wehrmannschaften gewährten Unterstützungen, verlangen. Die Petitionen wurden nach dem Vorschlage der Kommission durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. Eine größere Anzahl Gesuche deutscher Pharmaceuten, betreffend die Regelung des Apothekergewerbebetriebes, wurde dem Reichskanzler⸗Amt als Material zu der Gesetzgebung über das Apothekerwesen über⸗ wiesen, und dann die Sitzung um 4 ½ Uhr bis heute 12 Uhr vertagt.
— Der heutigen (38.) Sitzung des Reichstages wohnte am Tische des Bundesraths der Präsident des Reichskanzler⸗ Amts Staats⸗Minister Delbrück mit mehreren Bundes⸗Kommis⸗ sarien bei. Das Haus setzte die zweite Berathung des Gesetz⸗
ntwurfs über die Kriegsleistungen fort. Die Debatte begann bei dem von der freien Kommission beantragten §. 15a; an der äußerst lebhaften Diskussion betheiligte sich Seitens des Bundes⸗ raths der Staats⸗Minister Delbrück, aus dem Hause die Abgg. v. Winter, Lasker, Grumbrecht, Dr. Bähr u. A. Bei Schluß des Blattes dauerte die Debatte über den Paragraphen fort.
— Se. Majestät der Kaiser und König haben dem am 22. März 1793 geborenen Veteranen F. W. Rögge zu Essen, Provinz Hannover, in Erwiderung von Geburtstags⸗ Glückwünschen, Allerhöchstihre mit Namenszug versehene Por⸗ trait⸗Photographie zu verehren geruht.
— Das Komite in Langenberg, welches im verflossenen Jahre mit Erfolg die Feier eines Nationalfestes am 2. Sep⸗ tember angeregt hatte, hat jetzt wiederum einen Aufruf an zahl⸗ reiche Vertretungen Heicge. Städte versendet, durch welchen dieselben aufgefordert werden, die nationale Feier am 2. Sep⸗ tember auch in diesem Jahre zu befördern. 122 3 l
— — Für den nächsten Aufnahmetermin der Lebensver⸗
sicherungsanstalt für die Armee und Marine ist der 1. Juli 1873 zur Einreichung der Antrags⸗ und ärztlichen Attestpapiere, als Schlußtermin der 15. Juni cr. festgesetzt wor⸗ den. Später eingehende Anträge können dann nur zum nächsten Aufnahmetermin, also den 1. Januar 1874 Berücksichtigung finden. Obiger Schlußtermin gilt gleichzeitig auch für die mittelst Allerhöchster Kabinets⸗Ordre vom 26. Dezember 1871 zum Bei⸗ tritt verpflichteten Offiziere, Aerzte mit Offizier⸗Rang und oberen Militärbeamten, welche seit dem 1. Juli 1872 befördert resp. angestellt sind und bis jetzt ihren Beitritt noch nicht angemeldet haben.
— Der General der Infanterie von Schwartzkoppen, Kommandant von Berlin, stellvertretender Gouverneur und Chef der Landgensd'armerie, ist von einer vor einigen Wochen ange⸗ tretenen Inspizirungsreise der Landgensd'armerie im Bereich der 2., 3. und 5. Gensd'armerie⸗Brigade hierher zurückgekehrt.
— Der General⸗Lieutenant und Inspecteur der Gewehr⸗ Fabriken Wolff hat sich nach Teplitz begeben.
— Der General⸗Major und Commandeur der 21. Infan⸗ terie⸗Brigade von Voigts⸗Rhetz ist auf der Durchreise von Stockholm — wohin derselbe zur Beiwohnung der Krönungs⸗ feierlichkeiten kommandirt worden war — nach seiner Garnison Breslau hierselbst eingetroffen.
Breslau, 22. Mai. Die Eröffnung des Fürsten⸗ thumstages bei der oberschlesischen Fürstenthums⸗Landschaft zu Ratibor findet für den Johannitermin d. J. am 19. Juni statt.
Bayern. München, 22. Mai. Nach Geneh⸗ migung des Königs hat das Staats⸗Ministerium des Innern zur Vereinfachung des Geschäftsganges bei den Königl. Bezirksämtern eine Reihe neuer Vorschriften erlassen, welche mit dem 1. Juli d. J. in Wirksamkeit zu treten haben. Im Vergleich zu den bisher gelienden Normen wird durch die neue Vorschrift in der That eine wesentliche Geschäftsvereinfachung bei den äußeren Aemtern herbeigeführt.
— Zu Anfang des nächsten Monats wird ein neues Staats⸗ handbuch für das Königreich Bayern und alsbald auch ein neues Militärhandbuch erscheinen. Das letzte Staatshandbuch erschien im Jahr 1870 und das Militärhandbuch 1871.
— Der Direktor der Rechnungsrevision des Kriegs⸗Ministe⸗ 1 S. Seiler, ist zum General⸗Kriegszahlmeister befördert worden.
Baden. Baden, 19. Mai. Das gestrige 25jährige Stif⸗ tungsfest der Badener Feuerwehr nahm in jeder Hinsicht einen festlichen, glänzenden Verlauf. Ganz besonders ausgezeichnet wurde das Fest durch die Allerhöchste Theilnahme, welche Ihre Majestät die Deutsche Kaiserin und Königin von Preußen für dasselbe kundgab. Allerhöchstdieselbe übersandte zwei silberne Pokale, zwei silberne Bestecke und eine Photographie Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs in prachtvollem Gold⸗ rahmen. Das betreffende Begleitschreiben lautete:
„An den Herrn Bürgermeister Gaus in Baden. Ihre Majestät die Kaiserin hat mit großer Theilnahme von dem heutigen Feste der Feuerwehr Kenntniß genommen und widmet dem Umstande, daß aus dem reichgesegneten Großherzogthum Baden für ganz Deutschland die Anregung zur Ausbildung dieses Instituts hervorgegangen ist, dank⸗ bag. EZ“ bittet Sie, den fünf ältesten Feuer⸗ wehrmännern der Stadt Baden beifolgende denke überreich
ö g Festandenken zu überreichen.
Der dienstthuende Kammerherr Ihrer Majestät der Kaiserin:
B. v. Helldorff.“
Dieses Schreiben wurde während des Festmahls unter dem Jubel der Versammlung verlesen. Herr Seefels brachte ein dreifaches Hoch auf die Kaiserin, welche allen gemeinnützigen, auf das Volkswohl gerichteten Bestrebungen Ihr Allerhöchstes Interesse widme.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 17. Mai. In der 3. Sitzung vom 14. d. M. stimmte der Landtag dem Antrag des Abg. Findeisen zu, daß die Staatsregierung, nach⸗ dem sie den Civil⸗Staatsdienern neuerdings Zulagen bewilligt habe, auch auf Gewährung von Theuerungszulagen an die niedrigst besoldeten Geistlichen des Landes ehemöglichst Bedacht nehmen und beim nächsten Zusammentritt der Landschaft eine bezügliche Vorlage, welche die Gewähr solcher Zulagen eventuell aus Staatsmitteln und zwar vorläufig auf die beiden letzten Jahre der instehenden Finanzperiode aus deren Ueberschüssen bezwecke, zugehen lassen möge. Die Herzogliche Staatsregierung erklärte sich ebenfalls mit diesem Antrage einverstanden; der Geheimerath v. Gerstenberg wies noch besonders darauf hin, daß, nachdem nunmehr den Beamten, Lehrern und Geistlichen Theuerungszulagen gesichert seien, nur noch die städtischen Beamten der gleichen Wohlthat entbehrten und daß er somit für die betreffenden Stellen die Anregung gegeben haben wolle Bezüglich des Verkaufes der Gößnitz⸗Geraer Eisenbahn wurde die von der Generalversammlung bereits angenommene Kaufs⸗ offerte von der Landschaft ebenfalls genehmigt. Indessen haben
die Aristokratie zu Ehren des Prinzen
gestellten Fristen um 9 Monate bewilligt erhalten. Vorarbeiten für die neuen Bahnen von Meuselwitz nach Ronne⸗ burg und von Ronneburg nach Wolfsgefährt sind erst bis zum 15. Februar 1874 einzureichen, die Begründung der neuen Aktien⸗ gesellschaft bis zum 1. April 1874 nachzuweisen. Für Einhal⸗ tung beider Fristen haftet eine Kaution von 10,000 Thlr. Auch dieser Fristverlängerung wurde beigestimmt. Dagegen wurde dem Antrag der Herzoglichen Staatsregierung auf Genehmigung eines von ihr vorläufig abgeschlossenen Vergleiches zur Ablösung des der Saline Neusalza über das Herzogthum bis zur Aufhebung des Salzregals zugestandenen Salzbannrechtes mindestens zur Zeit die Genehmigung versagt. Die Landschaft beschloß, da die angebliche staatliche Verpflichtung und deren Ablösung nach dem erstatteten Kommissionsberichte den erheblichsten rechtlichen Be⸗ denken unterliegt, vor Weiterem das Gutachten einer Juristen⸗ fakultät einzuholen. Die Ablösungssumme ist in dem Vergleiche auf 135,000 Thlr. festgesetzt. — Im Schooße der vereinigten Verfassungs⸗ und Finanz⸗Kommissionen wurde die Domänenfrage wieder aufgenommen. Durch die im Verein mit alandschaftlichen Kommissarien ge⸗ pflogenen Berathungen sind über diese wichtige, schon seit 1854 schwebende Frage gewisse leitende Grundsätze aufgestellt worden, welche gewissermaßen als Direktive für einen mit dem Herzog⸗ lichen Hause abzuschließenden Vergleich dienen sollen. Im Wesent⸗ lichen beruhen diese Vorschläge auf Herbeiführung einer realen, alle Substanzen des Domanialvermögens durchdringenden Thei⸗ lung, bei welcher das Herzogliche Haus zwei Drittheile, das Land ein Drittheil, unter gänzlicher Trennung der Verwaltung, erhal⸗ ten und als Dividendus das bereits 1861 vorgelegte, noch zu vervollständigende Inventar des Domänenvermögens zu Grunde gelegt werden soll. Diese Vorschläge sind in der am 15. d. abgehaltenen Schlußsitzung der Landschaft in ihren Hauptpunken angenommen worden. 8
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 21. Mai. Prinz Wilhelm von Baäaden ist heute Abend von Berlin zu einem mehrtägigen Besuche am Herzoglichen Hofe hier eingetroffen.
Schwarzburg⸗Nudolstadt. R udolstadt, 19. Mai. Am 15. d. M. verstarb hierselbst im fast vollendeten 67. Le⸗ bensjahre der Fürstliche Kammerherr und Geheimer Rath Frei⸗ herr A. von Ketelhodt, seit 1851 Vorstand der Finanz⸗Ab⸗ theilung, sowie seit 1868 Vorstand der Abtheilung für Kirchen⸗ und Schulsachen im Fürstlichen Ministerium. Der Verschiedene hat sich um das Land große Verdienste erworben; das Fürst⸗ liche Ministerium widmet demselben einen warmen und ehren⸗ vollen Nachruf.
—
Hamburg, 21. Mai. Nach einer Mittheilung des Senats ergiebt die ungefähre Schätzung der Ein nahmen für das Jahr 1872 17,600,000 Mk., die muthmaßliche Ausgabe wird betra⸗ gen 15,200,000 Mk., Ueberschuß danach also 2,400,000 Mk. (statt eines auf 1,129,515 Mk. 4 Schill. veranschlagten Aus⸗ falls, die Differenz beträgt mithin ca. 3 ½ Millionen).
Die generellen
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 22. Mai. Gestern Abends fand in dem glänzend erleuchteten und mit exotischen Gewächsen reich dekorirten Saale des „Grand Hotel“ ein Ballfest statt, das von Wales veran⸗ staltete.
—— 24. Mai. (W. T. B.) Der König der Belgier ist in der vergangenen Nacht hier eingetroffen und vom Kaiser am Bahnhofe empfangen worden.
Schweiz. Bern, 23. Mai. (W. T. B.) Der Bundes⸗ rath hat bei Veranlassung der Berathung über die Revision vera unbeevenafung des Innern mit der
er Frage über die Errichtung einer ei 5 Universität beauftragt. “ — Die gestern in Olten abgehaltene Delegirtenver⸗ sammlung der schweizerischen Volksvereine erklärte den allgemeinen schweizerischen Volksverein, der die Herbeiführung der Revision der Bundesverfassung anstrebt, unter Genehmigung der von der Berner Sektion entworfenen Statuten als definitiv konstituirt, ernannte das Berner Komite zum Centralkomite und wählte einen weiteren aus Mitgliedern verschiedener Kantone bestehenden Ausschuß, der zu den außerordentlichen Berathungen des Centralkomites zugezogen werden soll.
MNiiederlande. Haag, 18. Mai. indischen Postpacketschiff sind Berichte aus Batavia vom 12. April eingetroffen. Dem „Java⸗Bode“ kam die Mittheilung aus Penang vom Abende des 10. April zu, ein Handelsdampf⸗ schiff habe die Nachricht überbracht, daß seit der Landung der Niederländer bei Atchin heftige Scharmützel stattgefunden, daß am 8. das hartnäckigste Gefecht gewesen, in welchem die Atchi⸗ nesen 200 Todte verloren, die Niederländer 10 Todte und 50 Verwundete, worunter 4 Offziere, gezählt, und daß die Atchi⸗ nesen sich hinter ihre Verschanzungen zurückgezogen hätten. Das „Bataviaasch Handelsblad“ erhielt folgende Meldung aus Penang vom 11: „Die niederländischen Truppen kämpfen mit der größten Tapferkeit; doch haben sie es mit einem Ieövgsnn Feinde zu thun. Die Atchinesen kämpfen ausharrend. Das Expedi⸗ tions⸗Corps hat viele Kranke; das Krankenschiff ist überfüllt; die Verwundeten werden nach Padang gebracht werden“. Die Verwaltung der britischen Straits⸗Settlements hatte, wie der „Java⸗Bode“ mittheilt, durch eine Proklamation die Ausfuhr von Waffen, Munition u. s. w. nach Atchin verboten.
Großbritannien und Irland. London, 22. Mai Im Buckingham⸗Palast fand gestern Abend der erste Hofb ar in dieser Saison statt, zu dem über 1800 Einladungen ergangen waren. Unter den Anwesenden befanden sich die Prinzessin von Wales, der Herzog von Edinburgh, Prinz Arthur, der Prinz und die Prinzessin Christian von Schleswig⸗Holstein, der Herzog von Cambridge, die Herzogin von Teck und viele Mitglieder des diplomatischen Corps und der hohen Aristokratie. Der Herzog von Edinburgh eröffnete den Ball mit der Prinzessin von Wales. ger hr⸗ Prinz Arthur ist gestern von Wien hierher zurück⸗ — Am 20. d. starb hier Sdir George Cartier rca⸗ nadische Kriegs⸗Winster 1 81u“ — Einem Telegramme aus Ottowa in Canada vom 22. d. zufolge hat das canadische Parlament der Ver inigung mit der Prinz⸗Eduard⸗Insel seine Zustimmung ertheilt. Das Unterhaus hat Neu⸗Braunschweig eine Subsidie votirt, um diesem Staat der Betrag, den er durch die Verzichtung auf die Zölle auf amerikanische Bauhölzer, dem Washingtoner Vertrage gemäß verloren hat, zu ersetzen. — 24. Mai. (W. T. B.) Der Unter⸗Staats⸗Sekretär des Auswärtigen Viscount Enfield erklärte in der heutigen Sitzung des Unterhauses, die Regierung müsse es ableh⸗
Mit dem neuesten
„Alabama“ und andere konföderirte Schiffe erlitten verantwortlich zu erklären.
Frankreich. Paris, 20. Mai. Die Regierung ver⸗ öffentlicht die beiden Gesetzentwürfe über die Organisation der Staatsgewalten und über die Gründung einer zweiten Kam⸗ mer sammt den Motiven im „Journal officiel“.
Danach soll der Senat ebenfalls aus Wahlen hervorgehen, jedoch minder zahlreich sein, als die Volkskammer; wenn diese 500 Mitglieder, so würde er etwa 250 zählen. Diese soll dem jüngeren, er dem reiferen Alter zugänglich sein; die Wählbarkeit für den Se⸗ nat wird daher an ein Alter von wenigstens 35 Jahren geknüpft. Er soll aus dem allgemeinen Stimmrecht, und zwar trotz mancherlei Gründen, welche für indirckte Wahlen sprechen könnten, doch im In⸗ teresse einer Stärkung seines Ursprungs aus direkten Wahlen hervor⸗ gehen. Die Unterschiede zwischen dem Senat und dem Volkshause sollen anderwärts liegen. Erstlich, wie gesagt, darin, daß für die Wählbarkeit ein um zehn Jahre höheres Alter erfordert wird. Dann soll der Senator nicht sowohl eine gewisse Bevölkerungsquote, wie der Abgeordnete, sondern die historische Einheit des Departements reprä⸗ jentiren, und zwar soll jedes Departement mittelst Listenwahl drei Senatoren wählen, das ganze Oberhaus mithin, wenn man Belfort, Algier und die Kolonien mit einrechnet, aus 265 Mitgliedern beste⸗ hen. Die Dauer des Senats wird auf je zehn Jahre bemessen, so zwar, daß alle zwei Jahre ein Fünftel erneuert wird. Seine gesetz⸗ gebende Befugnisse sollen dieselben sein, wie die der anderen Kammer; daneben soll er den Gerichtshof für die höchsten Staatswürdenträger, also den Präsidenten, die Minister und die kommandirenden Generale, bilden. Wählbar sind 15 Kategorien, nämlich: 1) die Mitglieder der Volkskammer; 2) die ehemaligen Mitglieder gesetzgebender Ver⸗ sammlungen; 3) die Minister und ehemaligen Minister; 4) die Mitglieder des Staatsraths, des obersten Gerichts⸗ hofes und der Rechnungskammer; 5) die Präsidenten und ehemaligen Präsidenten „der Generalräthe; 6) die Mitglieder des Instituts; 7) die gewählten Mitglieder des Ober⸗Handels⸗Raths; 8) die Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe; 9) die Präsidenten der an Zahl stärksten zwei Augsburgischen und zwölf reformirten Konsistorien; 10) der Präsident und der Ober⸗Rabbiner des israelitischen Konsisto⸗ riums; 11) die Marschälle und Divisions⸗Generale, die Admirale und Vize⸗Admirale in Dienst oder in Reserve, sowie die Gouvernelre Algiers und der Kolonien, wenn sie diesen Posten mindestens fünf Jahre innegehabt haben; 12) die aktiven Präfekten; 13) die Maires der Städte von mehr als 100,000 Einwohnern; 14) die Abtheilungs⸗ Direktoren der Ministerien, welche diesen Posten durch zehn Jahre be⸗ kleidet haben, und 15) die pensionirten Mitglieder des obersten Ge⸗ richtshofs, der Appellationsgerichte und die pensionirten Präsidenten eines Gerichtshofes erster Instunz.
Die Repräsentantenkammer soll aus ungefähr 50) Mit⸗ gliedern bestehen und ebenfalls direkt durch allgemeines Stimmrecht ernannt werden. Das Weitere hinsichtlich des Wahlsystems bleibt einem besonderen Gesetze vorbehalten. Nur das Eine soll schon hier bestimmt werden, daß die Wählbarkeit an das Alter von 25 Jahren geknüpft ist. Das Land soll in 537 Wahlbezirke zerfallen. Jedes der 362 bestehenden Arrondissements soll mindestens einen Abgeordneten ernennen; diejenigen Arrondissements, welche mehr als 100,000 Ein⸗ wohner zählen, sollen für jedes weitere Hunderttausend einen Abgeord⸗ neten mehr ernennen. Die Vortheile dieses Systems gegen die bis⸗ herige Wahl nach Listen werden an der Hand Laboulaye's und an⸗ derer Staatsrechtslehrer des Näheren entwickelt und bei dieser Gele⸗ genheit gegen die herrschende Beinflussung der Wahlen durch Central⸗ Komite's gesprochen. Ses auf fünf Jahre bemessen. „Die oberste Gewalt soll einem Manne anvertraut sein, der au einer Wahl hervorgegangen, dessen Verantwortlichkeit eine wirkliche, dessen Amtsdauer auf fünf Jahre beschränkt ist. Er soll mindestens vierzig Jahre alt sein und wiedergewählt werden können. wird dieser Präsident der Republik von einem Kongreß, be stehend aus: 1) den Mitgliedern des Senats; 2) den Mitgliedern de Repräsentantenkammer und 3) einer Delegation von je drei Mitglie dern der französischen Generalräthe. Dieser Kongreß wird von dem
hätten,
Präsidenten des Senats einberufen und präsidirt. 88 . Hinsichtlich der Befugnisse der öffentlichen Gewalten soll Folgendes festgestellt werden: Die Initiative zu den Gesetzen steht beiden Kam mern und dem Präsidenten der Republik zu. ie Steuergesetze wer⸗ den zuerst der Repräsentantenkammer unterbreitet. beider Hänser sind gegen jede ihrer Kammer geäußerten Meinungen geschützt; wegen anderer Ver⸗ gehen können sie, außer dem Falle der Ueberras hung in flagranti, nur mit Erlaubniß ihrer Kammer verfolgt werden. SHeö der Re⸗ publik promulgirt die Gesetze und überwacht ihre Ausführung. E unterhandelt über die Verträge und ratifizirt sie; doch wird kein Vertrag definitiv, so lange er nicht von den beiden Kammern genehmigt ist Er hat das Recht, zu begnadigen; Amnestien können aber nur durch Gesetz erlassen werden. Er verfügt über die bewaffnete Macht, darf dieselbe jedoch nicht persönlich befehligen. Bei nationalen Feierlich⸗ keiten führt er den „Vorsitz. Die fremden Gesandten sind bei ihm be⸗ glaubigt. Der Präsident der Republik und die Minister sind sowohl individuell als kollektiv für die Akte der Regierung verantwortlich. Wenn der Präsident der Republik es durch das Interesse des Landes geboten erachtet, daß die Repräsentantenkammer vor dem normalen Ablauf ihrer Gewalten erneuert werde, so beantragt er bei dem Senat, daß dieser ihm die Ermächtigung ertheile, die andere Kammer aufzu⸗ lösen. Diese Ermächtigung muß binnen acht Tagen in geheimer Sitzung und mittelst Stimmenmehrheit gegeben werden.
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gangsbestimmung: „Wenn die Nationalversammlung durch ein Votum den Zeit⸗
wird der Präsident der Republik die Wahlkollegien für die Wahl der Abgeordneten und dann für die Wahl der Senatoren einberufen, so
konstituiren können. Die Gewalten des Präsidenten der Republik sollen fortdauern, bis der Kongreß den neuen Präsidenten gewählt und das Ergebniß dieser Wahl notifizirt hat.“
Aegypten die Schlösser des verstorbenen Kaisers Napoleon ge⸗ miethet habe. Er selbst werde dasjenige benutzen, in welg e 1 der Kaiser wohnte, während die anderen seinem zahlreichen Ge⸗ folge zur Verfügung gestellt seien. Der 15. Juni sei für die
Ankunft des Khedive festgesetzt. (W. T. B.) In der Sitzung der Natio⸗
— 23. Mai. nalversammlung wird heute eine Botschaft des Präsidenten zur Verlesung kommen, wonach sich derselbe an der Diskussion über die Interpellation der Rechten, betreffs der Veränderungen im Ministerium betheiligen, aber erst morgen das Wort er⸗ greifen wird. — Das linke Centrum, Fraktion Pörier hatte gestern eine Zusammenkunft, wobei mehrere Redner die Ansicht entwickelten, es sei erforderlich, daß der Präsident Ga⸗ rantien für seine konservative Haltung gebe. Nach einer zwei⸗ ten Versammlung, die heute stattfinden sollte, will die Fraktion eine Deputation an den Präsidenten absenden. Herr Thiers soll, der „Agence Havas“ zufolge, entschlossen sein, auf dem Boden „seiner letzten Botschaft zu beharren und beabsichtigen, die Präsidentschaft niederzulegen, wenn das Ministerium bei der heute beginnenden Diskussion in der Minorität bleiben sollte. Versailles, 23. Mai. (W. T. B.) Der Präsident der Republik und die sämmtlichen Minister waren heute in der Sitzung der Nationalversammlung erschienen. Der Justiz⸗Minister Dufaure zeigte der Versammlung an, der Mi⸗
Käuf i der Staatsregierung eine Verlängerung aller ihr
nen, sich für die Verluste, welche britische Unterthanen durch die
nisterrath habe nach zuvoriger Berathung die Ansicht n t 1 2 gewonnen, daß durch die auf der Tagesordnung stehenden Interpellationen
Die Sessionsperiode der Volkskammer wird
Ernannt
ner Die Mitglieder gerichtliche Verfolgung wegen der in 8*
Hieran knüpft sich noch (als Artikel 16) folgende Ueberz punkt bestimmt haben wird, an welchem sie auseinandergehen will,
zwar, daß die beiden Kammern sich schon am Tage der Auflösung
— Briefe aus Vichy melden, daß der Vicekönig von
die Verantwortlichkeit des Präsidenten berührt werde, der dem⸗ gemäß von seinem Rechte, sich an der Diskussion zu betheiligen, Gebrauch machen werde. Der Herzog von Broglie richtete heftige Angriffe gegen das jetzige Kabinet, welches dem Lande keine Beruhigung gewähren könne und als eine Konzession an die Radikalen zu betrachten sei; er erklärte, bloße Erklärungen könnten nicht genügen, es sei nöthig, daß die Regierung konservative Maßregeln treffe und sich an die Spitze der konservativen 2 stelle. Dufaure, welcher dem Herzoge erwiderte, sprach sich auf das Entschiedenste gegen das Programm der Radikalen, in deren Obsiegen bei den letzten Wahlen allerdings eine große Gefahr liege, aus, und er⸗ klärte schließlich, daß die Regierung jetzt den entscheidenden Augenblick für gekommen halte, die Anerkennung der republika⸗ nischen Regierungsform auszusprechen. Der Präsident der Na⸗ tionalversammlung, Buffet, verlas dann eine Botschaft von Thiers, in welcher derselbe um Gehör bei der Versammlung nachsucht. Auf einen von Dufaure Namens des Präsidenten Thiers gestellten Antrag wurde darauf die Sitzung vertagt und auf morgen Vormittag 9 Uhr eine neue Sitzung anberaumt.
Italien. Rom, 23. Mai. (W. T. B.) Die „Voce della verita“ bringt einen Artikel, welcher die Eventualität eines Konklaves be⸗ spricht und im Wesentlichen gegen die Auslassungen italienischer und ausländischer Zeitungen, und namentlich gegen den Artikel der „Augsb. Allg. Ztg.“ über die Papstwahl gerichtet ist. Das klerikale Blatt hebt besonders hervor, daß die auswärtigen Mächte niemals ein Exklusionsrecht bei der Papstwahl gehabt hätten; das Veto sei nur ein Zugeständniß der Kardinäle gegen⸗ über den katholischen Souveränen gewesen, welche der Kirche ihren Schutz gewährt hätten. Jetzt könne diese Befugniß keinem Staate mehr zustehen, da alle Regierungen die Gleichberechtigung der Kulte anerkannt hätten; jedenfalls kämen die nichtkatholischen Regierungen gar nicht in Frage und würden die Republiken Spanien und Frankreich wenig Gewicht in die Wagschale legen. Die „Voce della verita“ führt dann aus, der Papst müsse noth⸗ wendig ein Italiener sein, da in ganz Italien der Wunsch herrsche, eine Persönlichkeit auf dem päpstlichen Stuhle zu sehen, welche die italienische Sprache rede, und da jener Souverän eines Staates sei, den die Italiener selbst ihm gewiß restituiren würden. Es gäbe nur einen deutschen Kardinal, ein Umstand, welcher eine „Wahl“ ausschließe; bei der etwaigen Wahl. eines französischen Kardinals werde die beunruhigende Erinnerung an Avignon geweckt, und die beiden öster⸗ reichischen Kardinäle dächten sicherlich nicht daran, die Papstwürde zu erlangen, abgesehen davon, daß dies auch Sei⸗ tens der österreichischen Regierung nicht begünstigt werde. Das Geheimniß der in der Presse sich kundgebenden Bewegung sei einfach, daß die italienische Regierung einen ausländischen Papst wolle, welchem die Wiederherstellung der weltlichen Macht er⸗ schwert und die Herzen des italienischen Volkes entfremdet wer⸗ den würden. Ein Papst, der von den Ufern der Spree, Seine, Donau oder Themse komme, werde mit den allergrößten Schwie⸗ rigkeiten zu kämpfen haben; die klerikale Partei selber werde mit dem besten Willen Gefahr laufen, daß sie weder den Papst noch dieser sie verstehen würde.
— Seitens des Vatikans wird, wie die „Neue freie Presse“ aus Rom meldet, ein äußerstes Mittel gegen das von der De⸗ putirtenkammer in Rom berathene Gesetz über die religiösen Körperschaften vorbereitet und in einer demnächst veröffent⸗ lichten Enecyklika des Papstes gegen das Ministerium Lanza, sowie gegen alle für das Gesetz stimmenden und zu dessen Aus⸗ führung beitragenden Deputirten der große Bannfluch ausge⸗ sprochen werden. In dem gedachten Schriftstücke wird, dem Ver⸗ nehmen nach, das Gesetz über die religiösen Körperschaften für null und nichtig erklärt und allen Katholiken verboten, demsel⸗ ben irgend welchen Gehorsam zu leisten. Wer Kirchengüter kauft, oder an dem Verkaufe und Kaufe derselben irgend wie theilnimmt, wird mit der Exkommunikation belegt.
— Die Berathung über das Klostergesetz wurde in der heutigen Sitzung der deputirten⸗Kammer weiter fort⸗ gesetzt und dasselbe bis zum Artikel 13 genehmigt. Die Kammer nahm ferner eine Tagesordnung an, welche der nationalen Trauer über den Tod Manzonis Ausdruck
jebt. 8 — Die Ankunft der Kaiserin von Rußland wird hier am nächsten Montage erwartet.
Mailand, 23. Mai. (W. T. B.) Für das Leichenbe⸗ gängniß Manzonis werden große Vorbereitungen getroffen. Dem Vernehmen nach wird der Kronprinz und der Prinz Amadeus den Begräbnißfeierlichkeiten beiwohnen.
Griechenland. Athen, 23. Mai. (W. T. B.) Zum Präsidenten der Deputirtenkammer ist der ministerielle Kandidat Delyanni gewählt worden.
Türkei. Konstantinopel, 23. Mai. (W. T. B.) Reouf Pascha, der vor Kurzem ernannte Gouverneur von Vemen, ist gestern zum Polizei⸗Minister ernannt worden. Der Großmeister der Artillerie, Halil Pascha, ist heute durch einen Unfall ums Leben gekommen.
— Das halbamtliche Journal „Bassiret“ meldet, daß die Pforte bei der niederländischen Regierung wegen ihres Angriffs gegen den Sultan von Atchin Vorstellungen erhoben hat.
— Der bisherige deutsche Gesandte in Konstantinopel, v. Keudell, hat dem Sultan sein Abberufungsschreiben über⸗ reicht und Konstantinopel verlassen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 22. Mai. Ueber den weiteren Marsch des Turkestanischen Corps theilt der „Russ. Inv.“ folgende weiteren offiziellen Nach⸗ richten mit:
Nach dem Abmarsche der Dshisakschen Kolonne von dem Flusse Kly (in der Nähe von Dshisak) rückte sie bis zum Dorfe Temir⸗Kobuk
(127 ½ Werst), an den westlichen Vorbergen des Nuratagebirges be⸗
legen, vor. Bei diesem Punkt beginnt eigentlich die Wüste Kisilkum, durch welche die Kolonne bis zu ihrer Vereinigung mit der Kasalins⸗ kischen Kolonne am Bukangebirge zu marschiren hatte. Trotz der in dieser Gegend um Mitte März*) seltenen bedeutenden Kälte legten die Truppen ihren Marsch mit Muth und Freudigkeit zurück und hatten nur äußerst wenige Kranke. Leider aber hatte der Transport des Trains bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden, weil die Kameele in Folge des Mangels an Grünfutter und der schlechten Witterung bald schwach wurden. Um ihre Kräfte zu erhalten und das mangelnde Grünfutter zu er⸗ setzen, gab man ihnen Ssaman (Häcksel), Kunschura (ausgepreßten Sesam⸗ saamen) und Klee. Während die Kolonne bei Temir⸗Kobuk stand, er⸗ schienen im Lager die benachbarten bucharischen Beks von Nurata und Siauddin, welche der Emir von Buchara zum Empfange und zur Begrüßung des General⸗Gouverneurs von Turkestan entsendet halte. Der Emir Musaffar bewies hierbei seinerseits die größte Zuvorkom⸗ menheit. Auf seinen Befehl überbrachten die Beks nicht nur reiche
*) In der Nacht zum 14. März fiel zwei Werschok hoch Schnee⸗
und stieg die Kälte auf 6 Grad Réaumur.
1u“ “ E11“ 4 1 5 Geschenke an den General⸗Adjutanten v. Kauffmann, sondern auch die
Zusicherung, daß unsere Truppen alle nur von ihm abhängende Unter⸗ stützung erhalten sollten. Um dem Willen ihres Herrschers nachzu⸗ kommen, beschafften die Beks Verräthe von Brennmaterial und Fou⸗ rage und trieben auch 100 Kameele herbei. Außerdem wurde ein be⸗ sonderer Abgesandter des Emirs beauftragt, während der ganzen Dauer des Feldzugs bei dem General⸗Gouverneur von Turkestan zu bleiben, und auch der beständige chokandsche Geschäftsträger in Taschkent, der Parwanatschi Mirza⸗Hakim, sollte das Turkestansche Corps begleiten.
Als die Kolonne bei dem Brunnen Balta⸗Ssaldyr angelangt war,
von wo gus dieselbe wegen des Wassermangels nicht in ihrer ganzen Stärke auf einem Wege weitermarschiren konnte, befahl der Ober⸗ Kommandirende, auf zwei Wegen nach Tamdy vorzurücken, auf dem nördlichen über die Brunnen Bisch⸗tschapan, Jany⸗kasgan und Kideri und auf dem südlichen über die Brunnen Kosch⸗baigi, Baiman⸗tanty, Masstschi, Arystan⸗bel⸗kuduk und Murun. Zu Chefs der einzelnen Echelons wurden die Obersten Kolokolzew, Nowomlinski und v. Weymarn und der Oberst⸗Lieutenant Terei⸗ kowski, zu deren Gehülfen der Oberst⸗Lieutenant Poltarazki, Oberst v. Block, Oberst⸗Lieutenant v. Printz und Major Ssaburow ernannt. Weährend des Marsches der Dshisakschen Kolonne traf aus Kasa⸗ linsk die Meldung ein, daß daselbst ein Abgesandter des Chans von Chiwa mit einem Schreiben dieses letzteren und 21 Russen, die in Chiwa gefangen gehalten worden, eingetroffen sei. Auf Befehl des General⸗Gouverneurs kam der chiwesische Abgesandte von Kasalinsk zur Dshisakschen Kolonne, stellte sich dem obersten Chef des Landes vor und blieb bei der Kolonne. Die aus der Gefangenschaft zurück⸗ gekehrten Kosaken wünschten, an dem Feldzuge gegen Chiwa Theil zu nehmen, und ihre Anwesenheit wird ohne Zweifel großen Nutzen brin⸗ gen, da sie mit den lokalen Verhältnissen vollständig bekannt sind.
Am 29. März traf die Dshisaksche Kolonne bei den Brunnen Arystan ein. Hier wurden Nachrichten über den weiteren Weg nach Chiwa gesammelt, und es zeigte sich, daß man von den eben genann⸗ ten Brunnen auf einem viel bequemeren und kürzeren Wege nach dem Amu⸗darja gelangen könne, als auf dem, welcher für das Turkestansche Corps über Tamdy, Myn⸗bulak und Schurachan angegeben war. In Folge dessen beschloß der General⸗Adjutant v. Kauffmann, am Brun⸗ nen Arystan die Ankunft der Kasalinskischen Kolonne abzuwarten, der dann auch der Befehl übersandt wurde, sich auf diesem Punkt mit der Dshisakschen zu vereinigen. Beide zusammen sollten dann in südwest⸗ licher Richtung nach dem noch ungefähr 250 Werst entfernten Amu⸗ darja vorrücken. Nach den letzten Nachrichten sollten die beiden Ko⸗ lonnen sich am 12. April bei Arystan⸗bel⸗kuduk vereinigen. Der neu⸗ gewählte Weg gewährt den Vortheil, daß er in der Nähe bewohnter Orte liegt, wo hinreichende Vorräthe an Brennmaterial und Wasser zu finden sind, und daß er bis Chiwa 150 Werst kürzer ist, als der über Myn⸗bulak und Schurachan. In Folge dessen wird das Tur⸗ kestansche Corps 100 bis 120 Werst oberhalb Pitnjak's über den Amu⸗darja setzen. 3
Da sich vor dem Ausrücken der Truppen aus Taschkent das Ge⸗ rücht verbreitet hatte, der bekannte Räuber Ssadyk habe auf Befehl des Chans von Chiwa eine Bande gesammelt, um in unsere Grenzen einzufallen und auf den Verbindungen des Turkestanschen Corps zu operiren, wurde ein fliegendes Detachement nach Tamdy und dem Bu⸗ kangebirge vorgeschickt, welches die auf dem Wege des Corps liegenden Brunnen beschützen und den Einfall Ssadyks verhindern sollte. Uebri⸗ gens besagen die letzten Nachrichten, daß die Chiwesen nicht einen feindlichen Züufammenstoß mit unseren Truppen wünschen, wenigstens mit denen nicht, die von der Seite des Turkestanschen Militärbezirks anrücken.
Vor dem Abrücken von dem Brunnen Arystan erwartet man noch die Ankunft von 1000 Kameelen, welche die Bevölkerung der Steppe Kisilkum dem Corps zu liefern übernommen hat. 1
Das Orenburgsche Corps, welches sich am 11. April-bei Arys befand, ist am 18. bei Issen⸗Tschagyl am füdlichen Ende der Wüste „Groß⸗Barssuki“ angelangt. Hier beabsichtigt General Werewkin, einige Zeit zu verweilen, um den Train zu erwarten, der etwas später als das Gros des Corps aus dem Embaposten ausgerückt ist.
Das Mangischlaksche Corps, das am 14. April äus dem Lager an der Bucht von Kinderli ausgerückt war, kam am 18. bei dem Brunnen Ssenek und am 19. bei Bisch⸗akty an, wo ein Stütz⸗ und Depdtpunkt eingerichtet und mit zwei Comyagnien besetzt wurde. Am 20. April rückte das Corps echelonweise weiter vor. Die zum requi⸗ riren von Kameelen entsandte Kavallerie hatte ein Scharmützel mit Kirgisen, in welchem zwei Kosaken verwundet wurden, davon einer tödtlich. Die Kirgisen verloren 5 Todte und gegen 10 Verwundete.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 20. Mai. Der König und die Königin gaben am Sonnabend einen Krönungsball im Schlosse.
— Die Zweite Kammer deseichstags hat ohne Dis⸗ kussion beschlossen, die Regierung aufzufordern, eine separate Münz⸗Konvention mit Dänemark abzuschließen.
Auf Wallenbergs Motion haben beide Kammern beschlossen, daß der Rest der Forderung der Reichsbank von dem Staat für eine zu den Kriegskosten 1808 und 1809 gemachte Anleihe, betragend 1,452,000, zu einem Cours von 96 % ein⸗ gelöst werden soll. — Beide Kammern haben ferner dem Vor⸗ schlage des Ausschusses gemäß bis auf Weiteres die Runkel⸗ rübensteuer auf die Rohwaare gelegt und dabei den Zuckergehalt derselben zu 6 ¼ % berechnet.
— Der norwegische Grundgesetztag (17. Mai) wurde in Christiania Morgens früh wie gewöhnlich mit einem Umzug der Schuljugend durch die Straßen der Stadt nach dem Stor⸗ thingsgebäude eingeleitet, von dessen Fenstern die Storthings⸗ mitglieder den Zug betrachteten. Von dort ging der Zug nach der Festung, wo Schullehrer Johnson und Björnstjerne Björn⸗ son Reden hielten.
Dänemark. Kopenhagen, 20. Mai. Der König empfing gestern in besonderer Audienz auf Schloß Amalienborg den am hiesigen Hofe akkreditirten Kaiserlich daslches Gesandten Baron von Mohrenheim, welcher sich von hier auf eine Ur⸗ laubsreise begiebt. .
— 21. Mai. Das Folkething hielt heute eine lange Sitzung, worin noch verschiedene Gesetze und eine Interpellation, betreffend die von der Sturmfluth beschädigten Gegenden erle⸗ digt wurden. Darauf gab der Präsident die gewöhnliche Ueber⸗ sicht über die Arbeiten der Session im Folkething. Nachdem der Reichstag im Oktober eröffnet und 2 Monate vertagt worden war, wurde er am 2. Dezember vorigen Jahres wieder eröffnet und hat sonach fast sechs Monate in Anspruch genommen. Am Schluß der Sitzung verlas der Präsident ein Schreiben des Conseilspräsidenten, worin die Mit⸗ theilung gemacht wurde, daß der König dem Oberst Thomsen sein Gesuch, als Marine⸗Minister verabschiedet zu werden, be⸗ willigt und den Orlogskapitän N. F. Ravn zum Marine⸗Mi⸗ nister ernannt habe. Oberst Thomsen behält dagegen nach wie vor sein Portefeuille als Kriegs⸗Minister. — Um 5 Uhr ver⸗ sammelten sich beide Thinge im Folkethingssaale, woselbst sich bald darauf die Minkster (mit Ausnahme des neuernannten Marine⸗Ministers) in Uniform einfanden. Durch Verlesung einer kurzen Königlichen Botschaft ohne politischen Inhalt und einer betreffenden Erklärung des Conseilspräsidenten wurde darauf der Reichstag geschlossen. Auf den Ruf des Abg. Cor⸗ nelius Petersen: Es lebe der König! antworteten die Abgeord⸗ neten mit einem neunmaligen Hurrah.
Amerika. New⸗York, 23. Mai. (W. T. B.) Die Modoc⸗ Indianer haben ihre Ergebung unter der Bedingung ange⸗
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er daß ihr L ben geschont werde. General Davis bestand indessen auf unbedingter Unterwerfung und drohte, wenn die⸗ selbe nicht bis zum Freitag erklärt sei, werde er den ganzen Stamm über die Klinge springen lassen. — In Jowa sind durch einen Orkan furchtbare Verheerungen angerichtet. Menschen und Thiere wurden durch den Sturm in die Luft emporgehoben und fortgeführt und Häuser und Farmen zerstört. Mehrere Men-⸗ schen sind umgekommen und viele verwundet.
— Wie die „Wes. Ztg.“ aus Santa Fé de Bogota vom 22. März meldet, wurde daselbst der Geburtstag des Deutschen Kaisers besonders festlich begangen. Schon seit der frühen Morgenstunde wehten vom deutschen Gesandtschafts⸗ hotel, sowie von dem deutschen Konsulatsgebäude, den öffentlichen Regierungsgebäuden und von den Gesandtschaftshotels der verschiedenen Nationen die Flaggen. Während des Vormittags * nahm der deutsche Ministerresident Dr. Schumacher die Begrü⸗ ßungen der Gratulanten entgegen, bei welcher Gelegenheit ihm von den Deutschen in Bogota eine Adresse an Se. Majestät überreicht wurde (vgl. unter Berlin). Abends vereinigte ein solen⸗ nes Diner die sämmtlichen Deutschen im Gesandtschaftshotel, welches der Ministerresident zur Feier des Tages veranstaltet hatte. Die Militärmusik spielte deutsche Weisen mit „Heil Dir im Siegerkranz“ anfangend und mit der „Wacht am Rhein“ schlie⸗ ßend. Das Fest verlief in der angenehmsten Weise. Während der Tafel wurden Toaste auf den Kaiser, Deutschland, Ko⸗ lumbien ꝛc. ausgebracht.
Asien. Ein Schreiben der „Times“ aus Kurrachee (Scinde) vom 18. April berichtet ausführlich über den Erfolg der Mission Sir Bartle Frere's bei dem Sultan von Mascat. Der Sultan unterzeichnete ohne Umschweife den Ver trag, betreffs Unterdrückung des Negerhandels. Die Duplikate des Vertrages, in arabischer und englischer Sprache, wurden am 14. April in Mascat von Sir Bartle und Synd Turki, dem Sultan, unterzeichnet, so daß nur noch die Ratifikation der Kö- nigin Victoria übrig bleibt. Der Sultan hoffte, von England die Erlaubniß zu einem Angriff auf den Sultan von Zanzibar zu erlangen (England hatte zwischen Beiden 1861 eine Vermitt⸗ lung zu Stande gebracht, die noch in Kraft ist). Sir Bartle erklärte sich jedoch außer Stande, dieselbe zu gewähren. Später machte der Sultan Sir Bartle einen Gegenbesuch auf dessen Dampfer „Enchantress“ und Letzterer nahm dann von ihm eine Einladung zur Tafel an, bei welcher ihm u. A. die drei Söhne Turki's vorgestellt wurden. Turki ist ein Mann von etwa 45 Jahren.
— Der Kaiserliche Palast in Beddo wurde am 5 d. durch Feuer gänzlich zerstört. Menschenleben gingen dabei nicht verloren. Diesen Palast bewohnte der Kubo oder weltliche Kaiser von Japan. Er stand auf einer Insel, die durch einen Arm des durch die Hauptstadt laufenden Flusses gebildet wurde.
— Ein Telegramm des „Bureau Reuter“ aus Singa⸗ pore vom 15. d. meldet, daß dem Vernehmen nach 10,000 Battaks und Chinesen auf Deli an der Ostküste von Sumatra marschiren, um es anzugreifen.
Afrika. Die Ashantees sind nach eingegangenen Mel⸗ dungen von der Westküste Afrikas geschlagen und haben sich unter großen Verlusten in das Innere des Landes zurückgezogen.
Reichstags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 24. Mai. Das Schreiben, durch welches Reichstag der Entwurf des Haushaltsgesetzes übersendet worden ist, lautet: 3
Im Namen Seiner Majestät des Kaisers beehrt sich der Reichs⸗ kanzler dem Reichstage den anliegenden Entwurf eines
Gesetzes, betreffend die Feststellung des Haushalts⸗Etats des Deutschen Reichs für das Jahr 1874, nebst diesem Etat, wie solche vom Bundesrathe beschlossen worden sind, zur verfassungs⸗ mäßigen Beschlußnahme, sowie den anliegenden, nach Titeln geordneten Etat über die Aus⸗ gaben für das Reichsheer, gegen welchen der Bundesrath Erinnerungen nicht erhoben hat, zur Kenntnißnahme und Erinnerung ganz ergebenst vorzulegen.
Beigefügt sind die Spezial⸗Etats für das Reichskanzler⸗Amt, für das Auswärtige Amt, für die Kaiserliche Marine, für den Rechnungs⸗ hof, für das Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht, für die Einnahmen an Zöllen und Verbrauchssteuern, für die Einnahme an Wechselstempelsteuer, für die Reichs⸗Postverwaltung, für die Reichs⸗Telegraphenverwaltung, für die Reichs⸗Eisenbahnen, für die Verwaltung des Reichs⸗Invaliden⸗ fonds und eine Nachweisung der in dem Haushalts⸗Etat des Deutschen Reichs für das Jahr 1874 unter Kapitel 6 angesetzten verschiedenen Einnahmen.
Die Spezial⸗Etats für das Auswärtige Amt, für die Verwal⸗ tung des Reichsheeres, für die Verwaltung der Kaiserlichen Marine, für den Rechnungshof, für das Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht, für die Einnahmen an Zöllen und Verbrauchssteuern, für die Einnahme an Wechselstempelsteuer und für die Reichs⸗Postverwaltung sind bereits mit meinem ergebensten Schreiben vom 21. v. M. übermittelt worden. Der Etat für die Verwaltung des Reichs⸗Invalidenfonds wird nach⸗ folgen. 1u“
Berlin, den 19. Mai 1873.
An den Reichsrag.
Die 14 des Armee⸗Verordnung⸗Blattes hat folgenden Inhalt: Trennung der Aerzte des Beurlaubtenstandes der Marine von denen der Landarmee. — Dienstleistungen des Personals der Kriegsschulen bei den Truppen. — Liquidirung der Kriegs⸗Denk⸗ münzen pro 1870/71. — Bekanntmachung der Lebensversicherungs⸗An⸗ stalt für die Armee und Narine. — Die Besetzung der Unterbeam⸗ tenstellen bei den Privateisenbahnen durch Militär⸗Anwärter. — Ein⸗ führung des Reglements für die Beförderung von Truppen und Ar⸗ meebedürfnissen ꝛc. vom Jahre 1870 auf der Berliner Verbindungs⸗ bahn. — Modifikation der Abschluß⸗Nummer für den Aushebungs⸗ bezirk Schneeberg pro 1872. — Etat für die jährliche Uebungsmuni⸗ tion. Mai 1872. — Abänderungen zu der Anleitung zur guten Erhal⸗ tung der Artillerie⸗Depot⸗Bestände bei der Aufbewahrung und beim Transporte. Berlin 1865 — Feier des Todestages des Herzogs Leo⸗ pold von Braunschweig. — Recherche nach dem Verbleib eines ver⸗ mißten Soldaten.
— Die Nr.
Nr.
21 des „Preußischen Handels⸗Archivs“ bat folgenden Inhalt: Gesetzgebung: Niederlande: Anweisung der Ge⸗ meinde Gennep als Komtoir für ein⸗, aus⸗ und durchgehende Waaren. — Guatemala: Erhöhung der Einfuhrabgaben. Statistik: Deutsches Reich: Preußen: Uebersicht des Waaren⸗Ein⸗ und Ausgangs zur See zu Stettin im Jahre 1872 (Schluß). — Bremen: Handel⸗ und Schiffahrt im Jahre 1872. — Großbritannien: Jahresbericht des
Konsulats zu Peterhead für 1872. — Der Verkehr Englands mit seinen Kolonien und dem Auslande im Jahre 1871 (Schluß). — Griechenland: Jahresbericht des Konsulats im Piräus für 1872. Mittheilungen: Berlin. Landsberg a. W. Tilsit. Bromberg. Glo⸗ gau. Halle a. S. Magdeburg. Bielefeld. Port Stanley.
— Die Bestimmungen über Organisation und Dienst⸗ betrieb der Kriegsschulen vom 27. Februar 1873 sind in einem besonderen Abdruck in gr. 8 in der Königlichen Geheimen Ober⸗ Hofbuchdruckerei (R. v. Decker) erschienen. Dieselben treten an die