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daß es weit noͤthiger wäre, von den Medizinern und Juristen den Nachweis allgemeiner Bildung durch ein besonderes Examen
fordern, als von den Theologen, welche im Allgemeinen weit beffer gebildet seien, als die Studirenden der anderen Fakul⸗ täten. — Der §. 4 wurde darauf, nachdem das Amendement Brüel abgelehnt war, angenommen, und die weitere Diskussion
auf heut vertagt.
— In der heutigen (61.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ eordneten, welcher am Ministertisch der Staats⸗Minister Dr. Leonhardt mit mehreren Regierungs⸗Kommissarien beiwohnten, wurden die Entwürfe von Gesetzen über das Grund⸗ buchwesen im Bezirk des Appellationsgerichts zu Cassel, über das Grundbuchwesen und die Verpfändung von Seeschiffen in Neuvorpommern und Rügen und ebenso für die Provinz Schleswig⸗Holstein in erster und zweiter Lesung mit geringen Veränderungen angenommen und darauf bei Schluß des Blattes die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vorbildung 8 Anstellung der Geistlichen
8. rtgesetzt, welcher lautet: 1“
hn Feniter delcaeh, aes Angelegenheiten ist ermächtigt, mit
Rücksicht auf ein vorangegangenes anderes Universitätsstudium, als das
der Theologie, oder mit Rücksicht auf ein an einer außerdeutschen Staats⸗
Universität zurückgelegtes Studium, oder mit Rücksicht auf einen
sonstigen, besonderen Bildungsgang von dem vorgeschriebenen drei⸗
jährigen Studium an einer deutschen Staats⸗Universität einen angemessenen Zeitraum zu erlassen.“
— Se. Majestät der Kaiser und König haben ge⸗ nehmigt, daß bei dem Uebertritt von Reserve⸗Offizieren der Garde⸗Infanterie⸗Regimenter zur Landwehr in der Art verfahren werde, daß derselbe in der Regel zu dem Offizier⸗
Corps des korrespondirenden Garde⸗Landwehr⸗Regiments erfolgt. — Versetzungen von Garde⸗Landwehr⸗Offizieren von einem Garde⸗ Landwehr⸗Regiment zum anderen, bedürfen Allerhöchster Geneh⸗ migung.
G — Heute, am Geburtstage der Königin Luise, sind der
Platz vor dem seiner Winterhülle entkleideten Denkmal König
Friedrich Wilhelm 1II. im Thiergarten und die Luiseninsel
prachtvoll mit Blumen geschmückt worden.
— Der General⸗Feldmarschall von der Armee von Stein⸗ metz ist gestern Nachmittag von Görlitz hier angekommen und im Hotel de France abgestiegen.
— Der Oberst und Chef des Generalstabes VIII. Armee⸗ Corps von Wright, und der Oberst⸗Lieutenant à la suite des Brandenburgischen Fuß⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 3 (GGeneral⸗ Feibzeugmeister) und Direktor der vereinigten Artillerie⸗ und Irngenieurschule, Roerdansz, welche zum Empfange der ja⸗ panischen Gesandtschaft nach der niederländischen Grenze kom⸗ mandirt waren, sind in Begleitung der Gesandtschaft hier ein⸗ getroffen.
— Der Kreisthierarzt Oldendorf zu Inowraclam ist aus dem Kreise Inowraclaw in den Kreis Elbing versetzt worden.
Hannover, 8. März. Die Allerhöchste Kabinets⸗ Ordre, mittelst deren der Königliche Ober⸗Präsident der Pro⸗ vinz Hannover, Graf Otto zu Stolberg⸗Wernigerode, von seinem Amte entbunden worden ist, lautet Folgender⸗ maßen:
„Mein Herr Graf zu Stolberg! Nachdem Sie Mir unter dem 28. November v. J. den Wunsch ausgedrückt haben, in Folge Ihrer Wahl zum Präsidenten des Herrenhauses von dem Amte als Ober⸗ Präsident der Provinz Hannover entbunden zu werden, habe Ich, in Anerkennung der von Ihnen geltend gemachten Gründe, beschlossen, Ihrem Antrage Statt zu geben und lasse Ihnen hierbei das von Mir vollzogene Dimissoriale zugehen, indem Ich Ihnen zugleich für die Hingebung, mit welcher Sie Sich Ihrem schwierigen Amte unter⸗ zogen haben, und für die dadurch erzielten ausgezeichneten Erfolge Meinen Dank und Meine Anerkennung ausspreche. Ich bin über⸗
on Ihnen bisher verwaltete Provinz Ihr Scheiden bedauern wird, wie dies Meiner Sei s der “
Ich verbleibe des Herrn Grafen 8 „ Wcohleeneigter
— erlin, den 27. Februar 1873 8 8 An 14“ den Ober⸗Präsidenten Grafen zu Stolberg⸗Wernigerode 1 . zu Hannover.“ 8
— Das hiesige „Amtsblatt“ veröffentlicht Folgendes:
„Seine Majestät der Kaiser und König haben Allergnädigst ge⸗ ruht, mich auf meine Bitte von dem Amte des Ober⸗Präsidenten der Provinz Hannover zu entbinden und mir die Entlassung aus dem Staatsdienste zu ertheilen. In Folge dessen habe ich mit dem heuti⸗
en Tage meine amtlichen Funktionen hierselbst niedergelegt. Indem ich somit aus meinem Berufe scheide, der mich während mehrerer in⸗ haltsreicher Jahre eng mit der Provinz Hannover und ihren Bewoh⸗ nern verbunden hat, ist es mir ein wahres Bedürfniß, allen Behörden und Beamten, Korporationen und einzelnen Personen, welche in dieser Zeit mich durch Mitwirkung und Entgegenkommen unterstützt, durch ihr Vertrauen mich gestärkt haben, jetzt beim Scheiden meinen wärmsten, aufrichtigsten Dank auszusprechen. Gott segne auch ferner Hannover. Hannover, den 6. März 1873. DOtto Graf zu Stolberg.“
Bayern. München, 7. März. Der König hat, hie⸗ sigen Blättern zufolge, der Mutter des verstorbenen Herzogs Nicolaus August von Dalekarlien, einer Prinzessin von Leuch⸗ tenberg, sein Beileid telegraphisch aussprechen lassen.
— Der Königl. Ober⸗Appellationsgerichts⸗Rath Dr. G. Schmitt, welcher sich bei der Kommission zur Berathung des deutschen Strafprozesses seit Anfang des vorigen Monats in Berlin befand, ist gestern hierher zurückgekehrt.
— Der Appellationsgerichts⸗Raͤth Staudinger, welcher den Justiz⸗Minister Dr. Fäustle zu der Bundesrathsversamm⸗ lung nach Berlin begleiten ollte, ist seit mehreren Tagen erkrankt
—'Der Magistrat hat beschlossen, zur Entsendung von Ar⸗ beitern und Lehrern an die Wiener Weltausstellung 2500 fl. und beziehungsweise 1500 fl. zu verwenden.
Sachsen. Dresden, 8. März. In ihrer gestrigen Abendsitzung, der die Staats⸗Minister v. Fabrice, v. Nostiz⸗ Wallwitz und Abeken beiwohnten, trat die Erste Kammer den Beschlüssen und Bewilligungen der Zweiten Kammer auf das die Verlegung des hiesigen Zeughauses ꝛc. betreffende Dekret ohne Debatte einstimmig bei. Hinsichtlich der Dresdener Justizbeamten wurden die sämmtlichen Deputationsanträge einstimmig ange⸗
Wilhelm.
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Z1“ 82 88 ,
„Das Justiz⸗Ministerium zu ermächtigen, die für Dresden be⸗ absichtigten neuen Justizgebäude ganz oder theilweise entweder auf den von der Rampeschen Straße, der kleinen Schießgasse und der Landhausstraße begrenzten und im Staatsbesitze befindlichen Grund⸗ stücken, oder auf dem Rampeschen Holzhofe zu errichten, erforder⸗ lichen en mit den Vorarbeiten, bez. mit dem Baue bereits im Frühjahre 1873 zu beginnen und hierzu die früher verwilligten 500,000 Thlr. als Berechnungsgeld zu betrachten;“ „das Justiz⸗Ministerium zu ersuchen, dem nächsten Landtage über den Bau der Justizgebäude eine Vorlage mit Angabe der Pläne und der Feftmnaschac ugehen zu lassen, ingleichen zu er⸗ wägen, ob sich vorher die Ausschreibung einer Konkurrenz mit Fest⸗ stellung entsprechender Preise für den besten Plan zu einem Justiz⸗ palast empfehle.“
Auf durch Freiherrn von Ferber erstatteten Vortrag der 3. Deputation trat hierauf die Kammer ohne Debatte den von der Zweiten Kammer auf die Petition der Handels⸗ und Gewerbe⸗ kammer zu Chemnitz um Beschränkung des Aktienwesens gefaß⸗ ten Beschlüssen einstimmig bei.
— Die Zweite Kammer wählte, wie schon kurz mitge⸗ theilt, in ihrer gestrigen Abendsitzung zu Mitgliedern des Staatsgerichtshofs die Herren Ober⸗Appellations⸗Rath Otto in Dresden, Advokat Heubner in Zwickau und Advokat Bauer in Adorf, zu Stellvertretern derselben die Herren Advokat Müller in Neusalza und Advokat Temper in Werdau. Nachdem sodann die Finanz⸗Deputation anderweit über die Eisenbahnvorlagen Bericht erstattet hatte, berieth die Kammer zum Schluß über eine Eingabe von Radestock u. Gen., angebliche Maßregelungen von Angehörigen der sozialdemokratischen Partei betreffend. Die 4. Deputation beantragte, die Auslegung, welche das Ministe⸗ rium einer Bestimmung des Vereinsgesetzes gegeben hatte — daß in Fällen, wo die Polizeibehörde das Recht haben würde, die Abhaltung einer Versammlung zu untersagen, dieselbe, wenn sie von diesem Rechte nicht Gebrauch mache, doch das Auftreten eines gewissen Redners verbieten dürfe — für unzulässig zu er⸗ klären, im Uebrigen aber die Eingabe auf sich beruhen zu lassen. Die Kammer lehnte jedoch, nachdem Staats⸗Minister von Nostitz⸗ Wallwitz die gedachte Auslegung gerechtfertigt hatte, den ersten Theil des Deputationsantrags ab und ließ die Eingabe in allen Stücken auf sich beruhen.
— 8. März. (W. T. B.) In Folge getroffener Verein⸗ barung haben beide Kammern in der Steuerreformfrage be⸗ antragt, daß ein Gesetzentwurf über Einführung der allgemeinen Klassen⸗ und Einkommensteuer vorgelegt, daneben aber die Grund⸗ und Gewerbesteuer beibehalten werde. Bezüglich der beiden letzteren Steuergesetze wird beantragt, daß das Soll⸗ einkommen derselben für jede Finanzperiode festgestellt werden soll. Hierauf ist der Schluß des Landtags erfolgt.
Leipzig, 8. März. Der Herzog und die Herzogin zu Sachsen⸗Altenburg trafen gestern Nachmittag 5 Uhr 5 Minuten auf der Anhalter Bahn mit Gefolge von Dessau hier ein und begaben sich mit Benutzung der Verbindungsbahn um 6 Uhr auf der Königlichen Staatsbahn weiter nach Altenburg
Württemberg. Stuttgart, 7. März. Das gestrige Geburtsfest des Königs ist diesmal in aller Stille gefeiert worden. Im großen Saale der Bürgerschaft waren die Be⸗ zirks⸗ und die Gemeindebehörden, die Bürgerschaft u. s. w. zu einem Festmahl versammelt, wobei der Ober⸗Bürgermeister Dr. Hack den Toast auf Se. Majestät den König ausbrachte. Abends war der Empfang des ö Hoftheater ein über⸗ aus herzlicher und enlhustaftischer. er König erschjen mit der Königin Olga und der Königin der Niederlande. Als Fest⸗Oper wurde in prachtvoller Ausstattung die Aubersche Oper „Der Gott und die Bajadere“ gegeben.
— 8. März. Die letzten Bulletins über das Befinden der Ken lauten, vom 6. März:
„Die Nacht nahm einen sehr ruhigen Verlauf; keine Aufregung, keine Trübung des Bewußtseins; viel Schlaf. Dr. Gärtner.“ Vom 7. März:
„Die Nacht verlief ruhig; Kräftezustand befriedigend.
Dr. Gärtner.“
Vom 8. März: „Gestern Nachmittag hatte Ihre Mafestät einen ausgesprochenen Frostanfall und heftige Schmerzen in der rechten Rückenhälfte. In der Nacht viefach getrübtes Bewußtsein; die Kräfte nehmen ab.
1 Dr. Gärtner.“ — 9. März. (W. T. B.) Nach dem heutigen Bulletin über das Befinden der Königin⸗Mutter war die Nacht sehr un⸗ ruhig verlaufen; der Puls geht sehr schwach und schnell, die Kräfte nehmen merklich ab.
Baden. Karlsruhe, 7. März, Der Ministerial⸗Rath Gebhard, welcher den vorbereitenden Berathungen über die
deutsche Gerichtsverfassung anwohnte, ist gestern von Berlin hierher zurückgekehrt.
Mecklenburg. Schwerin, 8. März. Gestern, als am Sterbetage des Großherzogs Paul Friedrich, war der Sarg des⸗ selben in der Heiligen Bluts⸗Kapelle de; Doms in einen reichen Schmuck von Grün und Blumen gehültt. Die Großherzog⸗ liche Familie besuchte in der Morgenstunde die Ruhestätte und verweilte an derselben in stiller Anzacht. 1 Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 6. März. Der Landtag hat heute die Berathurg der Synodalordnung begonnen. Der Geh. Staatsrath Dr. Stcchling erklärte, die Vor⸗ lage solle einem hervorgetretenen Bedürffiß abhelfen; der Orga⸗ nismus der Kirche sei bisher ein unfersiger gewesen; die neue Ordnung werde auch für das innere Lesen der Kirche heilsamen Einfluß ausüben; bei Konferenzen fir Verhandlungen von Reichswegen sei bereits anderweit auch das synodale Element herangezogen worden; in der vorliegunden Synodalordnung werde das Laienelement zu sehr wesentichen Gegenständen der Verwaltung herbeigezogen, die §. 35 eenthalte; der Entwurf werde Veränderungen und Verbesserunen im Laufe der Zeit erfahren, aber Bedenken könne derselbe, R in vielen anderen Län⸗ dern ähnliche Synodalverfassungen schot zum Segen beständen, gewiß nicht erregen. Dem ”. Fries, welcher rügte, daß in Betreff der Kirchenlasten im vorliesenden. Entwurfe Nichts geschehen sei, erwiderte Dr. Stichling: dis Gesetz über Ablösung der kirchlichen Lasten würde vielleicht scon dem nächsten Land⸗ tage zugehen; über dasselbe würde die Ssnode nur ein Gutachten, keine Beschlußfassung, abzugeben haben, das habe er früher aus⸗ drücklich hervorgehoben. Der Abg. Fratke beantragte: zu bewil⸗ ligen mit dem Hinzufügen, daß man da Entwurf dadurch nicht billigen wolle, der Staats⸗Minister Ir. Thon: Namens der Regierung eventuell die Verwilligung sauszusprechen mit dem Vorbehalt, daß man dadurch nicht den Entwurf in allen seinen einzelnen Theilen billigen wolle. Der Aüsschuß⸗Antrag auf An⸗ nahme der Vorlage und vorschußweise Bewilligung der Kosten für die Synode aus Staatsmitteln
rd schließlich mit dem Amendement Franke angenommen, dasß Unteramendement der Regierung abgelehnt.
nommen. Soweit sie von den Beschlüssen der Zweiten Kammer abweichen, gehen sie dahin: k 8 8
Die exekutivische Beiziehung der Kirchen⸗
S8 3 mit der Modifikation, daß nehmigt.
Den zweiten Gegenstand der Tagesordnung bildete die Ge⸗ währung von Theuerungszulagen an Beamte. Der Ausschuß, Referent Stapff, beantragte 828 die Regierungsvorlage an⸗ zunehmen und die weitergehenden Maßregeln abzulehnen. Abg. Brüger beantragte, die Regierung zu ermächtigen, den mit 650 bis 750 Thlr. besoldeten Staatsdienern je 50 Thlr. Zulage zu gewähren und den zwischen 750 und 800 besoldeten Beamten die Summe auf je 800 Thlr. zu erhöhen, und die Theuerungs⸗ zulagen mit wenigstens je 25 Thlr. auf die Person zu bemessen. Der Antrag Brüger ward mit 14 gegen 13 Stimmen ange⸗ nommen.
Zu dem nächsten Gegenstand der Tagesordnung: Zulage an Volksschullehrer und Geistliche beantragte Präs. Dr. Fries das Minimum der Zulage auf 25 Thlr. zu bestimmen. In Betreff der Volksschullehrer wurde die Vorlage mit dieser Modifikation ein⸗ stimmig angenommen, in Betreff der Geistlichen mit dem Vorbehalt daß aus dieser Verwilligung keine bindenden Konsequenzen bez. der rechtlichen Stellung des Staats zur Kirche gezogen werden sollen. — Bei der Berathung über den nächsten Gegenstand: Bewilligung von 300 Thlr. für Archivzwecke, sprach Abgeord⸗ neter Dr. Schmidt den Wunsch aus, daß das Archiv möglichst für die Wissenschaft zugänglich gemacht werde. Geheimer Staatsrath Dr. Stichling erklärte, daß dies bereits geschehe, so⸗ weit es zulässig erscheine. Die Summe wurde bewilligt. — Bei dem nächsten Gegenstand hat der Ausschuß beantragt, die Re⸗ gierung um eine Vorlage über Begründung einer Unterstützungs⸗ kasse für verunglückte Feuerwehrleute ꝛc. zu ersuchen. Der Aus⸗ schußantrag wurde angenommen. — Geheimer Staatsrath Dr. von Groß beantwortete eine Interpellation des Abgeordneten Creuznacher dahin, daß dem nächsten Landtage ein revidirtes Wahlgesetz vorgelegt werde und daß eine revidirte Gemeinde⸗ ordnung in der Vorberathung sei.
Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 6. März. Der Landtag des Herzogthums ist am 3. d. M. wieder zusammengetreten. Hauptgegenstand der Berathungen ist das neue Wahlgesetz, das nach der Regierungsvorlage so gestal⸗ tet werden soll, daß zwölf Abgeordnete aus allgemeinen direkten Wahlen, vier durch die Wahlen der Großgrundbesitzer, vier durch die sonst Höchstbesteuerten und einer durch Ernennung Seitens des Herzogs hervorgehen. Außer dem Wahlgesetz sind dem Landtage noch vorgelegt worden ein Gesetzentwurf über Abgaben von Eisenbahnen, ein solcher über die Todes⸗Erklärung der aus dem Kriege von 1870/71 Vermißten ꝛc. Die Staats⸗ rechnungen pro 1870, welche gegenwärtig vom Landtag erledigt worden sind, haben einen Ueberschuß von 360,000 fl. ergeben.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 8. März. Am 17. März tritt der gemeinschaftliche Landtag der Herzog⸗ thümer Coburg und Gotha zur Berathung wichtiger Vorlagen hier zusammen. — Der hiesige Speziallandtag hat gestern seine Sitzungen vorläufig wieder geschlossen, nachdem er den Morchuttschen Steuerreformantrag dahin angenommen hatte, daß
„an Herzogl. Staatsregierung das Ersuchen gerichtet werde: I. dem Landtage einen Gesetzentwurf vorzulegen, wonach 1) das Einkommen gus dem Kapital, welches hypothekarisch, in Staats⸗ oder anderen Werthpapieren, in gewerblichen, kommerziellen oder sonstigen Gewinn bringenden Unternehmungen angelegt ist, gegenüber den zur Entrich⸗ tung der Einkommensteuer Verpflichteten einem höheren Prozentsatz der Besteuerung unterzogen wird, als das Einkommen aus Arbeit und aus dem bereits mit der Grundsteuer belegten Grundbesitz, 2) zugleich die Belegung der jheristischen Personen, Handelsgesellschaf⸗ ten, Banken und deutschrechtlichen Genossenschaften (ausgenommen etwa die Gemeinden, Kirchen und milden Stiftungen ꝛc.) mit der Einkom⸗ mensteuer ins Auge gefaßt, 3) hinsichtlich der zur Zahlung der Ein⸗ kommen⸗ und Klassensteuer Verpflichteten in thunlichst weitem Um⸗ fange Deklarationszwang in Verbindung mit hohen Ordnungs⸗ bezie⸗ hungsweise Defraudationsstrafen und 4) öffentliche Auslegung der Steuerrollen angeordnet wird; II. diesen Gesetzentwurf, welcher vor Allem eine richtigere und gerechtere Vertheilung der Steuerkraft, zu⸗ gleich aber auch eine Vermehrung der Einnahmen behufs theilweiser Deckung des zu erwartenden Defizits im Staatshaushalte bezweckt, binnen solcher Zeit vorzulegen, daß die abgeänderten und neuen Be⸗ üSehe . g. wo möglich bereits mit dem 1. Juli d. J. eintreten önnen.“ Bei der gestern noch erfolgten Wahl des Bureaus wurde Abg. Berlet zum Präsidenten, Abg. Albrecht zu dessen Stell⸗ vertreter gewählt. In seiner vorgestrigen Sitzung hatte der Landtag den Ge⸗ setzentwurf wegen Aufhebung der bisher gesetzlich gültig gewe⸗ senen Beschränkungen der Theilbarkeit von Grundstücken in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen und den Beitrag aus Staatsmitteln zur Errichtung eines Landesdenkmals für die Gefallenen des 95. Regiments von früher 2500 auf jetzt 4000 Thlr. erhöht. Das Denkmal soll dem hiesigen Theater⸗ gebäude gegenüber zu stehen kommen und aus Sandstein in Form eines Obeliskes, 50 Fuß hoch, nach einem Entwurf des Herrn Professor Bohnstedt hier ausgeführt werden.
Anhalt. Dessau, 7. März. Heute verließen der Her⸗ zog zu Sachsen⸗Altenburg nebst Gemahlin und Prinzessin Marie den hiesigen Hof. Morgen wird der Herzog von Anhalt nebst Gemahlin die Reise nach Schweden antreten, um der Beisetzung des Herzogs von Dalekarlien bei⸗ e ghe dessen hinterlassene Wittwe eine Schwester der Her⸗ zogin ist.
Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 7. März. Der Landtag des Fürstenthums Schwarzburg ist auf den 17. d. M. einberufen.
Bremen, 6. März. Der Senat beantragt bei der Bür⸗ gerschaft 200,000 Mark für ein zweites Leuchtschiff vor der Wesermündung und 82,500 Mark als Antheil Bremens für eine mit Preußen und Oldenburg verabredete, auf 495,000 Mark veranschlagte Strandbefestigung der Insel Wangeroog. Der Forderung liegt ein allgemeines Uebereinkommen der drei Staa⸗ ten wegen Erhaltung der Seezeichen — Tonnen, Baken und Leuchtfeuer — an der untern Weser zu Grunde.
Lauenburg. Ratzeburg, 5. März. Die Ritter⸗ und Landschaft genehmigte am 5. d. März die Dank⸗Adresse an Se. Majestät den König⸗Herzog, und wurde der Land⸗ Marschall von Bülow, der Land⸗Syndicus Hoffmann und Bei⸗ geordnete Bürgermeister Michelsen⸗Mölln mit Ueberreichung der⸗ selben beauftragt. Das vorgelegte Statut für den Geschäfts⸗ gang bei dem Landraths⸗Kollegium ward zur weitern Bearbei⸗ tung an eine Kommission verwiesen. 8
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 8. März. der Kaiser hat dem vom niederösterreichischen Landtage angenommenen
Gesetzentwurf über die Schonzeit des Wildes die Sanktion ertheilt.
und Schulgebühren, Stolgebühren und Schulgeldes ward
8—
— Nach der „Oest. Korr.“ wird die Kaiferin sich mit der
sie durch die Gerichte geschehe, ge⸗
deten Urtheile in dem Prozesse
Ordens und der Gehcimrathswürde, Grafen Szapary zum Minister des Innern.
Erzherzogin Gisela muthmaßlich in den ersten Tagen der nächsten Woche von Wien nach Gödöllö begeben. .
— Im Abgeordnetenhause, in dessen Sitzung die Ru⸗ thenen und Bertagnoli (Tiroler) anwesend waren, während die Polen fehlten, legte die Regierung eine Additionalkonvention mit Bayern zum Staatsvertrage von 1820 vor. Der Gesetzentwurf, betreffend die Erwerbs⸗ und Wirthschaftsgenossenschaften, wurde bis auf einen Paragraphen nach den Beschlüssen des Ausschusses, ferner eine Resolution, betreffs gleichmäßiger Steuerbehandlung der Genossenschaften und betreffs der Gebührenbegünstigungen derselben angenommen, nachdem der Finanz⸗Minister die baldige Vorlage zeines Gesetzentwurfes wegen gewisser Ermäßigungen und Begünstigungen für die Geno enschaften in Aussicht stellte. — Der Unterrichtsausschuß nahm das Universitätsgesetz in der Fassung des Herrenhauses an, desgleichen eine Resolution, betreffs Einbeziehung der evangelisch⸗theologischen Fakultät in
ie Wiener Universität. — G 8 Prag, 8. Ulanr. (W. T. B.) Nach dem heute verkün⸗ Skrejschowsky sind beide Angeklagte, Skrejschowsky und Ruzicka, freigesprochen worden. Pesth, 7. März. Das Amtsblatt veröffentlicht zwei Hand⸗ schreiben des Kaisers, betreffs der Enthebung des Ministers des Innern, Toth, unter Verleihung des Großkreuzes des Leopold⸗ und der Ernennung des
— 8. März. In der gestrigen Sitzung des Unterhau⸗ ses theilte der Präsident eine Zuschrift des Minister⸗Präsidenten mit, nach welcher Minister Toth auf sein eigenes Ansuchen von sei⸗ nem Posten enthoben und Graf Julius Szapary zum Minister des Innern ernannt wurde. Hierauf ward die Debatte über das
onved⸗Budget fortgesetzt.
9 — Heus trker gare Baron Dabriel Kemeny das Gesammt⸗ Ministerium wegen der Freigebung des Kohlenauss chürfungsrechtes in Siebenbürgen. Ignaz Kassay interpellirte den Justiz⸗Minister in Betreff der Mängel, die bei dem Udvarhelyer Bezirksgerichte vorkommen, so wie über die Unkenntniß der Landessprache Sei⸗ tens der Richter. Der Justiz⸗Minister Pauler versprach Abhülfe. Aladar Molnar reichte einen Gesetzentwurf über die Pensionirung der Volksschullehrer ein. Hierauf wurde über den Bericht des Petitionsschusses verhandelt.
Schweiz. Bern, 9. März. (W. T. B.) Da das Chor⸗ herrnstift Schoenenwerth, welchem das Kollaturrecht für die Pfarrpfründe von Olten zustand, sich weigerte, die nach dem neuen Gesetz über die Wiederwahl der Pfarrer von dieser Ge⸗ meinde verlangte Neuwahl eines Pfarrers vorzunehmen, weil jenes nur von dem Volke beschlossene Gesetz keine kanonische Erledigung der Oltener Pfründe bedinge, so hat der Regie⸗ rungsrath von Solothurn gestattet, daß die Gemeinde Olten selbst die Neuwahl eines Pfarrers vornehme.
Zürich, 8. März. Die „Züricher Zeitung“ enthält ein Telegramm aus Bellinzona, welchem zufolge von der am 6. d. Mts. daselbst stattgehabten Volksversammlung Zustimmungs⸗ Adressen an die Regierungen von Genf und Solothurn ge⸗
richtet wurden. . 1.
Bellinzona, 7. März. (W. T. B.) Eine zahlreich besuchte liberale Volksversammlung beschloß gestern einstimmig, den Bundesrath zu seinem thatkräftigen Handeln für die Wahrung der Freiheit des Volkes und der Staatsgesetze gegenüber den Uebergriffen der römischen Kurie und ihrer Sendlinge zu beglück wünschen.
Niederlande. Haag, 4. März. (L. Z.) Nach den neuesten Mittheilungen, die aus den ostindischen Besitzungen der Niederlande eingetroffen, bestätigt es sich, das auf der Insel Sumatra in Folge von Differenzen mit einem der eingebore⸗ nen Fürsten, dem Sultan von Atschin, den Niederländern eine ernste Komplikation droht. In dem im Jahre 1870 mit Groß⸗ britannien abgeschlossenen Vertrage haben die Niederlande die Verpflichtung übernommen, in jenen Gegenden den Briten die nämliche Sicherheit, wie ihren eigenen Nationalen, zu gewähr⸗ leisten. Die raublustigen Malayen des Sultanates von Atschin aber beunruhigen und schädigen nun fortwährend die Schifffaort in der Meerenge von Malacca, und britischerseits sah man sich dadurch veranlaßt, um den Vollzug der Schutzbestimmungen des Vertrages von 1870 anzusuchen. Wiederholte Vorstellungen, welche das niederländische Gouvernement an den Sultan von Atschin richtete, blieben fruchtlos, da die oligarchische Regierungs⸗ form, welche die Gewalten dieses Fürsten beschränkt, denselben verhindert, seine Unterhanen im Zaume zu halten. Der General⸗ Gouverneur von Niederländisch⸗Indien hat jetzt auf telegraphi⸗ schem Wege die Meldung nach dem Haag gelangen lassen, daß er durch die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen, eine gütliche
Regelung zu erzielen, und durch mancherlei Täuschungen, die ihm dabei bereitet worden, sich genöthigt gesehen habe, eine Expedition nach dem Sultanate abzusenden, um auf Sumatra die Autorität und das Gewicht des niederländischen Namens aufrecht zu er⸗ halten. Der Erfolg dieses Unternehmens wird nicht leicht und nur mit Aufwendung großer Opfer und Kosten zu erringen sein. Das Sultanat von Atschin ist schwer zugänglich, die Einwohner sind kriegerisch, militärisch geschult und in europäischer Weise bewaffnet. Gelingt aber auch die Bewältigung des Landes, so wird doch eine lange, sehr kostspielige Okkupation desselben zur Sicherung geordneter Zustände nothwendig werden.
Großbritannien und Irland. London, 7. März. Die Prinzessin Louise und ihr Gemahl der Marquis von Lorne sind von Schottland zur Saison nach London zurückgekehrt. 8
— Ueber das Befinden des deutschen Botschafters, Grafen von Bernstorff, wurde gestern nach einer Konsultation der Aerzte folgendes Bulletin ausgegeben: „Obwohl Se. Excellenz Graf Bernstorff keine gute Nacht hatte, ist der Kräftezustand heute etwas bedeutender.“ Die Königin ließ sich gestern früh⸗ zeitig nach dem Befinden des Grafen erkundigen, und im Laufe des Tages sprachen der Herzog von Cambridge, die Prinzessin Louise und der Marquis von Lorne, Prinz Eduard von Sachsen⸗ Weimar, der Nabob Nazim von Bengalen und Prinz Soliman ersönlich in Prussia⸗House vor. 1 1 1 starb gestern, am 6. d., nach längerem Krankenlager, der frühere Marine⸗Minister Corry im Alter von 70 Jahren. Der Verstorbene war ein jüngerer Sohn des zweiten Earls von Belmore und wurde in Dublin in 1803 ge⸗ boren. Er studirte in Oxford und trat im Jahre 1826 als Mitglied für die Grafschaft Tyrone im konservativen Interesse in das Parlament. Seine offizielle Laufbahn begann er in 1834 als Controleur des Königlichen Haushalts und schloß dieselbe als Erster Lord der Admiralität in Disraeli's Kabinet. Corru war das älteste Mitglied des Hauses der Gemeinen, in welchem er seit 1826 ununterbrochen für Tyrone saß. .
— Aus Ottawa (Canada) wird unterm 6. März per Ka⸗ bel gemeldet: Der General⸗Gouverneur, Lord Dufferin, drückt
Nachsicht mit ihnen zu haben.
in seiner Inaugurationsrede bei der Eröffnung des Parlaments Ale
des Dominioa seine Freude darüber aus, daß er sein Amt in einer so glücklichen Zeit antritt. Er beglückwünscht das Parla⸗ ment zu der Bildung einer Gesells haft für den Bau der Pa⸗ cifi⸗Eisenbahn und zu den Aussichten auf eine baldige Erweite⸗ rung der Kanäle. Er hält eine energische Einwanderungspolitik aufrecht und drückt Zufriedenheit über den Stand der öffentlichen Einkünfte aus, die zur Deckung aller Anforderungen des öffent⸗ lichen Dienstes hinreichend seien. 8
— 8. März. Dem hiesigen spanischen Gesandten, Don Moret y Prendergast, ist die erbetene Entlassung bisher noch nicht ertheilt worden. Der Minister Castelar hat auf das wiederholte Demissionsgesuch desselben die Antwort ertheilt, daß er bis zur Ernennung eines Nachfolgers auf seinem Posten bleiben möge.
Frankreich. Paris, 8. März. Der Kriegs⸗Minister General de Cissey hat an die General⸗ Kommandanten der Militär⸗Distrikte folgendes Rundschreiben erlassen: 1
Meine Herren! Die Prüfung der Bestrafungen, welche auf den Berichten erschienen, hat mir Gelegenheit geboten, festzustellen, daß die Tragweite des Dekrets vom 10. August 1872, welches mehrere Artikel der Verordnung vom 2. November 1853 über den inneren Dienst der Truppen modifizirt, nicht von Jedermann richtig verstan⸗ den worden ist. Ich habe zuerst bemerkt, daß die Gefängnißstrafe zu häufig und für zu lange Zeit und die „Cellnle de correction- (Kerkerstrafe) zu selten verhängt wird. Ich bin nun überzengt, daß man viel befriedigendere Resultate erzielen wuͤrde, wenn man die Cellule de correction in Anwendung brächte, anstatt die Dauer der Gefängnißstrafe zu vermehren. Andererseits finde ich, daß man sich den Unteroffizieren und Korporalen gegenüber, welche sich ernste Fehler zu Schulden kommen jassen, nicht streng genug zeigt. Die Leute, welche einen Grad haben, müssen ihren Untergebenen beständig ein gutes Beispiel geben, und wenn sie sich schlecht aufführen, so liegt kein Grund vor, die geringste Endlich halte ich besonders darauf, daß die Trunksucht mit der größten Strenge unterdrückt wird. In Folge dessen bitte ich Sie, die strengsten Instruktionen zu ertheilen ꝛc.
Der Kriegs⸗Minister de Cissey.
— Die Mitglieder des Gerichts, welche über Bazaine ihr Urtheil fällen sollen, sind bezeichnet und ihre Namen werden dieser Tage veröffentlicht werden.
— Das „Journal officiel“ berichtet aus Algerien, daß die Witterungsverhältnisse günstiger Art sind. An den Grenzen und in der Sahara herrscht überamll Ruhe. Der General de Gallifet hat Uargla am 13. Februar verlassen und sich nach Tuggurt begeben.
Versailles, 8. März. (W. T. B.) In der National⸗ versammlung wurde heute die Berathung über die Vorlage der Dreißiger⸗Kommission fortgesetzt. Ein von dem Abgeordneten Brun gestelltes Amendement, wonach die Versammlung selbst jedesmal darüber zu entscheiden haben solle, ob der Präsident der Republik sich an den Verhandlungen über Interpellationen oder Petitionen betheiligen dürfe, wurde von dem Justiz⸗Minister Dufaure bekämpft, welcher die Nothwendigkeit darlegte, diese Entscheidung dem Ministerrath zu überlassen. Das Amendement wurde demnächst mit 499 gegen 163 Stimmen verworfen und hierauf der Artikel 3, welcher die näheren Bestimmungen über das Verfahren bei Interpellationen enthält, angenommen. Die Diskussion üver den letzten Artikel der Vorlage, welcher sich auf die eigentlichen Verfassungsfragen bezieht, wurde abgebrochen und soll am Montag fortgesetzt werden.
— Von den 15 Kommissären, welchen Seitens der Nationalversammlung die Prüfung des Handelsvertrages mit Großbritannien übertragen worden ist, gelten 7 als Geg⸗ ner des Vertrages und nur 3 als Anhänger desselben.
— Der Präsident der Republik hat heute den deut⸗ schen Botschafter Grafen von Arnim empfangen. Der Kon⸗ ferenz wohnten die Minister Remusat und Leon Say bei.
Spanien. Madrid, 8. März. (W. T. B.) Der Kommissionsbericht über den Gesetzentwurf wegen Auflösung der Nationalversammlung schließt mit dem Antrage auf Verwerfung desselben; dagegen wurde von dem Abg. Rivera, als Mitglied der Kommission, ein Amendement auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage mit einigen Modi⸗ fikationen eingebracht. Dem Vernehmen nach wird die Regierung, welcher vor allem die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung am Herzen liegt, sich jedenfalls der Entscheidung der National⸗ Versammlung fügen; sollte jedoch der Regierungs⸗Entwurf in seinen wesentlichen Grundlagen von der Versammlung nicht ge⸗ billigt werden, so wäre die Regierung entschlossen, ihre Gewalt in die Hände der Nationalversammlung zurückzulegen.
— 8. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Cortes wurde die Vorlage über den Termin der Neu⸗ wahlen und des Zusammentretens der konstituirenden Versamm⸗ lung in Erwägung gezogen. Der Präsident der Kammer ver⸗ ließ seinen Sitz, um die Erklärung abzugeben, daß er der Po⸗ litik der Regierung keinerlei Hinderniß entgegenstellen wolle; er werde sich daher der Auflösung der gegenwärtigen und der Be⸗ rufung der konstituirenden Versammlung nicht widersetzen. In Erwiderung hierauf betonte der Präsident der Exekutipgewalt nachdrücklich die Politik der Versöhnung zwischen allen liberalen Elementen und richtete zugleich an alle konservativen Parteien die eindringliche Mahnung, zu der Republik Vertrauen zu fassen. Das Resultat der Sitzung wurde bei seinem Bekanntwerden von der Bevölkerung beifällig begrüßt.
Italien. Rom, 8. März. (W. T. B.) Wortlaut der vom Fürsten Lchtenstein bei dem gestrigen Empfange dem Papste überreichten Adresse und die Antwort des letzteren wer⸗ den von der „Voce delle verita“ veröffentlicht. 5
Genua, 9. März. Der Herzog von Aosta, der nebst Familie gestern Abend hier eingetroffen und von den Militär⸗ und Civilbehörden empfangen, sowie von der versammelten Volksmenge freudig begrüßt worden war, ist heute Vormittag nach Turin abgereist. Wie es heißt, wird der Herzog sich näch⸗ sten Mittwoch nach Florenz begeben.
Türkei. Konstantinopel, 9. März. (W. T. B.) Die Pforte und der Khedive haben neuerdings den Groß⸗ mächten ihren Beschluß notifizirt, die Kompetenz von fremden Gerichten in der Angelegenheit des Suez⸗Kanals nicht anzu⸗ erkennen. — Nach Berichten aus Jerusalem verweigern die Orthodoxen noch immer die Anerkennung des neuen griechischen Patriarchen Procopios.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 8. März. (P.⸗Z.) Zum Geburtsfeste des Großfürsten Thronfolgers Alexander Alexandrowitsch am 10. März wird um 11 Uhr in der Isaakskathedrale die Messe und nach derselben ein Tedeum celebrirt werden. “ 8.
— Am 5. März sind die Großfürstinnen Olga Feo⸗ dorowna und Anasstassija Michailowna aus Tiflis in
Dor
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St. Petersburg eingetroffen. — In Betreff der Rückreise des
Rü
Großfürsten Alexel “
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androwitsch nach Rußland wird der „Mosk. Ztg.“ ge⸗ schrieben, daß Se. Hoheit dieselbe über Wladiwosstok und auf den Flüssen Ussuri und Amur machen und im Juni in Irkutsk eintreffen wird. .
— 9. März. (W. T. B.) Durch einen im „Regierungs⸗ Anzeiger“ veröffentlichten Allerhöchsten Befehl wird der Groß⸗ fürst⸗Thronfolger zum Ehrenpräsidenten der russischen Abtheilung bei der Wiener Weltausstellung von 1873 ernannt.
Dänemark. Kopenhagen, 7. März. Der Bau einer Eisenbahn nach der Stadt Ribe, um sie mit dem Hafen von Esberg und dem jütischen Eisenbahnnetz in Verbindung zu setzen, kann nach der gestrigen zweiten Berathung im Folkething als gesichert betrachtet werden. Der Minister des Innern sprach aus, daß seiner Ueberzeugung nach, Ribe in kurzer Zeit auch mit den schleswigschen Bahnen in Verbindung gesetzt sein werde.
Amerika. Ein Kabel⸗Telegramm aus Washington meldet unterm 6. d.: Der Senat hat eine Resolution ange⸗ nommen, welche den Schatzsekretär Boutwell anweist, dem Kon⸗ greß über den Stand der Ein⸗ und Ausfuhr zwischen den Ver⸗ einigten Staaten und dem Dominion (Canada) in 1871 und den zwei Jahren, welche dem Abschluß des Reziprozitätsvertrages
vorausgingen, zu erstatten.
— Der Schatzkanzler Boutwell zeigt an, er werde temporär wieder Begal Tender Noten emittiren, falls die öffentlichen Be⸗ dürfnisse einen solchen Schritt erfordern sollten.
— Ueber die Unruhen in New⸗Orleans meldet ein Kabeltelegramm des dortigen Korrespondenten der „Daily News“ vom 6. d. Mts. Folgendes: „Gestern Abend begann hier der Kampf zwischen den beiden Regierungen von Louisiana. M'Enery's Miliz nahm gestern von einer der Polizeistationen ruhig Besitz und versuchte gestern Abend sich einer anderen zu bemächtigen. Sie feuerten in das Gebäude, wurden von Kellogg's Polizei zurückgeschlagen, kehrten mit Verstärkungen zurück und wur⸗ den dann durch Kartätschen zurück geworfen, wobei ein Mann todt auf dem Platze blieb und zehn oder zwölf blessirt wurden. Sie wurden schließlich durch die regu⸗ lären Truppen vertrieben, welche Jackson⸗square besetzten. Heute Morgen in aller Frühe eroberte Kellogg’'s Polizei die von der Miliz zuerst okkupirte Polizeistation wieder. Nach kurzem Kampfe wurde ein Bürger tödtlich verwundet. Später besetzte die be⸗ waffnete Polizei die Odd Fellows⸗Halle, wo die M'Enery's Legislatur tagt. Der Sprecher und mehrere Mitglieder kamen an, und der Präsident ertheilte General Enery Befehl, jede ge⸗ waltthätige Einmischung in die Staatsregierung zu verhindern.“
— Weitere Telegramme aus New⸗Orleans melden: Mr. Enery stellt es in Abrede, die Bewegung der Fusions⸗Miliz autorisirt zu haben. Die Stadt ist ruhig. Die Legisͤlatur der Fusion protestirt gegen die militärische Intervention und hat ihre Absicht erklärt, an den Kongreß appelliren zu wollen.
— (W. T. B.) Aus Mexiko in New⸗York am 9. März eingetroffene Nachrichten melden, daß Ciballos sich der Stadt Tepik bemächtigt hat. — Die Proklamirung der Republik in Portoriko ist in der größten Ruhe von Statten gegangen.
Afrika. Nach in London am 10. März eingetroffenen Nachrichten weigern sich die Ashantees, das Recht der Nieder⸗ lande, die Niederlassung von Elmina (Küste von Guinea) an Großbritannien abzutreten, anzuerkennen und bedrohen den ganzen westlichen Küstenstrich mit einem Ueberfalle.
Nr. 6 des Armee⸗Verordnungs⸗Blattes hat folgenden Inhalt: Ergänzung der Offiziere der Garde⸗Landwehr⸗Infanterie. Er⸗ gänzung der Armee pro 1873 74. Aufhebung des Kommando⸗Ver⸗ hältnisses des Stamm⸗Personals der Landwehr⸗Bataillone XV. Armee⸗ Corps. Verlegung des Stabsquartiers des 2. Bataillons (Ortelsburg) 3. Ostpreußischen Landwehr⸗Regiments Nr. 4 von Ortelsburg nach Allenstein und anderweite Bezeichnung genannten Bataillons. Ein⸗ führung einer neuen ärztlichen Rapport⸗ und Berichterstattung für die Armee im Frieden, sowie neuer Lazareth⸗ ꝛc. Scheine mit dem 1. April d. J. Zurückstellung derjenigen Seeleute im Frieden, welche eine nord⸗ Navigations⸗Schule besuchen. Modifikation der Eintheilung des Bezirkes des Reserve⸗Landwehr⸗Bataillons (Dresden) Nr. 108. Betrifft die Verleihung der Landwehr⸗Dienstauszeichnung 2. Klasse. Befreiung der Offiziere der Fuß⸗Artillerie von der Verpflichtung zur Vorräthighal⸗ tung eines Reitzengs. Beschwerden über die Beschaffenheit der an die Truppen im Jahre 1872 verabreichten Naturalien. Abänderung der Beilage 1 des Kriegs⸗Bekleidungs⸗Reglements. Remuneration während der Probedienstleistung als Schutzmann. Aufhebung einer Terminal⸗ Eingabe. 1
— Nr. 15 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗Post verwaltung“ hat felgenden Inhalt: G neral⸗Verfügungen vom 28. Februar 1873. Die amtlichen Verkaufsstellen für Postwerth⸗ zeichen. — Vom 3. März 1373. Stempelsteuer für Zeitungen unter Band vom Auslande. — Voen 28 Februar 1873. Einnahmen und Ausgaben des Post⸗Armen⸗ und Unterstützungsfonds pro 1872. Vom 27. Februar 1873. Korrespondenzverkehr mit Konstantinopel. — Vom 27. Februar 1873. Berichtigung der Dienstinstruktion für die Landbriefträger.
.“ Statistische Nachrichten.
Paris, 5, März. Laut einer Statistik der Generalverwaltung
der öffentlichen Wohlthätigkeit ist die Gesammtzahl der noth⸗
leidenden Familien von 42,098 im Jahre 1869 auf 39,605 gesunken.
Im Durchschnitt kommt auf 17—18 Familien eine bedürftige.
Kunst und Wissenschaft. 1
Borlin, 10. März. Des Kaisers und Köͤnigs Majestät
haben dem Verein zu Errichtung eines Cornelius⸗Denk⸗
mals in Düsseldorf einen Beitrag von 700 Thlr. zu gewähren
eruht.
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Sonnabend trat im Königlichen Opernhause Frau Mallinger als „Margarethe“ zum ersten Mal in dieser Saison wieder auf. So beredt sich die Theilnahme des Publikums am Abschiedsabend im verflossenen Jahre ausgesprochen hatte, ebenso bezeichnend war der Empfang, welcher der gefeierten Künstlerin vorgestern bei ihrem Wiedererscheinen zu Theil wurde. Schon bei dem ersten Auftreten mit einer Fülle von Blumen und Kränzen unter anhaltendem lebhaften Beifall empfangen, rechtzertigte Frau Mallinger und erhielt sich denselben von Nummer zu Nummer bis zum Schlußz der Oper, dem wiederum eine glänzende Ovation folgte. Der Beifall des Publikums wendete sich waͤhrend der ganzen Darstellung so ausschließtich der wiedergewonnenen Sangerin zu⸗, daß die übrigen Mitwirkenden, namentlich Herr Niemann als „Fauft“ und Herr Salomon als „Mebhisto“ für ihre trefflichen Leistungen mit ver⸗ hältnißmäßig geringer Anerkennung vorlieb nehmen mußten...
Se. Majestat der Kaiser und König und Thre Königlichen Hoheiten der Prinz Cark, die P inzessinnen Friedrich Cart, Marie und Elisabeth wohnten der Vorstellung bei.
Magdeburg. 7. März. Ein großr Theil der Sitzung der Magdeburger medizinischen Gesellschaft vom 6. d. Mis. galt, wie die „Magd. Zig.“ meldet, einer eingehenden Diskussion über Trichinose. Die anwesenden 26 Aerzte berichteten, daß sie all in zur Zeit 100 an Trichinose leidende Bewohner der Siadt behandeln, welche das trichinenhattige Schweinefleisch ein und derselben Schläch⸗ terei, etwa zwischen dem 12. und 20. Februar entnommen und dass-äbe meist roh gegessen haben.