, nicht zu rein mechanischen Geschäften bestimmten Beamten zu den Erfordernissen ihrer Dienststellung gehört. Insbe⸗ sondere sind es aber die höheren Beamten, für welche es als dienstlich nothwendig zu betrachten ist, daß sie sich in beständiger Kenntniß der fortschreitenden Entwickelung der Gesetzgebung auf den verschie⸗ denen Gebieten des öffentlichen Lebens und des Rechtes, sowie der von den höheren Behörden erlassenen Vorschriften erhalten, da ohnz eine solche fortlaufende Kenntniß eine ersprießliche Wirksamkeit im Amte kaum möglich sein wird. Darf im Allgemeinen auch an⸗ gesomöüneh werden, daß die Mehrzahl der Beamten sich auch ohne

esondere Nöthigung in den Besitz der amtlichen Publikationsorgane setzen werde, so glaubt die CF dennoch an der entsprechen⸗ den Pflicht festhalten zu sollen, weil dieselbe mit der Verpflichtung der Gemeinden und Gutsbezirke in Wechselbeziehung steht.

Diese trägt wesentlich dazu bei, die Kenntniß, jene die Handhabung der gesetzlichen Vorschriften zu gewährleisten. Ueberdies trifft auch hier die bereits oben gemachte Bemerkung zu, daß eine gesetzliche Pflicht da nicht zur Belästigung gereichen kann, wo die Erfüllung dessen, was das Gesetz fordert, auch ohne dies selbstverständlich erscheint.

Wenn davon abgesehen ist, in ähnlicher Weise, wie in den ältern Verordnungen die verpflichteten Beamten⸗Kategorien einzeln aufzu⸗ führen, so hat dies in der Betrachtung seinen Grund, daß es nament. lich im Hinblick auf mögliche Aenderungen in der Organisation der Behörden unthunlich sein würde, in der Aufzählung erschöpfend zu sein. Die in dem Entwurfe gezogene Grenze, durch welche die Subaltern⸗ und Unterbeamten von der Verpflichtung völlig ausge⸗ schlossen sind, ist eine nach den vorhandenen Dienstvorschriften fest· stehende und wird zu Zweifeln bei der Ausführung des Gesetzes kaum eine Veranlassung bieten. Eventuell würde es füglich den ein⸗ zelnen Ressort⸗Chefs überlassen werden können, derartige Zweifel nach Maeaabe der vorstehend entwickelten Grundsätze zu lösen.

die Subaltern⸗ und Unterbeamten ebenso, wie bisher, der fraglichen Pflicht nicht unterworfen sein sollen, wird keiner näheren Begründung bedürfen.

Die Entbindung der außeretatsmäßigen Beamten von der zur Zeit auch ihnen obliegenden Verpflichtung beruht auf der Erwägung, daß solchen Beamten, welche ein etatsmäßiges Gehalt vom Staate nicht beziehen, zum Theil aber, wie die Referendarien, noch in den Vorstadien des Staatsdienstes sich besinden, nicht füglich besondere Kosten fuͤr die Beschaffung von Hülfsmitteln zu ihrem amtlichen Be⸗ rufe zwangsweise auferlegt werden können.

Derselbe Gesichtspunkt ist maßgebend gewesen für die fernere Ent⸗ fastung Fetensba Personen, die nicht im unmittelbaren Staatsdienste sich befinden.

Was die bisher zum Halten der Amtsblätter verpflichteten Krüger, Gast⸗ und Schankwirthe anlangt, so ist eine der Vorschrift des §. 8 der Verordnung vom 28. März 1811 (Gesetz⸗Sammlung S. 165) ent⸗ sprechende Bestimmung schon in die Verordnung vom 9. Juni 1819 (Gesetz⸗Sammlung S. 148) nicht übergegangen. Als Motiv hierfür ergiebt sich aus den, dieser letzteren voraufgegangenen Verhandlungen, daß die Verpflichtung der Krüger, Gast⸗ und Schankwirthe zwar in den östlichen Theilen der Monarchie bei den besonderen Verhältnissen derselben zur Unterstützung der Verbreitung des Inhaltes der Amts⸗ blätter nöthig und nütlich erschienen ist, daß indessen für die Rhein⸗ provinz ein Bedürfniß zu einem gleichen Hülfsmittel nicht hat an⸗ erkannt werden können. Die Staatsregierung glaubt gegenwärtig darauf für den ganzen Umfang der Monarchie um so eher verzichten zu können, als eine Ausdehnung der Verpflichtung auf diejenigen Landestheile, in denen dieselbe bisher nicht bestand, unthunlich er⸗ scheint, überdies aber die Verbreitung der amtlichen Publikations⸗ Organe durch die Wirthshäuser doch nur von Werthe ist.

Zur Rechtfertigung der Vorschrift des §. 2 ist zu bemerken, daß die darin enthaltene Anordnung wegen der moͤglichen Härten, welche eine rücksichtslose Durchführung der Verpflichtung mit sich führen würde, nöthig erscheint. Für ganz kleine Gemeinden und Guts⸗ bezirke, für welche die Aufbringung der Kosten des Haltens der Gesetz⸗ Sammlung und des Amtsblattes zu einer wirklichen Last werden würde, kann eine Dispensation unbedenklich und unbeschadet des Zweckes der Verpflichtung eintreten, weil die Mitbenutzung der amt⸗ lichen Publikations⸗Organe eines benachbarten Kommunalverbandes in allen solchen Fällen möglich ist und auch bisher schon hat bewirkt werden können. Ebenso wird die Dispensation für solche Gutsbezirke zulässig sein, welche gar nicht, oder in so geringem Maße bevölkert sind, daß die Beschaffung der amtlichen Publikationsorgane überflüssig und zwecklos sein würde. Die Entbindung wird jedoch immer nur auf Zeit felgen dürfen, damit bei eintretender Veränderung der derselben zu Grunde liegen⸗ den Umstände die Erfüllung der Verpflichtung gefordert werden kann. Mit der im §. 2 vorgesehenen Bestimmung wird zugleich die Anord⸗ nung der Verordnung vom 9. Juni 1819 entbehrlich, wonach die Bürgermeister der rheinischen Gemeinden so viele Exemplare der Geset⸗Sammlung und des Amtsblattes auf Kosten der Gemeinde⸗ kasse anschaffen sollen, als die Regierungen nach Größe der Ge⸗ sammtgemeinden für nothwendig halten. 8

Die Motive zu dem vorgestern mitgetheilten Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Tagegelder und die Reisekosten der Staatsbeamten, lauten:

Die allgemeinen Vorschriften, nach welchen die Vergütung der den Staatsbeamten bei Dienstreisen erwachsenden Kosten seither er⸗ folgte, sind enthalten in:

I. der Verordnung vom 28. Juni 1825, wegen Vergütigung der Diäten und Reisekosten für kommissarische Geschäfte in Koͤniglichen Dienstangelegenheiten (G. S. S. 163);

II. dem Allerhöchsten Erlaß vom 10. Juni 1848 über die Tage⸗ Pldes und Fuhrkosten bei Dienstreisen der Staatsbeamten (G⸗S.

8181). Durch die Verordnung vom 23. September 1867, (G. S. S. 1619, Nr. 6853) sind diese Vorschriften auch in die neu erworbenen Landestheile eingeführt. 8

Neben diesen allgemeinen Vorschriften bestehen abgesehen von dem für Militärpersonen und Militärbeamte, denen ein bestimmter Militärrang beigelegt ist, ergangenen Reisekosten⸗Regulativ für die Armee vom 28. Dezember 1848 nebst dem Allerhöchsten Erlaß vom selbigen Tage, die Tagegelder betreffend (G. S. 1849 S. 81. 85) in den alten und in den neuen Landestheilen für einzelne Klassen von Beamten und für einzelne Dienstgeschäfte noch besondere Vorschriften mit theilweise gesetzlichem Charakter. Namentlich sind hier die für die Justizbeamten maßgebenden Gesetze vom 9. Mai 1851 (G. S. S. 619)) vom 9. Mai 1854 (G. S. S. 273) und vom 11. März 1865 (G. S. S. 129), sowie das für die Medizinalbeamten ergangene Gesetz vom 9. März 1872 (G. S. S. 265) hervorzuheben.

Schon seit längerer Zeit hat sich das Bedürfniß einer Revision der älteren Vorschriften herausgestellt.

In Anerkennung dieses Bedürfnisses hat das Haus der Abgeord⸗ neten in der Sitzung vom 28. Februar 1872 den Antrag des Abg. Hrng angenommen:

„die Königliche Staats⸗Regierung aufzufordern: die bestehenden

zweifelhaftem

Bestimmungen über Meilengelder, Reisekosten und Reisediäten der Staatsbeamten einer eingehenden Repision zu unterwerfen, und über die durch die Zeitverhältnisse bedingten anderweiten Entschädi⸗ gungssätze dem Landtage baldthunlichst eine Gesetzesvorlage zu

achen. (Sten. Ber. d. Abg.⸗H. S. 1007. 1b

Eine Prüfung des bitesenden Rechtszustandes ließ es als wün⸗ schenswerth erscheinen, die für die Entschädigung der Beamten bei Dienstreisen zu befolgenden Grundsätze, wie sie bisher in den oben unter I. und II. genannten Vorschriften enthalten waren, in einer eseßlichen Perodnung zusammen zu fassen. In diese Verordnung gleichzeitig die in besondern Gesetzen und Reglements enthaltenen Vorschriften aufzunehmen, erschien bei der großen Mannigfaltigkeit der zu berücksichtigenden Verhältnisse nicht thunlich, im Interesse der Uebersichtlichkeit aber auch nicht wünschenswerth. Eben so wenig konnten diese Sondervorschriften für entbehrlich erachtet werden. Die Revision derselben, für welche die Grundsaätze des Entwurfs die Direktive zu bilden haben, ist deshalb dem Verordnungswege vor⸗ behalten. Nur die im §. 12 Abs. 3 aufgenommene Bestimmung bildet hiervon eine Ausnahme.

Im Uebrigen geht der Entwurf von folgenden allgemeinen Ge⸗ schtspunkten aus: 1— .

1) Der Entwurf hat es lediglich mit der Festsetzung der den Beamten bei Dienstreisen zu e Vergütungen zu thun. Die Nothwendigkeit oder Zulässigkeit dieser Reisen in ihren Voraussetzungen zu regeln, liegt eben so sehr außer der dinspobe desselben, wie eine materielle Begriffsbestimmung von Dienstreisen überhaupt. Hierüber entscheiden die bestehenden Grundsätze des Verwaltungsrechts.

2) Der Entwurf bezieht sich nur auf die den unmittelbaren Staatsbeamten aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütungen.

Die Verpflichtung von Privatpersonen, der Staatskasse die Kosten zu ersetzen oder die den Staatsbeamten zu gewährenden Vergütungen überhaupt zu tragen, ist nach den bestehenden Vorschriften zu be⸗ rtheilen. heberden Personen, die nicht unmittelbare Staatsbeamte sind, mit Dienstgeschäften beauftragt, welche Reisen erfordern, so bleibt die Ver⸗ gütung der Vereinbarung vorbehalten, soweit nicht besondere Vor⸗ schriften, wie z. B. der §. 7 des Gesetzes vom 9. März 1872, bestehen. Lettere Vorschrift zu generalisiren, erschien beim Mangel eines all⸗ gemeinen Vergleichungsmaßstabes nicht angängig.

3) Die Einzelbestimmungen des Entwurfs beruhen auf dem

tinzip: 1 Min dem Beamten die ihm durch eine Dienstreise nothwendig oder

nützlicher Weise entstehenden Unkosten und baaren Auslagen erstat⸗

tet werden müssen. 8

Dieses Prinzip ist für die Fixirung der Sätze maßgebend gewesen. Für nicht vorherzusehende Fälle ist die Erstattung der wirklichen Aus⸗ lagen vorbehalten.

Im Einzelnen ist zu bemerken:

§. 1 Die Tagegelder⸗Sätze sind seither festgestellt: für die Staats⸗ Minister durch eine Allerhöͤchste Kabinets⸗Ordre vom 31. August 1824, für die Räthe der ersten drei Rangklassen durch die Verordnung vom 88. Juni 18:5 und für die übrigen Beamten durch den Allerhööchsten Erlaß vom 10. Juni 1848.

Die Erhöhung der Sätze beträgt durchschnittlich etwa 50 pCt.

Die Reihe der Abstufungen ist thunlichst vermindert.

Die Bezeichnung der Beamtenklassen schließt sich zu V. bis VII. an die Terminologie in den Allerhöchsten Erlassen vom 10. Juni 1848 §.1 und vom 26. März 1855 F 3 an.

Für zweifelhafte Fälle enthaͤlt der §. 10 besonder Bestimmungen. Bei Bemessung der Sätze ist angenommen, daß dieselben auch für die Bestreitung eines Nachtquartiers ausreichen. Deshalb erschien die in dem Schlußsatz vorgesehene Ermäßigung angemessen. Eine ähnliche Bestimmung enthält bereits das Gesetz vom 9. Mai 1851, §. 2.

Der im §. 3 der Verordnung vom 28. Juni 1825 beziehungs⸗ weise der Allerhöchsten Kabinetsordre vom 29. April 1826 (Jahrb. B. 27 S. 239) festgesetzte Drittel⸗Abzug von den Tagegeldern für die Gewährung von freier Wohnung, Heizung und Licht in König⸗ lichen Gebäuden, hat zu vielen kleinlichen Beschwerden Veranlassung gegeben. Aus praktischen Gründen schien die Beseitigung desselben wünschenswerth und wegen der nicht erheblichen Mehrbelastung der Staatskasse auch zulässig.

Daß die Tagegelder, von besonderen Bestimmungen abgesehen 6 3), für die ganze Dauer der Dienstreise, d. h. der durch die Aus⸗ üͤhrung des Dienstgeschäfts bedingten Abwesenheit vom Wohnorte zu zahlen sind, erscheint selbstverständlich.

§. 2. Schon die Allerhöchste Kabinets⸗Ordre vom 13. September 1852 hat dem Verwaltungs⸗Chef für die mit besonderem Aufwande oder Repräsentation verbundenen Reisen eine angemessene Erhöhung vorbehalten. Die Bestimmung scheint namentlich für Reisen in das Ausland erforderlich.

§. 3. Der §. 3 giebt im Wesentlichen den §. 8 der Verordnung vom 28. Juni 1825 wieder. 1

Der §. 4 entspricht dem Inhalt der §§. 2 und 3 des Erlasses von 1848. Die Sätze sind nur insofern verändert, als unter I. 1 und 2 die Beträge für Zu⸗ und Abgang von 20 bezw. 15 Sgr. auf 1 Thlr. bezw. 20 Sgr. erhöht sind.

Die Sätze unter I. sind für Reisen auf Eisenbahnen und Dampf⸗ schffen nach den bestehenden Tarifen vollkommen ausreichend und die Sätze unter Il. genüͤgen in der Regel für die Beschaffung von Fuhr⸗ werk bei Landreisen. .

Entsteben nothwendige Mehrkosten, so giebt der Schlußsatz die Möglichkeit der Erstattnng. G

Die Bestimmung im §. 1 Nr. 3 des Allerhöchsten Erlasses von 1818, die Kosten der Mitnahme eines Wagens betreffend, scheint nach den gegenwärtigen Verkehrsverhältnissen entbehrlich.

„DOb eine Reise auf der Eisenbahn zurückgelegt werden konnte, hängt nicht von dem Bestehen einer Eisenbahn zwischen den betreffen⸗ den Orten allein ab, sondern ist auch nach dem Zweck der Reise und den Umständen des besonderen Falles zu beurtheilen.

Die Mehrkosten werden der Regel nach durch Vorlage der Quit⸗ tungen event. durch pflichtmäßige Versicherung des Beamten nachzu⸗

weisen sein. 1“

Der . 5 ist bestehendes Recht (§. 5 Gesetz vom 9. Mai 1851 und §. 9 c. Verordnung vom 28. Juni 1825).

§§. 6 und 7. Nachdem die Reichspost⸗Verwaltung in Folge der neuen Maß⸗ und Gewichts⸗Ordnung für ihre Zwecke die Fünftel⸗ meile als geringstes Entfernungsmaß angenommen und demgemäß die Entfernungs⸗Nachweisungen eingerichtet hat, erscheint es geboten, auch für dieses Gesetz der bisherigen Viertelmeile die Fünftelmeile: die Meile = 7500 Meter zu substituiren. Die Gleichmäaͤßigkeit erfordert es, diese Bestimmung auch für die besonderen Gesetze sofort in Kraft treten zu lassen, wie es der §. 12 Abs. 3 ausspricht. Der §. 6 Abs. 2 verallgemeinert die im §. 3 der Verordnung vom 29. März 1844 über die Gebühren der Sachverständigen und Zeugen enthaltene Bestimmung. waigite. rechtfertigt sich schon im Hinblick auf die allgemeinen civilrechtlichen Grundsätze über den Voll⸗ machtsauftrag und die Geschäftsführung.

Die tn 8. 6 Abs. 3 dem Verwaltungs⸗Chef in Gemeinschaft mit dem Finanz inister beigelegte Befugniß, für einzelne Ortschaften die Erstattung von Fuhrauslagen festzusetzen, entspricht dem Bedürfniß und der Billigkeit, namentlich in größeren Städten. An einzelnen Orten bestehen bereits solche reglementarische Vorschriften, z. B. in Berlin bezüglich der Justizbeamten.

Im Uebrigen enthalten die §§. 6- und 7 bestehendes Recht (§. 3

Allerh. Erl. vom 10. Juni 18148).

Nähere Bestimmuüngen über den der Berechnung zu Grunde zu legenden Weg schienen nicht erforderlich. 1

In dieser Beziehung bewendet es bei der bisherigen Praxis, wo⸗ nach in der Regel die kürzeste Verbindungs.(Extrapost⸗) Straße, bzw. die kürzeste Eisenbahn⸗ oder Dampfschiff⸗Verbindung maßgebend ist. Es rechtfertigt sich dieses aus dem allgemeinen Prinzip: daß nur die nothwendig oder nützlich gemachten Aufwendungen zu erstatten sind.

Im §. 8 ist der wesentliche Inhalt der §§. 13 und 14 der Ver⸗ ordnung vom 28. Juni 1825 wiedergegeben.

Daß diejenigen Beamten, denen ein bestimmter Dienstbezirk mit der Verpflichtung überwiesen ist, alle innerhalb desselben vorkommen⸗ den Geschäfte ihres Amtes ohne auf eine besondere Ver⸗ gütigung für die einzelnen Dienstreisen zu 1ens geh ein Anspruch auf Tagegelder und Reisekosten nicht zusteht, bedarf keiner ausdrück⸗ ichen Bestimmung. 1

(1870: 10,422

8 3 Mlüssen diese und die mit einem Reisefium angestellten Beamten eine Dienstreise nach außerhalb ihres Amtsbezirks unternehmen, so beginnt die Reise von ihrem Wohnort ab, wie bei andern Beamten. Der 8§. 9 entspricht dem bestehenden Recht. Ob und inwieweit die im Vorbereitungsdienst befindlichen Beamten überhaupt zu Reisen zum Zweck ihrer Ausbildung verpflichtet sind, ist nach den besonderen Vorschriften zu beurtheilen.

§. 10. Der Absatz 1 entspricht den bestehenden, in den Aller⸗ höchsten Kabinets⸗Ordres vom 10. Juli 1832 und 12. Mai 1836 aus⸗ gesprochenen Grundsätzen.

Ahbsatz 2 generalisirt den Schlußsatz des §. 9 des Allerhöchsten Er⸗ lasses vom 19. März 1850 (Ges.⸗S. S. 274). 3 erschien nothwendig, um etwaige Zweifelsfälle zu er⸗ edigen.

§. 11. Das Gesetz soll mit dem 1. Januar 1873 in das Leben treten und findet deshalb auf alle nach dem 31. Dezember 1872 statt findenden Dienstreisen Anwendung.

Die namentliche Aufhebung der Verordnung von 1825 und des Allerhöchsten Erlasses von 1848 erschien schon im Interesse der Rechts⸗ sicherheit geboten. 2

Mit den aufgehobenen Vorschriften sind auch sämmtliche zu deren Ergänzung oder Abänderung ergangenen Bestimmungen, sofern sie nicht durch §. 12 aufrecht erhalten werden, aufgehoben.

Daß die Bestimmungen dieses Gesetzes in denjenigen Fällen, in denen sonstige Gesetze auf die aufgehobenen Vorschriften Bezug neh⸗ men, entsprechende Anwendung finden, versteht sich nach allgemeinen Grundsätzen von selbst.

Das diesem Paragraph zu Grunde liegende Prinzip ist schon oben genügend angedeutet.

Es empfiehlt sich schon aus praktischen Gründen die Revision aller dieser Vorschriften, welche als eine Ausführung der in dem vor⸗ liegenden Entwurf enthaltenen Grundsätze auf einzelne besondere Ge⸗ biete erscheinen muß, dem Wege Allerhöchster Verordnung zu über⸗ lassen. Daß eine Abweichung von den in diesem Gesetze ausge⸗ sprochenen allgemeinen Grundsätzen hierbei nur durch ganz besondere Verhältnisse gerechtfertigt werden kann, bedarf keiner weiteren Aus⸗ führung. Ein Hinausgehen über die gesetzlich bestimmten Sätze dürfte jedoch nicht zulässig erscheinen. 8

Ebenso mußten die auf die Substituirung der Fünstelmeile statt der bisherigen Viertelmeile bezüglichen Bestimmungen der §§. 6 und 7 schon jetzt als allgemein maßgebend erklärt werden.

Das Amtsblatt der Deutschen Reichs⸗Postverwaltung Nr. 87 hat folgenden Inhalt: Generalverfügungen vom 9. November 1872: Expreßsendungen; Notirung des Gewichts der eisenbahn⸗zah⸗ lungspflichtigen Postgüter auf mehreren Eisenbahnen; Postverbindung mit Konstantinopel; Postdampfschiffs⸗Verbindung nach Colon via Bremen; Gewicht der nach dem Großfürstenthum Finnland be⸗ stimmten Packetsendungen. Bescheidung vom 5. November 1872: Gebühr für die Abtragung der im zwei⸗ oder einmonatlichen Abon⸗ nement bezogenen Zeikungen und Zeitschriften.

Statistische Nachrichten.

Der Handelsverkehr zwischen Deutschland und Oesterreich ist, wie die jetzt aufgestellten Verkehrsübersichten des deutschen Zollgebiets für das Jahr 1871 ersehen lassen, ein äußerst lebhafter gewesen. Den Haupttheil der Ausfuhr Deutschlands nach Oesterreich bilden Industrie⸗Erzeugnisse aller Art, namentlich Manu⸗ fakturwaaren, Eisen⸗ und Stahlwaaren, Maschinen, Glas und Glas⸗ waaren, kurze Waaren, Bücher, Porzellan ꝛc. und ist in dem Export dieser Artikel eine bemerkenswerthe Steigerung hervorgetreten, nachdem durch den Handels⸗ und Zollvertrag vom 19. März 1868 die Zollsätze des österreichischen Tarifs erheblich ermäßigt worden sind. Außerdem werden aber auch Rohstoffe (Blei, Eisen, Kupfer, Baumwolle, Flachs, Schafwolle, Steinkohlen, Zink u. s. w.), sowie Halbfabrikate (Material⸗ eisen, Leder, Baumwollen⸗ und Wollengarn ꝛc.) und Verzehrungs⸗ gegenstände (Hopfen, Branntwein, Mühlenfabrikate, Salz, Tabak c.) in größeren Mengen nach Oesterreich exportirt. Aus den Verkehrs⸗ übersichten für 1871 (verglichen mit 1870 und 1869) heben wir fol⸗ gende wichtigere Artikel der Ausfuhr nach Oesterreich hervor:

1) Verzehrungsgegenstände: Getreide 1,313,616 Scheff. 1870: 1,334,706 Scheff., 1869: 1,217,018 Scheff.); Hopfen 22,938 Ctr. 1870: 10/771 Ctr., 1869. 26,548 Ctr); Branntwein aller Art 78,813 Ctr. tSee ine Ctr, 1869: 85,341 Ctr.); Mühlenfabrikate 392,709 Ctr. (1870:417,166 Ctr., 1869. 441,066 Ctr.); Salz 138,553 Ctr. (1870: 156,349 Ctr., 1869: 134,291 Ctr.), unbearbeitete Tabaksblätter 12/496 Ctr. (1870: 41,453 Ctr., 1869: 5805 Ctr.); raffinirter Zucker 32,126 Ctr. (1870: 20,799 Ctr., 1869: 11,873 Ctr.).

2) Rohstoffe: rohe Baumwolle 292,682 Ctr. (1870: 231,561 Centner, 1869: 227,926 Ctr.); rohes Blei in Blöcken ꝛc. 73,513 Ctr. (1870: 33,537 Ctr., 1899: 11,777 Ctr.); Farbehölzer in Blöcken oder gemahlen ꝛc. 116,757 Ctr. (1870: 92,570 Ctr., 1869: 102,594 Ctr.); Roheisen und altes Brucheisen 1,518,508 Ctr. (1870: 1,562,928 Ctr., 1869: 1,613,000 Ctr.; Flachs, Werg, Hanf und Heede 327,723 Ctr. (1870: 276,200 Ctr, 1869: 217,412 Ctr.); rohe Häute und Felle zur Lederbereitung 111,481 Ctr. (1870: 95,492 Ctr., 1869: 83,612 Ctr.); Rohkupser 80,893 Ctr. (1870: 74,801 Ctr., 1869: 68,803 Ctr.); Oel aller Art in Fässern, 30,833 Ctr. (1870: 46,891 Ctr., 1869: 56,024 Centner); Talg 14,717 Ctr. (1870: 61,329 Ctr., 1869: 79,295 Ctr.); Steinkohlen 30,161,672 Ctr. (1870: 23,457,089 Ctr., 1869: 12,323,450 Centner); Petroleum 462,367 Ctr. (1870: 429,443 Ctr., 1869: 215,610 Ctr.); rohe Schafwolle 124,169 Ctr. (1870: 54,253 Ctr., 1869: 56,333 Ctr.); rohes Zink 229,467 Ctr. (1870: 74,029 Ctr., 1869: 79,942 Ctr.).

3) Halbfabrikate: Baumwollengarn 43,929 Ctr. (1870: 37,565 Ctr., 1869: 31,074 Ctr.); geschmiedetes Eifen in Stäben ꝛc. 98,791 Ctr. (1870: 101,217 Ctr, 1869: 117,380 Ctr.); anderes Ma⸗ terialeisen 654,433 Ctr. (1870: 552,989 Ctr., 1869: 714,226 Ctr.); Leder aller Art 128,812 Ctr. (1870: 35,717 Ctr., 1869: 36,274 Ctr); Wollengarn 30,471 Ctr. (1870: 20,860 Ctr., 1869: 2 ˙923 Ctr); Zink⸗ bleche 36,799 Ctr. (1870: 8945 Ctr, 1869: 7479 Ctr.) 1

4) Manufakturwaaren und andere Industrie⸗Erzeug⸗ nisse: Baumwollenwaaren 35,933 Ctr. (1870: 33,732 Ctr., 1869: 30,797 Ctr.); Seiden⸗ und Halbseidenwaaren 4255 Ctr. (1870: 2738 Ctr., 1869: 332) Ctr.); Wollenwaaren aller Art 90,634 Ctr. (1870: 84,908 Ctr., 1869: 52,385 Ctr.); chemische Fabrikate 61,561 Ctr. (1870: 27,915 Ctr., 1869: 28,391 Ctr.); Eisen⸗ und Stahlwaaren aller Art 324,142 Ctr. (1870: 332,488 Ctr., 1869: 281,897 Ctr.); Glas und Glaswaaren 93,163 Ctr. (1870: 71,551 Ctr., 1869: 44,977 Ctr.); Maschinen 216,422 Ctr. (1870: 171,712 Ctr., 1869: 187,519 Ctr.); Hoczwaaren 1236,912 Ctr. (1870: 109,858 Ctr., 1869: 101,805 Ctr.); kurze Waaren 41,962 Ctr. (1870: 55,463 Ctr., 1869: 34,807 Ctr.); Bücher, Kupferstiche ꝛc. 43,405 Ctr. (1870: 32,320 Ctr., 1869: 25,826 Ctr.); e und Steingut 47,144 Ctr. (1870: 33,153 Ctr., 1869: 19,998 Ctr.).

Was 1 Einfuhr von Oesterreich nach Deuschland be⸗ trifft, so besteht dieselbe hauptsächlich aus Verzehrungs⸗Gegenständen (Getreide, Bier, Wein, Butter, Obst, Mühlenfabrikaten, Tabak, Zucker, Viech ꝛc.) und Rohstoffen (Baumwolle, Schaswolle, Flachs und Hanf, rohen Häuten, Talg, Braunkohlen ꝛc.), während die Im⸗ porte von Halbfabrikaten und Industrie⸗Erzeugnissen von geringerer Erheblichkeit sind und sich der Hauptsache nach auf Leinengarn, rohe Leinwand, Glas und Glaswaaren, Holzwaaren, Papier und decgl beschränken. Im Einzelnen sind beim Eingange in das deutsche Zoll⸗ gebiet im Jahre 1871 (verglichen mit 1870 und 1869) folgende wichtigere Gegenstände aus Oesterreich in den freien Verkehr gesetzt worden:

1) Verzehrungs⸗ Gegenstände: Mineralwasser 43,/482 Ctr. (1870: 35,845 Ctr., 1869: 17,724 Ctr.); Getreide, hauptsächlich und Gerste 12,394,867 Scheffel (1870: 12,488,000 Schfl, 1869: 15,213,935 Schfl.); Hopfen 19,684 Ctr. (1870: 18,303 Ctr, 1869: 14,822 Ctr.); Bier 92,788 Ctr. (1870: 88,550 Ctr., 1869: 101,519 Ctr.); Wein 83,941 Ctr. (1870: 59,199 Ctr., 1869: 71,544 Ctr.); Butter 48,982 Ctr. (1870: 45,971 Ctr., 1869: 54,179 Ctr.); getrock⸗ nete Südfrüchte 83,943 Ctr. 8g 50,102 Ctr, 1869: 64,264 Ctr);

etrocknetes oder gebackenes Obst 354,114 Ctr. (1870: 186,990 Ctr, 869: 279,929 Enr9⸗ Mühlenfabrikate 2,308,552 Ctr. (1870: 1,992,387 Ctr., 1869: 1,848,230 Ctr.); unbearbeitete Tabaksblätter 30,662 Ctr. Ctr., 1869; 8028 Ctr.

Rohzucker 91,031 Cir (1870 1%

18,977 1869: 1800 Ctr.); Ochsen und Stiere 48,/766 Stück (1870: 33,561 St., 1869: 29,521 St.); Kühe 26/418 Stück (1870: 13,233 St, 1869: 18,385 Stück); Schweine 266,/451 Stück (1870: 315,422 St., 1869: 336,208 St.).

2) Rohstoffe. Abfälle 285,666 Ctr. (1870: 64,908 Ctr., 1869: 283,413 Ctr.); Baumwolle 408,389 Ctr. (1870: 183,453 Ctr., 1869: 104,361 Ctr.); Färbe⸗ und Gerbematerialien 61,231 Ctr. (1870: 52,684 Ctr., 1869: 94,024 Ctr.); Knochenkohle und Knochenmehl 129,433 Ctr. (1870: 138,398 Ctr., 1869: 65,138 8292 Flachs, Werg, Hanf und Heede 143,553 Ctr. ( 1870: 97,622 Ctr., 1869: 57,983 8 Oelsämereien 1,240,354 Ctr. (1870: 1/120,048 Ctr., 1869: 350,091 Etr.); Kleesaat 116,154 Ctr. (1870: 76,384 Ctr., 1869: 101,979 Ctr.); Bett⸗ federn 46,942 Ctr. (1870: 34,517 Ctr., 1869: 41,581 Ctr.); rohe Häute und Felle zur Lederbereitung 37,506 Ctr. (1870: 49,760 Ctr., 1869: 51,514 Ctr.); Holzborke oder Gerberlohe 155,065 Ctr. (1870: 192,116 Centner, 1869: 148,426 Ctr.); Talg und anderes Thierfett 180,011 Centner (1870: 176,610 Ctr., 1869: 206,138 Ctr.); Braunkohlen 17,491,689 Ctr. (1870: 15,210,117 Ctr., 1869: 12,232,777 Ctr.); rohe Schafwolle 213,293 Ctr. (1870: 187,480 Ctr., 1869: 190,165 Ctr.).

3) IEe rohes ungeschliffenes Spiegelglas 53,610 Ctr. (1870: 43,429 Ctr., 1869: 51,658 Ctr.); rohes Leinengarn, Ma⸗ schinengespinnst 104,573 Ctr. (1870: 84,832 Ctr., 1869: 89,457 Ctr.), Wollengarn, einfaches, ungefärbtes 17,127 Ctr. (1870: 11,217 Ctr., 1869: 9643 Ctr.). 4 —. 4) Industrieerzeugnisse: grobe geschmiedete ꝛc. Eisen⸗ und Stahlwaaren 11,570 Ctr. (1870: 10,351 Ctr., 1869: 12,857 Ctr.); gepreßtes, geschliffenes ꝛc. weißes Glas 11,003 Ctr. (1870: 9789 Ctr., 1869: 12,339 Ctr.); farbiges bemaltes ꝛc. Glas 10,196 Ctr. (1870: 6951 Ctr., 1869: 8273 Ctr.); grobe, rohe, ungefärbte Holzwaaren 79,781 Ctr. (1870: 57,598 Ctr., 1869: 69,621 Ctr.); rohe Leinwand, Zwillich und Drillich 59,807 Ctr. (1870: 44,515 Ctr., 1869: 52,542 Ctr.); Papier aller Art 32,413 Ctr. (1870: 27,475 Ctr., 1869: 27,492 Ctr.); Hüte aus Stroh, Robhr ꝛc. ohne Garnitur 114,733 Stück (1870: 97,272 St., 1869: 67,767 St.); Wollenwaaren aller Art 5785 Ctr. (1870: 4174 Ctr., 1869: 2016 Ctr.).

Das Novemberheft (Nr. 13) der »Mittheilungen der Großherzogl. hessischen Centralstelle für die Landes⸗ statistik« hat folgenden Inhalt: Fö-—* Beobachtungen des Großherzogl. Katasteramts im Jahre 1871. Meteorol. Beobachtungen im September 1872. Uebersicht der Sterbefälle und Todesursachen im Mai und Juni 1872. Uebersicht der Getränke⸗Abgaben für 1871. Einfuhr und Aussuhr an steuerpflichtigen Getränken im Jahre 1871. Uebersicht des Verkehrs der Telegraphen⸗Stationen des Großherzog⸗ thums Hessen im Jahre 1871. Summarische Uebersicht über die Produktion bei dem Betrieb der Bergwerke und Salinen im Groß⸗ herzagehüm Hessen für das Jahr 1871. Berichtigung.

t. Petersburg, 13. November. Nach den offiziellen Nach⸗ richten, welche in der Woche vom 3. bis 10. November beim Me⸗ dizinal⸗Departement eingegangen sind und im »R.⸗A.“« veröffentlicht werden, herrschte die Cholera noch in der Hauptstadt Moskau, in den Gouvernements Astrachan, Grodno, Jekaterinosslaw, Kaluga, Kasan, Kiew, Kowno, Lomza, Minsk, Moskau, Olonez, Plozk, Po⸗ dolien, Poltawa, Ssamara, Ssimbirsk, Suwalki, Tobolsk, Tomsk, Tschernigow, Warschau, Wjatka, und Wilna und im Gebiet Uralsk. Im Ganzen befinden sich noch 4450 Kranke in Behandlung. Davon tommen die meisten (2749) auf das Gouvernement Podolien, die wenigsten (je 3) auf die Gouvernements Astrachan und Wjatka.

Kunst und Wissenschaft.

Berlin, 16. November. Der Vorstand der hiesigen Ge⸗ sellschaft für Erdkunde erläßt folgenden Aufruf:

In unserer Zeit des rastlosen Forschens und Strebens, wo täglich neue Entdeckungen den Kreis des Wissens erweitern und auf allen Zweigen menschlicher Erkenntniß weitersprossende Wahrheiten reifen, muß es vor Allem als dringendste Pflicht gefühlt werden, den Pla⸗ neten, den wͤlr bewohnen, seiner ganzen Ausdehnung nach kennen zu lernen und in unserem eigenen Erdenhaus keine unbetretenen, also unbekannten Strecken übrig zu lassen.

Solche, unserer Kenntniß bis jetzt völlig entzogene Territorien finden sich nun in größter Menge in dem alten Kontinente Afrika's, der von jeher den geographischen Entdeckungen den zähesten Wider⸗ stand entgegengesetzt hat und ihnen auch jetzt den Sieg noch streitig macht. Viele gefeierte Namen sind im Kampfe um 68 von der Liste der Lebenden gestrichen, Namen vor Allen von deutschen und engli⸗ schen Streitern im Dienste der Geographie, sie sind gefallen und auf Afrika's Boden gebettet. Aber ihre Aufopferung ist keine vergebliche gewesen, denn in der That ist durch ihre muthvollen Bemühungen das unbekannte Gebiet im äquatorialen Afrika mehr und mehr auf einen so engen Raum zusammengedrängt, daß man jetzt berechtigten Grund hat, hoffen zu dürfen, durch einige methodisch geleitete Feld⸗ züge auch diesen übrig gebliebenen Rest zu erschließen. Unserer Generation scheint es vorbehalten, in die letzten Räthsel des so lange mysteriös verschleierten Afrika einzudringen, und je näher wir uns diesem Ziele fühlen, desto mehr müssen unsere⸗Anstrengungen ver⸗ doppelt werden.

Die auf Erschließung Afrikas gerichteten Forschungen erhalten ihre besondere Weihe dadurch, daß in begeisterter Hingabe an dieselben stets eine freiwillige Schaar sich ihren Zwecken zu widmen pflegte, und solche vom Wissensdrang allein geleitete Bestrebungen hat unser Volk von jeher vornehmlich als die ihm im Wettstreit der Nationen zugefallene Aufgabe anerkannt. 1

Was indeß derartige Bemühungen vermögen, kommt wie der Wissenschaft einerseits, so auf der andern dem Handel und der Industrie zu Nutzen, denn die Geographie steht auf einer Vermittlungslinie zwischen dem theoretischen und praktischen Leben. Die Wege, die ihr Pioniere erschließen, führen früher oder später zu Verkehrsmärkten nach denen bald der Kaufmann folgt und auf denen sich im betrieb⸗ samen Austausch neue Erwerbsquellen erschließen. In umsichtiger Verwerthung der von der Geographie gebotenen Hülfsmittel, ist de mächtige Welthandel erwachsen, der Welthandel, der Englands Größ schuf und der neben englischer besonders von deutscher Thätigkeit ge⸗ tragen wird, wie auf dem Felde der Entdeckungen gfeichfalls Deutsch⸗ land und England gemeinsamen Zielen entgegenstreben.

Auch die letzten Erfolge wieder haben beide Länder getheilt. Es sind besonders die an unerwarteten Belehrungen reichen Fortschritte Schweinfurth's und Livingstone’s, die uns zu unseren heutigen Hoff⸗ nungen berechtigen und dazu ermuthigen, unsere Mitbürger aufzufor⸗ dern, die geographischen Vgeine in ihren Absichten, die afrikanischen Entdeckungen weiter fortzuführen, durch thätige Beihülfe unterstützen zu wollen. G 1

Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, hat sich die hiesige Gesell⸗ schaft für Erdkunde schlüͤssig gemacht, in Beziehung mit den übrigen Geographen Deutschlands, auf eine methodische Verpollständigung unserer Kenntniß von Afrika hinzuwirken und den wissenschaftlichen Aufschluß dieses Kontinents möglichst seinem Ende entgegen zu führen.

Nach der politischen Geltung eines Volkes bemißt sich die Höhe der Verpflichtungen, die ihm in Lösung der Kulturaufgaben obliegen. Seit Deutschland wieder den ihm gebührenden Sitz im Rathe der Nationen eingenommen hat, es auch in der Pflege der Wissen- schaft mehr noch wie 8 voranstehen, ziemt es ihm vor Allen, in der Leitung geographischer Unternehmungen, die neue Gegenden der Kenntniß gewinnen solle, an die Spitze zu treten, denn solche Er⸗ werbungen werden in der Geschichte unter dem Namen desjenigen Volkes verzeichnet, das zuerst kühn und entschlossen sich die Bahn nach ihnen brach. SSaes

88 der daß das große Werk afrikanischer Ent⸗ deckung, für das schon so viele hochherzige Anstrengungen gemacht sind, auch jetzt in Deutschland seine thätigen Förderer finden wird, wendet sich dieser Aufruf an alle Freunde der Geographie, um durch freiwillige Beiträge die Fonds für fernere Unternehmungen zu bilden.

(Einzahlungen werden entgegengenommen auf dem Bibliotheks⸗ rwlokal der Gesellschaft für Erdkunde, Kronenstr. Nr. 21.) .

Unter dem Protektorat Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Carl ist von dem Sanitäts⸗Rath Dr. Map⸗ länder in Gemeinschaft mit dem Dr. Weil vor Kurzem die erste homöopathische Kur⸗ und Heilanstalt hierselbst (Treb⸗ binerstraße Nr. 2) gegründet worden. Es liegt im Plane des Unter⸗ nehmens, mit der Privpatheilanstalt späterhin eine, dem Unterricht und der Wohlthätigkeit dienende stationäre und Poliklinik, so wie eine Lebranstalt für homöopathische und chirurgische Heilkunst nach neueren

senschaftlichen Prinzipien zu verbinden

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