1873 / 27 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 29 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

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Bayern. b „Südd. Reichsp.“, daß im Befinden des Prinzen Otto eine sehr erhebliche Verschlimmerung eingetreten sei, ist unbegründet. Derselbe wohnte mit dem König der von der Königin⸗ Mutter gestern Nachmittag gegebenen Tafel bei.

Prinz Adalbert wird mit seiner Gemahlin nunmehr am 1. Februar Abends die früher in Aussicht genommene Reise nach Italien antreten.

Durch Erlaß des Staats⸗Ministers des Innern werden die Kreisregierungen und Distrikt⸗Verwaltungsbehörden auf das Erscheinen des seit dem 1. Januar d. J. von dem Reichskanzler⸗Amte herausgegebenen „Centralblatt für das Deutsche Reich“ mit dem Bemerken aufmerksam gemacht, daß dasselbe viele für die innere Verwaltung wichtige Veröffent⸗ lichungen enthält, und daß deshalb das Abonnement auf ge⸗ nanntes Blatt im Interesse des Dienstes veranlaßt erscheint.

Entgegen der Mi ung auswärtiger Blätter wird hier versichert, daß der dem nächsten Reichstag vorzulegende Ent⸗ wurf eines Militärorganisations⸗Gesetzes für das Deutsche Reich der bayerischen Regierung bisher noch nicht mit⸗ getheilt worden sei. 1

Fürth, 27. Januar. Auf der Tagesordnung der heutigen Magistratssitzung stand die Frage wegen Aufhebung des Schulgeldes. Das Referat beleuchtet die prinzipielle und finanzielle Seite der Frage und schließt mit dem Antrage, daß das Schulgeld in den Volksschulen vom 1. April an aufgehoben werden solle. Das Kollegium beschloß, das Referat drucken zu lassen, es als Beilage zu den hiesigen Lokalblättern zur Kennt⸗ niß der Bürgerschaft zu bringen und in 14 Tagen über die Frage in Berathung zu treten. Der Aufwand der hiesigen Stadtgemeinde für Schulzwecke beträgt 25,369 fl., wovon 11,026 fl. durch Schulgelder gedeckt werden. Da nun die direkten Staatssteuern hier 59,490 fl. betragen, so wäre zur Deckung des Ausfalles durch Aufhebung des Schulgeldes eine Erhöhung der Gemeinde⸗ Umlagen um 18 ¾ Prozent nöthig.

Sachsen. Dresden, 28. Januar. In Folge der einge⸗ gangenen Trauernachricht von dem erfolgten Ableben der ver⸗ wittweten Kaiserin Amalie von Brasilien, geborenen Prinzessin von Leuchtenberg, einer nahen Anverwandten der Königlichen Familie, ist der auf morgen anberaumt gewesene Hofball auf Aller⸗ höchsten Befehl abgesagt worden. -

Die Zweite Kammer setzte in ihrer heutigen Sitzung die gestern abgebrochene Eisenbahndebatte fort. Die Regierung wurde zur Konzessionirung folgender Linien ermächtigt: Landes⸗ grenze (in der Richtung von Erfurt ab)⸗Schönberg⸗ Weischlitz; Werdau⸗Landesgrenze in der Richtung nach Ronneburg; Döbeln⸗ Mügeln⸗Landesgrenze in der Richtung nach Torgau; Leipzig⸗ Frankfurt a. d. O.; Altenburg⸗Wurzen⸗Torgau⸗Berlin, bei letzteren 3 Linien unter der Voraussetzung, daß gleichzeitig auch in Preu⸗ ßen bez. Altenburg die gleiche Genehmigung ertheilt werde; Ra⸗ deberg⸗Großenhain; Mügeln⸗Oschatz⸗Strehla; Reichenau⸗Böhmisch⸗ weigsdorf zur Verbindung der Görlitz⸗Reichenberger und Zittau⸗ Liegnitzer Bahn. Die Kammer sprach sich ferner dafür aus, daß die für die Linie Riesa⸗Großenhain ausgesprochene Konzession auf eine Verbindungslinie Großenhain⸗Leckwitz oder nach einem sonst geeigneten Punkte der Leipzig⸗Riesa⸗Dresdner Bahn über⸗ tragen werden könne. Sie erklärte sich damit einverstanden, daß die bereits bewilligte Bahnlinie Dresden⸗Radeburg⸗Brand bei Schönfeld in die Großenhain⸗Kottbuser Bahn einmünden und hier vorläufig ihren Abschluß finden könne. Ferner wurde die Regierung ermächtigt, den Unternehmern der Müglitzthalbahn Konzession für die Zweigbahnen Dohna⸗Pirna und Dohna⸗Dres⸗ den unter der Voraussetzung zu ertheilen, daß dem Direktorium der Müglitzthalbahn aufgegeben werde, auf der Strecke Dohna⸗ Dresden die Bahn Dresden⸗Dippoldiswalda⸗Landesgrenze auf Verlangen, gegen Entschädigung, in ihre Geleise und ihren Dres⸗ dener Bahnhof aufzunehmen. Abgelehnt wurde dagegen die Kon⸗ zessionirung der Linie Freiberg⸗Pirna, zur Zeit abgelehnt diejenige der Linien Döbeln⸗Hartha⸗Geringswalde⸗Rochlitz und Waldheim⸗ Hartha⸗Geringswalde⸗Rochlitz, sowie der Linie Zittau⸗Reichenau. Ueber das Projekt Dresden⸗Königsbrück⸗Hoyerswerda ging die Kammer zur Tagesordnung über. Hinsichtlich des Bahnprojektes Bodenbach⸗Chemnitz, welches von der Regierung von vorn herein zurückgewiesen worden ist, verwendete sich die Kammer bei der Regierung dafür, daß ein neu eingebrachtes Gesuch um Aus⸗ führung genereller Vorarbeiten für ein Bahnprojekt Bodenbach⸗ Altenberg⸗Chemnitz bez. Flöha bewilligt werde. Zu der Mehr⸗ zahl dieser Linien fanden längere oder kürzere Debatten statt. Die lebhafteste Erörterung fanden jedoch die Projekte Dresden⸗ Dippoldiswalda und weiter entweder über Schmiedeberg (Thal⸗ bahn) oder über Altenberg (Bergbahn) zur Landesgrenze, und schließlich das Projekt einer rechten Elbuferbahn Dresden⸗ Tetschen. Hinsichtlich der ersteren hatte sich die Deputa⸗ tion zu Gunsten der Thalbahn entschieden, es wurde jedoch ein Antrag des Abg. von Oehlschlägel angenommen, welcher der Re⸗ gierung die Wahl zwischen beiden Linien offen hält. Die rechte Elbuferbahn wurde von der Majorität der Deputation zur Kon⸗ zessionirung empfohlen, von einer Minorität jedoch nur unter der Voraussetzung, daß der Staat den Betrieb auf dieser Linie übernehme und den Verkehr auf den sächsisch⸗schlesischen Staats⸗ bahnhof einmünden lasse, während eine andere Minorität bean⸗ tragte, das Konzessionsgesuch zur Zeit abzulehnen. Der Finanz⸗Minister Freiherr von Friesen bestritt, daß ein dringendes Bedürfniß für diese Bahn vorliege, wies die Befürchtung zurück, daß die sächsisch⸗ böhmische Staats⸗ bahn nicht noch auf längere Zukunft hinaus dem Verkehr voll⸗ kommen gewachsen sei, und erklärte, daß, falls künftig das Be⸗ dürfniß einer solchen Bahn sich unabweisbar herausstellen sollte, der Staat, das von allen Privatbahnen in ähnlichen Fällen beobachtete Verfahren einhaltend, dieselbe selbst werde bauen müssen. Der Minister entwickelte dann eingehend alle Bedenken der Regierung gegen das Projekt oder wenigstens dessen sofor⸗ tige Genehmigung: die Annahme des Majoritätsantrags werde die Regierung in Verleg setzen und doch nach Lage der Sache nichts nützen. Nach dreistündiger Dauer der Debatte wurde ein Anrrag auf Schluß der Debatte, wiederholt beantragt und abgelehnt, endlich angenommen. Bei der Abstimmung wurde die rechte Elbuferbahn mit 34 gegen 32 Stimmen abgelehnt. 4 8 12

Leipzig, 28. Januar. Der Staats⸗Minister a. D. Mini⸗ ster des Königl. Hauses Dr. Freiherr v. Falkenstein langte gestern Abend von Dresden hier an, übernachtete im Leipzig⸗ Dresdner Bahnhoftshotel und begab sich heute Morgen nach seiner Befitzung Großzschocher.

Württemberg. Stuttgart, 28. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde von 14 Abgeordneten, unter welchen sich die Abgeordneten Hoelder, Varnbüler und Rümelin befinden, der Antrag ein⸗ gebracht, es wolle die Kammer der Staatsregierung gegen⸗

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München, 27. Januar. Die Nachricht der

über ihre Befriedigung über die Mittheilungen des Justiz⸗Ministers von Mittnacht, betreffs der weiteren Entwickelung der Reichsgesetzgebung, sowie die Erwar⸗ tung aussprechen, daß 1) die Staatsregierung im Bundesrathe für die Ausdehnung der verfassungsmäßigen Zuständigkeit der Reichsgesetzgebung auf das Gebiet des Privatrechts unter Be⸗ seitigung der bisherigen Beschränkungen, sowie für Herstellung eines allgemeinen deutschen Civilgesetzbuches unter Beachtung der auf einzelnen Gebieten desselben für eine eigenartige Rechtsbil⸗ dung wünschenswerthen Freiheit Sheng sei, daß dieselbe 2) für die Errichtung eines Reichsgerichtshofes als der obersten Instanz zur Erhaltung einer einheitlichen Rechtssprechung eintrete, endlich 3) daß dieselbe bei Entwerfung der neuen Strafprozeßordnung her 5 Deutsche Reich auf die Erhaltung der Schwurgerichte inwirke.

In parlamentarischen Kreisen erwartet man, daß nur die Ultramontanen und Partikularisten gegen den Antrag stimmen, und daß derselbe etwa 66 von 90 Stimmen erhalten wird.

Baden. Karlsruhe, 27. Januar. Nachdem der Groß⸗ herscg bereits in voriger Woche an zwei Tagen Jagden im urgthal abgehalten hatte, begab sich derselbe heute früh wieder nach Gernsbach, um heute und morgen zu jagen. Der Groß⸗ herzog wird mit seinen Gästen auf Schloß Eberstein übernachten und gedenkt am 28. d. Abends in die Residenz zurückzukehren.

Mecklenburg. Schwerin, 23. Januar. Heute findet in den Räumen der Tonhalle zur Vorfeier des Geburtstages der Großherzogin Marie ein Fastnachtsball statt.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 28. Januar. Die Rede des Ministerial⸗Raths Rose, gehalten zur Eröffnung des Landtags des Herzogthums Coburg am 25. d. M., lautete:

„Se. Hoheit der Herzog haben gnädigst geruht, mir den ehren⸗ vollen Anftrag zu 8 in seinem Namen den Landtag des Her⸗ zogthums Coburg zu eröffnen. 8 8 1

Indem ich diesem höchsten Auftrage nachkomme, überreiche ich zunächst das mir für meinen Auftrag ausgestellte Kommissoriale dem bee Landtags⸗Präsidennen, um es zu den Akten des Landtages zu nehmen.

Ich spreche hierbei den Wunsch aus, daß die Arbeit, die Sie, meine Herren, nun für den Landtag beginnen, eine recht gedeihliche sein möge für unser Herzogthum. Vertrauend der patriotischen Hin⸗ gebung, der Einsicht und Unbefangenheit der Landesvertretung, und im Bewußtsein des eigenen redlichsten Willens, darf die Staats⸗ Regierung sich der zuversichtlichen Erwartung hingeben, daß auch bei Verschiedenheit der Ansichten in einzelnen Dingen zum Segen des Landes Uebereinstimmung herrschen möge zwischen der Landesvertre⸗ tung und der Staatsregierung und daß es den vereinigten Bestrebun⸗ gen beider gelingen werde, die zum Theil schwierigen Aufgaben, die während der bevorstehenden Landtagsperiode herantreten werden, in einer der Landeswohlfahrt entsprechenden Weise zu erledigen. Ihre Thätigkeit, meine Herren, wird später vorzugsweise in Anspruch genommen werden durch Prüfung und Fest⸗ stellung des Voranschlags zu dem Staatshaushalt für die bevorstehende Finanzperiode und die Bilanzirung dieses Voranschlags wird nicht ohne Schwierigkeit erfolgen können. Denn, meine Herren, wir dürfen uns nicht verhehlen, daß der Zeitpunkt herangekommen ist, wo diejenigen Erleichterungen, die den Herzogthümern Coburg und Gotha bezüglich der Militärleistungen noch zeitweise zu Gute gekom⸗ men sind, ihre Endschaft erreichen, wo, obschon inzwischen die Erträg⸗ nisse an Zöllen und Verbrauchssteuern zur Reichskasse haben abgetre⸗ ten werden müssen, noch nicht unbedeutende Matrikularbeiträge zur Reichskasse einzuzahlen sind. Der Matrikularbeitrag für das Jahr 1873, den die Coburger und Gothaer Staatskasse zu leisten hat, be⸗ trägt 59,279 Thlr., hiervon wird Coburg mit ⁄1 17,784 Thlr. oder 31,122 fl. aufzubringen haben. ffen wir, daß der Reichstag Be⸗

lüsse fassen wird, wodurch die Matrikularbeiträge auf ein geringeres

zurückgeführt werden, damit wenigstens die Besorgniß fern ge⸗ halten wird, daß diese Beiträge für die Zukunft sich noch steigern. Immerhin wird die Ausgabe, welche hierdurch der Coburger Staats⸗ kasse zuwächst, eine Vermehrung in dem Ausgabe⸗Etat unserer Spezial⸗Staatskasse bilden; es wird um diesen Betrag der Etat in der Ausgabe für die nächste Finanzperiode erhöht werden müssen. Gleichzeitig ist seit dem 1. Juli des laufenden Rechnungs⸗ jahres die Ueberzahlung desjenigen Beitrags, welchen die Staatskasse zu Gotha während der letzten vier Jahre zur Ausgleichung der Ver⸗ luste, die Coburg in Folge der Ueberweisung der Braumalzsteuer an die Reichskasse, mehr als schlüsselmäßig auf Coburg kam, erlitten, zu übernehmen hatte, sistirt worden; es hat diese Zahlung jährlich 23,450 fl. betragen. Ferner ist es eine unabweisbare Nothwendigkeit, die den Zeitverhältnissen nicht mehr entsprechenden Gehalte der Staatsbeamten, der Volksschullehrer und der Landgeistlichen zu er⸗ höhen; das Bedürfniß der Abhülfe in dieser Beziehung ist vom vori⸗ gen Landtag, wie von der Staatsregierung, bei den Verhandlungen mit dem Landtag wiederholt in gleichem Maße rückhaltslos an⸗ erkannt worden. Auf der anderen Seite hat die allgemeine Hebung des Handels und Verkehrs in Deutschland auch für Coburg eine Belebung des Verkehrs, der Industrie und der Gewerbsthätigkeit hervorgerufen. Es ist der Uebergang zur Gewerbefreiheit, wie ich glaube, glücklich überwunden und die Bewohner des Herzogthums bewegen sich mit rüstiger Kraft im gewerblichen Wettkampf zu ihrem und des Landes Nutzen auf freier Bahn. Es sind die Erträgnisse der Forst⸗ und Landwirthschaft gestie⸗ gen; die Landbevölkerung wird jetzt namentlich des hohen Segens theilhaftig, den die Entfesselung des Grund und Bodens von den Grundlasten gebracht hat; ein rationellerer Betrieb der Landwirthschaft zeigt sich, und bricht sich Bahn bis in die kleinsten Wirthschaften, wir finden auch in diesen jetzt einen intelligenteren und rationelleren Betrieb, der die Erträgnisse des Grundbesitzes erhöht. Es sind die Einkommenverhältnisse der Bewohner des Herzogthums in den letzten Jahren sichtlich gewachsen, in Folge dessen ist auch, ohne daß in der Steuergesetzgebung eine Aenderung vorgenommen worden oder bei Ausführung der betreffenden Steuergesetze irgend straffer vor⸗ gegangen worden ist, eine Erhöhung der Erträgnisse der Klafsen⸗ und Einkommensteuer eingetreten, die nicht unwesentlich erscheiut. Auch die Erträgnisse aus der Verwaltung der Domänen haben sich gestei⸗ gert und ich kann die erfreuliche Aussicht eröffnen, daß für die nächste Finanzperiode aus den Ueberschüssen der Domäne der Staatskasse be⸗ züglich des ihr für den Staatsverwaltungsaufwand zugesicherten An⸗ theils aus den Domänen⸗Ueberschüssen ein erklecklicher Zuwachs zu Theil werden wird. Immerhin aber, meine Herren, wird es schwer sein, den Voranschlag in Einnahme und Ausgabe zu bilanziren, ohne daß die Steuerkraft des Landes von Neuem in Anspruch genommen wird (selbst wenn man die irgend zulässigen Einschränkungen in der Ausgabe beschließt). 8

Der Abschluß des hiesigen Staatskassen⸗Etats ist gegenwärtig noch nicht möglich, er ist abhängig von der vorausgehenden Feststellung des Etats für die gemeinschaftlichen Bedürfnisse der beiden Herzogthümer. Die Feststellung des gemeinschaftlichen Etats greift in so vielen Be⸗ ziehungen auf die speziellen Verhältnisse des Herzogthums Coburg ein, daß der Abschluß des Spezial⸗Etats bis dahin ausgesetzt bleiben 1 wo mit dem gemeinschaftlichen Landtag jener Etat vereinbart sein wird.

Die Staatsregierung beabsichtigt, demnächst den gemeinschaftlichen Landtag einzuberufen und die Ministerialabtheilung für Coburg muß sich für jetzt darauf beschränken, Ihnen für die gegenwärtige Tagung einige wenige, aber wichtige Vorlagen zu machen, deren baldige Erle⸗ digung im Interesse der Sache wünschenswerth ist und deren Verab⸗ UFües auch von dem Abschluß des regulären Finanzetats nicht ab⸗

gig zu machen sein dürfte. v 1“

111“ v1“ öu6 5 Es sind dies Vorlagen 1) in Betreff des Baues einer neuen Real⸗ schule 2) bezüglich der Errichtung eines Landarmenhauses in Lützel⸗ uch, 3) ein Postulat auf Verwilligung zur Erhöhung des Aufwandes für das Ernst⸗Albert⸗Schullehrer⸗Seminar, um eine neue Organisation dieses Seminars, die mit Beginn des neuen Schul⸗Jahres zu Ostern d. J. schon eintreten müßte, zu erzielen, und endlich 4) eine Vorlage wegen Bewilligung von Theuerungszulagen an die Staatsdiener, die Volksschullehrer und die Landgeistlichen für das laufende Jahr. Wenn auch diese Vorlagen, die ich hiermit überreiche, Geld⸗ bewilligungen in Anspruch nehmen, so glaubt die Staatsregierung, daß Sie diesen Postulaten doch Ihre Zustimmung nicht vexsen werden, indem angenommen werden darf, daß in den Vorlagen selbst die Anforderungen, die hier gestellt werden, in einer Weise begründet sind, daß Sie dieselben als vollständig motivirt anerkennen und be⸗ strebt sein werden, der Staatsregierung Ihre Hülfe zur zweckentspre⸗ chenden Durchführung der proponirten Maßnahmen zu gewähren. Sie glaubt aber umsomehr darauf rechnen zu dürfen, daß Sie die bean⸗ tragte Genehmigung nicht versagen, weil sie hofft, in den Vorlagen Ihnen die Wege angegeben zu haben, auf welche die Mittel zu den begehrten Bewilligungen beschafft werden und den bezeichneten Anfor⸗ derungen Genüge geleistet werden kann, ohne daß hierbei auf den Etat der Staatskasse für die künftige Finanzperiode ein nur irgend wesent⸗ licher Einfluß ausgeübt und eine Belastung für denselben veranlaßt werden wird. Hiermit, meine Herren, erkläre ich im Namen Sr. Hoheit des Herzogs den Landtag des Herzogthums Coburg für eröffnet.“

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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 27. Januar. Der Kais er

ist heut aus Ofen zurückgekehrt.

28. Januar. (W. T. B.). Bei der Fortsetzung der Berathung über den Gesetzentwurf, betreffend die Organisation der Universitätsbehörden in der heutigen Sitzung des Herren⸗ hauses sprachen sich Rokitansky und Lichtenfels gegen die Auf⸗ rechterhaltung des katholischen Charakters der Univerfitäten aus, was nach Letzterem geradesweges zum Unfehlbarkeitsdogma 2 Ein Antrag auf Vertagung wurde abgelehnt, nachdem der Be⸗ richterstatter Miklosich und der Unterrichts⸗Minister Stremeyer sich dagegen erklärt hatten. Der Letztere bezeichnete dabei die Univer⸗ sitaten als Staatsanstalten zur Pflege der Wissenschaften, zu welchem Zwecke nicht neue Formen geschaffen werden, sondern die bestehenden den Bedürfnissen der Neuzeit gemäß fortgebildet wer⸗ den müßten. In der sich anschließenden Spezialdebatte wurde ein Zusatzantrag Schwarzenbergs, daß die Fakultäten auch aus den Doktor⸗Kollegien bestehen sollten, nach einer wirkungsvollen Rede des Ministers Unger abgelehnt und darauf das ganze Ge⸗ setz in zweiter und dritter Lesung nach dem Kommissionsantrage unverändert angenommen, nachdem die Resolution des Aus⸗ schusses die evangelisch⸗theologische Fakultät in Wien der Uni⸗ versität einzuverleiben, verworfen war. 3

Ueber die zu erwartende Anwesenheit von fürstlichen Persönlichkeiten auf der Wiener Weltausstellung, will die fran⸗ zösische „General⸗Korrespondenz“ von verläßlicher Seite er⸗ fahren haben, daß außer dem Prinzen von Wales der Schah von Persien, der seine Reise nach Europa schon im Mai antitt, ebenfalls zum Besuch eintreffen wird. Nach einer Meldung aus Cettinje trifft auch der Fürst von Montene⸗ gro Vorbereitungen für den Besuch der Ausstellung.

Großbritannien und Irland. London, 27. Januar. Die Königin hat durch ihren Hofmarschall Sir T. M. Biddulph dem Lordmayor ihre Sympathie für die Verunglückten der „Nordfleet“ ausdrücken lassen und dem Hülfkomite einen Cheque über 200 Lstr. übersandt.

Der Prinz und die Prinzessin von Wales sind vorgestern von ihrem Besuche bei dem Marquis von Ailesbury in Savernaky Fowest nach Marlborough House zurückgekehrt. Auf seiner Rückreise passirte das Prinzliche Paar die Stadt Marl⸗ borough, die sich zu seinem Empfange festlich geschmückt hatte und deren Einwohnerschaft Ihre Königlichen Hoheiten mit loyalen Kundgebungen empfing.

Der Premier⸗Minister Gladstone hat eine Einladung zu einem Bankett angenommen, welches der Lordmayor von London am 26. März den ersten Magistratsbeamten jeder Stadt in England und Wales giebt.

Aus Toronto wird unterm 25. d. M. telegraphirt: Herr Joseph Howes ist der Nachfolger des Generals Doyle als Lieutenant⸗Gouverneur von Neuschottland.

Frankreich. Paris, 27. Januar. Das neue Gesetz über die Gemeindeverwaltungen soll auf folgenden Grund⸗ lagen abgefaßt werden: 1) Unterdrückung der Central⸗Mairien in Lyon und den übrigen großen Städten; 2) Modifikation des Wahlgesetzes in den großen Städten; 3) Ernennung der Maires durch die Regierung, die sie jedoch in dem Gemeinderathe wählen muß. Was die Maires anbelangt, so wurden dieselben seit un⸗ gefähr einem Jahr in den Städten von unter 20,000 Einwoh⸗ nern gewählt. Der Präsident der Republik wollte, als man das betreffende Gesetz berieth, daß die Regierung alle Maires ernenne. In der Decentralisations⸗Kommission verlangte de Goulard mit großer Energie, daß die Regierung dieses Recht wieder zurück⸗ erhalte, und die Kommission scheint nun darauf eingehen zu wollen.

Eine Unterabtheilung der Kommission für die Reorga⸗ nisation der Armee hat sich für Abschaffung der Zuaven ausgesprochen. Die bei den Schießübungen in Calais gemachten Versuche mit Dynamit haben keine günstigen Resultate geliefert. Die Geschützrohre wurden durch die zu große Kraft gesprengt. Ueberhaupt haben sich die Stahlgeschütze in Calais am besten bewährt.

Versailles, 28. Januar. (W. T. B.) Die Dreißiger⸗ Kommission lehnte in ihrer heutigen Sitzung den zweiten Theil des Amendements Ernoul zum Artikel 3 des Gesetzes über die Machtvollkommenheiten der Regierung ab, wonach die Kom⸗ mission sich mit der Kommission für das neue Wahlgesetz ver⸗ einigen sollte. In der darauf folgenden Abstimmung wurden alle Artikel des Gesetzentwurfs angenommen und wird die Kom⸗ mission denselben sammt den von Broet und Duchatel vorge⸗ schlagenen Amendements dem Präsidenten der Republik und dem Justiz⸗Minister Dufaure gemeinschaftlich vorlegen. Obwohl Thiers den Entwurf nicht ohne Modifikationen annehmen dürfte, wird,

der „Agence Havas“ zufolge, das Zustandekommen einer defini⸗

tiven Vereinbarung als zweifellos betrachtet.

Italien. Rom, 28. Januar. (W. T. B.) Zu dem heu⸗

tigen Diner bei den Kronprinzlichen Herrschaften auf dem Quirinale sind Prinz Arthur von Großbritannien und das diplomatische Corps eingeladen.

Ein Königliches Dekret verfügt die theilweise oder voll⸗ ständige Expropriirung von 16 hiesigen Klöstern zum Nutzen des gemeinen Wohls; die dafür auszuwerfende Expropriations⸗

summe soll in das große Schuldbuch des Staates eingetragen n n vca s es 1114“

doch nicht. Ich

In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erwi⸗

derte der Ministerpräsident Lanza auf eine Anfrage des Depu⸗ tirten Lazzaros, die Beschlüsse administrativer Körperschaften über Eröffnung von Subskriptionen zum Zwecke der Errichtung eines Napoleondenkmals hätten keinen politischen, sondern ledig⸗ lich einen moralischen Hintergrund; nicht den politischen Akten des verstorbenen Kaisers solle damit Beifall ausgesprochen oder auch nur die Zustimmung ertheilt werden, es gelte vielmehr, seiner hochherzigen Führung der italienischen Armee zur Erlan⸗ gung der Unabhängigkeit Italiens den Tribut der Dankbarkeit darzubringen, und bei einer derartigen Kundgebung werde Ita⸗ lien, wie er überzeugt sei, fast einmüthig zusammenstehen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 27. Januar. Die Fregatte „Swjetlana“, mit dem Großfürsten Alexis an Bord, ist am 15. Januar in Hongkong eingetroffen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 23. Januar. Das norwegische „Morgenbladet“ erwähnt, daß die Niedersetzung einer aus den Herren Drr. O. J. Broch und Christin, sowie dem Kaufmann Hermann Friele aus Bergen bestehende Kom⸗ mission zur Berathung der Frage wegen Einführung des metrischen Maß⸗ und Gewichtssystems und den daraus folgenden Veränderungen in der Gesetzgebung über Maß und Gewicht beabsichtigt sei.

Dänemark. Kopenhagen, 26. Januar. Nach einer vorläufig getroffenen Bestimmung gedenken der König und die Königin am nächsten Freitage die Residenz von Fredensborg nach der Hauptstadt zu verlegen. Für die verstorbene Groß⸗ fürstin Helena Paulowna ist eine mit dem heutigen Tage begin⸗ nende, 7 Tage dauernde Hoftrauer angeordnet worden.

Amerika. Berichte aus Mexiko via New⸗York melden die Einweihung der Mexiko⸗Vera Cruz⸗Eisenbahn. Der Präsident der Republik und der amerikanische Gesandte wohnten der Feier bei. 1

Afrika. Von der Westküste Afrikas bringt der Dampfer „Benin“ folgende Nachrichten: Zwischen den Einge⸗

eborenen und Europäern in Black Point haben Kämpfe stattge⸗

sendesn wobei mehrere Eingeborene todt auf dem Platze blieben und zwei Europäer verwundet wurden. Don Filardo, der Gou⸗ verneur von Fernando Po, ist in diesem Platze ungünstig em⸗ pfangen worden. In Bonny brach am 30. Dezember ein Feuer aus, das viele Häuser einäscherte. König George und Oko Jumbo haben Bonny verlassen, um mit Ja Ja in Unterhand⸗ lungen zu treten.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 28. Januar. In der Sitzung des Hauses der Abgeordneten am 26. d. M. erklärte der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten Graf von Königsmarck mit Bezug auf eine Mittheilung des Abg. Dr. Virchow:

Meine Herren! Der Herr Abg. Virchow hat Ihnen vorher mit⸗ getheilt, es sei ihm von wohlwollender Seite erzählt worden, ich hätte als Landrath des Kreises Chodziesen die Anstellung eines Abdeckers als Kreisthierarzt hbeantragt. Wollte ich das mit Stillschweigen über⸗ gehen, so könnte möglicherweise vom Hause angenommen werden, deß diese Anekdote wahr sei, und ich würde es sehr bedauern, wenn das Haus dies von mir annehmen sollte.

Ich bekenne also zunächst, daß ich niemals Landrath des Kreises Chodziesen gewesen bin.

Demnächst glaube ich dem Herrn Abgeordneten andeuten zu kön⸗

nen, wann das Gerücht möglicherweise erstanden sei. Sie werden darnach die Illustration dazu finden, wie derartige Gerüchte leicht entste Einer meiner Söhne ist im Kreise Chodziesen angesessen. Derselbe hat sich vor etwa 3 oder 4 Wochen an meinen Herrn Amts⸗ vorgänger mit der Bitte gewendet, die vakante Kreisthierarztstelle im Kreise Chodziesen baldmöglichst mit einem recht tüchtigen, gebildeten Thierarzte zu besetzen, und zwar deshalb, weil inzwischen ein Abdecker Medizinalpfuscherei in der Gegend getrieben habe. Ich habe nur diese kurze persönliche Bemerkung machen wollen. Auf die Anfrage des Abgeordneten Schmidt (Stettin) in Betreff der Vereinigung der General⸗Kommissionen von Posen und Stargard antwortete der Staats⸗Minister Graf von Königsmarck:

Auf die eben an mich gerichtete Frage bin ich in der Lage, dem Herrn Fragenden zu erwidern, daß allerdings die Vereinigung der Kö⸗ niglichen General⸗Kommission zu Posen mit der Königlichen Ge⸗ neral⸗Kommission zu Stargard in Aussicht genommen ist und zwar für den 13. Oktober dieses Jahres. Gleichzeitig ist in Erwägung nregen ob auch die landwirthschaftliche Abtheilung der Königlichen

egierung zu Frankfurt a. O. mit der General⸗Kommission in Berlin zu vereinigen sei. Ich gestehe Ihnen, daß ich über das letztere Pro⸗ 8 noch nicht ganz informirt bin; aber das erstere Projekt halte ich

r ausführbar. Es bedarf aber meines Erachtens zur Ausführung des Projekts eines Gesetzes und es wird vielleicht denjenigen Herren, welche vorher gegen die Verfassungsmäßigkeit der Uebertragung des Veterinärwesens auf das landwirthschaftliche Ministerium Bedenken gehabt haben, zur Beruhigung gereichen, daß ich jedenfalls die Frage nicht ohne reifliche Prüfung lassen werde, ob es eines Spezialgesetzes zu der Ver⸗ einigung jener Auseinandersetzungsbehörden bedarf. Nach einer bis⸗ herigen Auffassung ist ein solches Gesetz nicht zu entbehren und ich werde dem Königl. Staats⸗Ministerium möglichst in den nächsten Tagen eine Vorlage darüber unterbreiten, damit event. das Gesetz noch im Laufe dieser Session zu Stande kommen kann. 88

In der gestrigen Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten beantragte der Abgeordnete Mühlenbeck zu Kapitel 110 (Landesmeliorationen) die Vorlage von Gesetzen über den Waldschutz und das Wasserrecht. Der Regierungs⸗ Fermnfar, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Greiff erklärte serauf:

Ich darf erklären, daß es die Absicht des Herrn Ministers für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten ist, die beiden Gesetzesvorla⸗ en, von denen der Herr Vorredner gesprochen hat, bis zur nächsten Session des Landtages vorzubereiten, und zwar in Betreff der Wasser⸗ Gesetzgebung nach denjenigen Grundzügen, welche vom Abgeordneten⸗ hause beschlossen worden sind, und in Betreff des Waldkulturgesetzes nach denjenigen Grundsätzen, welche unter Berücksichtigung der Be⸗ chlüsse der Kommission dieses Hauses, welche den früheren Gesetz⸗ twurf berathen hat, von der Regierung als angemessen werden erachtet werden.

Der Abg. Parisius sprach sich darauf über die Ent⸗ und Bewässerungsgesellschaften ungünstig aus. Der genannte

w entgegnete:

Meine Herren! Die als Nachtrag der Denkschrift vom November 1867 ausgearbeitete Denkschrift, an welche der Herr Vorredner seinen

ortrag angeknüpft hat, ist ohne alle Schönfärberei der n. Emaß aufgestellt; das hat ja auch der Herr Vorredner anerkannt. Es ist nicht zu leugnen, daß unter den Genossenschaften, welche die

Nachweisung enthält, mehrere sind, in welchen nicht sämmtliche Inter⸗

Pessenten einen Vortheil aus dem Meliorationsunternehmen von vorne

erein gehabt haben. So groß aber, wie der Herr Vorredner die ahl dieser Seospesschaften darstellt, ist sie nach meinem Dafürhalten h 8 abe in der zu bemerken, daß von 54 eichverbänden 15 sind, von welchen dasjenige gilt, was der Herr

Vorredner bemerkt hat, von den 46 landesherrlich gebildeten Melio⸗

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rationsverbänden 11, von den 21 ministeriell genehmigten 5. Ich

glaube nun darauf aufmerksam machen zu müssen, daß die Staatsregierung in keiner der Denkschriften, welche über das Miliorationswesen von ihr ausgegangen sind, die Behauptung anfgestellt hat, daß derartige Unternehmungen allen Interessenten ohne Weiteres Vortheile bringen müssen, im Gegentheil, es ist sowohl in der ersten Denkschrift vom Jahre 1849, in welcher die Gründung eines Meliorationsfonds befürwortet wurde; als in der Denkschrift vom November 1867 ganz ausführlich dargelegt worden, es sei die Natur aller landwirthschaftlichen Meliorationen, die auf genossenschaft⸗ lichem Wege unternommen werden, daß sie nicht ohne Weiteres allen Interessenten in der nächsten Zeit nach der Ausführung schon Vor⸗ theile bringen, daß es sich dabei um die Herstellung gemeinschaftlicher Anlagen handelt, welche den einzelnen Genossen erst die Möglichkeit bieten, auf ihren Grundstücken demnächst diejenigen besonderen Anla⸗ gen zu machen, welche die Kulturvortheile zur Folge haben, auf die es abgesehen ist. Das gilt sowohl für die Deichverbände, als für die Ent⸗ wässerungsgenossenschaften und aud für die Bewässerungsgenossenschaf⸗ ten, deren bekanntlich überhaupt nur sehr wenige zu Stande gekommen sind —; vorzugsweise aber für die Deichverhände und Entwässerungsgenos⸗ senschaften ist es ganz in der Natur der Sache begründet, daß die In⸗ teressenten darauf gefaßt sein müssen, durch die gemeinschaftlichen Me⸗ liorationsanlagen erst in den Stand gesetzt zu werden, ihre Grund⸗ stücke in denjenigen Kulturzustand umzuschaffen, welcher durch die Eindeichung oder Entwässerung einestheils ermöglicht, anderntheils zur Erzielung des höheren Remertrags nothwendig gemacht wird. Ich brauche ja nur daran zu erinnern, daß ein Moorgrundstück durch die Entwässerung noch nicht ohne Weiteres einen höheren Ertrag liefern kann, sondern erst dadurch, daß von dem Besitzer desselben besondere Kulturmittel angewandt werden, um es vollständig in nutzbares Acker⸗ oder Wiesenland umzuwandeln.

Auf diesem Gebiete liegt unläugbar eine große schwierige Aufgabe für die Landwirthschaft. Es ist aber auch stets von der Regierung zu den Landwirthen das Vertrauen gehegt worden, daß sie sich dieser Mühe unterziehen, und dies Vertrauen hat die Regierung noch niemals getäuscht. In den Deichverbänden ist es eine bekannte Erscheinung, daß diejenigen Grundstücke, welche bisher außer Deichschutz lagen und als Wiesen benutzt wurden, nachdem sie in den Deichschutz gekommen sind, in Aecker umgewandelt werden müssen. Das geschieht in dem Vertrauen, daß durch die Umwandelung der Ackerertrag ein 9 sein wird, als der Wiesenertrag und insofern dies nicht der Fall ist, wird eine Aende⸗ rung des Werthes in dem Kataster genügend berücksichtigt.

„Für die Entwässerungsverbände habe ich schon hervorgehoben, worin die Umwandlung der Grundstücke besteht, welche von den ein⸗ zelnen Genossen zur Erhöhung des Reinertrages vorgenommen werden muß. Nun hat der Herr Abg. Parisius auf die Melioration in der Linkuhnen⸗Seckenburger Niederung besonders Bezug genommen; sie ist schon im vorigen Jahre Gegenstand seiner Aeußerungen gewesen. Ich habe damals ihm erwidert, daß die Staatsregierung diesem Unter⸗ nehmen, als einem außerordentlich großem und umfangreichen ihren besondern Schutz und ihre besondere Fürsorge gewidmet habe, es sei von ihr nicht angenommen, daß ohne Weiteres diese Melioration für alle Betheiligten einen Vortheil bringe, sie hege aber’ die Hoffnung, daß bei Anwendung angemessener Kulturmittel auch diejenigen Geundstücke welche vorläufig keinen Vortheil haben, ihn mit der Zeit erlangen werden. Es ist diese Hoffnung begründet auf ein Gutachten einer Kommission unbefangener und unpartheilicher Landwirthe, welche vor zwei Jahren die Niederung besichtigt haben.

Insofern der Herr Abg. Parisius vorher erwähnt hat, daß das Unternehmen aus der Zeit des vorigen Herrn Ministers herstamme, muß ich bemerken, daß es schon vor dem vorigen Herrn landwirth⸗ schartlichen Minister begonnen worden ist. Ich muß, wie ich schon im vorigen Jahre erklärt habe, hier nochmals daran erinnern, daß die Interessenten vorweg das Unternehmen nicht in dem Umfange in An⸗ griff nehmen wollten, wie es von Seiten der Staatsregierung für angemessen erachtet wurde, sie wollten den Versuch machen, mit kleine⸗ ren Mitteln auszukommen, die Erfahrung hat aber gezeigt, daß dies nicht möglich sei und dadurch gerade ist die allmähliche Erweiterung der Meliorationsanlagen nöthig geworden und die Steigerung der Kosten verursacht. Es soll dabei durchaus nicht verkannt werden, daß auch die technische Seite dieses Melioratsunternehmens mit be⸗ sonderen Schwierigkeiten verknüpft war, ich muß aber hier diejenigen Beamten, welche bei den technischen Ermittelungen betheiligt waren, insofern in Schutz nehmen, als sie nach bestem Wissen und Gewissen die Fragen, um welche es sich handelte, zu lösen versucht haben. Im Laufe der Ausführung sind Aenderungen für erforderlich befunden worden, die eben die Erfahrung als nützlich und nothwendig an die Hand gegeben hat, ich glaube, das ist aber kein genügender Grund, um den Beamten einen Vorwurf zu machen. Die Verwaltungsbeamten, welche bei dem Unternehmen betheiligt ge⸗ wesen sind, haben sich des Vertranens der Interessenten, so weit mir bekannt ist, zu erfreuen gehabt. Ich bin hiernach der Ansicht, daß auch dieses Unternehmen als ein solches anzusehen ist, welches, wenn man mit billigen Anforderungen an ein so umfangreiches, schwieriges Werk herantritt, nicht als ein mißlungenes bezeichnet werden kann. Es ist nicht zu verkennen, daß einem großen Theile der Interessenten eine schwierige Uebergangszeit bevorsteht, ich bin aber überzeugt, sie werden sie überwinden, und es wird dann dieses Unternehmen dereinst ebenso als ein gelungenes bezeichnet werden, wie dies z. B. bei der Melioration des Oderbruches außer allem Zweifel heute der Fall ist.

Auf eine Anfrage des Abg. Mithoff über die Gültigkeit der alten Köhr⸗Ordnungen neben der Gewerbe⸗Ordnung ant⸗ wortete derselbe Regierungs⸗Kommissar:

Meine Herren! Es knüpft die Anfrage des geehrten Herren Ab⸗ geordneten an die von mir im vorigen Jahre abgegebene Erklärung an, in welcher ich die Prüfung der Frage in Aussicht gestellt habe, ob die von ihm erwähnte Bestimmung der Köhr⸗Ordnungen auf Grund der Gewerbe⸗Ordnung des Deutschen Reichs zu modifiziren sei, oder schon modifizirt sei. Es ist diese Erwägung inzwischen eingetreten, und zwar gemeinschaftlich von dem Hrn. Reichskanzler und dem Hrn. Minister 5 die landwirthschaftlichen Angelegenheiten. Veranlafsung dazu hat ein Gesuch der Königlichen landwirthschaftlichen Gesellschaft in Hannover gegeben, und es ist dem Direktor dieser Gesellschaft dar⸗ auf unter dem 22. Juli vorigen Jahres ein Bescheid geworden, welcher im Wesentlichen dahin geht, daß das Verbot der Hengstreiterei mit der Gewerbe⸗Ordnung nicht vereinbar sei, daß also dieses Verbot an sich schon durch die Gewerbe⸗Ordnung für aufgehoben zu erachten sei, daß aber diejenigen Bestimmungen der bestehenden Köhr⸗Ordnungen, welche sich nur darauf beschränken, die Bedingungen festzustellen, unter welchen die Hergabe der Hengste und Stiere zur Befruchtung ge⸗ werbsweise stattfinden dürfe, nach wie vor noch zulässig sein. Es lautet der betreffende Passus des Bescheides dahin:

Wenn daher aus Rücksichten der landwirthschaftlichen Po⸗ lizei die Verwendung anderer als der vorschriftsmäßig geköhr⸗ ten Zuchtthiere zu dem gedachten Gewerbebetriebe untersagt worden ist, so ist dieses Verbot als durch die Gewerbe⸗Ord⸗ nung beseitigt nicht anzusehen. Bei einer Revision der jetzt bestehenden Köhrordnungen wird demgemäß von der ferneren Zulässigkeit der Köhrordnungen auszugehen und nur auf die Aufhebung derjenigen Bestimmungen derselben Bedacht zu neh⸗ men sein, welche in sonstiger Beziehung mit den Vorschriften der Gewerbe⸗Ordnung nicht vereinbar sind.

Diese Grundsätze stehen übrigens in vollem Einklange mit der Anweisung, welche der 1 Handels⸗Minister und der Herr Minister für die geistlichen ꝛc. Angelegengeiten über die Ausführung der Ge⸗ werbe⸗Ordnung unter dem 4. Farthe 1869 erlassen haben; in die⸗ sen Grundsätzen ist ausdrücklich ausgesproche:—

Es ist außerdem zu beachten, daß die Gewerbe⸗Ordnung iindem sie die Berechtigung zum Gewerbebetriebe grundsätzlich keinen andern, als den von ihr ausdrücklich hervorgehobenen

Beschränkungen unterwirft, nicht beabsichtigt, die Gewerbetrei⸗

benden von der Beachtung derjenigen Beschränkungen zu ent⸗

binden, welche 1. S. allgemeinen polizeilichen, theils in Ge⸗ 2

setzen, theils in Verordnungen der Behörden enthaltenen Vor⸗

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schriften ergeben und die für Jedermann, er mag ein Gewerbe treiben oder nicht, Anwendung finden. Die in einzelnen Landes⸗ theilen bestehenden allgemeinen polizeilichen Vorschriften, besondere der Bau⸗, Feuer⸗, Gesundheits⸗, Sicherheits⸗ und

Sittenpolizei werden daher beim Betriebe ihres Gewerbes auch 1

ferner noch zu beachten sein. * 38 dasselbe gilt natürlich auch für die landwirthschaftlich⸗poli⸗ zeilichen Best mmungen.

Die Berathung des Etats der Gestuͤtverwaltung leitete

der Regierungs⸗Kommissar Geheimer Regierungs⸗Rath Danne⸗ mann wie folgt ein: . Meine Herren! Die Berathung des Gestütsetats in den Vor⸗ jahren hat mehrfach Anfechtungen erlitten, in denen man die Ueber⸗- sichtlichkeit und Dursichtigkeit in den Ausgaben für die Hauptgestüte und die Landgestüte vermißte. Die Regierung hat diese Ausstellun⸗ gen wohl in Erwägung genommen und ist dabei zu der Ueberzeugung gekommen, daß eine andere Form des Etats sich nicht wohl empfehle, und daß, um den Wünschen des Hohen Hauses zu entsprechen, dies nur durch eine Vervollständigung des in den Anlagen gegebenen stati⸗ stischen Materials möglich sei. Der Etat, der Ihnen für dieses Jahr vorliegt, ist nun in Folge des neuen Ober⸗Rechenkammergesetzes nach einem gegebenen Schema vollstäöndig umgearbeitet worden. Diese des Etats hat in der Budgetkommission und resp. in der betref⸗ enden Etatsgruppe der Kommission keinen Beifall gefunden und ist nach mehrfachen, abermaligen Umarbeitungen endlich in der Fassung der jetzigen Vorlage beschlußreif geworden. Der Regierung ist den betreffenden Herren, die sich dieser eingehenden Arbeit unterzogen haben, sehr dankbar, denn sie glaubt, daß auch diese Herren zu der Ueber⸗ zeugung gelangt sein werden, daß die bisherigen Anfechtungen des Etats zu denjenigen großen Worten gehören, die leichter gesprochen, als ausgeführt sind. Die Regierung ist durch⸗ aus nicht neidisch, daß ihr durch die Umarbeitung in der Kom⸗ mission die Vaterschaft an der Vorlage entzogen worden ist, sie steht vielmehr auf dem Standpunkt, selbst die Vorlage be⸗ mängeln zu müssen, denn sie hält den Etat weder für klar, noch für wahr, noch für praktisch. Für klar deshalb nicht meine Herren, weil ich möchte mich einer vorangegangenen Bemerkung eines der Herren Abgeordneten bedienen die Rüben der Hauptgestüte nicht von dem Kraut der Landgestüte gesondert und gesichtet sind, weil Sie jetzt nicht mehr in der Lage sind aus dem Etat vollständig zu ersehen, was die Hauptgestüte und was die Landgestüte kosten. Ich erlaube mir in dieser Beziehung auf die Titel 6, 9 und 4 aufmerksam zu machen, worin Kosten, die unzweifelhaft die Landgestüte betreffen, den Aus⸗ gaben der Hauptgestüte zugelegt sind. Ich erlaube mir ferner darauf aufmerksam zu machen, daß, wenn Sie überhaupt jetzt zur Einsicht gelangen wollen, was die eine oder andere Art der Gestüte kostet, Sie sich das Material erst aus den verschiedenen Rubriken zusammenstellen müssen, sowie endlich auch darauf, daß die angehängte Nachweisung Lit. A in ihrem Zahlenwerke mit den Angaben des Etats jetzt nicht mehr übereinstimmt. Was das Zutreffende des Etats, seine Wahrheit betrifft, so ist beliebt worden, auf dem Gebiete der dauernden Aus⸗ gaben, der Besoldungen, zu einer ganz besonderen Spezialisirung zu greifen, welche die Frage nahe legt, warum man nicht bei anderen betreffenden Etats z. B. die einzelnen Gerichte und Regierungen eben so speziell, wie die einzelnen Gestüte, aufgeführt hat. Man ist in der Spezialisirung so weit gegangen daß man in den Tit. 10 und 14 besondere Etatstitel vorschlägt, über das Gehalt eines einzigen oder zweier Beamten.

Mit dieser Spezialisirung ist nur zum Theil die Uebersicht über den Ausgabebedarf der einzelnen Gestüte gegeben. Sie ersehen aus dem Etat, was die Beamten zur Zeit im litthauischen, westfälischen oder einem anderen Landesgestüt bekommen, aber welcher Ausgabe⸗ summe das betreffende einzelne Gestüt außerdem bedarf, das ist aus dem Etat nicht zu ersehen.

Was sodann die festgesetzten Gehaltstitel anbetrifft, so ist schon jetzt in dem Angenblicke, wo Sie über die einzelnen Besoldungstitel beschließen, der Etat vielleicht nicht mehr maßgebend, denn wenn in⸗ zwischen Vakanzen eingetreten sind, so verschieben sich auch die Etats⸗ Positionen der betreffenden Beamtenkategorie und ist demgemäß in Wirklichkeit der Etat von Anfang an nicht zutreffend. Zu folchen Verschiebungen ist die Regierung durch die Schlußbemerkung der respektiven Uebertragbarkeit, welche die Festsetzung der einzelnen Titel wieder aufhebt, ermächtigt.

Das führt mich nun zu der praktischen Seite. Es ist bisher nach der summarischen Zusammenfassung der Besoldungs⸗Titel möglich gewesen, die vorgekommenen Etatsabweichungen in der allgemeinen Rechnung auf einer oder zwei Zeilen nachzuweisen Wenn nun auch der Regierung bei der Verwaltung nach dem vorliegenden Etat in Folge der über die beziehungsweise Uebertragbarkeit der Besoldungen angehängten Bemerkung die Möglichkeit einer freien Bewegung ver⸗ blieben ist, so ist ihr doch nunmehr die Aufgabe gestellt, bei der Rechnungslegung die Abweichungen nicht mehr in jener Kürze einiger Zeilen nachweisen zu dürfen, sondern die zahlreichen Titel dreier Druck⸗ seiten vorzutragen und diesen gegenüber Position für Position die Ab⸗ weichung der vorgekommenen Gehaltsveränderungen motiviren zu müssen. Im kann das nicht für praktisch ansehen; denn es ist das in der That eine Mehrarbeit, die nicht zur Verminderung des Schreibwerks gereicht, abgesehen davon, daß das Hohe Haus selbst unter dieser Mehrarbeit mit zu leiten hat, weil ihm ja dieselben größeren Schwierigkeiten bei der Prüfung der allgemeinen Rechnung entgegentreten. Die Regierung wird ihrerseits, wenn das Hohe Haus die Annahme des Etats in der von der Budget⸗Kommission vorgelegten Form beschließen sollte, selbst⸗ verständlich mit diesem Etat zu wirthschaften uchen; sie muß sich aber den Standpunkt wahren, daß sie die jetzige Vorlage nicht als Ferbes sernns anerkennen kann, sondern sie als eine verunglückte be⸗

achtet.

Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Bureau.

Coburg, Mittwoch, 29. Januar. Die „Coburger Zeitung“ bezeichnet in einer anscheinend offiziösen Mittheilung die Nach⸗ richt von der beabsichtigten Vermählung des Herzogs von Edin⸗ burgh als unbegründet.

Bern, 28. Januar. In der gestern zur Berathung der gegen den Bischof Lachat zu ergreifenden Maßregeln in Solo⸗ thurn zusammengetretenen Diöcesan⸗Conferenz des Bisthums Bafel ist es zwar noch zu keiner definitiven Beschlußfassung ge⸗ kommen, 82 ein vollständiges Einvernehmen unter den Stän⸗ den von Bern, Aargau, Solothurn, Thurgau und Baselland über die zu treffenden Maßnahmen erzielt. Es handelt sich jetzt nur noch um die definitive Redaktion der im Sinne der bereits bekannten Anträge zu fassenden Beschlüsse.

London, Mittwoch, 29. Januar. Prinz Napoleon weist in einer an die Zeitungen gerichteten Zuschrift jede Verantwort⸗ lichkeit für die ihm neulich von Zeitungen und Korrespondenten zugeschriebenen politischen Auslassungen und Erklärungen aus⸗ drücklich zurück. Der Cityartikel der „Times“ enthält eine Mittheilung aus Konstantinopel, welcher zufolge die türkische Regierung ein neues Anlehen von 1 ½ Millionen Pfund Sterl. aufzunehmen beabsichtigt. Der Kanzler der Schatzkammer, Sir R. Lowe, hat der Deputation eines Arbeiter⸗Komites gegen⸗ über sich wiederholt gegen eine Herabsetzung oder Aufhebung der Malzsteuer ausgesprochen.

London, Mittwoch, 29. Januar. Der morgen zur Ver⸗ öffentlichung gelangende Londoner Bankausweis zeigt der „Times“ zufolge einen so fortschreitend günstigen Stand der Bankver⸗ hältnisse, daß unter den gewöhnlichen Verhältnissen eine weitere Herabsetzung des Bankdiskonts die nothwendige Folge sein müßte; die „Times“ meint indeß, daß unter den jetzigen Verhältnissen

das Publikum jedenfalls die Beibehaltung des dermaligen Zins⸗ fußes vorziehen würde.