den Weg gelegt. Der Abg. Dr. Virchow trat ebenfalls den Ausführungen des Abg. von Schorlemer entgegen und für die Vorlage ein. Er und seine Partei seien der Ansicht, daß die Re⸗ gierung durch die kirchenpolitischen Vorlagen die Sittlichkeit fördere. Die Partei des Centrums sei, wie ihre Vorgänger den Hohen⸗ staufen, dem Kaiserthum der Hohenzollern feindlich, weil es libe⸗ ral sei. Aber der Gedanke unserer Fürsten sei mit ihren Terri⸗ torien gewachsen. Glauben mögen die Ultramontanen, was sie wollen, aber dagegen müsse sich der Staat verwahren, daß die ultramontane Hierarchie direkt in die preußische Staatsorganisation eingreift. Damit schloß die Generaldiskussion. In der Spezialdiskussion sprach gegen Art. 15 nur der Abg. Dr. Reichensperger (Coblenz), welcher sich fast allein gegen frühere Aeußerungen von Abgeord⸗ neten wendete. Darauf wurde Art. 15 in der von der Kom⸗ mission vorgeschlagenen Fassung angenommen. Zu Art. 18 sprach Niemand. Bei Schluß des Blatts begann die namentliche Abstimmung über das ganze Gesetz. — Bis zum 8. Februar d. J. waren in den Münzstät⸗ ten des Deutschen Reichs in Zwanzigmarkstücken 349,938,340 Mark und in Zehnmarkstücken 118,811,460 Mark ausgeprägt worden. In der Woche vom 9. bis 15. Februar sind ferner ge⸗ prägt in Zwanzigmarkstücken: in Berlin 4,809,640 Mark, in Frankfurt a. M. 1,050,480 Mark und in München 1,128,220 Mark; ferner in Zehnmarkstücken: in Hannover 1,474,620 Mark, in Frankfurt a. M. 1,055,600 Mark, in Dresden 326,200 Mark, in Karlsruhe 228,120 Mark und in Darmstadt 200,000 Mark. Die Gesammtausprägung stellt sich daher bis 15. Februar d. J. auf 479,022,680 Mark, wovon 356,926,680 Mark in Zwanzigmarkstücken und 122,096,000 Mark in Zehnmarkstücken bestehen. 1 118 — Ein Magistrat hatte bei dem Bundesamte für das Heimath⸗ wesen Beschwerde über die Verfügung einer Provinzial⸗Depu⸗ tation für das Heimathwesen vom 11. Dezember verg. Jahres erhoben, durch welche die Einleitung einer von dem Magi⸗ strat beabsichtigten Klage gegen einen Ortsarmenverband wegen des dem betreffenden Anspruche angeblich entgegenstehenden Einwandes der rechtskräftig entschiedenen Sache, abgelehnt worden ist. Das Bundesamt hat diese Beschwerde der Ministerien und der Justiz mittelst des unten abgedruckten Schreibens vom 14. Januar d. J. zur weiteren Veranlassung und mit dem Antrage zugehen lassen, den Deputationen für das Heimathwesen die Bestimmung des Circular⸗Erlasses vom I. Februar 1872 (unter Nr. 1 in fine) in Erinnerung zu bringen, wonach es den Deputationen nicht zusteht, eine ihnen unbegründet erscheinende Klage von vornherein „per decretum“ abzuweisen. 8 Die Ministerien sind den Ausführungen des Bundesamtes in dem Schreiben vom 14. Januar d. J. beigetreten. Sei eine Klage unverständlich, oder entspreche sie in ihrer äußeren Gestalt nicht der im §. 46 des Gesetzes rom 8. März 1871 vorgeschriebenen Form, so würde sie allerdings, wie auch das Bundesamt anzunehmen scheint, dem betreffenden Armenver⸗ bande zur entsprechenden Umgestaltung zurückgegeben werden kön⸗ nen. Dagegen sei dabei zu beharren, daß die Frage, ob der erhobene Anspruch materiell begründet resp. ob die Klage materiell substanziirt ist, der unzweideutigen Vorschrift des Gesetzes gemäß, nach vorgängigem Schriftwechsel und in öffentlicher Sitzung der Deputation entschieden werden müsse. Das Gesetz habe den Deputationen nicht die Befugniß ertheilt, eine ihnen von vornherein unbegründet scheinende Klage im Wege eines abgekürzten, vermeintlich zweckmäßigeren Ver⸗ fahrens zu erledigen. Es sei eine unberechtigte Voraus⸗ setzung, wenn die betreffende Deputation für das Heimath⸗ wesen, wie der Fall zu sein scheine, die Vorschriften der preußischen Allgemeinen Gerichtsordnung ohne Weiteres als maßgebend für die hier in Rede stehenden Verwaltungs⸗ Streitsachen (cfr. §. 38 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870) be⸗ trachtet. Da das Bundesamt für das Heimathwesen gemäß dem Schreiben vom 14. Januar d. J. sich — anscheinend mit Recht — nicht für kompetent zur Entscheidung der Frage be⸗ trachte, ob im einzelnen Falle eine Klage von der betreffenden Landesbehörde überhaupt eingeleitet werden soll, so würde das von der betreffenden Deputation adoptirte Verfahren im Resultate dahin führen, daß den Parteien, den Vorschriften des Reichsgesetzes resp. des preußischen Ausführungsgesetzes zuwider, die Anrufung der geordneten höchsten Instanz überhaupt ver⸗ sagt bliebe. Unter Bezugnahme auf die §§. 6 ff. des Geschäfts⸗Regu⸗ ativs vom 1. Februar 1872, Inhalts deren die Vorsitzenden der Deputationen für das Heimathwesen diejenigen, die Leitung des Verfahrens bezweckenden Verfügungen zu erlassen haben, mittelst deren die nach §. 1 a. a. O. in öffentlicher Sitzung der Depu⸗ tation zu erlassende Entscheidung herbeizuführen, ist im vorliegen⸗ den Falle der Vorfitzende der betreffenden Deputation Seitens der Ministerien ersucht worden, die von dem Magistrate beab⸗ sichtigte Klage einzuleiten, falls dieser Einleitung nicht andere Gründe entgegenstehen. Das erwähnte Schreiben des Bundesamtes für das Heimath⸗ wesen lautet: Berlin, den 14. Januar 1873.
Ew. Excellenzen beehren wir uns, die an das Bundesamt für
das Heimathwesen gerichtete Eingabe des Magistrats zu N. vom 28. Dezember v. J. nebst einer Anlage beifolgend zur geneigten Kenntniß⸗ nahme ganz ergebenst vorzulegen. Inhalts dieser Eingabe hat die N. Deputation für das Heimathwesen es abgelehnt, eine Namens des Orts⸗Armenverbandes zu N. gegen den Orts⸗Armenverband zu N. an⸗ gebrachte Klage, betreffend 4 Thlr. 28 Sgr. 11 Pf. Krankenpflegekosten, wegen des dem qu. Anspruche angeblich entgegenstehenden Einwandes der rechtskräftig entschiedenen Sache einzuleiten. Unseres Ermessens entspricht dies Verfahren der Deputation nicht den gesetzlichen Be⸗ stimmungen. Nach §§. 47 fgg. des Ausführungsgesetzes vom 8. März 1871 soll die Klageschrift — vorausgesetzt nur, daß sie den Erforder⸗ nissen des §. 46 entspricht — der Gegenpartei zur Gegenerklärung zugefertigt und es soll, nach beendigtem Schriftwechsel resp. Beweis⸗ verfahren über den erhobenen Anspruch in öffentlicher Sitzung der Deputation entschieden werden. Es mag nun angenommen werden können, daß es den Deputationen für das Heimath⸗ wesen frei steht, geeigneten Falles den Kläger von vornher⸗ ein auf augenscheinliche Mängel der Klageschrift machen und ihm die Vervollständigung der letzteren anheimzugeben. Dagegen hat das Gesetz der Deputationen nirgendwo die weiter⸗ gehende Befugniß eingeräumt, nach ihrem Ermessen die Einleitung des a. a. O. dispositiv angeordneten Verfahrens überhaupt abzulehnen und dem Kläger auf diese Weise die Verfolgung des ihm vermeintlich “ abzuschneiden. Hätte die Einräumung einer solchen
efugniß in der Absicht gelegen, so hätte dies, wie wir annehmen, ausdrücklich ausgesprochen und es hättte dann namentlich auch die Behörde bezeichnet werden müssen, welche auf erhobene Beschwerde in höherer Instanz darüber zu befinden habe, ob eine Klage überhaupt ein⸗ geleitet oder nicht eingeleitet werden solle. Das Bundesamt für das Heimathwesen hält sich zur Entscheidung von Beschwerden, welche diese Frage betreffen und zum Erlaß von darauf bezüglichen An⸗ weisungen an die Landesbehörden nicht für kompetent; es erachtet sich
rung ihren Standpunkt festhalte.
aufmerksam zu
vielmehr nur für berufen zur Entscheidung derjenigen Streitsachen der Armenverbände, welche in dem durch die §§. 41 fgd., insbeson⸗ dere durch §. 48 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 vor⸗ gesehenen Verfahren an dasselbe gelangen. Andererseits erachtet sich das Bundesamt für das Heimathwesen nicht für unbetheiligt bei der Frage, ob es den, in erster Instanz erkennenden Landesbehärden gestattet sein kann, in den an und für sich zu seiner Kompetenz gehörenden Streitsachen ein Verfahren einzuschlagen, mittelst dessen diese Streitsachen dem vorstehend Be⸗ merkten gemäß, an das Bundesamt — die durch das Reichsgesetz bestellte höchste Instanz — überhaupt nicht gelangen können.
Ew. Excellenzen haben bereits in dem an die Ober⸗Präsidenten der preußischen Monarchie gerichteten Circular⸗Erlaß vom 1. Februar 1872 unter Nr. 1 die Abweisung „per decretum“ der bei den Deputationen für das Heimathwesen angebrachten Klagen für unstatt⸗ haftzerklärt. Dem entsprechend erlauben wir uns, an Ew. Excellenzen hiermit das ganz ergebenste Ersuchen zu richten, hochgeneigtest in Erwä⸗ gung ziehen zu wollen, ob nicht den Deputationen die qu. Bestimmung des gedachten Cirkularerlasses in Erinnerung zu bringen sein möchte. Gleichmäßig glauben wir Ew. Excellenzen die Verfügung auf die vorliegende Eingabe des Magistrats zu R. anheimgeben zu dürfen.
Das 1“ für das Heimathwesen. . 2 önig. An den Königlichen Staats⸗Minister und Innern Herrn Grafen
Minister des zu Eulenburg 8 und den Königlichen Staats⸗ und Justiz⸗Mi⸗ nister Herrn Dr. Leonhardt Excellenzen.
— Die Spezial⸗Untersuchungs⸗Kommission ist heute Vormittag zu einer Sitzung zusammengetreten.
— Der kommandirende General des IX. Armee⸗Corps, Ge⸗ neral der Infanterie von Manstein ist gestern hier einge⸗ troffen.
— Der Oberst und Abtheilungs⸗Chef im Kriegs⸗Ministe⸗ rium, Quedenfeldt, ist unter Versetzung zu den Offizieren von der Armee mit der Uniform des Kriegs⸗Ministeriums, zum stellvertretenden Commandeur der 7. Infanterie⸗Brigade, der Oberst und Commandeur des Niederrheinischen Füsilier⸗Regi⸗ ments Nr. 39, von Eskens, unter Versetzung in das Kriegs⸗ Ministerium, zum Chef der Abtheilung für die Bekleidungs⸗ ꝛc. Angelegenheiten im Kriegs⸗Ministerium ernannt worden.
— Der Großherzoglich badischen Steuereinnehmerei Laden⸗ burg, Hauptamtsbezirk Mannheim, ist die Befugniß zu-Abfer tigung der daselbst zur Ausfuhr mit Anspruch auf Steuerrück⸗ vergütung angemeldet werdenden Cigarren⸗ und Tabaksendun⸗ gen ertheilt worden.
— Die Bedeutung der polytechnischen Schule zu Han⸗ nover für die Ausbildung von Bautechnikern, in welcher die⸗ selbe eine ihrer Hauptaufgaben erblickt, erhellt aus den nach⸗ stehenden Zahlen. Von 511 Schülern, welche in diesem Augenblicke die Anstalt frequentiren, nehmen 83 am I. resp. II. Kursus des Straßenbaues, 84 am I. und II. Kursus des Wasser⸗ und Brückenbaues Theil, während sich an dem I., II., III. und IV. Kursus des Hochbaues, von welchen der letzte dem höheren Akademischen Kursus an der Bau⸗Akademie in Berlin Heshsen und dieselbe Ausbildung gewährt, 235 Schüler be⸗ theiligen.
Bayern. München, 27. Februar. Wie die „Allgem. Ztg.“ erfährt, kehrt der König morgen Abend von Hohen⸗ schwangau hierher zurück.
— Im Hinblick auf Art. 1 des Gesetzes vom 21. Juni 1871, einige provisorische Bestimmungen über die Tar⸗ und Stempelgebühren in bürgerlichen Rechtssachen be⸗ treffend, sind die Entschließungen’ des Staats⸗Ministeriums der Finanzen vom 31. Mai 1857, sowie des Königlichen Staats⸗ Ministeriums der Justiz vom 2. Juli 1857 außer Wirksamkeit und an deren Stelle im Interesse einer gleichmäßigen Stempel⸗ bewerthung der gerichtlichen Entscheidungen sowie zur Erleich⸗ terung des Revisionsgeschäftes andere Vorschriften erlassen worden.
Sachsen. Dresden, 28. Februar. Der Fürst Reuß j. L. Heinrich XIV., welcher gestern hier eingetroffen und im „Vietoria⸗Hotel“ abgetreten ist, hat an der heutigen Königlichen Tafel Theil genommen.
— Beide Kammern hielten heute Sitzung. Der Ersten Kammer lag der vom Grafen von Hohenthal erstattete Bericht ihrer außerordentlichen Deputation über den Gesetzentwurf, einige Abänderungen der Verfassungs⸗Urkunde vom 4. September 1831 betr., zur Berathung vor. Von dem Grundsatz ausgehend, daß eines der wesentlichsten Erfordernisse jedes Staatsgrundgesetzes die möglichste Stetigkeit überhaupt und namentlich in denjenigen Bestimmungen sei, welche von prinzipieller Tragweite sind und das politische Gebiet berühren, und daß namentlich die säch⸗ sische Verfassung eine solche sei, bei deren Handhabung das Prinzip der Stabilität voranzustellen sei, erklärt sich die Deputation gegen diejenigen der vorgeschlagenen Ver⸗ fassungsänderungen, welche von prinzipieller Bedeutung sind, also gegen das Zugeständniß der freien Wahl des oder der Vize⸗Präsidenten an die Erste, des Präsidenten und Vize⸗ Präsidenten an die Zweite Kammer und gegen die Aner⸗ kennung des selbständigen Adreßrechtes jeder Kammer. Gegen die übrigen Aenderungen hat zwar die Deputation keine prin⸗ F Bedenken, da aber auf diesem Landtage doch keine
zussicht mehr sei, zur Durchberathung der neuen Landtags⸗ ordnung zu gelangen, so falle das treibende Motiv für Eingehen auf dieselben hinweg. Die Deputation räth daher der Kammer an, dem Gesetzentwurfe beziehentlich zur Zeit die Zustimmung zu versagen.
Der Staats⸗Minister v. Nostitz⸗Wallwitz erklärte, daß die Regie⸗ In den Beziehungen, um die es sich hier handle, werde sich auch unser Verfassungsleben der Nothwendigkeit nicht entziehen können, den Bedürfnissen der Zeit Rechnung zu tragen. Durch Vereinfachung und Beschleunigung des Geschäftsganges der Kammern werde am besten dafür gesorgt, die Zufriedenheit mit der Verfassung, die Liebe zu ihr zu stärken; das sei ein Ziel, welches wohl auch des Strebens einer Ersten Kammer würdig sei. Nachdem der Minister sich eingehend über die Zweckmäßigkeit der freien Präsidentenwahl und des Adreß⸗ rechts ausgesprochen, schloß er ungefähr mit folgenden Worten: Oft sei in der Kammer selbst gesagt worden, daß es nicht die Aufgabe dieser Kammer sein könne, sich der durch die Bedürfnisse bedingten Entwickelung der Verhältnisse entgegen⸗ zustemmen, sondern, daß ihre Aufgabe sei, dafür zu sorgen, daß die Entwicklung in geordneter, dem Staate gedeihlicher Weise erfolge, daß der Staatswagen nicht auf eine schiefe Ebene ge⸗ stellt, ins Rollen gerathe. Daß durch den Vorschlag der Re⸗ gierung dies geschehe, verneine er aus voller Ueberzeugung und er könne nur wünschen, daß die Kammer, in ihrem eigenen Interesse und im Interesse des Landes, sich dieser Ueberzeugung
anzuschließen im Stande sei. Vom Staats⸗Minister a. D. v. Falkenstein wurde der Antrag gestellt: die Beschlußfassung über den Gesetzentwurf abzusetzen, bis die Landtagsordnung be⸗ rathen ist. Vom Geh. Rath v. König und Bürgermeister Martini wurde Annahme des Entwurfs beantragt, von Letzterm nach der Fassung der Zweiten Kammer. Die Deputation änderte schließlich ihren Antrag dahin ab: dem Gesetzentwurfe zur Zeit die Zu⸗ stimmung zu versagen. Staats⸗Minister Frhr. v. Friesen be⸗ zeichnete den v. Falkensteinschen Antrag als nicht annehmbar für die Regierung und warnte die Kammer eindringlich, vor den mit einem zu schroffen Festhalten an dem Prinzip der absoluten Stabilität des öffentlichen Rechts verbundenen Gefahren, er er⸗ innerte daran, was aus der Verfassung überhaupt geworden wäre, wenn die alten Stände mit gleicher Hartnäckigkeit jeder Neuerung sich widersetzt hätten; Gebot der politischen Klugheit sei, zu nothwendig erkannten Aenderungen rechtzeitig, so lange man es freiwillig könne, sich zu entschließen. Dem Umstande, daß die früheren Stände so gehandelt, sei zu danken, daß unsere Verfassung noch heute mit gewissen konservativen Garantien um⸗ geben sei, die anderwärts vermißt würden. Gleiches Ver⸗ fahren sei um so mehr hier am Platze, wo es. sich nicht um wesentliche Bestimmungen der Verfassung, sondern in der Hauptsache nur um die Formen des geschäft⸗ lichen Verkehrs zwischen Regierung und Kammern handle. Nach Schluß der Diskussion wurden nach einander die aus der Mitte der Kammer gestellten Anträge abgelehnt und sodann der Deputationsantrag mit 23 gegen 13 Stimmen angenommen, damit also die Vorlage zur Zeit abgelehnt. Sodann folgten minder wichtige Berathungsgegenstände.
Die Zweite Kammer nahm zunächst den Bericht der 1. Deputation über das Vereinigungsverfahren bezüglich des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch entgegen. Die Differenz betraf die Frage, ob die Beurtheilung der mildernden Umstände den Geschworenen oder dem Richterkollegium anheimfallen solle. Die Zweite Kammer hat sich für die erstere, die Erste Kammer für die letztere Modalität entschieden. Der Vereinigungsvorschlag welchem die Kammer ohne Debatte zustimmte, sach⸗ lich den Beschluß der Zweiten Kammer aufrecht zu erhalten einen die Geltendmachung desselben Grundsatzes in der Keichs⸗ strafprozeßordnung bezweckenden, von derselben beschlossenen An⸗ trag jedoch fallen zu lassen. Die bezüglich des Dekrets über die Verwendung der Ueberschüsse des bei dem Kultus⸗Ministerium verwalteten Separatfonds vorhandenen Differenzen wurden durch Beitritt zu den Beschlüssen der Ersten Kammer erledigt. Die Kammer entschied sich endlich dafür, die gedachte Beschwerde der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Schließlich ließ die Kammer mit großer Majorität den bei Gele⸗ genheit der Berathung des Publikationsgesetzes zum Konsistorialgesetze gefaßten Beschluß, wonach die Re⸗ gierung die mit der Synode zu treffende Vereinbarung wegen Beaufsichtigung des Religionsunterrichts auch dem Landtage zur Genehmigung vorlegen solle, fallen, nachdem das Vereinigungs⸗ verfahren mit der Ersten Kammer, welche die gedachte Verein⸗ barung nur zur Kenntniß der Stände gebracht wissen will, zu keinem Resultate geführt, der Kultus⸗Minister jedoch erklärt hatte, daß es die Absicht der Regierung sei, nicht eine Gesetzesvorlage sondern nur eine Mittheilung der Synode zugehen zu lassen und die Regierung bereit sei, diese Mittheilung auch der Ständever⸗ sammlung zur Kenntnißnahme vorzulegen.
Württemberg. Stuttgart, 27. Februar. Das Bulle⸗ tin über das Befinden der Königin Mutter vom 27. Fe⸗ bruar lautet:
Der gestrige Tag verlief ruhig; gegen Abend mehr Hustenrei und belegte Stimme; in der Nacht mehrere Stunden sehr dedentende Bangigkeiten und leichtes Phantafiren; gegen Morgen besser.
1 Dr. Gärtner.“ — 28. Februar. (W. T. B.) Die Königin⸗Mutter hat eine über Erwarten gute Nacht gehabt und mehrere Stunden ruhig geschlafen. (Vgl. Tel. Dep.). 8
Baden. Karlsruhe, 27. Februar. Das heutige Gesetzes⸗ und Verordnungsblatt Nr. 5 enthält eine landesherrliche Verordnung, die Aufstellung und Ernennung der Voll⸗ streckungsbeamten und Gerichtsboten und die Gebühren der⸗ selben betreffend und eine Verordnung des Ministeriums des Großherzoglichen Hauses, der Justiz und des Auswärtigen, den Verkehr zwischen den Großherzogl. badischen und den Königl. italienischen Gerichtsbehörden betreffend.
Hessen. Darmstadt, 28. Februar. Am 6. März begeht der Großherzog sein 25jähriges Regierungs⸗Jubiläum. Er unterzeichnete vom 6. März 1848 an Gesetze und Cdikte in seiner Eigenschaft als Mitregent.
Mecklenburg. 1 Schwerin, 28. Februar. Am heutigen Tage begeht der Großherzogliche Hof das Geburtsfest des
Großherzogs. In der Frühe verkündeten Kanonenschüsse
die festtiche Bedeutung des Tages, und die Reveille der Mili⸗ tärmusikcorps bewegte sich durch die festlich beflaggten Straßen nach dem Schlosse, um Sr. Königlichen Hoheit eine Morgen⸗ musik darzubringen. In den Gemächern des Schlosses wurde eine Morgenandacht gehalten, bei welcher der Schloßchor durch Gesangvortrag mitwirkte.
— Der Erbgroßherzog und der Herzog Paul Fried⸗ rich sind von Bonn gestern gegen Mittag hier eingetroffen.
— Der Großherzog und die Großherzogin von
Mecklenburg⸗Strelitz trafen nebst Gefolge gestern Nach⸗ mittag 3 ¼ Uhr von Neustrelitz mittelst Ertrazuges auf hiest⸗ gem Bahnhofe ein, wo sie von den Höchsten Herrschaften em⸗ pfangen und nach dem Großherzoglichen Schlosse geleitet wurden. Auch eine Anzahl hoher Hof⸗ und Staatsbeamte hatte sich auf dem Perron zum Empfange eingestellt. Die Ehrenwache gab eine Kompagnie des 1. Bataillons des hiesigen Grenadier⸗Regiments mit der Fahne und dem Musikcorps. Von der mecklenburgischen National⸗Hymne begrüßt, fuhr der Zug ein. Nach der gegen⸗ seitigen herzlichen Begrüßung der Höchsten Herrschaften schritt der Großherzog von Strelitz am Arme des Großherzogs die Front der aufgestellten Ehrenwache entlang und ließen sich dann die zum Empfange anwesenden Hohen Personen vorstellen, worauf die bereit gehaltenen Galawagen unter dem lebhaften Hoch des sehr zahlreichen Publikums bestiegen wurden; in dem ersten nah⸗ men die Großherzöge Friedrich Wilhelm und Friedrich Franz, in dem folgenden die Großherzoginnen und die Herzogin Marie, und in dem dritten die Großherzoglichen Prinzen Platz, während zwei weitere Galawagen für das Gefolge bestimmt waren. Die Stadt war zum Empfange der Hochfürstlichen Gäste vielfach mit Fahnen geschmückt.
Waldeck. Arolsen, 28. Februar. Die heute erschienene Nr. 3 des „Fürstlich Waldeckischen Regierungsblatts“ enthält die Synodal⸗Ordnung für die vereinigte evangelische Kirche
8
geht dahin, sach⸗
der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont, fowie das dieselbe betreffende Gesetz vom 31. Januar 1873.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 27. Februar. Der Prinz Alphons von Asturien ist in Salzburg ange⸗ kommen.
— Der Verfaffungsausschuß hat in seiner gestrigen Sitzung die Verhandlungen über die Wahlreform — einige Punkte von sekundärer Bedeutung abgerechnet, die in Schwebe bleiben mußten — vorläufig abgeschlossen. 1
Schweiz. Bern, 28. Februar. (W. T. B.) Der von den Ultramontanen des Kantons Solothurn dem Regierungs⸗ rathe eingereichte IJnitiativantrag verlangt die sofortige außer⸗ ordentliche Einberufung des Kantonalrathes, damit die Regierung wegen ihrer Zustimmung zu den Beschlüssen der Diözesankon⸗ ferenz zur Verantwortung gezogen und die Frage, ob der be⸗ treffende Regierungsbeschluß aufzuheben sei, unter allen Umstän⸗ den der Volksabstimmung unterbreitet werde; ebenso solle es mit der Inschutznahme des von Lachat suspendirten Pfarrers Gschwind der Fall sein.
Großbritannien und Irlaud. London, 27. Fe⸗ bruar. Die Königin ist nebst Gefolge von Windsor hier an⸗ gekommen und wird bis Sonnabend in Buckingham⸗Palace wohnen. Heute hat Ihre Majestät einen diplomatischen Empfang abgehalten.
— Dem letzten Bulletin zufolge ist in dem Befinden des Grafen Bernstorff keine Veränderung eingetreten. Die Kö⸗ nigin hat auf der Botschaft anfragen lassen und die Prinzessin von Wales, der Herzog und die Herzogin von Cambridge, der Prinz Eduard von Sachsen⸗Weimar, der Nawab Nazim von Bengalen, die Vertreter Rußlands, Oesterreichs, Italiens, Spaniens, Dänemarks, Portugals, Amerikas u. s. w., haben dem Botschafter personlich einen Besuch gemacht.
— Der Herzog von Cambridge hat als Präsident des deutschen Hospitals versprochen, bei dem am 5. Mai stattfindenden Jahresfeste zugegen zu sein. .
— 28 Februar. (W. T. B) Die Königin Victoria hat heute Nachmittag der Gräfin Bernstorff einen längeren Besuch abgestattet und dieselbe ihrer wärmsten Theilnahme ver⸗ sichert. Das Befinden des Grafen Bernstorff ist am heutigen Nachmittage ein entschieden befriedigenderes.
— 28. Februar. In der heutigen Unterhaussitzung kündigte Holt die Einbringung eines Antrags auf Verwerfung des irländischen Universitätsgesetzes an. Auf eine Anfrage Stapeltons erwiderte der Attorneygeneral Mr. Coleridge, daß, so lange die spanische Regierung noch nicht durch England an⸗ erkannt sei, die zu Gunsten von Don Carlos eröffneten Samm⸗ lungen als ungesetzlich nicht angesehen werden könnten. Eine Interpellation von Osborne, dem früheren englischen Geschäfts⸗ träger in Teheran, in Betreff des zwischen Rußland und Persien geschlossenen Abkommens wurde von dem Unter⸗Staatssekretär des Auswärtigen Viscount Enfield dahin beantwortet, daß im ver⸗ flossenen Jahre allerdings von einem zwischen beiden Mächten getroffenen Uebereinkommen verlautet habe, die Existenz eines Vertrages über die Abtretung persischen Gebiets an Rußland sei indessen sowohl vom russischen als auch vom persischen Ge⸗ sandten in Abrede genommen. Demnächst würde die betreffende diplomatische Korrespondenz dem Parlamente vorgelegt werden, wonach Rußland bereits seit dem Jahre 1862 an das kas⸗ pische Meer grenzende Gebietstheile besetzt gehalten habe. — Auf eine Anfrage Gilpins gab Viscount Enfield ferner die Erklärung ab, daß die Verhandlungen über den Abschluß eines Ausliefe⸗ rungsvertrages mit Portugal augenblicklich suspendirt seien.
— Ein Telegramm aus Ottawa in Kanada meldet unterm 25. d.: Sir Francis Hicks, der Finanz⸗Minister, hat re⸗ signirt, und Herr Tillay, der Minister für Zölle, wird sein Nach⸗ folger. Delegirte sind hier angekommen, um Unterhandlungen wegen des Eintritts der Prinz Eduard⸗Inse! in das Dominion einzuleiten. W. Annard, der Premier⸗Minister von Neuschott⸗ land, ist gefährlich krank. Ein New⸗Yorker Telegramm meldet, daß der von der „New⸗Vork Tribune“ veröffentlichte Bericht über den Krawall in Quebeck übertrieben ist. Es wurde Nie⸗ mand getödret.
— Ein Telegramm aus Kalkutta vom 25. d. meldet: Den neuesten hier eingegangenen authentischen Nachrichten zu⸗ folge, befindet sich Abdul Rahman Khan in Tashkend, wohin er zurückgebracht wurde, nachdem er versucht hatte, nach St. Pe⸗ tersburg zu reisen, ohne zuerst Erlaubniß dazu erhalten zu ha⸗ ben. Seine Pension ist reduzirt worden und viele seiner An⸗ hänger haben ihn verlassen. Der Vize⸗König wird den Gesand⸗ ten von Varkund morgen empfangen. Ueber den Zweck seiner Mission verlautet noch nichts.
Frankreich. Paris, 27. Februar. Der Kriegs⸗Minister weist in einem Circulare ganz besonders auf die Wichtigkeit der Schießschulen bei den einzelnen Regimentern hin.
— Der „Times“ zufolge fand vorgestern eine Zusammen⸗ kunft von 32 Bonapartistischen Deputirten statt, welche beschlossen, das Zerwürfniß in der Nationalversammlung und namentlich zwischen den Legitimisten und Orleanisten zu be⸗ nutzen und den Antrag zu stellen, daß die Zeit zu einem Ple⸗ biszit gekommen sei. André oder Haentjens will den Antrag stellen und Rouher denselben unterstützen.
— In Beziers sind vier Personen wegen Theilnahme an der Internationale zu Gefängnißstrafen verurtheilt worden.
— In Algerien haben sich die Zahlungen der Steuern Seitens der Araber bedeutend gehoben.
Versailles, 28. Februar. (W. T. B.) In der heuti⸗ gen Sitzung der Nationalversammlung nahm, nachdem der Gesetzentwurf, nach welchem die Stadt Lyon in 6 Arron⸗ dissements und 36 Wahlabtheilungen eingetheilt wird, von der Regierung vorgelegt und bezüglich desselben die Dringlichkeit von der Versammlung beschlossen worden war, zunächst Gambetta gegen die Gesetzvorlage der Dreißiger⸗Kommission das Wort. Er bezeichnete dieselbe als ein knabenhaftes und doch gefährliches Machmverk, bestritt, daß der Nationalversammlung die konstitui⸗ rende Gewalt zustehe und erklärte, das Land verlange vielmehr zu wissen, ob man dasselbe der Republik oder der Monarchie zuführe. Er verwarf die Idee der Bildung einer Zweiten Kammer und betonte, daß dem Lande an einer Auflösung der Nationalversammlung, wie eine Million von Unterschriften zur Genüge bezeuge, am meisten gelegen sei. Die republikanische Partei wolle die Republick mit allen persönlichen Freiheiten und Urrechten mit den Rechten der Assoziation und Vereinigung; aber über allen Gesetzen stehe ihr nicht das gött⸗ liche Recht, sondern das Recht der menschlichen Vernunft. Gam⸗ betta schloß seine Rede mit der Erklärung, er weise die Waffe
zurück, welche die Dreißiger⸗Kommission gegen die Demokratie zu
schmieden vorgeschlagen haben. Der Herzog von Broglie wahrte
die Rechte der Nationalversammlung der Rede Gambetta's gegen⸗ über und erklärte, das Einverständniß mit der Staatsregierung sei nicht hergestellt worden auf der Grundlage der Republik oder der Monarchie, sondern auf dem weiten und neutralen Ge⸗ biete, auf welchem man sich durch den Pakt von Bordeaux geeinigt habe und daß die Kommission, ohne in die Rechte der Nationalversammlung einzugreifen, nicht verlassen konnte. Der Herzog von Broglie fügte hinzu, er und der Herzog von Audiffret⸗Pasquier hätten sich mit der Republik im engeren Sinne dieses Wortes nicht befreundet, wohl aber mit der Re⸗ publik als einer öffentlichen Sache; zugleich sprach er die Hoff⸗ nung aus, daß die Versammlung die Bestrebungen nicht unter⸗ stützen werde, die darauf abzielten, das von der Dreißiger⸗Kom⸗ mission angebahnte Werk der Versöhnung in der Geburt zu er⸗ sticken. Nachdem der legitimistische Deputirte du Temple, welcher die Gesetzesvorlage und die Regierung auf das Heftigste angegriffen hatte, zur Ordnung gerufen worden war, nahm Laboulaye für die Gesetzvorlage das Wort, die zwar nicht die Republik Gambetta's, aber die konservative Republik vorbereite. Ebenso sprach sich derselbe für Kreirung finer Zweiten Kammer aus. Der zur ra⸗ dikalen Partei gehörende Deputirte Brisson verlangte von der Kommission und von der Regierung zu wissen, ob der Gesetz⸗ entwurf eine entsprechende Antwort auf die Botschaft sei. Nach⸗ dem der Präsident der Republik erwidert hatte, daß die Regie⸗ rung bei den einzelnen Artikeln des Gesetzentwurfs ihre Erklä⸗ rungen abgeben werde, ersuchte der Herzog de la Rochefoucault denselben, noch vor dem Schlusse der Generaldiskussion seine in⸗ nerste Herzensmeinung auszusprechen. Der beantragte Schluß der Generaldiskussion wurde hierauf von der Versammlung ab⸗ gelehnt, die Sitzung selbst aber geschlossen.
Spanien. Madrid, 27. Februar. Die „Union“ veröffent⸗. licht, wie aus Paris vom 28. Februar gemeldet wird, eine Proklamation des Infanten Don Alfonso, Bruders von Don Carlos, an die spanische Armee, in welcher allen Offizieren, welche zu den Carlisten übertreten, höhere Grade versprochen werden. Dasselbe Blatt schlägt die Streitkräfte der Carlisten nach den ihm zugegangenen Mittheilungen auf 35,000 Mann an.
Italien. Rom, 25. Februar. Das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten hat den Königlichen Kon⸗ suln von Neuem eingeschärft, ihr Augenmerk auf simulirte Havarien zu richten, ihnen vorzubeugen und etwaige Versuche zur Kenntniß der Regierung zu bringen. Um Einverständnisse von Kapitänen und Sachverständigen möglich zu machen, sind die Konsulate, welche ein größeres Personal zu ihrer Verfügung haben, ermächtigt worden, wenn sie Betrug ahnen, die Sachver⸗ ständigen aus den Beamten des Konsulats zu wählen.
— 28. Februar. Der französische Generalsekretär Ozenne ist zum Abschluß der Verhandlungen eines italienisch⸗fran⸗ zösischen Handelsvertrages hier eingetroffen. Der Papst weigert sich beharrlich, die Ernennung neuer Kardinäle vorzu⸗ nehmen.
— (W. T. B.) Der Papst hat eine Deputation aus Amerika empfangen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 26. Februar. Für die Einführung der Justizreform in Sibirien sollen, wie der „R. Z.“ geschrieben wird, die Vorarbeiten thätig betrieben werden. Wie verlautet, soll die Reform fürs Erste Westsibirien umfassen und zwar mit denselben Einschränkungen, wie sie die westlichen Gouvernements und der Kaukasus er⸗ fahren haben, wo die Friedensrichter nicht gewählt, sondern von der Regierung, ernannt werden. Man glaubt, daß die Reform zum 1. Januar 1874 ins Leben treten wird.
— NUeber den Zustand der Schützen⸗Bataillone, wie sich derselbe bei den Inspizirungen des Jahres 1872 heraus⸗ gestellt hat, meldet der „Russ. Inv.“ Folgendes:
Beim Scheibenschießen, welches (außer dem Schießen nach nie⸗ drigen Scheiben und dem Preisschießen der Unteroffiziere und Sol⸗ daten) auf 26 verschiedene Arten ausgeführt wurde, ergaben sich bei 14 derselben vorzügliche, bei 9 recht gute, bei 2 gute und nur bei einem schwachen Resultate. Im Vergleich mit den Resultaten des Veoerjahres waren 15 besser, 3 unverändert und 4 schwächer. Wenn das 2. Garde⸗, das 3. Finnische Garde⸗, das 6., 7. und 8. Schützen⸗ Batailkon, die von allen Distanzen vorzügliche Resultate erzielten, als dus der gewöhnlichen Reihe heraustretend, abgerechnet werden, ge⸗ hören zur ersten Kategorie 10 Bataillone, die im Ganzen vorzüg⸗ lich schossen, und zwar das 4. Garde⸗Schützenbataillon der Kaiserlichen Familie, das 17., 18., 5., 13., 4., 2. des General⸗Feldmarschalls Fürsten Barjatinski, das 20., 11. und 14. Schützenbatillon. Zur zweiten Kategorie würden die 7 Bataillone gehören, bei denen das Schießen im Allgemeinen recht gut aussiel, nämlich das 1. Garde⸗ Schützenbataillon Sr. Majestät, das 16, 9., 3., 1. Sr. Hoheit des Herzogs Georg ven Mecklenburg, das 15. und 19. Schützenbataillon. Zur dritten Kategorie müßten dann das 10. und das 12. Schützen⸗ Bataillon gezählt werden, bei denen das Schießen von einer Distanz schwach war, obgleich auch sie im Allgemeinen recht gut schossen.
Des Lesens kundige Leute waren mit Ausschluß des finnischen Garde⸗Schützen⸗Bataillons, bei dem in dieser Hinsicht keine besondere Nachrechnung gehalten, 65 Proz., d. h. 5 Proz. mehr als 1871. Die meisten Fortschritte haben in dieser Hinsicht das 20. und das 6. Ba⸗ taillon gemacht. Mehr als 75 Proz. des Lesens Kundiger hatten fol⸗ gende Vataillone aufzuweisen: das 8. (94 Proz.), das 2. Garde⸗ (90 Proz.), das 1. Garde⸗Schützen⸗Bataillon Sr. Majestät (88 Proz.), das 6 (86 Proz.), das 4. Garde⸗Schützen⸗Bataillon der Kaiserlichen Familie (83 Proz.), das 13. (79 Proz.), das 2. des Gr.⸗F.⸗M. Für⸗ sten Barjatinski (77 Prez.)
In der Parade, die am 24. Februar auf dem Palaisplatze vor dem Kaiser stattgefunden, nahmen 44 ½ Ba⸗ taillone, 341 h¶ Schwadronen, 106 Geschütze und der Train Theil. Die Parade kommandirte ESe. Kaiserliche Hoheit der Ober⸗Befehlshaber der Truppen der Garde und des St. Petersburger Militär⸗ bezirks. Der Kaiser erschien genau um 12 Uhr, ritt die Front der Truppen entlang, stellte sich dann am Palais auf und ließ die Truppen in Parademarsch, das Garde⸗Jäger⸗ und das Finnländische Regiment und das 1., 2. und 4. Bataillon der Garde⸗Schützen⸗Brigade im Laufschritt defiliren. Die Kavallerie und Artillerie ging im Trabe vorbei, wobei die Mannschaften der Fuß⸗Artillerie sich auf die Geschütze gesetzt hatten. Der Train desilirte im Schritt. Nach der Parade wurden alle Chefs und Commandeure abgefonderter Theile in das Palais zum Frühstück eingeladen. 8 8
— Der Kaiser hat gestattet, daß in Rußland Beiträge für das in Berlin zu errichtende Graefe⸗Denkmal gefammelt werden dürfen.
Schweden und Norwegen. Christiania, 23. Februgr. Die „Drontheims Avis“ vom 18. Februar schreibt: Es bestätigt sich nach zuverlässigen Mittheilungen, daß der König sich hier in diesem Sommer krönen zu lassen gedenkt. Es ist Grund zur Annahme vorhanden, daß Se. Majestät hier schon im Juni an⸗
kommen wird, um sich nach Finmarken zu begeben. Nach Be⸗ endigung dieser Reise glaubt man, daß die Krönung statt⸗ finden wird. b
Dänemark. Kopenhagen, 26. Februar. Der durch 4 Sturmfluth veranlaßte, von der Regierung zuerst im Landsthing vorgelegte Gesetzentwurf, betreffend die Anlegung von Deichen ꝛc. kam gestern zur ersten Behandlung und wurde der Prüfung in einem Ausschusse von 9 Mitgliedern überwiesen. Als bei dieser Gelegenheit die Frage zur Sprache kam, ob vom Staate ein Zuschuß zum Bau von Deichen und eine Staatshülfe mit Bezug auf die durch die Sturmfluth veranlaßten Beschädi⸗ gungen zu gewähren sei, äußerte der Minister des Innern, daß für größere e eine etwa nöthige Staatshülfe durch spezielles Gesetz in Vorschlag gebracht werden würde. Was da⸗ gegen einen Schadenersatz durch den Staat anbeträfe, so lägen viele Gesuche aus verschiedenen Gegenden vor, allein das Mate⸗ rial, welches man gesucht habe und welches nöthig sei, um be⸗ urtheilen zu können, inwiefern der Staat helfen solle, sei erst kürzlich zusammengestellt worden.
Amerika. Washington, 28. Februar. (W. T. B.) Vom Repräsentantenhause ist ein Antrag, wonach in der An⸗ gelegenheit des Credit⸗mobilier, außer gegen Ames und Brooks, auch noch gegen andere Mitglieder ein Tadelsvotum verhängt werden solle, verworfen worden. Der vom Senate bezüglich derselben Angelegenheit niedergesetzte Untersuchungs⸗Ausschuß empfiehlt die Ausstoßung des Senators Patterson, als Mitschul⸗ digen an den begangenen Unredlichkeiten. In New⸗Orleans wurden durch eine Feuersbrunst 6 Stadtviertel zerstört und 200 Familien obdachlos gemacht.
Statistische Nachrichten.
Der Seeschiffsverkehr im Hafen von Geestemünde umfaßte i. J. 1872 beim Eingange 704 Schiffe (598 beladene und 106 unbeladene) von zusammen 112,579 Last à 4000 Pfund Tragfähig⸗ keit. Nach der Nationalität vertheilen sich die eingelaufenen Schiffe folgendermaßen: Deutschland 452 Schiffe (darunter Preußen 305, Mecklenburg 1, Oldenburg 48, Bremen 90, Hamburg 8), Rußland 3, Schweden 8, Norwegen 39, Dänemark 3, Großbeitannien 142, Nieder⸗ lande 47, Frankreich 1, Italien 3, Oesterreich I1, Amerika 1, Hawaii 4. Es sind hierunter 1 deutscher Kriegsdampfer und dampfschiffe, von welchen 41 unter deutscher Flagge (17 preu⸗ ßische Dampfer, 1 mecklenburgischer und 23 bremische), 76 unter großbritannischer, 6 unter schwedischer und 1 unter österreichischer fuh⸗ ren. Von den eingelaufenen Schiffen kamen von: Preußen 73 von 4800 Last, Bremen 63 von 10,625 L., Oldenburg 14 von 1341 L., Hamburg 13 von 686 L., Mecklenburg 1 von 29 L., Großbritannien 279 von 34,436 L, der Türkei 2 von 662 L., Schweden 4 von 195 L., Norwegen 126 von 12,029 L., Rußland 23 von 4560 L., Frank⸗ reich 5 von 629 L., Grönland 3 von 745 L., Niederlande 6 von 746 9., Dänemark 2 von 69 L., Spanien 4 von 731 L., Griechenland 1 von 82 L., Belgien 1 von 210 L., Nordamerika 57 von 28,947 L., Süd⸗ amerika 1 von 269 L., Ostindien 19 von 8799 L., Westindien 6 von 1435 L., der Küste von Afrik; 1 von 554 L.
Ausgelaufen sind von Geestemünde im Jahre 1872: 702 Schiffe, 286 beladen und 416 unbeladen) mit einer Gesammttragfähigkeit von 112,246 Last, darunter 127 Seedampfer. Von denselben sind bestimmt gewesen nach: Preußen 68 Sch. 3 Bremen 66 von
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24 124 See⸗
von 3517 L., 13,404 L., Oldenburg 13 von 1337 L., Hamburg 18 von 2801 L., Mecklenburg 1 von 26 L., Großbritannien 319 von 47,659 L., der Türkei 3 von 1064 L, Schweden 18 von 2958 L., Norwegen 87 von 10,578 L., Rußland 22 von 559 L., Frankreich 2 von 88 L., Grön⸗ land 3 von 545 L., Niederlande 16 von 588 L., Dänemark 6 von 169 L., Portugal 1 von 77 L., Griechenland 1 von 82 L., Britisch⸗Amerika 2 von 525 L., Nordamerika 36 von 19,059 L., Südamerika 4 von 910 L., Ostindien 9 von 4613 L., Westindien 4 von 474 L., Hawaii 3 von 819 L.
Hamburg. In der Zollvereins⸗Niederlage bezifferte sich der Güterverkehr im Monat Janur wie folgt. Es gelangten zur Beförderung: per Bahn und Quai 17,029 Kolli mit 1,837,328 Pfd. Gewicht, auf Declarationsschein 4329 Kolli mit 215,280 Pfd. Ge⸗ wicht, definitiv abgefertigt 782,826 Pfd. Gewicht und per Post expe⸗ dirt 6367 Kolli mit 50,906 Pfd. Gewicht, im Ganzen 27,725 Kolli mit 2,886,340 Pfd. Gewicht, gegen 1872 20 350 Kolli mit 2,105,190 Pfd. Gewicht, mithin 1873 mehr: 7375 Kolli mit 781,150 Pfd. Ge⸗ “ Kunst und Wissenschaft. B““ —
Berlin, 1. März. Die 6. Lieferung des II. Bandes von Gustav- Neumanns: „Das Deutsche Reich in geographi⸗ scher, statistischer und topographischer Beziehung“ (Ber⸗ lin, Grg. Ferd. Otto Müllers Verlag) behandelt den Tyowierungs⸗ bezirk Arnsberg der Provinz Westfalen und die Rheinprovinz.
Stuttgart, 28. Februar. Der König hat dem ordentlichen Professor der juristischen Fakultät der ät Tübingen, Dr. von Meibom, die nachgesuchte Dienstentlassung bewilligt.
— Am 25. v. M. starb in 6 g: Dr. Adolf meister, bekannt als Journalist, der lange Jahre an der „Augs⸗ burger Allgemeinen Zeitung“ auf politischem, noch mehr aunf lite⸗ rarisch⸗kritischem Gebiet gewirkt hatte. Mit dem Rücktritt Dr. Alten⸗ höfers war auch Bacmeister aus der „Allgemeinen Zeitung“ ausge⸗ schieden und hatte die Redaktion des „Ausland“ in Stuttgart über⸗
nommen.
Bac⸗ Dal*
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— Am 18. d. M. starb der Professor der Freiburger Universität, Dr. Werber, der viele Jahre ) als Mitglied der medizinischer Fakultät und Vorstand der P ewirkt hatt
Darmstadt, 27. Februar. Der ordeutliche Professor Dr. Adal⸗ bert Merx zu Tübingen ist zum ordentlichen Professor in der evan⸗ gelisch⸗theologischen Fakultät der Landes⸗Universität ernannt und in der gedachten Eigenschaft berufen, der Hof⸗Bibliothekar, Kabhinets⸗ Bibliothek⸗Direktor Dr. Alexander Philipp Walther zum Direktor der Hofbibliothek ernannt worden.
Rom, 25. Februar. In der letzten Sitzung des archäologischen Instituts führte Prof. Mommsen den Vorsitz. Alle namhaften Archäologen, welche sich diesen Winter in Rom befinden, waren er⸗ schienen, um dem deutschen Geschichtsforscher ihre Huldigung darzu⸗ bringen. Er war gebeten worden, sich über die Echtheit einer Inschrift auszusprechen und that es in so klarer Darstellungsweise, daß keiner der Anwesenden mehr daran zweifelte.
. Gewerbe und Handel.
Berlin, 1. Mai. In Folge des neuen Droschkenreglements, welches mit dem heutigen Tage in Kraft tritt, haben heute die Droschkenbesitzer einen Strike begonnen.
Oldenburg, 27. Februar. In der heute stattgehabten General⸗ versammlung der Oldenburgischen Landesbank wurde die Ver⸗ theilung einer 18 ¾ % igen Dividende beschlossen und die Genehmigung zur Verdoppelung des Grund⸗Kapitals ertheilt.
Wien, 28. Februar. (W. T. B.) In dem zwischen dem Bankier Syngros und der Gesellschaft Rourx⸗Serpieri über die Abtretung der Laurion⸗Bergwerke abhgeschlossenen Vertrage sind, wie dem „Te⸗ legraphischen Kerrespondenzburcgu“ heute aus Athen weiter mitgetheilt wird, nicht blos die sämmtlichen Rechte und Besitzungen, sondern auch die Schulden und Verpflichtungen der Gesellschaft auf die Käufer übertragen worden. Hierdurch soll Frankreich und Italien jeder In⸗ terventionsgrund benommen werden.
— Die Messe in Nishni⸗Kowgorod von 1872 hat, nach einem ausführlichen vom „Reg.⸗Anz.“ veröffentlichten Berichte einen viel be⸗ dentenderen Umiatz gehabt als die von 1871. Es wurden nämlich Waaren im Werthe von 177, 9 R. (19,959,000 R. mehr als 1871) zum gebracht und davon für 154,333,000 R.
Verkauf (21,862,200 R. mehr als 1871) abgesetzt. Die Hauptstelle nehmen
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