Leider ist der Verlust zweier Menschenleben, und zwar der Tod einer Dame und eines Bremsers, zu beklagen. Die vorge⸗ kommenen Verletzungen waren, wie es scheint, meistens nicht se erheblich, so daß fast sämmtliche Passagiere die Reise mit dem nächsten Zuge von Eisenach weiter fortsetzten. Der Handels⸗ Minister hatte sofort nach Eingang der ersten Nachricht von dem beklagenswerthen Unfalle einen Kommissarius behufs örtlicher Information in bau⸗ und betriebstechnischer Beziehung entsendet. Von demselben ist das Schienen⸗ und Schwellenmaterial des im Jahre 1868 neu gelegten Geleises, in welchem der Unfall statt⸗ fand, in guter Beschaffenheit, so weit sich bei den durch dic Entgleisung verursachten Zerstörungen erkennen ließ, vorgefun⸗ den worden, so daß im Zustande dieses Geleises die Ursache der Entgleisung nicht wohl zu suchen sein dürfte. Dagegen fand sich unter einem der entgleisten und vom Damme herabgestürzten Achsen eine im Schafte gebrochene Mittelachse von Gußstahl vor. Der Bruch war völlig frisch, und ließ die Bruchfläche ein gesundes und fehlerfreies Material erkennen. .
Nach Lage der Sache läßt sich nicht mit Bestimmtheit ent⸗ scheiden, ob der Achsbruch Ursache oder Folge des Unfalles ge⸗ wesen ist; die erstere Annahme gewinnt jedoch durch mehrere Nebenumstände an Wahrscheinlichkeit. Als festgestellt ist zu er⸗ achten, daß die Entgleisung von der Mitte des Zuges ausging, woselbst sich der Wagen befand, dessen Mittelachse gebrochen ist. Durch die sich auch nach vorn hin ausbreitende Wirkung der ersten Entgleisung wurden die davor befindlichen Personenwagen mit dem Packwagen und der zweiten Maschine des mit zwei Lokomotiven versehenen Zuges aus dem Geleise gerissen. Der Packwagen und die zweite Maschine sind jedoch auf dem Bahn⸗ planum, die erste Maschine sogar im Geleise verblieben.
Bis zur gänzlichen Wiederherstellung des zerstörten Geleises wird der Betrieb an der Unfallstelle auf dem unversehrten ande⸗ ren Geleise ausgeübt. Die Untersuchung über den Unfall ist
im Gange.
— Der Landarmenverband der Rheinprovinz, welcher im Jahre 1872 durch die Vereinigung der fünf Bezirks⸗ Landarmenverbände der Rheinprovinz gebildet ist, hatte im ge⸗ nannten Jahre 128,928 Thlr. Einnahmen und 97,188 Thlr. Ausgaben, mithin Ende des Jahres 31,740 Thlr. Rechnungs⸗ bestand. Da das Kapital des Landarmenverbandes des Re⸗ gierungsbezirks Cöln (36,700 Thlr.) erst Ende 1872 in den Besitz des Landarmenverbandes der Rheinprovinz übergeführt worden ist, so sind die Zinsen dieses Fonds unter obigen Ein⸗ nahmen noch nicht verrechnet. In den Ausgaben sind Verwal⸗ tungskosten des Landarmenverbandes nicht enthalten, indem die Gesammtkosten der provinzialständischen Verwaltung pro 1872 gemäß Beschluß des Provinzial⸗Landtages vom 24. September 1872 aus dem zur Disposition der Stände stehenden Zinsgewinne der Provinzial⸗Hülfskasse unter Aufstellung einer besonderen Rechnung entnommen sind.
— Der Kaiserlich russische Minister der Domänen, Wirk⸗ licher Geheimer Rath von Walujeff, ist heute früh aus St. Petersburg hier eingetroffen und im Hotel Royal abgestiegen.
Bayern. München, 4. Juli. Nach mehrwöchentlichem Aufenthalt in Wien werden der Prinz und die Prinzessin Ludwig heute hierher zurückkehren. Prinz Luitpold wird sich mit seiner Tochter, der Prinzessin Therese, am nächsten Sonntag wieder nach Wien begeben.
— Die Einberufung des Landtages soll bis Mitte September in sicherer Aussicht stehen, jedenfalls muß das Budget am 1. Oktober in Vorlage gebracht sein.
— Bezüglich der Organisation der Feldlazarethe der beiden Armee⸗Corps ist dieser Tage eine neue, sehr umfangreiche Instruktion aus dem Kriegs⸗Ministerium ergangen.
— 5. Juli. Das Staats⸗Ministerium fuͤr Kirchen⸗ und Schulangelegenheiten hat unter dem 30. v. M. über Stellung unnd Wirkungskreis der mit dem Titel „Kreis⸗Schulinspek⸗ toren“ aufgestellten fachmännisch gebildeten Kreisscholarchen eine besondere, zehn Paragraphen enthaltende Instruktion er⸗ lassen, welche sofort in Anwendung zu kommen hat. Nach der⸗ selben hat der Kreis⸗Schulinspektor neben der durch die Ver⸗ ordnung vom 1. April 1832, die Errichtung der Kreisscholarchen betreffend, geregelten Funktion eines Kreisscholarchen noch die Stellung eines ständigen Beiraths der Kreisregierung, Kammer des Innern, in allen technischen Fragen des niederen und höheren Volksschulwesens. Derselbe ist in dieser Eigen⸗ schaft Hülfsorgan der Kreisschulreferenten und allen für die Beamten der Kreisregierung bestehenden Dienstvorschriften unter⸗ worfen. Den wesentlichsten Bestandtheil der Wirksamkeit des Kreis⸗Schulinspektors bildet die Vornahme von außerordentlichen Visitationen der Volksschulen des Regierungsbezirks, worauf der⸗ selbe im Laufe jeden Jahres mindestens einen Zeitraum von 3 Monaten zu verwenden hat. Die Visitationen haben sich auf die inneren und äußeren Schulverhältnisse zu erstrecken; der Kreis⸗Schulinspektor hat bei seinen Visitationsreisen auch die Thätigkeit der Schulkonferenz⸗Vorstände zu kontroliren.
— Der Personalstand der den Ministerien des Innern und der Finanzen unterstellten Beamten ist nach dem Stande des neuen Hof⸗ und Staatshandbuches vom 16. v. M. folgender:
Im Ministerium des Innern: 1 Minister, 1 Ministerial⸗ Direktor, 9 Ministerial⸗Räthe, 1 Ober⸗Regierungs⸗Rath, 1 Ober⸗ Medizinal⸗Rath, 2 Geheime Registratoren, 4 Geheime Sekretäre, 2. Ministertal⸗Seklekäre, 5 Kanzlei⸗Sekretäre, 8 Regierungs⸗Präsidenten, 8Regierungs⸗Direktoren, 38 Regierungs⸗Räthe, 8 Kreis⸗Medizinal⸗Räthe, 9 Regierungs⸗Assessoren, 31 Regierungs⸗Sekretäre, 17 Registratoren, 30 Rechnungs⸗Kommissäre, 16 Kanzlisten, 153 Bezirksamtmänner, 231 Bezirksamts⸗Assessoren, 34 Bezirksgerichts⸗ und 141 Bezirks⸗Aerzte, 1 Reichsarchiv⸗Vorstand, 2 Reichsarchiv⸗Assessoren, 2 Reichsarchiv⸗Sekre⸗ täre, 8 Archivs⸗Konservatoren, 10 Archivs⸗Sekretäre, 1 Polizei⸗Direktor, 1 Ober⸗Kommissär, 5 Polizei⸗Kommissäre, 3 Polizei⸗Assessoren, 1 Tax⸗ beamter, 1 Registrator, 1 Sekretär, 7 Offizianten, 1 Ober⸗Berg⸗ Direktor, 2 Ober⸗Bergräthe, 1 Ober⸗Bergamts⸗Assessor, 1 Sekretär, 1 Offiziant, 3 Bezirks⸗Bergamtmänner, 6 Markscheider.
¹Im Finanz Minifterium: 1 Minister, 10 Miisterial'Räthe, 1 Ober⸗Rechnungs⸗Rath, 4 Regierungs⸗ und Forsträthe, 4 Geheime Sekretäre, 1 Archivar, 2 Geheime Registratoren, je 1 Registrator und Rechnungs⸗Kommissar, 4 Kanzlei⸗Sekretäre; Oberster Rechnungshof: 1 Präsident, 7 Ober⸗Rechnungs⸗Räthe, 1 Rechnungs⸗Kommissär, 1 Kanzlist; Rechnungskammer: 1 Direktor, 2 Regierungs⸗Räthe, 1 Re⸗ gierungs Assessor 6 Rechnungs⸗Kommissäre, je 1 Sekretär, 1 Regi⸗ strator, 1 Kanzlist; Central⸗Staatskassa: 1 Central⸗Staatskassier, 1 Kontroleur, 1 Zahlmeister, 2 Buchhalter, 5 Offizianten; Regie⸗ rungs⸗Finanzkammer: 8 Direktoren, 51 Regierungs⸗ incl. Forsträthe, 14 Regierungs⸗Assessoren, 15 Kreisforstmeister, 68 Rechnungs⸗Kom⸗ missäre, 16 Registratoren, 8 Ober⸗Geometer, 8 Kanzlisten; Kreis⸗ kassen: 8 Kreiskassiere, 8 Kontroleure, 5 Zahlmeister, 16 Offizianten; 217 Rentbeamte, 73 Forstmeister, 629 Oberförster, hierunter 112 Kommunal⸗Oberförster.
Sachsen. Leipzig, 7. Juli. (W. T. B.) Die Gene⸗ ralversammlung des Vereins für Verbreitung der
genannten Anstalt ein zweites Institut dieser Art in's Leben ge⸗
“ ö“ in den beiden Sitzungen gefaßten Beschlüsse empfehlen außer den bereits gemeldeten Maßnahmen noch die Vermehrung der Wanderlehrer, und der freiwillig oder gegen Entgelt zu halten⸗ den Vorträge zu Bildungszwecken, sowie die Errichtung von Volksbibliotheken auf dem Lande. Eine besondere Aufmerksam⸗ keit soll der Erziehung verwahrloster Kinder zugewandt und für die Verbreitung von Leitfäden der Geschichte, Land⸗ und Haus⸗ wirthschaft und Gesfetzeskunde Sorge getragen werden. Ein An⸗ trag, betreffend die Uebernahme des Schulwesens durch das Reich wurde nach lebhafter Debatte an die Schul⸗Kommission verwiesen.
Württemberg. Stuttgart, 3. Juli. Die Königin har⸗ wie der „St. A. f. W.“ mittheilt, ein neues Werk zum
esten der Erziehung und Bildung der weiblichen Jugend in Angriff genommen. Da das unter dem Protektorat Ihrer Majestät stehende Katharinenstift überfüllt ist, so wird neben der
rufen. Diese „Olga⸗Schule“ soll im Herbst in den 6 un⸗ teren Klassen bereits eröffnet und allmählich bis auf 9 Klassen ergänzt werden.
— Die Nr. 23 des Regierungsblattes enthält eine Ver⸗ fügung des Ministeriums des Kirchen⸗ und Schulwesens, betreffend Einführung einer Maturitätsprüfung an den Gymnasien und an dem Realgymnasium in Stuttgart, vom 19. Juni 1873; eine Bekanntmachung des Ministeriums des Kirchen⸗ und Schul⸗ wesens, betreffend die Verwaltung der Staatssammlung vater⸗ ländischer Kunst⸗ und Alterthumsdenkmale, vom 25. Juni 1873; sowie eine Bekanntmachung der Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten, des Innern und der Finanzen, betreffend die Einsetzung der Bau⸗Inspektoren in eine höhere Rangklasse, vom 1. Juli 1873.
Ulm, 3. Juli. Die hiesige Festungsartillerie geht morgen zu dreiwöchentlichen Schießübungen nach Gmünd. Von hier bis Süßen wird sie mit der Eisenbahn befördert, von dort setzt sie den Weg nach Gmünd über den Rechberg fort.
Hessen. Darmstadt, 8. Juli. (W. T. B.) Der Kaiser von Rußland wird morgen von Ems in Jugen⸗ heim eintreffen und daselbst bis zum 27. d. Mts. seinen Aufenthalt nehmen.
— Der in der Sitzung der Zweiten Kammer der Stände vom 14. Juni d. J. gestellte Antrag des Abgeordneten Stüber lautet wörtlich:
Die Kammer wolle beschließen, an Großh. Staatsregierung das dringende Ersuchen zu richten:
1) einen Gesetzentwurf darüber vorzulegen, daß aus dem hessischen Antheil der französischen Kriegskosten⸗Entschädigung ein von 250,000 fl. mit der Bestimmung gebildet werde, daß die Erträgnisse desselben zur Versorgung der in dem Großherzogthum wohnenden In⸗ validen und Hinterbliebenen Gefallener aus dem Krieg gegen Frankreich verwendet, die selbstverständlich getrennt von dem eignen Vermögen, zu führende Verwaltung desselben aber, nach Maßgabe eines zu erlassenden Statuts, dem Vorstand des Hülfsvereins im Großherzogthum Hessen, als Landesverein der Kaiser Wilhelm⸗Stiftung für deutsche Invaliden unter staatlicher Kontrole übertragen werde;
2) die Allerhöchste Genehmigung dafür zu wirken, daß diesem Fonde zum immerwährenden Gedächtuiß des bevorstehenden 25jährigen
eegierungs⸗Jubiläums Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs der Name „Ludwigs⸗Stiftung für Invaliden und Hinterbliebene Gefallener oder Gestorbener aus dem Krieg von 1870/71“ beigelegt werde.
— Das „Darmst. Fremden⸗ und Anzeige⸗Blatt“ bringt den Wortlaut der Regierungs⸗Jubiläums⸗Stipendien⸗ Stiftung nebst begleitender Widmungs⸗Adresse. Die von den Gemeiden des Großherzogthums gespendete Summe soll danach als Kapital angelegt werden, aus dessen Zinsen drei junge Leute, aus jeder der drei Provinzen Einer, eine gleichmäßige jährliche Unterstützung erhalten sollen, welche dieselben zu ihrer Ausbildung auf einer höheren Bildungsanstalt bedürfen. Der Großherzog ertheilt am Stiftungstag, 17. Juni, auf Vorlage des Kuratoriums, die Stipendien. Das Kura⸗ torium, bestehend aus den jeweiligen Bürgermeistern der drei Provinzialhauptstädte Darmstadt, Gießen und Mainz, bezw. deren Stellvertretern, bestellt einen Rechner, von welchem jähr⸗ lich im Monat Juni Abrechnung gestellt werden muß, welche nach Prüfung des Kuratoriums veröffentlicht wird, bestimmt die Anlegung des Kapitals, fordert öffentlich die lusttragenden Be⸗ werber auf, sich durch ihren ortsangehörigen Bürgermeister an⸗ melden und dabei ihr Gesuch begründen und beglaubigen zu lassen, und legt dem regierenden Großherzog die Gesuche nebst Bericht zur allergnädigsten Auswahl und Genehmigung vor. Das Stipendium kann bis zu drei Jahren, aber nicht länger, vertheilt werden. Antheil an dieser Stiftung haben nur die Ge⸗ meinden, welche Beiträge dazu geleistet haben.
Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 4. Juli. Heute bezieht der Herzog Bernhard mit Gemahlin die Residenz Altenstein. Die Prinzessin Marie wird sich in der nächsten Zeit nach Bad Liebenstein begeben, woselbst auch in den nächsten Wochen der regierende Herzog Georg mit Ge⸗ mahlin erwartet wird.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 6. Juli. Nach dem gestern veröffentlichten Gesetze für den Staatshaus⸗ halt des Herzogthums Coburg auf die Zeit vom 1. Juli 1873 bis dahin 1874 beträgt die gesammte Einnahme der Staatskasse 483,245 fl. und die Ausgabe 482,495 fl., wodurch sich ein Einnahmeüberschuß von 750 fl. entziffert. Unter den Einnahmen befinden sich 84,963 fl. Beiträge aus den Domänen, 89,270 fl. Grundsteuern, 147,700 fl. Einkommen⸗ und Klassen⸗ steuern und 68,672 fl. Sporteln und Nachlaßsteuern. Bei den Ausgaben betragen 102,354 fl. die Bedürfnisse der gemeinsamen Angelegenheiten der Herzogthümer Coburg und Gotha, 115,687 fl. die Zinsen der Staatsschuld, 73,452 fl. die Justizpflege, 65,800 fl. die innere Landesverwaltung und 29,182 fl. die Aufwände auf die Kirche und Anstalten des Unterrichts und der Wissenschaft.
Anhalt. Dessau, 5. Juli. Vorgestern Abend kehrten Prinz Eduard von Ballenstedt, gestern Mittag der Erb⸗ prinz Leopold und Prinz Friedrich, nachdem sie von Genf aus noch eine Reise nach Wien und Böhmen gemacht, im besten Wohlsein nach Wörlitz zurück.
8 Schweiz. Bern, 7. Juli. (W. T. B.) Der National⸗ rath wurde heute mit einer Ansprache des Präsidenten Dr. Wirth⸗Sand eröffnet, in welcher derselbe die Hoffnung aussprach, daß die Berathung der Bundesrevision nicht, wie im vorigen Jahre, eine verlorene Arbeit sein werde. Die Wahl der Bureaus wird erst morgen vorgenommen werden, nachdem heute Desor aus Neuenburg seine Wahl zum Präsidenten abgelehnt hat.
— Der Ständerath trat ohne Eröffnungsrede zusammen und wählte nach seiner erfolgten Konstituirung Kopp aus Luzern
verfassung.
— Der Bundesrath hat beschlossen, bei der Bundesver⸗ sammlung zu beantragen, daß die Altkatholiken in Luzern mit ihrer Beschwerde über den Beschluß der Luzerner Regierung, die Verweigerung der Franziskaner⸗Kirche für die Vorträge des Professors Reinkens betreffend, abgewiesen werden. G
Belgien. Brüssel, 7. Juli. (W. T. B.) Das Duell zwischen Ranc und Cassagnac hat heute Nachmittag unweit Bettembourg im Luxemburgischen stattgefunden. Dasselbe hat fol⸗ genden Verlauf genommen. Cassagnac erhielt zunächst eine Ver⸗ wundung am Unterarm. Bei der Wiederaufnahme des Kampfes wurde Cassagnac derartig am Arme verwundet, daß derselbe nicht fähig war, das Duell fortzusetzen. Die Sekundanten er⸗ klärten deshalb den Zweikampf für beendigt.
Großbritannien und Irland. London, 5. Juli. Die Königin hat dem Schah von Persien den Hosenband⸗ Orden in Diamanten verliehen.
— Der Schah von Persien hat heute mit seinem zahl⸗ reichen Gefolge London und England verlassen, um sich über Portsmouth und Cherbourg nach Paris zu begeben. Der Prinz von Wales, der Herzog von Edinburgh und Prinz Arthur gaben Sr. Majestät das Geleit nach dem festlich geschmückten Bahn⸗ hofe, woselbst der Herzog vom Cambridge, der Herzog von Teck, Prinz Christian und Prinz Eduard von Sachsen⸗Weimar erschienen waren, um sich von dem Hohen Gaste zu verab⸗ schieden. Die Abfahrt nach Portsmouth erfolgte gegen 11 Uhr unter den Klängen der persischen Volkshymne und dem Salut der aufgestellten militärischen Ehren⸗ wache. Der Herzog von Edinburgh und Prinz Arthur begleiteten den Schah nach Portsmouth, woselbst die Einschiffung an Bord der französischen Dampf⸗Yachten „Rapide“ und „Hiron⸗ delle“ stattfand. Wenn das aus vier Schiffen bestehende eng⸗ voraussichtlich 25 oder 30 Meilen südlich von der Insel Wight zusammentrifft, werden die zwei Geschwader Salutschüsse aus⸗ tauschen, worauf die britischen Schiffe einen östlichen Cours nach Leith und Norwegen einschlagen werden.
— Die offizielle „London Gazette“ enthält einen vom 28. v. M. datirten Erlaß des Geheimen Rathes, welcher die Vereinigung der Prinz Eduard⸗Inselmitdem Domi⸗ nium von Canada veröffentlicht.
— Im Oberhause beantragte in gestriger Sitzung Lord Re⸗ desdale den Erlaß einer Adresse an die Königin, worin dieselbe angegangen werden soll, den Lordkanzler, die zwei Oberrichter und den Präsidenten (Chief Baron) des Schatzkammergerichts zu lebenslänglichen Pairs zu ernennen. Er machte darauf auf⸗ merksam, daß das, was er befürworte, d. i. die Kreirung von offiziellen lebenslänglichen Pairswürden, kein neues Prinzip sei, denn von der frühesten Zeit an sei die Kirche im Hause der Lords repräsentirt gewesen, und er sehe keinen Grund, warum nicht auch der Richter⸗ stand darin seine Vertretung haben sollte. Er versprach sich von der Ausdehnung des Prinzips viele Vortheile, und glaubte nicht, daß die Einführung dieser Richter in das Haus ihre son⸗ stigen Pflichten beeinträchtigen würde. Der Antrag fand indeß nicht die Gunst des Hauses, und mehrere seiner hervorragendsten Mitglieder, wie Lord Granville, der Marquis von Salisbury, Lord Malmesbury, Lord Cairns und der Lordkanzler, machten ihre Bedenken gegen denselben geltend. Die Debatte wurde schließlich fallen gelassen, ohne daß es zu einer Entscheidung über den Antrag kam.
— Das Unterhaus hielt gestern zwei Sitzungen. In der Vormittagssitzung begannen die Verhandlungen mit einer Interpellation bezüglich des Handelsvertrages mit Frankreich. Miall erkundigte sich, ob, wenn der am 5. No⸗ vember 1872 unterzeichnete Handelsvertrag mit Frankreich nicht ratifizirt werde, Ihrer Majestät Regierung einen Artikel urgiren würde, der den Stand der Ungewißheit, der gegenwärtig betreffs der Zukunft der ddiesseiti⸗ gen Handelsbeziehungen mit Frankreich existirt, wirk⸗ sam verhindern würde, und ob Ihrer Majestät Re⸗ gierung die Einführung solcher Verbesserungen der französischen Zollverwaltung mit Bezug auf Expertise und Klassifikation von Gütern, wie solche in Paris zwischen den von ihnen bezüglichen Regierungen ernannten Kommissären ver⸗ einbart wurden, urgiren würde. Lord Enfield erwiderte: „Der Vertrag vom 5. November wurde nach dem jüngsten Regierungs⸗ wechsel dem Conseil superieur du Commerce de v'Agriculture et de l'Industrie überwiesen, und bevor nicht der Conseil seinen Bericht erstattet, der in Kurzem erwartet wird, können keine formelle Unterhandlungen darüber eingeleitet werden; aber die zwei Regierungen tauschen unoffizielle Mit⸗ theilungen aus, die hoffentlich die Erzielung eines für beide Länder befriedigenden Uebereinkommens erleichtern dürften. Es würde vorzeitig sein, Erklärungen über die Natur dieser Mit⸗ theilungen abzugeben, aber das Haus mag sich versichert halten, daß Ihrer Majestät Botschafter in Paris, der volle Instruktionen für seine Richtschnur besitzt und der die Unterhandlungen führen wird, die Interessen des britischen Handels sorgfältigüberwachen wird.“ — Lord Enfield erklärte auch in Erwiderung auf eine Interpella⸗ tion A. Johnstons, dem Auswärtigen Amt seien weder offtziell noch anderweitig Nachrichten über Ausbrüche von moslemitischem Fanatismus in Bosnien zugegangen, und die letzte Depesche des britischen Konsuls in Bosna⸗Serai erwähne keines solchen Um⸗ “ — Demnächst setzte das Haus die Spezialdebatte über
en Gesetzentwurf zur Errichtung eines Obersten Ge⸗ richtshofes fort und förderte dieselbe bis zum §. 24.
In der Abendsitzung lenkte Plunket (Dubliner Univer⸗ sität) die Aufmerksamkeit auf die Lage der irischen Staats⸗ beamten. Eine Königliche Kommission chat unlängst die gegenwärtigen Gehälter derselben hinsichtlich der allgemeinen Theuerung und im Verhältnisse zu den Gehältern, welche die⸗ selben Beamten in England beziehen, für unzulänglich befunden, und mit Bezug darauf stellte Plunket den Antrag, den Vor⸗ schlägen der Kommission zur Abhülfe dieser Ungleichheit stattzu⸗ geben. Gladstone und der Schatzkanzler bekämpften den Antrag, aber schließlich gelangte derselbe mit 130 gegen 117 Stimmen, also mit einer Majorität von 13 gegen das Ministerium zur Annahme.
— Die Dubliner Amtszeitung enthält einen Erlaß der irischen Regierung, welcher die Bestimmungen des Friedens⸗ erhaltungsgesetzes und der Akte zum Schutz von Leben und Eigenthum in gewissen Theilen Irlands auf die gesammte Ba⸗ ronie Ober⸗Bunralty, die Kirchspiele Kilkendy und Room, Ba⸗ ronie Inchiquin und eine Anzahl Ortschaften in der Baronie Unter⸗Bunralty, Kreis Clare, ausdehnt.
— In Indien ist der Bauernaufstand ausgebrochen.
Volksbildung hat eine zweite Sitzung gehalten. Die
8 8
zum Präsidenten und Köchlin aus . zum Vize⸗Präsidenten.
Ein Telegramm der „Times“ aus Calcutta vom 4. d.
8
1u““
lische Eskorte⸗Geschwader mit dem französischen Geschwader,
meldet
darüber Folgendes: „Die Distrikt Erhöhung ihrer Pachten befürchtend, vereinigte sich, um ihre Pachtgelder zurückzuhalten. Sie erklärte, dieselben nur der Obrigkeit zahlen zu wollen. Sie plünderte und verbrannte einige Häuser. Es gab zwei Banden, die sich bei der Ankunft der Behörden zerstreute. Der Gouverneur entsandte Polizei und ließ die Pächter mahnen, ihren legalen Gebühren zu zahlen. Die Gutsherren der Bauern sind hauptsächlich Mohammedaner. Es sind die Hindus und nicht die Kerozee, welche sich an dem Auf⸗ stand betheiligt haben.“
Frankreich. Paris, 5. Juli. Dem „Francais“ z
folge wird der Kriegsrath zur Aburtheilung über den Mar⸗
chall Bazaine in Compiégne im September zusammentreten. Da Admiral Trehouart durch Krankheit verhindert ist, werde der Herzog von Aumale mit der Mission betraut werden müssen, diesem hohen Tribunal zu präsidiren.
Versailles, 7. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung brachte der Deputirte Lamy eine Interpellation über die Aufrechterhaltung des Be⸗ lagerungszustandes in Paris und in den Departements ein, deren Beantwortung auf den 15. November d. J. festgesetzt ward. Es erfolgte darauf die erste Lesung des Gesetzentwurfs über die Reorganisation der Armee. Die zweite Lesung wird die Versammlung bereits am Freitage vornehmen.
Italien. Rom, 6. Juli. Der Schah von Persien wird, wie die „Opinione“ gegenüber den abweichenden Meldungen anderer Blätter versichert, Rom und die hauptsächlichsten Städte Italiens besuchen.
— 7. Juli. (W. T. B.) Die Munizipalwahlen sind für die Liberalen günstig ausgefallen; die Klerikalen enthielten sich der Abstimmung. — Der Papst hat gestern und heute zahl⸗
reiche Besuche empfangen. Florenz, 6. Juli. (W. T. B.) Der König hat sich heute
nach Rom begeben und wird am Mittwoch hierher zurückkehren.
Griechenland. Athen, 6. Juli. (W. T. B.) Die zweite Nachwahl in Messenien, bei welcher Kumunduros unterlag, ist von der Kammer mit 88 gegen 80 Stimmen eben⸗ falls für ungültig erklärt. Wahrscheinlich wird die Kammer aufgelöst werden.
Türkei. Konstantinopel, 28. Juni. Jakub Bey, der Gesandte des Atalig Ghazy (Herrschers von Kaschgar in Ost⸗ turkestan), wird nächstens nach Indien zurückkehren, um die bri⸗ tische Mission unter Mr. Douglas Forsyth nach Kaschgar zu be⸗ gleiten. Er überbringt seinem Souverän von Seite des Sul⸗ tans ein kostbares Schwert, den Osmanie⸗Orden 1. Klasse und ein Handschreiben. — Das britische Uebungsgeschwader unter dem Kommando des Vize⸗Admirals Sir Reginald Velverton, welches Malta am 9. v. M. verließ, um die Levantehäfen zu besuchen, sollte die Besikabai, in welcher es Anker geworfen hatte, Ende vorigen Monats verlassen, um nach Smyrna zu gehen und dann nach Malta zurückzukehren.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 5. Juli. Der General Kaufmann hat folgenden Tagesbefehl an die Truppen des turkestanischen Militärbezirks im Lager bei Utsch Tschutschak nnter dem 25. Mai (6. Juni) erlassen:
Ich beeile mich, den Soldaten des mir anvertrauten turkestani⸗ schen Militärbezirks meinen Glückwunsch für die günstigen, erfolgrei⸗ chen Resultate auszusprechen, die von Euren tapfern, schneidigen Kriegsgefährten, den gegen Chiwa operirenden turkestanischen Truppen, erreicht worden sind. Nachdem sie unermeßliche, ihr namentlich bei Chala⸗Ata durch die Natur entgegengestellte Schwierigkeiten auf einem Heendete peg Wersten ausgedehnten wasserarmen, heißen, tiefsandigen
errain überstanden, und den in der Zahl von 3500 Mann sich ihrem Vordringen zum Strom (dem Amu Darja) entgegenstellenden Feind verjagt hat, stand die Tétenkolonne der turkestanischen Abtheilung ohne alle Opfer und Verluste am 11. (23.) Mai festen Fußes an dem rechten Ufer des Amu Darja nahe bei Utsch Tschutschak.
Indem ich hiervon den Truppen meines Bezirks Mittheilung mache, kann ich nicht umhin, daß ein derartiges Re⸗ sultat nur durch das einmüthige, ehrenhafte Streben Aller, vom Ael⸗ testen bis zum Jüngsten, ihrem Beruf treu, ihrer Pflicht und dem 1u.“ geschworenen Eide gemäß zu erfüllen, erreicht werden konnte. —
Bei Zurücklegung einer 800 Werst langen Strecke wußten die operirenden Truppen trotz der verschiedenartigsten, meistens ungünstigen Bedingungen ihre Kräfte zu erhalten. Ihr Gesundheitszustand be⸗ findet sich in der vorzüglichsten Verfassung; Kranke sind fast gar nicht vorhanden. Nachdem sie außerdem auf dem letzten Marsche von Chalag⸗Ata nach Utsch⸗Tschutschak Mühen und Entbehrungen durch den Wassermangel, den tiefen Sand und die Schluchten des Weges erlitten hatten, standen die Soldaten am 22. Mai lustig Angesicht in Angesicht dem Feinde gegenüber. Ihr Kriegsmarsch am 22. Mai nach dem See Sardaba⸗kul ging unter den Augen des uns von allen Seiten umschwärmenden Feindes in musterhafter Ordnung und in dem Feinde imponirender Ruhe vor sich. Die Truppentheile bewegten sich wie auf dem Exerzierplatz und man mußte sich unwillkürlich über ihr Verhalten freuen. Der Feind, alle Hesfrnng auf Erfolg aufgebend, verlor bei jedem Schritt immer mehr seiner verwegenen Reiter und floh 20 Werst weit verfolgt von unseren Sotnien und einer Raketen⸗ batterie. Die Erbeutung eines großen Kajuks (vermuthlich Zelt) war der Lohn für unsere Kavallerie, welche vles einer Nacht mehr als 60 Werst beschwerlichen Weges zurückgelegt und dann den fliehenden Feind hartnäckig angefallen hatte.
Mit Dankbarkeit muß ich auch der Truppentheile gedenken, welche ich nothgedrungen zur Sicherung in Chala⸗Ata, im Fort St. Georg den Brunnen Adam Krilgan und Atti⸗Kuduk zurücklassen mußte.
Ighnen liegt es ob, noch weiter männlich mit Entbehrungen ver⸗ schiedener Arten zu kämpfen, wie sie mit dem Aufenthalt hei den Brunnen und mit den Steppenmärschen verbunden sind, welche die Tétenkolonne bereits so ruhmreich überwunden hat. So wie wir den Amu Darja überschritten haben werden, wozu die Mittel in der aller⸗ kürzesten Zeit zu erwarten sind, werde ich mich bemühen, auch ihnen Gelegenheit zu geben, sich mit dem Feinde zu messen.
Fuür die bei der Abtheilung stets, namentlich bei den letzten Sta⸗ tionen beobachtete Ordnung danke ich Allen, vom Aeltesten bis zum Jüngsten. (Folgen die Namen sämmtlicher Truppen⸗Commandeure ꝛc.) Mit besonderer Anerkennung gedenke ich auch der Dienste Ihrer Kai⸗ serlichen Hoheiten, der Rittmeister Großfürst Nicolai Constantino⸗ witsch und Herzog Eugen Maximilianowitsch Romanowski (Leuchten⸗ berg). Sie ertrugen gleich den übrigen Soldaten standhaft Mühen und Entbehrungen, sie dienten Allen als Beispiel und befanden sich bei dem Kriegsmarsch nach Sardaba⸗Kul theils bei der Infanterie, theils bei der Kavallerie der Avantgarde; Fürst Eugen Maximiliano⸗ witsch kommandirte die Verfolgung. Dieselbe zog sich zwanzig Werst bis zu dem Uebergang über den Fluß hin, wo die Abtheilung unter Benutzung von Kähnen auf einer Sandbank Posto faßte. Als sich der Feind hier festsetzte, befahl der Commandeur der Kavallerie dem
1 Großfürsten Nicolai, eine uralische und semirätschenskische Sotnie,
dem “ Romanowski, eine andere uralische und eine orenburgische Kosakensotnie zur Attaque zu führen. Die feindliche Reiterei ergriff die Flucht und wurde nur noch durch Raketen verfolgt. Ich bin
glücklich, dieser rühmlichen Thaten Ihrer Hoheiten dem mir anver⸗ trauten turkestanischen Bezirk gegenüber Erwähnung thun zu können.
— Der Gouverneur von Bakn hat sich, der „M. Z.“ zufolge, nach Krassnowodsk begeben, um über die Drangsale, die das Krassnowodskische Detachement bei seinem Steppenfeldzuge hat erdulden müssen, genauere Erkundigungen einzuziehen.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 3. Juli. Eine Minenabtheilung, bestehend aus den Schoonern „Am⸗ phion“ und „Aslög“ und den Dampfern „Thyra“ und „Nord⸗ stjernan“ soll in diesem Sommer in Stockholm ausgerüstet wer⸗ den, um Proben mit Minen anzustellen. Zum Chef dieser Expedition ist der Oberst⸗Lieutenant Zethelius ernannt.
— An das schwedische Marine⸗ und Postdepartement ist vom schwedisch⸗norwegischen Minister in London ein Telegramm eingetroffen, daß Prinz Arthur von Großbritannien zur Krönung in Drontheim, begleitet von 4 Kriegsschiffen unter Kommando des Contre⸗Admirals Hornby, ankommen werde.
Christiania, 2. Juli. Nach „Morgenbladet“ zeigt das vom Storthing für den Termin 1873/74 angenommene Budget eine Einnahme von 5,339,960 Spez. gegen eine Ausgabe von 5,455,704 Spez.; der Unterschied 115,744 Spez., wird gedeckt, indem man einen entsprechenden Betrag als Einnahme aus dem kontanten Bestand der Staatskasse nimmt. Im Budgetvorschlag der Regierung war die Einnahme mit 5,365,000 Spez. und die Ausgabe mit 5,515,000 Spez. aufgeführt, indem aus dem kontanten Bestand ein Betrag von 150,000 Spez. zur Einnahme geführt wurde. Die Krönungsausgaben sind zu 35,000 Spez. veranschlagt.
— Der König ist auf seiner Reise durch Norwegen gestern Nachmittag in Hammerfest angelangt, von wo er Abends 10 Uhr weiter nach dem Nordcap reiste.
‚Dänemark. Kopenhagen, 3. Juli. Die zuletzt an⸗ gekommmene westindische Post brachte in der „St. Thomas Tid.“ den Bericht über die zweite Berathung des Budgets im Ko⸗ lonialrath der Insel St. Thomas vom 9. Juni. Hauptgegen⸗ stand der Diskussion war der Beitrag zu den allgemeinen Staatsausgaben. Während dieser nach dem jetzigen Kolonial⸗ gesetz 28,000 Dollars jährlich betragen soll, war derselbe im Budgetentwurf übereinstimmend mit dem Entwurf zu einem neuen Kolonialgesetz zu 15,000 Dollars angesetzt, und das Bud⸗ getkomite rieth zur Annahme dieser Bewilligung, sprach jedoch gleichzeitig die Hoffnung aus, daß das Gouvernement sein Bestes thun möge, den Zuschuß auch für dieses Jahr ganz wegfallen zu lassen. Das Resultat der Verhandlung war, daß man die verlangte Bewilligung ganz verwarf.
„— Mit der Durchführung des Münzgesetzes ist, wie „Fädrelandet“ erfährt, der Nationalbank⸗Direktor, Etatsrath Levy beauftragt, welcher in dieser Veranlassung interimistisch zum Münzdirektor ernannt worden ist.
Nr. 26 des Central⸗Blattes für das Deutsche Reich hat folgenden Inhalt: 1) Allgemeine Verwaltungs⸗Sachen: Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete 2) Münzwesen: Notiz über die Ausprägung von Reichs⸗Goldmünzen. 3) Zoll⸗ und Steuerwesen: Bekanntmachung, betr. Errichtung eines Nebenzollamtes zu Chambrey. 4) Postwesen: Uebersicht über die während des II. Quartals 1873 im deutschen Reichs⸗Postgebiete eingerichteten und aufgehobenen Post⸗ anstalten. 5) Konsulatwesen: Bekanntmachungen, betr. Exequatur⸗ Ertheilungen. 6) Marine und Schiffahrt: Bekanntmachung, betr. den Beginn der Seesteuermanns⸗Prüfungen für große Fahrt bei Naviga⸗ tions⸗Schulen.
— Nr. 54 der „Annalen der Landwirthschaft in den Königlich preußischen Staaten“ hat folgenden Inhalt: Die Cichorienpflanze als Gemüsepflanze. — Die Ohrwürmer und ihre Schädlichkeit. Von Dr. Kalender — Warnung vor Anwendung des von G. Schallehn in Magdeburg empfohlenen künstlichen Guanos. Von Professor Dr. Märcker. — Die Hausthiere der Mongolei. (Nach den im Jahre 1870 auf einer Reise von Barnaul nach Khobdo und zurück gewonnenen Erfahrungen.) Von C. Kalwing. — Verbesserun⸗ gen in der Obstkultur. IV. Von Dr. Kalender. — Vermischtes: Mittheilungen über den Stand der Rinderpest. Generalversammlung des landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. — Wollmärkte.
Statistische Nachrichten.
Im Regierungsbezirk Merseburg sind 25 städtische und 8 Kreissparkassen. Bei denselben wurden im Jahre 1872 6,169,536 Thlr. neu eingelegt, 437,200 Thlr. wuchsen dem Kapital durch Zinsen zu. 4,258,456 Thlr. Einlagen wurden im Lauf des Jahres zurückgezogen, so daß sich die Einlagen Ende 1872 auf 16,632,311 Thlr. beliefen, gegen 14,284,034 Thlr. Ende 1871.
Rudolstadt, 2. Juli. Eine kürzlich veröffentlichte statistische Uebersicht über im Bezirke des Appellationsgerichtes in Eisenach voll⸗ zogene Ehescheidungen ergiebt folgende Zahlenverhältnisse: In der Zeit vom 1. Januar 1852 bis 31. Dezember 1872 sind Ehescheidungen vorgekommen: 236 in Schwarzburg⸗Sondershausen, 118 in Schwarz⸗ burg⸗Rudolstadt und 558 in Sachsen⸗Weimar.
London, 4. Juli. Amtlichen Ausweisen zufolge wanderten im Juni v. J. via Liverpool 18,603 Personen, d. i. 626 mehr als im entsprechenden Monat des Vorjahres, nach transatlantischen
äfen aus. In dem mit Ende Juni verflossenen Halbjahr sind von Liverpool aus 6129 Personen mehr als in dem entsprechenden Zeit⸗ raum des Jahres vorher ausgewandert.
Paris, 7. Juli. (W. T. B.) Die amtlichen statistischen Er⸗ mittelungen über den französischen Handel in den ersten 5 Monaten 1873 liegen jetzt vor. Darnach beträgt die Gesammt⸗ Einfuhr 1284 Millionen, 118 Millionen weniger wie in der ent⸗ jprechenden Periode des Vorjahres. Die Gesammtausfuhr beläuft sich auf 1635 Millionen, 192 Millionen mehr wie in dem gleichen Jahresabschnitte von 1872. — Die Gesammtauskunft aus den Grenz⸗ zöllen und den indirekten Steuern erreicht den amtlichen Angaben zufolge die Summe von 424 Millionen, 96 Millionen mehr wie die vorjährige Einnahme in der gleichen Periode.
Stockholm, 3. Juli. Die Zolleinnahmen in Stockholm betrugen laut „Post och Inr. Tid.“ im Juni 742,833 Rdl., im gan⸗ zen verflossenen Halbjahr 3,592,776 Rdl. gegen 3,282,327 Rdl. im entsprechenden Zeitraume 1872, ergaben also ein Plus von 310,449 Rdl.
Kunst und Wissenschaft.
Berlin, 8. Juli. Die „Gesellschaft naturforschender Freunde“ hierselbst feiert morgen im Krollschen Lokale ihr hundert⸗ jähriges Stiftungsfest.
— Die diesjährige Hauptversammlung des deutschen
Geometervereins findet am 2., 3. und 4. August zu Nürn⸗ berg statt.
Freiburg, 3. Juli. An der Verschönerung der Hauptzierde der Stadt, des Münsters, wird gegenwärtig, was das Innere betrifft, dem „Schw. M.“ zufolge wieder eifrig gearbeitet. Die weiße Ueber⸗ tünchung wird von den Wänden überall abgekratzt, um den rothen Sandstein in seiner natürlichen Schönheit wieder hervortreten zu lassen, auch sind die Kapellen im Chorumgang des Münsters in den letzten
Jahren planmäßig und geschmackvoll renovirt worden, und bieten mit
ihren schönen Skulpturen, ihrem glänzenden Farbenschmuck u. s. w. einen abwechselnden und effektvollen Anblick. Besonders beachtenswert
erscheint die Kapelle auf der Nordseite, wo in der bekannten typis
gewordenen Weise das heil. Abendmahl plastisch dargestellt ist: der Heiland und die Apostel sitzen in lebensgroßen und nach alterthüm⸗ lichem Style vollständig bemalten Gestalten um den Tisch, Judas sieht sich entdeckt und eilt mit dem krampfhaft gehaltenen Beutel
hinweg.
Hamburg, 7. Juli. (W. T. B.) Nach einem der hiesigen deutschen Polar⸗Schiffahrtsgesellschaft aus Tromsoe vom 8. Hiesigen zugegangenen Telegramme sind die Mitglieder der norwegischen⸗ Polar⸗Expedition, welche auf Spitzbergen zu überwintern ge⸗ nöthigt war, dort von dem der Gesellschaft gehörigen Schooner „Tromsoe“, Kapitän Mack, als Leichen (18 an der Zahl) aufgefunden worden. Die Beerdigung der Leichen hat Kapitän Mack angeordnet.
Zürich, 5. Juli. Die allgemeine geschichtsforschende Gesellschaft der Schweiz wird am 18. und 19. Nansche⸗ † hier ihre Jahresversammlung abhalten.
Paris, 5. Juli. Gestern versammelten sich alle Abtheilungen des Instituts von Frankreich, um den von Napoleon III. 2 gründeten zweijährigen Preis zu vergeben. Denselben erhielt Mariette für seine Arbeiten über Aegypten.
Kopenhagen, 3. Juli. Heute Mittag wurde die 11. skan⸗ dinavische Naturforscherversammlung im großen Festsaale der Universität eröffnet. Derselben wohnten der König und der Kron⸗ prinz bei. Die Zahl der⸗auswärtigen Theilnehmer beträgt bis jetzt: 79 aus Schweden, 40 aus Norwegen und 3 aus Finnland. Die Be⸗ grüßungsrede hielt der dänische Naturforscher J. Steenstrup, worauf zunäͤchst ein Vortrag des Norwegers, Professor der Geologie, Kjerulff folgte. Um 5 Uhr findet auf der Königlichen Schießbahn in der Vor⸗ stadt Westerbro ein Festmahl statt, wozu die fremden Theilnehmer an der Naturforscherversammlung eingeladen sind. Die Versammlung wird eine ganze Woche tagen und in Sektionssitzungen sehr umfassende wissenschaftliche Diskussionen abhalten. Am Sonntag wird ein Ausflug per Dampfschiff nach der Insel Möen veranstaltet, die nicht nur wegen ihrer landschaftlichen Reize, sondern auch wegen ihrer geologischen Beschaffenheit ꝛc. für Naturforscher von besonderem Interesse ist. 1
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Zur Beobachtung des Venusdurchganges gehen von Frankreich vier wissenschaftliche Expeditionen aus. Zwei derselben de S veh ae en se g sber Ingenieur Bacquet
rye wird die Expedition nach der Insel Campbell, Kapitän Mouchez die nach der Insel St. Paul kommandiren. 1u“
6. Juli. E. T. 8.) Nach Meldungen aus der elluno haben dort an mehreren Orten neuerdings wieder leichte Erderschütterungen Uethetiden.
Gewerbe und Handel.
Breslau, 3. Juli. Der neunte Verbandstag der Er⸗ werbs⸗ und Wirthschafts. Genossenschaften Schlesiens wird am 9. und 10. Juli in Oels abgehalten werden.
„Naumburg a. S. Am 256. Juni hielt die Naumburger Braunkohlen⸗Aktiengesells chaft unter lebhafter Betheiligung ihrer Aktionäre die zweite ordentliche Generalversammlung ab. An⸗
es g. 1 “ mit 225 Stimmen. . Wir entnehmen dem Geschäftsbericht, daß das von der Gesell⸗ schaft neu eingerichtete Werk „Grube bei — . dem 1. Juli vorigen Jahres bergbaulich in Angriff genommen, in allen seinen Arbeiten von den günstigsten Umständen begleitet wurde, daß der theilweise Betrieb seit Mitte Mai eröffnet ist, und bis zum Tage der Versammlung ein täglicher Debit von 15 bis 20 Waggonladun⸗ gen Knorpelkohlen und Preßsteine erreicht wurde. Die Kohlen sind der guten Qualität halber stark gesucht. Der volle Betrieb von täglich 40 bis 50 Lowrys wird im Laufe des neuen Geschäftsjahres als er⸗ reich bar bezeichnet. Für das erste Jahr wurden 5 Prozent Zinsen vertheilt. Die Generalversammlung ertheilte Decharge. In den Auf⸗ sichtsrath, welcher nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres den gesetz⸗ lichen Bestimmungen gemäß neu zu bilden war, wurden’ neu resp. wieder gewählt die Herren Ober⸗Bürgermeister Weise, die Bankiers Voß und Schaufuß, der Sanitäts⸗Rath Dr. Sander, die Kaufleute Schindler und Richter, Baumeister Claus und Rentier Arends.
Zu Revisoren für das neue Geschäftsjahr wurden die Herren Hoyoll, Meißner und Pätz, zum Grubenrepräsentanten der Betriebs⸗ Direktor der Gesellschaft Herr Albert Mann ernannt.
8— Verkehrs⸗Anstalten.
Berlin, 8. Juli. Heute ist die Pferdeeisenbahn ve Rosenthaler Thor nach dem Gesundbrunnen dem öffentlichen Ver⸗ kehr übergeben worden.
„— Die Direktion der Pfälzischen Eisenbahnen lei ihren jetzt veröffentlichten Jahresbericht für 1872 mit der Ve. ne ein, daß die starke Zunahme von Verkehr und Einnahme, welche im J. 1871 lediglich als eine Folge des durch den Krieg lange zurück⸗ gehaltenen Handels und der wieder zu neuer Thätigkeit erwachenden Industrie betrachtet werden mußte, im J. 1872 nicht nur andauernd geblieben, sondern noch wesentlich stärker geworden ist. Auch ist eine allgemeine Verbesserung der Lage der Pfälzischen Bahnen durch Grün⸗ dung des Reichslandes Elsaß⸗Lothringen, als eines großen Vorlandes der Pfalz mit gleichartigen Verkehrsinteressen und günstigen Bahn⸗ enshgset we getreten — B
Die Meilenlänge der im Betriebe stehenden Pfälzischen Bah⸗ nen betrug am Schlusse des Jahres 1872 50,88 vn bf 1”. 1 ah⸗ auf die Ludwigsbahn 24,40 M., auf die Maximiliansbahn 12,64 M., auf die Nordbahnen 13,84 M. entfallen. Die Gesammteinnahme belief sich auf 7,002,439 Fl. und ist gegen 1871 um 758,167 Fl. oder 12,14 Proz. gestiegen. Es entfallen auf: den Personenverkehr 1,732,291 Fl. (weniger 87,628 Fl. oder 4,8 Proz.), den Gepäckverkehr 64,781 Fl. (mehr 14,296 Fl. oder 28,3 Proz.), den Viehverkehr 50,833 Fl. we⸗ niger 28,229 Fl. oder 35,7 Proz.), den Güterverkehr 2,584,044 Fl. (mehr 383,181 Fl. oder 17,4 Proz.), den Kohlenverkehr 1,980,827 Fl. (iehr 161,065 Fl. oder 8,8 Proz.), sonstige Einnahmen 589,663 Fl. (mehr 315,482 Fl. oder 115,1 Proz.). Es wurden u. a. befördert: 3,544,092 Personen ( 268,481), 222,297 Stück Vieh (—63,171 Stück), 32,492,339 Ctr. Güter (+ 6,430,254 Ctr.), 22,281,789 Ctr. Kohlen (. 1, 767,920 Ctr.). Die Gesammtausgaben betrugen im J. 1872 3,707,200 Fl. oder 52,9 Proz. der Brutto⸗Einnahme, wovon 176,014 Fl. auf die allge⸗ meine Verwaltung, 1,401,310 Fl. auf die Bahnverwaltung und 2,129,876 Fl. auf die Transportverwaltung entfallen. Gegen das Vorjahr sind die Betriebsausgaben um 15,8 Proz. gestiegen, wobei einestheils die oben nachgewiesene Zunahme des Verkehrs, sodann aber der im J. 1872 eingetretene enorme Preisaufschlag aller zum Eisen⸗ bahnbetrieb erforderlichen Materialien in Betracht kommt. Der Reinertrag des Jahres 1872 beziffert sich hiernach auf 3,295,239 Fl. E. Fl. 14 Kr. * ö- 8
ie Transportmittel der vereinigten Pfälzischen T
bestanden in 123 Stück Lokomotiven, Pfälzäschen Hehne 542,827,80 Meilen gefahren haben, in 340 Personenwagen mit 13,953 Din 1 88 Art mit einer Tra fähigkeit von 702 in. Die mit allen Wagen zurückge 2 zahl belief sich auf 11,777,844. .“
Straßburg, 7. Juli. (W. T. B.) Die Cöln⸗Düssel⸗ dorfer Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft wird vom 18, 'M. ab ihre emngsschiffe auf dem Rhein bis Straßburg gehen lassen. Täglich wird ein Boot von da nach Mannheim und eins von letzterem
Orte nach Straßburg in Fahrt gesetzt werden.
is Die Fahrt zu B zwischen beiden Orten dürfte 15 Stunden dauern ie Fahrt zu Berg