London, 21. Juni. Die Mitglieder der amerikanischen Nordpolexpedition der Polaris, welche auf einem Eis⸗ felde Monate lang auf dem Ocean herumgetrieben, bis sie von einem Dampfer aufgenommen wurden, sind in Washingten einge⸗ troffen. Am 5. Juni hatte Kapitän Tyson, einer der Geretteten, eine längere Unterredung mit dem Marine⸗Minister, in welcher er seine früheren Berichte bestätigte. Es wurde eine aus Marine⸗Offizieren zusammengesetzte Kommission mit Untersuchung der Angelegenheit be⸗ traut, und dieselbe hat, wie aus New⸗York per Kabel gemeldet wird, einen Bericht erstattet, welcher die früheren Angaben über die zufäl⸗ lige Trennung der Bemannung des „Polaris“ bestätigt, und den Arg⸗ —— daß Kapitän Hall keines natürlichen Todes gestorben sei, zer⸗
eut. Die bisherigen Mittheilungen über das Resultat der offiziellen Untersuchung bezüglich des unglücklichen Endes der amerikanischen Nordpol⸗Expedition ergänzt das nachstehende Telegramm des New⸗ Yorker Korrespondenten der „Daily News“ vom 20. ds.: „Der offizielle Bericht des Marine⸗Sekretärs bezüglich des Unterganges des „Polaris“ verscheucht den Argwohn betreffs der Weise von Kapitän Halls Tod, und zeigt, daß die Trennung der Bemannung unter Ka⸗ pitän Tyson eine zufällige war, erklärt indeß nicht das Fehlschlagen des „Polaris“, die auf dem Eise herumtreibenden Leute zu retten. Wichtige wissenschaftliche Resultate sind gewonnen worden. Das muth⸗ maßlich offene Polarmeer stellt sich als einen, den Weg in den Ken⸗ nedy⸗Kanal cröffnenden Sund von beträchtlicher Ausdehnung heraus, mit einer sich nach Osten erstreckenden Bucht, die wahrscheinlich das nördliche Gestade Grönlands definirt. Der „Tigress“, der von dem Marine⸗Departement für die Hülfeleistungs⸗Expedition gekauft wurde, wird Anfangs Juli in See gehen.“
Stockholm, 20. Juni. kapelle und Theater hat einen P für die beste bis zum Ablauf des Jahres 1875 eingelieferte Kom⸗ position einer Oper von wenigstens drei Akten über einen nordi⸗ schen Stoff. .
Christiania, 19. Juni. Während ihres Aufenthalts in Stock⸗ holm hat die Kronprinzessin von Dänemark der Königlichen Akademie für Literatur, Geschichte und Antiquitäten eine werthvolle
Die Direktion der königlichen Hof⸗ reis von 5000 Thlr. ausgesetzt
Gabe übermittelt, bestehend aus verschiedenen Kostbarkeiten und Ge⸗ genständen von historischem Interesse, welche im historischen Museum des Staats zum Andenken an die Eltern der Kronprinzessin, König Cart XV. und Königin Lovisa, aufbewahrt werden sollen.
Gewerbe und Handel.
1
Wir werden ersucht, darauf aufmerksam zu machen, daß nach
dem Villenterrain Schönholz, dessen Verkauf im Inseratentheil d. Bl. vor einiger Zeit wiederholt angekündigt war, die neue ge⸗ pflasterte Straße nicht von Schönhausen aus, sondern von Pankow aus (Schönholzerstraße) die Königliche Forst entlang führt.
— Dem in der ersten ordentlichen Generalversammlung vorgetra⸗ enen Rechenschaftsberichte der „Vaterländischen Lebens⸗Ver⸗ ficherungs Aktien⸗Gesellschaft zu Elberfeld“ entnehmen wir nachstehende Daten: In der Zeit vom Oktober bis Ende Dezem⸗ ber 1872 gingen 135 Anträge mit einer Versicherungssumme von 207,800 Thlrn. ein. Hiervon wurden 28 Anträge mit 51,800 Thlrn. angenommen, 25 fernere mit 50,600 Thlrn. Kapital abgelehnt und restliche 82 Anträge mit der zugehörigen Versicherungssumme von 105,400 Thlrn. als unerledigt auf das neue Geschäftsjahr übernom⸗ men. — Das Gewinn⸗ und Verlustkonto balancirt in Einnahme und Ausgabe mit 86,551 Thlr. 21 Sgr. Der Gewinnsaldo ist mit 7824 Thlrn. auf Beschluß der Generalversammlung als Reserve auf das
ahr 1873 vorgetragen. Der mit 75,000 Thlrn. dotirte außerordent⸗ liche Reservefonds schließt mit einem Uebertrage für das Jahr 1873 von 49,040 Thlru. Die Aktiva und Passiva der Gesellschaft weisen in den Schlußsummen 3,135,937 Thaler auf.
Wien, 24. Juni. (W. T. B) Die amtliche „Wiener Zeitung“ veröffentlicht eine Kaiserliche Verordnung vom 21. d. M., nach wel⸗ cher im Falle der Auflösung einer Aktiengesellschaft die Vertheilung des Vermögens dieser Gesellschaft oder die Vereinigung desselben mit dem Vermögen einer anderen Gesellschaft schon nach Ablauf von 3 Mo⸗ naten gestattet und die Finanzverwaltung ermächtigt wird, Aktienge⸗ bühren solcher Gesellschaften, welche sich innerhalb sechs Monaten nach ihrer Konstituirung wieder auflösen, ganz oder theilweise zu erlassen oder wieder zurückzuerstatten, auch bei Fusionirungen eine Ermäßigung der Gebühren eintreten zu lassen. — Der ungarische Finanz⸗Minister hat in Gemäßheit der Petition der Pesther Handelskammer bei
der Nationalbank intervenirt. — Pesther Korrespondenzen melden, daß das projektirte Lotterie⸗Anlehen von 30 Millionen nach Art der ersten ungarischen Prämienloose, jedoch in Silbewaluta eingerichtet
werden wird. Verkehrs⸗Anstalten.
London, 19. Juni. In einer neulichen Versammlung der Be⸗ sitzer von Neu⸗Granada⸗Bonds in London wurde das Projekt einer Durchstechung des Isthmus von Darien zum Behufe der Her⸗ stellung cines Schiffskanals diskutirt. Unter denjenigen, welche die Fortsetzung des Unternehmens befürworteten, befanden sich der colum⸗ bische Gesandte, Don José Arosemena, und der britische Gesandte in Bogota. Die peruanische Regierung hat ihrerseits eine Vermessung der Linie über die Flüsse Atrato und Napipi, dieselbe welche Alexan⸗
der von Humboldt zum Beginn dieses Jahrhunderts empfahl, an⸗ geordnet. 1“
Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Bureau.
Wien, Dienstag, 24. Juni. Der Fürst Karl von Ru⸗ mänien ist gestern Nachmittag um 5 Uhr mit der Nordbahn hier eingetroffen. Auf dem Bahnhofe wurde derselbe von dem Statthalter, dem Landeskommandirenden, dem Vertreter des Polizeipräsidenten, dem österreichischen General⸗Konsul in Bukarest und dem Oberst Schemel und Ober⸗Lieutenant Graf Castell, welche dem Fürsten für die Dauer seines Aufenthaltes zum Ehrendienste beibegeben sind, empfangen. Der Fürst begab sich in einem Hofwagen nach seiner im Reichsfinanz⸗Ministerium hergerichteten Wohnung.
Der Kaiser hat heute den Fürsten Karl von Rumänien empfangen.
Rom, Montag, 23. Juni, Abends. Der Papst empfing heute die Königin Isabella in einer Abschiedsaudienz. Die Kö⸗ nigin wird Rom am Mittwoch verlassen. — Das Konsistorium, welches der Papst behufs der Ernennung neuer Bischöfe zu be⸗ rufen gedenkt, wird dem Journal „Paese“ zufolge nicht vor dem Monat November abgehalten werden.
1
Zur Reform der Eisenzölle. 2 (Nach den Motiven des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung des Vereins⸗Zolltarifs.) Die deutsche Eisenindustrie, insbesondere die Roheisen⸗Produktion ist nicht im Stande, der außerordentlich gesteigerten Nachfrage ohne zufluß vom Auslande zu genügen. Die möglichste Erleichterung der ufuhr vom Auslande liegt somit im allgemeinen Interesse. 1 Der Zoll, welcher im Jahre 1844 zum Schutze des vereinsländi⸗ schen Hochofenbetriebs auf das bis dahin zollfrei eingegangene Roh⸗ eisen mit 10 Sgr. pro Centner gelegt wurde, sollte nach der Absicht der gesetzgebenden Faktoren nur einen vorübergehenden Charakter haben. Er ist aber erst nach Ablauf von 20 Jahren mit dem Inkrafttreten des deutsch⸗französischen Handelsvertrages vom 2. August 1862 zunächft auf 7 ½ Sgr., im Jahre 1868 auf 5 Sgr. und im Jahre 1870 auf 2 ½ Sgr. ermäßigt worden. Ebenso trat bei dem Materialeisen und den Eisenwaaren mit dem genannten Handelsvertrage eine rückgängige Bewegung des Zolltarifs ein.
Ungeachtet dieser wiederholten und nicht unerheblichen Zollermäßi⸗
der hierdurch veranlaßten Vermehrung der Einfuhr hat, wie nachfolgende Ueb rsicht ergiebt, die inländische Jahrzehnt einer
gungen und tro vom Auslande Eisenproduktion und Eisenindustrie in dem letzten außerordentlichen Steigerung sich zu erfreuen gehabt. Dnrchichni Gesammte Produktion von Stab⸗ See Hochofenproduktion. und gewalztem Eisen.
G Millionen Centner.
1861 — 62 7
1863 —
1871 Die Ein⸗ und Ausfuhr (Pos. 6a und b) hat betragen: 84 8 (Roheisen Pes. 6 a) (Stabeisen ꝛc. Pos. 6 b) Millionen Centner. ö “ vöe “ 0,19
Ausfuhr.
Der einheimische Eisenverbrauch, nämlich die Differenz zwischen der Ausfuhr von Roheisen, Materialeisen und groben Eisenwaaren (einschließlich der Maschinen) und der einheimischen Hochofenproduktion unter Hinzurechnung des eingeführten Roheisens, Materialeisens und der groben Eisenwaaren einschließlich der Maschinen, stellt sich wie
solgt 1850 — 52 1860 — 62 1869 — 71 Centner. Centner. Centner. 3,861,000
2) Einfuhr
12,113,700 28,205,000 a. Roheisen . . .. .. 1,964,800 2,630,300 5,730,200 b. Materialeisen und grobe b Eisenwaaren 1486,400 614,800 1,254,400 Zuschlag zu letzterem 8 fs Reduktion auf Reoheisen 33 ½ Prez.
3) Ausfuhr
4““
b. Materialeisen und grobe
Eisenwaaren .. Zuschlag 33 ½ Proz. Einheimisch . 5,985,700 ischer 8 17 7 Pro Kopf Pfund .. . 19,83 Davon ist: Eigene Produktion . . . .. 12 35,22 72,68 oder 64 z. 83 Proz. 95 Proz.
Ungeachtet der bedeutenden Erleichterung der ausländi Kon⸗ kurrenz und der außerordentlichen Steigerung des einhei Ver⸗ brauchs, hat also die inländische Eisenproduktion einen immer stei⸗ genden Theil des einheimischen Bedarfs gedeckt und zugleich einen ver⸗ mehrten Absatz dem Auslande gewonnen.
Auch das mehrfach befürchtete Zurückgehen der Preise der Er⸗ zeugnisse der inländischen Eisen⸗Industrie ist nicht eingetreten; es sind im Gegentheil die Preise für das inländische, wie für das schottische und englische Roheisen erheblich gestiegen. Der Preis des schlesischen Kokseisens ist im Laufe des 1872 von 51 Sgr. auf 71 Sgr. für den Centner gestiegen. In w hat sich der Durchschnitts⸗ 28 von 53 Sh. 3 Pce. im Jahre 1869 auf 101 Sh. 10 Pce. per
n im Jahre 1872 gehoben. Die Bewegung der Preise des Eisens und der in Hamburg in den 1862/72 ist in der
singeachtet dieser Höhe der Preise ist die einheimische Produktion n Zeit nicht im Stande, der Nachfrage zu genügen und es wird all⸗ seinis bestätigt, daß die gen überhäuft sind.
1) Hochofenproduktion.
204 900 418,100 15,583,700 5,807 700 139,800 2,155,900 655,100 2,736,400 218,400 912,100 513,5 ö
14,550,400 29,803,300 42, 8 767.
6,407,700 31,500
292,600 97,900 422,000
Werkstätten mit ir V Die Maschinenindustrie erfreut sich in Deutschland eines
Aufschwungs, wie aus nachstehender Zusammenstellung hervo .
indung mit den Eisenzöllen steht der Eingangszoll
15 b. 1. und 2 (4.—3).. Ausfuhr. Mehrausfuhr. Ctr. Ctr. b 277,141 61,346 403,509 112,741 422,346 145,381 1871 315,424 482,917 167,493 1872 658,836 771,209 112,373 Seit Jahren findet eine beträchtliche Mehrausfuhr von Maschinen
Maschinen Pos. Einfuhr. Ctr. 215,795 290,768 276,965
1868 1869 1870
statt; es bedarf somit diese Industrie eines Schutzes nicht mehr. sch 8 erf Andererseits ist für diejenigen Theile Deutschlands, welche von den Schlußheft sowie
Bergbau⸗Distrikten entfernt und vorzugsweise auf die Landwirthschaft
angewiesen sind, die Aufhebung der Eisenzölle und insbesondere die Die Bevöl⸗
Aufhebung der Maschinenzölle von höchster Bedeutung kerung jener Gegenden wird im Bezuge der nöthigen Werkzeuge und Maschinen vom Auslande durch die Erschwerung der Einfuhr, sowohl
in Beziehung auf industrielle Thätigkeit, als auch in Bezug auf den
Betrieb der Landwirthschaft empfindlich beeinträchtigt. Hierzu kommt in neuerer Zeit der namentlich in den östlichen Theilen Deutschlands durch Auswanderung und Uebersiedelung in die gröteren Städte her⸗ beigeführte Mangel an ländlichen Arbeitern, welcher den möglichst raschen Uebergang zur Maschinenarbeit gebieterisch fordert. In Folge jenes Mangels an Arbeitskräften sollen schon im vorigen Jahre große Flächen unbestellt liegen geblieben sein.
Es ist somit geboten, durch möglichste Begünstigung der Einfuhr von Maschinen die fehlenden Arbeitskräfte zu ersetzen, und es wird eine weitere Erleichterung der Eisenzufuhr von außen um so
weniger verschoben werden dürfen, als nach den Erfahrungen des
letzten Jahrzehnts eine Vermehrung der Einfuhr keineswegs zur Einengung des Marktes der inländischen Eisen⸗Industrie, sondern im Gegentheil zur Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit unserer Eisen⸗In⸗ dustrie auf den auswärtigen Märkten führt. *
Berliner historische Gesellschaft.
Die Berliner „Historische Gesellschaft“ hielt im vergan⸗ genen Monat zwei Sitzungen, am 5. resp. 26. Mai. Am ersten der genannten Tage trug Herr Dr. Paetz über den jüngst durch L. v. Ranke
erausgegebenen Briefwechsel Friedrich Wilhelms IV. mit K. J. v. Bunsen vor. Im Anschluß an die Excurse des Herausgebers wurde gezeigt, welcher Gewinn für das historische Verständniß der Jahre 1830 — 1857 aus dieser Publikation hervorgeht. 8
Am 26. Mai behandelte Herr Dr. Meyer in sehr ausführlicher Weise zwei neuere Werke, die sich auf die Geschichte und Kritik der Regierungszeit Neros beziehen, nämlich die Schriften von Raabe in Utrecht und Schiller in Constanz.
Wäzhrend die erstere eine Streitschrift ist, hervorgerufen durch die 1863 in einem englichen Blatte aufgeworfene Frage: „War Nero ein Ungeheuer?“ ist dies bei der zweiten Schrift nicht unmittelbar der
all; vielmehr hat der durch zahlreiche Detailforschungen bekannte
Schüler Mommsens sich nach dem Vorbilde des Meisters die gewiß dankenswerthe, aber gerade für Neros Zeit undankbare Aufgabe gestellt, die staatliche, soziale und geistige Geschichte jener Epoche in umfassen⸗ der Weise zu behandeln. Trotz vieler schätzenswerther Einzelheiten ist die vorliegende Arbeit keine abschließende, zumal es dem Verfasser an eigentlicher Gestaltungskraft gebricht; dagegen würde das Buch als pöüleloacceRütgriger Kommentar zu Tacitus Suctonius u. s. w. in hervorragender Weise brauchbar sein. — Nächste Sitzung: Montag,
8 Archäologische Gesellschaft.
Sitzung vom 10. Juni. Hr. Trendelenburg sprach über die Orientirung des kapitolinischen Stadtplans. Bisher galt die noch jüngst von Jordan vertheidigte Annahme Beckers, nach welcher der antike Plan umgekehrt wie in unsern modernen Karten Süden oben, Osten zur Linken, Westen zur Rechten gehabt habe. Bei dieser Orientirung kommen aber, wie an den Inschriften der ihrer Lage nach bestimmbaren Fragmente nachgewiesen wurde mehrere Stücke verkehrt zu stehen, und es ergab sich als einzig mögliche Orientirung die, bei welcher Osten oben, rechts Süden, links Norden war. Diese im System der römischen Limitation begründete Orientirung wurde durch ein bisher von allen Topographen falsch angewendetes Fragment bestätigt, dessen Inschrift „Theatrum Marcelli“ nur bei der Ostorientirung lesbar ist,
sobald man es richtig in den Grundriß des Theaters einreiht. —
Herr Engelmann sprach über Mosaikreliefs, die er sämmtlich für modern erklärte. Die Gründe dafür waren folgende. Einmal giebt es nicht das geringste Zeugniß darüber aus dem Alterthum; auch läßt sich in der Entwickelung des Mosaiks keine Stelle ausfindig machen, wo sie eingereiht werden könnten. Dazu kommt, daß von keinem der erhaltenen Reliefmosaike irgend eine sichere Fundnotiz vorhanden ist, daß sie in einer von alten Mosaiken abweichenden Technik angefertigt sind, in mehreren dieselbe Darstellung wiederholenden Exemplaren vorkommen und auf das genaueste mit antiken Reliefs übereinstimmen. Wären sie zur Zeit von Ciampini und Fyrietti bekannt gewesen, so würden diese nicht unterlassen haben, von ihnen zu reden. Außerdem lassen sich gegen jedes einzelne Monument dieser Klasse Gründe der Unechtheit vorbringen. Der Vortragende 9 Venetianer Leoni und den Urbinaten Pompeo Savini diejenigen, welche der Fälschungen sich schuldig gemacht haben. In der sich daran anknüpfenden Debatte wurde allgemein die Richtigkeit jener Behauptung eingeräumt, jedoch
—
von den Herren Adler, Bötticher und Less
b 8 2 d Lessing darauf hingewiesen, daß in Deutschland im Mittelalter wirklich Rundfiguren von Mosalk b Marienburg, Prag und
angefertigt sind, wie Reste davon in Aachen beweisen. — Herr G. Wolff verlas
Mittheilungen
Bötticher über seine (ausecsz)
Briefen des Herrn Dr.
Ausgrabungen auf Samothrake. — Hr. Schöne erklärte ein. zuerst von Bendorff veröffentlichtes Relieffragment aus Seli⸗ nuntwaus dem der alten Stele zu Sparta. — Hr. von Sallet
legte das erste Heft der von ihm redigirten „Zeitschrift für Nu⸗
mismatik“ vor, welches Aufsätze von Curtius, Sallet, Brandis, Rauch, Dannenberg und Friedländer enthält. Die „Zeitschrift für Numismatik“ soll in erster Linie das Alterthum, daneben aber auch Mittelalter und 16. Jahrhundert behandeln und wird mit Unter⸗ stützung der Regierung in jährlich vier Heften mit Tafeln und Holz⸗ schnitten erscheinen. — 8 Curtius legte der Gesellschaft das
der Arch. Zeitung (BJahrgang 1872) vor, das Maiheft der Revue Archéologique, aus welchem die zur Erläuterung von Diod. III. 5 dienende äthiopische Urkunde und der Aufsatz von Perrot (L'art de l'Asie mineure) hervorgehoben wurden. Der Vortragende machte sodann aus irschfeld Mittheilungen über athenische Funde, legte den Abdruck der metrischen Grabinschrift vor, welche dem in Agina verstorbenen Antistates aus Athen gewidmet ist, und
besprach die im Kreise geschriebene Inschrift auf dem Deckel eines Thongefäßes, in welcher Lykinos
„das erste Werk, das er gemacht hat“ der Athena weiht. — Zum Schluß machte Herr Lessing, soeben aus Wien zurückgekehrt, Mittheilungen üͤber die dort ausgestellten unschönen Antiken und guten Abgüsse nach Antiken.
Weltausstellung 1873 in Wien.
Wien, 21. Juni. (Wien. Z.) Seit gestern ist dem Publikum, welches die Weltausstellung besucht, ein neues, höchst interessantes Schauspiel geboten; die Besteigung der Rotunde ist gestattet. Um den Zudrang nicht gar zu massenhaft werden zu lassen, sind aller⸗ dings einige beschränkende Bestimmungen bezüglich der Zahl der auf einmal Zuzulassenden getroffen und wird eine besondere Gebühr von 40 Kreuzern erhoben; die Besteigung des Riesenbaues ist nicht nur ganz und gar unbedenklich, sondern nicht einmal besonders un⸗ bequem und mühsam, aber in hohem Grade lohnend. Sie wird in den nächsten Tagen sogar noch bequemer gemacht werden, wenn die Aufzüge vollends fertig sind, die das Auf⸗ und Ab⸗ steigen der Treppen zu dem unteren Hauptkranz der Rotunde, auf welchem das Dach ruht, ersparen. Der Zugang zum Aufstieg ist in den beiden Rotundenpfeilern an der westlichen Hauptgallerie, welche durch die vergoldeten Eisengitter kenntlich sind. Bequeme und feste eiserne Treppen, von denen aus man durch die genannten Gitter einen immer freieren Ausblick in die westliche Hauptgallerie und in die Rotunde erhält, führen im Innern des einen Pfeilers in einer Höhe von erwa 80 Fuß zum Dachkranz, der von innen und außen mit einer eisernen Gallerie umgeben ist.
Auf der inneren Gallerie übersieht man frei den ganzen weiten Raum der Rotunde, die bekanntlich den größten frei überdachten Raum der Erde umschließt und im Durchmesser, 310 Fuß, die be⸗ rühmte Kuppel der Peterskirche in Rom um das Doppelte übertrifft. Da sonach auch der Umfang der Gallerie an 1000 Fuß beträgt, so würde man im Marschschritt 5 Minuten brauchen, um sie zu durch⸗ schreiten. Der aufmerksame Beschauer Lraucht freilich länger; er hält bei jedem Schritte an, um das großartige Schauspiel, das sich unter und über ihm ausbreitet, immer von einem neuen Standpunkte aus zu genießen. 8 1 b
Von der äußeren Gallerie aus hat man zum ersten Male einen Gesammtüberblick aus der Vogelperspektive über den ganzen Welt⸗ Fee chepec über die weitgestreckten Hallen des Industriepalastes, die lange Maschinenhalle und die eben so zahlreichen als zierlichen Nebenbauten, die vielen Pavillons, Restaurationen, Dienstgebäude, Maschinen⸗ und Bauernhäuser, von deren Fülle man hier erst eine klare Vorstellung erhält, da man sie alle überschauen kann. Weiter⸗ hin schweift der Blick über die grünen, waldigen Praterauen, über einen großen Theil der Stadt und ihrer nächsten Umgebung, über die Donau und den neuen Donau⸗Durchstich und westwärts zu den wal⸗ digen Abhängen des Kahlengebirges. Große Fernröhren, die auf der Gallerie angebracht sind, erhöhen die Reize der Aussicht.
Von der äußeren Gallerie aus führen nun auf der Außenseite des Daches bequeme, mit festen Geländern versehene eiserne Treppen und Gänge auf den breiten Längen⸗ und Quersparren des trichterförmigen Daches der Rotunde zur Kuppel hinan, die wiederum von einer äuße⸗ ren und einer inneren Gallerie in der Höhe von circa 160 Fuß um⸗ geben ist, und von hier führt eine eiserne Wendeltreppe auf der Nord⸗ seite der Rotunde noch etwa 50 Fuß höher zu den Gallerien der Laterne, auf welcher die große vergoldete Kaiser⸗ krone thront, mit ihrer Spitze 258 Fuß über dem Boden der Rotunde. Der Ausblick in die Ferne und Nähe ist von diesen oberen Gallerien noch großartiger als von den Gallerien des Dachkranzes. In schwindelnder Tiefe liegt der Estrich der Rotunde unter dem Beschauer, der von der inneren Gallerie der Laterne in die⸗ selbe hinabblickt. 8 1
Das Hinabsteigen über die Treppen des Daches ist kaum unbe⸗ quemer als der Aufstieg und bald kommt man durch die den Aufsteige⸗
pfeilern entsprechenden Gegenpfeiler in der Ostgallerie des Industrie⸗
palastes an, um einen großartigen Aus⸗ und Anblick reicher.
Redaktion und Rendantur: Schwieger.
Berlin, Verlag der Expedition (Kessel). Drg: H. Heibers.
zu en Reichs⸗ No. 177.
Reichstags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 24. Juni. In der gestrigen Sitzung des Reichstags erwiderte der Präsident des Reüchskanz er — Staats⸗Minister Delbrück in der Diskussion über den Gesetz⸗ entwurf, betreffend den nach dem Gesetze vom 8. Juli 1873 einstweilen reservirten Theil der Kriegskosten⸗Entschädigung, auf eine Anfrage des Abg. Richter, wie hoch sich die aus der Kriegs⸗ “ noch zur Verfügung stehenden Summen
Ich werde jedenfalls bei der dritten Lesung die v Vorredner gewänschte Auskunft geben. Ich bins nher dem Hefm da ich nicht darauf vorbereitet war, nicht im Besitz der Zahlen.
Ueber die Resolution in Betreff der süddeutschen Staat
2 — 2 2.— S en erklärte der Königlich württembergische Lanenüchencstnaten esen Snnh A. . eine Herren! Gestatten Sie mir, daß i nen Namens im Auftrage der württem bergischen bede, ., h wenigen —— die Annahme dieser Resolution Ihrer Budgetkommission empfehle Die württembergische Regierung hat im Bundesrathe — ich glaube das in diesem Hohen Hause sagen zu dürfen — die Ansicht vertreten daß verfassungsmäßig die Kosten für die Ausrüstung des deut⸗ schen Heeres mit Gewehren und Geschützen nach ganz neuen Systemen und der Aufwand für die durch diese Ausrüstung bedingten Einrich⸗ tungen, Neuformationen und Bauten als gemeinschaftliche Sache des Deutschen Reichs anzusehen und deshalb aus gemeinschaftlichen Mitteln des Reichs zu bestreiten seien. Wenn diese Ansichten der württembergischen Regierung nach den Beschlüssen des Bundesraths und nach Beschlüssen in diesem Hohen Hause nicht für richtig erkannt wird, oder wenn die⸗ selbe wenigstens bezüglich ihrer Ausführung nicht für opportun ange⸗ sehen wird, so hat das — um auf die pecuniäre Seite einzugehen — für Württemberg die Folge, daß Württemberg auch sein Retablisse⸗ ment im weiteren Sinne aus eigenen Mitteln bestreiten muß. Meine Herren, ich glaube hier die Frage, ob Württemberg verfassungs⸗ oder conventionsmäßig verpflichtet ware, sein Retablissement im weiteren Sinne gerade nach denselben Grundsätzen einzurichten, wie solche für das norddeutsche Retablissement aufgestellt worden sind, bei Seite liegen lassen zu dürfen, es wird an der Anführung der Thatsache genügen daß Württemberg bereits auch sein Retablissement im weiteren Sinne nach denselben Grundsätzen, wie sie für die Staaten des vormaligen Norddeutschen Bundes aufgestellt worden sind, berechnet und aufgestellt at. Dieses Retablissement im weiteren Sinne wird für Württem⸗ erg einen Betrag von nahezu 4 Millionen Thaler ausmachen. Wenn diese Kosten nach der Ansicht der württembergischen Regierung emeinschaftlich aus Reichsmitteln getragen worden wären, so hätte Württemberg daran nur nach dem Matrikular⸗Fuße Antheil zu neh⸗ men. Nun sollen aber diese Kosten von Württemberg allein getragen werden, während Württemberg nach dem Gesetze vom 8. Juli 1872 über die französische Kriegsentschädigung nur † seines Antheils nach dem Matrikular⸗Fuß und 3 nach den sogenannten Leistungen im Krieg erhält. Meine Herren, ich glaube, es ist dadurch an und für sich wenigstens einleuchtend dargethan, daß Württemberg nach den Be⸗ schlüssen des Bundesraths und nach den Beschlüssen in büchmn Hohen über das Retablissement benachtheiligt wird. Dieser Nachtheil
chnet sich für Württemberg auf ungefähr 800,000 Thlr.
Bei dieser Sachlage, meine Herren, ist es gewiß wenigstens ge⸗ rechtfertigt, wenn — wie Ihre Budget⸗Kommission vorschlägt — der Herr Reichskanzler ersucht wird, Ermittelungen darüber eintreten zu lassen, ob nicht durch die fraglichen Beschlüsse über das Retablisse⸗ ment eine Vernachtheiligung einzelner Staaten, worunter auch Württemberg ist, eintritt. „Wenn diese Ermittelungen erfol⸗ gen, so wird die württembergische Regierung in der Lage sein, ihrerseits ziffermäßig nachzuweisen, daß wirklich eine solche Benachtheiligung für Württemberg eintritt. Würden den betreffenden Staaten, speziell Württemberg, Kompensationsansprüche entgegengehalten werden können, welche begründet sind, so versteht es sich von selbst, daß denselben nicht aus dem Wege gegangen werden wird. Meine Herren, bieten Sie Ihrerseits durch die Annahme dieser Resolution die Hand, daß solche Ermittelungen veranlaßt werden und daß den zu erhebenden Ansprüchen, wenn sie begründet erfunden wer⸗ den, Rechnung getragen und daß solche Ansprüche aus Reichsmitteln vergütet werden. 8
— In der Diskussion über das Gesetz, betreffend die Wohnungs⸗ geldzuschüsse an die Offiziere ꝛc. nahm der Präsident Minister Delbrück nach dem Abg. Hölder das Wort:
Meine Herren! Die verbündeten Regierungen werden, wie ich vor⸗ aussetzen darf, dem Gesetzentwurf, wie er aus der zweiten Lesung her⸗ vorgegangen sst, ihre Zustimmung ertheilen, so wesentlich er sich auch nach den lüssen der zweiten Lesung von dem von ihnen vorge⸗ legten Entwurf unterscheidet. Ich muß Sie aber dringend bitten, bei den Beschlüssen der zweiten Lesung stehen zu bleiben und nicht durch
nahme des so eben entwickelten Amendements eine der we⸗ sentlichsten Grundlagen des Gesetzer in einer Weise abzuändern, welche es, wie ich annehmen darf, den verbündeten Regierungen nicht möglich machen würde, dem Gesetze ihrerseits zuzustimmen.
Ich glaube, das mit Offenheit sagen zu d und ich glaube, daß ich dabei zugleich im Interesse des Hauses le. Die Abän⸗ vrundae, ier Kommission — 1b laen. 8 welche von in zweiter Lesung angenommen sind, sind sehr wesentliche; inde sie lassen den Grundgedanken, welcher dem Gesetzentwurfe 8 2eee liegt, in der Hauptsacheunberührt. Dieser Grundgedanke ist der, daß, wenn durch den Wohnungsgeldzuschuß das gesammte Einkommensverhältniß der Civilbeamten verbessert wird, es dann eine Forderung der Gerechtig⸗ keit ist, die Gleichmäßigkeit in den gegenwärtigen Gehaltsbezügen auch in Bezug auf die servisberechtigten Militärpersonen herzustellen. Dies ist der Gesichtspunkt, von dem die verbündeten Regie⸗ rungen ausgehen mußten. Der Herr Vorredner hat auf die im vorigen Jahre gefaßte Resolution hingewiesen. Die im vorigen Jahre gefaßte Resolution und ihr Ursprung ergeben, daß e sich zunächst nur auf die Civilbeamten hat beziehen können. ie verbündeten Regierungen aber daran gingen, dieser Resolution entsprechend die Gehaltsverbesserungen für die Civilbeamten eintreten mußten sie die Thatsache in Erwägung dichen, daß eben rch das bis dahin bestandene Verhältniß des Einkommens zwi⸗ scen den Civilbeamten und den servisberechtigten Militärpersonen zum
achtheile der letzteren alterirt würde. Die Gleichmäßigkeit und die
erechtigkeit erforderte von ihnen, dafür zu sorgen, daß eine solche
lernasg zicht 9
möchte nur noch eine Bemerkung anknüpfen an dasjenige, 78 der Herr Abgeordnete für Lohr bei der Generaldiskussion gesagt .Er hat darauf sihe ger daß der bayerische Landtag, als er
dem Bündnißvertrag seine Genehmi 1
) ne Genehmigung ertheilte, zu der Annahme
bercchtigt ewesen sei, daß für die Periode 88 Paus quantums 28⸗
Fainare Bewilligungen für die Armee nicht verlangt werden sollen.
Sch bestreite die Richtigkeit dieser Unterstellung nicht, mache aber
arauf aufmersam, daß nach Lage des Bündnißvertrages das Pausch⸗ antum am 31. Dezember 1871 abhlief, und daß also der ba 1sc.
. seinen Entschließungen nur dieses eine Jahr ins Auge zu
— In der Diskussion über das Münzgesetz ergriff der Prä⸗ sident Delbrück nach dem Abg. Dr. Bamberger Meine Herren! Der Herr Vorredner hat bereits konstatirt, und
8
Erste Beilage
Dienstag, den 24. Juni
— maeep eheücech
ich habe vor allen Dingen das Bedürfniß, diese Konstatirung zu wiederholen, daß die verbündeten Regierungen, seitdem die dritte Lesung des Münzgesetzes an dem Art. 18 abgebrochen wurde, sich aufs Ernst⸗ lichste und fast unausgesetzt bemüht haben, dem Hause eine Vorlage zu machen, welche die Papiergeldfrage nach allen ihren verschiedenen Seiten definitiv regelt. Die Schwierigkeiten und Bedenken, auf welche dieser Versuch stieß, sind ebenfalls bereits zum Theil von dem Herrn Vorredner angedeutet worden. Sie beruhen im Wesentlichen auf der vielfach getheilten Ansicht, daß es kaum angänglich sein werde, die Papiergeldfrage isolirt von der Bankfrage zum legislativen Ab⸗ schluß zu bringen. Indem ich dies zunächst vorausschicke, kann ich zu dem Amendement, wie es jetzt vorliegt, selbst übergehen. Ich habe bereits bei der dritten Lesung erklären können, daß die verbündeten Regierungen dem ersten Alinea des damaligen Art. 18, demjenigen, welcher sich auf die Banknoten bezieht, unter der Voraussetzung würden zustimmen können, daß der in der damaligen Fassung vorgesehene Termin weiter hinaus gerückt wird. Der Termin ist in dem vorliegenden Amendement um ein Jahr weiter hinausgerückt, und ich halte mich zu der Annahme für berechtigt, daß dieses erste Alinea, wie es hier in dem Amendement steht, keinerlei Bedenken bei den verbündeten Regierungen finden wird.
Was die Papiergeldfrage anbetrifft, so haben die verbündeten Regierungen bei den Erwägungen, die sie angestellt haben, Angesichts der Schwierigkeiten, die sich der definitiven Lösung der Frage entgegenstellten, sich auch nochmals ernsthaft die Frage vorzulegen gehabt, ob es im 1ee des Zustandekommens dieses wichtigen und von ihnen auf das Lebhafteste gewünschten Gesetzes möglich sein würde, schlimmstenfalls auch das Alinea 2 des Art. 18, wenn es in zweiter Lesung beschlossen war, anzunehmen. Sie sind aber nach wiederholter Erwägung zu keinem andern Ergebniß ge⸗ kommen als zu demjenigen, welches ich bei der dritten Lesung der Sache hier bereits mitzutheilen in der Lage war, zu der Ueberzeugung nämlich, daß sie in der That nicht in der Lage sein würden, diesem Alinea, welches in der That nichts Anderes ausspricht, als reell die Abschaffung alten Papiergeldes, ihre Zustimmung zu geben. Ich habe es deshalb meinerseits mit lebhafter Befriedigung zu begrüßen, daß der Herr Antragsteller und seine Freunde sich entschlossen haben dem Hause einen anderen Vorschlag zu machen, einen Vorhaben, welcher den Gedanken, über den die verhündeten Regierungen mit überwiegender Mehrheit einig waren, zum Ausdruck bringt, den Ge⸗ danken nämlich, daß das Staatspapiergeld einzuziehen ist, und daß an dessen Stelle Reichspapiergeld auszugeben ist. Ich finde diesen Ge⸗ danken in dem Amendement, welches Ihnen vorliegt, ausgedrückt. Ich muß dies deshalb betonen, weil die Fafsung des Amendements vielleicht so gedeutet werden könnte, als läge dieser Gedanke nicht darin. Das Amendement spricht sehr positiv und mit Festsetzung eines bestimmten Termins aus, daß das Staatspapiergeld eingezogen werden soll;
es fährt fort: dagegen wird nach Maßgabe eines zu erlassenden Reichs⸗ gesetzes eine Ausgabe von RNeichspaplergeld ftaktfinden Es ist 88 weniger positiv ausgedrückt in Beziehung auf die Zeit. Während im ersten Satz eine bestimmte Zeit fixirt wird, fehlt eine solche Bestim⸗ mung im zweiten. Ich verstehe nun aber — und ich glaube nach den Aeußerungen des Vorredners dazu berechtigt zu sein — den Sinn des Amendements so, daß bis zu der Zeit, wo das Staatspapiergeld einzuziehen ist, Reichspapiergeld — über dessen Betrag u. s. w. das Reichsgesetz zu bestimmen hat — ausgegeben werden soll. Wenn ich mich hierin nicht irre, so glaube ich annehmen zu dürfen daß auch der zweite Theil des Amendements für die verbündeten Re⸗ gierungen annehmba rsein wird. Das Amendement ist heute vertheilt, ich kann von einem Beschluß des Bundesraths über die Sache nicht sprechen; indessen glaube ich aus der Gesammtheit der bisherigen Verhandlungen mich zu der Folgerung für berechtigt zu halten, daß auch dieser Theil des Amendements von den verbündeten Regierungen wird angenommen werden.
Nach dem Abg. Günther erklärte der Bundesbevollmächti Staats⸗Minister Egsher an esbevollmächtigte
Meine Herren! Der Herr Abg. Mosle hat den dringen Wunsch ausgesprochen, daß wir bei Einführung der Neicningenden mit allen unseren alten Gewohnheiten brechen und uns in die neuen Einrichtungen finden mögen. Es scheint mir, daß der verehrte Herr Abgeordnete diesen so lebhaft empfundenen Wunsch seinerseits nicht befolgt hat, indem er die Einrichtung, die in der Stadt Bremen hin⸗ sichtlich des Papiergeldes best ht, nämlich hinsichtlich des gänzlichen Mangels an Staatspapiergeld, auf das Reich übertragen zu sehen wünscht. Die Behauptung, daß nur zahlungsimpotente Staaten Pa⸗ piergeld einführten, meine Herren, die wird am schlagendsten wider⸗ legt, wenn Sie sich die Staaten ansehen, die als Regierungen zu dem Deutschen Reiche gehören und die das Papiergeld eingeführt haben. Sie werden weder von dem Königreich Preußen, noch von dem Pebfn. reich Sachsen, noch von den andern verbündeten Regierungen behaup⸗ ten wollen, daß es die Zahlungsimpotenz gewesen sei, die sie zur Ein⸗ führung von Staatspapiergeld bestimmt bäne Ich bin der Ansicht, daß im Gegentheil diejenigen Staaten zurückstehen, die sich den Ge⸗ brauch des “ gänzlich versagt haben. Ich bin also um auf den idealen Staat, d. h. auf den Staat, den der Abgeord⸗ nete sich als den idealen Staat denkt, um auf England einzugehen, der entschiedenen Ansicht, daß die englische Geldzirkulatton eine sehr viel gesundere sein würde, wenn der englische Staat ein mäßiges beeae beschassan höütte 18 g. bei dem Urrichtng der Bank,
o er immerhin zugelassen hat, da illionen . Sterli 18 688 nur 8- vrar
Für die deutschen Stgaaten ist ein wesentlicher Gesichtspunkt der, daß die Abschaffung des Staatspapiergeldes zunächst 85 sehr großen Opfern verknüpft sein würde. Die deutschen Staaten sind ferner in der Lage, darauf hinzuweisen, daß sie sich bereits von einem andern veer ene aus ein sehr großes Opfer auferlegt haben, indem sie einen Kriegsschatz von 40 Millionen Rthlrn. gegründet haben, der in baarem Gelde hinterlegt ist und für welchen ein Er eldbetrag in der A von 40 Millionen Rthlru. nur eben den Ersatz bietet. Wenn die Einrichtungen eines Landes so geordnet sind, daß an Staats⸗ resp. Reichspapiergeld dem Verkehr nicht mehr überwiesen wird, als der Verkehr dringend begehrt (und das wird das Verhältniß sein, das im Deutschen Reiche eintritt, wenn beispielsweise, wie ich es neulich angedeutet habe, ein Reichspapiergeld in Höhe von 3 Mark pro Kopf der Bevölkerung eingeführt wird), wenn ein solches Papiergeld cirku⸗ lirt, so ist das erfahrungsmäßig mit gar keinen Gefahren verknüpft, mit gar keinen Gefahren, am wenigsten in einem Lande, das, wie gesagt, für den Fall des Krieges sich einen Kriegsschatz von der⸗ selben Hüh⸗ hügterlegt hat. 5 b
ir den ehr, meine Herren, ist nun aber das kleine Papier⸗
Plb in der That eine Wohlthat. Wenn es sich darum Lüned her ein apiergeld in Appoints von 100 Mark zu kreiren, so wuürde ich der erste sein, der ausspräche: trotz der gefrrnih, die wir da machen können, ist doch diese Einrichtung in sich zu wenig haltbar und müß⸗ ten wir dann das Opfer der Einziehung des Papiergeldes auch noch bringen, wir wollen nicht ein zweites derartiges Geldzeichen neben der Banknote einherlaufen haben. Dagegen, wenn Sie den Verkehr mit Geldzeichen zum Satze von 5, 25 und 50 Mark, also in Abschnitten versehen, die in Zukunft nicht mehr eine Banknote wird darstellen können, meine Herren, ich stehe Ihnen dafür ein, daß ein Jahr nach Einführung dieses Reichspapiergeldes dieses Papiergeld das beliebteste Zahlungsmittel sein wird, ich stehe Ihnen dafür ein, daß Niemand von uns eine Reise im Reich unternehmen wird, ohne in seinem Porte⸗ feuille von diesem Papiergeld mit sich zu tragen. Nun, meine
nzeiger und Königlich Preu
erren, wenn Sie dies als richtig erkennen, w ie olgung einer entgegengesetzten Theorie dem nnde sogar Opfer auferlegt, — ei, wie kämen wir dann dazu, das nicht zu thun, wie kämen wir dazu, es zu unterlassen? Etwa blos deshalb, weil man in Frankreich und in England nicht so klug ge⸗ dieselbe Einrichtung einzuführen? Das mögen sie von uns Nun, meine Herren, komme ich mit einigen Wo Wi des Amendements. Da verstehe ich nun diefes wie der Herr Präsident des Reichskanzler⸗Amts, daß nämlich seine Bedeutung darin liegt, daß bis zum 1. Januar 1876 sämmtliches Staatspapiergeld eingezogen werden muß, daß aber zugleich von da ab ein Reichspapiergeld kreirt und in Cirkulation gesetzt wird, über dessen Höhe und Modalitäten ein Gesetz noch zu befinden haben wird Es wird also eine Verständigung zwischen der Reichsregierung und dem Reichstage stattfinden müssen. Insofern, meine Herren, würde ich für meinen Theil auch den Umstand, ob ein bestimmtes Datum aus⸗ gefüllt wird oder nicht, kein besonderes Gewicht legen, denn es wird unter allen Umständen 8 diesem Zwecke erst eines Gesetzes bedürfen über welches dann die Verständigung herbeigeführt werden muß und in welchem Sinne diese Verständigung eintreten wird, das läßt sich ja im Voraus nicht voraussehen. Immerhin, meine Herren, e. ich da⸗ von aus, daß der Sinn des Vorschlages und der Sinn des Be⸗ schlusses doch nur dahin aufgefaßt werden kann, die Reichsvectre⸗ tung ist mit den verbündeten Regierungen darin einverstanden daß nachher diese Frage ex aequo et bono geordnet werden soll, sie ist der Meinung, daß eine eingegangene Verpflichtung nicht erfüllt werden würde, wenn etwa dann der Standpunkt Vertretung fände: wir wollen absolut kein Reichspapiergeld. Natürlich, das schließt nicht aus, 8 a Einzelne, wie sie heute diese Ansicht haben auch dann diese Ansicht haben mögen; aber ich würde voraussetzen, im Sinne der Majorität, die diesen Beschtuß wahrscheinlich fassen wird, würde es doch liegen, daß später ein Gesetz mit gutem Willen von allen Seiten zu Stande zu bringen gesucht werden möchte. Endlich, meine Herren, wünsche ich noch einen Punkt zu berühren Das ist die Verbindung, in die man das Papiergeld mit der Regu⸗ lirung des Bankwesens gebracht zu sehen wünscht. Meines Erachtens wird die Erfüllung dieses Wunsches wesentlich dadurch be⸗ dingt sein, wann man an die Frage wird wieder herantreten können Es ist ja nicht etwa Willkür der einzelnen Regierungen, daß man bis jetzt die Frage wegen Ordnung des Bankgwesens noch nicht in Angriff genommen hat. Jeder, der die Verhältnisse des Bankwesens in Deutsch⸗ land mit einem irgend umfassenden Blicke übersieht, wird anzuerkennen haben, daß eine Hauptaufgabe sein wird, die Cirkulation der Bank⸗ noten in richtige Schranken einzuengen; Jeder, der diese Verhältnisse gründlich würdigt und kennt, wird zugestehen müssen, daß einer der wichtigsten, der nothwendigsten Schritte durch das erste Alinea des 5. 18 in der That wird vorgenommen werden Mit der Aufstellung des Satzes, daß der Bankverkehr nur hand⸗ tiren soll mit Noten⸗Appoints von mindestens 100 Mark, geben Sie sofort der ganzen Einrichtung einen anderen Charakter, als wie sie ihn in verschiedenen Staaten Deutschlands bisher hatte; Sie werden dann mit Naturnothwendigkeit die Banken darauf hin⸗ leiten, den gesunden, bankmäßigen Verkehr zu erstreben und die Auf⸗ gabe nicht länger ins Auge zu focsen durch kleine Appoints, die durch allerlei künstliche Mittel in den Verkehr gebracht und im Verkehr er⸗ halten werden, den Versuch zu machen, die Banknoten zum Papier⸗ geld werden zu lassen. Dann, meine Herren, wird eine Regulirung des Bankwesens sich wesentlich mit der Frage zu beschäftigen haben: wollen wir eine Centralanstalt haben, oder wollen wir die Selbständigkeit der Staaten in dieser Hinsicht und die Selbständigkeit verschiedener Banken anerkennen. Meine Her⸗ ren!. Wenn Sie mir die Aufgabe stellen, Ihnen Auskunft darüber zu geben, was die deutschen Regierungen in dieser Beziehung auch nur wünschen mögen, so muß ich mich vollständig außer Stande erklären, Ihnen hierüber auch nur die leiseste Andeutung zu machen Es ist schon sehr oft davon die Rede gewesen, das Bankwesen muß Fesdee werden. Bis jetzt ist aber wenigstens im Bundesrathe 85 eine Regierung mit einem Vorschlage hervorgetreten, auch würden wir ja, wenn es sich um einen Vorschlag handelte, natürlich nicht einen all⸗ gemeinen Wunsch zu erwarten haben, sondern einen genauen, auf der Kennt⸗ niß des Bankwesens in den verschiedenen deutschen Staaten beruhenden Vorschlag zur definitiven Regulirung dieser Frage erwarten müfsen Wie aber auch die Vorschläge ausfallen mögen, sie werden auf einen Punkt uns hinlenken müssen, inwieweit wir Garantien zu suchen oder zu schaffen haben, daß mit der Vermehrung der Noten nicht willkür⸗ lich vorgegangen werden kann, daß wir zu prüfen haben, inwieweit die Schranken, die bisher in dieser Beziehung gezogen sind, vorhalten oder durch andere zu ersetzen sind. Meine Herren, ich meinestheils ver⸗ muthe, daß die Schranken etwas enger werden gezogen werden müssen; wenn es aber darauf ankommt, eine solche Frage in die Hand zu nehmen, dann, meine Herren, hätten wir niemals einen ungeeigneteren Zeitpunkt dazu wählen können, als die letzte Vergangenheit und die nächste Zukunft. Alle die Beziehungen unserer deutschen Banken sind alterirt, ihre Art und Weise der Geschäftsbehandlung ist wesentlich modifizirt durch die eigenthümliche Situation, in der Deutschland si befindet wegen der von Frankreich zu zahlenden Kontributionsgelder. Keine Bank in Europa, d. h. in denjenigem Theile von Europa, der auf den allgemeinen Geldmarkt influirt, hat sich seitdem in normalen Verhältnissen befunden, und diese normalen Verhältnisse können und werden meines Erachtens erst eintreten, nicht allein, nachdem die letzte Zahlung aus Frankreich ge⸗ leistet sein wird, sondern sogar erst später, nachdem die letzten ach⸗ wirkungen dieser Zahlungen, soweit sie auf den Geldverkehr Bezug haben, überwunden sein werden. Es wird mindestens noch das ganze E1““ “ en e. bevor man annehmen „daß die Banken in dieser Hin zu ein 1 uraeneae sor verben sicht zu einem normalen Verkehr it diesen Bemerkungen habe ich nun nicht etwa s entgegentreten wollen, auch die Bankfrage mag achh bald dedem * se 2 ich habe nur mit diesen Bemerkungen den Hinweis nicht unterlassen wollen, daß die Loͤsung nicht ganz so leicht ist, als wie sie manchem erscheinen mag, und daß ich wünsche, daß nicht eine Enttäuschung eintreten möge, wenn sie etwa nicht so rasch erfolgen sollte, als wi sie von mancher Seite gewünscht wird. 3 8
Auf eine Bemerkung des Abg. L 1b der Präsident Delbrüce g. Lasker entgegnete hierauf
Mieine Herren! Ich habe meinerseits nur zu konstati ß i
in den Bemerkunzen, die ich über das lete Riien. betefen, deich kussion stehenden Artikels 18 gemacht habe, keine andere Aüffaffung habe ansorücken wealler und sc glzube, daßseibe auc von den gelnns lich preußischen errn Finanz⸗Minister sagen zu können, als diejenige, welche der Herr Vorredner als Absicht dieser Bestimmung bezeichnet.
Ueber die Resolution des Abg. Augspurg erklärte d 1 . er Bundeskommissar, Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rarh bs Michaelis: Meine Herren! Ich kann Sie nur dringend ersuchen, diesen An⸗ trag nicht anzunehmen. Wäre in demselben eine Aufforderung ent⸗ halten, die Einziehung von Silbermünzen und den Verkauf von Sil⸗ ber in umfangreicherem Maße vo 28 so würde gegen den An⸗ trag nichts zu erinnern sein. Sie wissen, daß die E Silbermünzen zum Zwecke des Verkaufs des Silbers bereits vor⸗ bereitet ist; der Antrag geht aber davon aus, daß nicht mehr Goldmünzen ausgeprägt werden sollen, als⸗gleichzeitig an Silber⸗
Ver⸗
üehung von