1873 / 118 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 May 1873 18:00:01 GMT) scan diff

In der heutigen (35.) Sitzung des Herrenhauses, welche der Präsident Graf Otto zu Stolberg um 10 Uhr er⸗ öffnete und welcher der Präsident des Königlichen Staats⸗ Ministeriums Graf v. Roon, der Minister der auswärtigen An⸗ ggeelegenheiten Fürst v. Bismarck und die Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg, Camphausen, Dr. Leonhardt, Graf Königsmarck und Dr. Achenbach, sowie mehrere Regierungs⸗Kommissarien bei⸗ wohnten, wurde als erster Gegenstand der Tagesordnung auf Antrag des Referenten Grafen zur Lippe der Gesetz⸗ entwurf, betreffend das Expropriations⸗Verfahren in den durch das Gesetz vom 24. Dezember 1866 mit der preußischen Monarchie vereinigten, vormals bayerischen Landestheilen ohne Diskussion in der Fassung der Regierungs⸗ vorlage mit der Abänderung angenommen, daß die Ueberschrift folgende Fassung erhielt: „Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des⸗Artikels 18 des in den vormals bayerischen Gebietstheilen gültigen Gesetzes vom 17. November 1837 über die Zwangsabtretung von Grundeigenthum für öffentliche Zwecke.“

Ohne Diskussion erhielt ferner der Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des §. 3 des Gesetzes vom 19. März 1860

wegen Revision der Normalpreise, die Genehmigung des Hauses. 8 Graf v. d. Schulenburg⸗Angern erstattete hierauf münd⸗ lichen Bericht der Budget⸗Kommission über die Uebersicht von den Staatseinnahmen und Ausgaben des Jahres 1871, nebst der dazu gehörigen Denkschrift und den Motiven für die darin nachgewiesenen Etatsüberschreitungen und außeretatsmäßigen ertraordinären Ausgaben und beschloß, auf seinen Antrag in Uebereinstimmung mit dem Hause der Abgeordneten, vorhe⸗ haltlich der bei der Prüfung der Rechnung sich etwa noch ergebenden Erinnerungen a. die nachgewiesenen Etats⸗ Ueberschreitungen für das Jahr 1871 mit 5,014,772 Thlr. 9 Sgr. 9 Pf., b. die nicht auf gesetzlichen Bestimmungen beru⸗ henden außerordentlichen, im Etat nicht vorgesehenen Ausgaben im Betrage von 4,233,661 Thlr. 1 Sgr. 5 Pf., zusammen 9,248,433 Thlr. 11 Sgr. 2 Pf. nachträglich zu genehmigen.

Herr von Rabe berichtete hierauf mündlich Namens der Finanz⸗Kommission über den Gesetzentwurf, betreffend die auf

Grund des Reichsgesetzes vom 8. Juli 1872 zur Ueberweisung an Preußen gelangenden Geldmittel, und das Haus beschloß, auf seinen Antrag den Gesetzentwurf in Uebereinstimmung mit dem Hause der Abgeordneten ebenfalls unverändert anzunehumen.

Es folgte demnächst als fünfter Gegenstand der Tagesord⸗ nung der mündliche Bericht der Kommissiou für Eisenbahn⸗ Angelegenheiten über den Gesetzentwurf, betreffeud die Aufnahme einer Anleihe in Höhe von 120,000,000 Thalern zur Erweiterung, Vervollständigung und besseren Ausrüstung des Staats⸗Eisenbahnnetzes. Ein Antrag des

ürsten Putbus, den Gesetzentwurf an die Kommission zurück⸗ zuweisen mit dem Auftrag dem Hause schriftlichen Bericht zu erstatten, fand nicht genügende Unterstützung. An der Diskussion betheiligten sich außer dem Referenten, Herrn von Thaden, die Herren Fürst Putbus, von Kleist⸗Retzow und Hasselbach. Nach⸗ dem auch der Minister für Handel ꝛc. Dr. Achenbach die Vor⸗ lage zur Annahme empfohlen, wurde dieselbe von der Majorität des Hauses mit großer Majorität in der Fassung der Regierungs⸗ vorlage angenommen.

Es folgte als sechster Gegenstand der Tagesordnung der mündliche Bericht der XIII. Kommission über den Gesetzentwurf, betreffend die Betheiligung der Staatsbeamten bei der Verwal⸗

tung von Erwerbs⸗Gesellschaften. Als Referent der Kommission beantragt Herr v. Voß:

1) den vorliegenden Gesetzentwurf in der im andern Hause er⸗ haltenen Fassung abzulehnen, 2) die Königliche Staatsregierung aufzufordern, einen die gesammte Materie der Neben⸗Aemter und Nebenbeschäftigungen von Staatsbeamten umfassenden Gesetzentwurf dem Landtage zur Beschlußnahme vorzulegen, 3) eventuell den nach⸗ stehenden Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Betheiligung der Staatsbeamten bei Gründungs⸗Komites und bei Verwaltung von Aktien⸗, Kommandit⸗ und Bergwerks⸗Gesellschaften in der von der Kommission amendirten Gestalt anzunehmen.

b An der Diskussion betheiligten sich außer dem Referenten Herrn Voß die Herren Wilkens, Hasselbach und der Regierungs⸗ Kommissar Geheime Regierungs⸗Rath Steinmann. Bei der Spezial⸗Diskussion wurde §. 1 unter Ablehnung der Regierungs⸗ porlage in folgender Fassung angenommen:

„Unmittelbare Staatsbeamte dürfen ohne Genehmigung des vorgesetzten Ressort⸗Ministers nicht in den Vorstand oder Aufsichts⸗ rath von Aktien⸗, Kommandit⸗ oder Bergwerksgesellschaften und nicht in Komites zur Gründung solcher Gesellschaften eintreten.“

Der §. 2 wurde gestrichen, ebenso das zweite Alinea des §. 3, so daß dieser Paragraph in folgender Fassung angenommen wurde: 8

„Die ertheilte Genehmigung ist jederzeit wiederruflich.

Der §. 4 wurde in der Fassung der Regierungsvorlage ge⸗ nehmigt und dann die Sitzung um 1 ¼ Uhr geschlossen. Nächste Sitzung morgen früh 10 ½ Uhr. Tagesordnung: Der Rest der heutigen und Entgegennahme einer Allerhöchsten Botschaft.

Die Besichtigung der 1., 2., 3. und 4. Escadron des 2. Garde⸗Dragoner⸗Regiments fand heute Vormittag auf dem Kreuzberge durch den Commandeur der 3. Garde⸗Kavallerie⸗ Brigade, General⸗Major Freiherrn von Los statt.

Die zufolge §. 3 des Gesetzes, betreffend die Nationa⸗ lität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugniß zur Führung der Bundesflagge, vom 25. Oktober 1867 (B.⸗G.⸗Bl. S. 35), in den an der See belegenen Bundesstaaten fungirenden Schiffsregister⸗Behörden sind: 1) Das Königliche Kreisgericht zu Memel, 2) Das Königliche Kommerz⸗ und Admiralitäts⸗Kollegium zu Königsberg i. Pr., 3) Das König⸗ liche Kommerz⸗ und Admiralitäts⸗Kollegium zu Danzig, 4) Das Königliche Kreisgericht zu Elbing, 5) Das Königliche See⸗ und Handelsgericht zu Stettin, 6) Das Königliche Kreisgericht zu Greifswald, 7) Das Königliche Kreisgericht zu Stralsund, 8) Das Königliche Kreisgericht zu Kiel, 9) Das Königliche Kreis⸗ gericht zu Altona, 10) Das Königliche Kreisgericht zu Itzehoe, 11) Das Königliche Kreisgericht zu Flensburg, 12) Das Kö⸗ nigliche Kreisgericht zu Schleswig, 13) Die Königliche Land⸗ drostei zu Aurich, 14) Die Königliche Landdrostei zu Stade, 15) Die Königliche Landdrostei zu Lüneburg, 16) Die König⸗ liche Landdrostei zu Osnabrück, 17) Die Schiffsregister⸗Behörde zu Rostock, 18) Die Schiffsregister⸗Behörde zu Wismar, 19) Das Großherzogliche Staats⸗Ministerium, Departement des Innern, zu Oldenburg, 20) Das Handelsgericht zu Lübeck, 21) Die Kommission des Senats für Reichs⸗ und auswärtige An⸗ gelegenheiten zu Bremen, 22) Die Deputation für Handel und Schifffahrt zu Hamburg.

Der General⸗Lieutenant Freiherr von Rheinbaben, General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungs⸗ wesens, hat sich mit längerem Urlaub zum Gebrauch einer Kur

Bütow bestehenden kreisthierärztlichen Bezirks ernannt worden.

die neuere Geschichte des Palais Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Carl und des Wilhelmsplatzes.

Bayern. München, 16. Mai. Der Minister des In⸗ nern, von Pfeufer, hat sich heute nach Wien begeben, wo⸗ selbst er ungefähr 6 Tage verweilen wird. Während seiner Ab⸗ wesenheit hat der Staatsrath von Schubert die Leitung des Ministeriums des Innern übernommen.

Heute Mittag hat in der Polizei⸗Direktion die feierliche Einführung, Verpflichtung und Vorstellung des neuernannten Polizei⸗Direktors M. Freiherrn von Feilitzsch durch den Kö⸗ niglichen Regierungs⸗Rath Kopp in Gegenwart sämmtlicher Be⸗ amten und Bediensteten der Polizei⸗Direktion, sowie der Offiziere, Wachtmeister, Sergeanten und Stations⸗Kommandanten der Gensd'’armerie⸗Stadt⸗Compagnie stattgefunden.

Sachsen. Dresden, 17. Mai. Der König hat heute den Königlich preußischen außerordentlichen Gesandten und be⸗ vollmächtigten Minister, von Eichmann, in besonderer Audienz empfangen und dessen Abberufungsschreiben entgegen genommen. Darauf wurde der neuernannte Königlich preußische außerordent⸗ liche Gesandte und bevollmächtigte Minister, Graf zu Solms⸗ Sonnenwalde, empfangen, welcher sein Beglaubigungsschreiben überreichte.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 16. Mai. In der 2. Sitzung seiner jetzigen Diät vom 7. d. M. erklärte sich der Landtag zunächst nach längerer Berathung mit dem Postulate der Staatsregierung von 3000 Thlrn. zur Gewährung von Alterszulagen an die Volksschullehrer einverstanden. Die Ver⸗ theilung dieser Zulagen soll für die Landschullehrer in der Weise erfolgen, daß sie nach den 3 Stellenklassen vom 11., 16. und und resp. 21. Dienstjahre an beginnen und für jedes Schulkind und jedes weitere Dienstjahr mit je 1 Ngr. berechnet und auf 5 Jahre ausgeworfen werden. Nach einem Antrage des Dr. Hesse wurde der Regierung hierzu noch die Er⸗ mächtigung ertheilt, die Zulagen, welche unter 10 Thlr. be⸗ tragen würden, auf 10 Thlr. zu erhöhen, das Maximum derselben aber auf 100 Thlr. zu beschränken. Ebenso fand ein zweites Postulat von jährlich 17,300 Thlr., welche Summe jedoch im Verein mit den durch Einziehung von Stellen er⸗ sparten Mitteln auf circa 25,000 Thlr. anwächst, zur Gewähr einer durchschnittlichen, vorläufig allerdings nur persönlichen und widerruflichen Zulage von 10 Prozent für die Civilstaatsbeamten die einstimmige Billigung der Landschaft, indem das Postulat schließlich mit der runden Summe von 18,000 Thlr. aus den vorhandenen Ueberschüssen und 7841 Thlr. aus den disponiblen Mitteln des Besoldungsetats verwilligt wurde. Ohne alle De⸗ batte wurden schließlich noch 11,600 Thlr. zur Bestreitung der Aufwände wegen eines Vermählungsgeschenkes für Ihre Hoheit die Prinzessin Marie (Prinzessin Albrecht von Preußen) verwil⸗ ligt. Vom Abg. Findeisen wurde noch ein besonderer Antrag auf Aufbesserung des Diensteinkommmes der Geistlichen unter 500 Thlr. exkl. der freien Bohnung eingebracht. Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 16. Mai. Se. Ma⸗ jestät der Kaiser und König haben die unentgeltliche Ueber⸗ lassung von Geschützbronze zur Herstellung von Kirchenglocken den nachstehenden elsässischen Gemeinden auf deren Gesuch be⸗ willigt, und zwar: 12 Ctr. der Gemeinde Fürdenheim (Kreis Straßburg); 30 Centner der Gemeinde Reichweiler (Kreis Mül⸗ hausen); 20 Centner der Gemeinde Ueberrach (Kreis Hagenau); letzteres Geschenk in Folge eines von der Gemeinde Ueberrach an Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen gerichte⸗ ten Gesuches.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 17. Mai. Das Reichs⸗ gesetzblatt veröffentlicht das Gesetz vom 27. April 1873 über das Verfahren in gerinfügigen Rechtssachen (Bagatellverfahren); das Gesetz vom 27. April 1873 über das Mahnverfahren (gül⸗ tig für alle im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, mit Ausnahme des Königreiches Galizien und Lodomerien mit den Herzogthümern Auschwitz und Zator und dem Groß⸗ herzogthume Krakau, des Herzogthums Bukowina so wie des Königreichs Dalmatien); das Gesetz vom 29. April 1873, betreffend die Sicherstellung und Exekution auf die Bezüge aus dem Arbeits⸗ oder Dienstverhältnisse; die Verordnung des Justiz⸗Ministeriums vom 10. Mai 1873, womit bestimmt wird, daß das Gesetz vom 1. April 1872, be⸗ treffend die Vollziehung von Frecheitsstrafen in Einzelhaft in der Männerstrafanstalt Karthaus in Ausführung zu bringen sei; das Gesetz vom 9. April 1873 über Erwerbs⸗ und Wirthschafts⸗ genossenschaften; die Verordnung der Ministerien der Justiz, des Innern und des Handels im Einvernehmen mit dem Finanz⸗ Ministerium vom 14. Mai 1873, womit in Vollziehung des Gesetzes vom 9. April 1873 über Erwerbs⸗ und Wirthschafts⸗ genossenschaften die erforderlichen Bestimmungen in Betreff der Anlegung und Führung des Genossenschaftsregisters erlassen werden.

Prag, 17. Mai. Die „Narodni listy“ melden, daß die Wahl Dr. Huleschs zum Bürgermeister von Prag die Kaiser⸗ liche Bestätigung erhalten habe. 1 Pesth, 17. Mai. Das Abgeordnetenhaus nahm gestern die Gesetzentwürfe über die Aenderung der Konzessions⸗ urkunde der ersten galizischen Eisenbahn und über die Kreditreste des Kommunikations⸗Ministeriums von 1872 unverändert an. Zur Feststellung der Tagesordnung der nächsten Sitzung sprach Julius Olah; er tadelte das Vorgehen der Regierung, das die Zweckmäßigkeit der Gesetzgebung unmöglich mache. Minister Pauler antwortete, daß die Regierung eine ganze Reihe von Vorlagen theils unterbreitet, theils angemeldet habe, die entweder noch vor Schluß der gegenwärtigen Session oder Anfangs der nächsten erledigt werden. Nachdem noch Madarasz in ähnlichem Sinne wie Olah gesprochen, wurde die Sitzung geschlossen. Heute interpellirte Helfy den Minister des Innern, weshalb der Wohlthätigkeitsverein der Arbeiter bisher nicht sanktionirt und die Beschlüsse der sogenannten Arbeiterpartei durch eine Ministerialverordnung als null und nichtig erklärt wurden. Der Handels⸗Minister Zichy beantwortete die vorgestern gestellte Inter⸗ pellation Szathmary's und erklärte auf Grund einer genauen Information, daß auf der Wiener Weltausstellung alle Gegen⸗ stände, deren Aufstellung beendet ist, eine ungarische Aufschrift haben. Hierauf wurden verschiedene Petitionen verhandelt. Nach

nach Karlsbad begeben.

Der Thierarzt I. Klasse Kotelmann zu Goldap ist zum Kreisthierarzt des aus den Kreisen Rummelsburg und

In der Sitzung des Vereins für die Geschichte Berlins, am Sonnabend, hielt Professor Holtze einen Vortrag über den Wusterhausener Bär, seine Stellung in der Befestigung des Großen Kurfürsten und in dem System der Regulirung des Spreestromes. Der Magistrats⸗Sekretär F. Meyer sprach über

Sesston für geschlossen erklärt und die zweite auf dem nächsten Montag einberufen wird, hielt der Prästdent Bitto die Schluß⸗ rede und brachte ein Hoch auf den König, die Königin und das Vaterland aus, was vom Hause mit begeisterten „Eljen“ auf⸗ genommen wurde.

Im Oberhause wurde das Kolsnistengesetz angenom⸗ men und hierauf mit Einwilligung des Ministeriums die Ver⸗ handlung über die Eskomptebankvorlage bis nächsten Sonnabend vertagt.

Schweiz. Bern, 18. Mai. (W. T. B.) Das hiesige Kantonalkomite der Ultramontanen fordert in einem Aufrufe, der heftige Auslassungen gegen die Staatsbehörden enthält, alle Katholiken, die treu zu Rom stehen, auf, sich bei einer Volks⸗ versammlung, welche am 25. Mai zu Correndlin stattfinden soll, zahlreich zu betheiligen. Es sei jetzt genug protestirt und es sei Zeit, sich nunmehr an das Volk selbst zu wenden.

St. Gallen, 17. Mai. (W. T. B.) Die hiesige Stu⸗ dienkommission hat die von dem Bischofe Greith beantragte Trennung der Andachtsübungen der katholischen und der pro⸗ testantischen Seminarzöglinge abgewiesen. Die hiesigen frei⸗ sinnigen Katholiken beschlossen, ein Dankesvotum an den Schul⸗ 88 für sein Vorgehen in der Unfehlbarkeitsangelegenheit zu richten.

Genf, 17. Mai. (W. T. B.) Die gerichtliche Un⸗ tersuchung gegen die Flüchtlinge der Pariser Kommune ist, dem „Journal de Genève“ zufolge, beendet. Dem Verneh⸗ nach hat sich herausgestellt, daß die Handlungen, wegen welcher sie angeklagt waren, weder nach den Bundes⸗ noch nach den Kantongesetzen ein gerichtliches Verfahren zulassen. Mit Rück⸗ sicht auf die Erhaltung der guten Beziehungen zu Frankreich dürften jedoch gewisse Maßregeln Seitens der Verwaltungsbehörde hinsichtlich einiger Flüchtlinge ergriffen werden.

Ein weiteres Telegramm vom 18. d. Mts. meldet: Dem „Journal de Genève“ zufolge sind von den neun hier festgenom⸗ menen Flüchtlingen der Pariser Kommune vier wieder ihrer Haft entlassen; die übrigen fünf haben den Befehl erhalten, das Ge⸗ biet des Kantons Genf zu verlassen.

Belgien. Brüssel, 17. Mai. Der König wird am 214 nach Wien abreisen. 8

(W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Repräsen⸗ tantenkammer wurde die Gehaltsposition der Gesandten vom heiligen Stuhle Seitens mehrerer Mitglieder der Linken heftig angegriffen. Trotzdem wurde die Position schließlich mit 51. gegen 20 Stimmen genehmigt.

Großbritannien und Irland. London, 15. Mai. Der Prinz von Wales wird am 21. d. vom Kontinent zurückerwartet.

Im Buckingham⸗Palast fand gestern Abend das erste Hof⸗Konzert in dieser Saison statt, das sehr zahlreich besucht war. Der König und die Königin der Belgier, die Prinzessin von Wales, der Herzog von Edinburgh, Prinz und Prinzessin Christian von Schleswig⸗Holstein, Prinzessin Louise, der Herzog von Cambridge, der Herzog und die Herzogin von Teck, die Mitglieder des diplomatischen Corps und ein großer Theil der Aristokratie befanden sich unter den Anwesenden.

Eine Depesche des „Bureau Reuter“ aus Teheran mel⸗ det, daß der Schah von Persien am 12. d. Enzelli verließ, um die Reise nach Astrachan anzutreten. In London treffen die Beamten des Königlichen Hofstaates bereits Vorkehrungen für den Empfang des Schahs. Der Buckingham⸗Palast wird zu seiner Verfügung gestellt und ohne Verzug für seine Auf⸗ nahme hergerichtet werden. Die Ankunft des Schahs in London wird im Laufe nächsten Monats erwartet, und die Königin wird am 17. Juni von Balmoral zurückkehren, um den hohen Gast zu empfangen. Zu Ehren des persischen Monarchen wird auch eine große Flottenrevue auf der Rhede von Spithead stattfinden.

Großbritanniens Staatseinnahmen vom

1. April bis 10. d. betrugen amtlichen Ausweisen zufolge 7,620,234 Lstr. gegen 8,357,770 Lstr. in der korrespondirenden Periode des Vorjahres, und die Ausgaben im gleichen Zeitraum 9,633,478 Lstr. Am 10. d. belief sich die Bilanz des Schatz⸗ amtes in der Bank von England auf 7,981,456 Lstr. und in der Bank von Irland auf 1,124,433 Lstr. Einem Telegram aus Ottawa vom 15. d. Mts. zu⸗ folge, hat die Regierung von Canada die Bedingungen der Union auf der Prinz Edward⸗Insel endgültig arrangirt. Die Ratifikation dieses Abkommens soll vor der Prorogation des canadischen Parlaments kompletirt werden.

Frankreich. Paris, 17. Mai. In Betreff der Mi⸗ nisterkrisis erfährt die „Agence Havas“, daß allein die bereits gemeldete Ernennung Casimir Périers zum Minister des Innern als gewiß betrachtet werden dürfe. Von dem gesammten Mi⸗ nisterium haben bisher nur Goulard und Jules Simon ihre Entlassung erhalten; im Uebrigen ist die Situation unverändertt Die Fraktion des rechten Centrums hat heute unter dem Vorsitz des Herzogs von Broglie in Versailles eine Zusammenkunft gehalten, um über ihre einzunehmende Haltung zu berathen. Mehrere Mitglieder der Fraktion sprachen sich dahin aus, daß die Nationalversammlung energisch vorgehen müsse, um Frankreich vor den Gefahren des Radikalismus zu schützen und beantragten, das Bureau der Fraktion zu beauftragen, Vorschläge über die zu treffenden Maßregeln zu machen. Gestern waren die Re⸗ daktionen der sämmtlichen konservativen Journale versammelt, um über ihr Verhalten gegenüber den Neuwahlen einen gemein⸗ samen Beschluß herbeizuführen; bisher hat indessen ein Einver⸗ nehmen nicht erreicht werden können.

Nach einem der „Independance“ zugegangenen Pariser Telegramme hat die Fünfundvierziger⸗Kommission der Nationalversammlung das Gesetz über die Reorganisation der Armee einstimmig in einer Fassung genehmigt, welche in mehreren Punkten von den bezüglichen Ansichten des Präsidenten der Republik wesentlich abweicht.

18. Mai. (W. T. B.) Wie verlautet, hatte auch der Kriegs⸗Minister, General de Cissey, im Verlaufe der Minister⸗ krisis seine Entlassung angeboten. Der Präsident Thiers hatte die Absicht ausgesprochen, denselben durch den General Chanzuy zu ersetzen. Hierauf soll Marschall Mae Mahon erklärt haben, er werde das Ober⸗Kommando niederlegen, wenn Chanzy Kriegs⸗ Minister werde.

Ein heute Abend erschienenes Extrablatt des „Bien, public“ enthält die Mittheilung, daß sich das Ministerium folgendermaßen rekonstituirt hat. Neu eingetreten sind: Casimir Périer als Minister des Innern, Berenger als Minister der öffentlichen Arbeiten und Waddington als Unterrichts⸗Minister (Mitglieder des linken Centrums). Der bisherige Minister der öffentlichen Arbeiten Fourtou übernimmt das Kultus⸗Ministerium, der Minister des Auswärtigen de Rémusat, der Justiz⸗Minister

Verlesung eines Königlichen Reskriptes, mittelst dessen die erste

1Dufare, der Finanz⸗Minister Say, der Handels⸗Minister Teisseren

de Bort, der Kriegs⸗Minister de Cissey und der Marine⸗Minister Pothuan behalten ihre Portefeuilles.

Versailles, 18. Mai. (W. T. B.) Heute Nachmittag at eine Zusammenkunft der Mitglieder der Rechten unter dem Vorsitze de Larcys stattgefunden. Die Versammlung konstatirte, daß die Rechte sich mit dem rechten Centrum in Uebereinstimmung befinde und sprach ihre Zustimmung zu den Beschlußnahmen des letzteren aus.

Spanien. Madrid, 18. Mai. (W. T. B.) Die konstituirende Versammlung wird, wie verlautet, Orens e zum Präsidenten wählen und die Vollmachten von Figueras auf bestimmte Zeit verlängern. 8

Das den carlistischen Interessen dienende Journal „Dra⸗ peau francais“ enthält die Mittheilung, daß Don Carlos in der Nacht vom 14. zum 15. d. M. die Grenze von Navarra habe überschreiten wollen, um sich an die Spitze der Königlichen Armee zu stellen, welche jetzt 15,000 Mann stark sei, und mit ihr zu siegen, oder den Tod zu finden. Dasselbe Journal mel⸗ det, daß der Prinz mit einem Konsortium englischer Bankiers eine Anleihe von 400 Millionen Realen abgeschlossen habe.

Don Carlos hat ein Schreiben veröffentlicht, in welchem er den General Dorregaray wegen seines bei Eraul erfochtenen Sieges beglückwünscht und ankündigt, daß er in aller⸗ nächster Zeit persönlich den Oberbefehl über die carlistische Armee übernehmen werde.

Italien. Rom, 14. Mai. Heute Vormittag fand im Quirsnal der feierliche Empfang der japanischen Gesandt⸗ schaft statt. 1

17. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde die Spezialberathung des Gesetz⸗ entwurfs über die religiösen Körperschaften fortgesetzt. Der Minister Lanza erklärte, daß das Ministerium geneigt sei, Abän⸗ derungen anzunehmen, welche geeignet seien, die im Gesetz ge⸗ troffenen Verfügungen aufzuklären und die Absichten der Regie⸗ rung verständlicher zu machen. Jedoch werde es die im Gesetz⸗ entwurf aufgestellten Ausnahmebestimmungen aufrecht erhalten, um in dieser Beziehung alle Ungewißheit zu beseitigen. Es wurde darauf der erste Theil des Art. 1 angenommen, in welchem die Ausnahmen, auf welchem das Gesetz keine Anwendung finden soll, im Prinzipe festgestellt werden. Der zweite Theil dieses Artikels wurde bei der Fassung, nach welcher sich die Klostergesetze auch auf Rom erstrecken sollen, mit 385 gegen 3 Stimmen gleichfalls angenommen. 15 Deputirte enthielten sich der Ab⸗ stimmung.

Bei Art. 2 beantragte der Deputirte Ricasoli ein Amende⸗ ment, nach welchem dem päpstlichen Stuhle zur Erhaltung der Ordensgeneralate und der General⸗Anwälte der Orden jährlich 400,000 Francs gegeben werden sollen. So lange der päpstliche Stuhl hierüber nicht verfügt, soll die Regierung den Ordens⸗ generalen die Verwaltung dieser Summe unter Zuweisung der für ihren Wohnsitz und für ihre Bureaus nothwendigen Oert⸗ lichkeiten anvertrauen. Dieses Amendement wurde mit 220 gegen 193 Stimmen genehmigt und hierauf der ganze Artikel ange⸗ nommen.

Wie die „Italie“ meldet, empfing der Papst heute mehrere Personen. Für morgen steht ein großer Empfang im Vatikan in Aussicht. Bei Gelegenheit seines Geburtstags⸗ festes erhielt der Papst von dem Präsidenten der französischen Republik ein eigenhändiges Glückwunschschreiben.

Das Ministerium hat die Verstärkung der hiesigen Garnison angeordnet. Fünf Bataillone sind bereits eingetroffen, fünf andere werden erwartet.

Florenz, 17. Mai. (W. T. B.) Die Polizei hat drei Mauer⸗Affichen konfiszirt; durch die erste derselben forderte das klerikale Komite zu einer Wallfahrt nach Imprunte auf. Die beiden anderen rührten von dem revolutionären Komite her und enthielten Drohungen gegen die Wallfahrer, sowie Beleidigungen gegen die gegenwärtige Regierung, auch wurden verschärfte Maßregeln gegen die Klerikalen verlangt. Es wurden vier Verhaftungen vorgenommen.

18. Mai. Aus Veranlassung der gestern gemeldeten Polizeimaßregeln hat hier gestern Abend eine Demonstration stattgefunden. Eine Volksmenge zog unter den Rufen: Nieder mit dem Ministerium, nieder mit den Klöstern“ bis vor das Polizei⸗Präsidium. Auf eine an sie ergangene Aufforderung zerstreuten sich die Tumultuanten, von denen mehrere verhaftet wurden.

Griechenland. Athen, 17. Mai. (W. T. B.) Der Präliminarvertrag mit der neuen Lauriongesell⸗ schaft, wodurch dieser die sämmtlichen, einen Reingewinn von 120 Millionen repräsentirenden Bleihalden überwiesen werden, ist abgeschlossen; die Genehmigung der Kammer ist vorbehalten worden.

Türkei. Konstantinopel, 17. Mai. (W. T. B.) Der persische Gesandte, Mohrin Khan, überreichte heute dem Sultan in feierlicher Audienz sein Beglaubigungsschreiben.

Rumänien. Bukarest, 18. Mai. (W. T. B.) Die gesammte rumänische Presse widmet dem verstorbenen Fürsten

„₰

Cusa einen ehrenden Nachruf und hebt die Verdienste dessel⸗

ben um Rumänien hervor.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 16. Mai. Der Großfürst Michael Nikolajewitsch und die Großfürstin Olga Feodorowna sind mit der Großfürstin Anastassja Michailowna am 14. Mai von St. Petersburg nach Tiflis abgereist.

Zur Reise des Schahs von Persien meldet der „R. J.“ weiter Folgendes: Die persischen Würdenträger und Beamten, welche den Schah Nassr⸗ed⸗Din begleiten werden, sind: 1) Hadshi⸗ Mirza⸗Hussein⸗Chan (erster Minister, Großvezier); 2) Prinz Ali⸗ Kuli⸗Mirza, (Unterrichts⸗Minister); 3) Prinz Mirza; 4) Prinz Firuz⸗Mirza, Sohn des Abbas⸗Mirza, Onkel des Schahs; 5) Prinz IJmam⸗Kuli⸗Mirza, Prinz⸗Minister; 6) Allach⸗Kuli⸗Chan; 7) Jachja⸗Chan (Minister des Hofes und General⸗Adjutant des Schahs); 8) Muhammed⸗Rachim⸗Chan (Ober⸗Ceremonienmeister); 9) Hassan⸗Ali⸗Chan (Minister der öffentlichen Arbeiten); 10) Ali⸗Riza⸗Chan (Siegelbewahrer), Verwandter des Schahs. Außerdem werden Se. Maiestät be⸗ gleiten: Mirza⸗Malkum⸗Chan, der dem Schah bis Astrachan ent⸗ gegengefahren ist; einige Kammerherren, Generale, Ceremonien⸗ meister und Adjutanten; ein Sekretär und ein Zahlmeister; ein Mudshteride (Geistlicher); der Leibmedikus, Dr. Tolosaw, der Ober⸗Photograph und verschiedene andere Personen zum Dienst in den inneren Gemächern des Chans. Ohne die Dienerschaft wird das Gefolge ca. 40 Personen zählen.

Das große praktische Geschwader wird laut eines Be⸗ fehls vom 28. April aus zwei Abtheilungen bestehen. Zum Chef der ersten ist der jüngere Flaggenmann Contre⸗Admiral G. F. Erdmann bestimmt, der die Flagge auf der Panzerfregatte

Sultan⸗Murad⸗

„Ssewastopol“ (mit 16 Kanonen) aufhissen wird. Diese Ab⸗ theilung wird außerdem aus den Panzerfregatten „Petropaw⸗ lowsk“, „Admiral Greigh“ und „Admiral Tschitschagow“ und der Panzerbatterie „Ne tron menja“ bestehen. Die zweite Ab⸗ theilung unter der Flagge des jüngeren Flaggenmanns Contre⸗ Admiral O. P. Pusino wird aus dem Flaggenschiff, dem Räder⸗ dampfer „Wolga“, den zweithürmigen Booten „Tscharodjeika“ und „Ssmertsch’ und den Monitors „Koldun“, „Sstrjelez“, „Tifon“, „Perun“, „Uragan“ und „Wjeschtschun“ und dem Räderdampfer „Wladimir“ (schwimmende Maschinenwerkstätte) gebildet werden. Außerdem werden sich bei dem Geschwader der Räderdampfer „Ilmen“, der Schraubendampfer „Großfürst Alerej“ und das Schraubenboot „Opyt“ befinden. 1 Ueber den Feldzug gegen Chiwa bringt der „Russ. Inv.“ folgende offizielle Nachrichten: 1 Das Krassnowodsker Detachement, das sich bekanntlich am 20. April beim Brunnen Aidin befard und nach dem Brunnen Igdy, dem äußer⸗ sten Punkte der im vorizen Jahre in der Richtung nach Chiwa aus⸗ geführten Rekognoszirung, vorrücken sollte, ist laut einer telegraphi⸗ schen Nachricht aus Tiflis, die ihrerseits auf einer Meldung des Obersten Markosow, Commandeur dieses Detachements beruht, am 29. April beim Brunnen Igdy eingetroffen. Auf dem Marsche wurde die russische Kavallerie, als sie das Turkmenenaul Atabajew erreichte, aus diesem mit Schüssen empfangen. Es entspann 9 ein kleiues Gefecht, in welchem ein Kosakenoffizier durch einen Säbelhieb ver⸗ wundet wurde. Nachdem der Feind 22 Todte verloren hatte, war er gezwungen, sich zu ergeben. Bei den Turkmenen wurden hierbei gegen 1000 frische Kameele und vieles andere Vieh erbeutet. Aus Igdy sollte das Detachement nach dem Brunnen Ortakuju und Dudur und nach Ismychschir vorrücken, und Oberst Markosow hoffte, diesen letzteren Punkt am 13. Mai, d. h. 9 Tage früher, als die ursprüngliche Marschroute angegeben, zu erreichen. Von Igdy bis Ismychschir sind ungefähr 300 und von da bis Chiwa 60 Werst. Von der Kasalirskischen Kolonne melden Privatbriefe, daß das Wetter in den ersten Tagen des Marsches vom Ssyr⸗darja nach Irkibai kalt gewesen und der Frost bei Nordwind und ohne Schnee dis auf 7 Grad gestiegen ist. Seit dem 5. April ist es wärmer geworden. An einigen Bivouakplätzen fanden die Truppen die Brunnen verschüttet, so daß die Soldaten sie mühsam reinigen mußten. In Irkibai blieb die Kolonne einige Tage, um daselbst ein Feldbefestigungswerk zum Schutze der Verbindungen anzulegen. Die Wahl der Stelle für dieses Werk und die Anordnungen zum Baue desselben waren dem Großfürsten Nikolai Konstantinowitsch übertragen worden; die Arbeiten führte das 8. Linienbataillon aus. In dreimal 24 Stunden war das Fort fertig und mit einigen Geschützen armirt. Am 6. April nahm es die Besatzung ein und wurde die Flagge auf⸗ ezogen. 88 cäach den Nachrichten, welche Kundschafter gebracht, befestigen sich die Chiwesen in Klytsch (d. h. Säbel) am See Dau⸗kara; die chiwesische Avantgarde ist in der Richtung auf Min⸗Bulak unseren Truppen entgegengeschickt worden.

Weitere Nachrichten desselben Blattes melden: 1

Nach den Nachrichten, welche Kundschafter von dem Embaposten gebracht, findet im Chanat Chiwa ein schleuniges Sammeln der Leute statt, wobei jeder mit Pferd und Waffen (Säbel und Gewehr) ver⸗ sehen wird.

Als Sammelpunkt für diese als Vortrab zu entsendende chiwe⸗ sische Bande soll in der Richtung nach der Orenburger Steppe hin, die Umgegend von Kungrad bestimmt sein, von wo dieselbe nach Dshany⸗kala, einem kleinen Fort, das die Chiwesen unlängst auf der Urguspitze aufgeworfen haben, vorrücken soll. 8 3 .

Eine Privatkorrespondenz des „R. J.“ vom Embaposten theilt unterm 30. März mit, daß die Kälte noch anhält und das Schmelzen des Schnees verhindert. Gestern waren 12 Grad Kälte, heute sind nur 4 Grad bei starkem Sturm. Ungeachtet des tiefen Schnees können wir hier nicht länger bleiben, weil wir alle Heu⸗ und Holz⸗ vorräthe der Garnison erschöpfen würden. Dienstag, 27. März, ist die Avantgarde mit dem Sappeur⸗Kommando ausgerückt; dieses letztere hat die Bestimmung, nach Möglichkeit die Wege zu bahnen. Heute ist das Gros des Expeditionscorps abmarschirt und morgen wird die Arriergarde mit den Vorräthen folgen.

Bis zur Urguspitze sind 626 Werst, die wir nach der Marschroute gegen den 25. April zurückgelegt haben müssen, wenn uns in dem tiefen Schnee, der den Gang der Kameele äußerst erschwert, nicht be⸗ sondere Hindernisse entgegentreten. 3 b Die Seene der chiwesischen Besitzungen ist 400 Werst vom Embaposten entfernt und liegt jenseit des Sees Osman⸗matai und der Quelle Akty⸗Kendi. Wir werden sie Mitte April erreichen.

Den 31. März. Heute regnet es; es ist dies vielleicht ein Vor⸗ bote des Frühlings, der denn doch einmal eintreten muß. Alles ist schon vorgerückt, und eben geht der Reserve⸗Proviant unter Bedeckung einer Kosaken⸗Ssotnja ab. 8

17. Mai. (W. T. B.) Der Schah von Persien wird hier am Donnerstag oder Freitag eintreffen. In einem von Astrachan an den Kaiser gerichteten Telegramme hat der Schah demselben seinen Dank fuͤr die ihm dort bereitete glãän⸗ zende Aufnahme ausgesprochen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 14. Mai. Am 10. d. M. kam im schwedischen Reichstage die Re⸗ form der gelehrten Schulen (Eintheilung derselben in 2 Linien) zur Berathung. Im Ganzen war die Entscheidung der beiden Kammern übereinstimmend mit den Anträgen des Ausschusses. Beide Kammern genehmigten den Vorschlag, daß der lateinische Styl abgeschafft und von der Uebersetzung aus dem Lateinischen ins Schwedische abgelöst werde. Ferner genehmigten beide Kam⸗ mern, daß der lateinische Unterricht in der 4. und der griechische in der 6. Klasse beginnen soll. Die Erste Kammer nahm den Antrag, daß der höhere Realunterricht theils zweijährig, theils vierjährig sein soll, an, während die Zweite Kammer den ganzen Realunterricht achtjährig haben wollte. 3

Dänemark. Kopenhagen, 15. Mai. Der Kron⸗ prinz gedenkt am Sonntag von Wien abzureisen.

Zur dritten Berathung des Münzgesetzes im Lands⸗ thing hat der Finanz⸗Minister folgende Paragraphen zur An⸗ nahme in Vorschlag gebracht: 1

§. 24. Der König wird ermächtigt, mit dem Könige von Schwe⸗ den und Norwegen eine Uebereinkunft abzuschließen, wodurch der Um⸗ fang der am 18. Dezember v. J. in Stockholm beschlossenen Kon⸗ vention vorläufig auf Dänemark und Schweden beschränkt wird, in⸗ dem es dem Könige von Schweden und Norwegen vorbehalten bleibt, in Betreff Norwegens sich der Konvention später anzuschließen.

§. 25. Die im vorstehenden Paragraph enthaltene Ermächti⸗ gung tritt sofort in Kraft ꝛc.

Amerika. Ein Telegramm des amerikanischen Korresponden⸗ ten der „Times“ meldet: Den „Modoe⸗Indianern ist es gelun⸗ gen, eine andere, 20 Meilen von den Lavafeldern entfernte Felsen⸗ festung zu erreichen. Die Truppen sind außer Stande, sie

daraus zu vertreiben und haben nach Verstärkungen und Mör⸗

sern gesandt. 1

Aus Montevideo meldet die neueste brasilianische und La Plata⸗Post, daß das gelbe Fieber daselbst fortdauert. Die Stadt ist verödet und allenthalben herrscht große Bestürzung. Die Banken und Telegraphen⸗Aemter sind nur für einige Stun⸗ den des Tages geöffnet. Die Kaufleute sind geflüchtet, ihre Comtoirs sind geschlossen und das Geschäft ins Stocken gerathen.

8 Kunst und Wissenschaft. Greifswald, 14. Mai. Gestern Nachmittag verstarb der Senior der juristischen Fakultät an der hiesigen Universität Professor

Dr. Pütter. Gewerbe und Handel. 3

Wien, 17. Mai, Nachmittags. (W. T. B.) Nach dem bedeu⸗ tend ruhigeren Verlauf der heutigen Börse glaubt man allgemein, wie die „Wiener Abendpost“ in ihrem Börsenbericht mittheilt, daß nun die schlimmsten Tage überstanden seien. Die ersten Anfänge zu einem regelmäßigen Börsenverkehr zeigten sich in den E Seitens der Wechselstuben, die so bedeutend waren, wie noch nie seit Beginn der Krisis. Die heute vorgekommenen Insolvenzen waren ebenfalls wesentlich geringer als an den letzten Börsen und betrafen keine Bankinstitute, sondern nur Coulissiers. 1 18. Mai. (W. T. B.) Ueber die gegenwärtige Börsen⸗ krisis wird auch von der „Neuen freien Presse“ hervorgehoben, daß die Situation ihrer Klärung entgegen zu gehen scheine; die allenfalls noch vorkommenden Insolvenzen überraschen den Platz nicht mehr, das Geschäaft beginnt wieder in Gang zu kommen, Geld ist flüssiger, trotz⸗ dem ist der Privatdiskont noch immer hoch, weil das Vertrauen noch nicht im vollen Maße zurückgekehrt ist. Die Nationalbank thur durch coulantes Vorgehen das Möglichste, um die Furcht vor Geldnotb nicht aufkommen zu lassen. Vom großen Publikum mehren sich, wie die „Neue freie Presse“ hervorhebt, die Spareinlagen und Einlagen gegen Kassenscheine bei anerkannt soliden Instituten. Es wird bestätigt, daß die Kommissionsbank ungefähr 50 Prozent ihres Aktienkapitals eingebüßt hat. Das Arrangement des Bankhauses Reitzes soll im Zuge sein. 1

19. Mai. (W. T. B.) Die Regierung hat, wie die „Mon⸗ tagsrevue“ hört, beschlossen, bis zum Erscheinen des neuen Gesetzes über die Aktiengesellschaften keinerlei Konzession zur Gründung einer neuen Aktiengesellschaft zu ertheilen, die bisher ertheilten, aber noch nicht in Wirksamkeit getretenen Konzessionen ohne Ausnahme für ver⸗ fallen zu erklären, sowie jede Kotirung von Gründungspapieren zu untersagen. Demselben Blatte zufolge hat die Nationalbank nunmehr den Kreis der von ihr belehnbaren Papiere auf alle Aktien und Prioritäten der von Oesterreich oder Ungarn staatlich garantirten, ausgebauten Eisenbahnen ausgedehnt und soll überhaupt eine größere Koulanz in der Belehnung geübt werden. Von den am Sonn⸗ abend eingereichten 1,600,000 Gulden sind 1,460,000 Gulden belehnt worden.

Verkehrs⸗Anstalten.

Die Nr. 38 der „Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahn⸗Verwaltungen“ hat folgenden Inhalt: Neu⸗ münster⸗Segeberg⸗Oldesloe, Stand der Arbeiten. Eröffnung der Strecken Osnabrück⸗Bremen der Venlo⸗Hamburger Bahn; Salzwedel⸗ Uelzen und Uelzen⸗Langwedel (Magdeburg⸗Halberstädter Eisenbahn); Barg⸗Centralbahnhof Magdeburg (Berlin⸗Potsdam⸗Magdeburg); Re⸗ gensburg⸗Seubersdorf (Bayerische Oubahn) und der Eperies ˖· Tarnower Bahn, sowie der österreichischen Staatsbahnstation Lörincz. Fahr⸗ planänderungen. Verzeichniß überzähliger und fehlender Güter. Offizielle und Privat⸗Anzeigen. Bericht über den Zugförderung⸗ und Werkstättendienst der Oesterreichischen Südbahn (Schluß).

In Folge mehrfacher in den Fahrplänen der Eisenbahnen Nord⸗ deutschlands und Nordwest⸗Deutschlands am 15. Mai eingetretener Aenderungen ist zu dem Coursbuch vom 1. Mai d. J. ein Nach⸗ trag gefertigt worden, welcher von der Königlichen Geheimen Ober⸗ Hofbuchdruckerei (R. v. Decker) nicht nur den noch zu verkaufenden Exemplaren des Buches beigefügt, sondern auch den Besitzern der Mai⸗ Ausgabe von den resp. Postanstalten und Buchhandlungen auf Ver⸗ langen gratis geliefert werden wird. 1 1

Bingen, 18. Mai. (W. T. B.) Der gestern Abend um 10 Uhr 25 Minuten von Frankfurt abgelassene Schnellzug der hessischen Ludwigsbahn stieß auf dem hiesigen Bahnhof um 12 Uhr 25 Mi⸗ nuten Nachts mit einem Rangirzuge zusammen. Hierbei fanden der Zugführer, der Heizer und ein Weichensteller sofort den Tod; auch unter den Passagieren kamen zahlreiche Verwundungen vor. Ein Passagier ist schwer verletzt. ¹St. Petersburg, 16. Mai.

Das Telegraphendeparte 9

ment meldet, 58 in Japan außer in der Stadt Nagasaki in letzter

Zeit noch fünf Telegraphenstationen für den internationalen Verkehr

in den Städten Simonosaki,

eröffnet worden s5ind. 11“ Belgrad, 18. Mai. (W. T. B.) Für die aus Widdin hier

ankommenden Schiffe ist eine sechstägige Ouarantäne angeordnet.

Chiogo, Osakki, Jokohama und Jeddo

Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Bureau.

Dresden, Montag, 19. Mai. Der König Johann ist gestern Abend von hier nach Leipzig abgereist und hat sich heute früh von dort zum Gebrauche der Kur nach Ems begeben. Während seiner⸗ Abwesenheit, welche etwa 4 Wochen dauern dürfte, ist der Kronprinz zum Stellvertreter des Königs ernannt worden.

Paris, Montag, 19. Mai. Das „Journal offiziel“ meldet, daß der Präsident der Republik, nachdem er die Noth⸗ wendigkeit einer Veränderung des Kabinets für nothwendig er⸗ kannt, alle Minister veranlaßt habe, ihre Entlassung ein⸗ zureichen, worauf dieselben sich beeilt hätten, diesem Wunsche nachzukommen. Es folgte darauf die Neubildung des Mi nisteriums in der Weise, wie sie gestern gemeldet ist. Das Blatt erklärt ferner, der Ministerrath habe nach reiflicher Ueber⸗ legung beschlossen, das Ministerium des Kultus von dem Ressort des öffentlichen Unterrichts zu trennen, um dadurch einem wieder⸗ holt ausgesprochenen Wunsche der Volksvertretung Genüge zu

eisten. 8 Madrid, Montag, 19. Mai. Die amtliche „Gaceta“ vom 18. d. erklärt das von dem „Memorial diplomatique“ verbreitete Gerücht von Verhandlungen zwischen Deutschland und Spanien über eine eventuelle Abtretung der Philippinischen Inseln für durchaus unbegründet.

Perpignan, Montag, 19. Mai. Oberst Cabrinety hat die Karlisten bei Gerona, wie von dort vom 18. d. gemeldet wird, geschlagen. An demselben Tage weigerte sich ein Kaval⸗ lerie⸗Oberst mit beträchtlichen Streitkräften den Carlistenführer Saballs anzugreifen und zog sich vor demselben zurück, weil seine Mannschaft angeblich durch einen langen foreirten Marsch ermüdet sei. Der Oberst wurde in Haft genommen. 1

Rom, Montag 19. Mai. Der Papst empfing gestern Morgen gegen 200 Personen und ertheilte denselben nach einer kurzen Ansprache seinen Segen.

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Königliche Schauspiele.

Dienstag, 20. Mai. Opernhaus. (120. Vorstellung.) Fra Diavolo, oder das Gasthaus zu Terracina. Oper in 3 Abthei⸗ lungen nach Scribe. Musik von Auber. Zerline: Frl. Haupt, vom Stadttheater in Stettin, als Gast. Pamella: Frl. Horina. Fra Diavolo: Hr. Woworsky. Lord Cookburn: Hr. Salomon. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Im Schauspielhause. (135. 1 Der Elephant. Lustspiel in 4 Aufzügen von G. v. Moser. fang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise. 8

Mittwoch, 21. Mai. Opernhaus. (121. Vorstellung.)

Abonnements⸗Vorstellung.) An⸗

Aladin oder Die Wunderlampe. Großes Söe e in