Schulinspektors, w
ung. Auf die Entgegnung des Unterichts⸗Ministers, Jules Simon, daß er mit den zuständigen Räthen in weiteres Ver⸗ nehmen treten werde, wurde das deshalb gestellte Amendement wieder zurückgezogen.
Spanien. Madrid, 6. Dezember. 1 ichen Zeitung zufolge haben sich in Andalusien keine neuen Banden gezeigt und in Estremadura ist die Republikanerschaar unter Aguilar bei Montemolin zersprengt worden. Der Ge⸗ meinderath der unruhigen Grenzstadt Bejar hat seine Thätig⸗ keit wieder aufgenommen und die Arbeiter kehren in die Fa⸗ briken zurück. Auch den Carlisten haben die königlichen Trup⸗ en eine schwere Niederlage beigebracht. Der Oberst Villacampa stieß auf die 300 Mann starke Bande des Mariano Lopez, welche in dem Kampfe vollständig geschlagen wurde. Der Führer selbst mit seinem Sohne ist unter den Gefallenen; reißig Carlisten wurden verwundet, und eine Anzahl Gefan⸗ gener nebst großem Vorrath an Waffen und Munition fiel in die Hände der Sieger.
Italien. Nom, 4. Dezember. Die Kammer hat estern in einer einzigen Sitzung den Etat des Kriegs⸗Ministe⸗ iums durchberathen und denselben nach den übereinstimmen⸗ en Vorschlägen des Ministers und der Kommission im vor⸗ äufigen Gesammtbetrage von 184 Millionen 618,585 Lire ge⸗ nehmigt. Der vom Abgeordneten Merizzi erhobene Vorwurf, aß das Kriegsbudget die Steuerkraft des Landes übersteige, ward vom Referenten und den Ministern des Innern und es Krieges abgewehrt. Die äußerste Linke ließ durch den Ab⸗
geordneten Nicotera erklären, daß sie alle vom Kriegs⸗Minister vorgeschlagenen Ausgaben votiren werde, vorausgesetzt, daß das Geld richtig verwendet werde. 6 — Auf der Tagesordnung der Privatkommission . Deputirtenkammer stand gestern die Fort⸗ setzung der Verhandlungen über die Hülfe für die Ueberschwemmten. Der Minister eröffnete dieselbe mit der Mittheilung aus verschiedenen Provinzen, in denen die Flüsse on Neuem übergetreten sind und Schlimmes zu befürchten
Alle Mitglieder des Komites stimmten für sofortige Geld⸗ ewilligung an die Regierung und der Finanz⸗Minister erklärte ich bereit, vorläufig auf 1 Verantwortung eine Million rancs auszuzahlen: Im Plenum der heutigen Sitzung theilte er Minister mit, daß am Morgen die Nachrichten aus No⸗ ara und Alessandria sehr beunruhigend lauteten, im Laufe
des Tages aber der Regen nachgelassen habe und daß der Tanaro zwar noch stark angeschwollen sei, aber keine Besorgniß mehr einflöße. In der Provinz Reggio dagegen steige der Po stündlich, ebenso in Pavia, und heute früh habe er die während der Nacht aufgeworfenen leichten Schutzwerke zerstört und eine Strecke Landes zwischen der Eisen⸗ bahn und der Provinzialstraße überschwemmt. Noch schlimmer find die Nachrichten von der Etsch, welche zusehends wächst. In Trento ist sie während sechs Stunden um 11 Fuß gestiegen. Man müsse freilich dabei in Betracht ziehen, daß der Sirocco weht, und daß die Etsch als “ leicht anschwillt. Hier⸗ auf verlas der Minister die im Laufe des Tages von Ostiglia eingetroffenen Depeschen, worin der Ingenieur Cavalletto be⸗ richtet, daß in Folge der Anschwellung des Po die Arbeiten bei Ronchi haben eingestellt werden müssen. Die Lage der Dinge, so schloß der Minister, ist allerdings sehr beunruhigend, aber es gereicht mir zum Trost, die Kammer versichern zu dürfen, daß überall alle möglichen Vorkehrungen getroffen sind, um, soweit es in Menschenhand steht, dem Unglücke vorzubeugen.
— Die Hauptpunkte des ministeriellen Berichts, welcher am 30. v. M. gleichzeitig mit dem Gesetzentwurf über die reli⸗ giösen Genossenschaften in der Kammer ausgegeben ward, wäh⸗ rend der Anhang zum Entwurf wohl erst am Ende dieser Woche zur Vertheilung kommt, sind folgende:
Der Bericht geht auf das Königliche Dekret vom 2. Novpember 1870 zurück, welches die damalige Kammer auflöste und Neuwahlen anordnete. Dieses Dekret sprach die Nothwendigkeit aus, das Gesetz vom 7. Juli 1866, nach welchem der Staat die religiösen Genossen⸗ schaften nicht als juristische Personen anerkennt, und das Gesetz vom 15. August 1867, soweit es die Unterdrückung der todten Hand be⸗ trifft, auf Stadt und Provinz Rom auszudehnen. Die An⸗ wendung dieser Gesetze ist seitdem abhängig geworden vom Garantiegesetze und der Aufgabe, die sich die Regierung gestellt, Be⸗ stimmungen über das Vermögen zu treffen, welches man nicht dem Staat zuwenden, sondern der Kirche belassen will und welches nicht in den Händen von Korporationen bleiben kann, denen man den Charakter einer juristischen Person zu entziehen die Absicht hat. Feee der Auflösung der religiösen Genossenschaften, welche als Privatvereinigungen immerhin bestehen können, betont der Bericht die Nothwendigkeit, mit den in Rom vorliegenden Thatsachen zu rechnen, die in ihren Konsequenzen in gewissen Beziehungen über die Grenzen des Staates hinausgehen. 2 Ausführung des Garantie⸗ gesetzes, welches dem Papste voöllige Freiheit gewährt, alle Verrich⸗ tungen seines geistlichen Amtes auszuüben, müsse man festhalten, daß der in Rom wohnende General eines Ordens der Vermittler der
Der heutigen amt⸗
der Orden beim heiligen Stuhl aufrecht erhalten werden müsse. Der Grundgedanke des Gesetzes vom Jahre 1866 werde respektirt, wenn man, indem man die Klöster, welche Wohnung eines Generals seien, bestehen lasse, ihnen gleichwohl die Stellung einer juristischen Person entziehe und ihre Güter in eine spezielle Stiftung zum Zweck ihres Unterhalts umwandele. Dabei komme der Staat nicht in die Lage, den Orden als solchen anerkennen zu müssen; er erkenne nur die Stiftung an, ohne sich um die spezielle Lebensweise in religiöser Ge⸗ meinschaft zu kümmern. Natürlich stehe es dem Ministerium zu, die in eine besondere Stiftung umzuwandelnden Klöster zu bezeichnen, wobei einzig die Stadt Rom, nicht die Provinz in Betracht komme. Die Güter der Genossenschaften in der Provinz sind den allgemeinen Bestimmungen über Liquidation und Konversion unterworfen und die exceptionellen Verfügungen des Entwurfes betreffen nur die Genossenschaften in der Stadt Rom (mit Ausschluß der Generals⸗ wohnungen). Unter dem Gesichtspunkte, daß das Vermoͤgen der Genossenschaften der römischen Kirche verbleiben solle, mußten die früheren Gesetze, die ohnehin mehr eine sozial⸗politische als finanzielle Bedeutung hätten, dahin modifizirt werden, daß der Kirche so viel Rente gutgeschrieben werde, als mit der aus dem Verkauf der Güter erlösten Sumnme erworben werden könne, daß der Abzug von 30 pCt. zur Bestreitung der vom Staat bei der Konversion übernommenen Lasten und Verpflichtungen hinfort wegfalle und daß der Staat einen bei der Schlußliquidation etwa sich ergebenden Ueberschuß nicht für sich behalte. Die Vorschläge über eine verschie⸗ dene Art der Konversion seien durch die Erwägung eingegeben, daß
der Staat Seitens der unterdrückten Genossenschaften vielfache Hinder⸗- ren Ursachen zu suchen sein, als denen, welche unter gewöhn⸗
lichen Verhältnissen bei einer Präsidentenwahl den Ausschlag
nisse finden werde, daß Rom der Mittelpunkt des Katholizismus sei, daß die Zahl der vom Gesetze Betroffenen groß und die Summe des gewissenhaft zu verwaltenden Vermögens sehr hoch sei. Es werde eine spezielle Kommission und eine spezielle Faft geschaffen werden. Bis zur geschehenen Liquidation, für welche ein Jahr bewilligt wird, und bis zur Festsetzung der Pensionen solle kein Kloster aufgehoben werden. Die Pensionen seien in Anbetracht der besonderen Verhält⸗ nisse Roms höher bemessen. Hinsichtlich der auswärtigen Institute, die unter den veränderten Rechtsverhältnissen als innere zu betrachten eien, werde aus Rücksichten der Billigkeit die Lösung vorgeschlagen, daß dieselben ihrem Zwecke entsprechende Stiftungen machten. Nach zwei Jahren hoͤre der Staat auf, sie als lhseg Personen zu be⸗ trachten. — Der Schluß des Berichtes weist den Vorwurf zurück, als ob die Regierung in Rom nicht im Besitz ihrer vollen Autorität sei, weil sie die bestehenden Gesetze züber die religiösen Genossenschasten
cher Atheist sei, Angriffe gegen die Regie⸗] und das Kir
’ Üchenvermögen mit Einschr
treten lasse. Dieser Vorwurf beruhe auf dem Irrthum, daß die
Gleichheit der Bürger vor dem Gesetze die Gleichheit des Gesetzes im
anzen Staate erheische, und auf dem weiteren Irrthume, daß Rom
sce nichts von jeder anderen Stadt Italiens oder Europas unter⸗ eide.
— Aus Florenz wird berichtet, daß durch Dekret des dortigen Präfekten vom 1. Dezember das sogenannte Fascio Operajo, der Arbeiterbund toskanischer Zone, aufgelöst wor⸗ den ist. Diese Maßregel wird durch die dem Dekrete vorge⸗ druckten Erwägungen gerechtfertigt, aus denen hervorgeht, daß der Umsturz seglicher sozialen und politischen Ordnung der Zweck des Bundes ist. Es werde dieses ganz unzweideutig in seinen Cirkularen und Manifesten, namentlich aber in den Statuten der Gesellschaft ausgesprochen, die sich grund⸗ sätzlich denen des Londoner Arbeitervereins anschließen. In Folge des Dekrets löste die Quästur am 1. d. M. Abends den Arbeiterbund auf und machte um die nämliche Zeit in den Frha der Mitglieder, welche für die einfluß⸗ reichsten gelten, Haussuchungen und sequestrirte Cirkulare, Briefe, Korrespondenzen und geheime Papiere, die sich auf die Gesellschaft selbst und auf andere ihres Gleichen bezogen. Der Quästor hat dann alles den Gerichten übergeben und soll den Mitgliedern des Bundes der Prozeß gemacht werden. Auch in
arma ist durch Dekret des Präfekten die Societa Fraterna degli Operaj (der Arbeiter⸗Bruderbund) aufgelöst worden.
Griechenland. Athen, 9. Dezember. (W. T. B.) Ein französisches Evolutions⸗Geschwader ist heute im Piraeus eingelaufen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 8. Dezember. Ueber die Resultate der versuchsweisen Einberufung Beurlaubter, die in diesem Jahre ausgeführt worden ist,
belief sich auf 13,486 Mann; davon erschienen 12,723 Mann, also 94 pCt., während die Zahl der Nichterschienenen nur 763 Mann oder 6 pCt. betrug. Die meisten nichterschienenen Leute
enen keine Einberufung stattgefunden; sie hatten daher nichts von ihrer Einberufung erfahren. Bei einer allgemeinen Ein⸗ berufung wird die Zahl der Nichterschienenen sicher weniger
als 6 pCt. betragen, weil die desfallsige Anordnung ihrer
Allgemeinheit halber Allen bekannt werden muß. — Am ersten Tage der Bekanntmachung der Einberu⸗ fung waren 8 pCt., und in den ersten vier Tagen 84 pCt. erschienen; der dritte Tag brachte gewöhnlich die meisten Eintreffenden. — Dienstuntaugliche waren 18 pCt.; die wenigsten hatte der Kreis Jekaterinosslaw (3,5 pCt.), die meisten der Kreis Riga (34 pCt.) — Von der Masse der Einberufenen wurden 5051 Mann nach der ärztlichen Besichtigung in die Heimath entlassen und 7672 zu zweiwöchentlicher Uebung ihren Truppengattungen zukommandirt; darunter befanden sich 7061 Infanteristen, 145 Kavalleristen und 466 Artilleristen. Die Resultate der Uebungen waren überall, besonders aber bei der Kavallerie und Artillerie befriedigend. Die Führung der Leute war vollkommen tadellos. — Von den 12/728 Mann waren 36 pCt. Ackerbauer, 15 pCt. Handwerker, 4 pCt. dem Kaufmannsstande Angehörige, 28 pCt. Tagelöhner und 17 pCt. im Dienste bei Behörden und Privatleuten stehende Personen.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 4. Dezem⸗ ber. Der Verein für freiwillige Pflege Verwundeter und Kranker im Felde hatte am 29. November in dem Lokale der Militärgesellschaft seine Jahresversammlung, bei welcher der König, der vor seiner Thronbesteigung in derselben Wort⸗ führer gewesen, zugegen war, und sein Bruder, der Herzog von Dalarne, Prinz August, zum ersten Mal als Wort⸗ führer fungirte.
Dänemark. Kopenhagen, 6. Dezember. gestern im Folkething stattgehabten Vorlegung des Zoll⸗ gesetzes äußerte der Finanz⸗Minister, daß die Gesammt⸗ Zolleinnahme nach dem jetzt geltenden Zolltarif 100,000 Rdl. sei und dieselbe nach dem Vorschlage 6,990,000 Rdl. betragen würde. Diese Verminderung der Ein⸗ nahmen würde man, selbst bei Wegfall der Schi sabgaben, hinnehmen können, ohne sich zur Erhöhung der Einnahmen anderer Posten genöthigt zu sehen. Wolle man ferner Herab⸗ setzungen vornehmen, so müßten die Finanzen einen Ersatz for⸗ dern, in welchem Falle in erster Reihe eine Erhöhung der Branntweinsteuer vorzunehmen wäre.
sind bis jetzt im Ganzen 512,312 Rdl. für die schwemmten eingegangen. ¹
Amerika. Monatsbericht. Aus dem am 5. November stattgehabten großen Wahlkampf ist die republikanische Partei sieg⸗
Ueber⸗
G pr 9 5½ 8 5 2. 2714 9 . . päpstlichen Autorität über den Orden sei und daß mithin die Vertretung reich hervorgegangen, und zwar mit einer Majorität, wie sie bis
jetzt keine derartige Wahl aufzuweisen gehabt hat. Nur die Wieder⸗ wahl Lincolns im Jahre 1864 kommt ihr einigermaßen gleich, doch ist bei diesem Vergleiche nicht zu übersehen, daß die demo⸗ kratisch gesinnten I sich damals nicht an der Wahl betheiligten, und daß demzufolge eine große Anzahl Stimmen, welche die Majorität wesentlich reduzirt haben würden, in Weg⸗ fall kamen. Von den 368 Elektoralstimmen gehörten in diesem Jahre 300 der republikanischen Partei an, so daß die Wiederwahl Grants am 4. Dezember, dem Tage, an welchem die Wahlmänner sich in den Hauptstädten der verschiedenen Stagaten zur Vornahme der eigentlichen Präsidentenwahl zu versammeln haben, gesichert war. Nie zuvor ist der Wahl⸗ kampf bei einer Präsidentenwahl ein so erbitterter gewesen und niemals beruhte diese gegenseitige Erbitterung in so hohem Grade auf Persönlichkeiten. Hätte sich der Wahlkampf wie gewöhnlich auf die einander gegenüberstehenden Parteien beschränkt, so würde er zweifelsohne gleichfalls ein harter gewesen sein, in diesem Jahre kam aber der Zwiespalt in der republikanischen Partei und die Verbindung eines Theiles der⸗ selben mit ihren alten Feinden, den Demokraten, hinzu „ um dem Kampfe eine ungeahnte Schärfe zu verleihen und das Resultat wenigstens für einige Zeit unsicher zu machen. Wenn nun trotzdem die Republikaner mit einer so außerordentlichen Majorität gesiegt haben, so wird der Grund hiervon in ande⸗
geben. Wie bereits früher erwähnt, hatten in diesem Jahre die Verhältnisse eine besondere Aehnlichkeit mit denen im Jahre 1860, als Lincoln zum ersten Male erwählt wurde. Die vollen Souveränitätsrechte der einzelnen Staaten wurden jetzt, wie damals, von der demokratischen Partei vorzugsweise betont und dieser Ursache ist es wohl zuzuschreiben, daß das Volk der Vereinigten Staaten sich lebhafter als sonst der Jahre nach 1860 erinnerte, in Grant den siegreichen Feldherrn wäh⸗ rend des Rebellionskrieges sa und sich vergegenwärtigte, daß durch ihn und die republikanische Partei das Land vom Untergange gerettet worden war. Man gedachte Lincolns und Sewards, der Siege bei Vicksburg, in der Wilderniß und am
kungen in Wirksamkeit
Bei der gungen ungeachtet, mit reißender Schnelle verbreitete und dessen
Appomat ox, der Aufregung jener blu igen Kriegsjahre und
des allgemeinen Jubels bei dem Eintreffen der Nachricht von Lee’'s Kapitulation. Alle für Grant am 5. November ah. gegebenen Stimmen muß man als den Tribut der Amerikaner für ihren siegreichen Feldherrn, sowie für die Partei ansehen, unter deren Herrschaft die Rebellion glücklich beendet wurde und die Vereinigten Staaten als solche sich zu neuer Größe emporschwangen. Wenn auch allgemein anerkannt wurde, daß eine durchgreifende Reform in der Verwaltun der inneren Angelegenheiten wünschenswerth, ja nothwendig wäre, so überwog doch das Vertrauen auf Grant jede Rück⸗ sicht auf augenblickliche Mißstände von geringerer Bedeutung für das allgemeine Wohl, und daher die rege Betheiligung an der Wahl und die überraschende Majorität. Uebrigens ging die Wahl im ganzen Lande mit einer Ruhe vor sich, an welche man hierorts nicht gewohnt ist, und praktisch wie die Ameri⸗ kaner sind, konnte man schon an dem der Wahl folgenden Tage keine Spuren mehr von dem das Land während der
letzten Monate auf das heftigste erschütternden Kampfe wahr⸗ nehmen.
Alles bewegte sich wieder in den gewohnten Geleisen, der Sieg der Republikaner wurde als ein fait accompli hin- enommen, dem man sich unterwerfen müsse und über welches scch noch ferner zu äußern unnütze Zeitverschwendung sein würde.
Etwaige Veränderungen im Ministerium dürften wohl kaum vor dem 4. März 1873, dem Zeitpunkt, an welchem die Periode der augenblicklichen Präsidentschaft abläuft, zu er⸗ warten sein.
Greeley, welcher schon am Tage nach der für ihn so empfindlichen Niederlage die Leitung der »New⸗York⸗Tribune⸗ wieder übernahm, welches Blatt er von nun ab zu einem völlig unparteiischen umgestalten wollte, ist am 29. November gestorben.
meldet der »R. J.“« Folgendes: Die Zahl aller Einzuberufenden In ihm verlieren die Vereinigten Staaten, wenn auch keinen J.s Folg S29 3 ’ Staatsman, so doch einen ihrer besten Journalisten und einen
Mann, der, frei von aller in Amerika herrschenden Korruption,
in moralischer Beziehung immer einen hohen Rang einnahm.
888 “ IN. 2 New⸗York gekommen, arbeitete er dort atten sich eigenmächtig in andere Gouvernements begeben, in Als Druckerjunge nach New⸗York gekommen, dor 8 sich eigenmächtig 8 g „ anfangs mehrere Jahre in seinem Geschäfte, wobei er zugleich
keine Gelegenheit verabsäumte, seine geistige Bildung zu för⸗ dern. Später gab er sogenannte campaign papers heraus und zu Anfang der vierziger Jahre gründete er die »Nev⸗ York Tribune«, welche bald die Stelle eines der ersten politi⸗ schen Blätter der Vereinigten Staaten einnahm. Greeley war einer der Vorkämpfer des Abolitionismus und hat als solcher viel Gutes geleistet; er war in jeder Beziehung, ungeachtet aller seiner Sonderbarkeiten, einer der geachtetsten Bürger der Vereinigten Staaten.
Die Staatsschuld betrug am 1. Oktober nach Abzug des Baarbestandes in dem Schatzamte der Vereinigten Staaten 2,166,994,677 Dollars. Abgetragen wurden während des Oktober 5,228,417 Dollars, so daß sich die gesammte Schuld am 1. November, ausschließlich des Baarbestandes, auf 2,161,766,260 Dollars belief. Die fünf Millionen, welche von dem Finanz⸗Minister zu Anfang Oktober zum Ankaufe von Bonds verwandt wurden, um der Klemme auf dem Neyxw⸗ Yorker Geldmarkte abzuhelfen, können nicht als eine Abmin⸗ derung der Staatsschuld angesehen werden, da diese Summe aus dem Reservefonds genommen wurde und demnächst auch wieder an denselben abgeführt werden wird.
Nach den Berichten der Einwanderungskommissare erreichte die deutsche Einwanderung im Hafen von New⸗YPork in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres die Höhe von 110,888 Personen und übertraf die derselben Periode des ver⸗ gangenen Jahres um 41,329 Personen.
Kaum ein Jahr nachdem der größte Theil Chicagos durch eine furchtbare Feuersbrunst in Asche gelegt wurde, ist das Land abermals von einem ähnlichen, wenn auch nicht so großen Unglücksfalle betroffen worden. Am Abende des 9. November brach in Boston ein Feuer aus, welches sich, aller Anstren⸗
man erst am 11. vollständig Herr zu werden vermochte. Der bedeutendste Geschäftstheil Bostons wurde zerstört und die Ver⸗ luste betragen, so weit es sich bis jetzt hat ermitteln lassen, zwischen 80 und 100 Millionen. Europäische Versicherungs⸗ gesellschaften haben schwere Einbußen erlitten, so viel bekannt, werden dieselben etwa 4 ½ Millionen Dollars zu zahlen haben, doch bleibt zu erwarten, daß diese Summe schnell und prompt bezahlt werden wird. Anders steht es mit den ameri⸗
kanischen Versicherungsgesellschaften. Die betheiligten New⸗Yorker
Gesellschaften werden etwa 6 ¼ Millionen Dollars zu zahlen
— Nach dem letzten 13. Berichte des Central⸗Komites V haben und dürfte es ihnen, wenn auch mit großen Schwierig⸗
keiten gelingen, diese Summe zu decken, ohne daß einige ge⸗ nöthigt wären ihre Zahlungen einzustellen, dagegen haben von 28 in Boston und anderen Städten von Massachusetts domi⸗ zilirten Gesellschaften, welche zusammen Versicherungen zur Höhe von 26,083,000 Dollars angenommen hatten, 22 suspen⸗ diren müssen; sie werden vielleicht im Stande sein 50 pCt. der versicherten Summe zu zahlen. Der ohnehin durch die Wahl⸗ campagne gedrückte Handel ist durch diese neue Kalamität vollends zum Stillstande Flang und dürfte sich erst wieder zu beleben anfangen, wenn die Ausfuhr von Baumwolle und Cerealien eine größere geworden sein wird, doch leiden die Preise der hauptsächlichen europäischen Einfuhrartikel noch immer unter dem Drucke der massenhaften Ueberimportation während des Sommers, so daß die Ausfuhraussichten für
Europa keineswegs als günstige zu bezeichnen sind.
Nach dem Berichte des Ministeriums für Ackerbau hat sich der Stand der Baumwolle von September bis Oktober verschlechtert, so daß er, 100 als Mittelerndte angenommen, jetzt nur 82 beträgt; derselbe ist jedoch immerhin noch besser als im vergangenen Jahre, wo er nur 76 betrug, außerdem ist das in diesem Jahre mit Baumwolle bebaute Areal um 13 pCt. größer als im vergangenen Jahre. In den einzelnen Staaten stellt sich die Baumwollenerndte folgendermaßen⸗ Virginia 87, Nord⸗Karolina 90, Süd⸗Karoling 86, Florida 75, Georgig 88, Alabama 82, Mississippi 78, Louisiana 72, Texas 85, Arkansas 75, Tennessee 90.
Die Weizenernte ist in den einzelnen Staaten sehr verschieden ausgefallen. In den Neu⸗England Staaten kommt sie dem gewöhnlichen Durchschnittsertrage gleich. Die Mittel⸗ staaten haben etwa 35 pCt. weniger produzirt als im ö“ Jahre, dagegen ist die Erndte in den südlichen Staaten um etwa 50 pCt., in Kalifornia um 75 pCt. höher als im Jahre 1871. Minnesota und Jowa hatten gute Ernten, Missouri und Kansas schlechte. Die aus den böücebena Staaten eingegangenen Berichte weisen jedoch
eine Gesammtzunahme des Eeraßes um 5 pCt. auf, und wird
die gesammte Weizenernte wahrscheinlich 240,000,000 Busbel ausmachen, was, bei einem mit Weizen bestellten Areal von 20,000,000 Acres, 12 Bushel per Aere ergiebt und als voller Durchschnittsertrag für Amerika angesehen werden kann. Die Qualität ist meistens besser als im vergangenen Jahre.
Die Roggenernte wird in diesem Jahre etwa um 2 pCt. geringer als im vergangenen Jahre ausfalle Die Qualität ist im Allgemeinen guut.
*
als 8 Eüre re, mit Ausnahme von Missouri, Ohio und
ist die Qualität unter dem Durchschnitte. Fndana, dagecch b8 etwa 3 pCt. mehr gewonnen worden in, doch wird der Gesammtertrag 265,000,000 Bushek nicht sieesteigen; dagegen wird die Maisernte eine der größten bie jemals gemacht worden sind. Nur aus fünf viaaten wird eine geringere Ziffer als der Durchschnitt gemel⸗ facür alle Staaten im Durchschnitt beträgt die Ernte 108. det, für Nexiko ist der Präsident ad interim Lerdo de Te⸗ da fast einstimmig zum Präsidenten erwählt und vom sadngresse bestätigt worden. Derselbe tritt sein Amt am 1. De⸗ Foltgr an. Das von ihm veröffentlichte Programm für seine mütere Wirksamkeit läßt sich mit wenig Worten dahin zusam⸗ d fassen: wenig Politik, viel Administration. Der Anfang henge. orm soll mit dem sehr im Argen liegenden Kriminal⸗ derfahren gemacht werden. Jedenfalls ist Lerdo de Tejada augen⸗ vliclich der fähigste Staatsmann Mexikos, und wenn es ihm 2 agen sollte die Ruhe im Innern guch ferner aufrecht zu erhalten e Lande durch den Bau von Eisenbahnen bessere und unerere Kommunikationsmittel zu verschaffen, sowie freund⸗ ere Beziehungen zu den Vereinigten Staaten herbeizuführen, ich sn nte er in wenig Jahren die bisher durch Revolutionen rissene Republik zu einem früher nie geahnten Wohlstande sein ten. Die feindlichen Generale haben sich sämmtlich er⸗ 1g- zuletzt Porfirio Diaz, der sich bereits persönlich nach der dzene hadiöbegeben hat. Wie es heißt, wird der Praͤsident die enerale Diaz und Trevinno wieder in die früher von ihnen bekleidet gewesenen Stellen in der Armee einsetzen. Am 1. De⸗ zember soll auch die Eisenbahn von Mexiko nach Vera⸗Cruz
eröffnet werden, und wird man dann im Stande sein, diese
in 24 Stunden zurückzulegen, wozu früher unter den nfchtsta Umständen drei Tage gehörten. Durch diese Eisen⸗ hahn werden auch in Bezug auf Klima und Reichthum sich auszeichnende Länderstrecken der Welt erschlossen werden. n den central⸗amerikanischen Republiken ist die Ruhe noch immer nicht als vollständig befestigt zu betrachten. So erwartete man in Guatemala den Einfall einer Schaar von Emigranten, welche sich in Honduras versammelt hatten und die vor der Revolution von 1871 herrschenden Zustände wieder herzustellen beabsichtigten. Für den Augenblick scheint indessen die Gefahr vorüber zu sein. In Nicara gua kam es bei den Wahlen zu einem Kampfe zwischen der Polizei und dem Pöbel, welcher einige Gefangene zu befreien versuchte. Die 16b sowie mehrere Leute aus der Menge blieben auf dem Paatze. 2 n 1 1u . t 8 8 Bestreben des Präsidenten der Vereinigten Staa ten 8 8 lumbien richtet sich darauf, dem Lande durch den Bau der Eisenbahn von Bogota nach dem atlantischen Meere einen höheren Aufschwung zu verleihen, doch hindert die ungünstige finanzielle Lage des Landes ein rasches Fortschreiten desselben. Auch auf die geistige Ausbildung des Volkes ist der Präsident, zunächst durch eine Verbesserung der Volksschulen einzuwirken bestrebt, und beabsichtigt die Regierung zu diesem Zwecke Lehrer in Deutschland zu engagiren und eine Anzahl sunger Leute behufs ihrer Ausbildung auf Staatskosten eben⸗ icken. 1 ilien sind die Wahlen für die Deputirtenkammer, welche vor kurzer Zeit aufgelöst worden war, weil die Regie⸗ rung an das Volk appelliren wollte, im Ganzen günstig für die Regierung ausgefallen. Unter den 122 Deputirten be⸗ finden sich nur 24, welche der Opposition angehören, und 10 fückade Die Differenzen mit der argentinischen Republik scheinen, nachdem der argentinische Minister Tejedor sein nicht eben höfliches Schreiben an die brasilianische Regierung zuruͤck⸗ enommen hat, einer friedlichen Lösung entgegen zu gehen. boch verlautet über den Stand der Verhandlungen, welche von dem argentinischen General Mitre und dem brasilianischen Minister des Aeußeren Correia geführt werden, nichts Zuver⸗ säsiiges. Wenn übrigens von brasilianischer Seite die krie⸗ gerischen Vorbereitungen bisher noch üee hesens worden sind, und namentlich den Panzerschiffen eine besondere Auf⸗ merksamkeit zugewandt wird, so hat dies wohl nur die Bedeutung, daß Brasilien für alle Eventualitäten be⸗ reit sein will. Die ursprünglichen Schwierigkeiten der Grenz⸗ regulirung zwischen der argentinischen Republik und Paraguay und Bolivia, in der die brasilianische Regierung das Schieds⸗ richtramt übernommen hatte, dürften indeß durch die Aus⸗ söhnung zwischen der Seces Feisees und Brasilien rledigung nicht näher gekommen sein. 1 8 te seleh gzenganschen L“ Chili's mit Bolivia sind noch immer unterbrochen, doch scheint eine friedliche Er⸗ ledigung der Grenzstreitigkeiten immer mehr an Aussicht zu gewinnen. Die im Herbste in Semchase abgehaltene Gewerbe⸗ Ausstellung ist geschlossen worden. Dieselbe hat einen günstigen Erfolg gehabt, und ist für 1874 eine neue in Aussicht genommen worden. Zur Ausbeutung der im Süden Chili's entdeckten Kohlenlager haben sich mehrere Gesellschaften gebildet. Sollte das Unternehmen von Erfolg begleitet sein, so würde es für die fernere Entwickelung Chili's von der größten Bedeutung sein. In Peru beschäftigten sich die Fgerang und der Kon⸗ greß auf das angelegentlichste mit der Verbesserung der finan⸗ ziellen Zustände des Landes. Dem Kongresse ist ein Gesetzent⸗ wurf vorgelegt worden, worin die Erhöhung der Einfuhrzölle auf Mehl, Weizen, Tabak, Wein, Spirituosen, Kohlen und Luxusartikel beantragt wird. Dagegen ist die Konzessions⸗ steuer für Druckereien aufgehoben, und die portofreie Beför⸗ derung aller fremden Zeitungen im Gebiete der Republik angeordnet worden. Für die Legung eines submarinen Tele⸗ graphen von Callao nach Panama hat der Kongreß eine Unterstützung bewilligt, auch ist bei der Regierung der Ver⸗ einigten Staaten von Columbien zu diesem Zwecke eine Sub⸗ vention beantragt worden. Was indessen die allgemeine Auf⸗ merksamkeit im höchsten Grade in Anspruch nimmt ist die Ein⸗ wanderungsfrage. Die Importation von Kulis, von denen in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 12,000 gelandet wurden, bringt große Uebelstände mit sich, und so hat sich die Regierung entschlossen,
eine Kommission su ernennen, welche sich über die besten Mittel,
die europäilsche Auswanderung nach Peru zu leiten, berathen soll. vepälsche Kuffion besteht aus sechs Abtheilungen, je eine für Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Oesterreich und eine für Deutschland und England. In allen diesen Ländern sollen Agenturen behufs kostenfreier Beförderung der Aus⸗ wanderer errichtet werden, doch dürften deutsche Auswanderungs⸗ lufti e bis auf Weiteres vor der Emigration nach Peru auf as Nachdrücklichste zu warnen sein. 1
In b“ 18. Oktober um 3 Uhr Morgens ein semlich heftiger Erdstoß in der Richtung von Süden nach
orden statt, ohne jedoch viel Schaden anzurichten.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 10. Dezember. In der gestrigen Sitzung des renhauses bean rworteie der Minister des Innern, Graf
von Gerste ist in den meisten Staaten größer 8 Eulenburg, die Interpellation des
1“ 8
1 d Fürsten zu utbus in Betreff der Grundsätze, nach denen der Staat iejenigen zu entschädigen . welche durch die Sturm⸗
fluth vom 13. v. Mts beschädigt worden sind, wie folgt:
Meine Herren! Die Interpellation, die ich zugleich im Namen des im Abgeordnetenhause beschäftigten Herrn Finanz⸗Minisiers be⸗ antworte, überrascht die Regierung einigermaßen. Welche Klage wird geführt? Ich habe in der Erklärung, die ich im Abgeordnetenhause abgegeben habe, nicht verheißen, Grundsätze bekannt zu machen, nach denen die Regierung verfahren würde, ich habe nur verheißen, daß die Regierung überall und schnell da eintreten werde, wo wirkliche Hülse nothwendig sei. Das ist geschehen. der Privatwohlthätigkeit, die sich ja im reichen Maße ent⸗ faltet, sind auch Staatsmittel in Anspruch enommen, und ich kann versichern, daß Seitens der Regierungs⸗Prästdenten der betroffenen Provinzen, welche sich mit der Besichtigung und Feststel⸗ lung des Schadens, sowie mit der Gewährung der Hülfe beschäftigt haben, gleichlautende Berichte dahin eingegangen sind, daß auch nicht ein einziges Individuum ohne Obdach, ohne Nahrung, ohne Feuerung, ohne Kleidung oder was sonst zum Lebensbedarf gehört, sich befindet, sondern daß überall dem augenblicklichen Bedürfnisse hin⸗ reichend und vollständig abgeholfen ist. Eine Furcht, daß in der nächsten Zeit etwa eine Aenderung dieses Zustandes eintreten werde, ist nirgends vorhanden. Es bleibt also nur die Frage übrig, mit welchen Mitteln wird der Staat noch in Anspruch genommen werden, um dasjenige Bedürfniß, welches nicht 5 augenblicklichen zu rechnen ist, hinterher zu befriedigen. Da habe ch damals erklärt, und kann das heute nur wiederholen, daß der Staat bereit isein wird, mit seinen Mitteln, sei es leihweise, sei es geschenkweise, oder in welcher Form es sonst sei, überall da einzutreten, wo die Prästationsfähigkeit einzelner Personen, Ge⸗ meinden oder Landstriche bedroht ist, wo also der Schaden ohne eine Hülfe von Außen her nicht dauernd reparirt werden kann, oder wo der Nahrungszustand durch den eingetretenen Schaden so geschwächt ist, daß eine öffentliche Hülfe nothwendig ist. Wie nun in dieser Beziehung schon est Grundsätze aufgestellt werden sollen, weiß ich in der That nicht. Es werden die Grundsätze zur Anwendung kommen müssen, welche bei allen Nothständen überhaupt maßgebend sind. Es kommt auf den Umfang des Schadens an und auf die Leistungsfähigkeit des Einzelnen. Denn zum Schenken ohne Weiteres ist der Staat doch nicht da. Er ist nur da, dann einzu⸗ treten, wenn eigene Kraft oder die Kraft der Gemeinden und Ver⸗ bände, die zum Helfen berufen sind, nicht ausreicht. Daß der Staat Mittel gewähren wird, das habe ich Ihnen zugesagt, und das wird geschehen. Was sollte es bedeuten, wenn wir jetzt bereits mit einer Kreditforderung an den Landtag träten? Wir wissen nicht und können unmöglich den Umfang des Schadens jetzt schon wissen, wir können die Verhältnisse der Einzelnen und der Gemeinden un⸗ möglich jetzt schon übersehen Dem dringendsten Bedürfnisse kann ab⸗ geholfen werden mit den Mitteln, die der Regierung zur Verfügung stehen. Wir können nicht blos die disponiblen Mittel verwenden, sondern auch Vorschüsse machen in der festen Voraussicht, daß der Landtag hinterher die gemachten Vorschüsse genehmigen wird. Ich sehe also nicht, wie Sie von uns jetzt schon die Auf⸗ stellung von Grundsätzen verlangen können, die sich G sehr allgemeine Redensarten beschränken müßten; ich glaube, Sie können sich mit der Versicherung beruhigen, daß im Augenblicke schreiende Noth nirgend vorhanden ist und daß in nächster Zukunft, sobald irgendwie der Umfang des Schadens im Allgemeinen und die Leistungs⸗ fähigkeit der Einzelnen festgestellt ist, der Staat mit seinen Mitteln eintreten wird, um zerstörte Anstalten wieder herzustellen und die ruinirte Prästationsfähigkeit wieder auf den Fuß der Leistungsfähig⸗ keit zurückzuführen.
In der Besprechung über diese Interpellation erwiderte der Minister des Innern dem Fürsten von Putbus:
Ich weiß eigentlich nicht, gegen wen der Vorwurf gerichtet ist. Denkt sich der Herr Vorredner vielleicht, daß, während hier die Kreisordnung berathen wird, ich nach Stralsund gehen könnte, um nachzusehen, wie die Abbrüche, die das Meer verursacht hat, aussehen? In Bezug auf die Beamten jener Provinz muß ich hervorheben, daß ich namentlich die Herren Regierungs⸗Präsidenten von Schleswig⸗ Holstein und Stralsund als solche bezeichnen muß, die mit ganz ausgezeichneter Aufmerksamkeit, mit großer Aufopferung und Sach⸗ kenntniß an Ort und Stelle von dem Nothstande sich überzeugt haben, und darüber nicht nur vortreffliche und eingehende Berichte erstattet, sondern auch alles Dasjenige, wozu sie von der Regierung autorisirt worden sind, mit Umsicht gethan haben. Ich muß deshalb einen Vorwurf gegen diese Herren ganz speziell zurückweisen.
Nach dem Herrn v. Thaden nahm der Finanz⸗Minister Camphausen das Wort:
Meine Herren! Ich befinde mich in dem Nachtheil, daß ich die früheren Bemerkungen nicht vernommen habe, da meine Anwesenheit an einem anderen Orte nothwendig war.
Die Aeußerungen des geehrten Herrn Vorredners geben mir aber Veranlassung, auch von meiner Seite den Standpunkt der Regierung in dieser Frage etwas näher darzulegen. Da gehe ich nun davon aus, daß ein wirksames Einschreiten der Staatsgewalt, ein Feststellen der Grundsätze, nach denen dieses Einschreiten stattfinden soll, zur nothwendigen Voraussetzung haben muß die Kenntniß des That⸗ bestandes; daß das Erste was zu geschehen hat, das sein muß, genau festzustellen: wie hoch beläuft sich der Schaden, wen hat er betroffen, sind die Betroffenen in der Lage, aus eigner Kraft sich wiederum emporraffen zu koͤnnen, oder sind sie in der Lage, daß es richtigen Grundsätzen der Staatsgewalt entspricht, ihnen in diesem Streben beizustehen. Daß über diese Erwägungen hin nicht die augenblickliche Noth fortdauere, dafür hat nicht allein die Privatwohlthätigkeit ge⸗ sorgt, dafür hat auch die Staatsregierung gesorgt. Ich habe meiner⸗ seits durchaus keinen Anstand genommen, sofort ausgedehnte, auf meine Verantwortlichkeit mit laufende Ordres zu ertheilen, um den Nothständen, die in dieser Beziehung sich geltend machen möchten, sofort kräftig entgegenzutreten. Ebenso versteht es sich von selbst, nach dem ganzen Geiste, der die Staatsverwaltung erfüllt, da wo es der Billigkeit entspricht, mit Abgabenerlassen zu helfen, und soweit die Gesetzgebung dazu autorisirt ist, in solcher Weise vorzugehen.
Ferner, meine Herren, wir gehen davon aus, daß wir noch in der gegenwärtigen Session dem Landtage einen Gesetzentwurf unter⸗ breiten oder uns eine Vollmacht von ihm erbitten werden, in der
Weise zu verfahren, wie wir es nach genauer Kenntniß der Sach⸗
lage für wünschenswerth halten werden.
Das kann ich versichern, der preußische Staat ist noch niemals in der Lage gewesen, einem eingetretenen Nothstand gegenüber kräf⸗ tiger helfen zu koͤnnen, als wie er es heute ist, und der äöö Leistungen wird lediglich bestimmt werden von der richtigen Vemes⸗ sung dessen, was durch Intervention des Staats beseitigt werden darf, und was besser der eigenen Kraft der Betroffenen überlassen werden kann.
— Auf die Interpellation des Grafen von Krassow, die Maßnahmen zur Herstellung eines wirksamen Schutzes der durch Ueberschwemmung bedrohten Küstengegenden betreffend, antwortete der Handels⸗Minister Graf von Itzenplitz:
Meine Herren! Zunächst eah ich, hat Herr Graf Brühl ganz recht, wenn er sagt, daß ein näheres Eingehen auf diese Dinge leicht dazu beitragen könnte, die Privatwohlthätigkeit zu lähmen, und die Staatsregierung hat hier heute schon die äußerste Grenze dessen gesagt, was irgendwie Namens des Staats gesagt werden kann. Mein
Wunsch wäre gewesen, daß die Herren Interpellanten die Geneigtheit
ehabt hätten, mündlich oder schriftlich ihre Wünsche oder Beschwerden uüber Versäumnisse dem betreffenden Minister vor⸗ zutragen, ganz gewiß würden dieselben eine bereitwillige Aufnahme gefunden haben. Dies vorausgeschickt, erlaube ich mir noch etwas weiter auf die Sache einzugehen. Im Cösliner Regierungsbezirk ist der Sturm vorbeigegangen; auch die Hafenmole von Swinemünde, welche Millionen gekostet hat, hat sich glücklicherweise gut gehalten, und sind nur ganz unbedeutende Beschädigungen daran vorgekommen, welche theilweise jetzt schon in der Ausbesserung begriffen sind, oder deren Ausbesserung in nächster Zukunft bevorsteht, und dazu sind be⸗ stimmte Verfügungen ergangen. Was nun den Stralsunder Re⸗ gierungsbezirk Heirifft namentlich den Zingst und den Dars, so
Neben
so sind drei Kommissarien, des Handels⸗Ministers, des Finanz⸗ Ministers — denn auch dieser ist dabei interessirt wegen 178, Vinanh. schen Forst — und des landwirthschaftlichen Ministers, an Ort und Stelle “ und 12 den Schaden genau in Augenschein genommen. Dieselben haben schon ihre Berichte an die drei ajschei inister er- stattet, die sich über das Weitere zu verständigen haben werden; i 5 kann deshalb hier nur darüber etwas sagen, was mich betrifft, un da bin ich der Meinung, den Zingst und den Dars nicht aufzugeben, sondern solche Veranstaltungen zu treffen, daß sie erhalten werden, wenn es auch Geld kostet. I0 bin auch wohl der Ansicht des Herrn Grafen v. Krassow, daß die Regierung für diese arme, aber für unsere Marine so wichtige evölkerung Alles thu muß, was möglich ist. Meine Herren! Es ist ja nicht der erste Nothstand, den wir gehabt haben, in der Provinz Schlesien haben wir vor etlichen Jahren eine Wassers⸗ noth gehabt, welche die hier vorgekommenen Schäͤden vollkommen er. reicht. Ich denke, daß diese nun ziemlich verschmerzt sind. Ich wi noch hervorheben, daß solche Unglücksfälle wohl auch als Gelegenheit zu nützlichen Melijorationen benutzt worden sind, die vielleicht sonst nicht so schnell geschehen wären und ich glaube, daß die Anträge des Grafen Krassow sich wesentlich auf diesem Terrain bewegen. 8 Ich kann Namens der Staatsregierung ein großartiges Beispiel anführen, bei Gelegenheit des Baues der Bahn Thorn⸗Insterburg Diese wäre vielleicht erst nach vielen Jahren gebaut worden, wenn nicht das Jahr 1867 die ünstige Gelegenheit zur Durchführun ge. boten hätte. Ich glaube, Sie können wirklich überzeugt sein, da i Regierung, wie sie in Schlesien und in Preußen geholfen hat, auch hier helfen wird. — . Aber bestimmte Verfprechungen abzu mundoder über den Zingst und Dars, das si Ebenso wegen des Udarßer Wyck; in Beziehung auf leßtzteren schein mir Hiddensoie in der Erhaltung wichtiger, ebenso daß das Geld, welches zur Stopfung des Durchbruches bisher verwendet worden ist, auch ferner gespendet werde; denn Hiddensoie scheint mir für das nördliche Fahrwasser auf Stralsund zu, wesentlich zu sein. — Außer dem mache ich darauf aufmerksam, daß dieser entsetzliche Sturn gerade im Spätherbst gekommen ist. Man kann doch aber jetzt nicht Häuser bauen; wenn dies im Monat Dezember zuweilen geschieht, so ist es verwerflich, denn solche Häuser stehen nicht. Es könnte also nicht vor Beginn des Frühlings begonnen werden. 8 Zweitens kann man jetzt auch nicht Deiche schütten lassen, das dcs in dieser Jahreszeit das Geld ins Wasser werfen, ohne Aussicht auf Erfolg. Aber es wird vorbereitet werden und geschehen, was nach Lage der Sache möglich ist. Ich kann ferner sagen, es versteht sich 8 von selbst, daß wo Eisenbahnen und Chausseen durchbrochen sind, diese von 8 Staatswegen, oder von der betreffenden Gesellschaft hergestellt werden. Ich habe der Regierung zu Schleswig 20,000 Thaler für Chausseen berwiesen, und wenn noch mehr gebraucht wird, so werden noch ein⸗ mal 20,000 Thlr. bewilligt werden können und ich glaube, der Land- tag wird diese Ausgabe nicht bemängeln. Die Bahn, die bei Greifs⸗ wald zerstört war, ist wieder in Gang und fahrbar, freilich eine Interimsbahn, die vollständige Herstellung wird erst im Frühjahr möglich und ich muß der Berlin⸗Stettiner Eisenbahn das Lob aß sie hierbei mit fast unerhoͤrter Energie eingegegriffen hat; ch weiß das genau, weil ich von hier aus einen höheren Eisenbahn- beamten hingeschickt hatte, um die Sache zu kontrolliren. Die Gesell⸗ schaft ist mit aller Energie verfahren, so daß er nur zu überwachen hatte. Ich glaube, die Versammlung kann der Hoffnung leben, daß alles, was nöthig ist, geschehen wird.
— In der Schlußberathung über den Entwurf der Kreis. ordnung nahm in der Generaldebatte der Minister des Innern Graf zu Eulenburg nach den Herren von Kröcher und Graf Mielzynski das Wort:
Herr von Kröcher in Aussicht, daß seine Partei besiegt wer⸗ den würde. Ich hoffe das auch, aber, meine Herren, ich wünschte, sie fühlte sich nicht so besiegt, wie es nach den Worten des Herrn von Kröcher scheinen koͤnnte, als sei es eine Niederlage in allen ihren Prinzipien, als sei es der Ausgang eines Kampfes zwischen Konser⸗ vatismus und Liberalismus, als er Alles, was bisher bestanden habe, bedroht. So steht die Sache nicht. Sie sind in einer Frage der Zweckmäßigkeit besiegt und 8. will Ihnen das nachweisen. Worauf kommt es in dem ganzen Gesetzentwurf an? Wir wollen dem lebendigsten Gliede des preußischen Staatsorganismus, dem Kreise, eine Bedeutung geben, die er bisher nicht gehabt hat, wir wollen die Kräfte, die in ihm schlummern, entfesseln, wir wollen ihm volle kommunale Verwaltung und “ die er bisher nicht hatte, weil wir glauben, daß das Bedürfniß nach Beiden gerade in den Händen des Kreises am Besten selne Befriedi⸗ gung finden wird. Zu diesem Zwecke schlägt die Ihnen vor, Aufhebung der gutsherrlichen Polizei, Wahl der Schulzen, Bil⸗ dung von Amtsbezirken, Bildung des Kreis⸗Ausschusses. Allen diesen S haben Sie keine prinzipielle Opposition entgegen gesetzt.
ie sagen bloß, die vorgeschlagenen Formen paßten Ihnen nicht: die Natur der “ habe ich Sie nicht in der pposition gefunden. er ganze Streit dreht sich um die Zu⸗ sammensetzung des Kreistages. Es kommt, wenn man einem Organe Befugnisse übertragen will, wesentlich darauf an, wie dieses Organ zusammengesetzt ist, ob es die Aufgaben, die man ihm zu⸗ weisen will, zu erfüllen im Stande ist, und deshalb ist, Sie mögen die Sache ansehen wie Sie wollen, die Zusammensetzung des Kreis⸗ tages der Kernpunkt der ganzen Frage.
Der Kreistag ist die exxöö. für die Abgrenzung der Amtsbezirke, für die Besetzung der Amtsvorsteherstellen, für die Wahl des Landrathes, für die Bildung des Kreisausschusses, kurz, in ihm konzentrirt sich Alles; und ist dieser Körper richtig zusammengesetzt, so ist keine Gefahr vorhanden, daß das Gesetz nicht zu dem Resultat führen sollte, welches die Regierung von ihm hofft. Was ist nun der Punkt, um den es sich bei der Zusammen⸗ sezung der Kreistage dreht? Die Rittergutsbesitzer sollen nicht mehr als Rittergutsbesitzer mit Virilstimmen im Kreistage erscheinen, sondern sollen ihre Rechte mit denen der kleineren Grundbesitzer theilen, sie sollen mit den letzteren einen gleichen Strang ziehen: sie sollen ihre Rolle nicht mehr als Rittergutsbesitzer, sondern als große Grund⸗ besitzer spielen. Der Begriff des Rittergutsbesitzers deckt die Realität des großen Grundbesitzes nicht, und deshalb ist die Regierung bemüht gewesen, den großen Grundbesitz anderweit zu definiren. Sie hat ge⸗ wisse Steuergrenzen zwischen großem und kleinerem Besitze angenom⸗ men, und will dem großen Besitze die Hälfte der ländlichen Stimmen im Kreise geben, nachdem vorher die Städte nach Verhältniß ihrer Seelenzahl ausgesondert sind. Das ist ein Opfer, welches den Ritter⸗ gutsbesitzern zugemuthet wird. Sie werden, wo Sie bisher in großer Majorität sich befanden, jetzt nur eine Gleichberechtigung haben. Aber dieses Opfer, warum wollen Sie es nicht bringen, nachdem Sie, vielleicht mit voller Berechtigung, gesagt haben: sie seien von jeher auf den Kreistagen auch die Vertreter des kleinen Grundbesitzes gewesen, sie hätten denselben nicht unterdrückt, sondern bei Ihren Kreistags⸗Beschlüssen stets auch die Interessen des kleinen Grundbesitzes im Auge gehabt. Sie haben das gethan aus Courtoisie — es ist nicht der richtige Ausdruck — aus Billigkeitsgefühl, geleitet von den hochherzigen Anschauungen, die zu den Pflichten einer unabänderlichen Majorität gehören. Aber, meine Herren, warum wollen Sie ein Verhältniß, welches praktisch sich so gestaltet hat, nicht gesetzlich machen? Sie ver⸗ lieren dadurch nichts, Sie werden in der neuen Stellung Ihr Interesse nan wahren stark genug sein, um so mehr, als der kleine Grundbesiter,
essen Interessen im Wesentlichen mit den Ihrigen identisch sind, von dem Augenblicke an, wo er gleichberechtigt mit Ihnen sein wird, aus freiem Antriebe Ihnen zur Seite stehen und nicht bloß die Rolle des
egen
Bevormundeten spielen wird. Von diesem Augenblicke an wird die
Gleichartigkeit der Interessen des großen und kleinen Grundbesitzes auch dem letzteren zum Bewußtsein kommen, was nicht geschehen ist, so lange er das Bewußtsein hatte, formell nicht zu seinem Rechte kommen zu können. In dieser Richtung hin die Gesetzgebung su leiten, halte ich für ein großes politisches Bedürfniß. Es ist ein offenbarer Fehler des deutschen Charakters, daß der niedriger Stehende das Höͤhere nicht zu erreichen, sondern herabzu⸗ ziehen sucht, daß er es vorzieht, den besser Situirten zu beneiden und herabzuwürdigen, als es zu versuchen, sich zu ihm emporzuschwingen. Vielleicht kann die Gesetzgebung diesent Fehler mit der Zeit abhelfen, wenn sie auf dem Felde der politischen Be⸗