1873 / 27 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 29 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

2. den Regiments⸗Commandeuren und den denselben gleichge⸗ stellten Offizieren, sowie auch sämmtlichen Kommandanten von Festun⸗ gen zweiter und dritter Klasse einen Urlaub bis zu 45 Tagen,

3. allen übrigen unterstellten Offizieren einen solchen bis zu

3 Mönaten. 8

b. der Divisions⸗Commandeur: 1 ] 1. den Regiments⸗Commandeuren und mit gleichen Stellungen betrauten Offizieren einen Urlaub bis zu 21 Tagen, „. 2. allen übrigen Stabsoffizieren, Hauptleuten resp. Rittmeistern und Subaltern⸗Offizieren einen Urlaub bis zu 45 Tagen, 1 c. der Brigade⸗Commandeur: 8 8 Regiments⸗Commandeuren einen Urlaub bis zu 3 Tagen,

1. den 1 8 4 a. bezeichneten Offizieren einen Urlaub bis zu

2. den sub b. 2. 30 Tagen

d. der eines Regiments oder selbständigen Ba⸗ taillons den unterstellten Offizieren einen Urlaub bis zu 14 Tagen

e. detachirte Bataillons⸗ und Abtheilungs⸗Commandeure, Chefs resp. Commandeure von detachirten Compagnien, Escadrons und Batterien, sowie andere detachirte Stabsoffiziere, Hauptleute und Sub⸗ alternoffiziere, den nnterstellten Offizieren einen Urlaub bis zu sechs Tagen., Die Vefugniß, Urlaub an Offtziere zu ertheilen, üben aus: a. in den für die kommandirenden Generale festgesetzten Grenzen: die Prin⸗ zen des Königlichen Hauses bei Beurlaubnng ihrer persönlichen Adju⸗ tanten, der Kriegs⸗Minister, die General⸗Inspecteure der Armee⸗In⸗ spektionen, der Ober⸗Befehlshaber in den Marken, der Chef des Gene⸗ ralstabes der Armee, die General⸗Inspecteure der Artillerie, des In⸗ genieur⸗Corps und des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungswesens, die Gouverneure von Berlin und von Mainz, der Chef des reitenden Feldjäger⸗Corps, der Chef der Landgensd armerie. 2

b. in den für die Divisions⸗Commandeure festgesetzten Grenzen:

der Chef des Militär⸗Kabinets Seiner Majestät des Kaisers und Königs, die Departements⸗Direktoren im Kriegs⸗Ministerium und zwar rücksichtlich ihrer Adfutanten*) sowie der von den resp. Depar⸗ kements ressortirenden Institute, der Direktor des Allgemeinen Kriegs⸗ Departements auch rücksichtlich aller Zeugoffiziere, die Inspecteure von Artillerie⸗ und Ingenieur⸗Inspektionen, der Direktor der Kriegs⸗Aka⸗ demie, der Inspecteur der Infanterieschulen in Bezug auf alle Offi⸗ ziere der ihm unterstellten Institute*), der Inspecteur der Jäger und Schützen, der der der Chef des Militär⸗Reit⸗Instituts, die vorstehend nicht aufgeführten Gouverneure, der Kommandant von Berlin. 8 5 in den für die Brigade⸗Commandeure festgesetzten Grenzen: der Remonte⸗Inspecteur, der Commandeur des reitenden Feldjäger⸗ Corps, der Präses der Ober⸗Militär⸗Examinations⸗Kommission, der Commandeur des Kadetten⸗Corps, der Inspecteur der Gewehr⸗Fabriken der Präses der Artillerie⸗Prüfungs⸗Kommission, sowohl in Bezug auf die Offiziere der Kommission, wie auf die der Versuchs⸗Abtheilung derselben und die der Artillerie⸗Schießschule, die Kommandanten von Altona, Breslau, Carlsruhe, Cassel, Daruistadt, Frankfurt a. M., Hannover und Potsdam, die Kommandanten der Festungen 1. Klass und der Kommandant von Königstein, der Direktor des großen Mili⸗ tär⸗Waisenhauses zu Potsdam und Schloß Pretzsch.

d. in den für die Regiments⸗Commandeure festgesetzten Grenzen : die Inspecteure von Pionier⸗ und Festungs⸗Inspektionen, die Bri⸗ gadiers der Landgensd armerie, die Landwehr⸗Bezirks⸗Commandeure, der Commandeur der Leibgensd armerie, der Commandeur der Schloß⸗ garde⸗Compagnie, der Direktor der vereinigten Artillerie⸗ und In⸗ genieur⸗Schule, die Direktoren der Militär⸗ und der Artillerie⸗Schieß⸗ schule, die Commandeure der Kadettenhäuser, die Direktoren der Kriegsschulen, die Commandeure der Unteroffizier⸗Schulen, der Vor⸗ stand der Militär⸗Roßarzt⸗Schule, der Direktor der Oberfeuerwerker⸗ Schule, die Direktoren der Artillerie⸗Werkstätten, der Direktor des S.rets Hebegeterjums, die Direktoren der Pulverfabriken, der Ge⸗

chützgießerei und der Sewene TLren die Präsides der Gewehr⸗

evisions⸗Kommissionen, die Kommandanten ver Zesceoen 2. und 3. Klasse, die Artillerie⸗ und die Ingenieur⸗Offiziere der Plätze, die Vor⸗ stände der Artillerie⸗Depots sowie die Festungs⸗Bau⸗Direktoren als Stabs⸗Offiziere und sofern sie nicht mit dem vorgesetzten Regiments⸗ Commandeur resp. Festungs⸗Inspecteur in derselben Garnison sich be⸗ finden, die Kommandanten der Invalidenhäuser und Chefs der In⸗ validen⸗Compagnien. 1 b

c. in den für die detachirten Bataillons⸗Commandeure festge⸗ setzten Grenzen: die Artillerie⸗ und die Ingenier⸗Offiziere der Plätze, die Vorstände der Artillerie⸗Depots und die Festungsbau⸗Direktoren als Hauptleute. Die in solchen Stellungen befindlichen Stabs⸗Offi⸗ iere, welche mit dem vorgesetzten Regiments⸗Commandeur resp. Pestungs⸗Inspecteur in derselben Garnison sich befinden***).

IV. Urlaubsgesuche sind grundsätzlich durch Vermittelung der direkten Vorgesetzten vorzulegen. Welches der desfallsige Instanzenweg ist, ergiebt sich aus den sub I. enthaltenen Festsetzungen. a8.

Im Besonderen gilt Nachstehendes: a. die Prinzen des König⸗ lichen Hauses erbitten selbst, wenn dieselben Truppenbefehlshaber sind, Urlaub direkt bei Sr. Majestät dem Kaiser und Könige.

b. Der Kommandant ven Berlin erbittet für sich nach zuvoriger Verständigung mit dem Gouverneur direkt den Urlaub an Allerhöch⸗ ster Stelle, während der Kommandant von Potsdam, sofern derselbe gleichzeitig Truppenbefehlshaber ist, auf dem für diese Stellung vor⸗ gesehenen Instanzenwege Urlaub nachzusuchen hat.

c. Zu denjenigen Offizieren, welche die Gonverneure und Kom⸗ mandanten nach Maßgabe der Bestimmungen sub II. und III. beurlauben dürfen, gehören auch die Platzmajors, die Abtheilungsführer der Festungs⸗Gefängnisse und die Führer der Arbeiter⸗Abtheilungen. Diese

ffiziere sind bei Anwesenheit eines Gouverneurs nicht ohne

ustimmung desselben von den Kommandanten zu beurlauben. Es teht ferner in denjenigen Orten, wo neben dem ersten ein zweiter Kommandant sich befindet, dem letzteren keine Beurlaubungsbefug⸗ niß zu.

9 d. Den Commandeuren der Fuß⸗Artillerie⸗Regimenter, den Ar⸗ tillerie⸗Offizieren der Plätze, sowie den Vorständen der Artillerie⸗ Depots darf über 3 Tage hinaus nur mit vorgängiger Zustimmung des Allgemeinen Kriegs⸗Departements Urlaub ertheilt werden.

Die Artillerie⸗ und Ingenieur⸗Offiziere der Plätze, die Festungs bau⸗Direktoren und die Vorstände der Artillerie⸗Depots bedürfen ferner zu jeder Beurlaubung der Zustimmung der Gouverneure resp. der Kommandanten der betreffenden Pläͤtze’ welche auch, wenn dringende Gründe dazu vorliegen, den Antritt eines jenen Sistzigeen bereits ertheilten Urlaubs vorläufig zu untersagen be⸗

gt sind. 8 fe e. Der 88 des Generalstabes der Armee ist von jeder über 14 Tage hinaus gehenden Beurlaubung eines Generalstabs⸗Offiziers zu unterrichten. Es haben ferner die Chefs der Generalstäbe der Armee⸗ Corps und der General⸗Inspektion der Artillerie vor Nachsuchung eines längeren als 14tägigen Urlaubs des Einverständnisses des Chefs des Generalstabes der Armee sich zu versichern.

f. Bezüglich der Entscheidung über Urlaubs⸗Gesuche der Offiziere des Großherzoglich Mecklenburgischen Kontingents, soweit solche nicht durch das General⸗Kommando des IX. Armee⸗Cerps erledigt werden können, verbleibt es bei den Bestimmungen der Allerhöchsten Kabinets⸗

*) Andere dem Kriegs⸗Ministerium angehörende Offiziere werden von den Departements⸗Direktoren und Chefs von selbständigen Ab⸗ theilungen im Kriegs⸗Ministerium bis zu 8 Tagen, von den übrigen Abtheilungschefs bis zu 3 Tagen beurlaubt.

*) Militär⸗Schießschule, natervafs nedle, Central⸗Turnanstalt, Militär⸗Knaben⸗Erziehungsinstitut zu Annaburg.

*) Nach ausgesprochener Mobilmachung haben in Bezug auf Beurlaubung, der Commandeur der immobilen Garde⸗Truppen, die Befugniß eines kommandirenden Generals, der Inspecteur der immo⸗ bilen Garde⸗Infanterie, die Befugniß eines Brigade⸗Commandeurs, die Inspecteure der Ersatz⸗Escadrons und die Commandeure der immo⸗ bilen Fuß⸗Artillerie diejenige eines Regiments⸗Commandeurs, ferner in Bezug auf Beurlaubung von Offizieren auch die Commandeure von Ersatz⸗Abtheilungen, Ersatz⸗Escadrons und selbständigen Ersatz⸗Com⸗ pagnien die Befugniß eines Regiments⸗Commandeurs.

8 solchen Subaltern⸗Offizier bis zu 14 Tag 8 III. Die bezüglichen Beurlaubungs⸗Befugnisse der vorstehend sub

Brandenburg. Inf

Ordre vom 30. Dezember 1869, desgleichen bezüglich der Entscheidung über solche Gesuche der Herzoglich Braunschweigischen Offiziere bei den bisherigen Festsetzungen.

B. Urlaubs⸗Ertheilung an Unteroffiziere und Gemeine.

JI. Der Instanzenweg für Urlaubsgesuche der Unteroffiziere und Gemeinen ist demjenigen analog, welcher für Urlaubsgesuche von Offi⸗ zieren der betreffenden Stäbe, Truppentheile, Anstalten und Forma⸗ tionen vorgeschrieben ist. b

II. Es werden Unteroffiziere und Gemeine beurlaubt;

vom kommandirenden General in der Regel nur bis zu 3 Monaten, vom Divisions⸗, Brigade⸗, Regiments⸗ und selbständigen Bataillons⸗ Commandeur bis zu 45 Tagen, von einem anderen Bataillons⸗Commandeur und von einem Abthei⸗ lungs⸗Commandeur bis zu 30 Tagen, vom Chef resp. Com⸗ mandeur einer Compagnie, Escadron oder Batterie, sowie von einem detachirten Hauptmann und einem agen.

B. II. nicht erwähnten Offiziere regeln sich nach den unter A. III. ge⸗ gebenen Festsetzungen, jedoch mit dem Unterschiede, daß den unter A. I. namhaft gemachten Vorgesetzten in Bezug auf Beurlaubung von Unter⸗ offizieren und Gemeinen sämmtlich die Beurlaubungs⸗Befugniß eines kommandirenden Generals beiwohnt.

C. Allgemeine Bestimmungen. .

a. Die sub A. I. bezeichneten Vorgesetzten dürfen innerhalb ihrer Kompetenz Urlaub in gleichem Maße nach dem Inlande und Auslande, alle übrigen Vorgesetzten Urlaub an Offiziere nur für den Umfang des Deutschen Reiches und der österreichisch⸗ungarischen Monarchie, an Unteroffiziere und Gemeine nur für den Umfang des Deutschen Reiches ertheilen.

b. Kommandirte suchen den Urlaub, sofern derselbe die Dauer des Kommandos nicht überschreitet, lediglich bei denjenigen Behörden nach, welchen sie durch das Kommando unterstellt sind, andernfalls bedarf es der Zustimmung des Truppentheils resp. der Behörde, welchen sie angehören, event. nach Beendigung des Kommandos zugetheilt werden. Von der erfolgten Beurlaubung ist denjenigen Behörden, bei welchen die Betreffenden das Gehalt resp. die Löhnung empfangen, Mitthei⸗ lung zu machen. K 1

c. Urlaubsgesuche von Offizieren und Mannschaften der Jäger⸗ und Schützen⸗Bataillone werden in höherer Instanz von den General⸗ Kommandos erledigt, event. sofern die Urlaubsgesuche solcher Offiziere über die Kompetenz der kommandirenden Generale hinausgehen, von den nämlichen Behörden an Allerhöchster Stelle vorgelegt. 8

Vor der Entscheidung über Urlaubsgesuche der Offiziere der Jä⸗ ger⸗ und Schützen⸗Bataillone durch die General⸗Kommandos muß die Inspektion der Jäger und Schützen gehört worden sein.

d. Urlaubsgesuche des bei den Fuß⸗Artillerie⸗Regimentern und den Artillerie⸗Depots eingetheilten Zeugpersonals gehen durch die Kom⸗ mandos bezeichneter Regimenter, falls deren Kompetenz nicht ausreicht, direkt an das Allgemeine Kriegs⸗Departement. 1

e. Die Beurlaubung von Offizieren und Mannschaften einer mobilen Feld⸗Armee ist, sofern nicht eine solche zur Wiederherstellung der Gesundheit unbedingt nothwendig wird, im Allgemeinen unzulässig. Indessen sind die kommandirenden Generale aber nur diese er⸗ mächtigt, in einzelnen dringenden Fällen und zu gelegener Zeit (. B. während einer längeren Waffenruhe) Beurlaubungen von kurzer Dauer eintreten zu lassen, sowie auch zu gestatten, daß die ihnen untergebenen Befehlshaber innerhalb bestimmter, durch die kommandirenden Gene⸗ rale festzusetzenden Grenzen Urlaub ertheilen.

Rücksichtlich des nicht moblilen Theiles der Armee sind in Kriegs⸗ zeiten bezüglich der Beurlaubung im Allgemeinen und unter ange⸗ messener Einschränkung die für das Friedensverhältniß gegebenen Be⸗ stimmungen maßgebend. 8 8

Die der Kriegsbesatzung einer armirten Festung angehörenden Offiziere dürfen nur mit Genehmigung des Gouverneurs oder Kom⸗ mandanten, die Offiziere und Mannschaften einer in Belagerungs⸗ zustand erklärten Festung überhaupt nicht beurlaubt werden.

Berlin, den r1a. Ignuar 1873.

Vorstehende Allerhöchste Bestimmungen werden hiermit zur Kennt⸗ niß der Armee gebracht.

Berlin, den 22. Januar 1873.

Kriegs⸗Mintsteriumm v. Kameke.

Versonal-Veränderungen.

1. In der Armee. Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc.

A. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen.

Den 16. Januar 1873. Herrfahrdt, Hauptm. à la suite den 2. Ingen. Inspektion und Lehrer an der Kriegsschule zu Han⸗ nover, unter Entbindung von diesem Verhältniß in die 3. Ingenieur⸗ Inspektion einrangirt. Horn, Hauptm. à la suite der 3. Ingen. Inspektion und Lehrer an der Kriegsschule zu Engers, in gleicher Eigen⸗ schaft zur Kriegsschule in Hannover versetzt. Stachow, Pr. Lt. von der 4. Ingen. Inspektion, unter Stellung à la suite dieser Inspektion, als Lehrer zur Kriegsschule in Engers versetzt. Boeckh, Pr. Lt. vom Kadetten⸗Corps, zum Hauptm. und Comp. Chef, Schmölder, Pr. Lt. vom Niederschles. Feld⸗Art. Regt. Nr. 5, Corps⸗Art., und kommdrt. als Militär⸗Lehrer bei dem Kadettenhause in Berlin, unter Belassung in diesem Verhältniß und unter Stellung à la suite dieses Regts., zum Hauptm. befördert. v. Reichenbach, Sec. Lt. vom Grenadier⸗Regiment König Friedrich Wilhelm IV. (1. Pomm.) Nr. 2, als Erzieher zum Kadettenhause in Berlin, v. Zepelin, Sec. Lt. von demselben Regt., als Erzieher zum Ka⸗ dettenhause in Wahlstatt, beide vom 1. Februar cr. ab, Knak Sec. Lt. vom 8. Pomm. Inf. Regt. Nr. 61, als Erzieher zum Ka⸗ dettenhause in Potsdam, dieser vom 1. März cr. ab, alle drei vor⸗ läufig bis zum 1. Mai 1874, kommandirt. v. Rundstedt, Rittm. vom Garde⸗Husar. Regt., unter Belassung in dem Kommdo. als Adjut. der 4. Division, dem Regt. aggregirt. v. Esbeck gen. v. Platen, überzähl. Pr. Lt. vom Garde⸗Hus. Regt., in die vakant gewordene Pr. Lts. Stelle eingerückt. v. Ziethen, Sec. Lt. vom 1. Schles. Husar. Regt. Nr. 4, Gr. v. Pückler, Sec. Lt. vom 1. Garde⸗Regt. zu Fuß, in das Garde⸗Husaren⸗Regiment versetzt. Fehr. v. Brandis, Rittm. und Escadr. Chef im Kurmärk. Drag.

eg. Nr. 14, unter Stellung à la suite des Regts., v. Enckevort 1., Pr. Lt. vom Kürass. Regt. Königin (Pomm.) Nr. 2, beide als Fecht⸗ und Turnlehrer zum Militär⸗Reit⸗Institut kommandirt. v. Götz, Pr. Lt. vom Kurmärk. Drag. Regt. Nr. 14, unter Entbindung von dem Kommdo. als Adjutant der 19. Kav. Brigade zum Rittm. und Escadr. Chef befördert. Gr. zu Solms⸗Sonnenwalde, Sec. Lt. vom Westpreuß. Ulan. Regt. Nr. 1, als Adjut. zur 19. Kavall. Brigade kommandirt. v. Drewitz, Rittm., aggreg. dem Westfäl. Drag. Regt. Nr. 7 und kommandirt zum Chef der Land⸗Gensd'armerie in der Land⸗Gensd'armerie angestellt. Gr. v. Hessenstein, Pr. Lt. vom 2. Garde⸗Regt. zu Fuß und kommdrt. zum Chef der Land⸗ Gensd'armerie, in der 7. Gensd'armerie⸗Brigade angestellt. v. Eich⸗ horn, Sec. Lt. vom 2. Garde⸗Regt. z. F., zum Pr. Lt. befördert. Schulz, Hauptm. und Comp. Chef im Pomm. Jäger⸗Bat. Nr. 2, unter Verleihung des Charakters als Major, in der 5. Gensd'armerie⸗ Brig. angestellt. v. Bosse, Hauptm. und Comp. Chef im 3. Hannover. Inf. Regt. Nr. 79, in das Pomm. Jäg. Bat. Nr. 2. versetzt. Gr. v. Schwerin, Pr. Lt. vom 3. Hannov. Inf. Regt. Nr. 79, zum

auptm. und Comp. Chef befördert. Kruse, Sec. Lt. vom 2. gof

nf. Regt. Nr. 19, in das Hohenzollern. Füs. Regt. Nr. 40 versetzt.

ühn, Pr. Lt. vom 8. Rhein. Inf. Regt. Nr. 70 und kommandirt bei der Direktion der Gewehrfabrik in Erfurt, Lange, Pr. Lt. vom Magdeburg. Füs. Regt. Nr. 36 und kommandirt bei der Gewehr⸗Re⸗ visions⸗Kommission in Sömmerda, unter Stellung à la suite der be⸗ Felnhe Regimenter, zu Direktions⸗Assistenten bei den Gewehrfabriken ernannt.

Den 17. Januar 1873. Erbgroßherzog von Mecklen⸗ burg⸗Schwerin, Königliche Hoheit, Hauptm. à la suite des 4.

f. Regts. Nr. 24 (Großherzog von Mecklenburg⸗

S.

111ö“

—— und des Mecklenburg. Gren. Regts. Nr. 89, zum Major efördert.

Den 20. Januar 1873. v. Zglinicki, Oberst und Commdr. des 4. Magdeburg. Inf. Regts. Nr. 67, unter Stellung à la suite dieses Regts, zum Kommandanten von Glogau, v. Olszewski, Oberst⸗Lt. vom 5. Ostpreuß. Inf. Regt. Nr. 41, zum Commandr. des 4. Magdeburg. Inf. Regts. Nr. 67, Blume, Oberst⸗Lt. beauf⸗ tragt mit der Führung des 1. Rhein. Inf. Regts. Nr. 25, zum Commandeur dieses Regts., ernannt. Sabinski, Hauptm. und Cemp. Chef im 2. Oberschlesischen Inf. Regt. Nr. 23, unter Beför⸗ derung zum Major, in das 5. Ostpreuß. Inf. Regt. Nr. 41 versetzt. Frhr. v. Funck, Pr. Lt. vom 5. Ostpreuß. Inf. Regt. Nr. 41 und kommandirt als Adjut. der 19. Inf. Brigade, von diesem Kommando unter Beförderung zum überzaͤhligen Hauptmann, entbunden. Böhm I., Prem. Lt. vom 4. Niederschles. Inf. Regt. Nr. 51, als Adjutant zur 19. Infanterie⸗Brigade kommandirt. Gr. Wacht⸗ meister, Sec. Lt. vom 5. Pomm. Infant. Regt. Nr. 42, auf ein Jahr zur Dienstleistung bei dem Kür. Regt. Königin (Pomm.) Nr. 2. kommandirt. Frhr. v. Steinäcker, Hauptm. und Comp. Chef im 4. Thüring. Inf. Regt. Nr. 72, dem Regt. unter Belassung in seinem Kommando zur Wahrnehmung der Geschäfte als Bezirks⸗ Commdr. des 2. Bats. (Mühlhausen) 1. Thüring. Landw. Regts. Nr. 31, aggregirt. Frhr. v. Wangenheim, Pr. Lt. vom Hess. Füs. Regt. Nr. 80, zur Zeit kommandirt als Assistent bei der Militär⸗ Schießschule, zum überzähl. Hauptm. befördert. Burchardt, Hauptm. und Comp. Chef vom 7. Pomm. Inf. Regt. Nr. 54, unter Stellung à la suite dieses Regts., zur ferneren Dienstleistung bei der Eisenbahn⸗Abtheilung des Großen Generalstabes bis zum 1. Januar 1874 kommandirt. Frhr. v. Salmuth, Sec. Lt. vom Garde⸗Füs. Regt. von seinem Kommdo. als Inspektions⸗Offizier und Lehrer bei der Kriegsschule zu Potsdam, mit Ablauf des gegenwärtigen Lehr⸗ kursus auf gedachter Kriegsschule, entbunden.

Den 23. Januar 1873. v. Tresckow, Gen. Lt., Gen. Adjut. Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commdr. der 19. Division, zur Uebernahme der Geschäfte des General⸗Komman⸗ dos X. Armee⸗Corps, während der Abwesenheit des bis zum 1. Juli cr. zur Wiederhorstellung seiner Gesundheit beurlaubten Generals der Inf. v. Voigts⸗Rhetz, Kommandirenden Generals dieses Armee⸗Corps, nach Hannover kommandirt. v. Strubberg, Gen. Major und Commdr. der 30. Infanterie⸗Brigade, unter Verleihung des Ranges und der Kompetenzen eines Divisions⸗Commandeurs, zu den Offizieren von der Armee versetzt, und zunächst zur Vertretung des abkomman⸗ dirten Commandeurs der 19. Division nach Nancy kommandirt. Prinz Kraft zu Hohenlohe⸗Ingelfingen, General⸗Major und Inspecteur der 2. Art. Inspektion, unter Belassung in dem Verhältniß als General à la suite Sr. Maj. des Kaisers und Königs, zum Commdr. der 12. Division. v. Bülow, Gen. Major von der Armee und kommdrt. zur Dienstleistung bei der General⸗Inspektion der Art., zum Inspecteur der 2. Artillerie⸗Inspektion ernannt.

B. Abschiedsbewilligungen ꝛc.

Den 16. Januar 1873. Fabricius, Pr. Lt., aggreg. dem Brandenburg. Füs. Regt. Nr. 35, mit Pension ausgeschieden. v. Zastrow, Oberst a. D., bisher Brigadier der 1. Gensd'armerie⸗ Brigade, mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform des 4. Ost⸗ preuß. Gren. Regts. Nr. 5, in die Kategorie der zur Disp. gestellten Offiziere versetzt. Frhr. Hoverbeck v. Schönaich, Rittm. zur Disp., zuletzt Escadr. Chef im Ostpreuß. Kür. Regt. Nr. 3 Graf Wrangel, der Charakter als Major verliehen.

Den 20. Januar 1873. Bargen, Sec. Lt. von der Res. des 6. Westfäl. Inf. Regts. Nr. 55, mit Pension nebst Aussicht auf Anstellung im Civildienst und seiner bisherigen Uniform der Ab⸗ schied bewilligt. v. Thümen, Major a. D., zuletzt Hauptm. und Comp. Chef im 3. Pomm. Inf. Regt. Nr. 14, in die Kategorie der zur Disp. gestellten Offiziere versetzt. Winterberg, Pr. Lt. a. D., zuletzt im Westfäl. Feld⸗Art. Regt. Nr. 7, die Aussicht auf Anstellung im Civildienst ertheilt. v. Stülpnagel, Sec. Lt. a. D., bisher im 2. Garde⸗Dragoner⸗Regiment, die Erlaubniß zum Tragen der Uniform des gedachten Regiments ertheitt.

II. In der Marine. 8 Ofstziere ꝛc. A. Ernennungen, Beförderungen ꝛc.

Den 16. Januar 1873. Hennicke, v. Holtzendorff Bell, See⸗Kadetten von der 1. Matrosen⸗Division, zu Unter⸗Lieuts zur See befördert. b

B. Abschiedsbewilligungen ec.

„Den 16. Januar 1873. Schau, Kapit. zur See a. D., in die Kategorie der zur. Disp. gestellten Offiziere versetzt. Schmidt, Kapit. Lt. von der 1. Matrosen⸗Division, unter dem ge⸗ setzlichen Vorbehalt ausgeschieden. Wusthoff, Lieut. zur See der Seewehr vom 1. Bat. (Danzig) 8. Ostpreuß. Landw. Rgts. Nr. 45, Behufs Auswanderung der Abschied bewilligt. Gr. v. Pfeil. Kap. Lt, von der 2. Matrosen⸗Division mit Pension der Abschied bewilligt. Wilda, See⸗Kadett von der 2. Matrosen⸗Division, zur Dispofition der Ersatz⸗Behörden entlassen.

Nichtamtliches. . Deutsches Reich. 1u“ 8

Württemberg. Stuttgart, 27. Januar. Die des Justiz⸗Ministers von Mittnacht in der Sitzung des Land⸗ tags vom 24. d. M. über die in Angriff zu nehmende deutsche Gerichts⸗Organisation, lautet nach dem „St.⸗Anz. f. W.“ wie folgt:

„In der Zeit vom 12. bis 18. Dezember v. J. fanden in Berlin außerhalb des Bundesraths freie Besprechungen über eine gemeinsame deutsche Gerichtsorganisation statt unter den Justiz⸗Ministern von Preusern, Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden.

Die Ergebnisse dieser Besprechungen, welche zunächst nur die An⸗ lage im ganzen und die größeren Fragen des in das Auge gefaßten Reichsgesetzes behandelten, wurden seither von einein Beamten des Königlich preußischen Justiz⸗Ministeriums in Gesetzentwurfsform ge⸗ bracht und es soll diese mir bereits zugekommene Arbeit demnächst von Kommissarien auch der übrigen an der Konferenz betheiligten Regierungen berathen werden. Sodann wird den Entwurf die Minister⸗ konferenz in einem zweiten Zusammentritt näher erörtern, auch soll den bei der Konferenz nicht vertretenen Regierungen das Ergebniß vor Uebergabe einer Vorlage an den Bundesrath mitgetheilt werden.

Die bisher stattgehabten Besprechungen waren vorläufige und vertrauliche. Die Minister haben für ihre Person, nicht für die be⸗ treffenden Regierungen sich ausgesprochen. Die Regierungen als solche werden erst in eiuem späteren Zeitpunkte sich schlüssig zu machen haben, weshalb über das Verhalten und die Entschließungen der Königlichen württembergischen Regierung eine Mittheilung derzeit nicht gemacht werden kann.“

8 Dieser schriftlichen Antwort erlaube ich mir Folgendes beizu⸗

ägen: 1 b

Die Frage einer gemeinsamen deutschen Gerichtsorganisation hängt innerlich und nach dem bisherigen äußeren Verlaufe zusammen mit dem bekannten Antrage des Reichstags auf Ausdehnung der Zu⸗ ständigkeit der Reichsgesetzgebung auf das gesammte bürgerliche Recht.

Im Entwurfe F Verfassung des Norddeutschen Bundes war in Art. 4 Nr. 13 der Gesetzgebung des Bundes zugewiesen nur 11 gemeinsame Civilprozeß⸗Ordnung und das gemeinsame Konkursverfahren, Wechsel⸗ und Handelsrecht.“

Im konstituirenden Reichstage des Norddeutschen Bundes wurde im Frühjahr 1867 beantragt

1) von dem Abg. Miquél die Nr. 13 dahin zu fassen: 1t ISIddie gemeinsame Gesetzgebung über das bürgerliche Recht, das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren;; 2) von dem Abg. Lasker den Meglne dahin zu fassen:

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ame Gesetzgebung über das Obligationsrecht, 1

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Strafrecht, Handels⸗ und Wechselrecht und das gerichtliche Verfahren.“

Der Antrag Miquél wurde abgelehnt, der Antrag Lasker mit roßer Mehrheit angenommen; er ging in die Bundesverfassung und in die Reichsverfassung über und bildete diejenige Bestimmung dieser Verfassungen, gegen welche seit 1869 neuere Anträge des Abg. Lasker beziehungsweise Beschlüsse des norddeutschen und des Deutschen Reichs⸗ tags gerichtet wurden.

Im Frühjahr 1869 brachten im norddeutschen Reichstag die Abg. Miquél, Lasker und Gen. den Antrag auf Annahme eines Ge⸗ lbnntwurs⸗ ein des Inhalts, die Nr. 13 des Artikel 4 der Bundes⸗ verfassung dahin abzuändern: 8

die gemeinsame Gesetzgebung über das gesammte bürgerliche Recht, das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren, einschließ⸗ lich der Gerichtsorganisation.“ Dieser Gesetzentwurf wurde vom Reichstage des Norddeutschen Bundes angenommen. Der Bundesrath aber beschloß am 10. Juni 1869 auf einen mündlich erstatteten Ausschußbericht mit allen gegen die Stimme Lübecks, dem Beschlusse des Reichstags zur Zeit keine olge zu geben. Lübeck war der Ansicht, daß der Inhalt des in rage stehenden Gesetzentwurfs die nothwendige Konsequenz des Be⸗ chlusses über Errichtung eines Bundes⸗Ober⸗Handelsgerichts sei und schin nur die Streichung des Worts „gesammte“ (bürgerliche Recht) mit Rücksicht darauf gewünscht, daß es im Civilrecht einzelne Ma⸗ terien gebe, die sich durch ihre Natur der einheitlichen Regelung ent⸗ iehen. 1 Im Herbst 1869 beantragten im preußischen Abgeordnetenhause die Abgeordneten Miquél und Lasker: 1 1 „Die Königl. Staatsregierung aufzufordern, ihren ganzen Ein⸗ fluß geltend zu machen, daß im Wege der Bundesgesetzgebung die Kompetenz des Norddeutschen Bundes auf das gesammte bürgerliche Recht auesgedehnt werde.“ b 3 Der Antrag wurde angenommen, nachdem im Laufe der Ver⸗ handlung der Königlich preußische Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt er⸗ klärt hatte, daß die Herstellung eines bürgerlichen Gesetzbuches für den ganzen Umfang der preußischen Monarchie und, wenn es sein könne, für Norddentschland, keine Aufgabe sei, vor welcher er zurück⸗ scheute oder auch nur einen einzigen Schritt zurückträte. Die Worte der Verfassung „das gerichtliche Verfahren“, glaubte der Minister, werde man unbedenklich nehmen müssen in dem weiteren Sinn, daß auch die Gerichtsverfafsung darunter begriffen sei. 8 1

Daß im Jahre 1870 bei den Besprechungen in München und bei den Unterhandlungen in Versailles eine Aenderung der Nr. 13 des Art. 4 der Verfassung in der Richtung einer Erweiterung der Zustän⸗ digkeit der Bundesgesetzgebung nicht in Frage kam, habe ich schon im Reichstage ausgesprochen. 1 8

Im Herbste des Jahres 1871 brachten die Abgeordneten Lasker, Miquél und Genossen, worunter 10 württembergische Mitglieder, den⸗ selben Antrag im Deutschen Reichstage ein, welchen im Jahre 1869 der Norddeutsche Reichstag angenommen hatte. Auch der Deutsche Reichstag nahm den Antrag an, ohne daß bei der Berathung am 9. November und am 15. November 1871 ein Mitglied des Bundesraths das Wort ergriffen hatte. . 8 1

Der Bundesrath verwies den von dem Reichstag beschlossenen Gesetzentwurf an die Ausschüsse für die Verfassung und für Justiz⸗ wesen, welche am 8. Dezember 1871 mit Stimmenmehrheit zu dem Antrag gelangten, der Bundesrath wolle dem Gesetzentwurfe nicht zustimmen.

Ich befand mich damals hier und habe auf eine von dem Herrn Abgeordneten Mohl am 9. Dezember 1871 gestellte Interpellation am 9. und am 88 Dezember vealzaft mich ausgesprochen.

habe damals gesagt: Scesgg. persönliche Meinung habe ich noch in Berlin einer maßgebenden Persönlichkeit gegenüber dahin ausgesprochen: das Bedürfniß wird nach meinem Dafürhalten allerdings dahin führen, die der Zuständigkeit des Reichs durch Art. 4, Ziff. 13 der Reichsverfassung gezogenen Grenzen in mehrfacher Richtung zu erweitern. Es giebt aber einen zweifachen Weg zu dieser Erweiterung: Abänderung der Verfassungsurkunde und Erwei⸗ terung der Zuständigkeit im einzelnen Fall, nach der Ansicht des einzelnen Falls, unter Wahrung der für Verfassungsände⸗ rungen durch Art. 78, Absatz 1 der Reichsverfassung bestimmten Form. Es ist mir nicht nachgewiesen, daß der zweite Weg un⸗ genügend wäre und nicht den Vorzug vor dem ersten verdiente; deswegen halte ich die Annahme des vom Reichstage beschlos⸗ senen Gesetzentwurfs, dessen Fassung ohnedem eine sehr weite

ist, nicht für nothwendig, 2 weniger für dringlich.“ 1 Am 23. Februar 1872 beschloß die sächsische Kammer der Abge⸗

8

ordneten mit 42 gegen 23 Stimmen:

„Die Kammer wolle die Erwartung aussprechen, daß die Königl. Staatsregierung durch die sächsischen Bundeskommissare zu der Ausdehnung der Reichskompetenz auf die Erlassung eines allge⸗ meinen Gesetzbuchs über das Privatrecht im Bundesrathe zu⸗ stimmend sich erklären werde.“ 8 Im Plenum des Bundesraths kam der Gegenstand zur Behand⸗ lung erst am 9. April 1872. 8 Das Protokoll des Bundesraths von diesem Tage enthält Folgendes: „Referent (über den Bericht der Ausschüsse): Justiz⸗Minister v. Mittnacht. „Der Königl. württembergische Bevollmächtigte bemerkte Folgendes:

8

Indem er den Mehrheits⸗Antrag befürworte, sei es nicht seine

Meinung, daß die durch Nr. 13 des Artikel 4 der Reichsverfassung gezogene Grenze strikte für alle Zukunft einzuhalten wäre. Die würt⸗ tembergische Regierung werde angemessenen Erstreckungen der Zustän⸗ digkeit der Reichs⸗Gesetzgebung im einzelnen Fall nicht entgegentreten und insbesondere der Abfassung eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Reich lebhaftes Interesse und jede ihr mögliche Förderung zu⸗ wenden. Zufolge Beschlusses des Norddeutschen Bundesraths vom 21. Februar 1870 sei der Entwurf eines Bundesgesetzes über die Gerichtsverfassung und die gerichtlichen Institutionen in Vor⸗ bereitung. Für eine Mittheilung über den Stand dieser Arbeit an den Deutschen Bundesrath wäre die von ihm vertretene Regierung besonders dankbar. S der Ansicht, daß bei einem in die einzelnstaatlichen Verhältnisse so tief eingreifenden Gegenstande eine Mitwirkung der Bundesstaaten schon bei der ersten Aufstellung des Gesetzentwurfs von besonderem Interesse wäre. Das Ziel, die Grundzüge einer gemeinsamen Gerichtsorganifation, auch ohne strikte Einhultung der durch die bestehende Reichsverfassung gezogenen, ohne⸗ dem etwas zweifelhaften Grenze durch Reichsgesetz zu erhalten, leeße sich wohl auch ohne Aenderung der Reichsverfassungs⸗Urkunde durch E Arbeit und Verständigung erreichen. Würde dieser Gedanke nklang finden, so wäre wohl seine nähere Erörterung freien Be⸗ sprechungen innerhalb oder außerhalb der Ausschüsse anheimzugeben.“ Sierauf gab der Königlich bayerische Staats⸗Minister Dr. Fäustle die Erklärung ab, daß er sich dem Reichstagsbeschlusse gegenüber ab⸗ lehnend verhalten werde, wobei er sich gegen den regellosen Erlaß von Reichs⸗Spezialgesetzen auf dem ganzen Gebiete des Privatrechts, und, was die Gerichtsorganisation betrifft, dafür aussprach, daß sich Ver⸗ treter der am meisten betheiligten Staaten schon bei dem ersten Auf⸗ bau des Gesetzes durch persönlichen Zusammentritt und eingehende mündliche Berathung aller sich darbietenden Fragen betheiligen. „Nach Anfühtung dieser Erklärungen der Justiz⸗Minister von Württemberg und Bayern enthält das Bundesraths⸗Protokoll nur noch Folgendes: 3 „Auf den Vorschlag des Vorsitzenden (Reichskanzler Fürst von Bis⸗ marck) wurde beschlossen, mit Rücksicht auf die gbgegebenen Erklärungen die Angelegen⸗ heiten nochmals an die berichtenden Ausschüsse zu verweisen, mit dem Ersuchen, wegen der ferneren Behandlung der Sache anknüpfend an diese Erklärungen Voaschläge abzugeben.“ Also die Ausschüsse sollten Vorschläge abgeben, anknüpfend an die von Württemberg und Bayern abgegebenen Erklärungen. Es erhellt hieraus, daß es gänzlich unrichtig war, wenn die Presse .B. die „Augsburger Allgemeine Zeitung“ vom 18. Juli 1872 ehauptete, Bayern und Württemberg seien mit Vorschlägen oder rklärungen im Rückstand geblieben und haben darum verschuldet, daß der Bundesrath zu einem bestimmten Beschluß nicht gekommen

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8 war durchaus nicht der Fall. Vielmehr haben die Aus⸗ chüsse, in welchen die Königlich preußischen Bevollmächtigten den Vorsitz führen, wie ich zum Bundesraths⸗Protokoll vom 6. Juni 1872 konstatirt habe, den Gegenstand nicht weiter behandelt, den ihnen ertheilten Auftrag nicht ausgeführt wegen der längeren durch Krankheit veranlaßten Abwesenheit des Königlich preußischen Herrn Justiz⸗Ministers. W

Inzwischen war am 8. April 1872 der D utsche Reichstag zu⸗ sammengetreten und am 6. Mai 1872 brachten Lasker, Miqusl und Genossen, es befanden sich darunter auch 8 württembergische Mitglie⸗ der, den früheren Antrag wieder ein, mit Weglassung aber der Worte: einschließlich der Gerichtsorganisation.“

Die Verhandlung im Reichstage fand statt am 29. und 31. Mai 1872. Eine Abstimmung im Bundesrath über den früheren Reichs⸗ tagsbeschluß hatte nicht stattgefunden; die Ausschüsse hatten die ihnen aufgetragene erneute Berathung des Gegenstandes nicht vorgenommen, eine Lage der Dinge im Bundesrath, welche die Situation derjeni⸗ gen, welche dem früheren Antrage nicht zustimmen konnten, noch be⸗ sonders erschwerte. Was im Reichstage materiell verhandelt ward, und daß das Ergebniß Annahme des Antrags von Lasker und Ge⸗ nossen mit sehr großer Mehrheit war, ist bekannt. Ich persönlich habe damals erklärt, daß die württembergische Regierung in einem prinziellen Gegensatz zu den Antrage sich nicht befinde, habe aber mit Rück⸗ sicht auf die Rechtsgebiete, in welchen Erhaltung der Eigenart berechtigt, gegen die Fassung des Antrags, sodann gegen eine in einer unbestimm⸗ ten Reihe von Spezialgesetzen bestehende Privatrechtsgesetzgebung, viel⸗ mehr für Kodifikation mich ausgesprochen, auch meine Zweifel. ob der Antrag nicht verfrüht, nicht hinterhalten. Endlich habe ich in Ver⸗ folgung des am 9. April im Bundesrath zunächst noch ohne Erfolg ausgesprochenen Wunsches, über den Stand der Arbeiten über Gerichts⸗ Organisation ꝛc. Mittheilung zu erhalten, die schon im Bundesrath von mir und dem bayerischen Herrn Minister aufgestellte Ansicht auch im Reichstag vertreten, daß eine Mitwirkung der einzelnen Bundes⸗ staaten schon bei der ersten Aufstellung von Gesetzentwürfen über grö⸗ ßere Rechtsschöpfungen sich empfehlen würde.

Der vom Reichstag am 5. Juni 1872 beschlossene Gesetzentwurf wurde Tags darauf vom Bundesrath seinen Ausschüssen überwiesen. Dieselben haben den Gegenstand noch nicht behandelt, wie er auch bei der Konferenz der Justiz⸗Minister nicht erörtert ward. Ich bezweifle indeß nicht, daß in Bälde, vielleicht schon im Laufe des nächsten Monats die Ausschüsse und nach ihnen der Bundesrath zu einer ein⸗ gehenden Erörterung und zur Beschlußnahme gelangen werden.

. IIch halte mich deßhalb verpflichtet, meine Ansicht über einen so wichtigen Gegenstand hier auszusprechen, so weit dies im jetzigen Augenblick thunlich ist.

Die Schaffung eines gemeinen Deutschen Civilrechts durch die Organe der Reichsgewalt, von welchen allein es geschafien werden kann, halte ich für ein zu erstrebendes Gut, daneben für etwas, dem man sich nicht entziehen kann, nachdem die Verfassung bereits so weit gegangen ist, als geschehen, nachdem sie Herstellung der Rechtseinheit im Strafrecht, im gerichtlichen Verfahren, im Handels⸗ und Wechsel⸗ recht und im Obligationenrecht der Reichsgesetzgebung zugewiesen hat.

Ein gemeines deutsches Privatrecht verstehe ich aber nicht so, daß der Gesetzgeber durch sein Machtgebot überall Uniformität herzustellen hätte. Es giebt im Privatrecht Gebiete, z. B. auf dem Boden des bäuerlichen Rechts, des Familien⸗ und Erbrechts, in welchen eigen⸗ artige Rechtsbildungen Anspruch auf Auerkennung haben, wo deßhalb die Reichsgesetzgebung sich begnügen müßte, nur dispositive Bestim⸗ mungen zu treffen, welche bestehenden und begründeten partikularen Rechtsbildungen Raum lassen. Ich habe seit dem letzten Reichstaes⸗ beschlusse die Frage näher untersucht und drei Sachverständige nicht, wie unwahrer Weise behauptet ward, das oberste Landesgericht, darüber gehört, ob sich für den Ausdruck dieses Gedankens eine in die Verfassung aufzunehmende Formel finden ließe, entweder so, daß von der allge⸗ mein anzuerkennenden Zuständigkeit der Reichsgesetzgebung für das bürgerliche Rechtegewisse bestimmt zu bezeichnende Materien auszu⸗ schließen, oder daß der in bestimmter Weise zu limitirenden Zustän⸗ digkeit der Reichsgesetzgebung gewisse weitere Materien als die derma⸗ lige Nr. 13 des Art. 4 der Verfassung enthält, zuzuweisen wären. Ich kam zu dem Resultate, daß dies unausführbar sei, daß also die erwünschte und erforderliche Beruhigung in diesem Punkte anderswo als in dem Wortlaut der betreffenden Verfassungsbestimmung gesucht werden müsse.

Sodann halte ich für das zu erstrebende Ziel ein bürgerliches Gesetz⸗ buch, nicht die bloße Einreißung einer Kompetenzschranke, nicht eine unbe⸗ stimmteZahl von Spezialgesetzen, eingegeben vom augenblicklichen wirklichen oder vermeintlichen Bedürfniß, beeinflußt vielleicht von jeweiligen poli⸗ lischen Ansichten und Zeitströmungen. Wären wir für die Inangriff⸗ nahme einer Kodifikation des Privatrechts noch nicht reif, so würden wir, glaube ich, von einer erweiterten Kompetenz auch keinen richtigen Gebrauch machen. Ist das Civilrecht ein großer Organismus, ein Ganzes, nicht nach Schulbegriffen in einzelnen bestimmten Abschnitten auseinanderzuhalten und das ist ja die Hauptbegründung des Ge⸗ setzantrags so suche man auch ein Ganzes zu geben und eröffne nicht für die Einzelstaaten die Perspektive Jahre langer empfindlicher Störung des Zusammenhanges ihrer Gesetzgebung, der Nothwendig⸗ keit, einmal dies, das anderemal ein anderes Spoezialreichs⸗ gesetz in ihr Rechtssystem einzupassen, eine Perspektive mög⸗ licher Rechtsunsicherheit und Rechtsverwirrung. Daß es nicht meine Meinung ist, hinter die Kodifikation mich zu verstecken, weil sie ein Werk ist, was Jahre kostet, daß ich vorgängige Spezialgesetze nicht ausgeschlossen, sie aber auf das unumgänglich Nothwendige be⸗ schränkt wünsche, habe ich schon im Reichstage gesagt.

Ob man nun eine Aenderung der Reichsverfassung früher odea später vornehmen will, ist von meinem Standpunkte aus ein ver⸗ gleichungsweise untergeordneter Punkt. Hier könnte ich mich fügen. Ich bin zwar bisher der Ansicht gewesen, daß für einzelne Bedürfniß⸗ fälle der Ausdehnung der Kompetenz der Reichs⸗Gesetzgebung die Zu⸗ stimmung aller Regierungen oder jedenfalls der entscheidenden Mehr⸗ heit derselben unschwer zu erlangen, die Aenderung der Verfassungs⸗ Urkunde also so besonders dringlich nicht wäre. Indessen haben solche Einzelnabweichungen von der Verfassung, namentlich wenn sie häufiger und mit einem gewissen System vorkom⸗ men, auch ihr Beunruhigendes und Schädliches und will der Deutsche Reichstag, wie der Fall ist, damit sich nicht begnügen und ist die Kö⸗ nigliche Regierung des Einverästndnisses der Landesvertretung ver⸗ sichert, so würde ich ein Hinderniß nicht abgeben. Nur das glaube ich: Soll die Verfassung geändert werden, soll, wie die Reichsver⸗ fassung von 1849 zagte, der Reichsgewalt obliegen, durch die Erlas⸗ ung allgemeiner Gesetzbücher über bürgerliches Recht, Handels⸗ und Wechselrecht, Strafrecht und gerichtliches Verfahren die Rechtseinheit im deutschen Volke zu begründen, dann müssen, glaube ich, zunächst die Regierungen die Initiative ergreifen, dann müssen sie die Sache wirklich anfassen und in die Hand nehmen, einen Plan aufstellen, wie die Kodifikation anzugreifen und auszuführen und wieweit sie auszu⸗ dehnen, und diesen Plan sofort zu verwirklichen beginnen. Hierzu mitzuwirken bin ich jederzeit bereit und würde in diesem Sinn auch einer Aenderung der Verfassung nach meiner persönlichen Ansicht zu⸗ stimmen können. 1 b

Ich komme auf die Ministerkonferenz vom vorigen Monat, die aus den Erörterungen aus Anlaß des Laskerschen Antrags ihre Ent⸗ stehung genommen hat. 3 1 8

Bei dieser Konferenz wurde von keiner Regierung ein Organisa⸗ tionsentwurf vorgelegt. Dagegen wurden von zwei Seiten Skizzen, Stu⸗ dien, Formulirungen von Referenten mitgetheilt, bezüglich deren aber die betreffenden Minister ausdrücklich feststellten, daß sie nur als Arbeiten von Ministerialreferenten betrachtet werden dürfen, daß die Minister selbst zu denselben ganz unbefangen und frei sich stellen. Es wird schon daraus hervorgehen, daß es sich um eigentliche Beschlüsse noch nicht handeln konnte. 8 1

Von dem Verlaufe der Besprechungen habe ich für meine Person einen günstigen Eindrück. Der preußische Herr Justiz⸗Minister trug dem Gedanken, schon die erste Aufstellung aus einer Verständigung hervor⸗ gehen zu lassen, volle Rechnung; die von einem preußischen Beamten ent⸗

worfene Skizze eines Reichsgesetzes über Gerichtsorganisation nicht nur, sondern auch der Entwurf einer Deutschen Strafprozeßordnung

mit Motiven und Anlagen, eine umfassende, gründliche und wie ich

glaube sehr günstig zu beurtheilende Arbeit, wurden uns mitgetheilt;

auch den Entwurf einer Deutschen Rechtsanwaltsordnung erhielten wir noch auf den Weg. Der dermalige Stand der Reichsjustiz⸗Gesetz⸗ gebungsarbeiten ist

Der von einer besonderen Reichs⸗Sachverständigen⸗Kommission festgestellte Entwurf einer Deutschen Civil⸗Prozeßordnung wurde dem Bundesrathe am 21. Dezember 1872 vorgelegt und der Justizaus⸗ söhnh bat sofort einen Referenten bestellt. Der im preußischen Justiz⸗

inisterium ausgearbeitete Entwurf einer Deutschen Strafprozeßord⸗ nung ist dem Bundesrathe noch nicht vorgelegt. Sobald es geschehen, wird der Bundesrath zweifelsohne zunächst gleichfalls eine Sachver⸗ ständigen⸗Kommission mit der Berathung beauftragen. Was bezüglich der Gerichtsorganisation im Gange, habe ich bereits mitgetheilt. Auch eine Konkursordnung, deren mit der Civilprozeß⸗Ordnung gleichzeitige Einführung sehr zu wünschen ist, scheint der Vollendung im preu⸗ ischen Justiz⸗Ministerium nahe zu sein, und dem Bundesrathe dem⸗ nächst übergeben werden zu können. Wir in den Einzelstaaten, die wir durch das Ausstehen der Reichsjustiz⸗Gesetzgebung mehrfach beengt sind, werden zur Beschleunigung das unsrige beitragen, nur wird man vom Bundesrath nicht erwarten dürfen, daß er, auf selbständige Erwägung auch der wichtigeren Fragen verzichtend, seine Thätigkeit mit einer en bloe Annahme beginnen und schließen würde.

Der Herr Interpellant hat nun zwei Einzelnfragen hervorgehoben, das Geschworenen⸗Institut und die obersten Landesgerichte.

Es giebt, wie der Herr Interpellant selbst anerkannte, noch manche andere Punkte von Bedeutung, z. B. gleich die Frage, ob die Gerichtsorganisation des Reichs auf die streitige Gerichtsbarkeit sich beschränken oder auch in die freiwillige Gerichtsbarkeit eingreifen soll? einzelne Bestimmungen sodann über die Gerichtsbarkeit, die Vorschrif⸗ ten über die Stellung der Staatsanwaltschaft, Einführung der Ge⸗ richtsvollzieher, die Einrichtung der Handelsgerichte u. s. w., Dinge, denen ich in meiner Stellung theilweise soviel Gewicht beilege, als anderen Fragen, auf welche die Aufmerksamkeit des großen Publikums sich vorzugsweise konzentrirt. Immerhin sind die genannten zwei Fra⸗ gen, wie ich nicht bestreiten will, Fragen ersten Ranges.

Das Geschworenen⸗FInstitut ist eine gemeinschaftliche Frage des Strafprozesses und der Gerichtsorganisation. Ich werde dem⸗ nächst in der Lage sein, hier eine Gesetzesvorlage einzubringen wegen Verlängerung der Wirksamkeit der Bestimmungen unserer Gerichts⸗ erfassung über Beiziehung von Schöffen zu den mittleren Strafge⸗ richten, welche Bestimmungen seiner Zeit nur für eine Dauer von 4 Jahren verabschiedet wurden. Wir können aus diesem Anlaß über den Werth des Schöffen⸗Instituts und unsere Erfahrung in Württem⸗ berg näher uns aussprechen. Meine persönliche Ansicht über Schöffen und Geschworene ist folgende. Unsere Erfahrungen bezüglich der Schöffen sind durchaus keine ungünstigen, doch aber nicht der Art, daß ich einen besonderen juristischen Gewinn darin erblicken könnte, die Geschworenen durch Schöffen zu ersetzen. Ich würde auch aus anderen Gründen für räthlich halten, von dem Versuche, die Geschwo⸗ renen zu ersetzen, von Reichswegen abzusehen, glaube auch, daß die günstige Zeit für einen solchen Versuch bereits vorüber ist.

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Zu der Fräge eines deutschen Reichsgerichts verhalte ich mich sehr

unbefangen und objektiv.

Eine Verpflichtung, „an den Oberlandesgerichten als höchste In⸗ stanz festzuhalten“, kann ich nicht eingehen, wenn auch der Herr In⸗ terpellant dies wünschen sollte, schon deshalb nicht, weil es bereits ein Reichsgericht, das Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht, giebt. Seit auf Antrag der Königlich sächsischen Regierung das Bundes⸗Ober⸗Handelsgericht als oberstes Instanzgericht für Handels⸗ und Wechselsachen errichtet ward, ist nicht mehr res integra. Seither wurden dem Bundes⸗Oberhan⸗ delsgericht durch die Gesetze über das Urheberrecht und über die Haft⸗ pflicht weitere Kompetenzen durch das erste Gesetz auch in Straf⸗

sachen, übertragen, auch ist das Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht oberster

Gerichtshof für Konsular⸗Gerichtsbarkeitssachen und für Elsaß und Lothringen. Ein Reichs⸗Strafgericht für Hochverrath und Landesver⸗ rath gegen das Reich sieht Art. 75 der Reichsverfassung vor. Selbst der Herr Interpellant wird es nicht für möglich halten, diese Reichs⸗ gerichte wieder zu beseitigen.

Sodann waren sämmtliche Mitglieder der Dezemberkonferenz der

Ansicht, daß eine Institution zur Erhaltung der Rechtseinheit, soweit

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sie vorhanden, zur Sicherung der gleichmäßigen Anwendung des Reichs⸗ rechts, allerdings nicht vorenthalten werden könne. Man hat allerdings

neben dem Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht als oberstem Instanzgericht einen

Reichsrechtshof vorgeschlagen, der im Falle vorgekommener verschiedener Auslegung des Reichsrechts Sprüche über die Rechtsfrage zu fällen hätte, welche für die Zukunft sämmtliche Gerichte im Reiche binden würden. Der Vorschlag, welcher einer Funklion eines obersten Ge⸗ richts jedenfalls entspricht, hat, insbesondere bei dem dermaligen Rechtszustande in Deutschland, manches Ansprechende und ich habe für seine Inbetrachtnahme mich ausgesprochen, konnte aber keinen Augen⸗ blick mir verbergen, daß Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht und Reichsreches⸗ hof, weil auf verschiedenen Prinzipien beruhend, nur in anomaler Weise eben einander bestehen können und daß die Wahrscheinlichkeit dafür weit größer ist, daß das Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht den Reichs⸗ rechtshof in der Geburt ersticken, als daß dieser jenes verdrängen wird.

Auch das kann ich nicht hinterhalten, daß für einen Staat wie Württemberg, der nur Ein Avppellationsgericht haben wird, die Er⸗ haltung noch eines obersten Landesgerichts einige besondere Schwierig⸗ keiten hat.

Andererseits haben wir Rechtseinheit derzeit im Strafrecht, auf dem Gebiete des Privatrechts wesentlich nur im Handels⸗ und Wechsel⸗ recht. Soll man nun dem Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht, welches erfah⸗

rungsgemäß schon jetzt weit weniger Fragen des Handels⸗ und Wechsel⸗

rechts als des allgemeinen Civilrechts entscheidet, unter Erhebung des

selben zum allgemeinen Reichsgericht die Anwendung aller bestehenden Partikularrechte übertragen, deren einzelne vielleicht nur ein oder zwei

Mitglieder des Gerichts und diese möglicherweise nicht recht kennen?

Oder sollen die größeren Rechtssysteme, das rheinische Recht, das

preußische Landrecht, das gemeine Recht dem Reichsgericht weiter zuge⸗- wiesen werden? oder solche Partikularrechte, die über das Gebiet

Eines Staates hinausreichen? oder nur Reichsrecht? Das sind Fragen, die eben aus dem dermaligen Rechtszustand in Deutschland hervor⸗ gehen, und deren Lösung etwas genauer sich zu überlegen man wohl berechtigt sein wird. .

Sodann ist doch gewiß Pflicht, dafür besorgt zu sein, daß nicht etwa durch die Verweisung an das entferntere und vielbeschäftigte Reichsgericht der Gebrauch der Rechtsmittel erschwert wird. Würden Sie es z. B. für zulässig halten, das einzige Rechtsmittel gegen alle Urtheile der mittleren Strafgerichte sofort an das Reichsgericht zu weisen? und wäre es richtig, die Rechtsmittel zu beschränken, damit nicht das einzige Reichsgericht von Geschäften erdrückt wird?

Ich bin der Ansicht, daß nicht die Rechtsmittel nach einem ge⸗ wissen Postulate bezüglich des obersten Gerichts zu bemessen sind, son⸗ dern daß die Einrichtung des obersten Gerichts dem nach den Inter⸗ essen der Rechtsverwaltung aufzubauenden Rechtsmittel⸗System sich an⸗ zupassen hat. So lange das Rechtsmittel⸗System der Civilprozeß⸗ Ordnung für mich nicht feststeht, so lange ich nicht weiß, ob der von der Sachverständigen⸗Kommission mit der Mehrheit von einer Stimme beschlossene Wegfall der Berufung und ihre Ersetzung durch Revision und Oberrevision, zwei auf die Prüfung der Rechtsfrage beschränkte Rechtsmittel, von welchen eines im Lande bliebe, das andere an das Reichsgericht ginge, vom Bundesrath gebilligt werden wird, kann ich mein letztes Wort über die oberste Instanz nicht sprechen, muß viel⸗ mehr einigermaßen frei Aktion mir bewahren.

Ich habe, meine Herren, einer kurzen offiziellen Antwort eine vielleicht zu lange, doch, wie ich hoffe, nicht ganz uninteressante per⸗ sönliche Auseinandersetzung folgen lassen. Der Herr Interpellant hat von der großen Verantwortlichkeit der Regierung in Reichssachen gesprochen. Wollen Sie mir glauben, die mir gewordene Aufgabe, in R ichsangelegenheiten thätig zu sein, ist ehrenvoll und sehr inter⸗

essant, aber in mancher . schwieriger und verantwortungsvol⸗

ler als jede Thätigkeit zu Hause.

Wollen über wichtige Fragen auch Sie wenigstens im Allgemei⸗ nen sich aussprechen und die Verantwortlichkeit der Regierung theilen und erleichtern, so ist das Niemanden erwünschter als mir. 8