Königreich Sachsen und mit allen den übrigen Staaten auseinander⸗ setzen muß. Das hat seine großen Schwierigkeiten und, glaube ich, liegt nicht in dem Beruf des preußischen Staats⸗Ministeriums, son⸗ dern dürfte als Reichssache zu betrachten sein.
Nach dem Abg. Lasker erklärte der Handels⸗Minister:
Zunächst, meine Herren, habe ich darauf zu erwidern: ich ver⸗ lange gar keine Schonung. Ich bin mir bewußt, als redlicher Mann, so weit es einem Menschen gegeben ist, gehandelt zu haben. Wenn man mir in einzelnen Fällen Vorwürfe zu machen hat, so erwarte ich die einzelnen Fälle, und ich hoffe mit ihnen fertig werden zu können. Jeder, der über die Eisenbahnkonzessionen zu entscheiden hat, — mag es die preußische Regierung oder das Reich sein, — wird sich immer zwi chen zwei sehr großen Schwierigkeiten bewegen; sie sind nicht bloß bei dem preußischen Staate, sondern sie werden immer vorhanden sein: Auf der einen Seite verlangt die Nation die Eisenbahnen, auf der andern Seite werden sie sehr haͤufig herbeigeführt durch Maßregeln, die man doch nicht ganz billigen kann. Es wird da also immer dieselbe Schwierigkeit bestehen.
Was nun das Gesetz des Reiches betrifft, so glaube ich doch, daß bei dem Reichsgesetze die Deputirten von Süddeutschland wieder mit⸗ stimmen werden; auch im Bundesrathe werden sich wieder die anderen Staaten geltend machen. Ich kann mich also der Hoffnung des Herrn Abg. Lasker nicht hingeben, daß das Gesetz so sehr bald zu Stande kommen werde. Ich bin aber der Meinung, daß man nicht so lange mit der Festsetzung dessen warten solle, was ich vorschlage, und wenn der Herr Abg. Lasker sagt, daß es gewissermaßen als ein Interims⸗ gesetz zu betrachten sei, so bin ich dem durchaus nicht entgegen, denn wenn das Reich es im Allgemeinen behandelt, braucht sich der preu⸗ felce Staat nicht damit zu befassen. Sofern ich dann noch leben ollte, wird dies mir sehr angenehm sein.
— In der Diskussion über den Forst⸗Etat äußerte der Finanz⸗Minister Camphausen rücksichtlich der von der Kom⸗ mission vorgeschlagenen Resolution, den Ankauf von Grund⸗ stücken zur Aufforstung betreffend, nach dem Abg. v. Benda:
Meine Herren! Was die soeben von dem Herrn Referenten ver⸗ theidigte Resolution betrifft, so liegt es nicht in der Absicht der Staatsregierung, dieser Resolution entgegenzutreten. Ich glaube zwar, daß die Bedeutung des Unterschiedes der Einstellung einer solchen Position im Ordinario und der Einstellung einer solchen Po⸗ sition im Extraordinario nicht ganz so groß ist, als der senr Refe⸗ rent wohl annehmen mag. Durch die Einbringung der Positionen im Ordinario wird ja niemals eine Verpflichtung übernommen,
erade diesen Betrag zur Vergusgabung zu bringen, und ollten die Verhältnisse des Staates es als unzweckmäßig erscheinen lassen, den Grundbesitz des Staates weiter auszu⸗ dehnen, so würde ein künftiger Finanz⸗Minister, auch wenn die Einstellung in ordinario stattgefunden hätte, doch in der Lage sein, in gewissen Jahren von dieser Befugniß keinen Gebrauch zu machen. Andererseits, meine Herren, stimmt die Staatsregierung mit Ihnen in dem Wunsche überein, daß die reicheren Mittel, die der Staats⸗ verwaltung zu Gebote stehen, auch dazu benutzt werden mögen, um für die Forstkultur mehr zu thun, als bisher geschehen ist. Wenn Sie die verschiedenen Etats vergleichen, die seit der Dauer meiner Verwaltung ergangen sind, so werden Sie wahrnehmen, daß der Fonds auf 125,000 und in diesem Jahre auf 175,000 erhöht worden ist. 1
Es würde sicherlich in meiner Absicht gelegen haben, ich würde auch nicht zweifeln, dazu die Zustimmung der Staatsregierung zu erhalten, mit einem ähnlichen Betrag auch das Sü. für das Jahr 1874 auszustatten. Ich trage meinerseits auch kein Bedenken, sei es einen ansehnlichen Theil der Summe, sei es den vollen Betrag für das künftige Jahr in das Ordinarium hinüberzunehmen, und dadurch dem Gedanken des Herrn Reserenten und des Hohen Hauses näher zu treten, da es allerdings in der Absicht liegt, mit solchen Ankäufen planmäßig vorzugehen. Bekanntmachen lassen sich solche Pläne nicht, es kommt ja für uns auch auf die vich grade darbietende Gelegenheit an, denn es ist ja ein bedeutender Unterschied, ob man uns in die Lage bringt, Ihe⸗ Forsten zu arrondiren, Grundstücke, die in die Forsten einschneiden, zu erwerben und dadurch sofort die Forstkultur in eine bessere Lage zu bringen, oder ob man uns zumuthen will, in fpenden, wo die Forstverwaltung die genügenden Organe nicht hat, mit der Anlage von Forsten vorzugehen. Im Ganzen und Großen, meine Herren, kann ich erklären, daß die Staatsregierung nicht auf einem andern Standpunkte steht, wie Ihre Kommission.
Ueber den Antrag des Abg. Miquel in Betreff eines Forst⸗ tiehuefe es erklärte der Finanz⸗Minister nach dem Abg. Schmidt (Stettin):
Meine Herren! Wenn ich den Antrag richtig verstanden habe, so würde ich in Uebereinstimmung mit dem Herrn Referenten, wie ich wenigstens zu hoͤren geglaubt habe, der Ansicht sein, de es nicht eigentlich ein Antrag zum Etat der Forstverwaltung sei. ie Forst⸗ verwaltung hat das gethan, was ihres Amtes ist, und das Haus hat ja bereits die Güte gehabt, das Budget derselben aufs Neue für das Jahr 1873 zu bewilligen. Hinge die Frage lediglich von den Organen der Fcstverwaltung ab, wer weiß, ob wir nicht schon weiter mit den Vorschlägen über diese Frage gediehen wären. Die Frage die hier angeregt wird, gehört aber recht eigentlich vor das Forum des Ministers der landwirthschaftlichen Angelegenheiten und erst in zweiter Linie vor das Forum des Chefs der Forstverwaltung, indem allerdings die Königlichen Forsten sehr wesentlich dabei betheiligt sind, daß ein Antrag in dieser oder jener Form zum Austrage gelangt. Davon bin ich für meine Person auf das Lebendigste überzeugt, daß alle die Wünsche, die sich wohl geltend machen, daß die Forstverwaltung ihren Besitz ausdehnen und die Kultur vermehren möge, daß die alle mehr oder weniger bedeutungslos werden, wenn es nicht gelingt, im Wege der Gesetz⸗ gebung einen Schutz dafür zu finden, daß vorhandene Waldungen nicht willkürlich zerstoͤrt werden können. Meine Herren! Soweit es in dem Antrage nur darauf ankommt, der Regierung eine Anregung zu geben, so glaube ich, daß dieser Zweck bereits vollständig crreicht ist, wenn es einer solchen Anregung überhaupt bedurft hätte; soweit der Antrag sofort eine bestimmte Willensmeinung des Hauses aus⸗ sprechen soll, würde ich doch nicht umhin können, den Bedenken bei⸗ Kütesben, 8. der Herr Abgeordnete Windthorst soeben geltend ge⸗ ma at.
— Der dem Hause vorliegende Entwurf eines Gesetzes, betreffenddie Aufhebung, beziehungsweise Ermäßigung gewisser Stempelabgaben hat folgenden Wortlaut:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen zc. verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtages für den
der Monarchie, mit Ausschluß der Hohenzollernschen Lande Jadegebiets, was folgt: Vom 1. Januar 1873 ab werden ermäßigt die Stempel⸗
Umfan und de
1 1b a n.
1) von Geburts⸗, Tauf⸗, Aufgebot⸗, Ehe⸗, Trau⸗“, Todten⸗oder Beerdigungsscheinen auf 5 Sgr.,
8 25 von Ehevertragen und von Erbfolgeverträgen auf gr.,
3) von Kautions⸗Instrumenten, wenn der Werth der sicher gestellten Rechte beträgt: 50 bis 200 Thlr. auf 5 Sgr.; über 200 bis 400 Thlr. auf 10 Sgr.
§. 2 Von demselben Zeitpunkte ab werden aufgehoben die Stempelabgaben von: — stel 1) uchen (Beschwerdeschriften, Bittschriften, Eingaben, Vor⸗
ellungen);
2) Bescheiden auf Gesuche, Anfragen und Anträge in Privat⸗ angelegenheiten, sie mögen in Form eines Antwortschreibens, einer Verfügung, Dekretsabschrift oder eines auf die zurückgehende Bitt⸗ schrift selbst gesetzten Dekrets erlassen werden;
3) Protokollen mit Ausnahme der Auktions⸗, Notariats⸗, Rekognitions⸗ und Protokolle, welche die Stelle einer nach anderweiter Bestimmung der Stempeltarife steuerpflichtigen Verhand⸗ lung vertreten;
4. Requisitionen;
8 8 Dechargen;
6) Quittungen über Pensionen, Erziehungsgelder und fortlau⸗ fende Unterstuützungen, welche an Wittwen oder Waisen, imgleichen über Tagegelder, welche an Beamte oder andere in dienstlichen Ange⸗
saseein beschäftigte Personen aus offentlichen Kassen gezahlt werden; 7) Abschieden (Dienstentlassungen);
8) Urlaubsertheilungen;
9) Kundschaften, welche von Zünften und Gewerbs⸗Korpo⸗ rationen den Gesellen und Gehülfen ertheilt werden;
10) Lehrbriefen. . 8
Insoweit jedoch die unter 1 bis 4 bezeichneten Gegenstände a) in der Provinz Hannover bei gerichtlichen Behörden in ande⸗ ren als Justizverwaltungs⸗Sachen vorkommen, oder der Versteuerung nach den Bestimmungen des Stempelgesetzes vom 30. Januar 1859 unterliegen (Gesetz vom 21. Februar 1869, Gesetz⸗Samml. S. 366) b) im Bezirk des Appellationsgexrichtes zu Cöln bei ge⸗ richtlichen Behörden in anderen als Justizverwaltungs⸗Sachen vor⸗ kommen, bewendet es hinsichtlich der Versteuerung derselben bei den bisherigen Vorschriften.
F. 3. In der Stadt Frankfurt a. M. sinden die vorstehend im §. 1 unter Nr. 1 und im §. 2 unter Nr. 1 bis 5 und 7 bis 9 ent⸗ haltenen Bestimmungen keine Anwendung. 8
§. 4. Der Finanz⸗Minister ist mit der Ausführung dieses Ge⸗ setzes beauftragt.
Die Motive bierzu lauten: 3
Der vorliegende Gesetzesentwurf bezweckt die Ermäßigung, be⸗ ziehungsweise gänzliche Aufhebung gewisser Stempelabgaben, über welche in der vorgeschlagenen Weise verfügt werden kann, ohne dem ferneren Fortschritt der für jetzt aus sachlichen Gründen noch nicht zum Abschluß zu bringenden Revision der gesammten Stempel⸗Gesetzgebung vorzugreifen. Durch die beabsichtigten sofort realisirbaren Erleichterun⸗ gen der Stempelabgaben werden häufig laut gewordene Klagen und begründete Beschwerden Abhülfe finden. Die günstige Finanzlage und insbesondere die steigenden Erträge der Stempelsteuer, fordern dazu auf, die im allgemeinen Interesse liegenden Maßregeln, welche Gegenstand des vorliegenden Entwurfs sind, nicht länger zu vertagen, obgleich dieselben nicht den Anspruch machen können, das Bedürfniß einer vollständigen Reform des Stempelwesens zu erledigen. 1
Um Wiederholungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Moti⸗ virung der Vorschläge an die einzelnen Bestimmungen des Entwurfes anzuschließen. Nur im Allgemeinen mag hier bemerkt werden, daß als die wichtigsten Punkte, die Aufhebung der Besteuerung der Ge⸗ saens Bescheide und Protokolle in Verwaltungsangelegenheiten, und
ie Ermäßigung der Steuer von Geburts⸗, Trau⸗ und Todtenscheinen zu erachten sind. 1
Eine sichere Ermittelung des Ertrages der betreffenden Abgaben und des in Folge der vorgeschla enen Erleichterungen zu erwartenden Einnahme⸗Ausfalles ist, wie schon bei anderen Gelegenheiten hervor⸗ gehoben, unausführbar. Da dieselben Stempelmaterialien zu den verschiedensten shmnpepflichäcen Gegenständen verwandt werden können, da überdies ein wesentlicher Theil der Stempelabgaben in dem größten Theil der Monarchie ohne Verwendung von Stempel⸗ Materialien mit den Gerichtskosten eingezogen und nicht gesondert nachgewiesen wird, so fehlt jede Möglichkeit, den Ertrag der einzelnen Abgaben zu konstatiren. Daß aber die in dem vorliegenden Entwurfe berührten einzelnen Gegenstände zu den in finanzieller Hinsicht minder bedeutenden gehoöͤren, unterliegt keinem Zweifel. 11— efährer Schätzung wird der durch die Ausführung des Entwurfes entstehende Einnahme⸗Ausfall auf 200,000 Thlr. anzunehmen und annähernd zur Hälfte auf die im §. 1 vorgeschlagenen Ermäßigungen, zur an⸗ deren Hälfte auf die nach §. 2 ganz zu beseitigenden Abgaben zu rechnen sein.
Zum Eingange des Gesetzentwurfs. Die Bestimmungen des Entwurfes beziehen sich auf die nach dem Stempelgesetz vom 7. März 1822 zu entrichtenden Stempelsteuern von den in §§. 1 und 2 nam⸗ haft gemachten Gegenständen. Dieselben Steuern sind in den Pro⸗ vinzen Schleswig⸗Holstein, Hannover und Hessen⸗Nassau, zum Theil auch in der Stadt Frankfurt eingeführt. Der Geltungsbereich des zu erlassenden Gesetzes wird sonach den Umfang der Monarchie, mit Ausschluß der Hohenzollernschen Lande und des Jadegebiets, umfassen, in welchen Landestheilen rücksichtlich der in Rede stehenden Gegen⸗ stände noch völlig abweichende Normen maßgebend sind.
u §. 1 Nr. 1. Geburts⸗, Tauf⸗, Trau⸗ und Todten⸗ oder Beerdigungsscheine unterliegen nach dem Gesetz vom 7. März 1822 einem Stempel von 15 Sgr. Dieser Steuersatz besteht seit einem halben Jahrhundert und das Veläͤstigende desselben hat sich offenbar im Laufe der Zeit schon durch das allgemeine Sinken des Geldwerthes und die zunehmende Wohlhabenheit der Bevpölkerung vermindert. Außerdem sind zahlreiche Ausnahme⸗Bestimmungen ergangen] welche die für gewisse Angelegenheiten erforderlichen Atteste vom Stempel befreit haben. Für wirklich Arme können die Bescheinigungen überall
stempelfrei von Pfarrern und Civilstandsbeamten ausgestellt werden. Gleichwohl haben sich alle diese Erleichterungen nicht als ausreichend erwiesen und wird anerkannt werden müssen, daß die vielseitig be⸗
zeugten Klagen über das Drückende der Abgabe berechtigt sind.
Die Nothwendigkeit, dergleichen Bescheinigungen über Civilstands⸗ Akte beizubringen, tritt an die unbemittelten Schichten der Bevölke⸗ rung ebensowohl und vielleicht noch häufizer heran, als an die Wohl⸗ habenden, steht auch keineswegs regelmäßig mit solchen Veranlassungen in Verbindung, welche als geeignete Gelegenheit zur Einziehung einer verhältnißmäßig schon erheblichen Abgabe betrachtet werden dürften. Es ist daher leicht erklärlich, daß in Ansehung eines erheblichen Theils der Bevölkerung häufig die Abgabe in ihrer jetzigen Höhe drückend empfunden wird und zwar um so mehr, als es den Umständen nach erforderlich werden kann, mehrere solcher Bescheinigungen gleichzeitig zu beschaffen und zu versteuern, z. B. bei Trauungen, und als uͤber⸗ dies in der Regel neben zem Stempel gerade bei den in Rede stehen⸗ den Bescheinigungen auch noch die Entrichtung einer Gebühr für die Ausstellung konkurrirt. Da es sich nicht empfiehlt, den Steuersatz nach Maßgabe der Wohlhabenheit des Extrahenten oder nach dem Belang der Angelegenheiten, für welche die Bescheinigung gebraucht werden soll, in verschiedenen Abstufungen zu normiren, so wird eine allgemeine Ermäßigung desselben bis auf ein Drittheil des bitherigen
Betrages vorgeschlagen. . 8
Es versteht sich von selbst, daß diese Ermäßigung sich auch auf die von den Gerichten über Geburt, Heimath, Aufgebot und Sterbe⸗ fall nach der Verordnung vom 30. März 1847 (Ges.⸗Samml. Seite 27 und dem Gesetze vom 23. Juli 1847 11 Seite 263) u s. w. auszustellenden Bescheinigungen bezieht.
Zu §. 1 Nr. 2. Für Eh t,sssrae und Erbfolge⸗Ver⸗ träge ist gleichmäßig der Steuersatz von 2 Thlr. vorgeschrieben. Das Bedürfniß, bei Eingehung der Ehe über die vermögensrechtliche Stel⸗ lung der Ehegatten während der Ehe und über die künftige Erbfolge vertragsmäßige Festsetzungen zu treffen, wird in den verschiedenen Rechtsgebieten in sehr verschiedenem Umfange empfunden. Wo das ehe⸗ liche Guͤterrecht eine den wirthschaftlichen Anforderungen entspre⸗ chende Ausbildung erlangt hat, wird erfahrungsmäßig kein überwie⸗ gender Gebrauch von der Errichtung besonderer Ehepakten gemacht. Dagegen fehlt es auch nicht an solchen Landestheilen, wo regel⸗ mäßig selbst unbemittelte Ehegatten sich zu vertragsmäßigen Dis⸗ positionen genöthigt sehen, z. B. um dem überlebenden Ehegatten das ihm von dem Gesetz versagte Erbrecht an den Nachlaß zu gewähren, oder um die statutarisch nicht geltende, aber hergebrachte und für das Ge⸗ deihen der Wirthschaft erforderlich erachtete Gütergemeinschaft her⸗ b Unter solchen Voraussetzungen bringt die Abgabe von zwei
halern eine kaum beabsichtigte allgemein empfundene Härte für das betreffende Rechtsgebiet mit sich und sind deshalb von verschiedenen Seiten Anträge auf deren Ermäßi E gestellt. Von dem sich zu⸗ nächst darbietenden Auskunftsmittel, die Höhe der Steuer nach dem Vermögen der Ehegatten zu bemessen, auf welches der Vertrag sich bezieht, muß Abstand genommen werden, da der Betrag des Vermö⸗ gens aus dem Vertrage oft nicht zu ersehen und zu besonderen Er⸗ mittelungen dieserhalb zu schreiten nicht ratbsam ist. Die Anzahl der von wohlhabenden Personen jährlich geschlossenen Ehe⸗ und Erb⸗ verträge ist jedenfalls keine so bedeutende, daß der allgemeinen Er⸗ mäßigung der Abgabe auf 15 Sgr. erhebliche Bedenken in finanzieller Hinsicht entgegenstehen könnten.
Zu §. 1 Nr. 3. Die Steuer für Schuldverschreibungen (hypo⸗ thekarische, Pfandbriefe und persönliche jeder Art) beträgt Prozent des Kapitalbetrages, auf welchen die Verschreibung lautet. ür Kautions⸗Instrumente ist bagegen ein fester Steuersatz von 15 Sgr. bestimmt. Hieraus entsteht das anomale Verhältniß, daß
die Konstituirung der Hauptschuld bei einem Kapitalbetrage von 5 bis 200 Thlr. nur einen Stempel von 5 Sgr., und bei einem Kapi⸗ talbetrage von über 200 bis 400 Thlr. einen Stempel von 10 Sgr. erfordert, während die Bestellung der Sicherheit durch Bürgschaft, Pfand u. s. w. für dergleichen geringe Beträge stets 15 Sgr. Stempel verlangt. Es hat dies zu lebhaften und begründeten Beschwerden namentlich in denjenigen Fällen Veranlassung gegsben, wo die Be⸗ nutzung öffentlicher Kreditanstalten (Sparkassen, Darlehnskassen und dergl.) statutgemäß davon abhängig ist, daß der Darlehnsempfänger einen oder mehrere Bürgen stellt, ist aber auch sonst als ein offen. bares Mißverhältniß fühlbar geworden. Der Entwurf beabsichtigt dasselbe dadurch abzustellen, daß, unter Festhaltung des Maximalsatzes von 15 Sgr. der Stempel für Kautions⸗Instrumente auf 5 Sgr. resp. 10 Sgr. ermäßigt wird, wenn der Werth der Hauptschuld weniger als 200 Thlr. resp. 200 bis 400 Thlr. beträgt. 1
Zu §. 2 Nr. 1 bis 4. Der Gebrauch von Stempelpapier zu allen an die öffentlichen Behörden gerichteten und von denselben aus⸗ gehenden Schriftstücken bildete in früherer Zeit einen der wichtigsten und ausgiebigsten Bestandtheile der Stempelabgaben. Wie in den meisten ausländischen Staaten, so bestand diese Einrichtung auch in Preußen und noch das Stempelgesetz vom 20. November 1810 ver⸗ langte im Art. 6 Nr. 1 den Gebrauch des Stempelpapiers zu allen Vorstellungen, Gesuchen, Schriften u. s. w., welche an irgend eine öffentliche Behörde, »sie habe Namen, wie sie wolle, Magistrate und einzelne Beamte nicht ausgenommen, eingereicht werden, 8 dann, wenn die Briefform gewählt sein sollte, die Absicht aber dahin ging, eine Verfügung zu bewirken.« In gleicher Allgemeinheit wurden alle Bescheide, Verfügungen und Verhandlungen der Justiz⸗ und Ver⸗ waltungsbehörden, der Magistrate und einzelner Kommissarien dem Stempel unterworfen. 1 ]
Das Gesetz vom 7. März 1822 ließ hierin eine Einschränkung eintreten. Enischied man sich damals auch nicht für die Aufhebung der ganzen Einrichtung, obwohl man das Bedenkliche dieser Art der Besteuerung erkannte, so wurde dieselbe doch auf den Schriftwechsel bei denjenigen Behörden beschränkt, welchen die Ausübung einer richterlichen oder polizeilichen Gewalt übertragen ist, oder die Ver⸗ waltung öffentlicher allgemeinen Abgaben obliegt. Inzwischen ist eine fernere, die sinanzielle Bedeutung des Gegenstandes wesentlich vermindernde Einschränlung durch die anderweite Regelung des Ge⸗ richtskostenwesens eingetreten. Das Gesetz vom 10 Mai 1851 hat zunächst für den damaligen Umfang der Monarchie, mit Ausschluß des Bezirks des Appellationsgerichts zu Cöln, die hier in Rede stehenden Stempelabgaben in gerichtlichen Angelegenheiten fast ganz beseitigt und mit den Gerichtsgebüͤhren untrennbar verschmolzen. Nur in den von den Gerichten zu bearbeitenden Justiz⸗Verwaltungssachen werden noch die Stempel von Gesuchen, Bescheiden u. s. w. bei den Gerichten er⸗ hoben. Derselbe Grundsatz ist demnächst auch in denjenigen im Jahre 1866 mit der Monarchie vereinigten Landestheilen durchgeführt, in welchen zu einer durchgreifenden Regelung des Gerichtskostenwesens geschritten ist. Insowelt letzteres nicht geschehen, hat bisher aber auch die Einführung der Bestimmungen des Gesetzes vom 7. März 1822 über die Besteuerung der Gesuche u. s. w. für gerichtliche Angelegen⸗ heiten beanstandet werden müssen. In der Stadt Frankfurt a. M. ist sie ganz unterblieben. In der Provinz Hannover haben für die im §. 1 des Gesetzes vom 24 Februar 1869. (Gesetz⸗Samml. Seite 366 bezeichneten gerichtlichen Angelegenheiten noch die Vorschriften des Stempelgesetzes für Hannover vom 30. Januar 1859 in Kraft erhal⸗ ten werden müssen. 1
Es handelt sich demnach hauptsächlich nur noch um die Stempel⸗ pflichtigkeit des schriftlichen Verkehrs in Verwaltungsangelegenheiten (einschließlich der Zeei gerwattangeesenn. und in dieser Beschränkung empfiehlt es sich, die bisherige Besteuerung zu beseitigen. 1
Die Unhaltbarkeit der in Rede stehenden Abgaben beruht zunächst darauf, daß deren Entrichtung in vielen Fällen von dem Belieben der betheiligten Behörden und anderen Zufälligkeiten abhängig ist. Namentlich bei den nicht kollegialischen Behöͤrden ist die schriftliche Form des ein Privatinteresse berührenden Gesuches meist entbehrlich. Ein und dasselbe Geschäft kann ebensowohl mündlich im persönlichen Verkehr abgemacht werden, wenn sich der Beamte zugänglich und zu kurzer Hand zu treffenden Anordnungen geneigt zeigt, wie unter an⸗ deren Voraussetzungen die schriftliche Anbringung des Gesuches ver⸗ langt, schriftlicher Bescheid darauf erlassen u s. w. und dadurch zu⸗ gleich die Entrichtung der Stempelabgaben dem Interessenten aufgelegt werden kann. Oft mag diese Konsequenz dem Beamten, wenn er sich für die schriftliche Form des Verfahrens entscheidet, nicht einmal gegen⸗ wärtig sein; sie zeigt sich dann später bei Gelegenbeit der Stempel⸗ Revisionen und ruft Klagen und Remonstrationen hervor. Man kann weiter gehen und behaupten, daß selbst bei Erlassung von allgemeinen Gesetzen, polizeilichen Verordnungen u. dgl., welche die Faälle der Be⸗ fassung der öffentlichen Behörden mit Privatangelegenheiten regeln, nicht immer zugleich die Steuerpflichtigkeit des schriftlichen Verkebrs mit den Behoͤrden berücksichtigt ist.
In noch hoͤherem Grade tritt das Zufällige und Unmotivirte der Besteuerung hervor, wenn man auf die Bestimmuungen des Stempel⸗ gesetzes vom 7. März 1822 näher eingebt. Die Stempelpflichtigkeit ist nach demselben dadurch bedingt, daß die betreffende Behörde in irgend einer Beziehung eine richterliche oder polizeiliche Gewalt aus⸗ übt, oder eine öffentliche allgemeine Abgabe zu verwalten hat. Trifft eine dieser Voraussetzungen zu — mag es auch in einem für den sonstigen Geschäftskreis der Behörde durchaus untergeordneten Punkte sein — so werden alle an die betreffende Behörde gerichteten Gesuche, die ein Privat⸗Interesse zum Gegenstande haben, stempelpflichtig, mag die Angelegenheit auch mit jener richterlichen, polizeilichen oder finanziellen Funktion in keinem erdenklichen Zusammenhang stehen. Hat z. B. der Magistrat einer Stadt zugleich polizeiliche Funktionen auszuüben, so werden alle auf die städtische Verwaltung bezüglichen Eingaben nach dem Gesetz dem Gesuchstempel unterworfen, wenn sie nur ein Privat⸗Interesse zum Gegenstande haben, obgleich dasselbe ganz anderer Naͤtur ist und sich beisptelsweise auf eine Pachtung oder die Darleihung eines Kapitals oder auf einen Gegenstand der Verwaltung des Schul⸗ wesens bezicht. Desgleichen würden alle an einen nach dem Ent⸗ wurf der Kreisordnung einzusetzenden Amtsvorsteher zu richtenden schriftlichen Eingaben und die von ihm zu erlassenden Bescheide den Stempel erfordern, während das Unzweckmäßige dieser Art der Be⸗ steuerung schon durch die ausdrückliche Bestimmung der Stempes⸗ freiheit für das Verfahren vor Kreisausschüssen (§. 162 des Entwurfs der Kreisordnung) anerkannt wird.
Dazu kommen noch die Schwierigkeiten, welche daraus entstehen, daß bei den Verhandlungen in Verwaltungsangelegenheiten häufig gar nicht zu bestimmen ist, ob dieselben ein öffentliches Interesse oder ein Privat⸗Interesse zum Gegenstande dabe. Beides pflegt mit ein⸗ ander zu konkurriren und welches das überwiegende Interesse sei läßt sich in zahlreichen Fällen kaum entscheiden, wäͤhrend doch eine rück⸗ sichtslose Durchführung der Besteuerung in denjenigen Fällen, wo nur irgend ein konkurrirendes Privat⸗Interesse erkennbar wird, zu keiner Zeit zweckmäßig erschienen ist.
Nach den vorstehenden allgemeinen Bemerkungen wird es nicht befremden, wenn konstatirt werden muß, daß ungeachtet der großen Anzahl von Spezial⸗Entscheidungen und prinzipiellen Bestimmungen, welche die Handhabung der gesetzlichen Vorschriften geregelt haben, dennoch es nicht gelungen ist und nicht gelingen konnte, einen be⸗ friedigenden Zustand der Praxis hinsichtlich der Stempel von Ge⸗ sachen⸗ Bescheiden, Protokollen in Verwaltungssachen herzustellen, daß die Anwendung der betreffenden Bestimmungen Seitens der Ver⸗ waltungsbehörden eine mangelhafte und für dieselben wie für die Steuerpflichtigen selbst belästigende ist. In Betreff der Versteuerung der Bescheide und Verfügungen auf Gesuͤche, Ansragen und Antraͤge in Privatangelegenheiten hat uͤberdies das Gesetz dem Ermessen der Behörden den weitesten Spielraum verstattet. In der Regel soll zwar ein Stempel von 15 Sgr. gebraucht werden. Wo aber die Verhältnisse des Empfängers oder die Geringfügigkeit eines nicht nach Gelde zu schätzenden Gegenstandes eine Ausnahme zu rechtfertigen geeignet sind, kann der Stempel auf 5 Sgr. ermäßigt werden. Aus besonderen Gründen dürfen die Behörden und Beamten nach billigem Ermessen auch stempelfreie Bescheidung eintreten lassen. Selbstver⸗ ständlich mußten diese Anordnungen zwar zur Milderung der Be⸗ steuerung beitragen, haben aber auch die Erreichung einer gleichmäßigen Besteuerung bedeutend erschwert. 8
Die in Verwaltungsangelegenheiten vorkommenden Protofoll unterliegen einem Stempel von 5 Sgr., wenn sie die Stelle eine
8
Schwierigke
wenigstens in neuerer Zeit zur Ausnahme geworden. hebung dieser Position des Tarifes liegt nur in der Konsequenz der
den Gegenstände bis dahin bewenden, daß das
Gesuches vertreten, und einem Stempel von 15 Sgr., wenn sie eine Zeugenaussage, oder eine auf amtliches Erfordern bekundete Aus⸗ funft oder die Uebernahme einer Verbindlichkeit zu einer Leistung oder Unterlassung enthalten (Verpflichtungsprolokole). Die Anwen⸗ dung dieser Steuer hat bei den Verwaltungsbehörden nur in gerin⸗ em Umfange Eingang gefunden und begegnet noch jetzt nicht felten, hauptsächlich wegen der meist vorhandenen Konkurrenz des öffentlichen Interesses mit dem Privatinteresse bei den bezüglichen Verhandlun⸗ gen, einem unverkennbaren Widerstreben.
Den im Vorstehenden angedeuteten Mißständen gegenüber könnte die Frage aufgeworfen werden, ob es sich nicht mehr empfehle, die
Bestimmungen über die Stempelabgaben von Gesuchen u. s. w. einer
Revision zu unterziehen und dabei diejenigen Fälle auszusondern, in welchen sich die Erhebung einer mäßigen Abgabe mit Rücksicht auf ein üͤberwiegendes Privatinteresse des Gesuchstellers oder Bescheid⸗ empfängers allenfalls rechtfertigen läßt. Es würde dies jedoch jeden⸗ falls nicht ohne eine Kasuistik durchzuführen sein, welche der Praxis nur neue zu dem finanziellen Ertrage außer Verhältniß stehende
sten und Belästigungen bereiten müßte. In dem Ent⸗ wurfe ist deshalb der Aufhebung der in Rede stehenden Abgaben der
Vorzug gegeben.
Zu §. 2 Nr. 4. Zur Aufhebung geeignet erscheinen ferner die Stempelabgaben von Requisitionen, worunter schriftliche An⸗ fräge einer Behoͤrde an eine koordinirte Behörde in stempelpflichtigen Privat⸗Angelegenheiten verstanden werden. Dergleichen Aufträge sollten einem Stempel von 15 Sgr. oder 5 Sgr. nach dem Ermessen der Behörde unterliegen, insofern nicht nach eben diesem Ermessen in einzelnen Fällen von dem Stempel ganz zu entbinden Veranlassung genommen wird. In der Praxis ist die Anwendung des Seröee⸗
ie ꝛuf⸗
übrigen Vorschläge wegen Besreiung des Schriftwechsels bei den Verwaltungsbehörden von Stempelabgaben. 1 .
Im Anschluß an die vorstehende Motivirung der Nr. 1 bis 4 ist zu dem Schlußsatz des §. 2 noch Folgendes zu bemerken:
Wie oben schon angeführt, ist der Grundsatz der Verschmelzung der Gesuch, Bescheid⸗, Protokoll⸗Stempel in gerichtlichen Angelegen⸗ heiten mit den Gerichtskosten in der Provinz Hannover und in dem Bezirk des Appellationsgerichts Cöln bisher nicht zur Geltung ge⸗
bracht. In den bezeichneten Gebieten können deshalb für jetzt die be⸗
zeichneten Stempelabgaben auch nur bei den gerichtlichen Behörden soweit aufgehoben werden, als die davon betroffenen stempelpflichtigen Gegenstände in den eigentlichen Justiz⸗Verwaltungssachen vorkommen. Im Uebrigen muß es bei den bisherigen Bestimmungen wegen der gleichartigen in allen anderen gerichtlichen Angelegenheiten vorkommen⸗
erichtskostenwesen in den genannten Gebieten eine anderweite Regelung erfährt. Für den wichtigsten Theil der gerichtlichen Verhandlungen in der Provinz Hannover hat bis jetzt, eben wegen der Rücksicht auf den Zusammen⸗ hbang des Stempelwesens mit den Gerichtskosten, noch das ehemalige hannoverische Stempelgesetz vom 30. Januar 1859 in Kraft erhalten werden müssen. Nach demselben sind auch noch die Verhandlungen der Gerichtsvögte und deren Gehülfen zu versteuern, weshalb im §. 2
unter a. des Entwurfes besonders darauf hingewiesen ist, daß in der
Stempelpflichtigkeit der noch nach dem Gesetz vom 30. Januar 1859 zu behandelnden Gegenstände nichts geändert werden soll. Für die Ürkunden der Gerichtsvollzieher im Bezirk des Appellationsgerichts zu Coͤln bedarf es einer ähnlichen Bestimmung nicht, da für dieselben eine eigene Position des Stempeltarifs besteht, welche durch den vor⸗ liegenden Entwurf nicht berührt wird.
Zu §. 2 Nr. 5. Die Aufhebung der von De⸗ chargen ist schon seit längerer Zeit beabsichtigt und bisher nur des⸗ halb nicht weiter verfolgt, weil der Gegenstand zu unerheblich schien, um eine besondere Gesetzesvorlage deswegen zu machen. Nachdem auch das Abgeordnetenhaus in der letzten Session sich für die Auf⸗ hebung dieser Abgabe ausgesprochen hat (Sitzung vom 22. Oktober 1872), konnte es keinem Bedenken unterliegen, in den vorliegenden Gesetzentwurf das Nöthige hbierüber aufzunehmen. Zur Rechtfertigung mögen die folgenden Bemerkungen dienen. 5 8
Nach den Vorschriften des Stempeltarifs vom 7. März 1822 unter den Positionen »Dechargen« und Rechnungen« muß jeder eine Rechnung behufs Dechargirung ablegende Rendant zum Titelblatte des Hauptexemplars der Rechnung einen Stempelbogen von 15 Sgr. verwenden, welcher den zur Decharge erforderlichen Stempel darstellt. Außer einigen die Militärverwaltung angehenden Rechnungen sind hiervon nur solche Rechnungen befreit, für deren Führung der Ren⸗ dant weniger als 50 Thaler bezieht. Der von einem Rendanten all⸗ jährlich an Decharge⸗Stempel zu entrichtende Betrag hängt hiernach davon ab, wie das Rechnungswesen eingerichtet ist, ob der Rendant mehr als eine Rechnung zu legen hat, ob ihm für einzelne derselben bestimmte Theile seines Diensteinkommens ausgeworfen sind, und ob in diesem Falle die Summe von 50 Thlr. erreicht wird oder nicht u. s. w. a die Rechnungslegung für den Rendanten die Erfüllung einer Amtspflicht ist, und zu einer Besteuerung dieses Aktes kein ge⸗ nügender Anlaß vorlieagt, so ist schon bei Regelung des Stempelwesens, in den im Jahre 1866 mit der Monarchie vereinigten Landestheilen von der Einführung der Stempelabgabe von Dechargen überall Ab⸗ band genommen. Der Ertrag der Abgabe ist übrigens im Ganzen gering.
Zu §. 2 Nr. 6. Außer den bei öffentlichen Wittwen⸗Verpfle⸗ gungs⸗Anstalten versicherten Wittwenpensionen sind auch h ses gen sortlaufenden Unterstützungen, welche als Gnadenpensionen oder als Erziehungsgelder für Wittwen oder Waisen aus öffentlichen Kassen gezahlt werden, bis jetzt dem Quittungsstempel von 1 pCt. nach dem jährlicen Betrage der Zahlung unterworfen (8. 8 des Stempelgesetzes vom 7. März 1822), während im Allgemeinen nach der Bestimmung des Stempeltarifs Quittungen über Unterstützungen aus öffentlichen Mitteln stempelfrei sein sollen. Für die Beseitigung der Besteuerung der vorerwähnten periodischen Hebungen der Wittwen und Waisen sprechen offenbar dringende Billigkeitsrücksichten.
Nach den bestehenden Bestimmungen sind von dem Quittungs⸗ stempel befreit alle Quittungen über »Reisekosten in Dienstangelegen⸗ beiten und unfixirte Diäten aus öffentlichen Kassen« (Tarifposition Quittungen unter c). Quittungen über fixirte Diaͤten sollen dem Stempel unterworfen sein. In Ermangelung jeder legalen Definition desjenigen, was unter fixirten und was unter unstxirten Diäten zu verstehen sei, hat die Durchführung dieser lediglich das Stempelinter⸗ esse berührenden Unterscheidung beständig zu vielen Zweifeln Veran⸗ lassung gegeben und ruft noch jetzt zahlreiche Erinnerungen der Stem · pelsiskale u. s. w. hervor, deren Beseitigung dringend zu wünschen ist. Eine nachträgliche Definition der fixirten und vnfähFten Diäͤten er⸗ scheint nicht zweckmäßig, da die dabei in Betracht ommenden Ver⸗ hältnisse in den mannichfaltigsten Gestaltungen vorkommen. Nament⸗ lich gilt dies in dem Vereich der Verwaltungen öffentlicher Bauten und ähnlicher Unternehmungen. Es wird deshalb vorgeschlagen, die gedachte Unterscheidung ganz fallen zu lassen und die Stempelfreiheit auf Quittungen über alle Tagegelder auszudehnen, welche an Beamte oder in dienstlichen Angelegenheiten beschaͤftigte Nichtbeamte gezahlt werden. Der davon zu erwartende Einnahme⸗Ausfall ist unbedeu⸗ tend. Im Uebrigen wird auf eine durchgreifende Umgestaltung des Quittungsstempels nur in Verbindung mit der künftigen Revision des Stempels von Urkunden über Rechtsgeschafte einzugehen sein.
Zu §. 2 Nr. 7 und 8. Zu Abschieden (Dienstentlassungen) der Sber-⸗Offiziere und besoldeten Militär⸗, Civil⸗, geistlichen und Kommunalbeamten ist ein Stempel von 15 Sgr; zu Urlaubs⸗
rtheilungen an Beamte ein Stempel von 15 Sgr. oder nach dem Ermessen der Behörde von 5 Sgr. zu verwenden. Die Besei⸗ tigung dieser ausschließlich die Beamten treffenden Abgaben von sehr geringem Ertrage dient zur Vereinfachung des Stempeltarifs und entsoricht der Villigkeit. Die Dienstentlassung wird in der Regel und die Urlaubsertheilung wenigstens in vielen Fällen durch Ver. ältnisse bedingt, welche keinen rationellen Anlaß zu einer Besteuerung darbieten können, sondern eher auf eine Verschlimmerung der öͤkono⸗ mischen Lage des betreffenden Beamten hindeuten. 1
Zu §. 2 Nr. 9 und 10. Nach dem Stempeltarif vom 7. März 1822 erfordern Kundschaften, welche von Züͤnften und Gewerbs⸗ Korporationen den Gesellen und Gehuͤlfen ertheilt werden, und
Lehrbriefe der Handlungsdiener, Künstler, Fabrik⸗ und Hand. ertsgehülfen, auch Jäger, Gärtner und Koͤche einen Stempel von
gr.
Seit Einführung der Gewerbe⸗Ordnung vom 17.
Falls Ihr Gesch
anuar 1845 (§. 142;, §. 156) ist die Ausstellung von Kundschaften und Lehrbriefen nur noch in vereinzelten Fällen Febrruchlich und mit Rücksicht auf die Bestimmungen in den §§. 113, 124 und 126 der Gewerbe⸗Ord⸗
nung vom 21. Juni 1869 (Bundes⸗Gesetzblatt Seite 245) kann nur
die Aufhebung der angeführten Tarifposittonen empfohlen werden. Zu §. 3. In der Stadt ” a. M. sind nach der Verord⸗ nung vom 19. Juli 1867 (Gesetz⸗Samml. S. 1346) in Betreff der im §. 1 Nr. 1, F. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 bis 9 des vorliegenden Ent⸗ wurfes aufgeführten Gegenstände die Bestimmungen des Stempel⸗ gesetzes für Frankfurt vom 26. Oktober 1852 maßgebend geblieben, und nur hinsichtlich der im §. 1 Nr. 2 und 3 und im §. 2 Nr. 6 und 10 bezeichneten Gegenstände die preußischen Stempelabgaben ein⸗ Pführt (Nr. 12, 20, 30, 48 des Stempeltarifs vom 19. Juli 1867, eset⸗Samml. S. 1191). Es können deshalb für jetzt auch nur die auf die letzterwähnten Punkte bezüglichen Bestimmungen in Frank⸗ furt a. M. in Kraft gesetzt werden, setsgeehn im Uebrigen die ander⸗ weite Regelung des dortigen Stempelwesens wegen des Zusammen⸗ hangs mit dem Gerichtskostenwesen noch ausgesetzt bleiben muß.
— In den letzten 3 Jahren betrug der Gewinn⸗Antheil des Staats von der Preußischen Bank im Durchschnitt 1,313,859 Thlr.
Statt dieses Betrages sind Behufs Abrundung der Schlußsumme des 8. Einnahme⸗Kapitels 1,313,352 Thlr. in dem Staatshaushalts⸗
Etat für 1873 angesetzt worden Für 1872 waren veranschlagt 1,026,667 Thlr.; für 1873 ergiebt sich demnach eine Mehr⸗Einnahme von 286/685 Thlr. Dem vorerwähnten Gewinn⸗Antheil von 1,313,352 Thlr. treten hinzu: an Zinsen von dem Einschuß⸗Kapitale des Staats im Betrage von 1,906,800 Thlr. à 3 ½ pCt. 66,738 Thlr. und an Zuschuß zur Verzinsung und Tilgung der Staats⸗Anleihe vom Jahre 1856 621,/910 Thlr. Es stellt sich daher die Gesammt⸗ Einnahme von der Preußischen Bank für 1873 auf 2,002,000 Thlr. Für 1872 betrug dieselbe 1,715,000 Thlr. Mithin ergiebt sich für 1873 eine Mehr⸗Einnahme von 287,000 Thlr., wovon auf den Ge⸗ winn⸗Antheil 286,685 Thlr. und auf die Zinsen von dem Einschuß⸗ Kapitale, welches sich gegen das Vorjahr um 9000 Thlr erhöht hat, 315 Thlr. treffen.
Wiener Welt⸗Ausstellung 1873.
Mit Bezugnahme auf unsere vorgestrige Notiz über die Seitens der Deutschen Central⸗Kommission beabsichtigte Heraus⸗ gabe eines besonderen deutschen Kataloges bringen wir nach⸗ stehend das Formular des daselbst erwähnten Fragebogens, welcher jedem Aussteller Behufs Sammlung des erforderlichen Materials zugestellt wird, zum Abdruck:
Fratebogen. Wiener Welt⸗Ausstellung 1873.
Deutscher Katalog. Falls Sie in verschiedenen Gruppen ausstellen, wollen Sie gefälligst den Bogen für eine Gruppe ausfüllen und die Bogen für die übrigen Gruppen unter Bezugnahme darauf zurücksenden.
Wie heißt die vollständige Firma des Geschäftes
der jetzige Inhabelrlr.. . c Wie hieß, falls im Laufe der Zeit eine gänzliche Aenderung des Namens oder die Umwandlung in eine Kommandit⸗ oder Aktiengesellschaft erfolgt ist, die Firma früherl. .
In welchem Jahre ist das Geschäft errichtet?. Welche Betriebszweige umfaßtl ees . u“
Sie wollen gefälligst diejenigen welche für das Geschäft die wichtigsten sind, durch Unter⸗ streichen hervorheben. 1 Hat das Geschäft eine Spezialität und welchleel? . Falls das Geschäft aus mehreren an verschiedenen Orten be⸗ legenen henehesemn Anlagen besteht, welches ist deren Name? deren Lage? deren Haupterzeugniß?
. .„ . .„ .„9292b02022292227222952242——
Gruppe 13.
Sie wollen gefälligst die gewerblichen Anlagen, aus welchen die ausgestellten Erzeugnisse herrühren, durch Unterstreichen hervorheben.
Welches ist für die wichtigsten, in dem ganzen Geschäfte ver⸗ arbeiteten Rohstoffe, im Jahresbetrage von 1871 die Menge? der Werth?
Welches ist für die wichtigsten Erzeugnisse des ganzen Ge schäfts im Jahresbetrage von 1871 die Menge? der Werth?
2 ⸗
Zu welchem ungefähren Theile arbeitet das Geschäft für den
deutschen Markt?.. ....... für andere europäische MärkttellF . 8 für überseeische Ausfuhr. D 8 5 10. Wie viel Personen beschäftigen Sie innerhalb Ihrer Geschäftsräume, auf offenen Arbeitsplätzen und auf
Reisen und zwar: 8 2) Direktions⸗, Aufsichts⸗, Rechnungs⸗Personal?’...
b) Andere Personen
über 16 Jahre alt? unter 16 Jahre alt? männliche W““
weibliche
11. Wie viel Personen arbeiten für Sie außerhalb Ihrer Geschäftsräume und Arbeitsplätze? II““ 1“ “ “ weibliche? I1““ 12. Benutzen Sie in Ihrem Gewerbebetriebe Dampf und zwar 1 gals Triebkraft aus wie viel Dampfkesseln ?... in wie viel Dampfmaschinen? zusammen von wie viel Pferdestärken? zum Kochen u. dgl. aus wie viel Dampfkesseln? 13. Falls Sie Wasserkraft benutzen, welches ist die Zahl der Gesammtbetrag der Pferdestärken nach dem mittleren Wasserstande) der Wasserräder? 8 der Turbinend?. 1“4“ der sonstigen Kraftmaschinen für Wasser?.. 14. Falls Sie andere Kraftmaschinen benutzen,
welches i 9 s die Zahl
111öM der Gesammtbetrag der Pferdestärken der Gaskraftmaschinen?... der Heißluftmaschinen? ar Ihr Geschäft auf früheren Weltausstellungen vertreten?
Fragen 10 besonders
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alls Ihr Geschäst aus mehreren, an ver⸗ Orten belegenen
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falls unter anderer Firma, unter welcher...
Wünschen Sie Werkführer oder Arbeiter zu hezeichnen um Ihr Geschäft, soweit dasselbe an der Ausstellung 8 nimmt, sich besonders verdient gemacht haben?
7. Es wird Ihnen anheimgegeben, weitergehende Bemerkungen über einze ne hervorragende Gegenstände Ihrer Ausstellung, über die Fortschritte, welche Ihr Gewerbebetrieb seit 1867 gemacht hat, und über sonstige Einrichtungen Ihres Geschäf⸗ tes auf besonderer Anlage beizufügen.
Die Richtigkeit der vorstehend gemachten Angaben wird hierdure mittelst Märpessdunterfchrg bescheinige 1 b 86
Ausstellung japanischer Kunst⸗ und Industrie⸗Erzeug⸗
nisse im Deutschen Gewerbemuseum. Seit dem 13. Dezember ist im ersten langen Saal des Deutschen
Gewerbemuseums in der Georgenstraße eine Sammlung von zahl⸗ reichen Gegenständen japanischer Kunst und Kunstindustrie ausgestellt, welche größtentheils durch Vermittelung des deutschen Konsuls in Japan, Herrn Gärtner, von dort aus eingesendet, theils behufs der Vervollstaäͤndigung der Ausstellung von hiesigen Privatbesitzern her⸗ geliehen sind. zu erproben, eigene Erzeugnisse hier genügenden Anklang finden würden, um künftighin und dauernd zu Importartikeln für Deutschland zu wer⸗ den. Es läßt sich schon jetzt erkennen, daß für einige Gattungen der ausgestellten Produkte diese Probe gelungen ist.
Ffemn Gärtners Absicht dabei war es hauptsächlich, ob nicht gewisse, der japanischen Industrie durchaus
Die Ausstellung ist eben so reich an vortrefflichen Erzeugnissen
der höͤheren Kunstindustrie als an praktischen Gegenständen des ge⸗ wöhnlichen Gebrauchs. Bronze und Edelmetallen, die Elfenbeinschnitzereien, die Emaillen und die Porzellane; zu letzteren die Seiden⸗ und Baumwollengewebe, die
Zu ersteren rechnen wir die Arbeiten aus
Faserstoffe und die mancherlei Lack⸗ und Holzwaaren. Unter den Bronzen finden sich Arbeiten von hohem künstlerischen
und technischen Werth, meisterhaft gegossen, ciselirte mit figürlichen
Darstellungen und graziösen tauschirten Silberornamenten geschmückte Gefäße, Schalen, Vasen ꝛc., kunstvolle, außerordentlich getreue Nach⸗ bildungen natürlicher Gegenstände, z. B. Hummer, Krebse, Käfer. Eine durch Kunst und Kostbarkeit gleich ausgezeichnete Arbeit ist die Gestalt eines silbernen Reihers von feinster Durchführung des Ge⸗ fieders auf einem silbernen, mit goldenen Reliefornamenten reich ge⸗
schmückten Postament.
Unter den Kupferemaillen (Zellenschmelz) finden sich neben den neueren auch sehr schöne Stücke der älteren japanischen Kunst, Vasen, Blumenkübel, Schalen ꝛc. Por⸗ zellangefäße, von den größten, prächtig bemalten Vasen, bis zu den kleinsten zierlichen Schälchen, sind in großer Zahl vereinigt. Wenig bekannt bei uns war bisher die, hier in trefflichen Exemplaren vertretene Gattung der »Satsuma⸗Vasen«, deren Glasur durchweg ein feines Netz von künstlichen Sprüngen (craquelé) zeigt und mit außerordentlich geschmackvollen Blumen⸗ und Arabeskenmalereien in lichten, harmonischen Farben geziert ist.
Die Zeuge, von denen viele mit Goldornamenten durchwirkt oder gestickt sind, zeichnen sich allgemein durch ungemein wohlthuend wirkende Farbentöne, durch die Grazie der Muster und den feinen Sinn in der Vertheilung derselben aus. Von größter, praktischer Wichtigkeit aber erscheint in dieser Ausstellung vor Allem jener ganz eigenthümliche und nur in Japan produzirte Stoff, von welchem Konsul Gärtner zahlreiche Proben herbeige⸗ schafft hat, ein Stoff, welcher alle Eigenschaften des sonst zu kostbaren Tapeten, Polstern und Portefeuille⸗Arbeiten benutzten Leders mit einer verhältnißmäßig außerordentlichen Billigkeit und einer unver⸗ wüstlichen Haltbarkeit vereinigt. Er wird aus den Bastfasern einer japanischen Staude und denen der jungen Zweige der Maulbeer⸗ gesträuche gewonnen, welchen diese Fasern durch ziemlich mühsame Handarbeit abgezogen werden. Sein Aussehen ist durchaus das des Leders, mit welchem er auch eine gewisse Dehnbarkeit theilt. Man findet ihn hier mit den schoͤnsten, farbenprächtigsten Tapetenmustern gepreßt, deren Aussehen völlig das der alt⸗ venetianischen und holländischen ist. Zur Reinhaltung solcher Tape⸗ ten genügt das Abwischen mit feuchtem Schwamm. In japanischen Tempeln sind nach des Konsuls Versicherung Wände hundert Jahre damit bekleidet, ohne daß sich ein Verderben des Stoffes zeigte. Der Preis stellt sich auf ein Viertel des Lederpreises, den Transport eingeschlossen.
Nach dem großen Beifall, welchen die Proben hier gefunden haben, ist sicher auf die künftige starke Einfuhr und Benutzung dieses Stoffes zu rechnen. .
Neue Sendungen von japanischen Erzeugnissen werden noch er⸗ wartet, welche die Menge der bisher ausgestellten vermehren sollen.
Kunst und Wissenschaft. 1 Der vortragende Rath im Justiz⸗Ministerium, Geh. Ober⸗
Justiz⸗Rath Dr. Franz Förster, hat eine Monographie über das neue preußische Immobiliarrecht »Preußisches Grundbuchrecht⸗ (Berlin, Geoorg Reimer 1872) veröffentlicht. Ueber die Motive, welche den Verfasser zu dieser wissenschaftlichen Erörterung veranlaßt haben und über die Zwecke, die er dabei im Auge gehabt hat, lassen wir das Vorwort reden: 3
Den dogmatischen Gehalt der neuen preußischen Gesetze über das Immobiliarsachenrecht schon jetzt, wenige Monate nach ihrer Ver⸗ kündung, zum Gegenstand einer systematischen Erörterung zu machen, kann bedenklich erscheinen — aus sachlichen und persönlichen Gründen. Noch fehlt der Theorie des Gesetzes die Bewährung in der Praxis, noch sind die Fragen, welche die letztere aufwerfen wird, unbekannt, die reiche “ und Aufklärung, die durch die Rechtsprechung zu gewinnen ist, wird noch vermißt: die Entwickelung des im Gesetz liegenden Dogmas kann daher jetzt kaum eine gewisse Heerfe glic überwinden, kaum mehr als ein Theoretisiren sein. Und persoͤnlich bedenklich mußte insbesondere dem Verfasser eine solche Aufgabe er⸗ scheinen, da die Gesetze, bei deren Ausarbeitung er “ be⸗ theiligt war, sich ihm noch nicht hinreichend objektivirt haben. Er tritt nicht an einem fremden Stoff heran, sondern theilweis an sein eigenes Selbst, dadurch aber entsteht die Gefahr einseitiger subjektiver Auf⸗ fassung, die es statt zu objektiver Kritik nur zu rechtfertigender Mo⸗ tivirung kommen läßt.
Wenn gleichwohl diese Arbeit unternommen worden ist, so ist es geschehen, um zu monographischer Behandlung dieser wichtigen Rechtsmaterie von vornherein eine erste ö zu geben. In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 30. November 1868 äußerte der Justiz⸗Minister: »Die auffallendste Erscheinung für mich ist immer die gewesen, daß der bei Weitem interessanteste Theil der
reußischen Rechtsbildung, das Hypothekenwesen, bis zum heutigen
age eine eigentlich U Behandlung noch nicht gefunden hat.“ Und die Kenner der preußischen Rechtswissenschaft werden darin übereinstimmen, daß diese Thatsache gewiß eine sehr auffallende, daß der Mangel einer Monographie über das Immobiliarrecht ein sehr empfindlicher gewesen ist. 1
Außerdem durfte der Verfasser auch hoffen, zu dem theoretischen Verständniß der jetzt in die Anwendung übergehenden Gessetze doch Einiges beitragen zu können. Die seit lange verwöhnende Gewohn⸗ heit, jedem größeren Justizgesetz das Gängelband einer Instruktion Lv ist, soweit dies nicht für die Grundbuchordnung aus technischen Gründen unvermeidlich war, verlassen worden: den Ge⸗ richten wird wieder gegeben, was ihnen gebührt, die freie und selbst- ständige Auslegung des Gesetzes. Möglich, daß dadurch einige Un⸗ gleichheiten in der praktischen Handhabung erzeugt werden, daß sich hier und da einige Mißperständnisse einschleicheen —, das sind aber kleine Uebelstände, die sich leicht überwinden lassen und die nicht dazu führen dürfen, von vornherein das Denken der Richter zu binden und der wissenschaftlichen Erörterung des Rechts vorzugreifen. Gewiß können die Gerichte diese Abweichung von dem bisherigen Gebrauch nur freudig begrüßen, ihre Thätigkeit wird dadurch eine mehr geistige, welche größere innere Befriedigung gewährt, zu selbst⸗ ständiger Prüfung mehr anregt, und ein dringenderes Bedürfniß nach wissenschaftlicher Untersuchung des neuen Rechts erzeugt.
So möge denn diese Arbeit ein Anfang monographischer Erörte⸗ rung sein, die freilich erst in späterer Zeit inhaltsreicher und tiefer werden wird. 4
Die Gesetze vom 5. Mai 1872 sind nach schweren Kämpfen der Meinungen zu Stande gekommen; die Kämpfe waren um so schwerer, als sich bei Justizgesetzen dieser Art der Weg der Aussichung