des deutschen Landwirthschaftsrathes. Die landwirthschaftlichen Ver⸗ uchsstationen. Besondere Beilage zum „Deutschen Reichs⸗Anzeiger“.
ericht über den Handel mit Zug⸗ und Zuchtvieh. Wollmärkte. Marktberichte. Viehpreile. Stärkepreise.
Statistische Nachrichten.
Die Preußische Renten⸗Versicherungs⸗Anstalt zu Berlin hat ihren 34. Jahresbericht, für das Jahr 1872, erstattet. Die im Jahre 1872 gebildete Jahresgesellschaft, die 34., besteht aus 244 vollständigen und 2240 unvollständigen Einlagen mit einem Ka⸗ pitale von 58,142 Thlr. Auf die ult. 1871 im Bestande verbliebenen 143,377 unvollständigen Einlagen sind im Jahre 1873 209,189 Thlr. Renten gutgeschrieben, 136,544 Thlr. nachträglich eingezahlt worden. Am Schlusse des Jahres 1872 blieben 204,969 Einlagen mit 10,821,175 Thlr. Kapital im Bestande. Die Mitglieder der VI. Klasse der Jahresgesellschaften 1839 — 1843 haben die höchste Rente von 150 Thlr. jährlich erreicht. Im Ganzen beziehen 14,137 Ver⸗ sicherungen Renten von 6 Prozent und darüber. Die Anstalt hatte am Jahresschlusse 1872 12,590 646 Thlr. Bestände, die bis auf circa 360,000 Thlr. in Hypotheken angelegt werden. * 8
Kunst und Wissenschaft. 8 8EE11
Das Mai⸗Juniheft der von Constantin Rößler herausgegebenen „Zeitschrift für preußische Geschichte“ enthält: Das Städte⸗ wesen unter Friedrich Wilhelm I. von G. Schmoller; aus den Zeiten Joachims II. von E. Lambert; neuere Forschungen zur preußischen Geschichte; die Veröffentlichungen der deutschen Geschichtsvereine zur preußischen Geschichte und Landeskunde.
München, 6. Juli. Bezüglich des Baues einer Burg in Hohenschwangau, welchen der König ausführen läßt, vernimmt der „Korr. v. u. f. D.“, daß der „Vorbau“ derselben der Vollendung
so weit entgegengeht, daß mit der Herstellung von Wandgemälden in den Gemächern des ersten Stockwerkes im Herbste dieses Jahres be⸗ gonnen werden kann. iese Gemächer sollen nach ihrer Vollendung von dem Könige bezogen werden, bis der großartige Hauptbau selbst bewohnbar sein wird, was erst in mehreren Jahren der Fall sein
dürfte. Gewerbe und Handel.
München, 7. Juli. Dem bayerischen Gewerbe⸗Mu⸗ seum zu Nürnberg sind auf Grundlage der Satzungen vom 13. Januar 1873 Korporationsrechte unter der Bedingung verliehen worden, daß für jede Abänderung der Statuten die landesherrliche Genehmigung zu erwirken sei.
Heilbronn, 7. Juli. Der diesjährige Wollmarkt wurde am 3. d. beendigt. Die Zufuhren bestanden meistens aus rauher, mittelfeiner und feiner Bastard⸗ und gemischter Wolle, und zeichneten sich auch heute wieder insbesondere durch eine sehr schöne Wäsche aus. Der Verkauf ging schon beim Beginne des Marktes sehr lebhaft und waren fast sämmtliche zu Markt gebrachten Wollen schon am zweiten Tage verkauft. Die Preise bewegten sich für rauh Bastard⸗Wolle zwischen 95 — 108 Fl., mittel Bastard 110 — 118 Fl., fein Bastard 120 — 126 Fl., gemischte Wolle 104 — 112 Fl. Auf den Markt kamen und wurden theils in der Wollhalle, theils in Privatlagern 4750 Ctr. verkauft, einige Hundert Centner sind eingelagert.
Verkehrs⸗Anstalten. Die Nr. 51 der „Zeitung des Vereins Deuntscher
Eisenbahn⸗Verwaltungen“ hat folgenden Inhalt: Skizzen von
der Wiener Weltausstellung 1873. (Fortsetzung): die Schiffahrt; sta⸗ tionäre Dampfmaschinen; Lokomotiven. Vereinsgebiet: Verein Deut⸗ scher Eisenbahn⸗Verwaltungen, Generalversammlung. Oesterreichisch⸗ Ungarische Korrespondenz. Altona⸗Kieler und Schleswigsche Eisen⸗
h] bahnen, Böhmische Westbahn und Alföld⸗Fiumer Eisenbahn, Geschäfts⸗ berichte pro 1872. Technisches: Verein für Eisenbahnkunde zu Berlin. Briefkasten. Die Frequenz und Einnahmen der Oesterreichisch⸗Unga⸗ rischen Eisenbahnen im Mai 1873. Eisenbahn⸗Kalender. Offizielle und Privat⸗Anzeigen. 1 ünchen, 5. Juli. In Folge des Umstandes, daß die baye⸗ rische Staatsbahnverwaltung das gesammte Reparaturwesen
des Betriebs⸗ und Fahrmaterials auf eigene Regie in die Hand ge⸗ nommen hat, ist der Bedarf an Arbeitskräften in den Werkstätten hier, in Nürnberg und anderen Orten bedeutend gestiegen und gleich⸗ zeitig damit der Bedarf an passenden, gesunden Wohnungen. Wie wir nun vernehmen, wird die Staatsregierung an den bevorstehenden Landtag mit einer Kreditforderung im Betrag von einer Million Gulden zum Zwecke der Erbauung von Arbeiterwohnungen heran⸗ treten. Hier in München sind 200 solche Wohnungen prosektirt; der bezügliche Häuserkomplex soll in das Dreieck zwischen der Central⸗ werkstätte, der Kraus'schen Maschinenfabrik und dem Dorfe Neuhausen zu stehen kommen. 1
Reichenberg, 9. Juli. (W. T. B.) Bei Eifenbrod, Station der nord⸗süddeutschen Verbindungsbahn, entgleiste die Lokomotive des Personenzuges. Die Lokomotive, der Tender und 2 Packwagen stürzten in den Isarfluß. Der Maschinenführer blieb auf der Stelle todt. Von den Passagieren wurde nur einer, welcher aus dem Waggon gesprungen war, schwer verletzt.
8 Aus dem Volff'schen Telegraphen⸗Bureau. Bern, Mittwoch, 9. Juli. sen, die definitive Einladung zur Abhaltung des Kongresses in Bern für den 1. September 1873 zu erlassen.
Die volte Atrehsch. han⸗ des Deutschen eichs. *Zusammengestellt aus Anlaß der Wiener Weltausstellung.
I. Gebietsumfang und Bevölkerung. II. Landwirthschaft. III. Forst⸗ wirthschaft. IV. Bergbau⸗ und Hüttenwesen. V. Industrie. VI. Handel und Verkehr.
(Vgl. Nr. 153 d. Bl.)
Land⸗ und Forstwirthschaft. (2. Gruppe.) 1. Landwirthschaft. (Fortsetzung.)
Wenngleich ein beträchtlicher Theil des gewonnenen Getreides in der Landwirthschaft selbst zum Saatgut, zum Wirthschafts⸗ und Futterbedarf verbraucht wird, so bildet doch der Handel mit Getreide in Deutschland einen der wichtigsten Handelszweige, sowohl nach der Masse und dem Werthe der dadurch umgesetzten Güter, als nach dem Einfluß auf das Wohlergehen der Bevölkerung. Der Verkehr mit Getreide im Innern des Landes selbst ist allerdings nicht festzustellen, wohl aber der Verkehr mit dem Auslande, da sowohl die Ein⸗ wie die Ausfuhr dieses Artikels der statistischen Anschreibung bei den Zoll⸗ ämtern unterliegen. Dieser Verkehr hat durch die Verbesserung und Erleichterung der Kommunikation eine immer größere Wichtigkeit und Ausdehnung erlangt. Die für den Zollverein veröffentlichten Ver⸗ kehrsübersichten enthalten in dieser Beziehung ein reichhaltiges Ma⸗ terial. Nach demselben betrug die Einfuhr in den freien Verkehr und die Ausfuhr aus demselben von Getreide aller Art: Einfuhr. Ausfuhr. Einfuhr.
Scheffel Scheffel Scheffel 19,915,688 19,504,837 15,994,751 14,671,402 24,772,375 38,098,520 18,755,967 77,266,365 37,352,489 10,453,202 17,099,472 25,252,225 1864 11,091,732 13,318,628 1870 31,495,019 24,111,758 1865 14,969,822 15,882,866 1871 30,998,497 25,020,981 Ein⸗ und Ausfuhr von Getreide sind hiernach ungemein wechselnd und von dem Ausfalle der eigenen Getreideernten in den einzelnen Jahren abhängig gewesen. Unter den oben angegebenen zwölf Jahren befanden sich sechs (1861, 1863, 1864, 1865, 1866, 1869), in welchen der Export die Einfuhr überstieg, Deutschland also in der Lage war, einen Theil seines Ueberschuffes an das Ausland abzugeben, wogegen es in den übrigen sechs Jahren darauf angewiesen war, seinen Bedarf an Brodfrüchten theilweise vom Auslande zu beziehen. Im Allgemeinen gehört aber Deutschland zu denjenigen Ländern Europas, welche ihren Getreidebedarf selbst produziren. Denn es betrug nach
Ausfuhr. Scheffel 26,771,569 28,965,591 31,495,759 28,553,916
1866 1867 1868 1869
1860 1861 1862 1863
Vorstehendem die Getreide⸗Einfuhr in den Jahren 1860 — 1871:
269,0 Millionen Scheffel, die Ausfuhr dagegen 272,7 Mill. Scheffel, so daß also in den letzten zwölf Jahren immer noch 3,7 Mill. Scheffel mehr aus⸗ als eingeführt worden nünn Außerdem ist auch während derselben Zeit die Ausfuhr von Mühlenfabrikaten um 2,2 Mill. Ctr. höher, als die Einfuhr an solchen gewesen. Was den Verkehr mit den einzelnen Getreidearten betrifft, so war derselbe folgender: 5 1) Weizen. Einfuhr. Im Durchschnitt für 1860/64 5,757,531 Scheff. 8 . „ 1865/69 9,717,407 „ 2096, 8 . 1870 7,325,430 „ 11,480,239 5 8 „ 1871 10,443,888 „ 12,865,2711 „ Der Verkehr in diesem Artikel hat namentlich in der Einfuhr erheblich zugenommen und kommt hierbei hauptsächlich der durch die Eisenbahnen erleichterte Bezug aus Oesterreich⸗Ungarn, welches den meisten Weizen liefert, in Betracht. Obwohl die Weizeneinfuhr in Folge dessen bedeutend gestiegen, so ist sie doch noch immer hinter der Ausfuhr zurückgeblieben. 2) Roggen. Einfuhr. Ausfuhr. Im Durchschnitt für 1860/64 5,877,137 Scheff. 2,627,637 Scheff. 1865/69 8,593,203 „ 5,409,460 für 1870 12,411,653 „ 4,638,955 „1871 12,059,282 „ 4,572,306 Deutschlands Produktion an Roggen ist hiernach zur Deckung des
Ausfuhr. 10,463,563 Scheff. 14,096,456
eigenen Bedarfs nicht vollständig ausreichend gewesen, da alljährlich
abgegeben werden konnten. 1
8 8
größere Mengen vom Auslande eingeführt werden mußten, als dahin kon Im Ganzen betrug der Import von /71: 96,822,637 Scheff., der Export dagegen nur 39,396,750 Scheff., so daß also im Durchschnitt ein jährlicher Zuschuß zur eigenen Pro⸗ duktion von 4,785,490 Scheff. erforderlich gewesen ist. 8320 9& vhs. itt für 1860/64 1,781,102 Envef 3hrsde he. im Durchschnitt /781,152 Scheff. 3,176, Scheff. .“ 1865/69 4,150,221 „ 4,326,144 8 für 1870 4,382,077 „ 2,706,686 „ 8 „ 1871ö5I .„ 85915,89„ Von Gerste bedurfte Deutschland in früheren Jahren eines Zu⸗ schusses vom Auslande gewöhnlich nicht; es exportirte mehr, als es einführte. In den . Jahren haben aber die Bezüge von ausländischer Gerste den Export überstiegen, was wohl haupt⸗ sächlich auf den Umstand zurückzuführen sein dürfte, daß gegenwärtig große Quantitäten ungarischer Gerste für den Bedarf unserer Braue⸗ reien bezogen werden. 4) Anderes Getreide. Einfuhr. Im Durchschnitt für 1860/64 1,551,778 Scheff. 4 „ 1865/69 3,872,730 8 3 1870 7,375,859 „ 5,283,878 „ „ 1871 3,865,806 „ 4,568,148 „ Im Allgemeinen ist der Exvort von anderem Getreide etwas höher gewesen, als die Einfuhr; von den Jahren 1860 — 71 sind nur zwei (1864 und 1870) zu verzeichnen, in welchen die Einfuhr über⸗ wiegend gewesen ist, wobei bezüglich des Jahres 1870 in acht zu iübe. daß aus Anlaß des Krieges mit Frankreich sehr erhebliche engen Hafer zur Versorgung unserer Militärpferde aus dem Aus⸗ lande bezogen worden sind. Resümirt man die vorstehenden Zahlenangaben, so zeigt sich durchgängig eine Mͤehrausfuhr von Weizen und anderem Getreide, da⸗
4,501,878 h6.
gegen eine Mehreinfuhr von Roggen, während Ein⸗ und Ausfuhr von Gerste ziemlich gleich gewesen sind. Im Großen und Ganzen ist also der Anbau von Roggen zur Deckung des Bedarfs nicht ausreichend ge⸗ wesen.
Nächst den Halmfrüchten sind die Blatt⸗ und Wurzel⸗ 8 ächse die wichtigsten in der deutschen Landwirthschaft. Zu den
lattgewächsen, welche in den deutschen Staaten angebaut werden, gehören namentlich Klee, Luzerne, Esparsette und verschiedene Kohl⸗ arten, die zur Viehfütterung oder zum Handel gebaut werden. Unter den Wurzelgewächsen nehmen die Kartoffeln die erste Stelle ein, welche den durchgreifendsten Einfluß auf die gesammten land⸗ und volkswirthschaftlichen Zustände ausgeübt haben. Ihr Anbau erstreckt sich auf alle deutschen Länder; auf einzelnen größeren Gütern wird demselben ½, ¼ ja selbst 4 der gesammten Ackerfläche eingeräumt, deren Erträge zum Theil zur Branntweinbereitung in den mit den Gütern verbundenen Brennereien verwendet werden. In den zum vormaligen Norddeutschen Bunde gehörenden Staaten und in Südhessen sind im Jahre 1871 nach amtlichen Aufstellungen 35,056,553 Scheffel Kar⸗ toffeln zur Branntweinbrennerei verbraucht worden. ¹
Rächst der Kartoffel zählt die Runkelrübe zu den wichtigsten Hackfrüchten, besonders seitdem es den Fortschritten der Technik gelun⸗ gen ist, aus derselben einen den Kolonialzucker immer mehr verdrän⸗ genden Zucker zu gewinnen. Der Rübenbau hat in dem praktischen Betriebe der Landwirthschaft er Veränderungen hervorgerufen, da die reichen Erträge desselben Aufwendungen für Tiefkultur, Ausdüngung und verbesserte Geräthe wie sie bei keiner anderen Frucht rentabel geschienen hätten. Der Gewinn kam nicht allein den immerhin noch be⸗ schränkt angebauten Rüben zu gute; auch bei anderen Früchten zeigten sich bald gleiche Vortheile.
Im Großen und Ganzen hat sich der Anbau der Runkelrübe hauptsächlich da eingebürgert, wo in Flußthälern eine starke Schicht von lockerem, gut zu bearbeitendem, reichem Anschwemmungsboden vorhanden ist, wie im Thale der Saale, des Rheins, der Oder und anderer Flüsse, oder wo das Grundgebirge mit starken Schichten von Diluviallehm oder Lehmmergel bedeckt ist, wie auf den Hügeln und Plateaus der Provinz Sachsen, Anhalts und Braunschweigs. Welchen Umfang der Rübenbau während der letzten drei Dezennien in Deutsch⸗ land gewonnen hat, läßt sich einigermaßen nach der Menge der von den Rübenzuckerfabriken verarbeiteten Runkelrüben berechnen, wenn man annimmt, daß im Durchschnitt auf 1 preuß. Morgen Landes 120 Ctr. Rüben geerntet werden. Im Jahre 1840/41 verarbeiteten die im Zoll⸗ verein vorhandenen Rübenzuckerfabriken 4,829,000 Ctr. Rüben, zu deren Erzeugung nur ein Areal von 40,000 Morgen in Anspruch ge⸗ nommen worden ist; gegenwärtig verarbeiten diese Fabriken ca. 60
möglich machten,
Millionen Ctr. Rüben, deren Anbau im Ganzen eine Fläche von ca.
500,000 Morgen erfordert.
Preußen hat in den Provinzen Sachsen, Schlesien, Brandenburg, Pommern den verhältnißmäßig stärksten Rübenbau, in geringerem Umfange auch in Hannover und der F Von den übrigen Staaten wird der Anbau der Zuckerrübe in größerem Umfange na⸗ 8 in Bayern, Württemberg, Baden, Braunschweig und Anhalt
jeben.
Die Hülsenfrüchte gehören zu den älteren Kulturpflanzen, und schon seit lange wird ihr die Cerealien zunächst unterstützender Anbau in Deutschland betrieben. Seitdem die bodenverbessernde F eernche dieser Pflanzengattung allgemeiner bekannt geworden, und die Chemie den großen Nahrungsgehalt derselben nachgewiesen hat, ist ihrer Kultur auch von rationellen Landwirthen eine größere Aufmerksamkeit zugewendet. Es werden besonders Erbsen, Bohnen, Linsen, Buchweizen, in neuerer Zeit auch vielfach Wicken und Lupinen angebaut. Im Allgemeinen ist der Anbau von Hülsenfrüchten stärker als der eigene Bedarf ge⸗ wesen und ist alljährlich ein Theil des Ueberschusses hauptsächlich see⸗ wärts nach Großbritannien, Schweden, Norwegen und Dänemark ab⸗ gesetzt worden. Die Einfuhr von Hülsenfrüchten — hauptsächlich aus Oesterreich — in den freien Verkehr des Zollvereins und die Ausfuhr
aus demselben war in den Jahren 1867 —1871 folgende: Einfuhr. cheffel. 570,196 2,328,773 894,509 1871 1988788
8 Arhee⸗ 2
5jähriger Durchschnitt 1,383,537 1,593,776
Unter den in Deutschland angebauten andelsgewächsen nehmen Tabak, Hopfen, Oelsämereien und Gespinnstpflanzen eine hervorragende Stelle ein, in zweiter Linie folgen dann Farbepflanzen, Gewürzpflanzen und Karden.
Der Tabaksbau ist fast über ganz Deutschland verbreitet; da er aber stets die Ebenen und weite Flußthäler aufsucht, so findet er sich in dem gebirgigen Mitteldeutschland weniger und in den eigent⸗ lichen Gebirgsgegenden gar nicht. Im preußischen Staate wird diese Kultur in den Provinzen Pommern, Brandenburg, Sachsen und Rheinland in größerem Umfange, au zerdem aber auch in Westpreußen, Schlesien, Hannover und Hessen⸗Nassau betrieben, während in den übrigen Provinzen der Anbau von geringerer Bedeutung ist. Die im Jahre 1871 in Preußen mit Tabak bepflanzte Fläche hatte einen Umfang von 5925 Hekt., auf welchen 198,890 Ctr. getrocknete Blätter gewonnen sind. Es entfallen hiervon namentlich auf: Brandenburg 1954 Hekt. mit 59,724 Ctr. Pommern 1154 Hekt. mit 41,970 Ctr., die Rheinprovinz t Hekt. mit 21,217 Ctr., Sachsen 581 ¼ Hekt. mit 18,678 Ctr., Schlesien 450 ½ Hekt. mit 15,023 Ctr., Westpreußen 441 ½ Hekt. mit 19,094 Ctr., Hannover 368 Hekt. mit 10,157 Ctr., Süger dhede 187 Hekt. mit 6428 Ctr. Der Tabaks⸗
1867 1868 1869 1870
bau ist in Preußen übrigens nicht unerheblich zurückgegangen und wer⸗ den jetzt etwa Prozent Fläche weniger, als in den 40ger Jahren, fa die Kultur verwendet, weil man da, wo die Bodenverhältnisse der⸗ elben nicht ganz besonders günstig sind, sich dem lohnenderen Anbau elche, ohne
von Getreide und anderen Fruchtarten zugewendet hat,
solche Pflege, wie der Tabak, zu verlangen, einen mehr sicheren Er⸗ trag gewähren. 1 3
In Bayern ist der Tabaksbau der Hauptsache nach auf die Rheinpfalz (die Rheinebene bis an den Fuß der Hardt) und Mittel⸗ franken (die Gegend von Nürnberg und Erlangen) beschränkt, während die übrigen Regierungsbezirke nur ein sehr unbedeutendes Areal, oft nur von wenigen Morgen, bebauen. Im Jahre 1871 belief sich die zum Anban verwendete Fläche auf 4721 Hektar., welche einen Ertrag von 144,153 Ctr. lieferten. — Baden nimmt unter den Taba
bauenden deutschen Staaten die erste Stelle ein und seine Kultur über⸗
ragt nach Umfang und Ertrag selbst diejenige Preußens nicht uner⸗ heblich. Im Jahre 1871 wurden 7103,8 Hektar. mit Tabak bestellt und darauf 205,069 Ctr. gewonnen. Hanuptsitz des Tabaksbaues ist die sogenannte Pfalz, der Unter⸗ und Mittelrheinkreis, vorzugsweise der erstere, in welchem der Anbau meist mehr als die Härfte, in manchen Jahren über 3 der im ganzen Lande mit Tabak bebauten Fläche einnimmt. Es werden vorzugsweise Tabakssorten, welche sich zur Cigarrenfabrikation eignen, gebaut und zu diesem Zwecke nicht nur an inländische, Bremer und Hamburger Fabriken, sondern auch ins Ausland abgesetzt. — In Hessen beschränkt sich der Tabaks bau fast vasschrieglich auf die Provinz Starkenburg, während in Rhein⸗ und Oberhessen nur unbedeutende Flächen dieser Kultur⸗ art gewidmet sind. Im Jahre 1871 sind 979 ¾ Hektare mit Tabak bestellt, deren Ertrag auf 31,311 Ctr. angegeben wird. Bedeutend ist die Kultur in Elsaß⸗Lothringen; die angebaute Fläche betrug hier 1871 3158 ¾⁄0 Hekt., auf welchen 115,518 Ctr. getrocknete Blät⸗ ter gewonnen worden sind. In den übrigen deutschen Staaten hat der Tabaksbau eine solche Wichtigkeit, wie in den vorgenannten nicht er⸗ langt. Für 1871 kommen an Flächeninhalt und Naturalertrag dessel⸗ ben in Betracht: Königreich Sachsen mit 6 Hekt. und 130 Ctr. Ta⸗ baksblätter, Württemberg mit 178 ⁄1 Hekt. und 5571 Ctr., die Thüͤ ringischen Staaten mit 202 ½ Hekt. und 4806 Ctr., Mecklenburg mit 164 ⁄ Hekt. und 6106 Ctr., Braunschweig mit 68 ½ Hekt. und 2391 Ctr., Anhalt mit 163 ⁄0 Hekt. und 3962 Ctr. Der Gesammtflächeninhalt aller mit Tabak bepflanzten Grund⸗ stücke belief sich im Jahre 1871 auf 22,673 Hektare, welche einen Ge⸗ sammtertrag von 717,907 Ctrn. getrockneter Blätter geliefert haben. Nimmt man als Durchschnittswerth 10 Thlr. für den Centner an, so berechnet sich der Werth der gesammten Produktion auf etwas über 7. Millionen Thaler. An den vorangegebenen Flächeninhalte partizi⸗ piren: Baden mit 31,3 Proz, S mit 26,1 Proz., Bayern mit 20,8 Proz., Elsaß⸗Lothringen mit 13,9
mit 7,9 Proz., dagegen entfallen von dem nachgewiesenen Ernteertrage auf Baden 28,5 Proz., Preußen 27,7 Proz., Bayern 20,1 Proz., El⸗ saß⸗Lothringen 16,1 Proz., alle übrigen Staaten 7,8 Proz.
Die nachfolgende Uebersicht läßt auf Grund amtlicher Aufnahme
die Anbau⸗ und Ertragsverhältnisse beim Tabak für die letzten 10 Jahre näher ersehen: 11““ Mit Tabak be⸗
baute Fläche. 1862 61,232 Preuß. Morg. 1863 84,317 „ 1864 92,914 1865 93,667 1866 86,037 1867 77,270 1868 70,348 1869 67,739 1870 65,340 1871 76,822 10 jähriger Durch⸗ 8 3
schnitt 77,568 Preuß. Morg. 581,916 Ctr.
Zu der Reihenfolge dieser Zahlen muß indeß erläuternd bemerkt werden, daß 1867 Schleswig⸗Holstein zwar dem Zollgebiete zugetreten
Menge des gewonne⸗ Tabaks
435,193 Ctr.
682,051 8 676,140 767,149 663,418 530,946 530,303 449,937 481,636 602,389
aaaxaa a u u Kauiuni suagag aa a a u a aug a
ist, aber keinen Tabaksbau besitzt, und daß seit 1868 Mecklenburg im 8
Zollgebiete mit einbegriffen ist, welches zwar Tabak baut, indeß in so geringer Ausdehnung, daß dadurch die Vergleichbarkeit der Kassen nicht erschwert wird. Dagegen hat der bedeutende Tabaksbau von Elsaß⸗Lothringen für 1871, wo derselbe zum ersten Male aufge⸗ nommen worden ist, vorstehend außer Ansatz gelassen werden müssen.
Wenn man übrigens an Stelle des oben nachgewiesenen zehnjährigen
Durchschnitts einen fünfjährigen berechnet, so ergiebt sich für die letzten fünf Jahre eine nicht unerhebliche Abnahme des Tabaksbaues. Im u“ für 1862/66 berechnet sich nämlich die bebaute Fläche auf 83,633 Morgen, der Ertrag davon auf 644,790 Ctr. Tabak, wäh⸗ rend im Durchschnitt für 1867/71 nur 71,504 Morgen und 519,042 Centner in Betracht kommen. Der Anbau ist hiernach in der letzten fünfjährigen Periode um 17 Prozent, der Ertrag sogar um 24 Prozent zurückgegangen. 3 1 1
Daß die Tabaksproduktion Deutschlands bei Weitem nicht aus⸗ reicht, um den eigenen Konsum zu decker, ist bekannt. Wir werden bei Darstellung der industriellen Verhältnisse — Tabaks⸗ und Ci⸗ garrenfabrikation — Gelegenheit haben, auf diesen Punkt zurück⸗ zukommen.
Der Hopfenbau, vor einigen Jahrhunderten in ganz Deutsch⸗
land allgemein und nachweislich von hier aus erst nach den Nieder⸗ landen, Flandern, Frankreich und England verbreitet, hat sich nur an einigen Orten erhalten, ist aus ganzen Gegenden und Ländern fast verschwunden oder wird nur noch e2n. betrieben. Die Gesammtproduktion im ganzen Gebiete ist ebensowenig bekannt, wie das zum Hopfenbau benutzte Areal, da Erhebungen in dieser Be⸗ ziehung nur für einzelne Hopfendistrikte existiren.
MRedaktion und Rendantur: Schwieger
Berlin, Verlag der Expedition (Kessel). Druck: H. Heiberg. “ Zwei Beilagen (einschließlich der Börsen⸗Beilage).
Der Bundesrath hat beschlos⸗ 8
Proz., alle übrigen Staaten
eil Potsdam bei dem Postamte Nr. 9 (Pots
von Nordhausen bis Wetzlar
2 .
82
Das Abonnement beträgt 1 Thlr. 15 Sgr. für das Vierteljahr.
enn Zusertionspreis für den Raum einer ruckzeile 3 Sne.
X*. NR ane Post-Anstalten des In- und Auslandes nehmen Bestellung an; für Berlin außer den hiesigen e auch die Exrpediton: Wilhe
Umstr. 32.
X“
Berlin,
Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem General⸗Major von Voigts⸗Rhetz, Direktor des
Allgemeinen Kriegs⸗Departements, den Rothen Adler⸗Orden zweiter Klasse mit Eichenlaub, deni Kapitän⸗Lieutenant Freiherrn
von Rössing den Rothen Adler⸗Orden vierter Klasse und
dem Obersten a. D. Mirich, bisher Ingenieur vom Platz in
Erfurt, den Königlichen Kronen⸗Orden dritter Klasse zu verleihen.
Deutsches Reich. Dem Notar Friedrich Herold in Diedenhofen ist die nachgesuchte Entlassung aus dem Reichs⸗Justizdienste ertheilt.
Die Beförderung von Postsachen nach Potsdam findet jetzt täslich 18 Mal statt, und zwar werden: B
a. Postsendungen aller Art mit den Zügen 6, 8. 5, 8. 45, 10, 12 Uhr Vormittags und 1. 30, 6, 10, 10. 30 und 11 Uhr Nach⸗ mittags; 1
b. nur Briefpostsendungen mit den Zügen 10. 15 Vormit⸗
tags und 2, 3, 4. 15, 5, 6.45, 7.45 und 9 Uhr Nachmittags expedirt.
Die Einlieferung der Gegenstände bei den Postanstalten muß,
wenn die Versendung mit der nächsten Transport⸗Gelegenheit statt⸗ finden soll, vor der Schlußzeit der Post erfolgen. Während der ge⸗
wöhnlichen Annahmestunden tritt diese Schlußzeit ein: 1 1
1) bei dem Postamte Nr. 9 auf dem Potsdamer Bahnhofe a. für gewöhnliche Briefe 5 Minuten, b. für rekommandirte Briefe und Post⸗ anweisungen ½ Stunde, c. für Gelder und Päckereien 1 Stunde vor
dem planmäßigen Abgange der betreffenden Bahnzüge;
2) bei den Annahmestellen im Hof⸗Postamtsgebäude (Königsstraße
und Spandauerstraße) a. für gewöhnliche Briefe 1 Stunde, b. für
rekommandirte Briefe und Postanweisungen 1 ½ Stunde, c. für Gelder
und Päckereien 2 ½ Stunde vor dem planmäßigen Abgange der be⸗ treffenden Bahnzüge.
Ven den ubrigen Postanstalten werden die Korrespondenz⸗Gegen⸗ stände für gewöhnlich mittelst allstündlicher Transporte über das Hof⸗
Postamt geleitet, so daß die Auflieferung der Briefe um so viel zeitiger geschehen muß, als die Beförderung von den betreffenden Postanstalten
bis zum Hof⸗Postamtsgebäude Zeit erfordert. Nur zu dem Zuge 10 Uhr Abends findet von einzelnen Postanstalten und zwar von den Pelanst Nr. 1 (Krausenstraße), Nr. 3 (Dranienburgerstraße), tr. 7 (Dorotheenstraße), Nr. 8 (Tauber straße), Nr. 12 (Zimmer⸗
straße), Nr. 14 (Alte Jakobstraße), Nr. 15 (Sebastianstraße), Nr. 23 (Alte Leipzigerstraße), Nr. 38 (Jägerstraße), Nr. 41 (Mauerstraße), Nr. 44 (Kronenstraße), Nr. 45 (Grünstraße), Nr. 46 (Behrenstraße),
Nr. 49 (Passage), Nr. 50 (Köpnickerstraße) eine direkte Ueberführung der Korrespondenz nach dem Potsdamer Bahnhofe statt, und kommen damit alle diejenigen Briefe zur Absendung, welche bei den bezeichneten
Postanstalten bis 9 Uhr Abends eingeliefert werden. Für den Ab⸗ gang der Sendungen vom Bahnhofe ist hiernach die Zeit zur Ueberführung von den betreffenden Einlieferungs⸗ stellen bis zum Bahnhofe mit in Berechnung zu ziehen,
event. empfiehlt es sich, ige Postgegenstände nach hierselbst einzuliefern. 1 — 8 Berlin, den 5. Juli 1873. “ Der Kaiserliche Ober⸗Post⸗Direktor.
Das 20. Stück des Reichs⸗Gesetzblatts, welches heute aus⸗
gegeben wird, enthält unter:
Nr. 948 das Gesetz, betreffend die Feststellung eines Nach⸗ trages zum Haushalts⸗Etat des Deutschen Reichs für das Jahr
1873. Vom 4. Juli 1873; und unter
Nr. 949 die Bekanntmachung, betreffend die Ernennung eines Bevollmächtigten zum Bundesrathe. Vom 3. Juli 1873. Beerlin, den 10. Juli 1873. 8
8 Kaiserliches Post⸗Zeitungsamt.
Königreich Preußen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Dem ordentlichen Professor an der Universität und Direktor
der ägyptischen Abtheilung der Königlichen Museen hierselbst Dr. Karl Richard Lepsius den Charakter als Geheimer Regierungs⸗Rath zu verleihen. 8
1 Berlin, den 10. Juli. 8
Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl von Preußen traf gestern Abend, von Wiesbaden, resp. Eisenach kommend, über Großbeeren in Glinike ein.
Auf Ihren Bericht vom 30. Juni d. J. ermächtige Ich Sie, den Bau der durch das Gesetz vom 11. Juni d. J. zur Ausführung für
Rechnung des Staats genehmigten Eisenbahnen und zwar: 1) der Bahn
von Saarbrücken durch das Fischbachthal nach Neunkirchen mit Ab⸗ zweigung in das Trenkelbachthal, sowie der Bahn von der Reichsgrenze
bei Sierk über Trier und Coblenz nach Oberlahnstein mit Ausschluß
der Strecke von dem letztgenannten Orte bis jenseits der unweit Coblenz zu erbauenden Vrkage über die Mosel der Eisenbahn⸗Direktion in Saarbrücken, 2) der Strecke von Oberlahnstein bis jenseits der vorbezeichneten Moselbrücke der Eisenbahn⸗Direktion in Wiesbaden, 3) der Bahn von Hanau nach Friedberg der Direktion der Main⸗ Weser Bahn in Cassel, 4) der Bahnen von Godelheim resp. Ott⸗ bergen nach Northeim und von Welwer nach Dortmund der Direktion der Westfälischen Eisenbahn in Münster, 5) der Bahn von Harburg nach Hannover der Eisenbahn⸗Direktion in Hannover, 6) des Schluß⸗ stugs der Berliner Verbindungsbahn, sowie die Ausführung der An⸗ agen für die Berlin⸗Wetzlarer Linie in Berlin und auf der Strecke Berlin Charlottenburg der Direktion der Niederschlesisch⸗Märkischen Eisenbahn hierselbst und 7) der Strecke der Berlin⸗Wetzlarer Bahn der Eisenbahn⸗Direktion in Cassel zu ö“
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Donnerstag,
den 10. Juli, Abends.
.
übertragen, indem Ich gleichzeitig den genannten Direktionen auch hin⸗ sicgtlich der übertragenen Bauausführungen die Rechte und Pflichten öffentlicher Behörden beilege. Ferner genehmige Ich, daß die Aus⸗ führung des Theils der Berlin⸗Wetzlarer Bahn von Charlottenburg nach Nordhausen einer nach Maßgabe Ihrer Vorschläge der Direktion der Ostbahn beigeordneten Kommission übertragen wird, welche ihren Sitz in Berlin nehmen und unter der Firma: „Königliche Kommission für den Bau der Bahn Berlin⸗Nordhausen“ innerhalb des ihr zuge⸗ wiesenen Geschäftskreises für die Dauer ihres Bestehens alle Rechte und Pflichten einer öffentlichen Behörde haben soll. Endlich bestimme Ich, daß für sämmtliche bezeichnete Eisenbahnen das Recht zur Expro⸗ priation derjenigen Grundstücke, welche zur Bauausführung nach den von Ihnen festzustellenden Plänen nothwendig sind, sowie das Recht zur vorübergehenden Benutzung fremder Grundstücke nach den gesetz⸗ lichen Bestimmungen zur Anwendung kommen soll. Dieser Erlaß ist durch die Gesetz⸗Sammlung bekannt zu machtn. E1111“ Schloß Babelsberg, den 2. Juli 1873. J 11“ Wilhelm. ⸗ Dr. Achenbach. An den Minister für Handel, Gewerbee— 8 und öffentliche Arbeiten. 8 Kriegs⸗Ministerium. Allerhöchste Kabinets⸗Ordre vom 22. Juni 1873 — betreffend Bestimmungen über Beförderung ꝛc. der Unteroffiziere. Auf den Mir gehaltenen Vortrag genehmige Ich die beifolgenden Bestimmungen über Beförderung der Unteroffiziere. Alle entgegen⸗ stehenden bezüglichen Bestimmungen werden hiermit aufgeboben. Das Kriegs⸗Ministerium hat hiernach das Weitere zu veranlassen und etwa erforderliche Erläuterungen zu ertheilen. Schloß Babelsberg, den 22. Junt 1873. 81 von Kameke. An das Kriegs⸗Ministerium.
* 22£2 2 Bestimmungen über Beförderung der Unteroffiziere.) §. 1. Die Feldwebel und Vize⸗Feldwebel ²), die Stabshautboisten, Stabshornisten und Stabstrompeter pes Garde⸗Corps werden durch Seine Majestät den Kalser und König ³), diejenigen der übrigen Ar⸗ mee⸗Corps, sowie alle Serweanten ace eroffiziere durch die nächsten mit mindestens der Disziptinarstrafgewalt eines Regiments⸗Comman⸗ deurs beliehenen Vorgesetzten, die Bezirks⸗Feldwebel durch die Brigade⸗
Commandeure ernannt. 4
§. 2. Bei der Beförderung kommt neben dem Verpflegungs⸗ Etat des betreffenden Truppentheils ꝛc. in Betracht: a. die Qualifi⸗ kation, b. die dienstliche Stellung, c. das Anciennetäts⸗Verhältniß der zu Befördernden. 8 S b
§. 3. Die Verpflegungs⸗Etats weisen die Zahl der in den ver⸗ schiedenen Unteroffizier⸗Chargen von den Truppentheilen und Instituten zu besetzenden Stellen nach. Beförderuungen über den Etat dürfen nur in den nachstehend bezeichneten Ausnahmefällen stattfinden.
Kann die vakante Stelle eines Feldwebels ꝛc. oder Sergeanten ⁴) nicht besetzt werden, oder ist die Stelle eines Portepeefähnrichs vakant, so darf ein Unteroffizier über den Etat verpflegt werden. Wird die Stelle eines Portepeefähnrichs voraussichtlich innerhalb der nächsten drei Monate besetzt, so hat die Ernennung eines Unteroffiziers über den Etat zu unterbleiben, wenn nicht etwa während dieses Zeitraums der Abgang eines Unteroffiziers mit Bestimmtheit zu gewärtigen ist.
§. 4. Jede Beförderung ist in erster Linie abhängig von der Qualifikation des zu Befördernden. Insbesondere dürfen in die etats⸗ mäßigen Stellen der Vize⸗Feldwebel ꝛc. nu. solche Sergeanten auf⸗ rücken, welche bei erprobter moralischer Zuverlässigkeit auf Grund ihrer militärischen Eigenschaften und der erlangten Dienstkenntnisse mit vollem Nutzen im praktischen Dienste der Truppe verwendbar sind.
Mangelt es an einem Sergeanten, welcher in jeder Beziehung den an einen Vize⸗Feldwebel zꝛc. zu stellenden Anforderungen entspricht, so bleibt die vakante Stelle eines Vize⸗Feldwebels ꝛc. unbesetzt; es darf jedoch ein Sergeant über den Etat mit den entsprechenden Kompetenzen ernannt werden, der der Kompetenzen des Vize⸗ Feldwebels ꝛc. als erspart zu berechnen ist. Für die strikte Innehaltung dieser Bestimmung sind die Batail⸗ lons⸗ ꝛc. und Regiments⸗ ꝛc. Commandeure speziell verantwortlich.
§. 5. Die dienstliche Stellung der zu Befördernden ist insofern maßgebend, als in die von den Truppentheilen etatsmäßig zu besetzenden Stellen der Feldwebel ꝛc., der Vize⸗Feldwebel ꝛc. und der Sergeanten, die aus dem praktischen Dienst auf unbestimmte oder längere Zeit Abkommandirten nicht aufrücken dürfen, es sei denn, daß sie in Folge der Beförderung in diesen Dienst zurücktreten. Eine solche Abkom⸗ mandirung von bereits ernannten Feldwebeln und Vize⸗Feldwebeln 72 ist nur Behufs Besetzung anderer etatsmäßiger Stellen von Feld⸗ webeln resp. Vize⸗Feldwebeln ꝛc. zulässig; Sergeanten scheiden in Folge einer solchen Abkommandirung aus der bisher innegehabten etatsmäßigen Stelle aus und beziehen event. den Mehrbetrag ihrer seitherigen Kompetenzen (exkl. etwaige Dienstzulage) gegen diejenigen eines Unteroffiziers aus Ersparnissen des Militär⸗Etats. Ausgenommen von letzterer Bestimmung sind die Fouriere, Kapitän d'armes und
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Quartiermeister, welche in dieser Stellung auch nach der Beförderung ) Die in Bezug auf Beförderung der Portepeefähnriche sowie des zum Unteroffizierstande gehörenden Feuerwerks⸗ und Zeug⸗Personals bestehenden besonderen Bestimmungen werden hierdurch nicht mo⸗
die Unter Bataillons⸗Commandeure ꝛc. sind die Abtheilungs⸗Com⸗ mandeure, unter Compagnie⸗Chefs ꝛc. die Compagnie⸗Commandeure, die Eskadron⸗ und Batterie⸗Chefs, unter Feldwebel resp. Vize⸗Feld⸗ webel ꝛc. die Wachtmeister resp. Vize⸗Wachtmeister mit einbegriffen. Was betreffs der Unteroffiziere bestimmt wird, gilt auch bezüglich der Oberjäger.
1 Die Bestimmungen von pass. 7 des §. 2 der Verordnung, be⸗ treffend die Dienstverhältnisse der Offiziere des Beurlaubtenstandes, wonach Reserve⸗Offizier⸗Aspiranten zu Vize⸗Feldwebeln ꝛc. auch beim Garde⸗Corps durch die Regiments⸗Commandeure ernannt werden, wird durch obiges nicht alterirt. 8
⁴) Hinsichtlich des Verfahrens bei Vakanz der Stelle eines Vize⸗ Feldwebels ꝛc. cerf. §. 4.
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zum etatsmätzigen Sergeanten verbleiben können. Die Regiments⸗ und Bataillons⸗Tambours, die bei den Kommando⸗Behörden, Truppen und Instituten als etatsmäßige Schreiber fungirenden oder als Schrei⸗ ber zu Gouvernements und Kommandanturen kommandirten Unter⸗ offiziere dürfen zwar zu Sergeanten und nach 15 jähriger¹) vorwurfs⸗ freier Dienstzeit zu Vize⸗Feldwebeln ꝛc. aber ohne Anrechnung auf den Etat der Sergeanten ²) resp. der Vize⸗Feldwebel ꝛc. befördert werden.
Dieselben empfangen in beiden Rangklassen die Kompetenzen eines
Sergeanten. Den Mehrbetrag gegen diejenigen eines Unteroffiziers er⸗
halten die Regiments⸗ und Bataillons⸗Tambours aus einer besonderen
nee des Etatstitels 20, die Schreiber aus Ersparnissen des ilitär⸗Etats.
Alle übrigen aus dem praktischen Dienst eines Truppentheils oder Instituts auf unbestimmte oder längere Zeit abkommandirten, jedoch im Etat dieses Truppentheils ꝛc. verblerbenden Unteroffiziere dürfen, wenn aus dienstlichen Gründen ihre Beförderung sich empfiehlt, zu überzähligen Sergeanten mit der Maßgabe befördert werden, daß den⸗ sel en hierdurch kein Anspruch auf höhere, als die nach dem bisherigen Range empfangenen Kompetenzen erwächst.
Von jedem Hautboisten⸗Corps der Infanterie, Hornisten⸗Corps der Jäger ꝛc., der Pioniere und des Eisenbahn⸗Bataillons, von jedem Trompeter⸗Corps der Kavallerie und der Feld⸗Artillerie darf indessen nur ein etatsmäßiger Hautboist ꝛc. zum überzähligen Sergeanten be⸗ fördert werden.
Um ferner das Anciennetätsverhältniß der Unteroffiziere bei einer Demobilmachung in angemessener Weise zu reguliren, sollen solche Unteroffiziere, deren vormalige Hinterleute in der Truppe während der Mobilmachung Sergeanten geworden sind, unter Herstellung des frü⸗ heren Anciennetätsverhältnisses bis zum Freiwerden einer Sergeanten⸗ stelle zu überzähligen Sergeanten ernannt werden dürfen.
Soldaten, welche sich in Stellungen befinden, die dem Verhältniß eines Vorgesetzten nicht entsprechen (Offizierburschen ꝛc.) duürfen nicht zu Unteroffizieren befördert werden.
Eine Ernennung von überzähligen Unteroffizieren ist im Allge⸗ meinen unstatthaft, eine Ausnahme hiervon ist jedoch zulässig, insofern als außeretatsmäßigen Hautboisten, Hornisten und Trompetern nach zurückgelegter zweijähriger Dienstzeit zwar die Unteroffizier⸗Charge, je⸗
doch kein Anspruch auf die Unteroffizier⸗Kompetenzen verliehen werden
darf. Desgleichen dürfen Offizier⸗Aspiranten vor ihrer Beförderung zum Portepeefähnrich, sowie einjährig Freiwillige, welche das Qaali⸗ kation;⸗Attest für die Beförderung zum Reserve⸗Offizier erhalten,
etztere bei ihrer Entlassung, zu überzähligen Unteroffizieren ernannt
werden.
§. 6. Zum Feldwebel ꝛc. kann jeder hierzu geeignete Unteroffizier, zum Stabshautboisten, Stabshornisten und Stabstrompeter jeder Hautboist, resp. Hornist und Trompeter ohne Rücksicht auf seine
Anciennetät befördert werden. Dagegen kommt bei Beförderung zum
etatsmäßigen Vize⸗Feldwebel oder zum Sergeanten zunächst das An⸗ ciennetäts⸗Verhältniß des Unteroffizier⸗Corps in Betracht, wie solches bei der Kavallerie innerhalb des Regiments, bei den übrigen Waffen
innerhalb der Compagnie resp. Batterie besteht. Ist der hiernach zu befördernde Sergeant oder Unteroffizier aber nicht ausreichend quali⸗ fizirt, so darf nur der in der Tour nächstfolgende qualifizirte Unter⸗ offizier befördert werden.
Unteroffiziere, welche dem Unteroffizier⸗Corps einer Compagnie ꝛc. nicht angehören oder einer Compagnie nur attachirt sind, werden
unter Berücksichtigung der Anciennetät der Unteroffiziere des betreffen⸗ 1
den Bataillons, Instituts ꝛc. befördert.
§. 7. Die Regiments⸗ und Bataillons⸗ ꝛc. Commandeure prü⸗ fen, ob die Vorschläge der Compagnie⸗Chefs ꝛc. den Allerhöchsten Bestimmungen entsprechen.
Das Avancement der Unteroffiziere zum Sergeanten resp. Vize⸗
Feldwebel ꝛc. mit Rücksicht auf das Anciennetäts⸗Verhältniß innerhalb eines Bataillons (einer Abtheilung) bei verschiedenen Compagnien
(Batterien) auszugleichen oder Versetzungen zu diesem Behufe von einer Compagnie (Batterie) zu anderen vorzunehmen, muß in Frie⸗ denszeiten auf diejenigen Fälle beschränkt bleiben, wo beide betheilig⸗ ten Compagnie⸗ (Batterie⸗) Chefs einen bezüglichen Antrag stellen resp. mit einer solchen Anordnung sich einverstanden erklären.
Dagegen ist der zum Feldwebel ꝛc. zu Befördernde grundsätzlich aus allen Unteroffizieren des betreffenden Truppentheils (Regiments ꝛc.) auf Vorschlag resp. nach Erklärung des Einverständnisses beider be⸗ theiligten Compagnie⸗ (Eskadron⸗ resp. Batterie⸗) Chefs zu wählen.
Berlin, 22. Juni 1873.
Kriegs⸗Ministerium. v. Kameke.
Vorstehende Allerhöchste Kabinets⸗Ordre und die mittelst derselben genehmigten Bestimmungen über Beförderung der Unteroffiziere werden hierdurch zur Kenntniß der Armee gebracht. Im Anschluß hieran trifft das Kriegs⸗Ministerium mit Allerhöchster Genehmigung Seiner Majestät des Kaisers und Königs noch die nachstehenden Festsetzungen:
a. Den General⸗Kommandos wird überlassen, bei den unter⸗ gebenen Armee⸗Corps das Avancement der Unteroffiziere der Kavallerie zum Sergeanten oder auch zum Vize⸗Wachtmeister innerhalb der Es⸗ kadron statt innerhalb des Regiments stattfinden zu lassen. Eventuell wird einer Aeußerung, ob und inwieweit der angenommene Avance⸗
1u.“
ments⸗Modus zur definitiven Einführung sich empfiehlt, zum 1. Sep⸗
tember 1874 entgegengesehen. 1
b. Die Vize⸗Feldwebel ꝛc. bleiben Untergebene der Feldwebel ꝛc. und derjenigen Portepeefähnriche ihrer Compagnien ꝛc., welche das Offizier⸗Seitengewehr tragen.
c. Ueber die erfolgte Ernennung zum Feldwebel, Vize⸗Feldwebel, Wachtmeister, Vize⸗Wachtmeister, Stabshautboisten, Stabshornisten, Stabstrompeter und Sergeanten wird eine Bestallung, unterschrieben von demjenigen Vorgesetzten, welcher die Beförderung verfügt hat, aus⸗ gefertigt. Die Feldwebel zc., E“ ꝛc. (diese mit Ausnahme der Reserve⸗Offizier⸗Aspiranten), Stabshautboisten, Stabshornisten und Stabstrompeter des Garde⸗Corps erhalten unbeschadet des bis⸗ herigen Beförderungs⸗Modus diese Bestallung durch den kommandi⸗ renden General.
¹) Kriegsjahre zählen hierbei doppelt.
²) In die Stelle von Feldwebeln und Sergeanten der Landwehr⸗ Bezirks⸗Kommandos sowie der Friedensstämme für die Garde⸗Land⸗
wehr⸗Bataiqlone dürfen auch Schreiber aufrücken. “ 11u1u.“
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