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mehr vorkommen werden, da ja sowohl der Führer, als auch der Ober⸗Conducteur und Wagenwärter durch einen kräftigen Zug oder Ruck den Bremsapparat auslösen und den Zug anhalten können. Es haben daher dieselben auch die volle Verantwortung zu tragen, falls bei eintretenden Unfällen der Nachweis geliefert werden kann, daß keiner von den drei Bediensteten der Bremsapparat ausgelöst hat. Die Werkstätten⸗Vorstände und Wagenmeister sind anzuweisen, dem Fahrpersonal die Wirkung und Beschaffenheit der Bremse eingehend zu erklären.“
Karlsruhe, 4. April. (Karlsruher Ztg.) Diejenigen deut⸗ schen Eisenbahn⸗Verwaltungen, welche gleich der badischen sich dahin entschieden haben, das System des Wagenraum⸗Tarifs statt der bisherigen Güterklassifikation anzunehmen, sind auf Veran⸗ lassung des Königlich preußischen Handels⸗Ministeriums heute in Ber⸗ lin eene um sich wegen der Durchführung dieses Prin⸗ zips und der Einführung möglichst übereinstimmender Vollzugsvor⸗ schriften zu berathen. Aus der größern Zahl der hierunter begriffenen Bahnen, welche an der Berathung Theil zu nehmen berufen sind, nennen wir außer der badischen und der Elsaß⸗Lothringer Bahn die Main⸗Neckar, Main⸗Weser⸗, Bebra⸗Hanauer, Hannoversche, Nassauer, Saarbrücker und Rhein⸗Nahe⸗Bahn, die Pfälzer und die Hessische Ludwigsbahn. — Die Badische Bahn ist durch ihren General⸗Direktor Geh. Rarh Zimmer und den Respizienten in Tarif⸗Angelegenheiten, Ober⸗Regierungs⸗Rath Grosch vertreten.
— Schwerin, 7. April. Dem großbritannischen Vize⸗Konsul Lesenberg zu Rostock ist die landesherrliche Erlaubniß zur Vor⸗ nahme der behufs Ermittelung und Feststellung der Richtungs⸗ linie für einen Eisenbahnbau von Rostock nach Warnemünde erforderlichen Messungs⸗, Nivellirungs⸗ und sonstigen Vorarbeiten er⸗ theilt worden.
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Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Burean.
Leipzig, Dienstag, 8. April. Die hiesige Handelskammer hat einstimmig beschlossen, bei der Staats⸗Regierung eine Herab⸗ minderung der Meßabgabe auf einen Silbergroschen, wie in Frankfurt a. O. geschehen, zu beantragen.
Darmstadt, Dienstag, den 8. April. Auf Grund einer aus Sorrento erhaltenen Mittheilung wird von der Darmstädter Zeitung die Nachricht von dem Verschwinden einer zu dem Hof⸗ staate der Kaiserin von Rußland gehörenden Dame auf das Bestimmteste dementirt.
Wien, Dienstag, 8. April. Die große Eisenbahnanleihe der türkischen Regierung von 50 Millionen Livres türkisch ist von der hiesigen Austro⸗Ottomanischen Bank in Gemeinschaft mit der Banque imp riale ottomane und dem Crédit geneérale in Konstantinopel übernommen worden. Dieselbe ist speziell be⸗ stimmt zum Bau der Eisenbahnen in Kleinasien und zur Voll⸗ endung des rumelischen Eisenbahnnetzes. Die kontrahirenden Banken haben übrigens die Anleihe nur zu einem kleinen Theile fix übernommen; der Rest soll binnen fünf Jahren für Rech⸗ nung der türkischen Regierung placirt werden. 1
Brüssel, Montag, 7. April. Die beabsichtigte Diskont⸗ herabsetzung hat nicht stattgefunden und bleibt der Diskont auf 4pCt.
London, Dienstag, 8. April. Das Unterhaus hat sich bis zum 21. April vertagt, nachdem in der gestrigen Sitzung noch eine Besprechung der von Sir R. Lowe proponirten Re⸗ solutionen stattgefunden und nachdem das Haus bezüglich der Resolutionen betreffs Ermäßigung der Einkommensteuer, Her⸗
absetzung des Eingan. szolles auf Zucker und der der männlichen Dienstboten sich im Allgemeinen zustimmend ge⸗ äußert hatte. 8
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Königliche Schanspiele.
Mittwoch, den 9. April. Im Opernhause. (87. Vor⸗ stellung.) Joseph in Aegypten. Musikalisches Drama in 3 Ab⸗ theilungen von Alexander Duval. Musik von Méhul. Ben⸗ jamin: Frl. Horina. Joseph: Hr. Niemann. Jacob: Hr. Fricke. Simeon: Hr. Woworsky. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Eingetretener Hindernisse wegen kann die angekündigte Vor⸗ stellung „Rienzi“ nicht stattfinden.
Im Schauspielhause. (98. Abonnements⸗Vorstellung.) Eine Familie. Original⸗Schauspiel in 5 Abtheilungen und einem Nachspiel von Charlotte Birch⸗Pfeiffer. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Donnerstag, den 10. April. Im Opernhause. Siebente Sinfonie⸗Soirée der Königlichen Kapelle.
Donnerstag, den 10. April, Freitag, den 11. April, Sonn⸗ abend, den 12. April sind die Königlichen Theater geschlossen.
Die in den Königlichen Theatern gefundenen Gegenstände können von den Eigenthümern (innerhalb 4 Wochen bei den Hauspolizei⸗Inspektoren Schewe (Opernhaus) und Hoff⸗ meifter (Schauspielhaus) in Empfang genommen werden. Erfolgt die Zurückforderung der betreffenden Sachen in der angegebenen Frist nicht, so werden dieselben den Findern ohne Weiteres ausgehändiat.
Aus den permanenten Ausstellungen Berlins.
Der Gemäldesalon der Gebrüder Lepke, Unter den Linden 4a., hat seit einigen Tagen besondere Anziehungskraft für die Kunst⸗ freunde und Künstler der Hauptstadt gewonnen. Längere Zeit bereits war derselbe durch neue Zusendungen von Paris und aus deutschen Kunststädten her mit hervorragenden Meisterwer⸗ ken der zeitgenössischen Malerei erfüllt. In den letzten vierzehn Tagen aber ist deren Zahl durch Arbeiten von so eminentem Ver⸗ dienst vermehrt worden, wie sie seit lange keine unserer Aus⸗ stellungen aufzuweisen gehabt hat. Das sind vor Allem zwei Gemälde von Ludwig Knaus in Düsseldorf.
Das eine derselben ist älteren Ursprungs, 1861 gemalt. Es erschien bereits auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1867, wo es seinem Maler die höchsten Ehren erwarb. Es stellt einen alten Invaliden in kleinbürgerlicher Civiltracht an einem Tisch sitzend dar, auf welchem sein Glas mit weißem Wein steht. Der Schirm der schwarzen runden Mütze auf seinem greisen Kopf beschattet seine Stirn; ein weißer Bart umrahmt sein Gesicht. Durch große runde Brillengläser mit Messing⸗ fassung blickt er uns, das Vollgesicht dem Beschauer zugewendet, wie fragend an. Die ganze Haltung ist stramm, fest und auf⸗ recht. Die Füße sind gekreuzt, und zwischen den Knien halten seine alten knochigen und runzlichen Hände einen großen Stock mit eiserner Spitze. Den Hindergrund bildet eine kahle Wand von tiefem graugrünlichem Ton. Das Leben und die charakte⸗ ristische Wahrheit, in welcher diese ganze Persönlichkeit erscheint, sind außerordentlich. Die Kunst der Malerei darin dürfte schwer⸗ lich von einem Werke eines lebenden Meisters übertroffen werden.
Man würde gesagt haben: auch von dem Maler dieses Bildes selbst nicht noch einmal, wenn nicht in den jüngsten Tagen ein neuestes Gemälde desselben hier eingetroffen wäre, daß in mancher Hinsicht noch über das in dem Bilde des „Invaliden“ Geleistete hinausgeht. 1
Es stellt die berathende Sitzung des Gemeindevorstandes, einer Versammlung von sechs Bauern, eines schwarzwälder Dorfes dar. Die Scene ist die Hauptstube eines solchen. Ein kleines sonnenhelles Fenster zeigt sich in der Wand zur Linken, ein grünglasirter Ofen zur Rechten. Um den großen Tisch in der Mitte, vor der holzbekleideten Wand, in deren Höhe ein Kruzifix zwischen zwei biblisch⸗illuminirten Steindrucken be⸗ festigt ist, sind die Mitglieder gruppirt. Ein alter, kleiner weiß⸗ haariger Mann trägt stehend den Gegenstand der Berathung aus den vor ihm liegenden Papieren vor, welche gewisse Besitz⸗ Urkunden, oder Rechtsverbriefungen zu enthalten scheinen. Die Andern sitzen mehr oder weniger aufmerksam zuhörend, an den Lang⸗ und Schmalseiten des Tisches. Jede dieser Gestalten ist eine völlig in sich abgerundete, entschieden ausgesprochene Persönlichkeit nom Scheitel bis zur Sohle. In der Haltung des Körpers von der Art des Zuhörers, in der Form und Be⸗ wegung der mit höchster Meisterschaft gezeichneten Hände, meint man das innerste Wesen derselben lesen zu können. Ein statt⸗ licher, breiter Mann hinter dem Tisch, anscheinend der Bürger⸗ meister, und im Vordergrund ein großer, kräftiger Bauer mit klugem, scharfem und energischem Gesicht, der mit übereinander⸗ geschlagenen Beinen, den linken Arm auf den Tisch gestützt, den rechten um die Lehne seines Holzschemels gelegt, heftig den Dampf aus seiner kurzen Pfeife ziehend, dasitzt, sind ersichtlich die beiden einzigen, wirklich urtheilsfähigen und den Ausschlag gebenden Mitglieder in dieser Versamm⸗ lung. Von den drei anderen sitzt einer auf der Ofenbank und ist ausschließlich mit dem Anbrennen seiner Pfeife mittelst des darauf gelegten Schwammes beschäftigt. Ein anderer, an der gegenüberbefindlichen Tischseite, hört rauchend mit ziemlicher Gleichgültigkeit dem Vortrage zu; sein Nachbar, der Dritte, scheint allerlei nichtssagendes Zeug, auf welches keiner achtet, mit hineinzuschwätzen; — ein altes weißhaariges Männchen von halb blödsinnigem Ausdruck. Vorn auf den Dielen des Zimmers schreitet eine Henne mit einer Schaar von kleinen, erst ganz neuerdings dem Ei entkrochenen, Küchlein, deren überaus komisches Wesen mit der feinsten Naturbeobach⸗ tung und glücklichstem Humor wiedergegeben ist. Der Tabaks⸗ qualm aus allen Pfeifen schwimmt als ein bläuliches Gewölk in der Luft des Rahmens. Die Zeichnung, Farbe und Malerei dieses Bildes ist gleich bewunderswerth und macht es begreif⸗ lich, daß dafür der höchste Preis gezahlt wordeni st, welches seither für ein Staffeleibild eines modernen deutschen Meisters gefordert und gegeben wurde. Il Iümamseme.
Von deutschen, hier neu eingetroffenen Bildern ist neben diesen beiden hier noch manches Werk von großer Auszeichnung unter denen des Salons hervorzuheben. Von Prof. Camp⸗ hausen sind hier die Originale von zweien durch die Litho⸗ graphie viel verbreiteten Bildern preußischer Helden des letzten Krieges ausgestellt: Fürst Bismarck und Graf Moltke. Jen r hält zu Pferde nahe der Parkmauer eines Ortes in der Um⸗ gegend von Versailles an einem feuchten Spätherbsttage. Dieser reitet im Schritt, das Auge beobachtend in die Ferne gerichtet, durch die winterliche schneebedeckte Landschaft zwischen den Batterien in der Umgegend von Paris. 1
Ein außerordentlich schönes Bild von Vautier malt eine tief⸗-gemüthvolle Familienscene in einem deutschen Bauernhause. Am Bette seiner erkrankten jungen Frau sitzt ihr Mann, auf seinem Schooß, das eben entschlummerte Kind haltend,
Er blickt seinem geliebten Weibe voll Wehmuth und ernster Be⸗ sorgniß in das blasse. Antlitz und hält ihre abgemagerte Hand in seiner Rechten. Der Ausdruck und die gesammte geistige Stimmung des Bildes ist von ergreifender Innigkeit bei der schlichtesten Wahrheit. 1
Prof. Carl Becker malte in seiner bekannten glänzenden und virtuosen Weise ein prächtig an Geschmack des 17. Jahr⸗ hunderts ausgestattetes Gemach und in demselben einen patrici⸗ schen Herrn in niederländischer Tracht, welchem seine junge hübsche Hausfrau zu einem Ausgange die Krause um den Hals befestigt, während das kleine Töchterchen mit dem großen breitkrämpigen Hut und dem Stock des Vaters wartend und zusehend da⸗ neben steht.
Von dem bewährten Aquarellisten Passini ist ein anmuthiges kleineres Bild ausgestellt. Es zeigt von einer “ schwarzgrün lackirten einsitzigen Equipage nur den eigentlichen Kasten mit den Kutschenlaternen, während Bock und Räder unter dem Rahmen verschwinden. In dem offenen Fenster dieses Wagens erscheint vor dem linken Fond seines gepolsterten Innern der Oberkörper einer hübschen jungen Dame in leichter weißgrauer, blau garnirten Robe. Sie legt die Finger der grau behand⸗ schuhten Linken auf den Kutschenschlag und bewegt den blonden dunkeläugigen Kopf, welchen ein helles Strohhütchen mit blau⸗ grüner Garnitur und lichtblauem Schleier schmückt, mit dem sprechenden Ausdruck lebhaft erregter Neugierde gegen das offene Fenster hin. Der feinste Farbeneffekt erhöht hier die Wirkung eines Frauenbildes von ganz eigenthümlicher, koketter Anmuth.
Neue ausgezeichnete Landschaftsbilder sind von Oswald Achenbach in Düsseldorf und Hertel in Berlin eingegangen. Das letztere Gemälde stellt eine Ansicht von Capri im vollen Glanz der heißen Sonne dar, die von den weißen Felsen und Häusern zwischen den dunkelgrünen Orangen⸗ gebüschen blendend restektirt wird. Das erstere zeigt eine Landstraße bei Neapel in der Beleuchtung der Zeit, unmittelbar nach Sonnenuntergang, wo die fast noch glanzlose Scheibe des Vollmonds über dem Vesuv aus dem verhüllenden abendlichen Dunst eben aufgestiegen ist. Auf der, von hohen blätterreichen Platanen eingefaßten Straße sieht man Maulthiere an einem Baume getränkt werden, und von den Staubwolken des Weges umhüllt, zahlreiche Fußgänger, echte neapolitanische Volksge⸗ stalten, und zweiräderige Wagen in lebhafter Bewegung.
Unter den französischen Landschaftsgemälden dieses Salons nehmen drei von Daubigny, eins von Troyon, eins von Diaß, ein Alpenbild des verstorbenen berühmten Meisters Ca⸗ lanne und drei von Ziem, dem Maler Venedigs und der venetianischen Küsten, die erste Stelle ein. Von figürlichen Bildern der Pariser Schule aber sind besonders zwei kleine Tafeln, die eine von Meissonnier, die andere von Ste⸗ vens, und ein größeres von Roybet zu nennen. Das erstere Bild stellt einen Fahnenträger in der Tracht der Mitte des 17. Jahrhunderts dar, im weißen Wamms und Hosen mit grünen Bändern und rothen Strümpfen; er traͤgt eine Fahne mit ganz kurzer Stange und kolossalem, gelb und grün gemustertem Fahnentuch auf der linken Schulter und schreitet so, die Rechte auf die Hüfte gesetzt, in stolzer selbst⸗ bewußter Haltung aus einem Schloßportal hervor, dessen schwere Barockarchitektur hell von der Sonne beschienen und von körper⸗ licher Plastik modellirt ist. Dieses Meisters unvergleichliche Kunst in der groß behandelten Darstellung der belebten und todten Objekte bei miniaturartiger Kleinheit des Maßstabes, zeigt sich hier auf ihrer vollen Höhe. — Ebenso ausgezeichnet in seiner Art ist das Bild von Stevens: eine junge Dame im schwarzen Sammetkleide, welche, von einem Gange heimgekehrt, in ihr trauliches, dunkel und elegant ausgestattetes Zimmer, sich den Fuß an der Gluth des Kamins wärmt, während sie ihr Gesicht in dem großen Spiegel darüber betrachtet. Wie gleichgültig und wenig unser Interesse anregend der Gegenstand dieses Bildes auch sei, so ist doch die Energie seiner Farbe und die Kunst und Solidität des malerischen Machwerks daran so groß, daß es Theilnahme und Bewunderung in nicht geringerem Maße anregt, als wenn es eine spannende dramatische Scene zum Vorwurf oder einen Reichthum an tiefem geistigem Gehalt hätte. FargGe h gaas
Roybets Bild ist dem Leben eines tunesischen Harems entnommen: Zwei reizende bräunliche Frauen, in reicher, orien⸗ talischer Tracht auf den Polstern eines Divans; die eine hockt, ihren Nargfleh rauchend; die andere streckt ihre schlanken und üppigen Glieder über die schwellenden Kissen hin. Eine schwarze Haremssklavin steht vor ihnen, dem Beschauer den Rücken kehrend. Die Gestalten haben ein energisches, warmes Leben und die ganze Darstellung zeugt von einer echt male⸗ rischen Kraft und Kühnheit.
Aus dem Verein zur Beförderung des Gewerbe⸗ fleißes in Preußen.
An dem unwohnlichen Zustande des Hauses im Mittelalter trug vor Allem die Schuld ein durchaus ungenügender Fensterverschluß, der sich auf den hochgelegenen Burgen, die ungeschützt allen Winden, einer ewigen Zugluft ausgesetzt waren, in doppelt unangenehmer Weise fühlbar machte. Wir denken uns diese ritterlichen Hallen, so nicht minder die heimlich gemüthlichen Damengemächer, wie wir sie wohl heute auf restaurirten Burgen oder in modernen burgühnlichen Bauten antreffen, in tiefen Bogenfenstern mit farbigen
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Glasmalereien versehen, die ein poctisch farbiges, dämmeriges Flim⸗ merlicht in das Innere werfen und es dadurch schon mit Reiz erfüllen. Allein dergleichen gab es bis zum fünfzehnten Jahrhundert, also die ganze Blüthezeit des Ritterthums hindurch bis an die Grenze der Neuzeit, nur in höchst seltenen Ausnahmen. Aller⸗ dirgs waren in den größeren Kirchen und selbst in Klöftern reicherer Art die Fenster durchweg verglast, nicht aber, obwohl es auffallend sein mag, in Schlössern und Wohnun⸗ gen. Selbst die Dichter, die einige Male die Zimmer König⸗ licher Prinzessinnen mit Glasfenstern ausstatten, erwähnen derselben als einer ganz besonderen Sache. Oft bestand der ganze Fensterverschluß nur aus Holzläden, die, wenn sie verschlossen waren, Licht und Luft zugleich nahmen. In allen besseren Wohnungen waren die Holzläden aber der Regel nach mit irgend einem Stoffe verbunden, der wenigstens das Licht nicht völlig absperrte, entweder so, daß mit ihm ein Theil des Fensters, der andere mit Holzläden verschlossen war, oder daß jener Stoff, den inneren Verschluß bildete, die Läden davor aber den äußeren. Dieser Stoff war in den meisten Fällen mit Wachs überzogene dünne Lein⸗ wand oder ölgetränktes Papier oder auch geschabtes Horn, wie es wohl noch heute bei Stalllaternen gebräuchlich ist, in sehr seltenen Fällen aber das durchsichtige Marienglas, das dann, ebenso wie das Horn, in kleinen Stücken eine gegitterte Tafel ausfüllte. Solche Art des Fensterverschlusses war noch im vierzehnten Jahrhundert bei weitem die gewöhnlichere, selbst in den reicheren deutschen Städten, welche an Komfort die Bur⸗ gen überflügelten. Erst im fünfzehnten Jahrhundert wurde der Glasverschluß wenigstens in Deutschland soweit allgemein, daß z. B. um das Jahr 1470 zu Nürnberg Wohnungen der städtischen Beamten und Diener vollständig damit bersehen waren, während auf der Kaiserlichen Burg, die allerdings unbewohnt und darum vernach⸗ lässigt war, das Glas noch in manchen Zimmern fehlte. Wir müs⸗ sen aber annehmen, daß zu dieser Zeit am Schluß des Mittelalters alle Häuser der besseren und wohlhabenderen Klassen, einige Länder ausgenommen, Glasfenster ebenso auch die Burgen, wenn ihre Bewohner nicht, wie damals häufig, verkommen oder verbauert wa⸗ ren. Dabei war das Glas gewiß nicht selten farbig und mit Male⸗ reien geschmückt, häufiger aber bestand es wohl noch aus den kleinen, runden, mit Blei gefaßten Butzenscheiben. 8b 1 Ueber die Entwickelung der Fabrikation von Glasfenstern hat nun vor Kurzem Herr Wisthoff aus Königssteele in Westfalen einen ausführlichen Vortrag im Vereine zur Beförderung des Gewerbefleißes in Preußen gehalten, über welchen die „Spen. Z.“ berichtet. Nach demselben ist die älteste Fabrikation die der kleinen Rundscheibchen, welche schon im zwölften und dreizehnten Jahrhundert zu Kirchen und Palästen ange⸗ wandt wurden, und zwar in hellgrüner, später in gelber, blauer, violetter und rother Farbe. Aus diesem Fabrikat entstand das sogenannte Mond⸗ und Halbmondglas, welches jetzt nur noch in England angefertigt wird. An die Stelle dieses Glases trat in Deutschland gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Fabrikation des Tafelglases. Bei dessen Darstellung wird die Kugel zum Cylinder verarbeitet, dieser am äußersten Ende geöffnet, dann der Länge nach aufgeschnitten und in einem besonderen Ofen gestreckt. Die gestreckten und ge⸗ glätteten Platten wurden in einer besonderen “ des Ofens in vertikaler Stellung der Abkühlung überlassen: wesn der Ofen gefüllt war, ließ man ihn erkalten
und zündete ihn erst wieder nach Herausnahme der Scheiben an. Der
Glasmacher hatte die weitere Verarbeitung seines Fabrikates, als Strecken, Schneiden und Verpacken, selbst vorzunehmen. Auch das Spiegelglas wurde aus diesem Glase hergestellt; man fertigte zu die⸗ sem Zwecke dickere Tafeln an und schliff sie auf beiden Seiten ab. — In den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts wurde diese Fabrikation in Frankreich in der Weise verbessert, daß man Theilung der Arbeit einführte und zum Strecken kontinuirliche Defen anwandte, bei denen die fertigen Tafeln in eiserne Wagen gebracht und durch allmähliche Entfernung derselben von der Feuerstelle abgekühlt wurden. Das Strecken, Schneiden und Verpacken wurde durch beson⸗ sondere Arbeiter besorgt. Die Fabrikation wurde sehr bald in Belgien eingeführt und in großartigem Maßstabe betrieben. Belgien produzirt die größte Quantität Fensterglas; Deutschland (Westfalen und Rheinprovinz) fabrizirt das beste, Frankreich das hellste Glas und England die größten Scheiben. — In den letzten sechs Jahren hat die Glasfabrikation besonders durch die häufigere Anwendung der Siemensschen Generativöfen einen bedeutenden Fortschritt aufzuweisen. In den meisten Ländern ist die koftspielige Holzfeuerung der Kohlenfeuerung gewichen. Wegen des bedeutenden Schwefelgehalts der deutschen Kohlen arbeiten die deutschen Hütten mit sog. „Trommeln“, Oefen, in denen die halbfertige Walze (Cy⸗ linder) in stark ruß nder Flamme erwärmt wird; durch die ru⸗ ßende Flamme wirkt der Schwefel weniger schädlich auf das glähende Glas ein. Vor ca. drei Jahren wurde in Belgien ein Ofen Leün bei dem die Wagen des Abkühlungsraumes durch ein Hebelwer ersetzt wurden, welches jede einzelne Scheibe, sobald eine neue hinzu⸗ kommt, um die ganze Länge derselben von der Feuerstelle entfernt; auf diese Weise geht die Abkühlung viel schneller von statten. Dieses neue Syltem hat sich bewährt und verschafft sich mehr und mehr Ein⸗ gang. Die billigen Frachtsätze in Belgien, sowie die günstige Lage des Landes vermehren für Deutschland die Schwierigkeit, mit Belgien zu konkurriren. — An die Stelle des geblasenen, starkgrünlichen Spiegelglases ist längst das gegossene getreten. Die Spiegelglas⸗Manufakturen, von großen Kapitalien unterstützt, haben bedeutende Fortschritte gemacht. Auf der Londoner Ausstellung war bereits eine Spiegelscheibe von 12 Quadrat⸗ metern. Der Vortragende besprach zum Schlußz noch die Herstellung des sogenannten Rohglases und des farbigen Kathedralglases. Das letztere findet überall da Anwendung, wo ein gedämpftes Licht ge⸗ wuüͤnscht wird, in Kirchen ꝛc. Seit dem Jahre 1862 wird es auf den Glashütten von Wisthoff und Co. in Königssteele a. d. Ruhr, seit 1864 auch in Frankreich fabrizirt.
Reedaktion und Rendantur: Schwieger. Berlin, Verlag der Expedition (Kessel). Druck: H. Heiberg. Drei Beilagen (einschließlich der Börsen⸗Beilage).
8
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Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: aus Veranlassung der am 1. April c. stattgefundenen Feier des 100 jährigen Bestehens des 1. Weßpreußischen Grenadier⸗Regiments Nr. 6 den nachstehenden Offizieren und Unteroffizieren Auszeich⸗ nungen zu verleihen und zwar: das Großkreuz des Rothen Adler⸗Ordens mit Eichenlaub: Dem General der Infanterie von Kirchbach, komman⸗ direnden General des V. Armee⸗Corps; den Rothen Adler⸗Orden erster Klasse mit Eichen⸗ 8— laub und Schwertern am Ringe: Dem General⸗Lieutenant von Schmidt, Commandeur der 10. Division, und 1 General⸗Lieutenant von Glümer, Gouverneur von Metz; den Rothen Adler⸗Ordenzweiter Klasse mit Eichen⸗ laub und Schwertern am Ringe: Dem General⸗Major von Scheffler, Commandeur der 16. Infanterie⸗Brigade; den Königlichen Kronen⸗Orden zweiter Klasse: Dem General⸗Major von Flöckher, Kommandanten von Altong ꝛc.; den Rothen Adler⸗Orden dritter Klasse mit der “ Schleife und Schwertern am Ringe: Dem Obersten von Pannewitz, Commandeur des 1. West⸗ preußischen Grenadidr⸗Regiments Nr. 6; den Königlichen Kronen⸗Orden dritter Klasse: Dem Obersten a. D. von Schkopp zu Görlitz, zuletzt Bri⸗ gadier der 5. Gends'armerie⸗Brigade, und Dem Oberst⸗Lieutenant z. D. von Voß zu Witaszyce,
Kreis Pleschen, zuletzt Major im 6. Infanterie⸗Regiment;
den Rothen⸗Adler⸗Orden vierter Klasse: Dem Oberst⸗Lieutenant a. D. von Eckartsberg zu Görlitz, zuletzt Führer des 2. Aufgebots 3. Bataillons (Löwenberg)
2. Riederschlestschen Landwehr⸗Regiments Nr. 7 und
Dem Major von Bojan vom 1. Westpreußischen Grenadier⸗ egiment Nr. 6; sowie das Allgemeine Ehrenzeichen: Dem Stabs⸗Hautboisten Appold, den Feldwebeln Zindler, Schubert, Kiesling, Burkert und dem Sergeanten Ties⸗ ler von demselben Regiment.
Deutsches Reich.
Se. der Kaiser und König haben im Na⸗ men des Deutschen Reiches den bisherigen Konsul in Trapezunt, Grafen von Bothmer, zum Konsul des Deutschen Reiches in Serajevo zu ernennen geruht.
Königreich Preußen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Den außerordentlichen Professor an der hiesigen Universität
Dr. Westphal zum ordentlichen Mitglied der Wissenschaftlichen
Deputation für das Medizinalwesen zu ernennen; sowie
Die Wahl des Landesältesten Dr. von Maubeuge auf Langendorf, im Kreise Neiße, zum Direktor der Neiße⸗Grottkauer Fürstenthums⸗Landschaft zu bestätigen.
Gesetz, betreffend die Abänderung der Artikel 15 und 18 der Verfassungs⸗Urkunde vom 31. Januar 1850. Vom 5. April 1873. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Preußen ꝛc. verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtages Un⸗ serer Monarchie, was folgt: Einziger Artikel. Die Artikel 15 und 18 der Verfassungs⸗ Urkunde vom 31. Januar 1850 sind aufgehoben. An die Stelle derselben treten folgende Bestimmungen: Art. 15. Die evangelische und die römisch⸗katholische Kirche, ds jede andere Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre ngelegenheiten seicfsttoig⸗ bleibt aber den Staatsgesetzen und der gesetzlich geordneten Aufsicht des Staates unterworfen. Mitt der gleichen Maßgabe bleibt jede Religionsgesellschaft im Besitz und Genuß der für ihre Kultus⸗, Unterrichts⸗ und u“ bestimmten Anstalten, Stiftungen und onds.
Art. 18. Das Ernennungs⸗, Vorschlags⸗, Wahl⸗ und Be⸗ stätigungsrecht bei Besetzung kirchlicher Stellen ist, soweit es dem Staat zusteht und nicht auf dem Patronat oder besonderen Rechts⸗ titeln beruht, aufgehoben.
Auf Anstellung von Geistlichen beim Militär und an öffent⸗ lichen Anstalten findet diese Bestimmung keine Anwendung.
Im Uebrigen regelt das Gesetz die Befugnisse des Staates hinsichtlich der Vorbildung, Anstellung und Entlassung der Geist⸗ lichen und Religionsdiener und stellt die Grenzen der kirchlichen E fest.
rkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen 3g B 8 3 8 8 Gegeben Berlin, den 5. April 1873. (L. S.) Wilhelm. 8 Gr. von Roon. Fürst von Bismarck. Gr. von Itzenplitz. Gr. zu Eulenburg. Leonhardt. Camphausen. Falk. Gr. v ’1 ck
von Kameke n Königs 1“
König von
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. 6
Dem Gesanglehrer Gustav Wilhelm Teschner zu Berlin ist das Prädikat „Professor“ verliehen worden.
Justiz⸗Ministerium.
Der Notariats⸗Kandidat Gau in Barmen ist zum Notar für den Friedensgerichtsbezirk Castellaun, im Landgerichtsbezirk Coblenz, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Castellaun ernar worden. v“ ““
Ministerium für Han el, Gewerbe und öffen Arbeiten.
Die Anstellung des Königlichen Eisenbahn⸗Baumeisters Bruno Otto zu Cassel bei der Bergisch⸗Märkischen Eisenbahn in Düsseldorf ist zurückgenommen und demselben dagegen eine Eisenbahn⸗Baumeister⸗Stelle im technischen Bureau der König⸗ lichen Direktion der Main⸗Weser⸗Bahn zu Cassel verliehen worden.
Der Lehrer Wilhelm Laue zu Brieg ist zum Gewerbe⸗ Schullehrer ernannt und an der Gewerbeschule zu Brieg ange⸗ stellt worden.
Der Königliche Eisenbahn⸗Baumeister Emil Emmerich zu Saarbrücken ist in gleicher Eigenschaft zur Bergisch⸗Märki⸗ schen Eisenbahn nach Düsseldorf versetzt worden.
Das dem Civil⸗Ingenieur Kayser in Breslau unter dem 5. Februar 1872 ertheilte Patent
1“ auf einen Seilbohrer in der durch Zeichnung und Beschrei⸗ 8 bung nachgewiesenen Zusammensetzung, ohne Jemanden in der Anwendung bekannten Theie desselben zu beschränken, ist aufgehoben.
2
Das 8. Stück der Gesetz⸗Sammlung, welches heute ausge⸗ geben wird, enthält unter MNr. 8112 das Gesetz, betreffend die Lösung von Jagdscheinen in 213 Hohenzollernschen Landen. Vom 17. März 1873; und unter Nr. 8113 das Gesetz, betreffend die Abänderung der Ar⸗ tikel 15 und 18 der Verfassungs⸗Urkunde vom 31. Januar 1850. Vom 5. April 1873. 8
Berlin, den 7. April 1873.
NAiichtamtliches. Dentsches Reich.
Preußen. Berlin, 7. April. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute die Vorträge des Hof⸗ marschalls Grafen Pückler und des Geheimen Kabinets⸗Raths von Wilmoski entgegen.
— Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin wohnte gestern dem Gottesdienste in der Garnisonkirche bei und war Abends in der Sitzung des Magdalenen⸗Vereins anwesend.
— Se. Kaiserlich und Königliche Hoheit der Kron⸗ prinz wohnte gestern Vormittags mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wilhelm dem Gottesdienste und der Einsegnung der Kadetten in der Garnisonkirche bei, nahm später militärische Meldungen entgegen und empfing den Professor Dr. Schellbach, so wie den Kaiserlichen Gesandten in Stockholm Freiherrn von Richthofen..
1“
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesr aths für Rechnungswesen und für Elsaß⸗Lothringen für Zoll⸗ und Steuer⸗ wesen und für Handel und see für das Landheer und die Festungen und für Rechnungswesen, sowie die Ausschüsse für Handel und Verkehr, für Rechnungswesen hielten heute Sitzungen.
— Im weiteren Verlaufe der Sitzung des Herrenhauses am 5. d. M. folgte die Schlußberathung über den Antrag v. Bernuth: „unter Aufhebung des Beschlusses vom 19. Fe⸗ bruar c. die Vorberathung der Gesetzentwürfe, betreffend die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen, über die kirchliche Disziplinargewalt, über die Grenzen der kirchlichen Straf⸗ und Zuchtmitte und über den Austritt aus der Kirche, im ganzen Hause vorzunehmen.“ An der Diskussion betheiligten sich die Herren Schulze, als Referent, v. d. Marwitz, als Korreferent, der Antragsteller selbst, Graf Schulenburg⸗Beetzendorf, der Mi⸗ nister der Auswärtigen Angelegenheiten Fürst v. Bismarck (siehe Landtags⸗Angelegenheiten), Ober⸗Bürgermeister Gobbin, Graf Brühl und Professor Zachariae. Nachdem der Korrefent noch die Ablehnung des Antrages empfohlen hatte, wurde in nament⸗
⸗den 7. April, Abends.
licher Abstimmung der Antrag v. Bernuth mit 74 gegen 38 Stimmen “
„Es folgte die Schlußberathung über das Schreiben des Justiz⸗Ministers vom 3. d., betreffend die Abänderung einiger Redaktionsversehen in den Gesetzentwürfen über das Grundbuch⸗ wesen. Auf den Antrag des Referenten Grafen zur Lippe er⸗ theilte das Haus zu der Abänderung seine Zustimmung. Daran schloß sich der mündliche Bericht der Finanzkommission über den Gesetzentwurf, betreffend die Erbschaftssteuer. Der Entwurf wurde mit unwesentlichen Abweichungen in der zwischen der Re⸗ gierung und dem Hause der Abgeordneten vereinbarten Fassung angenommen. Schluß 4 ½ Uhr, nächste Sitzung unbestimmt.
— Nach den Bestimmungen des Postreglements dürfen rekom⸗ mandirte Sendungen, Postanweisungen und Sen⸗
dungen mit Werthangabe, deren Adresse lautet: „An A.
per adresse des B.“ von den Briefträgern sowohl an den zuerst genannten Adressaten (A.), als auch an den zuletzt genannten Adressaten () bestellt werden, und dieser Letztere ist auch berech⸗ tigt, über den Empfang der Sendungen mit seiner Namensunterschrift rechsgültig zu quittiren. Die Postver⸗ waltung hat diese Anordnung treffen müssen, weil es nach der Fassung der genannten Adresse zweifelhaft ist, ob der Absender beabsichtigt hat, daß die Sendung an A. oder an B. ausgehändigt werden soll. Die erwähnte Adresse wird namentlich häufig gebraucht bei Sendungen an Fremde, welche in Gasthöfen logiren, an Chambregarnisten, Aftermiether u. s. w. Wenn daher der Absender wünscht, daß eine Postsendung nur einer bestimmten Person ausgehändigt werde, eine Bestellung an eine andere Person (z. B. den betreffenden Hotelbesitzer, Ver⸗ miether u. s. w.) aber ausgeschlossen sein soll, so darf er sich der angegebenen Adressirungsweise (an A. per adresse des B.) nicht bedienen, vielmehr würde er die Adresse, wie folgt, zu fassen haben: „An A. zu erfragen bei B.“ oder „An A. abzugeben bei B.“ oder „An A. im Hause des B.“ oder „An N. wohnhaft bei B.“ oder „An A. logirt bei B.“ in welchen Fällen die Bestellung der gedachten Sendungen Seitens der Post jedesmal an den zuerst genannten Adressaten (A.) bewirkt wird. Lautet dagegen die Adresse: „An A. zu Händen des B.“ oder „An A. abzu⸗ geben an B.“, so erfolgt die Bestellung stets an den zuletzt ge⸗ nannten Adressaten B.
— Der Königlich preußischen Steuer⸗Rezeptur zu Schleu⸗ singen ist die Befugniß zur Abfertigung des von dem Brauerei⸗ besitzer Scheller zu Altemühle bei Schleusfingen mit dem An⸗ 1 auf Steuervergütung auszuführenden Bieres ertheilt worden.
— Der Großherzoglich badischen Steuereinnehmerei Edin⸗ gen im Hauptamtsbezirk Mannheim, ist die Befugniß zur Aus⸗ stellung von Uebergangsscheinen für Bier, Wein, Branntwein und Weingeist ertheilt worden. 8
— Das Großherzoglich mecklenburg⸗strelitzsche Steueramt
Mirow und die Großherzoglich mecklenburg⸗strelitzsche Steuer⸗ Rezeptur Fürstenberg werden vom 1. April c. ab in Wegfall kommen und die Bezirke derselben mit demjenigen des Groß⸗ herzoglichen Steueramtes Neustrelitz vereinigt werden.
— Der General⸗Lieutenant und Chef der Admiralität, Staats⸗Minister von Stosch, ist von Kiel resp. Wilhelms⸗ haven hierher zurückgekehrt, wohin derselbe sich vor Kurzem in dienstlichen Angelegenheiten begeben hatte.
— Der General⸗Lieutenant und Commandeur der 2. Garde⸗ Infanterie⸗Division, von Budritzki, hat sich behufs Inspizirung
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des 4. Garde⸗Grenadier⸗Regiments Königin nach Coblenz be⸗
geben.
— Der neuernannte Minister⸗Resident des Deutschen Reichs bei der Republik Peru, der frühere General⸗Konsul in Smyrna, Dr. Lührsen, ist gestern nach Hamburg abgereist, um sich von da auf seinen Posten nach Lima zu begeben.
— Der Oberst und Abtheilungs⸗Chef im Kriegs⸗Ministerium
von Bonin, hat sich in dienstlichen Angelegenheiten nach Frank⸗
furt a. M. begeben.
— Eingegangener Meldung zufolge ist die Sperrung der Thüringischen Eisenbahn durch die vor einigen Tagen erfolgte bedeutende Erdrutschung im Heusdorfer Einschnitte, un⸗ weit Apolda, durch schleunige Herstellung eines Nothgeleises be⸗
seitigt worden. Der erste Personenzug passirte dasselbe am 4. d. M. Vormittags 11 ½ Uhr, nachdem bis dahin der Personen⸗Ver⸗ kehr durch Umsteigen der Reisenden vermittelt worden war.
Hannover, 5. April. Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht ist gestern Nachmittag 2 Uhr 2 Min. nach Quedlinburg abgereist.
— Das „Amtsblatt“ veröffentlicht folgende Bekannt⸗ machung:
Indem ich hierdurch zur öffentlichen Kenntniß bringe, daß ich mein Amt heute angetreten habe, ersuche ich die Behörden und Beamten um ihre bereitwillige Mitwirkung und bitte die Bewehner der Pro⸗ vinz mir mit Vertrauen entgegenzukommen.
Hannover, den 2. April 1873.
Der Sbeis pesshen 9 Preovinz Hannover.