1873 / 16 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

rischen Bundesrath gerichtet. Der Bundesrath hat aber beschlossen,

i icht einzugehen. r Sen. 878 825 13. Januar. Im Dezember 1872 betrug die Einnahme für Fabas⸗. und Güterbeförderung auf den fühnenschen Eisenbahnen 118,916 Rdl. Im Dezember 1871 war die Einnahme dafür 102,551 Rdl. 53 Schill.

14. Januar. Dem Ritzau'schen Bureau wurde gestern aus Stockholm telegraphirt, daß die große nordische Telegraphengesell⸗ schaft Konzession zur Anlage einer unterseeischen Telegraphen⸗ leitung zwischen Schweden und Froßöribaann und Irland, so⸗ wie Schweden und Dänemark erhalten habe, welche Anlage im Monat

August fertig sein soll. ust sgi⸗ seeländischen Eisenbahnen

Jahre eine Gesammteinnahme von 1,633,692 1,374,830 Rdl. 9 Sch. im vorhergehenden Jahre.

Aus dem Wolff'schen Z111““ 8 8

Trie st, Sonnabend 18. Januar. Der Lloyddampfer Seash. ist heute früh 6 Uhr mit der ostindisch⸗chinesischen Ueberlandpost aus Alexandrien hier eingetroffen.

St. Petersburg, Sonnabend 18. Januar. In Folge Ablebens des Kaisers Napoleon ist am hiesigen Hofe eine zwei⸗ wöchentliche Trauer angeordnet.

Königliche Schauspiele. Sonntag, den 19. Januar. Im Opernhause. (18. Vor⸗ stellung.) Mignon. Oper in 3 Akten, nach Goethe's Roman: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Musik von Thomas. Ballet von P. Taglioni. Mignon: IFrl. Ehnn, K. K. Kammersängerin aus Wien, als letzte Gastrolle. Philine: Frl. Grossi. Wilhelm Meister: Hr. Woworsky. Laöërtes: Hr. Salomon. Lothario: Hr. Betz. Anfang halb 7 Uhr. Mittelpreise. 8 Im Schauspielhause. (18. Abonnements⸗Vorstellung.) Ein Schritt vom Wege! Lustspiel in 4 Akten von Ernst Wichert!

Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

b olm. Die Brauntwein⸗Produktion 1872 in ganz . 16,678,565 (gegen 15,794,187) Kannen mit der Nor⸗ malstärke von 50 % Alkohol bei einer Temperatur von + 150 C.

S betragen. Verkehrs⸗Anstalten. 1 Berlin, 18. Januar. Die in der Uebersicht der mit Haupt⸗ 8 verkehrsorten in transatlantischen Ländern bestehenden 8 ostdampfschiff⸗Verbindungen (Nr. 13 des „Deutschen Keichs⸗Anzeigers) enthaltene Angabe in Betreff der Verbindung nach der Kapstadt ist in sofern unvollständig, als die Schiffe dahin von Southampton nicht, wie bemerkt, zweimal monatlich (am 10. und 25.), sondern dreimal monatlich, nämlich am 5.,, 15. und 25. ab⸗ gefertigt werden. 1 2 Am 20. d. M. findet zu Frankfurt a. M. eine außerordent⸗ liche Generalversammlung des Vereins der Deutschen Eisenbahnverwaltungen statt. Gegenstände der Tagesordnung Wisee Abände iniger Beftimmungen des Vereinsstatuts; die Er⸗ sind: Abänderungen einiger Be⸗ g LS richtung eines statistischen Central⸗Bureaus für in⸗ führung einer Statistik der Güterbewegung auf den Eisenbahnen, Einführung eiuer Fleichmäßzaen, für alle Vereinsmitglieder verbind⸗ lichen Güterklassifikation, Berathung und Feststellung eines h Se samen Betriebsreglements für die Eisenbahnen im Gebiete des Ver⸗ ins, Anträge über die Prämiirung von Erfindungen und Verbesserungen m Eisenbahnwesen, Berathung eines neuen Entwurfs eines Regulativs ür die gegenseitige Wagenbenutzung im Bereiche des Vereins, Ein⸗ führung eines gleichmäßigen Melde⸗ und Recherche⸗Verfahrens bei überzähligen Gütern, Vorlage der neu bearbeiteten eehlenden und zählig do. der ner Grundzüge für die Gestaltung der sekundären Eisenbahnen und Ein⸗ führung einer Kranken⸗Statistik über das Eisenbahn⸗Beamten⸗Pers onal. 8 Mit dem Bau des Bahnkörpers zwischen Weima r und Jena soll, wie die „Altenb. Ztg.“ meldet, am 15. März d. J. be⸗ 8 onnen werden. E zwischen Jena und Gera sind im Unter⸗ pbau bereits nahezu vollendet. Uis Freit (W. T. B.) Graf Keratry hatte Namens er französischen Aktionäre der „Ligne d Italie“, welche (cseess zur öffentlichen Versteigerung ausgeschrieben werden soll, ein Gesuch im Aufschub oder Einleitung neuer Verhandlungen an den schweize⸗

erzielten im vorigen Rdl. 25 Sch. gegen

2 Inseraten⸗Expedition des Neutschen Reichs-Anzeigers E und Königlich Preußischen Staats-Auzrigers: 8

Berlin, Wilhelm⸗Straße Nr. 32. 1

Verloosung, Amortisation, Zinszahlung u. s. w. von öffentlichen Papieren.

Cöln⸗Müsener Bergwerks⸗Aktien⸗Verein.

vember cr. ertheilten Ermächtigung zur Ausgabe

ihm i Versammlung vom 16. No Auf Grund der ihm in der General⸗Versammlung 9;xbe

von Thlr. 500,000 neuer Aktien hat der Verwaltungsrath deren Emission

chlossen: 3 1 ionär Bezuge von 2500 Stück neuer Aktien im Nominalbetrage von 1) den alten Aktionären wird das Vorzugsrecht zum Bezuge 11“ dece ag

9 ück zum Course von 120 pCt. eingeräum t tie entfällt, 2) 818 wmehe b8 vnc auf 18 Effektenbureau des A. Schaaffhausenfchen g8 989 gegen Vorzeigung resp. portofreie Einsendung der alten Aktien ohne Coupons und Talons, behufs A 8 selben und unter Beifügung eines doppelt ausgefertigten, nach den Nummern geordneten vöu“ a. einer Präklusivfrist vom 3. bis 31. Januar 1373 geltend gemacht werden. Formulare zur . ung 8 ur 5 den A. Schaaffhausenschen Bankverein zu 8n. die G der alten Aktien erfolgt in Ermangelung an⸗ 1 -Bestimmungen unter Deklarirung des Nominalwerthes; 1 3) 1“ ist das Aufgeld 8 20 pCt. und eine erste Einzahlung von 15 pCt. mit zusammen Thlr. 70.

Akti trichten und sind weiter einzuzahlen: 1 . 25 pCt. mit Thlr. 50 pr. Aktie am 31. März 1873 31. Mai

I'I 22 I' 7/

2 20 40 I'I 2 4/ 8 8 30. Juni

20 2 72 40 2„ 2 1 1 1 8

ie Ei können jede jeder Zei en Ter deß nur ungetheilt mit dem

Die Einzahlungen können jedoch auch jeder Zeit vor den genannten Terminen, in geilt mit dem gesammten 88 rückständigen Betrage erfolgen. Auf sämmtliche vor dem 30. Juni 1873 erfolgte Kapital⸗Einzah⸗ o zurückvergütet resp. bei der Schlußzahlung in Abzug gebracht. Das

en Zinsen à 5 pCt. pro ann ylt g ge 8 lungen werden Zins Aktien nehmen erst Theil an der Dividende, welche auf die mit dem 1. Juni

73 beginnende Geschäftsperiode entfällt und sind vor geschehener Vollzahlung nicht stimmberechtigt;

4) 82 Baftgcht der 2 für pünktliche Einzahlung regelt sich nach §. 7 der St⸗ en. zeh sone nach statt⸗ gehabter Kapitaleinzahlung von 40 pCt. auf den Inhaber lautende Interimsscheine ausgegeben wer 9

5) diejenigen Aktionäre, welche von ihrem Vorzugsrechte zum Bezuge der neuen Aktien innerhalb der o 1 fa tche 29

Prrklusivfrist keinen Gebrauch machen, gehen ihres Anrechtes verlustig und ist der Verwaltungsrath üese 88 ie

nicht übernommenen neuen Aktien bestmöglichst, jedoch nicht unter dem Emissionscourse von 120 pCt. zu begeben.

durch die Emission erzielte Ueberschuß wird unverkürzt dem Reservefond überwiesen. 1 1 Denar daher die Aktionäre unserer Gesellschaft auf, das ihnen zustehende Bezugsrecht der neuen Aktien auf

Grund der vorstehenden Bedingungen geltend zu machen.

öln, den 27. Dezember 1872. 8 88 8 Der Verwaltungsrath. neg.

Verschiedene Bekanntmachungen.

Aufgeld wird nicht verzinst.

ien⸗Societäts⸗Brauerei.

Die Herren Aktionäre werden hierdurch zu der am 29. Januar 1873 stattfindenden 2. ordentlichen

1“

11

General-Versaumlung, Nachmittags 4 Uhr, im Geschäfts⸗Lokal der Gesellschaft am Tempelhofer Verg

eingeladen. Tagesordnung:

legung und Feststellung der Bilance und Decharge⸗Ertheilung. 8 8 eeans 88 848 Stüc' Prioritäts⸗Obligationen um Zwecke der ene

8 . über Vermehrung der Betriebs⸗ und Erweiterungsmittel. 1 12 beenae aufg19 des nfüshun ts⸗Statuts wollen die Herren Aktionäre ihre Legitimation im Komptoir der Gesellschaft 3

Tage vor der Versammlung in Empfang nehmen.

Berlin, den 16. Januar v.

Moontag, stellung.) Militaria. log von Paul Taglioni. Mittel⸗Preise.

Romeo und Julia. Anfang halb 7 Uhr.

stellung.) Tannhäuser und der Sängerkrie Große romantische Oper in 3 Akten p Elisabeth: Frau von Voggenhuber. Venus häuser: Herr Niemann. Fricke.

Maria und Magdalena.

Lindau. Die Meldungen um Billets zum Zuschauerraum des dritten Ranges für den bevorstehenden er bereits so zahlreich berücksichtigt werden kann. fenen und etwa noch Umständen eine Berücksichtigung.

26. Januar Montag, Mittwoch, den 22.: U Freitag, den 24.: I. Ball. Sonntag, den 26.: Prophet.

Montag, den 20.: Romeo und Julie. und Magdalena. 23.: vr Freund und Feind. Sonnabend, den 25.: Sonntag, den 26.: Am Klavier. Störenfried.

r.

85* u“

den 20. Januar.

Musik von P. Hertel.

Im Schauspielhause.

Mittel⸗Preise. Dienstag, den 21. Januar.

Wolfram: Herr Betz. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise. Im Schauspielhause.

Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

eingegangen, da

Im Opernhanse. Ballet in 4 Bildern und scenische

(19. Vor⸗ n Epi⸗ Anfang 7 Uhr.

(19. Abonnements⸗Vorstellung.), Trauerspiel in 5 Akten von Shakespeare.

Im Opernhause. (20. Vor⸗ 2 ahn der Wartburg. on Richard Wagner.

: Frl.

Grossi. Tann⸗ Landgraf: Hr.

(20. Abonnements⸗Vorstellung.) Schauspiel in 4 Akten von Paul

ee Subskriptionsball sind nur ein Theil derselben Die nach dem 14. d. M. eingelau⸗ eingehenden Gesuche finden unter keinen

Repertoire der Königlichen Schauspiele vom 19. bis

Sonntag,

Opernhaus. Dienstag,

Militaria. Ullmann Concert. 1 Sonnabend, den 25.:

1873. den 20.:

Schauspielhaus. Sonntag, den 19.:

Mittwoch, den 22.: Richard II.

Ein Schritt vom Wege. Freitag,

den 21: Donnerstag, den 23.: —.

den 19.: Mignon.

Tannhäuser.

Ullmann Concert.

Ein Schritt vom Wege. Dienstag, den 21.: Maria

Donnerstag, den

den 24.: Stiftungsfest. Maria und Magdalena.

Inserate nimmt an die autorisirte Annoncen⸗Expedition von

Rudolf

Mosse in Berlin, Leipzig, Hamburg, Frank. furt u. M., Breslau, Halle, Prag, Wien, München, g nürnberg, Straßburg, Zürich und Stuttgart. 8

Großhandel. Avis. 1

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J. D. Mattè in Nürnberg, Adlerstraße 40.

Industrielle Etablissements, Fabriken und

83

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erbeten. Technikern, welche derartige besitzen, wird ein gutes Honorar

zugesichert.

Z. A. Exp. von

Baltischer Lloyd. Direkte Post⸗Dampfschifffahrt zwischen

stelttin und ANew-ITork

vermittelst der neuen Post⸗Dampfschiffe I. Klasse: 1 3 8 Arndt, Franklin, Humboldt, Thorwaldsen, Washington. Expeditionen I4tägig, Donnerstass. 8

Närz 20. April 3. April 17. Mai 1. Mai 15. u. s. w.

edition Ernst Moritz Arndt, 20. März. Usts Eyxp 80, 100 u. 120 Thlr. Zwischendec Pr. Crt. 55 u. 65 Thlr.

Cassa und Wechselbestände Laufende Rechnungen mit Bankhäusern

Anlage in Anlage in

Anlage in

[150] 1 Preussische Central-Bodenkredit-Aktien-

Gesellschaft.

F.

Activa: Thlr.

gemäss Art. 2 sub 8 des Statuts

Anlage in Werthpapieren, gemäss Art. 2

S E1141X“ Hypotheken-Darlehns-Ge-

27

schäften*) 1““ Kommunal-Darlehns-Ge- schäften. EEEEE1I11A“ Lombard - Darlehns -Ge-

schäften 8

Verschiedene Bekanntmachungen.

Status am 31. Dezember 1872.

3,420,628. 17 bn. 2,718,459. 19,753,756. 1,903,128. 176,77

Grundstücks-Cottb. 2 8 1 11181“

Verschiedene Activa . . . . . . . 88

1,178, 182.

Thlr.

29,601,494.

I128818 Eingezahltes Aktien-Kapital . . C1 Emittirte 5 prozent. kündbare Central- Pfandbriefe. u11A1A4A“ Emittirte 5 prozent. unkündbare Central- Pfandbriefe vom Jahre 1871 . . . . Emittirte 4 ½ prozent. unkündbare Central- Pfandbriefe I. Serie . . . . . . Emittirte 4 ½ prozent. unkündbare Central- Pfandbriefe II. Serie ““ Emission von 5 prozent. unkündbaren Central-Pfandbriefen vom Jahre 1872 Einzahlungen gemäss Art. 2 sub 6 des Sista 111624*““ Verschiedene Depöts, gemäss Art. 2 sub 7 des Statuts 3 Reserve-Conto. 8 Verschiedene Passiva . . . . . . . 8

4,800,000. 1,571,400. 4,988,800. 5,000,000. 5,000,000.

5,972,700. —. —.

. 21. 10. 35,906. 13. 6. 1,382,296. 4. 3.

Thlr.

29,601,494. 9. 7.

rlim, den 31. Dezember 1872. Die Direktion.

v. Philipsborn. Bossart.

lehne zum Betrage von pptr. 5,000,000 Thlr.

[1711 Geschäfts⸗ebersicht d

11“

Aktiva. Kassen⸗Bestände 11““ Wechsel Lombards Efekieen .“ Debitoren in laufender Rechnung

Passiva. Eingezahltes Aktien⸗Kapital 8 goten in Umnlauk. Hepostfen ... ”]

Gera, den 31. Dezember 1872.

Die Direktion.

Geraer Bank.

Guthaben von öffentlichen Kassen und Privatpers onen

Herrmann.

*) Ausserdem sind abgeschlossen unkündbare Hypotheken-Dar-

8

Thlr. 1,625,886. 3 001,699. 950,375. 152,678. 2,699,720.

Thlr. 2,500,000.

194,960. 1,384,203

Redaction und Rendantur: Schwieger.

B. lin, Verlag d r Expedition (Kessel). Drei Beilagen

Passagepreise inecl. Beköstigung: Kajüte Pr. Crt. - 8 Wege Pass de man sich an die Agenten des Baltischen Lloyd, sowie an 8 A1AAX“ sich iüie Direction des Baltischemn Lloyd im Stettin.

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Druck:

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8 Landtags⸗ Angelegenheiten.

Berlin, 18. Januax. In der gestrigen Sitzung des Hau⸗ es der Abgeordneten nahm in der ersten Berathung des Gesetzentwurfs über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Falk nach dem Abg. Strosser das Wort:

Meeine Herren! Den Sinn der ersten Lesung fasse ich dahin, daß die Prinzipien einer Gesetzesvorlage durch sie klargelegt und beleuchtet werden sollen. Als ich die Ehre hatte, dem Hohen Hause die auf der Tagesordnung stehenden Entwürfe vorzulegen, glaube ich die Ge⸗ sichtspunkte, die die Staatsregierung geleitet haben, meinerseits mit ausreichender Deutlichkeit und Verständlichkeit entrzickelt zu haben. Es kommt hinzu, daß diese Gesichtspunkte gestern und heute in diesem Hohen Hause, wenn auch einerseits lebhafte Bekämpfung, so auf der andern Seite doch eben so lebhafte und energische Unterstützung ge⸗ füͤnden haben. Bei solcher Sachlage könnte ich mir allerdinzs die Frage vorlegen, ob es nicht billig sei, mich bei dieser Diskussion nur hörend zu verhalten, und zwar un so mehr, als ich dem Herrn Abg. Strosser darin ganz Recht gebe, daß die Fragen, die hier erörtert werden, den ganzen Mann ergreifen, und daß darum ein Darlegen von Gründen und Gegengründen hinsichtlich der Grundlagen der Voör⸗ lagen schwerlich Irgendwen von der Ueberzeugung, die er bereits ge⸗ wonnen hat, abbringen wird. Es ist meiner Meinung nach nicht mög⸗ lich, das Urtheil über diese Vorlagen anders zu gewinnen, als aus seiner eigenen ganzen Individualität heraus, aus seiner eigenen Lebens⸗ entwicklung überhaupt, aus seiner Entwickelung in politischen Dingen, insbesondere aus den Anschauungen, die der Einzelne im Laufe der Jahre gegenüber dieser Fragen gewonnen hat. Ich bin deshalb guch vollkommen überzeugt, daß ich durchaus unkräftig bin, beispielsweise mich mit dem Herrn Abg. Reichensperger darüber zu einigen, wie die historische Entwicklung war, die uns zu den heutigen Verhält⸗ nissen geführt hat, oder mit ihm zum Einverständniß darüber zu ge⸗ langen: was ist eine innere Angelegenheit der Kirche? Ich muß ebenso darauf verzichten, den Seen Abgeordneten Strosser etwa überzeugen zu wollen, wie weit die Grenzen der Selbständigkejt der Kirche gehen; noch weniger wied es mir gelingen, dem Herrn Abgeordneten Duncker darzuthun, daß ich mit dem Herrn Grafen Bethusy⸗Huc vollständig der Meinung bin, eine Trennung von Staat und Kirche, bei welchem Verhältniß der eine Faktor von dem andern nichts weiß und nichts wissen will, ist für unsere Verhältnisse ein Ding der Unmöglichkeit und etwzs, was wir nicht erstreben können nicht blos um dieser Unmöglichkeit willen; und ebenso bin ich nicht in der Lage, ihn zu überzeugen, daß, wenn es sich darum handelt, die Macht des Ultra⸗ montanismus zu brechen, etwa Mittel ausreichen, die genügen würden, wenn es sich darum handelte, etwaige bedenkliche Einwirkungen der Baptisten oder Freigemeindler auf den Staat abzuweisen. Es sind das ganz andere, total verschiedene Verhältnisse. Ich muß noch ein Bedauern hinzufuͤgen; ich glaube, ich bin noch in eine andere Unmög⸗ lichkeit, nämlich in der, den Abgeordneten Brüel von seiner ihn durchdringenden und bei keiner Gelegenheit loslassenden Besorgniß zu heilen, daß es sich darum handele, die Union in der Provinz Han⸗ nover einzuführen. Er ist mit mir in dem einen gewiß einverstanden, und die Erfahrung lehrt uns: mit Zwang oder mit List führt man die Union nicht ein, die ist nur möglich, wenn die Gemüther vor⸗ bereitet waren.

Meine Herren! Wenn ich nichtsdestoweniger das Wort ergriffen habe, so veranlassen mich dazu einzelne Behauptungen, die, so oft sie schon bestritten sind, doch immer und immer wieder bestritten werden müssen, wenn sie von Neuem auftauchen, weil draußen im Lande immerhin diese Worte noch Wiederhall finden, so unrschtig sie aucht, sind. Dabei komme ich an zwei Sätze, die der Herr hesebnete Reichensperger meines Erinnerns entwickelt hat. Er machte den be⸗ liebten Vorwurf, nicht in einem ganz direkten Worte, aber doch durch eine genügende Parallele, durch Hinweisung auf den Konvent, auf die Revolution, daß die Staatsregierung wieder einmal französische Re⸗ volutionsideen im Gesetze übertragen hat. Nun, meine Herren, wie man das bei der historischen Entwickelung der Dinge in den letzten zwei Jahren noch behaupten kann, das vermag ich nicht einzusehen, aber es ist ein gangbares Stichwort, und deshalb will ich diesem Stichwort auch meinen Widerspruch laut entgegensetzen.

Noch lauter aber, meine Herren, dem Worte, daß diese Gesetz⸗ gebung zur Folge haben würde, eine Schwächung des christlichen Sinnes, eine Schwächung der sittlichen Kraft, der sittlichen Macht ich suche nach den Worten, die der Herr Abgeordnete gebraucht hat. Es handelt sich um den Gesetzentwurf über die Porbildung und Anstellung der Geistlichen. Meine Herren, glauben Sie wirkich, daß ein Geistlicher, der dieses höhere Maß der Bildung, wenn es tharfächlich ein solches ist, sich schaffen muß, daß der wenigergeeignet sein wird, die Heils⸗ wahrheiten der Kirche mit Nachdruck und Erfolg zu lehren, und in diesen Heilswahrheiten zu befestigen, daß er zur Gottesfurcht zu führen we⸗ niger geeignet sein wird.

Das ist aber gesagt worden. Es handelt sich nicht darum, das will ich behaupten. Ist ein solcher Geistlicher, sage ich, weniger geeignet durch seelsorgerischen Zuspruch zu erguicken, zu trösten, aufzu⸗ richten und zu begeistern zu Werken der christlichen Liebe? Ich frage, wer will das bejahen? Man kann das belachen, aber ein „Ja! können Sie mir sicher nicht geben.

Glauben Sie, daß der Geistliche seinen Beruf weniger erfüllen

wird, der durch die Erziehung für den Beruf mehr hineingestellt wer⸗ den soll in das Leben seines Lendes 2 Das ist ein zweites Postulat der Vorlagen. Glauben Sie, daß ein Geistlicher, dem Garantien gewährt werden sollen, für eine dauernde Innehabung seines Amtes, in diesem Amte magtter und schwächer wird? Und endlich lauben Sie, daß ein Geistlicher, der in Folge des Gesetzes sich fern ält von Agitationen, daß der weniger Kraft haben wird, sein Amt gedeihlich zu entwickeln? Nein, meine Herren, dieser Entwurf hat nichts an sich, was christlichen Sinn und sittliche Macht schwächen könnte; er kann sie nur stärken, und das ist, was hinausgesprochen werden muß in das Land, damit nicht immer der Vorwurf der Kö⸗

niglichen Staatsregierung gemacht werde, daß sie den Staat entchrist⸗

licht oder entsittlicht. Meine Herren, Sie nützen mit solchen Worten Ihren Bestrebungen nichts, aber Sie verwirren die Gemüther draußen, und deshalb muß ich Sie dringend bitten, Leh Sie mit solchen Be⸗ hauptungen, die nur schaden können, vorsichtig, und rufen Sie sie nicht so hinaus, wie es geschehen ist.

Meine Herren! Der Herr Abg. Reichensperger hat, wie wir ja das bei jeder Gelegenheit gewohnt sind, einen Rückblick gethan auf alle die verschiedenen Meißnahmen, die im Wege der Gesetzgebung, zum Theil auch im Wege der Verwaltung, getroffen worden sind. Ich glaube nicht, daß es recht wäre, diesen viel besprochenen Dingen wiederum nachzugehen, ich will nur eine einzige thatsächliche Mittheilung, die er gegeben hat, rektifiziren, weil sie unrichtig ist. Der Herr Abg. Graf Bethusy⸗Huc hat es bereits angedeutet, ich will es etwas schärfer, aussprechen. Sicher hat der Herr Abgeordnete, als er auf das Ver⸗ bot der marianischen Kongregation unter den Studenten hinwies, an die Verhältnisse in Bonn gedacht; dieser Fall ist noch nicht einmal formell definitiv erledigt; ich habe aus den Remonstrationen aller⸗ dings gesehen, daß die davon Betroffenen von der Auffassung des Herrn Abg. Reichensperger, geleitet worden sind, dahin gehend, als ob man die marianische Kongregation mit den Jesuiten verwandt erkläre. Davon ist durchaus keine Rede;, ich bin nicht in der Lage gewesen das zu thun, wenn, ich es selbst glaubte, denn nur der Bundesrath allein hat darüber zu entscheiden 8

—— neme

was verwandt ist und was nicht verwandt ist. Aber es ist auch von mir nicht im Entfernteften daran gedacht worden, es handele sich le⸗ digich um ein Mißverständniß. Ich glaube, die Angelegenheit wird ja noch im Hause zur Sprache kommen und da dann die spezielle Stelle sein wird, darüber zu reden, so kann ich mich hier mit dieser Rektifikation begnügen.

Eine allgemeine Frage wolle mir aber doch der Herr Abg. Rei⸗ chensperger gestatten gegenüber der Ausführung, die er uns gestern ge⸗ geben hat. Man sagt ja, daß die Mitglieder der katholischen Kirche durchweg vor Allem von dem Satze durchdrungen seien, „zu geben dem Kaiser, was des Kaisers ist“, also dem Staate das zuzuerkennen, was das Seine ist. Und nun, meine Herren, wie verhält man sich Ihrer⸗ seits (nach dem Centrum), wie verhält man sich in den Kreisen, die Ihnen nahe stehen, die Ihre Tendenzen verbreiten, gegenüber den rechts⸗ gültig zu Stande gekommenen Staatsgesetzen? Meine Herren! Das eine wird mit Protest angenommen; die Häupter der katholischen Kirche scheinen auszudrücken, daß es lediglich von ihnen abhänge, ob sie dem Gesetze folgen wollen oder nicht. Ich meine dabei die be⸗ kannte Erklärung aus Fulda ühber das Schulaufsichtsgesetz. Sie er⸗ klären dann bei jeder und aller Gelegenheit des Weiteren: die anderen Gesetze seien Rechtsbrüche, Verletzung, ungerechtfertigte Verletzung, Wegnahme, Zerstörung der Rechte der Kirche immer und immer wieder! In den Rechtsschriften der Bischöfe, in Ein⸗ zelreden derselben, in den Wanderversammlungen, wird das Wort hinausgeworfen in reichlichem Maße; man darf nur die Zei⸗ tungen in die Hand nehmen, auf jeder Spalte finden Sie diese Satze. Und meine Herren, das wirksame, tiefgreifende Mittel, gerade bei dem Charakter unseres Volkes: zu beten um die Abwendung der Gefahren, die die Hethftsheseße angeblich gebracht haben, das ist auch angewen⸗ det worden. Nun, meine Herren, wenn Sie fagen, das heiße dem Staate geben, was des Staates ist, dann verstehe ich es allerdings nicht! Es ist hier gesagt oder vielleicht irre ich mich auch, wenn ich mich so ausdrücke es ist davon gesprochen worden, das sei Noth⸗ wehr. Nun, meine Herren, ich meine, dem Staatsgesetze gegenüber hat man zu gehorchen; aber der Standpunkt der Nothwehr ist nicht derjenige, der hier gebraucht werden kann, und das Wort würde eher zu ersetzen sein durch ein ganz anderes. So sind die Verhältnisse und da soll die Staatsregierung die Hände in den Schooß legen? da soll sie sich nicht davon durchdrungen fühlen, daß es ihre Pflicht sei, abzugraben die Quellen, die einen solchen Strom auf die Dauer haben erzeugen können. Nein, meine Herren, ich würde meinen, daß die Staatsregierung ihre Pflicht versaumte, wenn sie Angesichts die⸗ ser Verhältnisse nicht den Maßregeln näher getreten wäre, die sie Ihnen unterbreitet hat, und ich glaube auch, daß sie das thun mußte, um eine klare, feste, solide Grundlage unter ihre Füße zu bekommen. Ich habe bereits, als ich früher über die Angelegenheit spravch, darauf hingewiesen, welche Schwierigkeiten im Wege seien, die Angelegenheit verwaltungsmäßig des Weiteren zu ordnen, wenn ich auch immerhin anerkannte, daß sich Manches wohl noch im Verwaltungswege wieder herstellen ließe. Ich möchte doch bitten, daß der Herr Abgeordnete Duncker, der von der Verwaltung noch immer die Hüffe hofft, wenn 88 ihn gestern richtig verstanden habe, sich vergegenwärtigte, daß es sich nicht darum handelt, Verwal⸗ tungsakte zu revoziren, sondern daß es nothwendig ist, klare Gesetze zu

geben.

Dann ist gestern und heute die Frage des Nebeneinander zwischen Kirche und Staat erörtert werden die Frage des Höherstehens des einen oder aber des andern. Nun, meine Herren, nach meiner Auf⸗ fassung und sie ist es ja, die mit maßgebend gewesen ist bei diesen Vorlagen, deren Ausdruck Sie auch darin wiedererkennen werden ist die Sache so, daß Staat ebensowohl als Kirche auf ethischem Ge⸗ biete gleichberechtigte und sittlich gleichgestellte Mächte sind, daß aber auf dem Rechtsgebiete der Staat darüber steht, und daß auf diesem die Kirche die Stellung einer Korporation hat. Die Vorlagen, meine Herren, halten an diesem Satz fest, sie ordnen, wie der Herr Abgeordnete v. Bennigsen gestern, wie ich glaube noch unwiderlegt, ausgesprochen hat, nicht solche Beziehungen, die auf Lesesr Gebieten, wo sie beide neben einander stehen, wo Keiner dem Anderen etwas zu sagen hat, gelten, sondern sie ordnen Beziehungen, die auf die andere Seite fallen, auf das Rechtsgebiet des Staates, auf das Gebiet, auf dem er, wie der Minister v. Ladenberg im Jahre 1848 bei Vorlegung der Denkschrift aussprach, seine Thätigkeit eintreten lassen muß, um sich vor Gefähr⸗ dung zu schützen. Das ist der Sinn, wenn auch nicht der Wortlaut dessen, was unter Anderem auf Seite 10 der Motive abgedruckt ist.

Ich berühre hier den Punkt der Versassungsfrage. Nach der Stellung, die ich in voriger Woche einnahm; in Bezug auf diese Frage werden Sie mir wohl bdarin Recht geben, daß ich keine Ver⸗ anlassung habe, auf Fees. einzugehen. Ich habe die Angelegenheit angeregt und von vorn herein die Bereitwilligkeit der Regierung aus⸗ gesprochen, die Sache als Verfassungs⸗Modifikation zu behandeln; aus praktischen Gründen allein ist von mir auf eine bestimmte Form, wie das zu erreichen sein würde, hingewiesen worden. Werden die angeführten Momente für durchgreifend nicht erachtet, wird eine an⸗ dere Form für besser erachtet, gelingt es, eine klare Form für die Sache zu finden in ciner anderen Weise, nun wohl, meine Herren, so muß Ihnen aus meiner früheren Ausführung schon klar sein, daß das gar keine Differenzpunkte abgeben kann. Es muß Ihnen ebenso klar ein, daß ich nicht berufen bin, im Allgemeinen zu erörtern, welche Bestimmungen etwa mit der jetzigen Verfassung in Einklang oder in Widerspruch stehen, und wo man die scharfe Linie zu ziehen hat. Ich glaube, das würde von dem anderen Skandpunkte, von dem: Es han⸗ delt sich um keine Verfassungsänderung, zuzugeben und richtig sein, nicht aber von dem, welchen ich eingenommen habe. Es ist hier ge⸗ agt worden, es handte sich bei der Anstellung der Geiftlichen, bei der Bildung der Geistlichen um innete Fretgen der Kirche, um ihre Angelegenheiten. Nun ja, das sind auch Angelegenheiten der Kirche, nicht aber der Kirche allein, es sind nicht ihre Angelegenheiten im Sinne der Verfassung, sondern es sind die Angelegenheiten beider, es sind Angelegenheiten, die hinausgreifen auf das Gebiet des Staates, die den Staat in seinen wesentlichsten Interessen berühren, und des⸗ halb für den Staat das Recht der Klärung innerhalb der Grenzen, wo er berührt ist, begründen und von ihm der Ausdruck ist nach mancher Richtung hin nicht zu stark gewahlt die Erfüllung der Pflicht der Abwehr fordern. G

Ich habe bezüglich der Anstellung neulich schon den Standpunkt der Staatsregierung näher erörtert. Die Frage der Bildung hat in⸗ dessen, wenn ich auch dasselbe von diesem Punkte sagen möchte, in den letzten Verhandlungen, gestern und heute, wiederholt Erörterung ge⸗ funden, auf welche ich eingehen muß. Insbesondere ist von dem Herrn Abg. Bruel und heute hat der Herr Abg. Strofser dessen Auffassung weiter entwickelt der Satz aufgestellt worden, daß der Staat kein Interesse daran habe, daß das Sache der Kirche allein sei, daß es insbesondere ungerechtfertigt sei, als Aequivalent für die Pri⸗ vilegien, die gewährt seien, die Befugnisse, die derjenige Gesetzentwurf der Regierung beilegt, welcher jetzt zur Diskussion steht, in Anspruch zu nehmen, so will ich mich uͤber Letzteres jetzt nicht in eine Erörte⸗ rung einlassen, aber ich bin davon durchaus durchdrungen, daß die Opferfreudigkeit, die Privilegien dahin zu geben, die wir hier mehr⸗ fach haben konstatiren hören, in Wahrheit nicht vorhanden sei; für mich ist, wie gesagt, düs r Gesichtspunkt nicht entscheidend. Ich habe einen andern Gesschtspunkt herporgehoben, ich’“ habe ausdrücklich und deutlich genug gesagk, auch wenn die Staats⸗ gesetzung in weiterem Umfange sich ändere, für mich sei und vor Allem in der katholisch en Kirche der Geistliche immer

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und unter allen Umständen ein einflußreicher Lehrer des Volkes, und ich glaube gesagt zu haben, im eminentesten Sinne des Wortes. Weil aber ein solcher bedeutender Einfluß in seinem Wirken liegt, darum kommt es auf die Privilegien nicht an und also auch nicht auf ein Aequivalent dafür. Der entscheidende Grund ist, wie ich meine, eben ein anderer. —Als hier neulich von der Erziehung der Geistlichen in nationalem Sinne die Rede war, da äußerte der Herr Abgeordnete für Meppen sich frageweise dahin, ob ich von national⸗liberaler Erziehung gesprochen habe, damals hielt ich das mehr für einen erfrischenden Scherz; daß dies aber im Ernst gemeint werden könne, mußte ich allerdings gestern zu meinem Erstaunen erfahren. Der Herr Abgeordnete Reichensperger erklärte dabei, eine nationale Erzichung wolle er auch und er verwies auf Bonifacius und Karl den Großen. Ja, wenn es nur nicht so lange her wäre, daß die beiden Männer gelebt haben, so würde diefe Verweisung auf mich einen bedeutenden Eindruck gemacht, und mirdie Hoff⸗ nung gegeben haben, daß wir Beide uns verständigen könnten überden Be⸗ griff der nationalen Erziehung. Ich glaube, daß wir doch sehr verschiedene Sachen unter nationaler Erziehung verstehen, der Herr Abgeordnete Reichensperger und ich. Ich habe ihm gesagt, was ich darunter verstehe: eine Erziehung, die dem jugendlichen Gemüthe die Möglichkeit giebt, in allen verschiedenen Lebensaltern berührt zu werden von dem Leben der Nation, wie es eben dem jedesmaligen Lebensalter entspricht; 8 eine Erziehung, die bekannt sei mit den Verhältnissen der Nation und auch für den, der nicht bestimmt ist, dereinst eine Familie zu gründen, den Kreis vollständig kennen zu lernen, in dem er voczugsweise zu wirken berufen ist, ihn in seiner ganzen Bedeutung zu würdigen und festzuhalten, zu würdigen den Kreis der Familie; eine Erziehung die von Mächten geleitet wird, die im Staatsleben stehen und nicht draußen. Daß dies der Herr Abgeordnete Reichensperger kaum wünsche mag, geht wohl daraus hervor, daß er, irre ich nicht, im Jahre 1853., als jene Dotation von 50,000 Thlr. für die evangelische Kirche zur Verhandlung stand, es lebhaft beklagte, daß noch kein ein⸗ ziges Knaben⸗Seminar in Preußen bestehe, obschon nach seiner einung die Bulle De salute animarum der Kirche ein Recht auf solche Seminare gebe. Meine Herren! Es ist wahr, von der Kirche, der katholischen Kirche, wird auf solche Seminare ein großes, hervorragendes Gewicht gelegt, vor Allem von Rom aus. Der deutsche Geist hat sich dem, so lange es eben ging, stets entgegengesetzt⸗ Die Thatsache und ich muß ja glauben, daß der Herr Abg. Reichens⸗ perger darüher hinreichend unterrichtet war, daß bis zum Jahre 1853 in Preußen noch kein Knabenseminar bestand; die Thatsache wird hierfür schen als Beweis angeführt werden können, und auch anderwärts ist Gleiches der Fall gewesen. Es handelt sich um eine neue fremde Pflanze, wie im preußischen Staate, so auf deutschem Boden, eine Pflanze, die auch früher vor 10 und 20 Jahren, in der Zeit, über die sich der Herr Abg. Strosser vorhin verbreitete, als eine naturwüchsige niemals anerkannt worden ist. Ich will Ihnen ein Bei spiel anführen. Die Verhandlungen über den Etat des Bisthums Ermeland währten 12 runde Jahre, von 1848—1860 und, meine Herren, der Punkt, um dessenwillen es nicht vorwärtsgehen wollte, war der: Rom verlangte eine Subvention für ein Knaben Seminar in Braunsberg und die, preußische Regierung erklärte: das ist gegen unsere Ueberzeugung, gegen die Ueberzeugung unseres Volkes, gegen das deutsche Wesen; die Dotation bewilligen wir nicht. Und meine Herren, wie auf diese Seminare in Rom Gewicht gelegt wird, das wollen Sie gus einer kurzen Stelle entnehmen aus dem Bericht des damaligen preußischen Gesandten, der eine Aeußerung des Unterhändlers der Kurie ich weiß nicht, da ich den Herrn nicht kenne, ob ich den Namen richtig ausspreche: Kardinal Antici oder Antici wörtlich mittheilt; das wird sein aus dem Jahre 1857, oder so ungefähr: 4 „Die Seminare der preußischen Diözesen nach und nach auf einen anderen Fuß zu bringen, Knabenseminare (pétits Seminaires) einzurichten, aus diesen die Pflanzschulen für Priesterseminare zu machen, muß nothwendig die Tendenz und das konstante Bestre⸗ ben der Kirche sein und ist es immerdar gewesen. Nur auf die⸗ sem Wege können Priester, wie sie sein sollen, gebildet werden.

„Dies ist Prinzip“, dies ist das römische Prinzip. Nun, meine Herren, ist es denn möglich, zu verlangen, daß Institute, die in die⸗ sem römischen Geiste geregelt werden, nationale Bildung gewähren können?

Es geht nicht an, die römische Kirche universell, kosmopolitisch, aber nicht national. Meiine Herren! Ich sage also, nationale Erziehung ist durch die⸗ jenige, die im Lande geleitet wird, die ihre höchsten Stellen dort findet und nicht ohne Controle nach römischen Prinzipien durch wohl⸗ geschulte Werkzeuge von draußen geleitet wird.

Der Herr Abg. Brüel meint, die nationale Erziehung würde auf

kann das nicht, sie ist

diese Weise von der Regierung bestimmt. Wenn der Herr Abg. Brücl

meint, daß die Regierung die Aufsicht zu führen hat, daß sie gewisse Grundsätze zur Befolgung hinzugeben hat, wenn er das eine Bestim⸗ mung der nationalen Erziehung nennt, dann mag er Recht haben. Aber eine Regierung ist nicht im Stande, die nationale Erziehung willkürlich zu bestimmen, sie kann nicht anders, als dem Bewußtsein der Nation Ausdruck geben; sie ist nicht auf ihre Willkür gestellt, sondern sie ist abhängig von dem Geiste, der die Nation in Wahrheit trägt, und wenn sie andere Schritte einmal thut, so sind das nur vor⸗ übergehende; wenn sich der Geist der Nation klar darstellt, so hören diese Schritte von selbst auf. en -

Der verehrte Herr Abg. Strosser hat Garantien vermißt und bat gemeint, das Gesetz lege ebenso hat auch der Herr Abg. Duncker das ausgeführt zu viel Macht in die Hände eines jeweili⸗ gen Ministers. Nun, der Herr Abg. Graf Bethusy⸗Huc hat schon ein Moment angedeutet, was diese Machtvolkkommenheit doch etwas heruntersetzt. Aber, meine Herren, ich habe ja bereits bei meiner Einleitungsrede ausdrücklich darauf hingewiesen, daß, wenn es Ihnen gelingt, gewisse unbestimmte Sätze bestimmter zu fassen, tüchtigere, bessere Vorschläge zu machen, dies uns nur ganz erwünscht sein könne; wenn Sie also größere Garantien finden, nun, so werde ich sie nehmen, unter einer Voraussetzung: daß das Gesetz nicht lahm gelegt wird. Und, meine Herren, vom dem Standpunkte aus sind, das schalte ich hier ein, obwohl es ein Detail betrifft durch die Zwangs⸗ und Strafbestimmungen diktirt worden, Gesetze zu machen, die wegen der Kleinlichkeit der Fölgene die ihre Uebertretung mit sich führt, keine Wirkung haben, nein, meine Herren, das ist doch wohl in diesen ernsten Zeiten von der Staatsregierung nicht zu erwarten.

Was die evangelische Kirche betrifft, auf welche der Herr Abge⸗“ ordnete Brüel besonders eingegangen ist so bin ich ihm eigentlich dankbar. Denn er hat gestern ausgeführt, thatsächlich die Sache so dargelegt, daß durch den hier zur Diskussion stehenden Entwurf eigent⸗ lich die evangelische Kirche gar nicht berührt wird. Es ist nur eine prinzipielle Differenz zwischen uns beiden gehlieben. Er sagt, das Examen mag ja vielleicht gut sein, es ist auch schon da, aber ecs ist ein sehr großer Unterschied, ob die Kirche es abhält oder der Staat. So groß kann ich in Beziehung auf das Maß dessen, was gefordert wird, den Unterschied nicht finden. Ich 88 ihn allerdings groß, wenn es sich um die Frage handelt, wie gewinnt der Staat die Ueber⸗ zeugung, daß eine solche allgemeine Bildung, wie er für nothwendig erachtet, vorhanden ist. Der Herr Abgeordnete Brüecl hat auch mit Recht darauf hingewiesen, und der Abgeordnete Strosser hat es heute wiederholt, daß, wenn die ich sage, so Gott will, nicht in zu⸗ ferner Entwickelung stehende Phase der evangelischen Kirche eingetreten ist, daß sie in der That selbständig geworden,

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