1873 / 239 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Oct 1873 18:00:01 GMT) scan diff

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8. 1“ 8 1““ 9 8 Die Bureaus des Reichseisenbahn⸗Amtes sind nach der Alsenstraße Nr. 3 verlegt. Bei demselben ist der Königliche Baurath a. D. Bieler als Hülfsarbeiter ein⸗ getreten. m

Der General⸗Lieutenant Graf von Brandenburg, Commandeur der Garde⸗Kavallerie⸗Division und General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, hat sich mit einem mehr⸗ wöchentlichen Urlaube nach Domanze in Schlesien begeben.

Der Oberst und Abtheilungs⸗Chef im Kriegs⸗Ministerium von Hartmann ist von seiner Dienstreise hierher zurückgekehrt.

S. M. Kanonenboot „Meteor“ ist am 8. d. Mts. in Gibraltar angekommen.

Dortmund, 9. Oktober. (W. T. B.) Bischof Dr. Reinkens ist heute Nachmittag 5 ¼ Uhr von Berlin hier ein⸗ getroffen, um der morgen hier stattfindenden ersten Pr ovinzial⸗ versammlung der westfälischen Altkatholiken beizu⸗

(Stettin, 9. Oktober. Der am 5. d. Mts. hier eröffnete 20. Provinzial⸗Landtag des Herzogthums Pommern und Fürstenthums Rügen hat seine Verhandlungen beendigt und ist von dem Königlichen Landtags⸗Kommissarius. Ober⸗Präfi⸗ dent Freiherr von Münchhausen, heut vorschriftsmäßig geschlossen worden.

Hannover, 9. Oktober. Der Provinzial⸗Landtag erledigte heute eine erhebliche Anzahl von Gegenständen. Er genehmigte die Erwerbungen für die Irrenanstalten zu Hildesheim und Göttingen, die Erweiterung der Räumlichkeiten in Moringen, ferner Abänderungen der Verfassungen der Bremen⸗Verdenschen und Hoya⸗Diepholzschen Landschaft, bewilligte die Mehrkosten für den Ausbau des Ständehauses und bevollmächtigte den Verwaltungsausschuß, wegen Uebertragung der Chaussee⸗Ver⸗ waltung auf die Provinz mit der Königlichen Regierung zu ver⸗

Buayern. München, 8. Oktober. Der Regierungs⸗ Präsident von Zwehl hat einen vierwöchentlichen Urlaub an⸗ etreten.

8 8 Die erledigte oberfränkische Regierungspräsi⸗ dentenstelle wird, dem „Korr. v. u. f. D.“ zufolge, vorläufig unbesetzt bleiben. .“

Nach dem gegenwärtig im Druck befindlichen Entwurf des Finanzgesetzes für die XII. Finanzperiode 1874 und 1875 sind die gesammten Staats⸗Einnahmen und Ausgaben auf 120,878,892 fl. bilanzirt. An direkten Steuern sind für jedes Jahr der XII. Finanzperiode zu erheben a. an Grundsteuer zwei ganze und vierzehn Fünfzehntel Simpla, b. an Haussteuer und zwar sechs ganze und neun Zehntel Simpla der Areal⸗ und zwei ganze und drei Zehntel Simpla der Miethsteuer, c. die Gewerbesteuer nach dem Gesetze vom 1. Juli 1856 mit Zuschlag vpon einem Zwanzigstel, d) die Kapitalrentensteuer nach dem Ge⸗ setze vom 31. Mai 1856 mit einem Zuschlage von einem Zwan⸗

zigstel, e. die Einkommensteuer nach dem Gesetze vom 31. Mai 1856 mit einem Zuschlage von einem Zehntel. Unter den Ausgaben sind 300,000 fl. für Aufbesserung der Pensionen der Staatsdiener und ihrer Relikten angesetzt.

Wie die „Allg. Ztg.“ mittheilt, stellt ein Erlaß des Kultus⸗Ministeriums, ad. 4. d. M., den Diözesan⸗Bischöfen, den vorhandenen Priestermangel ins Auge fassend, die Bewilli⸗ gung in Aussicht: einzelne Mitglieder der Kongregation der Redemptoristen nach ihrem Austritt aus dem bisherigen Verband in der Seelsorge verwenden zu dürfen. Diese Bewilligung er⸗ folgt jedoch nur auf jeweiliges Ansuchen von Fall zu Fall durch deas Kultus⸗Ministerium. Der Petent hat durch Vorlegung der pöpstlichen Dispensurkunde den Nachweis zu liefern, daß er aus

seinem bisherigen Ordensverbande vollständig entlassen und

fortan ausschließlich und in allen Beziehungen der Jurisdiktion, Leitung und Aufsicht des Diözesan⸗Bischofs unterstellt ist. Ehemalige Mitglieder dieser Genossenschaft dürfen Lehahn nicht an ihren bis⸗ herigen Kongregationsstationen, auch nicht mehrere zugleich an einem und demselben Orte Verwendung finden. Die Abhaltung von Missionen und geistlichen Exerzitien ist ihnen verboten, und der Erfolg jeder Bewerbung um Verleihung von Pfarr⸗ oder selb⸗

ständigen Predigerstellen, sowie von selbständigen mit pfarrlichen

Rechten bekleideten Seelsorgerstellen bleibt für sie von dem befrie⸗ digenden Bestehen der vorgeschriebenen Konkursprüfung abhängig. Mebrigens können nur solche ehemalige Kongregationsmitglieder die Bewilligung zur Verwendung in der Seeisorge erhalten, welche zur Zeit des Erlasses der Bundesrathsverordnung vom 20. Mai 1873 die bayerische Staatsangehörigkeit besessen haben. Werden die angeführten Bedingungen außer Acht gelassen, oder iebt das Verhalten der Betheiligten zu einer begründeten Bean⸗ standung Anlaß, so kommen die Bestimmungen des Reichsgesetzes

(dd. 4. Juli 1872) und die hierzu ergangenen Vollzugsverord⸗ nungen ihrem vollen Umfange nach auf die ehemaligen Kongre⸗ gationsmitglieder zur Anwendung.

Sachsen. Leipzig, 9. Oktober. (W. T. B.) Bei der heutigen Wahl eines Vertreters der hiesigen Univer⸗ vrug in der Ersten Kammer des sächsischen Landtags wurde Professor Zarncke mit 30 von 42 Stimmen gewählt. Derselbe lehnte die auf ihn gefallene Wahl ab, ebenso die Professoren Stobbe und Brockhaus, welche bei den nothwendig gewordenen anderweiten Wahlen die Majorität erhalten hatten. Im vierten Wahlgange pereinigten sich 31 Stimmen auf Professor Fried⸗ berg, der die Wahl annahm.

Beaden. Karlsruhe, 7. Oktober. Wie die „Karlsr. Ztg“ erfährt, werden der Großherzog und die Großher⸗ zogin sich in der Mitte des laufenden Monats nach Wien be⸗ geben. Die Reise Ihrer Königlichen Hoheiten erfolgt auf Grund einer Einladung des Kaisers Franz Joseph, und es werden Die⸗ selben während ihres Aufenthaltes in Wien die in der Kaiser⸗ lichen Hofburg angebotenen Gemächer bewohnen.

Hessen. Darmstadt, 9. Oktober. Die außerordent⸗ liche Landessynode begann in ihrer gestrigen 16. Sitzung die zweite Lesung des Entwurfs einer Kirchenverfassung. Die 88. 1 24 wurden abgesehen von unten zu erwähnenden

usätzen in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen der 1. Lesung angenommen. Nachdem der §. 1 auf diese Weise an⸗ genommen war, erklärten, wie die „D. Z.“ mittheilt, die Ab⸗ geordneten Graf von Görtz, Graf zu Solms⸗Laubach und Dieffenbach ihren Austritt aus der Synode. Zu §. 9 wurde auf den Antrag des Abgeordneten Schwabe hin die Bestimmung, wonach ein der Confessionsgemeinde nicht Angehöriger, aber

nicht stellt, sich stillschweigend allen, insbesondere den dem Bekenntniß entfließenden kirchlichen Ordnun⸗ sen der Pfarrei unterwirft, insoweit gestrichen, daß etzt die stillschweigende Unterwerfung nur noch im allgemeinen bezüglich der kirchlichen Ordnungen der Pfarrei angenommen wird. Zu §. 13 wurde ein Antrag Buchner angenommen, wo⸗ nach der Kirchenvorstand nur innerhalb 6 Monaten nach began⸗ gener That befugt ist, einem Gemeindeglied wegen begangenen öffentlichen Aergernisses das Stimmrecht auf Zeit zu entziehen. Zu §. 19 wurde auf Antrag des Abg. Weber beigefügt, daß die Wahl zur Gemeindevertretung eine geheime sein soll. Zu §. 20 wurde auf Anregung des Abg. Strack beschlossen, daß die Ge⸗ meindevertreter nach einer von dem Kirchenregimente zu erlassen⸗ den Formel verpflichtet werden sollen. Zu §. 24 wurde einem Antrag Weber, wonach die Gemeindevertretung nur durch den

erweiterten Ober⸗Kirchenrath aufgelöst werden kann, zugestimmt.

Mecklenburg. Schwerin, 9. Oktober. Der diesjährige in Sternberg Allgemeine Landtag ist, wie schon telegraphisch gemeldet, auf den 12. November d. J. ein⸗ berufen worden. Die Vorlagen betreffen: 1) die ordentliche Kontribution, 2) Bewilligung der außerordentlichen Kontribution zur Deckung der Bedürfnisse der allgemeinen Landes⸗Rezeptur⸗ kasse, 3) Fortsetzung der Verhandlungen wegen Modifikation der bestehenden Landesverfassung, 4) Revision des Kontributions⸗ Edikts vom 30. Juni 1870.

Der bisherige außerordentliche Gesandte und bevollmäch⸗ tigte Minister am Königlich preußischen Hofe und Mitglied des Bundesraths, Staats⸗Minister von Bülow, ist laut Bekannt⸗ machung vom 3. d. Mts. auf seinen Wunsch aus dem Aller⸗ höchsten Dienst in Gnaden entlassen worden. 8* 1

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. Oktober. In allen Theilen des Reiches beginnt man, wie die „Wien. 3.“ mittheilt, bereits mit den Vorbereitungen zu den Festlichkeiten, mit welchen der 2. Dezember d. J., an welchem Kaiser Franz Joseph das 25 jährige Jubiläum seiner Thronbesteigung feiert, began⸗ gen werden soll.

Die Königin Olga von Griechenland besichtigte gestern die Weltausstellung und später das Atelier Makarts.

Pesth, 8. Oktober. Der „Pesther Lloyd“ erfährt, daß der österreichische Vertreter in Banjaluka zur Zeit, als er vom dortigen türkischen Gouverneur nicht empfangen und hierdurch beleidigt wurde, bereits auf seinen Wunsch zur Ablegung der Stabs⸗Offizier⸗Prüfung abberufen war und auch einige Tage früher sein Amt dem bestellten Gerenten übertragen hatte. Eine etwa vorgekommene Insulte wurde also nur der Privatperson Draganits', nicht aber der österreichisch⸗ ungarischen Flagge an⸗ gethan. Das gemeinsame Ministerium des Aeußern hatte somit keinen Anlaß zur Reklamation, durch welche es im Uebrigen die Agitation zum Nachtheile der dortigen christlichen Bevölkerung

au

unnöthiger Weise ermuthigt hätte.

Dasselbe Blatt erfährt in Betreff des Munizipal⸗ Arrondirungs⸗Gesetzvorschlages, daß eine umfassende Aenderung und Verminderung der bestehenden Komitats⸗ und Städtegerichtsbarkeiten nur für Siebenbürgen beantragt sei; für Ungarn aber wären nur einige Abänderungen beabsichtigt, wo noch z. B. die Komitate Torna, Ugocsa, Csanad und der Jazy⸗ gier Distrikt mit den Nachbarkomitaten vereinigt werden sollen. Dieser Gesetzvorschlag, dessen Verhandlung allein die Hälfte der jetzigen Session in Anspruch nehmen könnte, wird nicht in Ver⸗ bindung mit dem neuen Waylgesetze, sondern selbständig durch den Minister des Innern eingebracht werden.

Heute wurde der Gesetzentwurf wegen Inartikulirung der vom Justiz⸗Minister über Bevollmächtigung des Reichstages fest⸗ gestellten und bereits seit nahezu zwei Jahren fungirenden Ge⸗ richte und Bezirksgerichte erster Instanz vertheilt. Der Gesetzentwurf enthält nur das Verzeichniß der Gerichte und deren Amtssitze. 8 5

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Belgien. Brüssel, 6. Oktober. Die Königliche Familie wird am Donnerstag oder Freitag von ihrem Aus⸗ fluge nach Biarritz hier erwartet. Einen Aufenthalt in Paris

werden Ihre Majestäten nicht nehmen.

Riederlande. Haag, 6. Oktober. Wie hier und in Amsterdam, haben sich nun auch in Rotterdam, Utrecht, Arnheim, Leyden und anderen Städten des Landes aus angesehenen Bür⸗ gern Komites gebildet, um im Vereine mit den städtischen Be⸗ hörden eine feierliche Begehung des 25 jährigen Regierungs⸗ Jubiläums des Königs im Mai 1874 vorzubereiten. Bereits trifft man Vorkehrungen, um dem Könige bei diesem Anlasse patriotische Widmungen darzubringen.

Die Ernennung des General⸗Majors Weitzel zum Kriegs⸗Minister ist, wie der „Staats⸗Courant“ mittheilt, durch Beschluß des Königs vom 4. d. M. erfolgt. Heute hat Ge⸗ neral⸗Major Weitzel die Leitung des Kriegs⸗Ministeriums an⸗ getreten.

Großbritannien und Irland. London, 8. Oktsber. Die Königin wird nach den bis jetzt getroffenen Dispositionen 8— am 13. November von Schottland nach Windsor zurück⸗ ehren.

Die Minister haben fast alle ihre durch die beiden letzten Kabinetsberathungen unterbrochenen Villegiaturen wieder aufgenommen. Der Premier⸗Minister Gladstone hat sich am Montag, nachdem er den Herzog von Argyll und andere Mit⸗ glieder des Kabinets empfangen, nach seinem Landsitz in Hawarden begeben. Lord Granville ist nach Schloß Walmer gegangen und Herr Bright hat sich nach dem Norden begeben. Nur Herr der Minister des Innern, ist auf seinem Posten ge⸗

ieben.

In Bath nahm am 7. d. M. der Kirchen⸗Kongreß unter sehr zahlreicher Betheiligung des Klerus aus allen Theilen des Königreichs seinen Anfang. Der Bischof von Bath und Wells hielt die Eröffnungsrede. Der Prälat führte aus, daß die Fragen, mit denen sich der Kongreß zu befassen hätte, diejenigen seien, die sich auf die Wirksamkeit der Kirche in Bezug auf ihre Berührung mit der Außenwelt bezögen. Der Bischof von Oxford und der Rev L. Davies verlasen alsdann Abhandlungen über „die Pflicht der Kirche mit Bezug auf Strikes und Arbeits⸗ verhältnisse“”.

Frankreich. Paris, 8. Oktober. Die Mitglieder der äußersten Linken haben jenen der Linken und des linken Centrums angezeigt, daß sie mit ihnen in vollständiger Disziplin stimmen und keinen Beschluß von Erheblichkeit fassen würden, ohne denselben zuvor mit ihren Kollegen der gemäßigteren repu⸗ blikanischen Gruppen berathen zu haben. Zugleich hat die repu⸗

1141e4e4*“] 1“ as Verlangen nach

8 EEE11“ 1“ blikanische Partei beschlossen, bereits Alles für die allgemeinen Wahlen vorzubereiten. Wo Männer von republikanischer Ueber⸗ zeugung sind, sollen dieselben, gleichviel ob etwas mehr oder minder nach der einen oder anderen Seite, als Kandidaten em⸗ pfohlen und unterstützt werden

9. Oktober. (W. T. B.) Der Präsident der Na⸗ tionalversammlung, Buffet, ist heute Morgen hier ein⸗ getroffen und wird in der Sitzung der Permanenzkommission den Vorsitz führen. Die Linke wird, wie abweichenden Meldungen gegenüber bestimmt versichert wird, heute die sofortige Zusam⸗ menberufung der Nationalversammlung nicht vorschlagen.

Versailles, 9. Oktober. (W. T. B.) Die heutige Sitzung der Permanenzkommission verlief ohne irgend welchen er⸗ heblichen Zwischenfall. Die Mitglieder, die der Linken angehören, interpellirten das Ministerium wegen seiner Repressivmaßregeln gegen die Presse und wegen einiger anderer Regierungsakte; der Herzog von Broglie erwiderte kurz, die Regierung sei nach Maß⸗ gabe der ihr zustehenden Befugnisse zu Werke gegangen, sie ehdr wegen ihres Verhaltens der Nationalversammlung Rede stehen.

Trianon, 9. Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Prozesses gegen Bazaine wurde das zu den Bei⸗ lagen des Berichts des General Rivière gehörige Schriftstück verlesen, welches sich mit allen denjenigen Versuchen beschäftigt, die gemacht wurden, um mit der Armee von Metz in Verbin⸗ zu treten. Die Sitzung war ohne weitere bemerkenswerthe

omente.

Spanien. Murcia, 8. Oktober. (W. T. B.) Gestern hat sich in Karthagena ein neuer Munizipalrath konstituirt; der Civilgouverneur von Murcia, La Palma, ist zum Präsiden⸗ ten desselben gewählt worden. Die Verbindungen mit Kartha⸗ gena zu Lande sind abgeschnitten. Die Regierungtruppen trei⸗ ben die Laufgräben gegen die Stadt vor; eine lebhafte Kano⸗ nade wird unterhalten.

Ueber die kürzlich gemeldete größere Affaire zwischen den Regierungstruppen und den Carlisten (bei Abarzuza) liegt jetzt auch von letzterer Seite über Bayonne, 4. Oktober, ein Be⸗ richt des Generals Ollo vor. Danach wäre dieser Sieger geblie⸗ ben und hätte den republikanischen General Moriones genöthigt, sich unter Zurücklassung vieler Todter und Verwundeter in großer Unordnung auf Puenta la Reina zurückzuziehen und sich hier einzuschließen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 8. Oktober. Ueber die Ankunft der Königin Olga von Griechenland wird der „Börse“ telegrapisch gemeldet: Die Königin Olga Kon⸗ stantinowna wurde auf der See von Einwohnern Odessas, die Ihrer Majestät mit vier Dampfern entgegen gefahren waren, empfangen und traf am 5. Oktober zwischen 2 und 3 Uhr Nach⸗ mittags auf der Kaiserlichen Bacht „Livadia“ in Odessa ein. Ihre Majestät empfing die Spitzen des Militär⸗ und Civilressorts, eine Deputation der hiesigen griechischen Kolonie, besuchte die griechische Kirche und wohnte der Grundsteinlegung der Mädchen⸗ schule bei. Die Königin nahm das Diner auf der Jacht ein, besuchte dann das Theater und trat gegen 11 Uhr Abends in Begleitung der Großfürstin Vera Konstantinowna mit der Eisenbahn die Weiterreise nach Wien an.

Dänemark. Kopenhagen, 7. Oktober. In der heutigen Sitzung des Folkethings waren der Konseils⸗Präsident, Graf Holstein⸗Holsteinborg, der Finanz⸗Minister Krieger, der Justiz⸗ Minister Klein und der Marine⸗Minister Ravn zugegen. Das neue Finanzgesetz 1874 75 wurde vom Finanz⸗Minister vor⸗ gelegt, auch die oben erwähnte Staatsrechnung vertheilt. Der Finanz⸗Minister hob die günstige Finanzlage des Staates mit Recht hervor. Der Justiz⸗Minister legte einige Gesetze von ge⸗ ringerer Bedeutung vor, außerdem wurden die Wahlen zum Geschäftsausschuß vorgenommen.

Im Finanz⸗Gesetzvorschlage wird die Bewilligung von 46,102 Rdl. für die Herstellung einer Reihe neuer Tele⸗ graphenlinien vorgeschlagen.

9. Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Folkething wurde vom Präsidenten Krabbe eine Eingabe ver⸗ lesen, in welcher 53 Mitglieder des Folkething demnach die Majorität erklären, daß sie gegen eine Verweisung des Finanzbudgets zur zweiten Lesung stimmen würden. Zugleich ward von denselben der weitere Antrag angekündigt, daß das Folkething, da das Verhältniß desselben zu dem Ministerium fortdauernd das nämliche sei, wie bei dem in voriger Session dem Ministerium ausgesprochenen Mißtrauensvotum, das Mi⸗ nisterium auffordern möge, die einem gedeihlichen Zusammen⸗ wirken des Ministeriums und des Folkethings entgegenstehenden Hindernisse zu beseitigen.

Amerika. Aus Rio de Janeiro geht uns im Nach⸗ stehenden die Thronrede zu, mit welcher am 15. September die Session der brasilianischen National⸗Versammlung

geschlossen worden ist:

„Erlauchte und würdige Herren Repräsentanten der Nation!

Ich danke Ihnen von Herzen für die Mittel, welche Sie der Regierung durch das Budget⸗ und andere Spezial⸗Gesetze zur Fort⸗ führung des öffentlichen Dienstes und zu geistigen wie materiellen Ver⸗ besserungen Brasiliens bewilligt haben! .

Ich hoffe, daß die Einsetzung der neuen Tribunale zweiter In⸗ stanz die gute Verwaltung der Justiz wesentlich fördern wird, da sie eeignet sind, sowohl die persönlichen als die politischen Rechte der

rasilianer wirksamer zu schützen.

Das neue Gesetz über die Nationalgarde entspricht gerechtfertigten Wünschen. Da es die Mannschaften derselben von allem Garnison⸗ und Polizeidienst befreit, der diese Bürgermiliz nur zu oft belastet hat, so bleibt sie nur zur Verstärkung der Vertheidigung des Vater⸗ landes und zur Aufrechterhaltung der Ordnung in außerordentlichen Fällen bestimmt.

Das Gesetz über den Beförderungs⸗Modus unter den Ofsizieren der Flotte wird den anerkannten Ansprüchen und den vortrefflichen Dienstleistungen dieses Corps um so mehr entsprechen, als es eine Bleeehen zwischen den Marine⸗Offizieren und den Offizieren der Armee

erstellt.

Den Interessen der Volkswirthschaft, welche bei jedem sozialen Fortschritt so sehr in Betracht kommen, haben Sie durch die Revision des Zolltarifs entsprochen. Eben so durch die stufenweise Vermehrung der Verbindungs⸗ und Bewegungsmittel; durch Begünstigung der ein⸗ heimischen Handelsschiffahrt, ohne deswegen die Freiheit der Kabotage 8 beschränken; durch ein neues Uebereinkommen mit der Bank von

rasilien, um ihre Darlehne zur Beförderung der Arbeit ausgiebiger und weniger drückend zu machen; und endlich durch die Bewilligung einer Staatshülfe für den Bau von Eisenbahnen sowohl in der Pro⸗ vinz Rio grande do Sul als in anderen Provinzen des Staates, wo das Fehlen dieses mächtigen Mittels zur Thätigkeit und zum Reich⸗ thum noch schwer empfunden wird. 8

Deer öffentliche Unterricht, dessen größere Entwicklung und Dota⸗ tion ein, zu seiner Zeit Ihnen vorzulegendes Gesetz verlangen wird, hat einige Verbesserungen erfahren, mit denen Sie gewiß fortfahren werden, um dem Bedurfnisse der Nation zu genügen, welches sich in

zahlreichen Privat⸗Unternehmungen ausgesprochen, und ermuthigen und zu leiten, der Regierung sehr am Herzen liegt. Die Reorganisation der Central⸗ und Militärschulen und die

Pedro do Rio grande do Sul für Infanterie und Kavallerie bestan⸗ den, sind Bewilligungen, die sich eben so nützlich für die spezielle In⸗ ö— unseres braven Offizier⸗Corps, als für die Vervollkommnung 3 es Industrie⸗Unterrichts beweisen werden, welcher in den erstgenannten Schulen nun auch die Elemente zu einer höheren Ausbildung findet. Die Reform des Wahlgesetzes, welche Ihnen vorgelegt gewesen und von einer Spezialkommission studirt worden ist, wird in der nächsten Sitzungsperiode zweifelsohne Ihre größte Sorgfalt in An⸗ spruch nehmen müssen, um den Interessen zu genügen, welche sich an die unverfälschten Abstimmungen des Volkes knüpfen. Ebenso ist das Projekt eines neuen Fekgthezgefehe, über welches die Kommission des Senats bereits ein Gutachten abgegeben, demnächst Ihrer vollen Aufmerksamkeit würdig. 1 Mit Ihnen wünsche ich uns Glück für die Leichtigkeit und Schnel⸗ ligkeit, mit welcher die Legung des unterfeeischen Telegraphen⸗Kabels gelungen ist. Schon sind die Provinzen Para und Pernambuco durch denselben mit einander verbunden, und ich hoffe es wird nicht mehr lange dauern, daß diese Verbindung sich über Rio de Janeiro auch bis Rio grande do Sul erstrecken wird. Ebenso schreitet die Kabel⸗ Verbindung vor, welche uns mit Europa in unmittelbare Verbindung brinos, wirg. b Zahl 8 gleich die größere Zahl unserer Provinzen sich nicht zeitig enug auf die in Wien vorbereiten konnte, ist doch die ndustrie Brasiliens dort in einer Weise vertreten gewesen, welche die Beachtung der Sachverständigen auf sich gezogen hat. Eine in ver⸗ schiedenen Sprachen erschienene Darstellung unserer Zustände hat, so weit dies möglich war, diesen Beweis der Fortschritte Brasiliens vervollständigt, und die Produktivität wie den Reichthum unseres Bodenz bestätigt. Deank dem Allmächtigen, ist der Friede im Innern ungestört ge⸗ blieben und läßt auch der Gesundheitszustand jett nichts mehr zu wünschen übrig. Die Pocken und andere Krankheiten, durch welche eeinige Gegenden heimgesucht waren, haben im Allgemeinen aufgehört. . , Unsere freundschaftlichen Beziehungen zu andern Mächten haben sich auf der Basis der Gerechtigkeit, des Wohlwollens und der Inter⸗ Nenr der Civilisetion durch unsere friedliche und liberale Politik fest erhalten. . Erlauchte und würdige Herren Repräsentanten der Nation! Ich schließe heute eine der längsten und arbeitsreichsten Sitzungs⸗ perioden unserer Legislatur; aber unsere Aufgaben endigen damit nicht! Deenn ich hege die Zuversicht, daß Sie auch außerhalb dieses Saales henicht nachlassen werden, das Volk Brasiliens zu friedlichen Einbarungen zu ermuthigen, und es in den gesunden Grundsätzen moralischer und politischer Erziehung zu bestärken, welche die festeste Basis wahrhaft freier Institutionen sind. eeGott segne unsere Zuversicht und unsere Arbeiten! Die Session sist geschlossen.“ Afrika. In Bezug auf die ägyptischen Angelegen⸗ heiten heißt es in jüngsten Berichten aus Cairo, daß der Khedive sich der additionellen Verantwortlichkeit, die ihm auf Grund der letzten Firmans des Sultans, welche ihm betreffs der inneren Verwaltung seines Landes unbeschränkte Vollmachten ertheilen, obliegt, völlig bewußt ist. Seit seiner Rückkehr nach Aegypten war er eifrig damit beschäftigt, für alle Departements der Ver⸗ waltung Renrgantfatoemaßregen einzuleiten, welche sich ins⸗ besondere auf das Steuersystem beziehen.

Berichte aus Marocco melden, daß am 25. v. M. Mulay FSassan zum Sultan von Tangier proklamirt wurde, und daß dder maurische Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Sidi 8 8 Mohamed Bargasch, sämmtlichen Vertretern des Auslandes in

Tangier diese Thatsache offiziell notifizirte. In Tangier fanden 8 große Festlichkeiten statt und es wurden 21 Kanonenschüsse zu Ehren der Gelegenheit abgefeuert. Die Souerah von der Küste Fhrachten die Nachricht, daß Mulay Hassan in sämmtlichen Häfen unnd benachbarten Kabilos inmitten völliger Ordnung und Ruhe proklamirt worden sei. Das „Gibraltar Chronicle“ vom 30. v. M. meldet: „Hier gestern von Tangier eingegangene Be⸗

Feüessdo gelaen derjenigen Schulen, welche in der Provinz San

welche zu

richte melden, daß in dieser Nachbarschaft alles wieder zu seinem nor⸗ malen Zustand zurückgekehrt sei. Die Beduinen haben, anscheinend zu⸗ frieden mit der Wendung, welche die Ereignisse genommen, ihre übliche Beschäftigung wieder aufgenommen. In dem Augen⸗ blicke, als diese Bergbewohner hörten, daß Mulay Hassan in Fez proklamirt worden sei, acceptirten sie die neue Ordnung der Dinge.“ Es ist ferner in Tangier bekannt, daß die verschiedenen Stämme, die Mulay El Abbas gegen Mulay Hassan zu un⸗ terstützen beabsichtigten, ruhig nach ihrer Heimath zurückkehren. In Tangier wird, wie üblich, zweimal in der Woche Markt ab⸗ gehalten. Die britische Schraubenfregatte „Aurora“, die nach den Häfen von Marocco beordert wurde, um während des In⸗ terregnums britische Interessen zu schützen, ist, nachdem sie bis Abend in Tangier geblieben, die Küste hinunter⸗ gesegelt.

2, Statistische Nachrichten.

Speyer, 9. Oktober. (W. T. B.) Die Cholera dauert mit ungeminderter Heftigkeit fort; vom 8. bis 9. Oktober wurden 23 neue Erkrankungsfälle und 20 Todesfälle gemeldet. Der Gesammtstand der bisher vorgekommenen Cholerafälle beträgt 274 Crkrankungen, von denen 132 mit dem Tode endeten. n.

Kunst und Wissenschaft.

Berlin, 10. Oktober. Der Verein für die Ceschichte Berlins hält morgen Abend 7 Uhr im Bürgersaale des Jöthhauses eine öffentliche Sitzung, in welcher der Geheime Hofrath L. Schnei⸗

der zum Eintritt in das zehnte Vereinsjahr einen Bericht übr die Schriften, Stiftungen, Publikationen und Resultate, Ausflüge, Süh gen und Arbeiten, sowie Sammlunzen des Vereins und einen Rüa⸗ blick auf die neunjährige Gesammtthätigkeit desselben geben wird. Dann folgt die Fortsetzung des Vortrags des Magistrats⸗Sekret ärs Ferd. Meyer: Berühmte Berliner und ihre Wohnstätten.

Das in der Ausgabe begriffene 4. (Oktober⸗) Heft II. Bandes der Deutschen Monatshefte, Zeitschrift für die gesammten Kultur⸗ interessen des deutschen Vaterlandes, im Auftrage der Redaktion des „R.⸗ u. St.⸗A.“ herausgegeben, Gerlin, Carl Heymanns Verlag, Anhaltischestraße 12), hat folgenden Inhalt: Die volkswirthschaft⸗ lichen Zustände des Deutschen Reichs. III. 5. Industrie. 6. Handel und Verkehr. Die Gesammtausgabe der dramatischen Werke der Prbigesch Amalie von Sachsen. Die Organisation des forstwirth⸗ chaftlichen Versuchswesens im Deutschen Reich. Zur Geschichte der deutschen Rechtschreibung. Zur Geschichte der Postkarten. Die deutschen Geschichts⸗ und Alterthums⸗Vereine. I. Iserlohn. Systematische Uebersicht der wichtigsten auf dem Gebiete des deutschen Handels⸗ und Wechselrechts ergangenen Entscheidungen, Rescripte ꝛc., einschließlich der Literatur der darauf bezüglichen Abhandlungen. Chronik des Deutschen Reiches. Literatur. 3

Die Nr. 81 der „Wissenschaftlichen Beilage der Leip⸗ ziger Zeitung“ vom 9. Oktober hat folgenden Inhalt: Die archäo⸗ logischen Funde von Stauchitz. Recensionen und Besprechungen.

In Wien starb am 8. d. M. der Kaiserliche Rath und Ritter der Eisernen Krone, erster Custos am K. K. zoologischen Hofkabinet, erster Sekretär der K. K. zoologisch⸗botanischen Gesellschaft, Georg R. v. Frauenfeld.

8— 8 Gewerbe und Handel. 2

. Dem Jahresbericht der Handelskammer für die Kreise Mühlhausen, Heiligenstadt und Worbis für das Jahr 1872 entnehmen wir, daß die Eisengießerei und Maschinenfabrik zu Mühlhausen im Aufschwung begriffen ist. Die Ziegeleien waren in starkem Betrieb. Auch die Fabriken für verzinnte Pferdestriegel waren vollauf beschäftigt. Leim wird im Handelskammerbezirk im Quantum von 20,000 Ctr. jährlich hergestellt. Die Seifenfabriken halten der auswärtigen Konkurrenz mit Erfolg Stand. Die Zahl der Brauereien in Mühlhausen beträgt jetzt 12, welche Exportbier in immer größeren Mengen brauen. Die Wollwaarenspinnereien leiden durch die Kon⸗ kurrenz belgischer Fabriken. Den Wollgarnfabriken fehlte es im

Aus ningen, Donnerstag, 9. Oktober, Abends.

zwar nicht an Beschäftigung, die Resultate waren aber wenig befriedigend. In den Fabriken wollener Strumpfwaaren blieben bedeutende Läger fertiger Waare unverkauft. Für die uralte Haus⸗ industrie für Leinengewebe im Kreise Worbis war der Geschäftsgang im Jahre 1872 lebhaft und nicht ungünstig. Baumwollenfärbereien und Bleichereien waren im ganzen Jahre lebhaft beschäftigt, für Woll⸗ färbereien ließen die Aufträge im Herbst erheblich nach. Die Kunst⸗ wollspinnerei fand für ihre Erzeugnisse guten Absatz. Die Cigarren⸗ fabrikation wird ziemlich umfangreich betrieben, konnte der Nachfrage aber nicht genügen. Die Leder⸗ und Saffianfabrikation befand sich nur zeitweise in befriedigender Lage. Dagegen erweiterte die Papier⸗ fabrik in Heiligenstadt ihren Betrieb erheblich. Ebendaselbst wird auch eine größere Stecknadelfabrik angelegt. Kurze Waaren fanden güe Absatz, namentlich die in Mühlhausen angefertigten Uhrgehäuse. unsttischlerei hat neuerdings große Bedeutung erlangt, fan die veeS fehlte es an Arbeitskräften. In Mühlhausen be⸗ stehen 17 Privat⸗Kranken⸗ und Unterstützungs⸗Kassen. Die Mitglieder⸗ zahl dieser 17 Kassen betrug 1942 Personen, welche bis ultimo 1872 einen Fonds von 5215 Thlr. angesammelt hatten. Die größeren Ge⸗ schäfte haben eigene Kassen, und außerdem besteht eine allgemeine Fabrjkarbeiter⸗Unte tützungs⸗Kranken⸗ und Sterbekasse.

London, 9. Oktober. (W. T. B.) Von den Morgenblättern wird gemeldet, daß durch das Dekret der spanischen Regie⸗ rung vom 2. d. M., welches auf verschiedene Produkte einen Aus⸗ fuhrzoll lest, u. A. auch vom 1. November d. J. ab für Produkte der Kohlen⸗ und Eisenbergwerke ein Ausfuhrzoll von 3 pCt., für Pro⸗ dukte aus Bergwerken aller anderen Art ein solcher von 5 pCt. festge⸗ setzt werde. In Portugal sei gleichfalls vom 1. November d. J. ab ein ad valorem bemessener Ausfuhrzoll auf Weine gelegt worden.

Berkehrs⸗Anstalten.

New⸗ York, 9. Oktober. (W. T. B.) Der Postdampfer der amburg⸗A merikanischen Gesellschaft „Silesia“ ist gestern Abend Uhr hier eingetroffen.

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dem Wolff'schen Telegraphen⸗Bureau. 3 Der Miei inister von Krosigk hat, gutem Vernehmen nach, auf stoats⸗V. chen seine Entlassung erhalten; Staatsrath Giesecke ist zum raänats⸗Minister und Regierungs⸗Rath Heim zum Staats⸗ rath errannt worden.

Rom, 10. Oktober. Von der „Opinione“ wird die Nach⸗ richt, daß Sella zum Finanz⸗Minister ernannt werden solle, für unbegründet erklärt. Das gedachte Blatt fügt hinzu, das Ein⸗ treffen Sellas in Rom hänge mit einer demselben zugegangenen Einladung des Minister⸗Präsidenten Minghetti zusammen, der sich mit Sella über den von der Regierung beabsichtigten Rück⸗ kauf der römischen Eisenbahnen zu M1en. . wünsche.

Königliche Schauspiele.

Sonnabend, 11. Oktober. Opernhaus. (188. Vorstellung.) Satanella. Phantastisches Ballet in 3 Akten und 4 Bildern von P. Taglioni. Musik von Pugny und Hertel. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Schauspielhaus. (202. Abonnements⸗Vorstellung.) Der Königslieutenant. Lustspiel in 4 Aufzügen von C. Gutzkow. Hr. Deetz, vom Großherzoglichen Theater in Weimar: Graf Thorane, als Gast. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Sonntag, 12. Oktober. Opernhaus. (189. Vorstellung.) Jessonda Oper in 3 Abtheilungen. Musik von L. Spohr. Jes⸗ sonda: Fr. Mallinger. Amazili: Frl. Lehmann. Dandau: Hr. Fricke. Nadori: Hr. Schott. Tristan: Hr. Betz. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise

Schauspielhaus. (Mit aufgehobenem Abonnement). Der geheime Agent. Lustspiel in 4 Akten von Hackländer. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.

Den Abonnenten werden die Billets bis 12 Uhr Mittags

an der Kasse reservirt und gegen Vorzeigung der letzten Abon⸗ nements⸗Quittung verabfolgt.

Hohenzollernsche Kolonisationen.

Als einen Beitrag zur Geschichte des preußischen Staates und der Kolonisation des östlichen Deutschlands hat der durch seine Schrift „Friedrich der Große als Gründer deutscher Kolonien in den im Jahre 1772 neu erworbenen Landen. Berlin, 1864“ (VIII., 132 S. u. 1 Tab.)

bereits bekannte Dr. Max Beheim⸗Schwarzbach vor Kurzem eine eingehende geschichtliche Darstellung der Hohenzollernschen Kolo⸗ bei Duncker u. Humblot in Leipzig veröffentlicht. Die⸗ selbe beginnt mit dem Zeitalter der Reformation und schildert zunächst die Kolonisation unter Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg müunter den Rubriken: „Niederländer, französische Refugies, Waldenser“), . ffigt sodann, wie sein Nachfolger, Kurfürst Friedrich III., der nachma⸗ lige König Friedrich I. von Preußen, bestrebt, den Prinzipien seines Vaters zu folgen, während seiner Regierung die Kolo⸗ nisationen mit gleicher Vorliebe betrieben (Waldenser, Pfälzer, Schweizer Mennoniten), und wie auch König Friedrich Wilhelm I. der Kolonisationen, die er für ein gutes, geeignetes Mittel zur Hebung ines Landes hielt, sich gleichfalls angenommen und sie mit kräftiger, energischer Hand durchgeführt habe (Mennoniten, Salzburger, Schle⸗ sier, Böhmen). Die Folge dieser eifrigen Kolonisationsbestrebungen der drei genannten Fuͤürsten war, daß zur Zeit des Ablebens König Friedrich Wilhelms I. in den verschiedenen Landschaften durchschnittlich der vierte Theil der Bevölkerung aus den seit einem Jahrhundert e e⸗ eingewanderten Kolonisten bestand. Das Werk seiner Vorfahren führte König Friedrich II. in erweitertem Umfange und nach einem bestimmten Plane fort. Er hat die Kolonisation zu⸗ erst zu einem besonderen Administrationszweige ausgebildet, dem er seine eingehende und dauernde Thätigkeit widmete; die Kolo⸗ nisationen bildeten den Mittelpunkt seiner inneren, auf 1. die Kultur des Landes gerichteten Politik. Wenn auch die verschiede⸗ uen Kolonisationen König Friedrich II. bereits mehrfach besprochen nnd, (vgl. z. B. die Aufsätze in der Bes. Beilage des Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers Nr. 174 und 180, Jahrgang 1868, sowie Nr. 13, 11, 15, Jahrgang 1871), so ist doch die Gesammtheit derselben in Ver⸗ bindung mit den Prinzipien seiner Kolonisationspolitik in dem vorstehen⸗ den Werke zum ersten Male ausführlich dargestellt. Nachdem der Ver⸗ faͤsser das Kolonisationssystem Friedrichs im Allgemeinen geschildert, han⸗ deit er sodann Fesied im Einzelnen von den Kolonisationen in Schlesien, in der Kurmark, in Pommern, in der Neymark, im Magdeburgischen, in Ostpreußen, Westpreußen und im Netzdistrikt. Diese Darstellung 8 bildet den eigentlichen Mittelpunkt des ganzen Werkes und nimmt über den dritten Theil desselben ein. Kürzer werden odann noch die Kolonisations⸗ versuche unter den Nachfolgern Friedrichs II. (König Friedrich Wilbelm II. und König Friedrich Wilhelm III.) besprochen (unter den Rubriken: Kolonisationsversuche in Südpreußen, Zillerthaler, Philipponen, Russen in Alexandrowo“). Den Schluß des Werkes bilden 64 Ta⸗ kbellen, welche statistische Nachrichten über die verschiedenen Kolonien enthalten. Der Verfasser hat für seine eingehende Schilderung der „Hohenzollernschen Kolonisationsgeschichte nicht allein die einschlagende Literatur benutzt, sondern ve auch alles irgendwie wichtige Material, das sich in den Archiven, besonders Geheimen Staats⸗Archive und im Ministerial⸗Archive in Berlin, sowie in den Akten der einzelnen Regierungen, in Danzig, Marien⸗ werder, Frankfurt a. d. O., Stettin, Potsdam u. 4. w., darüber findet, gesammelt und einen reichen Schatz bisher noch unbekannter Nach⸗ richten mitgetheilt. . „Zum Schluß theilen wir aus dem verstehenden Werke einige spezielle Nachrichten über die Kolonisation während der Regierung des Königs Friedri II. mit. Den Angaben des Verfassers zufolge sind unter

im Königlichen

Friedrich II. überhaupt gegen 900 Kolonistendörfer in dem damaligen preußischen Staate gegründet worden, ungerechnet die Menge der klei⸗ neren Kolonisten⸗Etablissements, die viele Tausende betragen; die Zahl aller aber in diesen 46 Jahren in Brandenburg⸗Preußen angesiedelten Kolonisten beläuft sich auf ungefähr 300,000 Personen. Davon kommen auf Schlesien ca. 62,000 Personen, auf die Kurmark ca. 100,000, auf die Neumark ca. 24,000, auf Pommern ca. 26,000, auf das Magde⸗ burgische ca. 20,000, auf Ostpreußen ca. 15,000, auf Westpreußen 11,000, endlich auf Cleve, Mark und Geldern über 24,000 Personen. Frägt man nach den Elementen, die als Neupreußen die alten Pro⸗ vinzen bevölkerten und aufzubessern berufen waren, so finden wir fast alle Länder Deutschlands und Europas hier vertreten, doch meist so, daß in gewissen Strichen auch gewisse Elemente dominirend wurden. In der Kurmark finden wir in der ersten Pe⸗ riode Pfälzer, Schweizer und Sachsen, aber durchweg überwiegend in den Aemtern Mecklenburger angesetzt. In den kurmärkischen Städten (außer Berlin) überwiegen dagegen nicht meckleuburgische Kolonisten, sondern die Sachsen, die durch ca. 400 Familien vertreten sind (also ca. 2000 Personen), während Mecklenburg nur ca. 180 Familien ent⸗ sendet, dann folgt die Schweiz mit 50 Familien, die Pfalz mit 40. Ganz anders stellen sich die Nationalitätsverhältnisse der neumär⸗ kischen Kolonisten, hier überwiegen weitaus die Deutschen aus Polen; es sind hier allein 1800 deutsch⸗polnische Kolonistenfamilien etablirt, ferner 280 sächsische, 250 pfälzische, 200 mecklenburgische, die andern sich auf das übrige Deutschland und Europa. Im

agdeburgischen dominirten als Kolonisten die Kursachsen mit ca. 370 Familien, sodann die übrigen Sachsen mit 330 Familien, die Braunschweiger mit 270 Familien u. s. w. In sind besonders Pfälzer als Kolonisten vorherrschend, erner Familien aus Schwedisch⸗Pommern, Mecklenburg, Polen, doch hier auch viele Einheimisch. Was Westpreußen anlangt, so kamen aus nicht deutschen Ländern im Ganzen nur 44 Fa⸗ milien. Ferner lieferte Polen, insbesondere Danzig und Thorn, ver⸗ bäctussmAöle das größte Kontingent, 768 Familien. Aus Deutsch⸗ land und Oesterreich flossen die Kolonistenströmungen nach Westpreußen weniger stark, es kamen von dort im Ganzen 710 Familien. Nach Schlesien endlich, das, wie wir oben sahen, nächst der Kurmark, die größte Anzahl der Kolonisten erhielt, wanderten besonders Deutsche aus Polen, Sachsen, Oesterreicher und zwar insbesondere Böhmen, ein. Hierzu kamen noch einzelne Württemberger, Franken, Schwaben, Italiener und Griechen. Die Kolonisten boten dem Könige, abgesehen von den übrigen Vor⸗ theilen, vorzüglich das Werkzeng dar, seine großartigen Meliorations⸗ pläne durchzuführen. Friedrichs Bestreben ging dahin, in jeder Pro⸗ vinz, je nach Bedürfniß, aus Sümpfen und Morästen, unbebaut oder unbenutzt daliegendem Lande soviel wie möglich urbaren Boden zu ge⸗ winnen. Dazu konnten und mußten viele Quadratmeilen trocken gelegt werden, Brüche, wie die Wartheufer und die an der Netze von Driesen bis Cüstrin, wodurch 120,000 Hufen urbar gemacht wurden und für ca. 3000 Kolonistenfamilien Etablissements eingerichtet werden konnten, ferner die Striche längs der Oder von Cüstrin bis Oderberg, längs der Havel und Elbe, die Gegenden an der Madun, an der Leba, Plan⸗ an der Nieblitz, Nuthe, Buckau, Temnitz, Plaue, Emster,

osse, Rhyn, Jägelitz u. s. w. 88 1“

Verein für die Geschichte und Alterthumskunde von Erfurt.

Das vor einiger Zeit zu Mühlberg aufgefundene, in Stein ver⸗ wandelte menschliche Skelett, dessen noch vorhandene Ueberreste in der

Sitzung des hiesigen Alterthumsvereins vom 16. d. M. vorgezeigt wur⸗ den, hat so vielfach Interesse erregt, daß es gerechtfertigt erscheint, darüber nähere Mittheilung in weiteren Kreisen zu machen.

Die Fundstelle ist ein Steinbruch, der sich mitten im Dorfe Mühl⸗ berg befindet. Das Terrain besteht zunächst der Oberfläche aus einer 0, bis 1 Meter starken Lage Dammerde. Unter dieser liegt eine 1 bis Meter mächtige Bank von einem sehr wenig porösen Tuffstein, der eine solche Festigkeit hat, daß er nur mit dem größten Kraftauf⸗ wande gebrochen werden kann und wegen seiner Härte und Schwere sich nur zu Massivbauten, nicht aber zum Ausmauern von Fachwerk eignet. Es besteht aus ungleich großen Klötzen, die durch schmale Spalten getrennt sind, in welchen beim Brechen Keile eingetrieben werden. Unter ihm befindet sich, meist durch eine Lage gelber griesiger Erde, der sog. Tufferde, hin und wieder aber auch durch leere Räume von ihm getrennt, eine gleichfalls etwa 1 bis 1 ½ Meter dicke Schicht von einem leicht brechbaren, sehr porösen Tuffstein, welcher vielfach zu baulichen Zwecken verwendet wird. Unter dieser Bank nun stieß man in den ersten Tagen des August d. J. beim Brechen in einer Tiefe von ca. 5 Meter unter der Bodenoberfläche auf das Gerippe eines Mannes, noch so vollkommen erhalten, daß selbst die Extremitäten vorhanden waren, aber von dem Kalksinter, dem der Tuffstein seine Entstehung verdankt, so imprägnirt, daß die Gebeine steinähnlich geworden waren. Es befand sich in horizontaler Lage, den Koof nach Norden, die Füße nach Süden. Seine Länge betrug mehr als 2 Meter, deutete also auf einen Mann von einer wenigstens jetzt nicht mehr gewöhnlichen Größe. Die Steinmasse hatte sich derartig um den Körper herum⸗ gelegt, daß derselbe auf das Genaueste darin abgeformt war. Am Kopfende stand eine irdene Urne, welche, da man nicht mit der nöthi⸗ gen Vorsicht zu Werke ging, beim Aufnehmen zerbrach und dann ein Spielwerk der Kinder wurde, von der aber noch eine ziemliche Anzahl Scherben vorhanden ist, die auf eine nicht unerhebliche Größe schließen lassen, und welche ergeben, daß das Gefäß weder in einem Ofen noch über⸗ haupt im Feuer gebrannt, sondern nur an der Luft getrocknet ist. Werkzeuge und Zierrathen hat man nicht gefunden. Gegenwärtig besteht der in den Besitz des Alterthumsvereins gelangte Rest leider nur aus Frag⸗ menten; doch befindet sich darunter der noch leidlich erhaltene Schädel aus dem sich ergiebt, daß der einstige Träger desselben zu den Doli⸗ chocephalen gehört hat. Noch verdient erwähnt zu werden, daß in demselben Steinbruch früher mehrfach in Stein verwandelte Blätter gefunden sind, die einer Baumart angehört haben müssen, welche sich jetzt nicht in jener G gend findet und überhaupt daselbst durchaus unbekannt ist. Es scheint dieser Umstand fast darauf zu deuten, daß das in Rede stehende Skelett derselben Zeit entstammen möge, wie das Mammuth, dessen jetzt im Museum zu Gotha befindliches Ge⸗ rippe unter ganz gleichen geognostischen Verhältnissen in dem Süß⸗ wasserkalk von Burgtonna gefunden worden ist.

Hierbei mag noch mitgetheilt werden, daß in dem jetzt als Lehm⸗ grube benutzten Todtenfelde vor dem Andreasthore neuerdings wieder einige Gerippe und eine Urne gefunden sind, in derselben Lage wie die früher gefundenen, in mit Dammerde angefüllten Nischen, welche horizontal unter der aus sehr festem Lehm bestehenden Decke sich er⸗ strecken. Zwei Todtenköpfe sind in den Besitz des Vereins gelangt, von denen wenigstens der eine recht gut erhalten ist. Eine sehr werthvolle Bereicherung ist durch Herrn Sanitätsrath Axmann der Sammlung des Vereins zu Theil geworden und zwar durch einen trefflich gearbeiteten und bis auf eine fehlende hintere Ecke sehr gut erhaltenen sogenannten Kelt von Nephrit, welcher neuerdings bei den fortgesetzten Nachgrabungen in dem Leichenfelde auf dem Rothenberge ben ilttst.