1873 / 147 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Jun 1873 18:00:01 GMT) scan diff

geldes zu gewährenden Erleichterungen die näheren treffen.“

Mit großer Majorität wurde ein von dem Abg. Mosle eingebrachtes Amendement abgelehnt, welches den Zweck hatte, das Reichspapiergeld überhaupt zu verbieten, wenigstens eine vom Reichstage ausgehende Aufforderung zu seiner Emission zu ver⸗ sagen. Demgemäß sollte der Schlußsatz des Art. 18 so lauten:

„Dagegen wird in ein zu erlassendes Reichsgesetz über die den einzelnen Bundesstaaten zum Zweck der Einziehung ihres Papier⸗ 8 Bestimmungen

Gegen die Absicht dieses Abänderungsantrages erhoben die Staats⸗Minister Delbrück und Camphausen nachdrücklich Ein⸗ spruch und der erstere glaubte die Zustimmung des Bundes⸗ rathes zu dem Artikel 18, wie er oben mitgetheilt ist, mit Sicher⸗ heit in Aussicht stellen zu können, obwohl ein ausdrücklicher Beschluß desselben zur Zeit noch nicht gefaßt sei und bei der Neuheit des Kompromisses noch nicht vorliegen könne.

Nachdem die Entscheidung des Hauses über Artikel 18 des Münzgesetzes erfolgt war, konnten die zurückgestellten §§. 2 und 3 des Gesetzentwurfs, betreffend den reservirten T der französischen Kriegskosten⸗Entschädigung, über dessen §. 1 im Anfang der gestrigen Sitzung in zweiter Berathung bereits ent⸗ schieden war, Gegenstand der Beschlußfassung sein, welche die Entscheidung über das Reichspapiergeld zur Voraussetzung hat. Sie lauten: 11“

§. 2. Der Restbestand des nach Artikel VI. des Gesetzes vom 8. Juli 1872 einstweilen reservirten Theils der französischen Kriegs⸗ kostenentschädigung wird, insoweit über denselben nicht durch beson⸗ dere Reichsgesetze verfügt worden ist, zwischen dem vormaligen Nord⸗ deutschen Bunde, Bayern, Würitemberg, Baden und Südhessen nach dem im Artikel VI. des Gesetzes vom 8. Juli 1872 festgestell⸗ ten Maßstabe vertheilt.

§. 3. Der nach §. deutschen Bunde zufallende Antheil wird zundes nach dem Maßstabe vertheilt, welcher in dem durch das Gesetz vom 13. Juni 1869 festgestellten Haushalts⸗Etat des Norddeutschen Bun⸗ des für das Jahr 1870 der Vertheilung der Matrikularbeiträge zu

de gelegt ist. 1 8 8 9 hatten die Abgg. Lasker und Richter folgenden satz beantragt:

„Die Vertheilung soll jedoch

Einziehung des Staatspapiergeldes

2 dieses Gesetzes dem vormaligen Nord⸗ unter die Bundesstaaten

erst erfolgen, nachdem über die gesetzliche Anordnung getrof⸗

fen ist.“

Abgg. Mosle und v. Benda zu .2, daß der Restbestand u. s. w. für die Zwecke der Kaiser⸗ Iaes Marine fernerweit reservirt und wie die Geldmittel zur Umgestaltung der Festungen zinsbar angelegt und verwaltet ird.

Der §. 2 des Gesetzes wurde mit dem Zusatze des Abge⸗ ordneten Lasker 29I der Antrag Mosle ab⸗ elehnt war; desgleichen §. 3. 1“ dene edein lagen zum Münzgesetz noch folgende zwei Reso⸗

lutionen vor: 1) des Abg. Dr. Brockhaus:

Dagegen beantragten die

den Reichskanzler aufzufordern, bei Anfertigung der neu zu prägen⸗

Amtes Geheimen

seine Sitzung um 3 ½ Uhr,

den Reichsmünzen den praktischen und den künstlerischen Iriteressen Rechnung zu tragen, und zwar: in ersterer Hinsicht für deutliche Schriften, zweckmäßische Stellung der Worte und thunlichste Ver⸗ meidung aller Abkürzungen, in letzterer Hinsicht für geschmackvolle Schriften und für gute Ausprägung zu sorgen;

2) des Abg. Augspurg: 1 Der Reichskanzler wird ersucht, dafür Sorge zu tragen, bei jeder Ausgabe neuer Goldmünzen von einigem Belange ein an Werth möglichst gleicher Betrag in Silber oder Papier aus der Cirkulation gezogen werde, so daß sich der Gesammtbetrag der⸗ Umlaufsmittel unter keinen Umständen durch die ferneren Prägungen direkt oder indirekt erheblich vergrößern könne. b 1

Die erste Resolution wurde einstimmig genehmigt, die zweite

nach erfolgtem Einspruch des Kommissars des Reichskanzler⸗ Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Michaelis mit großer Mehrheit abgelehnt. Damit war die dritte Berathung des Münzgesetzes zu Ende geführt und unterbrach das Haus

um sie um 8 Uhr wieder aufzu⸗

2

nehmen und mit Ausnahme einiger minder wichtigen Abschnitte

sämmtliche Nachtragsetats für 1873 und den Reichshaushalt für 1874 in zweiter Berathung den Anträgen der Budgetkom⸗

mission gemäß zu genehmigen.

Gesetz,

den nach

papiergeldes gesetzliche Anordnung getroffen

In der heutigen (60.) Sitzung des Reichstags, der am Tische des Bundesraths die Staats⸗Minister Delbrück und v. Kameke mit mehreren Kommissarien beiwohnten, wurde das betreffend die Verlängerung der Wirksamkeit des Gesetzes über die Ausgabe von Banknoten vom 27. März 1870 (s. das⸗ selbe unter Reichstags⸗ Angelegenheiten), in erster und zweiter Berathung ohne Debatte angenommen. 1 18

In der dritten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend dem Gesetz vom 8. Juli 1872 einstweilen reservirten der französischen Kriegskosten⸗Entschädigung wurde der auf Antrag der Abgeordneten Lasker und Richter zu §. 2 angenommene Zusatz, daß „die Vertheilung erst erfolgen solle, nachdem über die Einziehung des Staats⸗ ist“, gestrichen, nach⸗ dem der Präsident des Reichskanzler⸗Amtes, Staats⸗Minister Del⸗ brück die Erklärung abgegeben e, daß an der Annahme des Münzgesetzes im Bundesrathe nicht mehr zu zweifeln, wenn auch eine formale Abstimmung noch nicht erfolgt sei. .

Von dem Gesetzentwurfe, betreffend den Antheil des ehemaligen Norddeutschen Bundes an der franzö⸗ sischen Kriegskosten⸗Entschädigung erübrigt noch die dritte Berathung des Art. 3: 884

„Aus dem nach Art. VI. des Gesetzes, betreffend die französische Kriegskosten⸗Entschädigung vom 8. Juli 1872 dem ehemaligen Norddeuts Bunde zufallenden Antheile ist zunächst der Betrag von 50 Millionen Thalern an die Bundesstaaten nach dem Maßstabe zu vertheilen, welcher in dem durch das Gesetz vom 13. Juni 1869 festgestellten Haushalts⸗Etat des Norddeutschen Bundes für das Jahr 1870 der Vertheilung der Matrikularbeiträge zu Grunde ge⸗ segt ist. Bei einer stattfindenden weiteren Vertheilung, zu welcher der Bundesrath ermächtigt wird, kommt gleichfalls der im Vor⸗ stehenden festgestellte Vertheilungsmaßstab zur Anwendung.⸗ Derselbe wurde in dritter Berathung angenommen, desgleichen das anze Gesetz; ebenso in destnitiver Abstimmung das gestern zu berathene Münzgesetz. Alsdann wandte sich der Reichs⸗ tag der dritten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Ab⸗ änderung des Vereins⸗Zolltarifs zu, für welche eine zahlreiche Anzahl von Amendements vorlag, unter denen der von den Abgg. Frhr. v. Hoverbeck, Dr. Brnbaum und Wilmanns eingebrachte Antrag auf Herstellung des §. 1 der Regierungsvorlage und Aufhebung der Eisenzölle mit 1. Oktober d. J. der hervor⸗ ragendste war. Der Präsident Delbrück nahm zu diesem An⸗ trage wie zu allen in eingehender Weise Stellung und gab die Erklärung ab, daß, so erwünscht den verbündeten Re⸗ die Wiederherstellung ihrer Vorlage sein müßte, auch in der zweiten Berathung beschlossene Abkommen von urückgewiesen werde. Am

nicht z 3 Schlusse der an der sich die Abgeordneten Wilmanns, 8

Theil

Frhr. von Hoverbeck, von Zedlitz, Frhr. von Los, Dr. Bamber⸗ ger, Dr. Löwe, Gerstner, Dr. Birnbaum und Dr. Windthorst (Mep⸗ pen) betheiligten, referirte Abgeordneter von Wedell⸗Malchow über die auf den Tarif bezüglichen Petitionen. Aber die Generaldis⸗ kussion wurde ihrem ganzen Umfange nach wieder eröffnet, als bei Schluß des Blattes der §. 1 der Vorlage im Einzelnen dis⸗ kutirt wurde.

Als am 11. Dezember v. J. das Hamburgische Schiff „Franklin“ vor der niederländischen Insel Wieland strandete, gelang es Bewohnern Wielands unter großen Anstrengungen, das zahlreiche Personal von dem drohenden Untergange zu retten. In Anerkennung dieser menschenfreundlichen That haben Se. Majestät der Kaiser und König den bei den Ret⸗ tungsarbeiten betheiligt gewesenen Männern ein Geldgeschenk und dem Bürgermeister L. Zunderdorp eine goldene Uhr mit Chiffre und Krone überweisen lassen.

Die Kommission, welche zur Berathung einer deutschen Strandordnung berufen ist, besteht aus folgenden Mitgliedern: 1) Geheimer Regierungs⸗Rath von Möller (Vorsitzender, Vertreter des Reichskanzler⸗Amts), 2) Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Jebens (Handels⸗Ministe⸗ rium), 3) Geheimer Justiz⸗Rath Hertz (ustiz⸗Ministeriuin), 4) Rheder Kommissions⸗Rath Gibsone (Danzig), 5) Expert Schwarz (Stettin), 6) Konsul Brons (Emden), 7) Ministerial⸗ Rath Schmidt (Schwerin), 8) Ober⸗Amtmann Strackerjan (Brake), 9) Richter Dr. Bruhns (Lübeck), 10) Rheder Reck (Bremen), 11) Expert Ihlder (Bremen), 12) Sekretär der De⸗ putation für Handel und Schiffahrt Hargreaves (Hamburg), 13) Vorstandsmitglied des Vereins der Assecuradeure (Gaede⸗ chens (Hamburg).

Der General⸗Lieutenant von Pape, Commandeur der 1. Garde⸗Infanterie⸗Division, hat sich gestern zur Inspizirung des 3. Garde⸗Regiments z. F. nach Hannover begeben und tritt demnächst einen kurzen Urlaub nach der Rheinprovinz an.

Posen, 23. Juni. Der Ober⸗Präsident Günther ist nach Erledigung der Geschäfte der Spezial⸗Untersuchungskommission hierher zurückgekehrt.

Bayern. München, 22. Juni. Mit Bezugnahme auf

frühere Reskripte wurde der „Allg. Ztg.“ zufolge vom Kriegs⸗ Ministerium ein Verzeichniß derjenigen deutschen Privat⸗Eisen⸗ bahnverwaltungen, welche dem im Jahre 1870 zwischen dem vormaligen Norddeutschen Bunde, Bayern, Württemberg und Baden vereinbarten Reglement für die Beförderung von Truppen und Armee⸗Bedürfnissen auf den Staatseisenbahnen und den unter Staatsverwaltung stehenden Privat⸗Eisenbahnen beigetreten sind, zur allgemeinen Kenntniß veröffentlicht, und werden in diesem Vereichnisse 46 Eisenbahn⸗Verwaltungen aufgeführt. Der Appellationsgerichts⸗Rath Dr. Staudinger, welcher seit Ostern d. J. als Vertreter Bayerns in den Sitzungen der von dem Bundesrath berufenen Kommission zur Berathung des Entwurfs einer deutschen Strafprozeß⸗Ordnung thätig war, ist gestern von Berlin hierher zurückgekehrt.

Sachsen. Dresden, 23. Juni. Der Staats⸗Minister Freiherr von Friesen hat aus Gesundheitsrücksichten einen längeren Urlaub angetreten und sich zunächst zum Gebrauch der Kur nach Marienbad begeben. 1

Am 20. d. M. begannen hier im Kultus⸗Ministerium die Konferenzen mit den Seminar⸗Direktoren Sachsens über die neue Seminarlehrordnung. Die Verhandlungen wurden durch den Kultus⸗Minister Dr. von Gerber persönlich geleitet, und nahmen außerdem Seiten des Kultus⸗Ministeriums daran Theil: Der Wirkliche Geheime Rath Dr. Hübel, Geheime Kirchen⸗ und Schulrath Dr. Gilbert und Schulrath Dr. Borne⸗ mann. Die an der Konferenz Theil nehmenden Seminar⸗ Direktoren sind die Herren Kockel und Kühn (von hier), Schulrath Köhler (Grimma), Bräß (Possen), Schmidt (Annaberg), Grüllich (Löbau), Israel (Zschopau), Römpler (Plauen), Elterich (Oschatz), Theilemann (Borna), Leuner (Bautzen) und Dr. Schütze (Waldenburg). Außerdem waren u. A. zu den Verhandlungen noch zugezogen: der Direktor der hiesigen Königlichen Turnlehrer⸗Bildungsanstalt Dr. Kloß und der Direktor des städtischen Turnwesens Dr. Lion aus Leipzig. Ge⸗ genstände der Berathung bildeten wesentliche Erweiterungen des

Musikunterrichts, Ausbau der naturwissenschaftlichen Fächer, des Turnens und des Zeichnens. In den eingehenden Vorberathun⸗ gen über den vom Ministerium vorgelegten Entwurf bezüglich der dazu gehörigen Amendements haben die nicht dem Ministe⸗ rium angehörenden Mitglieder der Konferenz eine im Wesent⸗ lichen einmüthige Stellung in den einzelnen Fragen einge⸗ nommen.

Württemberg. Stuttgart. 21. Juni. Die heute ausgegebene Nr. 19 des Regierungsblattes enthält eine Königliche Verordnung, betreffend die Gebühren für die Güter⸗ buchsführung und die Reisekosten der Hülfsbeamten, vom 17. Juni 1873; sodann eine Verfügung der Ministerien des Innern und des Kirchen⸗ und Schulwesens, betreffend den Vollzug der Art. 11 und 12 des Gesetzes vom 17. April 1873 zu Aus⸗ führung des Reichsgesetzes über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870, vom 14. Juni 1873.

Hessen. Darmstadt, 20. Juni. Die von der ersten Kammer an den Großherzog Seahns und am Jubiläums⸗ e ebene Adresse lautet wörtlich:! 1“ n llerdurchlauchtigster Großherzog, 8 Allergnädigster Großherzog und Herr! Eure Königliche Hoheit wollen huldvollst zu gestatten geruhen, daß Allerhöchst deren getreue Erste Kammer der Stände ihre ehrerbie⸗ tigen und tiefgefühlten Glückwünsche aus Anlaß des fünfundzwanzig⸗ jährigen Regierungs⸗Jubiläums Eurer Königlichen Hoheit an den Stufen des Thrones niederlege. Die Erste Kammer der Stände ist glücklich in dem Bewußtsein, in diesem vergangenen Zeitabschnitt die Pflicht der Treue, welche sie Eurer Königlichen 81 schuldet, stets bewahrt zu haben, und erkennt in den fortgesetzten Beweisen von Huld, durch welche Allerhöchstdieselben sie jederzeit ausgezeichnet haben, den schönsten Lohn für ihr, den Angelegenheiten des Landes gewidmetes Wirken. Sie fühlt sich bei dem gegenwärtigen freudigen Anlaß ge⸗ drungen, Eurer Königlichen Hoheit ihren ehrerbietigen Dank für diese gnädigen Gesinnungen in Unterthänigkeit darzubringen, und sich der ortdauer derselben auch für die Zukunft zu empfehlen. Möge Eurer iglichen Hoheit unter Gottes Segen zum Gedeihen Allerhöchst⸗ ihres Landes und Volkes noch eine lange und glückliche Regierung beschieden sein. .

Darmstadt, 17. Juni 1873. 1 28 In tiefster Ehrerbietung verharrt Eurer Königlichen

Hoheit allerunterthänigste treugehorsamfte

Die Erste Kammer der Stände. Die Großherzoglichen Ministerien des Großherzoglichen

11“

Unterrichtsplanes: Zufügung des Lateinischen, Beschränkung des⸗

8 8*

bauung der Bahnstrecke Gelnhausen⸗Partenstein durch die Ober⸗ hessische Eisenbahngesellschaft (für die bereits die preußischen und bayerischen Konzessionen erlangt sind) gelangen lassen, in welcher Vorlage die Zustimmung der Stände zur Gewährung eines Prioritätsdarlehens im Betrag von 3,500,000 fl. an den Ver⸗ waltungsrath der Oberhessischen Eisenbahngesellschaft eingeholt wird. Die Vorlage enthält die näheren Modalitäten über Rück⸗ zahlung, Verzinsung und Sicherheit. Das Großherzogliche Ministerium des Innern hat an die Zweite Kammer der Stände einen Gesetzentwurf, betreffend das Civildiener⸗Wittwen⸗Institut sammt Motiven, das Großherzogliche Ministerium der Justiz einen solchen, betreffend das Notariat in der Provinz Rheinhessen, ge⸗ langen lassen. 1— 18 23. Juni. (W. T. B.) Die Kaiserin von Ruß land ist heute in Jugenheim angekommen und von dem Groß herzoge und dem Prinzen Carl empfangen worden.

Mecklenburg. Schwerin, 23. Juni. Der Großher⸗ zog und die Großherzogin werden, sofern in den früheren Reisedispositionen keine Aenderung eingetreten ist, den „Meckl. Anz.“ zufolge, heute mit der Herzogin Marie Wien verlassen,

um sich zunächst zu kurzem Aufenthalt nach Ischl und von dort

über Salzburg nach Berchtesgaden zu begeben, wo die Herzogin Marie einige Wochen verweilen wird, während der Großherzog

von dort sich zum Kurgebrauch nach Karlsbad zu begeben, die

Großherzogin aber nach Rabensteinfeld zurückzukehren gedenkt.

Die Herzogin Anna ist gestern in Begleitung ihrer Hofmeisterin, Fräulein von Kummer, und des Kammerherrn von Hirschfeld nach Berchtesgaden abgereist, um daselbst mit der Herzogin Marie und der verwittweten Gräfin Eberhard zu Stol⸗ berg, gebornen Prinzessin Reuß, einen mehrwöchigen Aufenthalt

zu nehmen.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 22. Juni. Der Herzog und die Herzogin sind heute Mittag nach der Herr⸗ schaft Waldsee an der Donau abgereist und werden sich von da in einigen Tagen nach Wien begeben. n 1

Der Hofmarschall von Griesheim in Gotha ist zum Ober⸗Ceremonienmeister, der Hofjägermeister von Schack in Gotha zum Ober⸗Jägermeister ernannt worden.

Dem Landtage ist der Entwurf eines revidirten Volks⸗ schulgesetzes mit Einführung von Fortbildungsschulen vorgelegt worden, welches dem Vernehmen des „Fr. J.“ nach bei der nächsten Tagung des Landtags im Herbst d. J. zur Berathung kommen soll. Ein von dem Staats⸗ Ministerium postulirter Kredit von 2000 fl. zur Gewährung von Unterstützungen an bedürftige Geistliche wurde, besonders unter Hinweis auf die Verpflichtung der Gemeinden zur ausreichenden Dotirung der Pfarrstellen, vom Landtage nicht genehmigt, dagegen stellte der Landtag den Antrag bei der Staatsregierung, einen Betrag von

2000 fl. aus

Staatsmitteln dem Komite zur Errichtung eines Kriegerdenkmals in hiesiger Stadt zur Verfügung zu stellen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 23. Juni. Sonnabend abgehaltenen Ministerkonferenz sind, der „Neuen freien Presse“ zufolge, die Vorschläge des Finanz⸗ Ministers in Bezug auf die geschäftliche Situation der Provinz genehmigt worden und stehen, um deren wirthschaftlichen Gefährdung vor⸗ zubeugen, gesetzliche Maßregeln bevor. Den Vertretern indu⸗ strieller Kreise in Böhmen, Oberösterreich und Steiermark sind in dieser Beziehung befriedigende Versicherungen zu Theil ge⸗ worden.

Schweiz. Bern, 19. Juni. Der „Berner Bund“ theilt den Wortlaut der Artikel der Bundesverfassung mit, für welche der Bundesrath und die Bundesversammlung eine andere Re⸗ daktion vorschlägt, als die im Revisionsentwurfe vom 5. März 1872, welche am 12. Mai des vorigen Jahres vom Volke

verworfen wurde. Derselbe lautet: Sein;

Art. 18. Jeder Schweizer ist wehrpflichtig. Wehrmänner, welche in Folge des eidgenössischen Militärdienstes ihr Leben verlieren oder dauernden Schaden an ihrer Gesundheit erleiden, haben für sich oder ihre Familien im Falle des Bedürfnisses Anspruch auf Unter⸗ stützung des Bundes. Die Wehrmänner sollen ihre Ausrüstung, Be⸗ kleidung und Bewaffnung unentgeltlich erhalten. Der Bund kann über den Militärpflichtersatz einheitliche Bestimmungen aufftellen.

Art. 19. Das Bundesheer besteht aus der gesammten dienst⸗ pflichtigen Mannschaft. Die Verfügung über dasselbe mit Inbegriff des gesetzlich dazu gehörigen Kriegsmaterials steht der Eidgenossenschaft zu. In Zeiten der Gefahr hat der Bund das ausschließzliche und un⸗ mittelbare Verfügungsrecht auch über die nicht in das Bundesheer eingetheilte Mannschaft und alle übrigen Streitmittel der Kantone. Die Kantone verfügen über die Wehrkraft ihres Gebietes insoweit, als sie nicht durch verfassungsmäßige oder gesetzliche Bundes beschränkt sind. 8— 8 1

Art. 20. Der Bund erläßt die Gesetze über das Heerwesen und sorgt für deren Vollziehung. Der Bund ertheilt den gesammten Mi⸗ litärunterricht. Er bestreitet die Koften des Unterrichtes und der Be⸗ waffnung und übernimmt auch die übrigen Auslagen für das Heer⸗ wesen, insoweit nicht ein Theil derselben durch die Gesetzgebung den Kantonen auferlegt wird. Die Betheiligung der Kantone an der Ad⸗ ministration der Truppenkörper ihres Gebietes wird durch die Gesetz⸗ gebung festgestellt. Gegenüber vorstehenden Grundsätzen bleiben fol⸗ gende Bestimmungen vorbehalten: a. Soweit nicht militärische Gründe entgegenstehen, sollen die Truppenkörper aus der Mannschaft desselben Kantons gebildet werden. b. Die Vorschriften des Bundes über die Bildung dieser Truppenkörper und die Erhaltung des Bestandes der⸗ selben werden durch die kantonalen Militärbehörgen vollzogen. c. Der Bund ist berechtigt, die in den Kantonen vorhandenen Waffenplätze und die zu militärischen Zwecken dienenden Gebäude nebst der zuge⸗ hörigen Einrichtung zur Benutzung zu übernehmen. Die näheren Be⸗ dingungen werden durch die Bundesgesetzgebung festgestellt.

Art. 25. Der Bund ist befugt, eine Univerfität und eine poly⸗ technische Schule und andere höhere Unterrichtsanstalten zu errichten. Die Kantone sorgen für den Primarunterricht. Derselbe ist obliga⸗ torisch und unentgeltlich. 8 b 1

Art. 31. Die Errichtung von Spielbanken ist untersagt. zur Zeit bestehenden Spielhäufer müssen am 31. Dezember 1876 ge⸗ schlossen werden. Allfällig seit dem Anfange des Jahres 1871 er⸗ theilte oder erneuerte Konzessionen werden als ungültig erklärt. Der Bund kann auch in Beziehung auf die Lotterien geeionete Maßnahmen

treffen. . 8 1o 8 8 37. Dem Bunde steht die Ausübung aller im Münzregale

Anordnungen des

Die

Art. begriffenen Rechte zu. Die Münzprägung geht einzig vom Bunde ffcge bestimmt den Münzfuß und alaße lffällige Vorschriften uͤber die Tarifirung fremder Münzsorten. 1 b Art. 41. Die Ausgaben des Bundes werden bestritten: a. aus dem Ertrag des Bundesvermögens; b. aus dem Ertrag der schweize⸗ rischen Grenzzölle; c. aus dem Ertrag der Post⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung: d. aus dem Ertrag der Pulververwaltung; e. aus den Beiträgen der Kantone, deren nähere Regulirung, vorzugsweise nach Mehnts der Steuerkraft der letztern, der Bundesgesetzgebung vorbe⸗ halten ist. 1 Art. 46. Ein Bundesgesetz wird den Unterschied zwischen Nieder⸗ lassung und Aufenthalt bestimmen und dabei gleichzeitig über die po⸗ litischen und bürgerlichen Rechte der Aufenthalter die näheren Vor⸗

Hauses und des Aeußern, des Innern und der Finanzen haben

an die Zweite Kammer der Stände eine Vorlage wegen Er⸗

schriften aufstellen. Für die Niederlassungs⸗ und Aufenthaltsbewilli⸗ gungen sollen keinerlei Gebühren bezogen werden. 8 8

In einer am

5— 1“ 11“ 2

Art. 48. Die Glaubens⸗ und Gewisse Niemand darf zur Theilnahme an iner Religionsgenossenschaft, an einem religiösen Unterricht oder zur Vornahme einer religiösen Hand⸗ lung gezwungen werden. Die bürgerlichen und politischen Rechte dürfen von keinen Vorschriften und Bedingungen kirchlicher oder reli⸗ giöser Natur abhängig gemacht werden. Die Glaubensansichten ent⸗ binden nicht von der Erfüllung der bürgerlichen Pflichten. Niemand ist gehalten. Steuern zu bezahlen, welche speziell für eigentliche Kultus⸗ einer Religionsgenossenschaft, der er nicht angehört, auferlegt werden. 8 8 Art. 49. Innerhalb der Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung genießt jeder Bürger zur Ausübung seiner Reli⸗ gion die gleiche Freiheit, sowie den gleichen Schutz für seinen Gottes⸗ dienst. Den Kantonen, sowie dem Bunde bleibt vorbehalten, zur Handhabung der öffentlichen Ordnung und des Friedens unter den Angehörigen der verschiedenen Religionsgenossenschaften, sowie gegen Uebergriffe über die Grenzen des staatlichen und religiösen Gebietes die geeigneten Maßnahmen zu treffen. Anstände aus dem öffentlichen oder Privatrechte, welche über die Trennung und Neubildung von Re⸗ ligionsgenossenschaften gegenüber den Kantonen entstehen, entscheidet der Bund. Die Errichtung von Bisthümern auf schweizerischem Ge⸗ bieie unterliegt der Genehmigung des Bundes.

Art. 55. Dem Bunde steht die Gesetzgebung zu: Ueber die

persönliche Handlungsfähigkeit, das Obligationenrecht, das Handels⸗ und Wechselrecht, das Betreibungsverfahren und das Konkursrecht. Nach Erlassung dieser Gesetze kann im Falle des Bedürfnisses die Gesetzgebung auch auf die übrigen Theile des Civilrechts, sowie auf das Strafrecht und den Strafprozeß ausgedehnt werden. Das In⸗ stitut der Schwurgerichte (Jury) kann in denjenigen Kantonen, in welchen dasselbe bereits besteht, durch die Bundesgesetzgebung nicht abgeschafft werden. Die Rechtsprechung selbst verbleibt den Kan⸗ mit Vorbehalt der dem Bundesgerschte eingeräumten Kom⸗ petenzen. Art. 60. Niemand darf seinem verfassungsmäßigen Geri bts⸗ stande entzogen und es dürfen daher keine Ausnahmegerichte eingeführt werden. Dies geistliche Gerichtsbarkeit ist abgeschafft. Die Be⸗ urkundung des bürgerlichen Standes und die Verwaltung der damit zusammenhängenden Einrichtungen steht den weltlichen Behörden zu.

Art. 64. Wer ohne Zustimmung des Bundes auf dem Gebiete der Eidgenossenschaft, im Auftrage eines fremden Staates oder einer fremden Behörde, amtliche Handlungen verrichtet, kann vom Bundes⸗ rathe des Landes verwiesen werden. Dem Bunde steht das Recht zu, Fremde, welche die innere oder äußere Sicherheit der Eidgenossen⸗ schaft gefährden, aus dem schweizerischen Gebiete wegzuweisen.

Für die übrigen Artikel beantragte der Bundesrath Beibe⸗ haltung der Redaktion des Entwurfs vom 5. März 1872.

Großbritannien und Iriand. London, 21. Juni. Der Schah von Persien besichtigte heute die Arsenale in Woolwich, womit eine Parade der dortigen Garnison verbunden war. Abends findet ihm zu Ehren eine Gala⸗Vorstellung in der italienischen Oper im Conventgarden⸗Theater statt.

Frankreich. Paris, 22. Juni. Das „Journal officiel“

veröffentlicht den von der Nationalversammlung genehmigten Vertrag zwischen dem Staate und der Ostbahn. Nach dem⸗ selben sind folgende neue Linien projektirt worden: 1) Von Sedan an die belgische Grenze gegen Bouillon. 2) Von einem Punkte der betgischen Grenze an einen Punkt des Moselthales, welche beide Punkte nachträglich von der Regierung zu bestimmen sind. Diese Linie wird direkt oder durch Abzweigung die Bergwerke von Hussigny, Villerupt und des Orne⸗Thales sowie die Städte Briey und Thiancourt bedienen. 3) Von Aillevillers nach Lure mit Zweig⸗ bahnen nach Val d'Ajol und Plombières. 4) Von Belfort an die schweizer Grenze gegen Porrentruy über Morvillard und Delle. 5) Von Ceulommiers nach La Fertés⸗Gaucher. 6) Von Remiremont nach Tillot und Saint Maurice. 7) Von Bourbonne les Bains über Voisey nach einem Punkte der Linie Paris⸗Mülhausen. 8) Von dem Bahnhofe von Langres nach der Stadt Langres. 9) Von Cham⸗ pigneulles nach Jarville östlich um Nancy herumlaufend. 10) Von einem Punkte zwischen Montmedy und Velosnes an die belgische Grenze gegen Virton. Außerdem erhält die Ostbahn die Konzession der Bahn von Epinal nach Neufchateau.

Der Kriegs⸗Minister, in Begleitung des Artillerie⸗ Generals Forgeot, begab sich gestern in die Kommission der Armee. Die Regierung verlangt 72 Kavallerie⸗Regimenter an⸗ statt 66, aber nur 38 Artillerie⸗Regimenter anstatt 42.

General Bourb aki, Kommandant des VI. Armee⸗Corps, der 8. und 22. Militär⸗Division und des Belagerungszustandes im Rhone⸗Departement, hat auf Antrag des Präfekten des Rhone⸗Departements verboten, im Rhone⸗Departement ein neues politisches oder volkswirthschaftliches Journal oder periodische Druckschrift zu veröffentlichen, ohne vorher die Erlaubniß des Kommandanten des Belagerungszustandes erlangt zu haben.

Der Ober⸗Kriegsrath hat beschlossen, die Fuß⸗ Jäger⸗Bataillone und die Zuaven⸗Regimenter abzuschaffen.

Der Präfekt des Seine⸗Departements läßt gegenwärtig Erkundigungen über alle Pariser Wähler einziehen. Die Polizei⸗Präfektur, welche mit dieser Arbeit betraut ist, soll Aus⸗ kunft über deren sociale Stellung, ihre politischen Ansichten u. dgl. geben, und hat zu diesem Zwecke 500,000 Zettel erhal⸗ ten, auf welchen die Namen der Wähler nebst ihren Wohnungen verzeichnet sind. 1

Der Erlaß des Rhone⸗Präfekten Ducros, betreffend die Civil⸗Beerdigungen, lautet wie folgt:

„Der Präfekt des Rhone⸗Departements verfügt auf Grund der Gesetze und Dekrete vom 4. April 1873, vom 16.— 24. August 1790 und 19.— 22. Juli 1791, vom 21. Prairial XII., vom 7. Frimaire des Jahres V. und vom 4. Therimdor des Jahres XIII. und auf Grund der Artikel 274 und 471 des Strafgesetzbuchs, in Erwägung, daß das Polizei⸗Reglement für die Friedhöfe vom 25. April 1863 einiger Zusätz bedarf, wie folgt:

Art. 1. Jede bei dem Beamten des Civilstandsregisters der Stadt Lyon erstattete Todesanzeige muß von der Erklärung begleitet sein, ob die Beerdigung mit oder ohne Theilnahme der Seelsorger eines der von dem Staate anerkannten Bekenntnisse stattfinden soll. Diese Erklärung wird in ein Register eingetragen und von der bethei⸗ ligten Person unterschrieben, um für die Anwendung des nächsten Ar⸗ tikels als Grundlage zu dienen. 1 1

Art. 2. Von ganz außerordentlichen Umständen abgesehen, über welche der Maire zu entscheiden hat, sollen die Beerdigungen, bei wel⸗ chen kein Geistlicher eines von den Gesetzen anerkannten Bekenntnisses mitwirkt, stattfinden: Um 6 Uhr Morgens vom 1. April bis zum 30. September, um 7 Uhr Morgens vom 1. Oktober bis zum 31. März. Die übrigen Tagesstunden sollen für die anderen Begräbnisse reservirt bleiben. 18

Art. 3. Die Leichenzüge müussen, wenn nicht eine besondere Aus⸗ nahme von uns genehmigt wird, den kürzesten Weg einschlagen.

Art. 4. Es ist verboten, aus Anlaß eines Begräbnisses auf dem Friedhofe oder auf der Straße Geldsammlungen zu veranstalten..

Art. 5. Wenn die Kosten der Beerdigung ganz oder theilweise erlassen werden, so hat der Civilstandsbeamte dies unter der Auto⸗ risation zu vermerken, welche er nach Art. 77 des bürgerlichen Gesetz⸗ buchs auszustellen hat.

Art. 6. Jede falsche Erklärung oder sonstige Uebertretung der vorstehenden Bestimmungen wird dem Gesetze geahndet.

Art. 7. Die Maires der Arrondissements von Lyon, der Central⸗ Kommifsär und die Begräbniß⸗ und Friedhofsinspektoren haben über

die Ausführung dieses Erlasses zu wachen.

Lyon, den 18. Juni 1873. Der Präfekt des Rhone⸗Departements: Ducros.

23. Juni. (W. T. B.) Der Rhone⸗Präfekt Ducros

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unsfreiheit ist unverletzlich.

übertragen.

ist hier angekommen. Havas“ zufolge will der Minister des Innern in der morgenden Sitzung der National⸗ versammlung für die Verordnung Ducros über die Civilbeerdi⸗ gungen auf das Entschiedenste eintreten.

Vom „Journal officiel“ soll in aller Kürze die Zusam⸗ mensetzung des Kriegsgerichts publizirt werden, welches im nächsten September über Marschall Bazaine zusammentritt.

3 Spanien. Madrid, 23. Juni. (W. T. B.) Die Ministerkrisis ist noch nicht beendigt. Wie verlautet, würde zunächst das gegenwärtige Ministerium in seiner bisherigen Zu⸗ sammensetzung die Geschäfte interimistisch fortführen.

In der heutigen Cortessitzung legte der Minister des Auswärtigen den Gesetzentwurf vor, mittelst dessen die Ge⸗ sandtschaͤft beim päpstlichen Stuhle im Hinblick auf die prokla⸗ mirte Religionsfreiheit aufgehoben wird.

Die Verfassungskommission will demnächst ein Gesetz einbringen, durch welches über alle Provinzen, wo sich Carlisten zeigen, der Belagerungszustand verhängt wird.

Die Nachricht, daß der Marschall Serrano Biarritz verlassen habe, um sich in Spanien an die Spitze einer Be⸗ wegung für die unitarische Republik zu stellen, entbehrt der „Agence Havas“ zufolge jeglicher Begründung.

Italien. Rom, 23. Juni. (W. T. B.) Die Depu⸗ tirtenkammer hat den Antrag, die Finanzvorlagen bis zu dem Monat November zurückzustellen, mit 160 gegen 56 Stim⸗

b. abgelehnt und ist sofort in die Berathung derselben einge⸗ eten.

Griechenland. Athen, 14. Juni. Gestern wurde von der Kammer der Vertrag über die Eisenbahnlinie von Piräus nach Lamia und der türkischen Grenze votirt. Die Arbeiten werden im September beginnen, und die Gesellschaft ist ver⸗ pflichtet, in drei Jahren die ganze Strecke dem öffentlichen Ver⸗ kehr zu übergeben. Die Regierung zahlt an die Gesellschaft in den drei Jahren 15 Millionen Drachmen. In derselben Sitzung wurde der Kammer ein Vertrag über eine Eisenbahn von Sunion nach Prevesa über Athen und Patras vorgelegt. Das Staats⸗ budget für das laufende Jahr zeigt einen Ueberschuß von un⸗ Pfähr zwei Millionen Drachmen. Die Ersparnisse bilden die Entlassung von tausend Mann der Reserve, die Auflösung der Gesandtschaften außer der Gesandtschaft in Konstantinopel, und die Entlassung mehrerer Beamten.

Türkei. Konstantinopel, 23. Juni. (W. T. B.) Die großbritannische Mittelmeer⸗Flotte ist unter dem Kom⸗ mando des Vize⸗Admirals Sir Hastinas Belverton, der beauf⸗ tragt ist, den Sultan zu dem bevorstehenden Jahrestage seiner Thronbesteigung zu beglückwünschen, in den Dardanellen einge⸗ troffen und dort vor Anker gegangen. Zur Begrüßung des Admirals wurde demselben Hobart Pascha entgegengesandt, der von der Flotte mit großen Ehrenbezeugungen empfangen wurde. Sir Belverton ist in Begleitung von 35 Offizieren mit dem Pascha heute hier eingetroffen.

Der hiesige französische Botschafter Graf v. Vogué hat heute dem Sultan seine neuen Beglaubigungsschreiben überreicht.

Schweden und Norwegen. Christiania, 19. Juni. Die schwedische „Post och Inr. Tid.“ meldet: „Die schwedische und die dänische Regierung haben beschlossen, bei gegen⸗ seitigen Einräumungen sich über die Oeresundsche Lootsenfrage zu einigen. Die Sache wird wahrscheinscheinlich in einigen Ta⸗ gen geordnet fein.“

Asien. Der Schah von Persien hat dem Bangquier Baron Reuter in London die ausschließliche Konzession ertheilt, Eisenbahnen und Tramways, daneben auch andere öffentliche Bauten in Persien herzustellen, nebst dem ausschließlichen Recht zum Bergbaubetrieb und der Nutzbarmachung der Wälder des Landes. Auf 70 Jahre wird dem Baron und der von ihm zu bildenden Gesellschaft die Ausnutzung der Eisenbahnen gestattet. Alle zum Bau eingeführten Materialien sind zoll⸗, alle dabei beschäftigten Personen steuerfrei. Von dem Reinertrage erhält die Regierung 20 Prozent. Für Exploitirung von Kohlen⸗, Eisen⸗, Kupfer⸗ und Blei⸗Gruben muß die Compagnie 15 Prozent des Reingewinnes zahlen; Gold⸗ und Silber⸗Minen, sowie die, welche Edelsteine enthalten, bleiben dem Schah vorbehalten. Die Anlegung von Kanäͤlen, Reser⸗ voirs, artesischen Brunnen und allen anderen mit Wasserleitung in Verbindung stehenden Werken ist Herrn von Reuter ebenfalls Vorläufig darf die Compagnie eine Anleihe von 6 Millionen Lstr. machen, deren Verzinsung mit 5 Prozent jähr⸗ lich und deren Amortisation von 2 Prozent die persische Regie⸗ rung garantirt. Spätere Anleihen, wenn nöthig, dürfen in ähnlicher Weise kontrahirt werden; auch pachtet die Eompagnie vom März 1874 die Zölle auf 25 Jahre, errichtet eine Staats⸗ bank, Gasleitungen, Telegraphen, Posten, Mühlen, Fabriken ꝛc.

Die Nr. 16 des Armee⸗Verordnungs⸗Blatts enthält: Gesetz, betreffend die Aufhebung beziehungsweise Ermäßigung gewisser tempelabgaben. Vom 26. März 1873. Auszug aus dem Gesetz wegen Abänderung des Gesetzes vom 1. Mai 1851, betreffend die Einführung einer Klassen⸗ und klassifizirten Einkommensteuer, vom 25. Mai 1873. Dislokation des Füsilier⸗Bataillons 2. Magdebur⸗ gischen Infanterie⸗Regiments Nr. 27. Dislokation der 3. Feld⸗ Abtheilung des Pommerschen Feld⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 2, Divi⸗ sions⸗Artillerie und der provisorischen seh Abtheilung des Pommer⸗ schen Feld⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 2, Corps⸗Artillerie. Dislokation des 2. Bataillons Colber schen Grenadier⸗Regiments (2. Pommer schen) Nr. 9. Ausfertigung der Entlassungspapiere für diejenigen Sträflinge, welche nach verbüßter Strafe direkt zur Reserve beziehungs⸗ weise Landwehr entlassen werden. Abänderungen zu der Vorschrift über das Geschäftsverfahren bei den technischen Revisionen im Be⸗ reiche des Artillerie⸗ und Waffenwesens, Berlin 1865. Dimensionen der Aufschläge an den Waffenröcken. Bekleidungs⸗Anfertigungen für das Personal der Landwehr⸗Bezirks⸗Kommandos. Beschaffung von Drillichjacken für Sträflinge. Kapitulantenzulage für Zöglinge der Unteroffizierschulen. Todtenscheine, welche wegen Unvollständig⸗ keit resp. Ungenauigkeit der Angaben nicht ausgehändigt werden können.

EStatistische Nachrichten. München, 21. Juni. Nach den Erhebungen über das Armen⸗ wesen für das Jahr 1870 befinden sich in den verschiedenen Re⸗ ierungsbezirken Bayern 1770 Armenanstalten; hiervon treffen auf Oberbayern 488, Unterfranken 234, Niederbayern 217, Mittelfranken 204, Oberpfalz 174, Schwaben 150, Pfalz 159, Oberfranken 144. Von sämmtlichen 1770 Armenanstalten haben 1439 einen lokalen und 331 einen distriktiven Charakter. Die Jahresausgaben der Armen⸗ anstalten betrugen 9,661,118 fl., deren rentirendes Vermögen 48,239,587 fl. Auf eine Anstalt treffen hiernach 5458 fl. Jahresaus⸗ gabe und 27,254 fl. rentirendes Vermögen. 8 Die Nr. 139 (Juliheft 1873) des „Notizblatts des Vereins für Erdkunde und verwandte Wissenschaften

1 11 f 2 b Vereins“ hat folgenden Inhalt: Die Geburten, Sterbefälle, Heira⸗ then und Ehescheidungen im Großherzogthum Hessen in den Jahren 1870 und 1871. (Schluß.) Salzabgabestatistik des deutschen Zoll⸗ vereins für das Jahr 1871. Zah! der Hunde und Ertrag der Hundesteuer im Großherzogthum Hessen im Jahre 1872. Rechnungs⸗ Ergebnisse der Versicherungs⸗Anstalt für das Großherzogthum Hessen. Die Einwanderung und Auswanderung im Großherzogthum Hessen im Jahre 1871. Uebersicht der Weinproduktion im Groß rzogthum Hessen im Jahre 1872. Meteorologische Beobachtungen im Monat Mai 1873. Angelegenheiten des Vereins für Erdkunde. Ange⸗ legenheiten des mittelrheinischen geologischen Vereins. .

St. Petersburg, 20. Juni. Die „Börse“ theilt über den auswärtigen Handel Rußlands in den drei ersten Monaten dieses Jahres folgende Zahlen mit: An Getreide sind 2157,711 Tschetwert gegen 1,849,435 Tschetwert exportirt. (Ein Tschetwert ist 2,1 Hektoliter.) Eine große Wichtigkeit hat Wirballen erlangt: 1873 sind auf diesem Wege über 408,028 Tschetwert gegen 50,975 Tschet⸗ wert des Vorjahres befördert. Die Ausfuhr von Leinsaat ist von 75,639 Tschetwert auf 116,494 Tschetwert, von Spiritus und Brannt⸗ wein von 64,176 auf 336,128 Pud, von Flachs von 915,396 auf 1,526,583 Pud (und zwar vornehmlich über Wirballen) gestiegen. Auch die Einfuhr hat zugenommen, und zwar in 15 Artikeln, wäh⸗ rend sie in 18 Artikeln abgenommen hat. Die größte Steigerung weist die Salzeinfuhr (von 1,551,006 auf 2,511,081 Pud) und die Einfuhr von Eisenbahn⸗Utensilien (von 336,237 auf 910,915

Pud) auf. Kunst und Wissenschaft.

Von der Chronologischen Matrikel der Branden⸗ burgisch⸗Preußischen Standeserhöhungen und Gnaden⸗ akte (von 1600 1873) des Premier⸗Lieutenant a. D. Max Gritzna, liegt uns das III. Heft vor. 8

„Dasselbe enthält, wie die früheren, chronologisch geordnet alle diejenigen Diplome über Adelsrechte der verschiedenen Art, welche vom 2. Oktober 1786 (dem Tage der Huldigung Sr. Majestät des Königs Friedrich Wilhelm II.) bis zum 23. Januar 1804 ertheilt e. Das Werk wird also mit drei bis vier weiteren Heften beendet werden. 1 MUnter den Diplomen, bei deren jedem genau die Empfänger des- selben hinsichtlich Vornamen, Stand und Provinz, sowie die Andeu⸗ tung des verliehenen Wappens, mit Hinweisung auf Kochne s Wap penbuch der preußischen Monarchie angegeben sind, befinden sich nicht allein Standeserhöhungs⸗Diplome, sondern auch Anerkennungs⸗ und Renovations⸗Diplome über ältere Standesrechte, Namen⸗ und Wap pen⸗Vereinigungen adliger Geschlechter, sowie Verleihungen an Stan⸗ desprädikaten und Erbämtern. Deer Verfasser, welchem zu seiner mühevollen Arbeit die amt⸗ lichen Notizen des Königlichen Geheimen Staatsarchivs, des König⸗ lichen Heroldsamtes, sowie verschiedene handschriftliche genealogische Werke der Königlichen Bibliothek zu Berlin zur Benutzung erlaubt waren, hat die schwierige Aufgabe auf dem Felde der Genealogie und He⸗ raldik mit Geschick und Verständniß erledigt. Es ist ihm dabei zu Statten gekommen, daß er als Mitarbeiter an dem großen deutschen sich die erforderliche günstige Bekanntschaft erworben hHat.

Der Reinertrag des Werkes ist der Kaiser⸗Wilhelm⸗Invaliden⸗ rfasser, welcher selbst seit 1866 Invalide ist,

Stiftung durch den Ve bestimmt. Am 19. Februar d. J. starb, wie erst jetzt aus Fach⸗Zeit⸗ schriften bekannt wird, 53 Jahr alt, zu Königsberg i. Pr., wo er seit 1860 als Ober⸗Stabsarzt (seit 1868 a. D.) seinen Wohnsitz hatte, Dr. Heinrich Czolbe, ein hervorragender Vertreter der gegen⸗ wärtigen deutschen Philosophie und namhafter philosophischer Schriftsteller.

Ein von der Breslauer philosophischen Fakultät ausgesetzter, etwa 1000 Thaler betragender Preis, zu welchem alle Deutschen als Bewerber zulässig sind, entstammt einer von dem verstorbenen General⸗ Konsul, Geheimen Justiz⸗Rath und Major a. D. J. D. F. Neu⸗ gebauer bezründeten Stiftung eines Kapitals von 2000 Thalern. Die⸗

ses Kapital wurde am 8. März 1866 von dem Legatar der Bres⸗ lauer philosophischen Fakultät mit der Bestimmung übergeben, dasselbe „Neugebauersche Hietsseift , zu nennen und die Zinsen der⸗ selben zu Preisauszeichnungen für Arbeiten zu bestimmen, welche de dermaligen Einfluß der Wissenschaften auf das öffentliche Leben in Deutschland und die Fortschritte oder Rückschritte, welche sich seit 1865 bemerkbar gemacht, zum Gegenstande haͤben. Die Fakultät ist jetzt zum ersten Male in der Lage, einen Preis auszuschreiben, und stellt die Frage: „Welchen Einfluß hat die deutsche Geschichts⸗ schreibung seit dem Jahre 1865 auf die Entwickelung des öffentlichen Lebens in Deutschland geübt? Die ein⸗ gegangenen Arbeiten werden von der Fakultät beurtheilt und das ge⸗ fällte Urtheit am 8. März 1876 veröffentlicht werden. Für die beste Arbeit werden die seit zehn Jahren aufgelaufenen Zinsen als Preis bewilligt. Bei einigen gleichwerthigen Arbeiten kann dieser Preis ent⸗ sprechend getheilt werden, doch darf keine Prämiirung weniger als 300 Thaler betragen. Zur Betheiligung an der Bewerbung ist jeder Deutsche berechtigt. Die Arbeiten sind in deutscher Sprache bis zum 1. Januar 1876 mit einem Motto und dem versiegelten Namen des Verfassers einzureichen. Alle Arbeiten bleiben Eigenthum der respek⸗ tiven Verfasser und stehen denselben bis zum 31. Dezember 1876 zu Disposition. Nach diesem Termin werden die eingesendeten Arbeiten vernichtet.

München, 19. Juni. Der Königliche Reichs⸗Archivs⸗Assessor Dr. Ludwig Rockinger wurde zum Ehren⸗Professor für Paläogra⸗ phie und bayerische Geschichte in der philosophischen Fakultät der Universität München ernannt. Eine vom Kultus⸗Ministerium be⸗ rufene, aus Professoren der Universität und des Polytechnikums und Bauräthen bestehende Kommission hat Pläne für ein chemisches Laboratorium an der Universitaät München ausgearbeitet und sie dem Ministerium zu weisterer Behandlung vorgelegt. Dem⸗ zufolge soll das projektirte Laboratorium neben dem Liebigschen Hör⸗ saal erbaut und mit diesem vereinigt werden und so viel Raum er⸗ halten, daß hundert Studirende darin arbeiten können.

Der Bau des Theaters in Bayreuth macht erhebliche Fortschritte; die bereits eingegangenen Geldmittel, welche bis Ende v. J. 104,400 fl. betragen, sind in neuerer Zeit durch die Erträgnisse der von Richard Wagner in Deutschland veranstalteten Concerte auf mehr als 140,000 fl. angewachsen.

Stuttgart, 19. Juni. Die in der juridischen Fakultät der Universität Tübingen erledigte ordentliche Professur für deutsches Privatrecht mit Einschluß des Lchen⸗, Handels⸗ und Wechselrechts, sowie für deutsche Staats⸗ und Rechtsgeschichte, ist dem ordentlichen Professor Dr. Franklin in Greifswald übertragen worden. 2

Dresden, 18. Juni. In der Nacht vom 15. zum 16. d. M. ist in Marienbad der Vorstand der Expedition der Königl. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, Hofrath Dr. Albert v. Zahn plötzlich gestorben. Derselbe hat sich durch seine Schriften und Vorträge über Kunstgeschichte und Kunstgewerbe Ruf erworben.

„— Die in Leipzig in der Redaktion von Max Moltke erscheinende Zeitschrift „Deutscher Sprachwart’ enthält in dem Jahrgang 1870 einen Tages⸗Kalender der deutschen Literatur, dessen verdienstvolle Zusammenstellung der Herausgeber bewirkt hat. Derselbe ist jetzt dabei beschäftigt, den Kalender zu vervollständigen und demnächst besonders als Buch-herauszugeben. Da derselbe dazu dient, die Erinnerung an die hervorragenden Führer des geistigen Lebens unserer Nation lebendig zu erhalten, so werden wir Veranlassung nehmen, auf denselben in der Besonderen Beilage zurückzukommen G Coburg, 19. Juni. Heute Vormittag wurde bei der Feier des 25jährigen Bestehens der hiesigen Realschule der Grundstein zum neuen Realschulgebäude unter angemessenen Feierlichkeiten gelegt.

Bei der Konkurrenz für Entwürfe zu einem Krieger⸗ denkmal in Bremen hat unter 39 Konkurrenten der Bildhauer Carl Keil aus Berlin den ersten Preis mit 1000 Reichsmark er⸗

zu Darmstadt und des mittelrheinnischen geologischen 8 1““

halten.