1873 / 106 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 03 May 1873 18:00:01 GMT) scan diff

durch die Veräußerung von Schuldverschreibungen bis zur Erwer⸗ bung von andern Schuldverschreibungen verfügbar werdenden Geld⸗ bestäande sind bei den erwähnten Bankinstituten zu belegen und dür⸗ fen weder zu den Reichskassen, noch an die Verwaltung des Reichs⸗ Invalidenfonds abgeführt werden, beantragten die Abgg. Dr. Bamberger und Genossen: a. die Worte „Erwerbung und“ zu streichen und als zweiten Satz hinzuzufügen: In gleicher Weise geschieht die Erwerbung, so weit es sich nicht um direkte Uebernahme der Schuldverschreibungen von den ersten Darlehnsnehmern handelt, b. die Worte „mit Aus⸗ schluß von Staatsbanken“ zu streichen, c) im Absatz 2: dem Schluß des letzten Satzes statt der Worte „sind bei den erwähnten Bankinstituten u. s. w. bis zu Ende“ folgende Fassung zu geben: sind bei einem oder mehreren jener Bankhäuser anzulegen; sie dürfen weder zu den Reichskassen noch an die Verwaltung des Reichs⸗Invalidenfonds abgeführt werden, d) an den Schluß des §. 5 hinzuzufügen: Die mit diesen Mitteln erwor⸗ benen Schuldverschreibungen sind von den hiermit beauftragten Bank⸗ häusern an die Verwaltung des Reichs⸗Invalidenfonds abzuführen. Zahlungen und Aushändigungen, welche den Vorschriften dieses Ge⸗ jetzes zuwider erfolgen, sind ungültig und begründen keine Entlastung des Verpflichteten. 8 88 Für den Fall, daß die Worte „mit Ausschluß der Staats⸗ banken“ gestrichen werden sollten, beantragte der Abg. Richter, in dem Amendement des Abg. Dr. Bamberger unter c. statt „anzu⸗ legen“ zu sagen „in Gewahrsam zu geben.“ An der Debatte nahmen die Abgg. Stephani als Referent, Lasker, Grumbrecht, Richter, Dr. Bamberger, v. Kardoff und v. Roggenbach Theil. Präsident Delbrück wies einige gegen die preußische Seehandlung erhobene Vorwürfe zurück. Bei der Abstimmung wurde der eventuelle Antrag des mer dements des Abg. Dr. Bamberger angenommen und § 5 in der so modifizirten Form genehmigt. Bei Schluß des Blattes trat der Reichstag in die Diskussion über §. 6.

Bei den Staatsarchiven haben im Jahre 1872 530 amtliche Requisitionen und 696 Nachforschungen im historisch⸗ wissenschaftlichen oder familiengeschichtlichen Interesse stattgefun⸗ den. Neben Genügeleistung der Anforderungen der Behörden, der Unterstützung der eben erwähnten wissenschaftlichen Forschun⸗

gen und selbstverständlicher Fortführung der Verzeichnung und gehören diesem Zeitraum

Ordnung der Bestände und Zugänge 1

an eigentlich archivalischen Publikationen an: die Fortsetzung der „Regesten zur Geschichte Schlesiens“, die Fortsetzung des „Pader⸗ borner Urkundenbuchs“, der „Codex traditionum Westkali- carum“ (erster Theil) und der dritte Band des „mittelrheinischen Urkundenbuchs“. Von den selbständigen Darstellungen und Ab⸗ handlungen, welche auf Grundlage der Urkunden und Akten der Staatsarchive von Archivbeamten im Jahre 1872 verfaßt worden sind, verdienen bemerkt zu werden: „Die Hussitenkämpfe der Schlesier“, „zur Geschichte des Breslauer Aufstandes von 1418“, „Boleslap der Lange“, „die Siegel Boleslav II. von Schlesien“, „zur Geschichte von Wolmirstedt und des Magdeburg⸗Märkischen Krieges in den Jahren 1277 1280“, „die Burggrafen von Giebichenstein“, „das Kaufhaus der Stadt Burg“, „die Achts⸗ erklärung Kaiser Sigismunds gegen Magdeburg im Jahre 1434“, „zur Geschichte des Magdeburger Buchhandels“, „Beliebung des Süderstrandes von Dithmarschen vom Jahre 1522“, „die Hochzeit des Fürsten Georg Albrecht von Ostfriesland“, „über einige west⸗ fälische Handschriften des vaticinium Lehninense“, „die Schicksale der Reichskleinodien während der französischen Revolution“, endlich „die Besitzergreifung von Westpreußen.“ Zu anderen Publika⸗ tionen von Archivbeamten im Jahre 1872, unter welchen die erste Abtheilung des Urkundenbuchs der Stadt Quedlinburg zu nennen ist, haben die Bestände der Staatsarchive einen erheb⸗ lichen Theil des Mäͤterials liefern können.

In den Bierbrauereien wird vielfach ein im Handel als Bier⸗ oder Zucker⸗Couleur bezeichneter Stoff verwendet, theils um aus Gebräuden von geringem Malzgehalt Bitter⸗ oder Braunbier herzustellen, hauptsächlich aber um nachgemachte baye⸗ rische, sogenannte echte (Erlanger ꝛc.) Biere zu bereiten. Bei der Essigfabrikation findet der genannte Stoff ebenfalls Anwendung.

Ueber die Steuerpflichtigkeit dieser Bier⸗ oder Zucker⸗Couleur nach Maßgabe des Gesetzes wegen Erhebung der Brausteuer vom 31. Mai 1872 sind Zweifel entstanden, zu deren Beseitigung das Gutachten der Königlich technischen Deput tion für Gewerbe eingeholt ist. Nach diesem enthält die Bier⸗ oder Zucker⸗Couleur, welche durch Erhitzen von Strke⸗ Zucker bereitet wird, der Regel nach unveränderten Zucker und zwar in um so größerer Menge, je weniger vollständig der Caramelisirungs⸗Prozeß gediehen ist. Es liegt vollständig in der Hand des Fabrikanten, durch mehr oder weniger starkes oder län⸗ ger andauerndes Erhitzen den Zucker mehr oder weniger in Cara⸗ mel umzuwandeln; auch können der höchst intensiv tingirenden Couleurmasse namhafte Mengen Syrop oder Zucker beigemischt werden. Ein einfaches, zur sicheren Erkennung eines Gehalts an unverändertem d. h. gährungsfähigem Zucker geeignetes Ver⸗ fahren ist bis jetzt nicht bekannt. 8 7

Mit Rücksicht hierauf und da durch die Zucker⸗ oder Bier⸗Couleur dem Biere die gleichen aromatischen Stoffe zugeführt werden, welche auch Bestandtheile des gebrannten Malzes sind, ist dieselbe in Gemäßheit der vom Bundesrathe er⸗ lassenen Ausführungsbestimmungen zum Gesetze wegen Erhebung der Brausteuer vom 31. Mai 1872 unter Ziffer 1c. als ein nicht näher benanntes Malzsurrogat im Sinne der Ziffer 7 §. 1 des allegirten Gesetzes anzusehen und bei der Verwendung zur Bier⸗ resp. Essigbereitung dem Steuersatze von 1 Thlr. 10 Sgr. für den Centner auch dann zu unterwerfen, wenn sie von den

Brauern dem fertigen Fabrikat, ehe letzteres in den Konsum

übergeht, zugesetzt wird, möge dieser Zusatz auch erst auf den Lagerfässern oder Flaschen erfolgen. Die Steuerämter sind hier⸗ nach Seitens des Finanzministers mit Anweisung versehen worden.

Der Finanz⸗Minister hat den Tarif zur Bezahlung der aus den Grund⸗ und Gebäudesteuer⸗Katastern in der Provinz Westfalen und in der Rheinprovinz zu ertheilenden Aus⸗ züge festgesetzt: Derselbe lautet:

Wegen Bezahlung der Auszüge aus den Grund⸗ und Gebäude⸗ steuer⸗Katastern in der Provinz Westfalen und in der Rheinprovinz, welche auf Verlangen der betheiligten Grundeigenthümer oder im

Interesse derselben auf Verlangen einer öffentlichen Behörde gemäß der Anweisung vom 22. Mai 1844, sowie der Vorschriften unter Nr. 9 der Verfügung vom 17. Januar 1865 und unter Nr. 1 im Artikel 4 der für die Provinz Westfalen und diejenigen Theile des Regierungsbezirks Düsseldorf, in welchen das Allgemeine Landrecht gilt, erlassenen Zusatzbestimmungen vom 16. August 1872 angefertigt werden, wird Folgendes bestimmt:

1) Für die Abschrift eines Artikels der Grundsteuer⸗Mutterrolle, für die Ausfertigung eines Auszuges aus einem Artikel der Mutter⸗ rolle, sowie überhaupt für die Anfertigung eines Auszuges aus der Mutterrolle oder aus den in dem Katasterarchiv der Regierung noch Grundsteuer⸗Fortschreibungs⸗Verhandlungen

nicht niedergelegten Grun werden, wenn die Abschrift oder der Auszug zehn Parzellen oder

weniger enthält, fünf Silbergroschen, für jede über die bezeichnete

Zahl hinausgehende Parzelle aber außerdem noch drei Pfennige be⸗

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Abg. Richter verworfen, sämmtliche Amen⸗

rechnet. Die Gebühr von fünf Silbergroschen darf für jeden Aus⸗ zug, auch wenn derselbe Grundstücke mehrerer Eigenthümer enthält, nur einmal in Ansatz gebracht werden.

2) Für die Angabe der Nachbaren nach Namen und Lage werden außerdem zwei Pfennige für jede Nachbarparzelle gerechnet.

3) Dieselben Gebühren wie zu 1, werden für Auszüge aus dem Grundsteuerflurbuche entrichtet, außerdem aber für die Angabe der Eigenthümernamen ꝛc. auf Grund des Artikelverzeichnisses und der Mutterrolle für jede Parzelle noch zwei Pfennige.

4) Fur die Anfertigung eines Auszuges aus der Gebäudesteuer⸗ rolle, beziehungsweise aus den in dem Katasterarchive der Regierung noch nicht niedergelegten Gebäudesteuer⸗Fortschreibungsverhandlungen, wenn derselbe zehn Gebände und weniger enthält, fünf Silbergroschen, für jedes über diese Zahl hinausgehende Gebäude aber außerdem noch drei Pfennige. Die Gebühr von fünf Silbergroschen kommt, wie bei Nr. 1, für jeden Auszug nur einmal in Ansatz.

5) In den vorstehenden Gebühren ist die Entschädigung für For⸗ mulare, Papier ꝛc. mit enthalten.

6) Die Höhe der Gebühren für solche Auszüge, welche aus den im Katasterarchive der Regierung beruhenden Fortschreibungsverhand⸗ lungen zu fertigen sind, wird mit Berücksichtigung des Umfanges der Arbeit von der Regierung in jedem Falle besonders festgestellt.

7) Auszüge, welche ausschließlich im Interesse der Grund⸗ und Gebäudesteuer⸗Verwaltung erforderlich, oder ausschließlich zu einem anderen dienstlichen Zwecke der Staatsverwaltung bestimmt sind, müssen, sofern dabei das Interesse eines Privaten oder einer Korpora⸗ tion nicht obwaltet, unentgeltlich geliefert werden.

8) Vorstehende Bestimmungen treten mit dem 1. Juni 1873 in Kraft. Von demselben Tage ab werden die bezüglichen Vorschriften a. unter Nr. 5, 6 und 7 der Anweisung vom 22. Mai 1844, b. unter Nr. 9 zu b. der Verfügung vom 17. Januar 1865 (III. 800. IV a. 211), c. im zweiten Absatze der Nr. 1 im Artikel 4 der Eingangs erwähn⸗ ten Zusatzbestimmungen vom 16. August 1872 außer Wirksamkeit gesetzt. Beerlin, den 23. April 1873.

1 Der Finanz⸗Minister Camphausen. 111““

Bezüglich derjenigen Katasterauszüge, welche von der Staats⸗ Eisenbahn⸗Verwaltung zum Zwecke der Anlage ꝛc. von Eisen⸗ bahnen verlangt werden, hat der Finanz⸗Minister bestimmt, daß die Ausfertigung derselben, da sie nicht ausschließlich für dienst⸗ liche Zwecke der Staatsverwaltung bestimmt sind, nicht nach Nr. 7 des Tarifs unentgeltlich, sondern, wie bisher, so auch ferner gegen Entrichtung der tarifmäßigen Gebühren zu erfol⸗ gen hat.

Der Diskont der Preußischen Bank ist heut auf 6 Prozent und der Lombardzinsfuß für Waaren und Effekten auf 7 Prozent erhöht worden.— wa h

Der General⸗Major Frhr. von Los, Commandeur der 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, ist von einer kurzen Urlaubsreise hier wieder eingetroffen.

Der General⸗Major und Train⸗Inspecteur Kritter ist von seiner vor einiger Zeit angetretenen Reise zur Musterung und Inspizirung der Train⸗Bataillone Nr. 1, 2, 3, 5, 6 und 9 hierher zurückgekehrt.

Fulda, 2. Mai. (W. T. B.) Die bischöfliche Konferenz ist am heutigen Spätnachmittage geschlossen wor⸗ den. Einige der Bischöfe treten noch heute Abend die Rückreise in ihre Bischofssitze an; die übrigen werden Fulda am morgen⸗ den Tage verlassen.

Bayern. München, 30. April. Ueber das „König⸗ liche Bankett“ zur Feier der Vermählung des Prinzen Leo⸗ pold mit der Erzherzogin Gisela, welche heute Nachmittag 4 Uhr stattgefunden hatte, meldet die „Allg. Ztg.“ noch Folgendes: An der mit Gobelins, Palmen und Blumen reich verzierten Fensterseite des Hof⸗Ballsaales befand sich unter einem breiten Baldachin auf einer dreistufigen Estrade der Bankett⸗Tisch, und zu beiden Seiten waren reichgarnirte Schenktische aufgestellt. Hinter der Mitte des Bankett⸗Tisches und neben den Schenk⸗ tischen standen je zwei Hartschiere, der Estrade gegenüber in der ganzen Länge des Saales aber war ein Spalier von Hartschieren gebildet. Auf beiden Tribünen waren die Musik⸗Corps vom Infanterie⸗Leibregiment und vom Infanterie ⸗Regiment König aufgestellt. Unter den Klängen der von den Musikcorps gespielten Fanfaren und dem Vorantritt der Herren des großen Dienstes und gefolgt von den Damen vom Dienste, trat Se. Majestät der König mit der Prinzessin Giselga am Arm und mit den anderen Höchsten Herr⸗ schaften den Prinzen Otto, Luitpold und Leopold, dem Prin⸗ zen und der Prinzessin Ludwig, der Prinzessin Therese, dem Prinzen Arnulf und den Herzogen Karl Theodor und Max Emanuel in den Bankettsaal ein. Die Herren vom großen Dienst ꝛc. stellten sich theils hinter dem Bankett⸗Tisch. theils zu bei⸗ den Seiten desselben auf, während die dienstfreien Damen und anderen Damen der ersten Hofrangsklassen sich auf Ta⸗ bourets, die vor dem Bankett⸗Tisch in einer Halbrunde auf⸗ gestellt waren, niederließen. Der Prodekan des Kollegiat⸗ stiftes zu St. Cajetan sprach das Benedicite, wobei zwei König⸗ liche Edelknaben respondirten, und dann nahm das Bankett selbst seinen Anfang, für welches ein sehr umfassendes Ceremoniell vorgeschrieben war. Die Höchsten Hofchargen, sowie Königliche Kämmerer und Kammerherren, von Königlichen Edelknaben unter⸗ stützt, fungirten während des Festmahles und servirten Se. Majestät den König und die Höchsten Herrschaften. Nach der Suppe erhob sich Se. Majestät der König und trank „auf das

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Wohl der erlauchten Neuvermählten“; ein weiterer Toast galt „dem Wohl der Kaiserlichen Majestäten von Oesterreich“; die

Musikcorps bliesen Tusch und spielten hierauf die öster⸗ reichische Nationalhomne. Die Musikcorps spielten dann abwechselnd während des ganzen Festmahles. Dem Publikum war freier Zutritt gestattet. Nach beendetem Bankett, das 1 ½ Stunden in Anspruch nahm, sprach der Königliche Prodekan das Dankgebet, nach welchem sich Se. Majestät der König mit den Königlichen Hoheiten unter den Klängen der Nationalhymne und unter Vortritt der Herren des großen Dienstes und gefolgt von den dienstthuenden Damen und den andern Hohen Herr⸗ schaften in den Saal Carls des Großen begab, wo ein Cerle abgehalten wurde. Das Königliche Bankett war eines der glänzendsten und prachtvollsten Feste, die seit vielen Jahren an unserm Königlichen Hofe stattgefunden. 8

Die Königin⸗Mutter hat sich heute Mittag über Peissenberg nach Hohenschwangau begeben.

Sachsen. Dresden, 1. Mai. Der König hat dem Ober⸗Hofmarschall Freiherrn von Friesen die nachgesuchte Dienst⸗ entlassung bewilligt und dem bisherigen außerordentlichen Ge⸗ sandten und bevollmächtigten Minister zu Berlin, Geheimen Rath von Könneritz, die Direktion des Ober⸗Hofmarschall⸗ Amtes und der Hofwirthschaft, unter Ernennung desselben zum Ober⸗Hofmarschall, sowie dem zeitherigen Hofmarschall Hermann Ludwig Grafen Vitzthum von Eckstädt die Direktion des Hausmarschall⸗Amtes unter Ernennung desselben zum Haus⸗

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gerüf

marschall mit Verleihung des Titels und Ranges eines Wirk⸗ lichen Geheimen Rathes übertragen.

Hessen. Darmstadt, 1. Mai. Nachdem der Finanz⸗ ausschuß der Zweiten Kammer mit der Regierung das Finanzgesetz durchberathen hat, werden morgen Nachmittag die vereinigten Finanzausschüsse beider Kammern wegen des Budgets in Berathung treten. Seitens des Finanzausschusses der Zweiten Kammer sind sehr wesentliche Abänderungen des Finanzgesetzes beantragt worden.

Nauheim, 1. Mai. Se. Königliche Hoheit der Fürst von Hohenzollern ist heute zu mehrwöchentlichem Kurgebrauch hier eingetroffen.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 2. Mai. Der dem hiesigen Speziallandtag vorgelegte Etat für die Staatskassen⸗ verwaltung des Herzogthums auf das Jahr 1874 schließt mit einer Einnahme von 695,400 Thlr. und einer Ausgabe von 713,000 Thlr. ab, also mit einem Defizit von 17,600 Thlr. Unter den Ausgaben erscheinen die Matrikularbeiträge, daneben eine außer⸗ ordentliche Ausgabe von 8000 Thlr. für neuzubeschaffende go⸗ thaische Kassenscheine, von denen eine Menge zum ungefähren Betrag von 40,000 unbrauchbar geworden ist. Im Etat der Domänenkassenverwaltung ist eine Mehrausgabe von 9243 Thlr. zu Gehaltserhöhungen für die Forstbeamten vorgesehen. n . raee H es er AüRIEgKHFn aaan

Lübeck, 1. Mai. Der Senat wird der Bürgerschaft dem⸗ nächst ein Gesetz über Regulirung der Quartaltermine zur Mit⸗ genehmigung vorlegen. Diese Termine, welche sehr verschieden⸗ artig fallen, je nachdem es sich um Auszahlung von Pfand⸗ posten oder Zahlung von Renten, Pfandzinsen und Miethen, oder aber um die Räumung gemietheter Lokalitäten handelt, sollen fortan übereinstimmend auf dem letzten Werktag der Mo⸗ nate März, Juni, September und Dezember verlegt werden, die Kündigungstermine füͤr diese Verhältnisse sollen dagegen auf dem ersten Werktag der darauf folgenden Monate fallen, näm⸗ lich April, Juli, Oktober und Januar. Der Bürgerausschuß hat in seinem Gutachten denselben einstimmig zur Annahme empfohlen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 1. Mai. Se. Majestät der Kaiser und Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz des Deutschen Reichs besuchten die gestrige Vorstellung der Oper „Dinorah“ im Theater a. d. Wien.

2. Mai. (W. T. B.) Die Delegation des Reichs⸗ rathes hat die Voranschläge für das Reichs⸗Finanz⸗Ministe⸗ rium und den obersten Rechnungshof, sowie das Ordinarium und das Extraordinarium des Kriegsbudgets pro 1874 im Wesentlichen nach den Anträgen des Ausschusses genehmigt. Bei mehreren Titeln des Kriegsbudgets wurden verschiedene, vom Ausschusse gestrichene Posten von der Delegation wieder einge⸗ stellt. Der Gesammtbetrag dieser Posten beziffert sich auf etwa eine halbe Million Gulden. Die ungarische Delegation ertheilte zu der für die Wiener Garnison während der Weltausstellung geforderten Theuerungszulage ihre Genehmigung.

Schweiz. Bern, 2. Mai. (W. T. B.) Die Regie⸗ rung des Kanton Luzern hat die Regierung von Solothurn er⸗ sucht, für den beiderseitigen Verkehr bis zur definitiven Rege⸗ lung der Baseler Bisthumangelegenheiten einen modus vivendi vorzuschlagen.

Der hiesige Regierungsrath hat nnunmehr beim

Appellations⸗ und Kassationshofe die Abberufung der renitenten

97 katholischen Geistlichen des Berner Jura von ihren Aemtern beantragt.

Niederlande. Haag, 2. Mai. (W. T. B.) Der Regierung ist ein Telegramm des General⸗Gouverneurs von Nie⸗ derländisch⸗Indien zugegangen, welches besagt, daß nach einer telegraphischen Anzeige des Regierungs⸗Kommissars in At chin vom 28. v. Mts. die Einschiffung der Truppen glücklich beendet wor⸗ den war. Zugleich zeigt der General⸗Gouverneur an, er habe zum Schutze des für die Blokade⸗Flotille bestimmten Kohlen⸗ depots eine Truppenabtheilung nach Deli (Ostküste von Suma⸗ tra) abgehen lassen.

In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde der Vorschlag des Finanz⸗Ministers van Del⸗ den, den Betrag der zur Staatsschuldentilgung bestimmten Summe um 7 Millionen zu erhöhen und sonach im Ganzen 8,900,000 Gulden zur Amortisirnng zu bringen, mit 72 gegen 2 Stimmen angenommen. Dem Vertrage mit der großen bel⸗ gischen Central⸗Eisenbahngesellschaft über den Wiederankauf der Eisenbahnen von Roosendaal nach Moerdyk und von Roosen⸗ daal nach Breda hat die Kammer ihre Genehmigung mit 45 gegen 29 Stimmen versagt.

Belgien. Brüssel, 30. April. Der heutige „Moni⸗ teur“ publizirt das Tags zuvor votirte und von dem Könige per Telegraph aus London genehmigte Gesetz, welches die Re⸗ gierung zur Kontrahirung einer Anleihe von 240 Mill. Franes ermächtigt.

Großbritannien und Irland.

London, 1. Mai. Die Königin ist gestern in Begleitung der Prinzessin Bea⸗ trice und ihres Hofstaates von Osborne nach Schloß Windsor zurückgekehrt.

Prinz Arthur, der dritte Sohn der Königin, der gegenwärtig in Wien weilt, vollendete heute sein 23. Lebensjahr.

2. Mai. (W. T. B.) Auf eine Interpellation Lauder⸗ dale's in der heutigen Sitzung des Oberhauses, gab der Staats⸗Sekretär für die Kolonien Earl Kimberley die Erklärung ab, daß Maßregeln getroffen seien, die Waffenzufuhr für die Ashantees zu verhindern. Der Minister konstatirte, daß die An⸗ gaben über die Zahl der Ashanteetruppen übertrieben seien, deren Stärke nur 4000 Mann betrage. Die ganze gegen die Ashantees

isponible Kolonialmacht betrage 850 gut bewaffnete und aus⸗

stete Männer, die, wie er glaube, in Verbindung mit den abgesandten Verstärkungen hinreichend sein würden, das englische Gebiet an der afrikanischen Goldküste wirksam zu schützen.

Spanien. Madrid, 2. Mai. (W. T. B.) Durch eine heute veröffentlichte Verfügung der Regierung ist an Stelle des zurückgetretenen Kriegs⸗Ministers Acosta dem General Nou⸗ villas die Leitung des Kriegs⸗Ministeriums über⸗ tragen. Während der Abwesenheit des Letzteren ist Pierrald mit der einstweiligen Führung der Geschäfte betraut.

Italien. Rom, 29. April. Prinz Alfred, der Herzog von Edinburgh, ist nach Neapel, resp. Sorrent, weiter gereist.

2. Mai. (W. T. B.) Die heutigen Journale bespre⸗ chen sämmtlich die Ministerkrisis und stimmen in der An⸗ sicht überein, daß die Situation eine besonders schwierige sei. Der General⸗Adjutant des Königs, Graf Menabrea, begiebt sich heute Abend nach Stockholm, um als Abgesandter des Kö⸗ nigs von Italien der Krönung des Königs von Schweden bei⸗ zuwohnen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 1. Mai. Der Großfürst Alexis von Rußland hat einem Telegramm aus Shanghai zufolge Nagasaki verlassen und sich nach

Wladiwostock begeben.

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Dänemark. Kopenhagen, 30. April. Die Zoll⸗ einnahmen haben im Finanzjahre vom 1. April. 1872 bis 31. März 1873 mit der Kriegssteuer 9,837,934 Rdl. oder 473,019 Rdl. mehr als im vorhergehenden

Finanzjahre betragen. Von dieser Mehreinnahme fallen 434,316

Rdl. auf die gewöhnlichen Zollintraden und 28,703 Rdl. auf

die Kriegssteuer. (W. T. B.)

2. Mai. In der heutigen Sitzung des

Folkethings kam das neue Finanzgesetz zur Berathung,

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dessen Verwerfung von der Linken beantragt wurde. Es ent⸗

spann sich eine sehr lange und heftige Debatte, in welcher der Finanz⸗Minister namentlich die Nothwendigkeit einer starken und selbständigen Regierungsgewalt betonte. Veranlassung, die Verwaltung des früheren Ministeriums Hall

Die Schlußdebatte gab

einer herben Kritik zu unterziehen. Nach eilfstündiger Diskussion wurde endlich um 2 Uhr Morgens das Finanzgesetz mit 61 ge⸗

gen 39 Stimmen angenommen.

Amerika. Ueber den Indianerkrieg in den Ver⸗

einigten Staaten schreibt der Korrespondent der „Times“:

„Der Feldzug gegen die Modoc⸗Indianer ist wegen der merkwür⸗ digen Natur der Lavabetten, die sie okkupiren, ein ungewöhnlicher.

flusses

Diese Lavabetten sind eine Bildung, die längs der Grenzlinie zwischen Oregon und Californien auf einer Distanz von 600 (engl.) Meilen landeinwärts vom Stillen Ocean besteht. Es ist eine Basaltbildung, die auf dem Bette irgend eines Sees aufgeworfen worden zu sein scheint. Die plötzliche Kühlung hat sie nach

allen Richtungen hin gespalten, so daß sie ein Netzwerk von Ritzen, die

in Tiefe im Allgemeinen von 10 bis 60 Fuß bildet. Eine Anzahl Nebenflüsse des Columbia⸗ fließen durch diese Region nördlich in den

variiren,

DOregon und bilden auf ihrem Laufe zahlreiche Seen und Teiche.

Das Wasser spült an vielen Orten die Erdbildung unter den

Felsen aus, und in dieser Weise haben sich zahlreiche Höhlen ge⸗ bildet, von denen einige sich viele Meilen lang ausdehnen und

von großem Umfange sind.

Diese Höhlen öffnen sich in die

Ritzen, und in einem Falle ist man der Spur eines Flusses auf

60 (engl.) Meilen unter diesen Lavabetten gefolgt, ohne daß er ein

einziges Mal auf der Oberfläche zum Vorschein kam. Die Sei⸗ ten der Ritzen sind ungewöhnlich rauh und unregelmäßig, und es ist äußerst schwierig, nach den Höhlen hinunterzusteigen oder aus denselben heraufzusteigen. Die Modocs okkupiren diese außergewöhnliche Region nicht ganz, sondern sind durch

die militärischen Operationen auf einen kleinen Theil derselben

beschränkt.

neral Gillems Kommando. dieser entfernten Region zu erhalten, da die Entfernung von

über welche alle Depeschen müssen.

Sie befinden sich am südlichen Ufer des Sees Tule, und das Militär hat vom östlichen bis zum westlichen Ufer einen

Cordon um sie gezogen, so daß ihr Entkommen für unmöglich

erachtet wird. Dieser Cordon hat ungefähr 8 Meilen im Durch⸗

messer, und der See wird Tag und Nacht durch kleine Boote

patrouillirt. Die Truppen sind in drei Corps getheilt, so daß es ein Lager östlich, westlich und südlich von den Befestigungen der Modocs giebt, und durch die Vereinigung der Picketlinien wird die Cernirung komplett gemacht. Der bisher befolgte Ope⸗

rationsplan war, die Armee⸗Linie allmählich dichter zusammen⸗

zuziehen, um das okkupirte Terrain einzuengen. Einige der er⸗ fahrensten Indianerkämpfer des Landes befinden sich unter Ge⸗ Es ist schwierig, Nachrichten von

dem Hauptquartier der Truppen nach der nächsten Telegraphen⸗ station 30 (engl.) Meilen ist, durch eine sehr mangelhafte Straße, durch Couriere gesendet werden

Die Indianer⸗Bevölkerung der Vereinigten Staaten wird

ausschließlich jener in Alaska von der Regierung auf 300,000

Bewohner 1 e friedlich auf „Reservationen“, während ungefähr 95,000 auf den Ebenen umherstreifen, aber doch im Allgemeinen friedlich sind

verursacht sind. ecivilisirt und stehen hinlänglich unter der Kontrolle der Agen⸗

Von diesen leben ungefähr 150,000

geschätzt.

und gelegentlich nach den Agencien kommen. Ungefähr 55,000

befinden sich gänzlich außerhalb der Kontrolle der Regierung und man sieht demnach, daß fast alle Verlegenheiten, die der

Regierung bereitet werden, durch kaum ein Sechstel der Race Fünf Sechstel sind gänzlich oder theilweise

ten, um sie in Ordnung zu halten. Für die Uebrigen indeß ist der einzige Damm die Militärmacht, und gegen diese giebt es drei Operationsfelder. In Californien bekämpfen die Truppen die Modocs, deren Zahl beschränkt ist, aber deren Be⸗ festigungen unbezwingbar sind. In Arizona und Neu⸗Meriko leitet General Crook die Operationen gegen die 6000 bis 10,000 Mann zählenden Apachen, und diese Operationen werden so energisch betrieben, daß alle paar Tage eine Apachenbande an⸗ gegriffen und mit starkem Verlust aufs Haupt geschlagen wird.

8 8 Ein Bericht über einen dieser Kämpfe, der Anfangs April stattfand, Wilden mit einem Verlust von 41 Todten zersprengt wurde.

meldet, daß in demselben eine Bande dieser

Diese aggressive Campagne soll, wie es heißt, eine gute Wirkung

eines der widerspenstigsten im Westen.

haben, und man erwartet eine baldige Uebergabe des Stammes, 1 Das dritte und ausge⸗ dehnteste Operationsfeld bedeckt die weiten Ebenen von Mon⸗

tana, Dakota und Wyoming, welche die kriegerischen Banden der Sioux, der Cheyennes, Ubes, Crows, Arrapahoe'’s, Blackfeet

und Andern, 45⸗ bis 50,000 M. zählend, durchstreifen. Gegen diese wird kein glücklicher Krieg geführt, aber nur, weil die Trup⸗ pen vbeständig auf ihrer Hut gehalten werden und jede mögliche Vorsicht gebrauchen, um ihn zu verhindern, und weil die „In⸗ dianer⸗Friedens⸗Kommission“ beständig ihren mächtigen Einfluß gebraucht. Diese Stämme bedrohen die Grenzen von Minnesota, Nebraska und Kansas, und beeinträchtigen die Vermessungen der Nord⸗Pacific⸗Eisenbahn. Alles in Allem genommen, stehen kaum 12,000 Mann Truppen im Indianerlande, eine Region, die mehr als die Hälfte der Vereinigten Staaten bedeckt.

UMeber den verunglückten Angriff auf die Befestigungen

der Modoc⸗Indianer liegen nunmehr weitere Nachrichten vor.

Die Rekognoszirungs⸗Abtheilung wurde von den Indianern im Hinterhalt völlig überrumpelt. Die Truppen waren außer Stande, den Indianern eine wirksame Züchtigung beizubringen, obwohl, wie man glaubt, vier gefallen sind. Die Modocs zählen angeblich 70 Krieger, alle wohl bewaffnet, einige sogar mit zwei Musketen. Der Hinterhalt wurde in einer neuen Lavabildung gelegt, wo die Indianer nachhaltig geschützt waren. Die über⸗ lebenden Soldaten verbargen sich in den Felsenspalten bis zum Eintreffen von Verstärkungen am Sonntag Morgen. Nach dem Rückzug der Modocs kehrten die Verstärkungen am Montag Morgen mit 11 Todten und 22 Verwundeten nach dem Lager

zurück; acht Todte wurden auf dem Felde gelassen. Die Leichen waren schrecklich verstümmelt, einige bis zur Unkenntlichkeit

1“ 1“ 8 8

Generalversammlung der Westdeutsche

Lieutenant Crouston glaubt, daß sie Gefangene sind. sich Kapitän Thomas, der Führer der Rekognoszirungs⸗Abthei⸗ lung, und die Lieutenants Howe, Wright und Harris.

Per Kabel wird aus New⸗York vom 1. d. gemeldet: In Fort Garry, Minnesota, nicht Maniboba, (wie irr⸗ thümli rikanische Handelsleute auf Cypris⸗Hill, im britischen Territorium, 450 Meilen entfernt, zwei Sioux⸗Häuptlinge vergiftet hätten. Auf die Kunde von der Ermordung ihrer Häuptlinge übten die Sioux⸗Indianer Repressalien aus und ermordeten mehrere Weiße. Die früheren Berichte waren übertrieben.

Aus Rio de Janeiro vom 10. März wird dem „Reuter⸗ schen Bureau“ gemeldet: Wie verlautet, sind unter den Mit⸗

und vier Soldaten werden vermißt; man

des Ministeriums Mißhelligkeiten, bezüglich der religiösen

ontroverse zwischen mehreren Bischöfen und einigen Frei⸗ maurern entstanden. Der Justiz⸗Minister hat der Deputirten⸗

kammer einen Gesetzentwurf für die Reform der Nationalgarde vorgelegt, dessen Diskussion indeß noch nicht begonnen hat. Das

gelbe Fieber ist beinahe verschwunden. Die Revolution in Paraguan ist unterdrückt worden.

Baron de Penedo ist aufs Neue zum außerordent⸗ lichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Brasiliens am Hofe von St. James ernannt worden, nachdem er diesen

Posten früher 12 Jahre bekleidet hatte.

Asien. Die chinesische Audienzfrage nähert sich ihrer Lösung. Einem Telegramm aus Shanghai vom 30. April zufolge, hat der Kaiser von China seine Minister ange⸗ wiesen, das bei der Ertheilung von Audienzen an auswärtige Gesandte zu beobachtende Ceremoniell in Erwägung zu ziehen.

Kunst und Wissenschaft.

Berlin, 3. Mai. Der Vorstand der deutschenchemischen Gesellschaft hat in seiner Sitzung vom 28. April den einstimmigen Beschluß gefaßt, das Andenken Justus von Liebigs durch Errich⸗ tung eines würdigen Denkmals zu ehren, und alsbald ein aus Mitgliedern der Gesellschaft bestehendes Komite mit den einleitenden Schritten für die Ausführung dieses Unternehmens betraut.

Hildesheim, 1. Mai. Gestern Mittag 1 ½ Uhr verschied der Vicarius und Professor Dr. Johannes Leunis hierselbst. Der⸗ selbe war im Jahre 1802 in Mahlerten geboren und besuchte, da er sich für den geistlichen Stand entschied, das hiesige Gymnasium Jo⸗ sephinum. Nachdem er im Jahre 1827 die Priesterweihen empfangen, wurde er Professor an dem Josephinum und übernahm bei der Ein⸗ führung von Fachlehrern (1831) den Unterricht in Geschichte, Geo⸗ graphie und Naturwissenschaften. Seinen Ruf begründete Leunis durch seine „Synopsis,“ ein Lehrbuch der Naturgeschichte, das zahlreiche Auflagen erlebte und in den meisten höheren Lehranstalten eingeführt ist. In Anerkennung seiner Verdienste um die Wissenschaft creirte ihn die Universität Göttingen zum Doktor honoris causa und im Jahre 1844 ernannte ihn das hiesige Domkapitel zum Vicarius. Der Ver⸗ storbene war Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften und hat unser städtisches Museum, dessen Gründung er eifrigst mitbetrieb, ihm manche reiche Schenkung aus seinen naturwissenschaftlichen Samm⸗ lungen zu verdanken.

In Braunshain bei Hohenkirchen, unweit Pölzig in Sachsen⸗Altenburg hat der Professor Dr. Klopfleisch aus Jena vom 15. bis 30. April Ausgrabungen von 16 Hünengräbern ge⸗ leitet, die der Kantor H. Thaermann in Hohenkirchen entdeckt hatte. In der Tiefe von 2 Fuß befand sich eine starke Kohlenschicht, Asche und gebrannter Lehm; weiter kamen 10 Steinfänstel (Steinmeißel) aus Grünstein, Achat oder Feuerstein gearbeitet, ca. 30 Messer aus Feuerstein, ca. 6 Stück Reibsteine aus buntem Sandstein und 25 Urnen zum Vorschein. Dieselben waren nicht durch Steine geschützt, daher meist von der Erde zerdrückt. Die Urnen sind theils schüssel⸗, theils vasenförmig, aber sämmtlich oval, mit Henkeln und zum Theil mit Füßen versehen. Die eigenthümlichen, dem Eindruck eines Bind⸗ fadens gleichenden Verzierungen der Urnen lassen muthmaßen, daß dieselben aus der Zeit der Markomanen herstammen. Eisen und Bronze wurde in den Gräbern nicht gefunden. Professor Dr. Klop⸗ fleisch wird die ausgegrabenen Sachen in Jena einer näheren Prü⸗ fung unterwerfen.] 1131

Das Preisgericht für ein in Bremen zu errichtendes Krie⸗ gerdenkmal, bestehend aus den Herren Professoren Dr. Drake zu Berlin, Professor Dr. Hettner zu Dresden und Sher⸗Baurath Schröder zu Bremen, hat dem Entwurf des Bildhauers Karl Keil aus Wies⸗ baden, wohnhaft in Berlin, den ersten Preis, demjenigen des Bild⸗ hauers Diedrich Kropp zu Bremen den zweiten, und dem des Bildhauers Robert Diez zu Dresden die Auszeichnung der ehren⸗ vollen öffentlichen Erwähnung zuerkannt.

Wie die „Straßburger Ztg“ meldet, hat man im Ensis⸗ heimer Wald, welcher viele „Hünengräber“ aus celtischen und gallo⸗römischen Zeiten enthält, wieder einen interessanten Fund gemacht. Derselbe besteht ans einem Diadem und einem Armband von massivem Golde und kunstvoller Arbeit, und hat ein Goldschmied den rohen Werth der beiden Kunstgegenstände zu 900 Frs. abgeschätzt

London, 30. April. In Lancaster, PYorkshire, wurde am Dienstag kurz nach 2 ½ Uhr Mittags ein ziemlich heftiger Erdstoß vei⸗ spürt, der sich jedoch, einige Erschütterung abgerechnet, als ungefährlich

erwies. Landwirthschaft.

Im Verlage von Heinrich Schmidt in Leipzig erschien soeben das 1. Heft der „Georgika“, Monatsschrift für Land⸗ wirthschaft und einschlagende Wissenschaften, unter Mit wirkung einer größeren Zahl von Praktikern und Fachgelehrten, heraus⸗ gegeben von Dr. Karl Birnbaum, Professor für Landwirthschaft an der Universität zu Leipzig. Dasselbe hat folgenden Inhalt: Em⸗ pirie und Wissenschaft. Von H. v. Liebig. Zur Lage des landwirth⸗ schaftlichen Arbeiterstandes in Pommern. Von Dr. Clemens Treutler. Ueber Schlämpemauke. Von Prof. Dr. Zürn in Leipzig. Die Buch⸗ führung des Landwirths. III. Von Prof. Dr. Birnbaum. Kritische Betrachtungen über die Grundsteuer. Mittheilungen über den Land⸗ bau in Deutsch⸗Lothringen. Von F. W. Toussaint. (Original⸗Kor⸗ respondenz.) Marktbericht von Dr. Wlliam Löbe. Literaturbrief.

Karlsruhe, 30. April. Die Ernte Badens war im Jahre 1872 nach den jetzt gesammelten statistischen Nachweisen eine im Gan⸗ zen günstige. Getreide, die Hauptsache, wird bezeichnet als ziemlich gut, Futter und Heu als gut, Futterhackfrüchte und Handelsgewächse ziemlich gut, Kartoffeln und Wein nahezu schlecht, Obst etwas unter dem Durchschnitt. Kartoffel⸗ und Weinernte war die schlechteste seit der statistischen Beobachtung (1865), di. Futterernte war nur 1867 gleich günstig.

Rom, 2. Mai. (W. T. B.) Neueren Nachrichten zufolge sind die durch die letzten Fröste verursachten Schäden nur auf einzelne Distrikte beschränkt.

Gewerbe und Handel.

In der am 30. v. M. stattgefundenen Aufsichtsraths⸗Sitzung der Berolina, Häuserbau⸗Aktiengesellschaft, wurde von der Direktion die von dem gerichtlichen Bücher⸗Revisor Herrn Adolphi revidirte Bilanz pro 1872 vorgelegt und beschlossen, der stattfindenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 5 % für die abgelaufene Geschäftszeit vorzuschlagen. Die Generalversammlung findet am 15. d. M. statt.

Essen, 1. Mai. In der heute stattgehabten 1“ ordentlichen

n Versicherungs⸗Aktien⸗

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Unter den Todten befinden

gemeldet wurde) ist die Nachricht eingelaufen, daß ame⸗

Konfektionsstoffe wurden außergewöhnlich lebhaft gesucht.

Bank wurde über die Geschäftsergebnisse des abgelaufenen Rechnung jahres Bericht erstattet. Die Prämieneinnahme in der Feuer⸗ und Glasversicherungsbranche stieg von 223,718 Thlr. auf 321,191 Thlr. und das gezeichnete Versicherungskapital von 145,279,627 Thlr. auf 182,149,027 Thlr. Für Brand⸗ und Glasbruchschäden wurden gezahlt 102,962 Thlr. und werden für noch schwebende Schäden 6441 Thlr. reservirt. Die im Jahre 1872 vorgekommenen Schäden wurden faft sämmtlich bis zum Schluß des Jahres abgemacht und ohne usnahme im Wege der gütlichen Vereinbarung regulirt, so daß kein einziger zu einem Prozeß führte. An Prämienreserve werden vorgetragen 183,052 Thlr. und bleibt ein Ueberschuß von 20,716 Thlr., aus wel⸗ 85 den Aktionären eine Dividende von 8 Thlr. pr. Aktie gezahlt wird.

Ueber die Entwickelung des Geschäfts im laufenden Jahre laute⸗ ten die Mittheilungen der Direktion ebenfalls befriedigend. In den ersten drei Monaten wurde im Feuerversicherungsgeschäft eine Mehr⸗ einnahme an Prämie erzielt gegen das Vorjahr von rot. 31,000 Thlr., während die Schadenziffer bis jetzt niedriger ist als im Vorjahre.

Nach dem Jahresbericht der Handelskammer zu Elber⸗ feld pro 1872 hatte sich auf dem Gebiete der Seidenwaarenfabrikation die nach Herstellnng des Friedens wieder eingetretene Mitbewerbung Lyons so fühlbar gemacht, daß in Verbindung mit den in⸗ zwischen gesteigerten Löhnen eine Reduktion der Weberzahl unausbleib⸗ lich sein wird. Auch in Bändern, Litzen, Kordeln, ganz oder theil⸗ weis aus Wolle, Baumwolle, Leinen, Modebändern ganz aus Seide, Wolle, Baumwolle oder aus diesen Stoffen gemischt, war der Ge⸗ schäftsgang bedentend ruhiger und der Konsum geringer als im Jahre 1871. Dagegen erhielten sich die Fabrikate der Möbelstoffbranche, wollene Streichgarne und mit Streichgarn gemischte Waaren, in guter Nachfrage. Die Fabrikation wollener Kammgarn⸗ und mit Kamm⸗ garn, Baumwolle und Secide gemischter Gewebe, sowie von Geweben aus doublirtem Kammgarn litt durch Ueberproduktion. Zanella und Das Jahr 1872 eröffnete für halbwollene Kleiderstoffe mit hohen Rohstoff⸗ preisen bei bedeutendem Absatz, der aber zum großen Theil noch auf billigen Kontrakten basirte. In Weften war der Aufschlag gegen den Sommer 1871 so bedeutend, daß neue Geschäfte in den betreffenden Artikeln unlohnend und deshalb eingeschränkt wurden. Gummiwaaren wurden lebhaft gefragt; auswärtige Konkurrenz drückte jedoch die Preise. Die Eisengarnfabriken waren bis zum Oktober 1872 sehr stark beschäftigt. Für die Türkisch⸗Rothgarnfärberei war das deutsche, nicht aber das uͤberseeische Geschäft befriedigend. Die Wagen⸗ fabrikation, die hauptsächlich exportirt, arbeitet nicht mehr mit glei⸗ chem Vortheil wie früher. Die Maschinenbauanstalten und Eisengie⸗ ßereien konnten bei dem Mangel an tüchtigen Arbeitern nicht alle Aufträge ausführen. Die Eisen⸗ und Stahlwaaren⸗(Klein⸗) Industrie litt unter den um mehr als 100 Prozent gestiegenen Preisen des Roh⸗ eisens. Die Anilinfabriken hatten weniger Absatz und schlechtere Preise als früher, weil die Mode den Anilinfarben nicht günstig war. Für die Provinzial⸗Gewerbeschule ist ein 81 Are 22 Qu. Meter großes Grundstück angekauft worden, auf welchem ein neues Gebäude für dieselbe aufgeführt werden soll. Die beiden Unterstützungskassen für Fabrikarbeiter zählten am 1. November 1872 541 Färber ꝛc. und 3320 andere Ar⸗ beiter als Mitglieder, die 11 Handwerksgesellen⸗Unterstützungskassen Ende 1871 2490, die Buchdrucker⸗ und Schriftsetzer⸗Gehülfenkasse für Elberfeld und Barmen 149, die 8 Krankenkassen für selbständige Gewerbtreibende 968 Mitglieder. Außerdem waren Ende 1871 noch vorhanden: 25 Kranken⸗ und Sterbeauflagen mit 12,270 Mitgliedern, 4 Krankenauflagen mit 258 Mitgliedern, 42 Sterbeauflagen mit 7695 Mitgliedern, 2 Unterstützungskassen für wandernde Handwerksgesellen mit 78 Mitgliedern. Die Waarenausfuhr aus dem Handelskammer⸗ bezirk Elberfeld nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika belief sich im Jahre 1872 auf 6,150,699 Thaler.

Verkehrs⸗Anstalten.

Triest, 2. Mai. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Diana“ ist heute Nachmittag 2 Uhr mit der ostindisch⸗chinesischen Ueberland⸗ post aus Alexandrien hier eingetroffen.

London, 30. April. Das Handelsamt hat vom Staats⸗ Sekretär fär auswärtige Angelegenheiten eine Depesche des britischen Gesandten in Rom erhalten, welche meldet, daß zwischen Genua und den südamerikanischen Häfen Rio de Janeiro, Montevideo und Buenos Aires eine neue Dampferlinie hergestellt worden ist. Dieselbe Behörde hat auch eine Depesche des britischen Konsuls in San Francisco erhalten, welche meldet, daß die amerikanische Dampferlinie zwischen diesem Hafen und Neuseeland zurückgezogen wird, und daß wahr⸗ scheinlich in Kurzem eine englische Linie zwischen diesen Orten herge⸗ stellt werden wird.

Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Bureau.

Wien, Sonnabend, 3. Mai. Für die Zeit der Anwesen⸗ heit der Hohen Fürstlichen Gäste sind von dem Kaiserlichen Hofe zwei große Gartenfestlichkeiten in Aussicht genommen; die eine soll im Laufe des Monat Mai in Schloß Laxenburg und die zweite während der Anwesenheit des Kaisers Wilhelm in Goedoelloe stattfinden. Der Kronprinz des Deutschen Reichs und von Preußen beabsichtigt eine Donaufahrt nach Pest zu unternehmen, wobei er in der Osener Burg sein Absteigequar⸗ tier nehmen wird.

London, Sonnabend, 3. Mai. In der gestrigen Sitzung des Unterhauses stellte Hamilton den Antrag, gegen die Regie⸗ rung wegen ihres Verhaltens in der San Juan⸗Frage ein Tadelsvotum auszusprechen. Gladstone vertheidigte die Regie⸗ rung gegen den Angriff und schloß seine Rede mit der Erklä⸗ rung, daß es durchaus natürlich sei, wenn die erfolgte, für Nordamerika günstige und die Ansprüche Englands zurück⸗ weisende schiedsgerichtliche Entscheidung schmerzliche Gefühle er⸗ regt habe. Darüber aber könne auch nicht der geringste Zweifel aufkommen, daß der Kaiser Wilhelm nach der eingehendsten, sorgfältigsten und mühsamsten Pruͤfung der einschlägigen Ver⸗ hältnisse seinen Wahrspruch mit der vollsten Unparteilichkeit ab⸗ gegeben habe. Der Zwischenfall war damit erledigt.

Perpignan, Sonnabend, 3. Mai. Nach eingelaufenen Meldungen aus Barcelona vom 1. d. M. hat Oberst Cabrinety die Carlisten⸗Abtheilungen unter Saballs und Nilla in einem sechsstündigen Gefechte in den Bergen von Monseny völlig ge⸗ schlagen. Oberst Cabrinety ist wegen des siegreichen Gefechts zum Brigadier ernannt worden. Der General⸗Kapitän von Catalonien Velarde hat einen Befehl erlassen, wonach alle Land⸗ häuser verlassen und zugemauert werden sollen. Diese Anord⸗ nung, über deren ganzen Inhalt und Umfang Näheres noch nicht vorliegt, soll in der ganzen Provinz große Aufregung hervorgerufen haben, zumal da Velarde auf die Bitte, den Befehl zurückzunehmen, erklärte, er werde die Landhäuser, welche nicht vermauert würden, zerstören lassen. Sechzig Alcalden hatten in Folge dessen beabsichtigt, ihr Amt niederzulegen; man befürchtet einen allgemeinen Aufstand, im Falle die Maßregel zur Ausführung gelangen sollte.

Rom, Sonnabend, 3. Mai. Der König hat der „Opinione“ zufolge auch mit Ricasoli und Minghetti wegen Bildung eines neuen Kabinets verhandelt. Dieselben erklärten indeß, daß in der jetzigen Kammer ausreichende Elemente für die Bildung eines neuen Ministeriums nicht vorhanden seien. Es werden von mehreren Seiten Schritte gethan, um das gegenwärtige Ministerium zum Verbleiben im Amte zu bestimmen; diese Ver⸗ suche begegnen indeß noch Schwierigkeiten.

Konstantinopel, Freitag, 2. Mai. Die Ruhe in Beth⸗ lehem ist wieder vollständig hergestellt. Die Pforte ha