1873 / 64 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Mar 1873 18:00:01 GMT) scan diff

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Forsberg übernommen worden, der Aladin von Hrn. Ch. Müller auf Hrn. Guillemin übergegangen, während der Erstere sich nun mit der kleineren pantomimischen Rolle des bösen Geistes begnügt. Das nahm das Werk, welches mit der ansprechenden Musik von ährich noch den einfacheren Charakter der alten Schule trägt, gleich⸗ wohl wieder recht freundlich an und zeichnete namentlich Frl. Fors⸗ berg nach einem brillanten Pas de deux im zweiten Akt durch reiche Blumenspenden und Hrn. Guillemin, sowie die begleitenden Damen durch vielen Beifall aus. Ein anmuthiges, von Frl. David und Hrn. Burwig ausgeführtes Pas de deux, welches im letzten Akte eingelegt worden war, bildete in dieser graziösen, harmonischen Verbindung der beiden hervorragendsten Kräfte der Königlichen Bühne auf dem Ge⸗ biete der Tanzkunst den Glanzpunkt des Abends. 8 Die vortreffliche Inscenirung und das Arrangement der großen Ensembles hatten der Königliche Balletmeister Gasperini und der Solotänzer Ehrich besorgt. Gewerbe und Handel. 1 Berlin, 13. März. In der gestern stattgefundenen Sitzung des Aufsichtsraths der Berliner Bank wurde Seitens des Vorstandes die Bilanz pro 1872 vorgelegt und nachdem die statutenmäßige Abschreibung von 5 % für den Reservefonds stattgefunden, eine Schä⸗ den⸗Reserve von Thlr. 16,000 gelegt und dem Reservefonds noch weitere 44,000 Thlr. überwiesen worden sind der Generalversammlung, welche den 31. d. M. stattfinden soll, eine Dividenden⸗Vertheilung von 14 % für das Jahr 1872 zu proponiren beschlossen.

Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Bureau.

London, Donnerstag, 13. März. Die heutigen Morgen⸗ zeitungen besprechen die Kabinetskrisis und deren Lösung in zum

Theil von einander abweichender Weise. Außer dem „Echo“ behauptet auch die „Times“, daß das Ministerium noch im Laufe des Tages seine Demission geben und daß Disraeli mit Bildung des neuen Kabinets beauftragt, der Letztere auch diesem Auftrage sich unterziehen werde, wenn die Aus⸗ schreibung neuer Wahlen wenigstens bis zum Monat Juli d. J. ausgesetzt bleibe. Die „Times“ giebt Disraeli den Rath, ohne Apell an die Meinung des Landes den Auftrag zur Bildung eines neuen Kabinets lieber nicht zu übernehmen. Die „Mor⸗ ning Post“ dagegen will wissen, daß der Ministerrath überhaupt b;. keinen bestimmten Entschluß darüber gefaßt habe, ob das Ministerium zurücktreten oder ob dasselbe das Unterhaus auf⸗ lösen solle. Die Abstimmung in der irischen Universitätsfrage sei mehr ein Resultat der Ueberrumpelung gewesen und zahl⸗ reiche Parlamentsmitglieder seien bereit, dem Ministerium durch ein Vertrauensvotum ihre Unterstützung anzubieten. Die Kon⸗ servativen hätten den Wunsch, daß die Verantwortung für die Ausschreibung neuer Wahlen noch von dem gegenwärtigen Ministerium getragen werde. Jedenfalls würde Gladstone den Fesshen des Ministeriums dem Hause heute Abend noch mit⸗ eilen.

Paris, Donnerstag, 13. März. Nach dem „Journal officiel“ beläuft sich die letzte Zahlung an Deutschland im Gan⸗ zen auf 279 Millionen Francs; davon kommen 129 Millionen auf die Zinsen der letzten 3 Milliarden und 150 Millionen auf die Restzahlung zur Vervollständigung der ersten Hälfte der

vierten Milliarde.

Washington, Donnerstag, sekretär Boutwell ist worden; wahrscheinlich wird der bisherige Assistent im Schatz⸗ departement, Richardson, an seiner Stelle das Finanz⸗Ministerium

übernehmen.

Königliche Schauspiele. 3

Freitag, den 14. März. Im Opernhause. (62. Vor⸗ stellung.) Der Feensee. Große Oper in 5 Abtheilungen von Scribe. Musik von Auber. Ballet von Hoguet. Zeila: Fr. Kupfer⸗Berger. Margarethe: Frl. Horina. Graf Rudolph: Hr. Salomon. Albert: Hr. Formes. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Im Schauspielhause. (72. Abonnements⸗Vorstellung.) Zum ersten Male: Herzog Bernhard von Weimar. Geschichtliches Trauerspiel in 5 Akten von Rudolph Gottschall. In Scene gesetzt vom Direktor Hein. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗ Preise.

Sonnabend, den 15. März. Im Opernhause. (63. Vorstel⸗ lung.) Die Hochzeit des Figaro. Oper in 4 Abtheilungen mit Tanz von Beaumarchais. Musik von Mozart. Die Gräfin: Fr. v. Voggenhuber. Susanne: Fr. Mallinger. Cherubin: Frl. Lehmann. Almaviva: Hr. Betz. Figaro: Hr. Krolop. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Im Schauspielhause. (73. Abonnements⸗Vorstellung.) Maria und Magdalena. Schauspiel in 4 Akten von Paul Lindau. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

das metallreiche Zipangu der mittelalterlichen Geographen, war bekanntlich bis zum Jahre 1852 für den Welt⸗ handel so gut wie verschlossen. Die ersten Nachrichten über Japan verdanken wir dem Venetianer Marco Polo (1295.)

Die ersten Europäer kamen im Jahre 1543 oder 51 Jahre später, als Columbus Amerika entdeckte, nach Japan. Es waren portugiesische Abenteurer, welche der Sturm nach Kiusiu*) verschlagen hatte. Die Fremdlinge schienen eine gute Aufnahme gefunden zu haben, denn es entwickelte sich bald ein lebhafter und gewinnbringender Handel mit den in China und Malacca ansässigen Portugiesen nach den Häfen von Kiusiu. Es fanden sogar eheliche Verbindungen zwischen Europäern und reichen Japanerinnen statt. Den Kaufleuten folgten auch bald die Glaubensboten nach.

Franz Xaver erreichte, begleitet von dem spanischen Jesuiten Torres und zwei bekehrten Japanesen im Herbst des Jahres 1549 die Küste von Kiusiu und landete in Kangosima, wo sie freundliche Aufnahme fanden. Die christliche Lehre verbreitete sich verhältnißmäßig schnell. Die Japaner zeigten schon da⸗ mals, wie gegenwärtig wieder, große Neigung und Interesse für die europäische Kultur. Mehrere Fürsten nahmen den christlichen Glauben an und 1587 rechnete man schon 200,000 Christen in Japan. Doch bald trübte sich das gute Einver⸗ nehmen der Japaner mit den Europäern, es brachen, durch allerhand Intriguen hervorgerufen, Glaubensstreitigkeiten aus, und ungestüme vielleicht fanatische Handlungen folgten ihnen. Auch entwickelten die Fremden einen ausgedehnten Menschen⸗ handel. Diese und noch manche andere Verhältnisse und Uebel⸗ stände veranlaßten Kaiser Taiko⸗Sama zu einem Erlaß, nach welchem die fremden Geistlichen bei Todesstrafe binnen 24 Tagen Japan verlassen sollten. Die Jesuiten wichen icht sofort dem Verbannungsedikte,“*) sie hörten nur auf, öffent⸗

ch zu predigen, und legten die geistliche Tracht ab. Der Kaiser

Japan,

duldete sie, damit die portugiesischen Kaufleute im Lande bleiben

sollten, aber er traute ihnen und allen Christen nicht. Auch ranziskaner und andere Ordensbrüder trieben ihr Wesen nach wie vor im Lande. Ja es liegt die Vermuthung nahe, daß Philipp II. die Franziskaner als politische Emissäre verwendete. Die Verhältnisse wurden endlich unhaltbar, schwere Strafen, Kreuzigung und Folter wurden angewendet und endlich folgte eine Verfolgung der Christen im ganzen Reich. Die Frem⸗ den mußten Japan verlassen. Nur den Holländern vurde es gestattet, auf einer kleinen Insel Desima bei Naga⸗ aki sich niederzulassen und unter obrigkeitlicher Erlaubniß Han⸗ del zu treiben. Im Uebrigen war es jedem Fremden bei To⸗ desstrafe verboten, nach Japan zu kommen. Dieser Befehl wurde zwei Jahrhunderte hindurch streng befolgt. Bei dem zunehmenden Verkehr an der Westküste der Ver⸗ einigten Staaten von Nordamerika mußte die Abgeschlossenheit

Japans den Amerikanern unbequem werden und so war es na⸗

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kürlich, daß man endlich den Versuch wagte, mit Japan in Handelsverkehr zu treten. Dem Commodore Perry gelang es 1853, die japanische Abgeschlossenheit zu brechen und einen Handelsvertrag abzuschließen. Rußland folgte dem Vorgang von Amerika und bald darauf schlossen auch England, Frank⸗ reich und der Niederlande in Japan Freundschafts⸗ und Schiff⸗ fahrtsverträge ab. Deutscland durfte nun auch nicht zurück bleiben. Da Preußen aber die Führerschaft Deutschlands unter den Staaten des deutschen Zollvereines übernommen hatte, o fiel ihm auch die Sorge und Ausrüstung einer Expedition nach Ostasien zu. Am 9. August 1859 wurde der Plan über die abzuschließenden Verträge, das Personal der Gesandt⸗ schaft und der beizugebenden Fachmänner ꝛc. entworfen. Das Personal der Expedition bestand aus dem Gesandten Grafen Friedrich zu Eulenburg, dem Legations⸗Sekretär Pieschel, den Gesandtschafts⸗Attachs von Brandt, von Bunsen und Grafen August zu Eulenburg; den Naturforschern Regierungs⸗Rath Wichura, Dr. von Martens, Dr. Freiherrn von Richthofen, Dr. March. Ferner befanden sich unter dem Personal der Maler A. Berg, der Zeichner W. Heine, der Photograph Bis⸗ mark, Gärtner Schottmüller, die Kaufleute Grube, Jakob, Wolff und der Bevollmächtigte der sächsischen Handelskammer, Kauf⸗ mann Spieß. Die Expeditionsschiffe waren die Dampfkorvette „Arkona“ mit

27 Geschützen und einer Bemannung von 319 Köpfen, die

8 ‧) Kiusin ist die südwestlichste größere Insel in der Japanischen IFnselgruppe, ihr Flächeninhalt ist noch nicht genau bekannt, er wird

von 688 bis 800 Quadratmeilen angegeben. Das wäre größer als die

beiden Königreiche Sachsen und Württemberg, welche zusammen 626

sammengesetzt ist. Die größten 8 und I

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von R. v.

1 Japan ist ein Inselreich

Quadratmeilen betragen. das aus mehr als 3000 Inseln zu⸗ 8 ieser Inseln heißen Nipon, Sikokf, Kiusiu o, diese vier mögen etwa an Flächeninhalt dem Preußischen Staate gleichkommen, d. h. über 6300 Quadratmeilen. Die Haupt⸗ stadt des Reiches ist Jeddo auf der größtten, der Insel Nipon. Der von früher her bekannteste Hafen ist Nagasaki oder Nangasaki auf Kiusiu. Die Bevölkerung schätzt man auf 25 Millionen. *⁴ 2 Expedition nach Ostasien Band I. Verlag

Segelfregatte „Thetis“ mit 38 Geschützen und einer Bemannung von 333 Köpfen, der Schooner „Frauenlob“ mit 1 Dreißigpfünder und 41 Mann und das Transportschiff „Elbe“ mit 6 Kanonen und 47 Köpfen.

Auf verschiedenen Wegen begaben sich die Mitglieder nach Singapore; hier gewann das Unternehmen im August 1860 erst seine volle Gestaltung.

Die Ergebnisse dieser Expedition sind niedergelegt in einem Werke, betitelt „Die Preußische Expedition nach Ostasien. Nach amtlichen Quellen.“ Berlin seit 1864 Verlag der König⸗ lichen Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei (R. von Decker). Erschie⸗ nen sind bis jetzt (1873) drei Bände. Von den Mitgliedern der Expedition haben Mehrere selbst ndige Werke herausgegeben.

Obgleich unsere Kenntniß von Japan noch sehr mangelhaft ist, so besitzen wir doch schon eine sehr reiche Zahl von Werken über Japan; wir könnten hier über 30 selbständige Arbeiten an⸗ führen, wenn es der Raum gestattete. Als die zuverlässigsten Werke über Japan betrachtet man im Allgemeinen E. Kaempffer, Geschichte und Beschreibung von Japan. C. P. Thunberg, Reisen nach Japan. P. F. von Siebold, Nippon. Archiv zur Beschreibung von Japan und dessen Neben⸗ und Schutz⸗Länder. Leiden und Amsterdam.

Welchen Nutzen die preußische Expedition gewährt hat, er⸗ kennen wir erst jetzt recht deutlich aus dem regen internatio⸗ nalen Verkehr, der sich zwischen Deutschland und Japan ge⸗ staltet hat. Viele junge Japaner leben in Berlin, um sich zu Instruktoren in den verschiedensten Fächern der Wissenschaften für ihre Heimath auszubilden. Deutsche Aerzte, Lehrer und Militärs sind oder werden von der japanischen Regierung dort⸗ hin berufen. Japanische Gesandtschaften gehören in Berlin nicht mehr zu den seltenen Erscheinungen.

Walhall und Hel.

Am Dienstag hielt Dr. Werner Hahn die zweite und letzte Vorlesung über Walhall und Hel, der „Tod“ im ger⸗ manischen Mythus (vergl. Nr. 57 d. Bl.). Dem glänzen⸗ den Bilde Walhalls entgegengesetzt schildert die Edda das Reich der Hel, in das die vor Alter oder an Krankheiten Gestorbenen kommen, mit den trübsten Farben. In Niflheim, durch ein hohes Gitter von der übrigen Welt völlig abgeschlossen, thront die Beherrscherin des Todtenreiches Ihr Saal, woselbst die Todten Aufnahme finden, heißt Elend, ihr Tisch Hunger, ihr Messer Mangel leidend, ihr Lager Siechthum, ihre Decke Unheilglanz; der Knecht des Hauses wird Schleppschritt genannt, die Magd Gangträge. Hel selbst, Loki's und der Riesin Augurboda Tochter, „halb bläulich, halb menschlich roth dargestellt, hat ein grimmiges, furchtbare; Aussehen. Ihr Reich wird anscheinend sich ganz widersprechend in der Edda geschildert. So gelangt Balder dorthin und unterhält sich zutraulich mit seinem Bruder Hermod bei reicher Bewirthung. Ebenso werden oft die Helden vor Hel gewarnt, und wenn sie gefallen, wird von ihnen erzählt, daß sie zu Hel gegangen seien. Damit schwindet Walhalls Glanz in etwas. vereinigen lassen. Hel hängt nämlich zusammen 1) mit Loki, 2) mit Niflheim. Loki ist bekanntlich Sinnbild des Feuers und zwar zunächst des erdbildenden. Das Feuer aber erscheint durch⸗ weg in der Mythe als vermittelnde Kraft alles Naturlebens. Wie kann nun die Göttin des grausen Todes Loki's Tochter sein? Nur deshalb, weil als sittlich geistige Kraft angesehen das Feuer auch als Sinnbild des Bösen galt, da es nach Vernichtung strebt. Daher sind Loki's Kinder von der götterfeind⸗ lichen Augurboda 1) der Fenriswolf, die vulkanische Kraft der Erde; 2) Jörmungandr, die Midgardschlange, das die Erde endlich verschlingende Meer und 3) Hel, durch welche die Erde nicht mehr als lebenschaffende, sondern als Alles vernichtende ange⸗ sehen wird. Hel heißt die „Bergende.“ Die Erde behält Alles, sobald es stirbt; lebend strebt es aufwärts, todt fällt es zur Erde nieder und Hel nimmt es in ihre weite Wohnstätte auf. Aber noch eine andere Wendung tritt in dieser Abstammung von Loki ein. Ueber Loki, dem Prinzip des Bösen, und Baldur, dem Prinzip des Guten, steht das bei den Germanen als wohl⸗ wollend aufgefaßte „Schicksal“, das einst Vergeltung bringt. In Niflheim hat es seinen Sitz und träufelt Segen auf die Erde. Nach Niflheim wird nun Hel von Odhin entführt, weil er von Loki's Kindern Gefahr fürchtet. Von Niflheim geht aber die Erde aus und aller Segen, der ihr zufließt; und im Schooße des Lebens liegt der Tod. Darin ruht der tiefe Ge⸗ danke, wie nahe Tod und Leben einander liegen. Der Tod scheint Verwesung, führt aber zu neuem Leben. Der kindliche Sinn unserer Vorfahren führt dies bildlich aus und durch. Dazu kommt noch Eines: Niflheim wird die 9. Welt genannt, d. h. die 9. Heimath oder der 9. Garten. (9 ist der Germanen heiligste Zahl!). Wir zählen aber nur 8 Welten in der Edda. Demnach muß die 9 Begriff, nicht Zahl sein. Die 9 bedeutet das ununterbrochene Werden. Hel wohnt in der 9. Welt, d. h. der Tod nimmt Theil an der Erneuerung des Lebens, seine Wohnungen sind unyergänglich. Walhall und die Götter ver⸗ gehen; Niflheim bleibt; dort leben die Todten in einer neuen

elt unter neuer Sonne, von Morgenthau und Weisheit ge⸗

nährt. So sinnig dachten die alten Germanen;

Beide Anschauungen müssen sich aber irgendwie

ihr Herz

sich nach ewigem Frieden. Vergeltung steht bevor im dritten Himmel, und dann wohnen wonnegenießend die Guten in sil⸗ bernen Hallen, weit ab von der Sonne, ewig gequält aber die Bösen. Mit begeisterten Eddaworten schloß der Vortragende, indem er dem deutschen Volke dauernde Bewahrung dieser Ge⸗ müthstiefe wünschte.

Ueber das Projekt einer die Stadt Berlin durch⸗ schneidenden Eisenbahn ergiebt eine auf der Tagesordnung der heutigen Stadtverordnetenver⸗ stehende Vorlage des Magistrats zu Berlin folgendes ähere:

Die deutsche Eisenbahnbau⸗Gesellschaft hat das Projekt aufge⸗ stellt, und die erforderliche staatliche Genehmigung hierzu nachgesucht. Nachdem auch dem Magistrate von der genannten Gesellschaft Mit⸗ theilungen über das Projekt gemacht waren, die nicht gerignet erschie⸗ nen, Gegenstand Sat Beschlüsse zu werden, wurde der Magistrat von dem Königlichen Eisenbahn⸗Kommissariate im Auftrage des Mi⸗ nisters für Handel zc. aufgefordert, an einer kommissarischen Bera⸗ thung Theil zu nehmen, deren Gegenstand noch nicht eine landespolizeiliche Prüfung des Projektes sein, bei der es sich vielmehr nur darum handeln sollte, festzustellen, ob etwa gegen dasselbe Bedenken geltend zu machen sein würden, welche dessen Ausführung behindern würden, und event. zu berathen, auf welche Weise gewichtige Bedenken etwa beseitigt werden könnten. In Folge dieser Aufforderung machte sich der Magistrat schlüssig, daß kein Grund vorliege, im Interesse der Stadtgemeinde prinzipiell der Ausführung des Projektes entgegenzutreten, daß dassselbe im Gegentheil als den Interessen des Verkehrs und der allgemeinen Entwickelung der Stadt gunstig zu erachten sei, wenn auch bei der Durchführung des⸗ selben nach verschiedenen Richtungen hin das städtische Interesse Ver⸗ anlassung zu eingehender Erörterung geben müsse. In der demnächst stattgehabten kommissarischen Becathung, bei welcher neben dem Ma⸗ gistrat auch das Königliche Ministerium des Krieges, der geistlichen ꝛc. und der landwirthschaftlichen Angelegenheiten, das Königliche Polizei⸗Präsidium, die Königliche Minesterial⸗ Bau⸗Kommission, die Königlichen Direktionen der Nieder⸗ schlesischen und der Ostbahn, sowie der Magistrat der Stadt Char⸗ lottenburg vertreten waren, wurden, ohne daß von irgend einer Seite Bedenken gegen das Bahnprojekt im Prinzipe erhoben worden wären, eine Reihe einzelner Fragen zur Erläuterung gezogen, von denen na⸗ mentlich speziell das städtische Interesse berühren die Fragen wegen der Zulässigkeit der Zuschüttung des Königsgrabens, wegen der An⸗ lage von Güter⸗Aufnahme⸗ und Abladestationen im Innern der Stadt, und wegen der erforderlichen Abänderung des Bebauungsplanes. Be⸗ züglich der Zuschürtung des Königsgrabens, die Seitens des Köngg⸗ lichen Polizei⸗Präsidiums als in polizeilicher Beziehung erwünscht er⸗ klärt wurde, war darüber Einverständniß, daß zunächst noch weitere technische Ermittelungen stattzufinden hätten, namentlich in Hinsicht auf die Bedeutung des Königsgrabens für die Entwässerung der Stadt und die Vorfluth. In Ansehung der Güter⸗Stationen wurde hervor⸗ gehoben, daß durch ihre Anlegung einzelnen Straßen zu großer Ver⸗ kehr zugeführt werden würde, doch anerkannt, daß hicrüber sowie über die Abänderungen des Bebauungsplanes erst nach Vorlegung der Spezial⸗Projekte bestimmte Erklärungen abgegeben werden könnten.

Auf Grund dieser kommissarischen Verhandlungen hat der Ma⸗ gistrat die nochmaliger eingehender Erwägung unter⸗ zogen, indessen keine Veranlassung gefunden, von der oben dargelegten prinzipiellen Stellung zu dem Unternehmen abzugehen. Dugegen beabsichtigt er in besonderem Berichte dem andels⸗Mi⸗ nister darzulegen, welches Interesse die Stadtgemeinde gerade an dem auf der projektirten Bahn einzurichtenden Per⸗ sonenverkehr und dessen Einfügung in denjenigen der neuen Vervin⸗ dungsbahn hat, und hiermit die Bitte zu verbinden, es möge der Minister bei der etwaigen Konzessionirung der projektirten Bahulinie auf die Förderung und Sicherung dieses Personenverkehrs besonders Bedacht nehmen, auch der Gesellschaft zur Bedingung machen, daß sie diejenigen Anlagen neuer Straßen und Veränderungen resp. Erweite⸗ rungen bestehender S raßen, die lediglich, um der projektirten Güter⸗ Stationen willen statrfinden muͤßten, auf ihre Kosten herzustellen habe.

Bci der erheblichen Wichtigkeit der Angelegenheit für die Kom⸗ mune legt Magistrat ein besonderes Gewicht darauf, schon im gegen⸗ wärtigen Stadium derselben der Uebereinstimmung mit der Stadt⸗ verordnetenversammlung sich zu versichern, und ersucht dieselbe daher

um ihre Aeußerung zur Sache.

Die Gesellschaft der Gartenfreunde B. veranstaltet ihre diesjährige Frühlings⸗Ausstellung zum Besten des unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin⸗Königin stehenden VaterländischenFrauenvereins vom Sonnabend, 5. April bis Mittwoch, 9. April einschließlich, in der ihr dazu bewilligten Reitbahn des Kriegs⸗ Ministeriums. Die Beschickung dieser Blumen⸗, Pflanzen⸗ und Frucht⸗ Ausstellung steht sowohl den Magliedern, als auch Nichtmitgliedern frei, und es werden hervorragende Leistungen, für welche im Pro⸗ gramme keine besonderen Preise vorgejehen sind, von den Preisrichtern durch ihnen zur Verfügung stehende oder ausgefallene Preise belohnt. Das Programm setzt einige 50 Preise aus, darunter als Preis die von Sr. Majestät dem Kaiser und König der Gesellschaft bewilligte goldene Denkmünze; ferner Ehrenpreise Ihrer Majestäten der Kaiserin und der verwittweten Königin. Die Anordnung der Aus⸗ stellung übernimmt der Kunst⸗ und Ober⸗Gärtner Eggebrecht.

Redaktion und Rendantur: Schwieger.

Druc: H. Heiberg

Berlin, Verlag der Expedition (Kessel). v11.““ Drei Beilagen f der Vörsen⸗Beilage).

1“ 8 *

13. März. Der Schatz zum Senator für Massachusets gewählt

8 E1“

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yKRriegs⸗Ministerium.

Aus den Zinsen der von dem Königlichen Hoflieferanten Kommissions⸗Rath Hoff in Berlin gegründeten Stiftung, welche gegenwärtig aus 2000 Thlr. in zinstragenden Papieren besteht, werden nach dem Wunsche desselben alljährlich am Geburtstage Sr. Maäjestät des Kaifers und Königs hülfsbedürftige Veteranen der Feldzüge von 1813/15 und Soldaten, welche bei Erstür⸗ mung der Düppeler Schanzen invalide geworden sind, beschenkt.

Der gegenwärtige Stand der Fonds gestattet es, nachbe⸗ nannten 11 Veteranen der Feldzüge von 1813/15

Anton Keichel aus Wormditt; Friedrich Schwill aus Zinten; Johann Jankowski aus Schöneberg, Kreis Marienburg; Andreas

ringmann aus Tilsit; Johann Piepenburg aus Naugard; Johann Friedrich Gerath aus Frankfurt a. O.; Ferdinand Sell aus Zinna; David Erbe aus Joachimsthal; Christof Fechner aus Gremsdorf, Kreis Bunzlau; Gottlob Haase aus Ernsdorf, Kreis Reichenbach; Johann Behm aus Höxter und nachbenann⸗

ten 5 bei Erstürmung der Düppeler Schanzen invalide gewor⸗

denen Soldaten Carl Joseph Neumann aus Kölmchen, Kreis Freystadt; Friedrich Grohn aus Schwedt; Gustav Blankenburg zu Mulz, Kreis Nieder⸗Barnim; Eduard Gutsche zu Cottbus und Karl Heinrich Gustav Wilkening zu Dehme, Geschenke à 5 Thlr. zu bewilligen, welche den Genannten am 22. März d. J. durch Vermittelung der betreffenden Königlichen General⸗ Kommandos werden behändigt werden.

Das Kriegs⸗Ministerium bringt dies zur öffentlichen Kenntniß.

Berlin, den 2. März 1873. Kriegs⸗Ministerium. Abtheilung für das Invalidenwesen.

Aus den Zinsen einer von einem ungenannten Patrioten gegründeten Stiftung,

deren Kapital aus 1050 Thlr. in zins⸗ tragenden Papieren besteht, werder nach dem Wunsche desselben alljährlich am Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers und Königs 10 hülfsbedürftige Veteranen der Feldzüge von 1813—15 beschenkt.

In diesem Jahre sind die Veteranen: Christian Marreck aus Jeschonowitz, Kreis Ortelsburg; Christian Ellmenthler aus Gumbinnen; Johann Sommer aus Landskron, Kreis Preußisch Friedland; Josef Cohn aus Chodziesen; Jacob Pieper aus See⸗ Buckow, Kreis Schlawe; Martin von Lipinski aus Berent; Christian Sporn aus Seppau, Kreis Glogau; Johann Kallert aus Jaegendorf, Kreis Jauer; Johann Schwabbauer aus Nimptsch und Peter Czerwionka aus Oppeln mit einem Geschenk von je 4 Thlr. bedacht worden. Die Behändigung desselben an die Genannten erfolgt durch Vermittelung der betreffenden Kö⸗ niglichen General⸗Kommandos.

Das Kriegs⸗Ministerium bringt dies mit dem Ausdruck des Dankes für den ungenannten Geber hierdurch zur öffentlichen Kenntniß.

Berlin, den 2. März 1873.

Kriegs⸗Ministerium. Abtheilung für das Invalidenwesen.

Nichtamtliches.

Rußland und Polen. Ueber das Projekt des neuen Reglements für die Militärdien stpflicht, das nunmehr der be⸗ sonderen, mit den Rechten eines Reichsraths⸗Departements ausge⸗ statteten Kommission übergeben ist, gehen der „Mosk. Ztg.“ ziemlich vollständige Mittheilungen zu, denen wir Folgendes entnehmen.

Die Kommission des Kriegs⸗Ministeriums, welche dieses Projekt entworfen, hat sich augenscheinlich bemüht, den in dem bekannten Edikt vom 7. November 1871 ausgesprochenen Allerhöchsten Willen nachzu⸗ kommen, und demselben denn auch das Prinzip zu Grunde gelegt, daß die Vertheidigung des Vaterlandes eine heilige Pflicht jedes russi⸗ schen Unterthans ist, und dieser Pflicht sich die ganze männliche Be⸗ völkerung ohne Unterschied zu unterziehen hat, wobei natürlich keine Rede mehr von Loskauf und Stellvertretung sein kann. Alle Per⸗ sonen, welche 20 Jahre alt geworden sind, werden in dem hier⸗ auf folgenden Jahre im europäischen Rußland zwischen dem 1. No⸗ vember und 15. Dezember und in Sibirien zwischen dem 15. Oktober und 31. Dezember zum Loosen einberufen, wenn sie es nicht vorziehen, als Freiwillige einzutreten. Diejenigen, welche sich frei loosen, werden der Fewehr zugezählt, die anderen treten in die Reihen der Armee. Die Höbe des Ersatzkontingents für die Armee und Flotte wird jähr⸗ lich auf Vorstellung des Kriegs⸗Ministers auf dem Wege der Gesetz⸗ gebung festgestellt und publizirt.

Die Personen, welche ein Loos gezogen, das sie zum Eintritt in den Dienst bestimmt, haben a. in den Landtruppen 15 Jahre, davon 6 bei den Fahnen und 9 in der Reserve, und b. in der Flotte 9 Jahre, davon 7 in der aktiven Marine und 2 in der Reserve, zu dienen. Diese Dienstzeit wird übrigens noch theils durch zeitweilige Beurlau⸗ bungen, theils durch Verminderung der Dienstjahre in der Reserve für diejenigen, welche keinen Urlaub erhalten, verkürzt werden. Die Ge⸗ meinen der Landtruppen werden im Allgemeinen beurlaubt, wenn sie fünf Lagerübungen mitgemacht haben, so daß die Mehr⸗ zahl der Leute nur 4 ½ Jahre im aktiven Dienste zu stehen haben wird. Die Gemeinen der Kavallerie, der reitenden Artillerie und der Grenzwache, die Musikanten und Feldscheerer haben ihre vol⸗

len 6 Jahre auszudienen, stehen dafür aber ein Jahr weniger in der

Reserve. Die Unter⸗Offiziere aller Landtruppen dienen gleichfalls volle 6 Jahre, ihnen werden dafür 2 Jahre des Dienstes in der Re⸗ serve erlassen. Ein 7jähriger aktiver Dienst besteht ausnahmsweise für die Truppen des Turkestanschen Militärbezirks und der Gebiete Ssemipalatinsk, Transbaikalien und Jakutsk, für das Amur⸗ und das Küstengebiet. Ee Die zeitweilig beurlaubten Leute können zu jeder Zeit, die in der Reserve stehenden nur im Falle eines Krieges einberufen werden; letztere sind jedoch zur Uebung und zur Kontrolle einzuberufen, aber höchstens zweimal während der ganzen Dauer ihres Reserveverhält⸗ nisses. Einige Aemter des Staats⸗ und Kommunaldienstes befreien ganz von der Einberufung. 888 Alle diejenigen, weche sich freigeloost haben, werden in die Listen der Reichswehr eingetr gen, in welchen sie eben so wie die Leute, die bereits ihre Dienstpflic t erfüllt haben, bis zum 38. Lebensjahre ver⸗ bleiben. Die Reichswehr wird nur im Falle eines Krieges durch ein Allerhöchstes Manifest einberufen; gegen den Feind dürfen jedoch nur diejenigen geführt werden, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Diese e Altersklasse der Reichswehr wird theils zur Bildung von eichswehr⸗Corps, theils, wenn die Reserve erschöpft oder nicht aus⸗ reichend ist, zur Verstärkung und Kompletirung der stehenden Trup

s-Anzeiger und Königlich Preu

Donnerstag, ven 13. März

pen bestimmt, während die anderen Altersklassen eben nur zur Bildung von Reichswehr⸗Corps verwendet werden. .

Ausnahmen hinsichtlich der Länge der Dienstzeit und andere Vor⸗ rechte werden durch den Stand und die Art der Beschäftigung, durch die Bildungsstufe, durch Familien⸗ und Vermögensverhältnisse bedingt.

a. Des Standes und der Beschäftigung wegen werden die Geist⸗ lichen aller christlichen Bekenntnisse und die orthodoxen Psalmenleser, welche den Kursus der geistlichen Akademien und Seminarien absolvirt haben, ganz von der Einberufung zum Militärdienst entbunden. Vom aktiven Dienste werden unter unmittelbarer Einstellung in die Reserve befreit: die Doktoren der Medizin, die Aerzte, die Magister der Ve⸗ terinär⸗Wissenschaften, die Lehrer der in den Statuten der Lehr⸗ anstalten genannten Gegenstände, die ins Ausland entsendeten Pensio⸗ näre der Akademie der Künste und die Pensionäre der Theaterschule, welche den Titel Känstler erhalten haben. n. 1“

b. Mit Rücksicht auf die Bildung erfolgt die Einberufung der Zöglinge der verschiedenen Lehranstalten später und findet eine Ver⸗ kürzung der Dienstzeit statt. Zu diesem Behufe sind die Lehranstal⸗ ten in vier Kategorien getheilt; zur ersten gehören die Universitäten, zur zwcicen d.e Soamasten, zur dritten die Progymnasien und zur vierten die Volksschulen. Für die Zöglinge der Lehranstalten der zweiten Kategorie wird die Einberufnng bis zum 22., für die der Seminarien bis zum 24., für die der Lehranstalten erster Kate⸗ gorie bis zum 27. und für die der Akademie bis zum 28. Lebens⸗ jahre hinausgeschoben. Nach der Einberufung haben diejenigen, welche den Kursus einer Universität oder einer anderen Lehranstalt erster Kategorie absolvirt haben, die Künstler mit Klassenrang 1. und 2. Grades und diejenigen, welche Diplome von den Konservatorien haben, nur 6 Monate in der Front zu dienen, worauf sie der Reserve zugezählt werden. Die Beendigung des Kursus in einem Gymnasium oder einer anderen Lehranstalt der zweiten Kategorie, der Künstler⸗ klassenrang 3. Grades und das Attestat der Konservatorien giebt das Anrecht auf einen nur 1 ½jährigen aktiven Dienst, wuhrend dessen jedoch zwei Lagerübungen mitgemacht werden müssen. Die Progymnasien und andere Lehranstalten der dritten Kategorie gewähren eine Verkürzung des Dienstes auf 3 Jahre. Diejenigen endlich, welche den Kursus einer Elementar⸗Volksschule oder einer anderen Anstalt der vierten Kategorie durchgemacht haben, haben 4 Jahre im aktiven Dienst zu stehen, werden aber wahrscheinlich nach der vierten Lager⸗ übung entlassen werden, so daß nur eine ½jährige Dienstzeit übrig bleibt. Die des Lesens und Schreibens kundigen Leute, die nach den oben genannten entfernten Provinzen bestimmt sind, haben gleich⸗ falls ein Jahr weniger, also 6 Jahre, im aktiven Dienst zu bleiben.

c. Der Familienverhältnisse wegen können drei Arten von Ver⸗ günstigungen eintreten, und die zu diesen drei Abtheilungen gehörigen Leute werden erst dann einberufen, wenn Mangel an Ersatzmannschaft eintritt. Zuerst kommen dann zum Loosen diejenigen, die im Alter unmittelbar schon dienenden oder im Dienste verstorbenen Brüdern folgen (dritte Abtheilung); dann kommen die einzigen arbeitsfähigen Soͤhne eines arbeitsfähigen Vaters weite Abtheilung) heran und zuletzt die einzigen arbeitsfähigen Söhne eines nicht arbeitsfähigen Vaters oder einer verwittweten Mutter, die einzigen arbeitsfähigen Brüder einer Wittwe, die einzigen arbeitsfähigen Enkel

bei einem Großvater oder einer Großmutter, die keinen arbeitsfähigen

Sohn haben (erste Abtheilung). Nach den vorhandenen Berechnungen ist anzunehmen, daß die zur ersten Abtheilung gehörigen Personen nie zum Dienste werden herangezogen werden.

Mit Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse kann ein einjähriger Aufschub denjenigen Immobiliarbesitzern oder Inhabern von Handels⸗ und Gewerbe⸗Etablissements gewährt werden, die ihren Besitz oder ihr Etablissement persönlich verwalten. j 8

Alles dieses bezieht sich nur auf die Vorrechte, die den zum Loosen einberufenen Personen bewilligt werden. Diejenigen, die eine gewisse Bildung besitzen, können das Loosen vermeiden, wenn sie als Freiwillige eintreten. 3

Das Institut der Freiwilligen hat den Zweck, solche Personen zum Dienst heranzuziehen, die zur Ergänzung des Offizier⸗Corps dienen

können. Wer als Freiwilliger eintreten will, muß durchaus den Kursus

einer Lehranstalt der drei ersten Kategorien beendet haben und min⸗ destens 17 Jahre alt sein. Minderjährige müssen die Genehmigung ihrer Eltern oder Vormünder zum Eintritt nachweisen. Je nach der Art der Lehranstalt, in welcher sie ihre Bildung erhalten, zerfallen die Freiwil⸗ ligen in drei Kategorien mit verschiedenen Rechten. Die der ersten Kategorie (nach Beendigung des Kursus in einer Universität oder dieser gleichberechtigten Lehranstalt) haben drei Monate in der Front zu dienen und können, wenn sie das festgesetzte Examen bestehen, und eine Lagerübung mitgemacht haben, nach zwei Monaten zu Unter⸗ offtzieren und nach drei Monaten zu Offizieren befördert werden. Die Freiwilligen der zweiten Kategorie haben ein Jahr zu dienen und können nach vier Monaten zu Unteroffizieren und nach einem Jahre zum Offizier avaneiren; die der dritten haben zwei Jahre in der Front zu dienen und können nach einem Jahre zu Unter⸗ offizieren und nach drei Jahren zu Offizieren befördert werden. Nach Beendigung der obligatorischen Dienstzeit in den aktiven Truppen können die Freiwilligen zur Reserve übertreten oder auch im aktiven Dienste bleiben. Die Zuzählung zur Reserve kann unter Beförderung zum Offizier geschehen, wenn das Offizierexamen bestanden ist. Die Freiwilligen thun allen Dienst der Gemeinen, werden jedoch nicht zu Arbeiten kommandirt.

Eines ihrer Vorrechte besteht darin, daß sie sich den Truppentheil, in welchem sie dienen wollen, wählen können. In der Garde und in der Kavallerie müssen sich die Freiwilligen auf ihre eigenen Kosten unterhalten, in der Armee können sie, wenn sie es wünschen, verpflegt werden. Die auf ihre eigenen Mittel lebenden Freiwilligen können ihre eigenen Wohnungen haben, falls sie nicht eine besondere Beaufsichtigung erfordern.

Uebersicht der durch die projektirte Bureau⸗Re⸗ organisation eintretenden Veränderungen in der Eintheilung der Bureaux des Magistrats zu Berlin.

I. General⸗Burcau: Verfassungs⸗ und Personal⸗Angelegenheiten.

II. Finanz⸗Bureau: 1) Aufstellung des Stadthaushalts⸗Etats, 2) generelle Bestimmungen über das Etats⸗, Kassen⸗ und Rechnungs⸗ wesen. Revision aller Etats und Rechnungen, 3) spezielle Bearbei⸗ tung: a. der Kapital⸗ und Schulden⸗Verwaltung, b. der Polizei⸗Ver⸗ waltung, c. der städtischen Straßenreinigung und Beleuchtung, d. Er⸗ leuchtungswesen (Gasanstalten), e. Mahl⸗, Schlacht⸗ ꝛc. Steuer, f. Berechtigungen (Sporteln, Waage⸗ ꝛc.), g. verschiedene Einnahmen und Ausgaben, h. Epidemienhäuser, Sanitätsverwaltung und Bade⸗ anstalten, i. Geschäftsbedürfnisse nebst Verwaltung des Rathhauses, k. Wittwen⸗Pensions⸗ ꝛc. Angelegenheiten. (ad I. und II. werden aus einem Theile der bisherigen Magistrats⸗Haupt⸗Registratur und der Plenar⸗Kalkulatur gebildet.

III. Das Bureau für Kirchen und höhere Schulen (Bisher Kirchen⸗ und Schul⸗Abtheilung): Hierher gehören auch die Stiftungs⸗ sachen, welche in keinem Zusammenhange mit dem Armen⸗ und dem Gewerbewesen stehen. 1 1

IV. Bureau für die Gemeindeschul⸗Angelegenheiten (Bisher Bu⸗ reau der Schul⸗Deputation): Die bezüglichen Magistrats⸗Akten gehen, soweit sie sich bisher im Bureau ad III. befanden, hierher über.

V. Bureau für die Armen⸗Verwaltung (Bisher Haupt⸗Armen⸗ Registratur): An dieses Bureau gehen aus der Magistrats⸗Haupt⸗ Registratur die dort befindlichen Akten, betreffend des Armenwesen und die Stiftungen zu Armenzwecken, über.

gischen Staats⸗Anzeiger.

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VI. Bureau für die Steuer⸗Verwaltung (Bisher General⸗Re⸗ gistratur der Steuer⸗Deputation): An dieses Ee. Ien gistrats⸗Haupt⸗Registratur diejenigen Akten ab, welche sich auf die Veea ee ge weige der Steuer⸗Deputation beziehen. -

VII. Bureau für die Grundeigenthums⸗Verwaltung (Bisher Bureau der Forst⸗ und Oekonomie⸗Deputation). Hierher gehört auch die Verwaltung der Gemeinde⸗Grundstücke innerhalb der Stadt (so⸗ weit diese nicht zu Schul⸗ ꝛc. Zwecken bei anderen Verwaltungen schon anderweit erfolgt), sowie die Angelegenheiten der Park⸗ und Garten⸗Deputation. Außerdem werden in diesem Bureau die Grund⸗ Erwerbs⸗ und Veräußerungs⸗Angelegenheiten so lange geführt, bis die Verwendung zu Straßenanlagen, Bauten ꝛc. erfolgt. Die Berichti⸗ gung und Zahlung der Kaufgelder für Grundstücke wird im Finanz⸗ Zureau bearbeitet, zu welchem Zwecke Fhn die erforderlichen No⸗ tizen erhält. Die Durchführung des Bebauungsplans wird in der Bau⸗Abtheilung für den Tiefbau bearbeitet Die Angelegenheiten we⸗ gen der Fluß⸗Badeanstalten gehen an das Finan⸗Bureau über

VIII. Feuer⸗Societäts⸗Bureau. (Das hisherige Bureau wird erweitert): Dieses Bureau übernimmt aus der H aupt⸗Registratur auch doch die Aften, bestefend die Anweijung der Branzschaden, die Bei⸗ reibung der Versicherungs⸗Beiträ 1 athsmeiste ie St wactris 8 s g ge, die Rathsmeister, die Stadt⸗

1 ureau für die Gewerbe⸗Angelegenheiten. (Bisher Gewerbe⸗ Bureau): Hier sind die auf Gewerbe, Henrdel ꝛc. 5ichen g ner 8 genberbeg⸗ Ge zu bearbeiten. vIe

.Vereinigtes Bureau. (Bisher vereinigtes B : Es blei vorbehalten, ob und welche der in den üres Vbweaux .Sele bringenden Geschäftszweige hierher zu überweisen sind. ü

XI, und XII. Bureau für Bau⸗Angelegenheiten: a. für Hochbau b. für Straßen⸗ und Tiefbau nebst Straßenpolizei. (Bisher Baude⸗ putation.): Diese beiden Bureaux nehmen einen großen Theil der Dis⸗ herigen Magistrats⸗Hauptregistratur in sich auf. Im Burau ad b werden, wie ad VII. oben gedacht, die Angelegenheiten, welche die Durchführung des Bebauungsplanes betreffen, bearbeitet. 8 XIII. Central⸗Bureau oder Annahme⸗ nnd Vertheilungs⸗Bureau: (Bisher theils Magistrats⸗Hauptregistratur, theils Central⸗Bureau); Der Rest der Magistrats⸗Hauptregistratur; Personalien der Bezirks⸗ vorsteher und Schiedsmänner, wenn diese nicht mit dem Bureau für Wahlangelegenheiten verbunden werden sollen. Annahme und Verthei⸗ lung sämmtlicher neuen Sachen an alle Bureaux im Rathhause, Be⸗ schäftigung der Diener, Akten Fuhrwesen. Bibliothek, statistisches Bureau nebst Kommunalblatts⸗Redaktion die Kassen, Wahlbureau bleiben unberührt, desgleichen die Plenar⸗ Kanzlei, die Spezial⸗Registraturen einzelner Abtheilungen ꝛc.

Statistische Nachrichten. In die Häfen des Regierungsbezirks Cöslsin liefen im Jahre 1872 751 Schiffe mit 553,132 Ctr. Ladung ein, gegen 2-SSch.

und 560,464 Ctr. in 1871; 738 Schiffe mit 693.224 Ctr. Ladung

liefen im Jahre 1872 aus, gegen 817 Sch. und 753,570 Ctr. in 1871.

Die Bäder im Regierungsbezirk Cöslin haben neuerdings einen außerordentlichen Aufschwung genommen. Kolberg, welches im Jahre 1860, nach Eröffnung der hinterpommerschen Bahn nur von 1841 Gästen besucht wurde, ist im Jahre 1872 von 4080 Badegästen frequentirt, darunter 336 Nichtdeutschen, selbst 2 Amerikanern und 1 Australier. Stolpmünde war im Jahre 1871 von 750, im Jahre 1872 von 900 Kurgästen besucht, selbst in Polzin, wo früher nur 60 70 fremde Kurgäste verweilten, hatte man im Jahre 1872 deren 207. Kess

Wien. Die Kaiserlich Königliche statistische Central⸗Kommission hat unter dem Titel Statistik des Judenthums nach officiellen Erhebungen ein von G. A. Schimmer verfaßtes Elaborat heraus⸗ gegeben, dem wir Folgendes über die Zahl der Juden in Oester⸗ reich entnehmen: Dieselbe betrug im Jahre 1830 und 1869: Oester⸗ reich unter der Enns (1569) 51,880, Oesterreich ob der Enns 690 Salzburg 44, Steiermark 734, Kärnten und Krain (7) 22 und 22, Hriest, Görz und Gradiska, Istrien (2881) 4729, Tirol und Vorarl⸗ berg (1945) 353, Böhmen (67,338) 89,539, Mähren und Schlesien (32,244), 42,644 und 6123, Galizien und Bukowina (249,208) 575,433 und 47,754, Dalmatien (503) 233; zusammen (355,695) 820,200.

Hiernach hätte sich die Zahl der Israeliten innerhalb des Zeit⸗ raumes der Jahre 1830 bis 1869 jährlich um 3,35 Prozent, und wenn diese Periode weiter untertheilt wird, von 1830 bis 1850 jähr⸗ lich um 1,70 Prozent, von 1850 aber bis 1869 jährlich um 3,80 Prozent vermehrt.

Dieses Anwachsen der Juden erscheint namentlich demjenigen der Bevölkerung im Ganzen gegenüber exorbitant. Denn es wuchs die Gesammtbevölkerung der im Reichsrathe vertretenen Länder 1830 bis 1850 jährlich um 0,62 Prozent, 1850 bis 1869 jährlich um 0,81 Prozent, in der ganzen Periode 1830 bis 1869 jährlich um 0,76 Prozent. Die Zunahme der Israeliten wäre demnach in der ganzen Periode mehr als vier Mal, in den letzten 19 Jahren nahezu fünf Mal so stark gewesen als die der Bevölkerung im Ganzen.

In der That wird dies kaum der Fall sein, sondern es kommen zwei Faktoren in Betracht, welche, wenn sie ziffermäßig zu konstatiren wären, diese Zunahme der Juden wesentlich herabmindern müßten. Der erste derselben ist die Ungenauigkeit der früheren Zählungen, ins⸗ besondere bezüglich der Juden. Da die früheren Zählungen rein zum Zwecke der militärischen Konskription vorgenommen wurden, so suchten sich die Juden denselben in jeder Weise zu entziehen. Es ist notorisch, daß besonders in den nördlichen Ländern der männliche jüdische Nach⸗ wuchs ganzer Orte beim Nahen der Konskriptionskommission floh und sich erst wieder einfand, wenn das Zählungsgeschäft beendet und die Kommission abgezogen war. Selbst bei der jüngsten Zählung noch wurden in Galizien derartige Klagen laut, ob⸗ wohl man dieser Zählung als einer rein administrativen Maßregel ohne militärische Ingerenz mit weniger Furcht entgegenkam. Bei den früheren Zählungen ist dies in hohem Grade der Fall gewesen und die Zahl der Israeliten, wie sie durch die Zäͤhlung von 1830 bis 1850 konstatirt wurde, steht jedenfalls unter der Wirklichkeit, wodurch die darauf gebaute Berechnung des Zuwachses höher wird, als es faktisch der Fall war. Das zweite Moment liegt in der stets lebhafteren Zuwanderung fremder Israeliten. Der in der jüngsten Zeit so hohe Aufschwung von Handel und Verkehr,

ie den Juden durch die Staatsgrundgesetze gewährten Rechte waren ebenso wie die wenig behaglichen Vorkommnisse in mehreren Ländern des Ostens ein starker Beweggrund zu häufiger Zuwanderung in die westliche Reichshälfte. Wien, allerdings der Brennpunkt solcher An⸗ ziehung, hatte 1857 6217, 1809 7867 einheimische Israeliten, also nur eine jährliche Vermehrung derselben von 2,21 pCt. Diese Zu⸗ nahme ist jener der gesammten einheimischen Bevölkerung von Wien

gegenüber, welche 1867 284,999, 1869 mit Einschluß der nachträglich in den Vororten Eruirten 292,396 betrug, also sich jährlich nur um 0,2 pCt. vermehrte, noch immer eine sehr erhebliche. Der größere 5 Theil der Vermehrung entfällt aber auch bei den Israeliten auf die

in den Gemeindeverband neu Aufgenommenen und die wirkliche Fü. G nahme der Einheimischen ist eine weit geringere als die obige jähr⸗ liche Quote.

In den einzelnen Ländern kommen die Israeliten, in Vergleichung 5 Gesammtbevölkerung, sehr verschieden an der Zahl vor. Auf einen Juden kommen Köpfe der Gesammtbevölkerung in Galizien 9, in der in Wien 15, im ganzen Lande Nieder⸗Oesterreich 38,

Bukowina 11, 8 3