Bayern. München, 27. Juli. Die Königin⸗Mutter wird 82 2ö v. . f. D.“ zufolge Ende dieser Woche von Elbingeralp im tyroler Lechthal nach Hohenschwangau zurück⸗ kehren, zuvor jedoch noch einen Besuch in Darmstadt abstatten. Der König wird dann wieder nach Schloß Berg übersiedeln.
— Der quieszirte Königliche Ober⸗Appellations⸗Gerichtsr th G. A. von Seuffert ist im 79. Lebensjahre nach kurzem
lager gestorben. 1 . lush Pie üeeee Aufhebung der Abppellationsgerichte in Aschaffenburg und Amberg nothwendig werdenden Pers onal⸗ Veränderungen im höheren Justizdienste sind bereits dem König zur Genehmigung unterbreitet worden. 1
— Mit Allerhöchster Genehmigung wird zu Gunsten der durch Brand schwer heimgesuchten Bewohner der Stadt Cham eine Sammlung im ganzen Königreiche veranstaltet werden.
Württemberg. Stuttaart, 24. Juli. In Sigma⸗ ringen fand gestern die feierliche Eröffnung der neuen Bahn⸗ strecke Scheer⸗Sigmaringen statt. Der Fürst von Hohen⸗
zollern⸗Sigmaringen hatte aus dieser eine
Einladung an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten und der Verkehrsanstalten gerichtet, welcher eine Anzahl von Be⸗ amten folgte. In Ulm hatten sich denselben der Festungs⸗ Gouverneur General⸗Lieutenant v. Rosenberg, General⸗Lieu⸗ tenant Frhr. v. Starkloff und andere Offiziere angeschlossen. Nachmittags 5 Uhr begann die Festtafel von etwa 30 Gedecken. Se. Königliche Hoheit brachte einen Toast auf Se. Majestät den Deutschen Kaiser und König von Preußen und Se. Majestät den König von Württemberg aus; Staatsrath Freiherr von Soden erwiderte diesen Toast mit einem Hoch auf den Fürsten und das Fürstliche Haus. Nach der Tafel nahm die Gesellschaft an dem von der Stadt Sigmaringen zu Ehren der fremden Gäste veranstalteten Gartenfest Theil und kehrte um 11 Uhr nach Ulm resp. Stuttgart zurück. 2 es e
Baden. Karlsruhe, 27. Juli. Die Großherzogliche Familie verläßt heute Nachmittag das Schloß Mainau und trifft in der Nacht hier ein, um dann in Kürze die Reise nach Großbritannien anzutreten, wo auch ein Seebad gebraucht wer⸗ 8 — In Gernsbach im Murgthal ist der Minister⸗Präsident und Kriegs⸗Minister Graf von Roon eingetroffen und hat im Gasthof zum Stern Wohnunggenommen.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 26. Juli. Das Reg.⸗Bl. veröffentlicht folgende Verordnung:
Die Bestimmungen des §. 1 Unserer Verordnung vom 10. Januar 1868, die Ausführung des Bundesgesetzes über die Freizügigk it vom 1. November 1867 betreffend, haben in der Anwendung Zweifel und Mißverständnisse erregt, zu deren Beseitigung Wir, nach hausvertrags⸗ mäßiger Kommunikation mit des Großherzogs von Mecklenburg⸗Stre⸗ litz Königlichen Hoheit und verfassungsmäßiger Verhandlung mit Unsern getreuen Ständen, verordnen, was folgt. 1 3
§. 1. Personen, welche die im 8. 1 des Bundes⸗Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 begründeten Befugnisse in An⸗ spruch nehmen, haben den Nachweis der Reichs⸗Angehörigkeit nur dann zu erbringen, wenn die betreffende Ortsobrigkeit ihn verlangt.
§. 2. In diesem Falle genügt der Nachweis der Angehörigkeit an einen der Staaten des Deutschen Reiches für alle neu anziehenden Personen, also auch für Angehörige der Großherzogthümer Mockten⸗ burg⸗Schwerin und Mecklenburg⸗Strelitz, und kann daher von diesen ein besonderer 85 6“ im Gebiete beider
roßherzogthümer nicht verlangt werden.
8 Vm. Fehrigen bewendet es bei den Bestimmungen der Verordnung vom 10. Januar 186c53. 88 .
Gegeben durch Unser Staats⸗Ministerium, Schwerin am 10.
ius 1873. g Friedrich Franz.
H. Graf v. Bassewitz. v. Müller. Buchka. Wetzell.
1 Sldenburg. Oldenburg, 25. Juli. Die Großher⸗ zogliche Familie wird, nach der Rückkehr der oldenburgischen Okkupationstruppen aus Frankreich, sich nach Eutin begeben, um zunächst einen vierwöchentlichen Landaufenthalt auf dem Jagdschlosse Güldenstein zu nehmen und sodann längere Zeit in Eutin zu residiren.
8
Schweiz. Bern, 24. Juli. Das vom Nationalrath genehmigte Gesetz für den Kanton Genf, betreffend die Organisation des katholischen Kultus, lautet:
„Art. 1. Die Pfarrer und Vikare werden gewählt von den der katholischen Konfession angehörigen Bürgern, die in den kantonalen Wählerlisten eingetragen sind. Die Gewählten können abberufen werden.
Art. 2. Nur der vom Staate anerkannte Diözesan⸗Bischof kann innerhalb der Grenzen des Gesetzes Handlungen der bischöflichen Gerichtsbarkeit und Verwaltung vornehmen. Wenn er seine Gewalt einem Bevollmächtigten überträgt, so bleibt immerhin der Diözesan⸗ Bischof selvst verantwortlich, und diese Delegation bedarf der Gench⸗ migung des Staatsraths. Die einem solchen Bevollmächtigten er⸗ theilte Genehmigung des Staatsraths kann wieder zurückgezogen wer⸗ den. Die katholischen Pfarreien im Kanton sollen im Verbande eines schweizerischen Bisthums sein. Der Sitz des Bisthums darf nicht in dem Kanton Genf errichtet werden.
Art. 3. Das Gesetz wird die Anzahl und die Umgrenzung der Pfarreien, die Formen und Bedingungen bezüglich der Wahl der Pfarrer und Vikare, sowie den Eid, welchen diese bei ihrem Amts⸗ antritte zu leisten haben, und die Fälle, sowie die Art ihrer Abbe⸗ rufung bestimmen, ebenso die Organisation der Kirchenräthe, welche mit der Verwaltung der Temporalien beauftragt sind, und die Fälle der Sanktion von gesetzlichen Erlassen in Bezug auf den Kultus, durch das Volk.“
— 28. Juli. (W. T. B.) Der Nationalrath ist heute dem Beschlusse des Ständeraths betreffs der neuen Organisation
es Bundesraths beigetreten.
Zum Chef des neu errichteten Eisenbahn⸗ und Han⸗ delsdepartements ist der Bundesrath Scherer gewählt.
Großbritannien und Irland. London, 26. Juli.
Der Herzog von Edinburgh kehrt am Montag oder Dienstag
von seinem Besuche am Kaiserlich russischen Hoflager in Jugen⸗ heim hierher zurück.
— Die v rwittwete Herzogin von Cambridge vollendete am 25. d. M. ihr 76. Lcbensjahr.
— Der Prinz von Wales gab gestern in Marlborough⸗ House zu Ehren des Großfürst⸗Thronfolgers von Rußland und seiner Gemahlin einen glänzenden Ball, zu dem sehr zahlreiche Einladungen ergangen waren.
— In der vorgestrigen Sitzung des Oberhauses wurden die Amendements des Unterhauses zu der Vorlage, betreffend die Herstellung eines obersten Gerichtshofes in Erwägung gezogen und endgültig angenommen, nachdem ein auf Verwerfung der Bill hinzielender Antrag des Lord Redesdale mit 61 gegen 34 Stimmen abgelehnt worden war.
— Im Unterhause hatte vorgestern die Regierung 40 Inter⸗ pellationen zu beantworten. Es seien hier nur die wichtigsten erwähnt. In Erwiderung auf eine Anfrage Whitmells betreffs des mit Frankreich abgeschlossenen Handelsvertrages erklärte Lor
“ 86 .“
Enfield: Ein Handelsvertrag wurde gestern in Paris zwischen Großbritannien und Frankreich unterzeichnet. Seine Hauptbestim⸗ mungen sind: Eine Erneuerung des Handelsvertrages von 1860 bis zum 30. Januar 1877 einschließlich der Behandlung als begünstigte Nation, der nationalen Behandlung von Schiffen und der Regelung der Mineral⸗Oel⸗Frage Ende dieses Jahres. Es befindet sich darin, wie ich glaube, auch ein Artikel, der eine Nachtrags⸗Konvention zur Entscheidung über Fragen detreffs „Exvpertise“ und andere Gegenstände von kommerziellem Interesse vorschreibt.
Auf eine von Sir D. Corrigan gestellte Anfrage, be⸗ treffs der Stellung von Christen vor türkischen Gerichten er⸗ widerte Lord Enfield, daß die Lage der Christen in der Türkei, sowohl als Bürger, wie als Zeugen in Gerichtshöfen sich mit jedem Tage bessere.
Den Rest der Sitzung füllte die Spezialdebatte über die Vor⸗ lage, betreffend die Amendirung des dotirte Schulen betreffenden Gesetzes, sowie die Erörterung der neuen Paragraphen zu der Bill, betreffs der Amendirung des Unterrichtsgesetzes aus. Nachdem sämmt iche neue Klauseln verworfen worden, wurde die dritte Lesung für die nächste Sitzung anberaumt.
— 28. Juli (W. T. B.) Eine Seitens des Viscount San⸗ don in der heutigen Sitzung des Unterhauses bezüglich der Aves⸗Inseln eingebrachte Interpellation wurde vom Staats⸗ Sekretär des Auswärtigen, Viscount Enfield, dahin beantwortet, daß Großbritannien das von der Regierung von Venezuela bestrittene Recht auf den Besitz dieser Inseln keineswegs auf⸗ gegeben habe. Viscount Enfield erklärte ferner auf eine An⸗ frage von Gallan, ob die Regierung die Carlisten als krieg⸗ führende Macht anzuerkennen gedenke, daß dieselbe trotz der Ausbreitung der Carlisten im Norden Spaniens den Zeit⸗ punkt dazu noch nicht für gekommen erachte. Der Staats⸗ Sekretär des Innern, Bruce, machte darauf in Abwesenheit Gladstone's, der von seinem Unwohlsein noch nicht wieder her⸗ gestellt ist, vermittelst einer Königlichen Botschaft dem Hause die Anzeige von der bevorstehenden Vermählung des Herzogs von Edinburgh mit der Großfürstin Marie von Rußland und suchte um Bewilligung der erforderlichen Geldmittel nach. Die Be⸗ rathung über diesen Gegenstand wurde auf morgen anberaumt.
8. —e WT—.]
Frankreich. Paris, 27. Juli. Im Kriegs⸗Ministe⸗ rium arbeitet man gegenwärtig ein besonderes System für die Vertheidigung der Gebirgsgegenden aus. Es sollen zu diesem Zweck besondere Berg⸗Eisenbahnen gebaut und die Städte der betreffenden Gegenden aufgefordert werden, sich an dem Bau derselben zu betheiligen. Eine derselben, Morez im Jura, hat schon die Summe von 300,000 Fr. dafür votirt.
— Der Prozeß Bazaine soll erst am 6. Oktober beginnen. Der Marschall wurde gestern benachrichtigt, daß die den Prozeß be⸗ treffenden Dokumente seinem Advokaten Lachaud mitgetheilt werden können. Dieselben sind sehr zahlreich. Mehr als 400 Zeugen wurden vernommen, von denen 250 vor Gericht erscheinen werden. Der Prozeß wird vor dem 15. November nicht beendet sein. Als Ort des Prozesses wurde bekanntlich Compiégne gewählt, wel⸗ ches in der Nähe des von dem Herzog von Aumale, dem Präsi⸗ denten des Kriegsgerichts, bewohnten Schlosses Chantilly liegt. Die übrigen Mitglieder des Kriegsgerichts sind noch nicht be⸗ zeichnet. Dieselben erhalten Wohnungen im Schlosse.
— 29. Juli. (W. T. B.) Die Minister für Handel und Finanzen beabsichtigen während der Vertagung der Nationalver⸗ sammlung neue Handelskonventionen mit Italien, Oesterreich, Schweden, Norwegen und der Schweiz vor⸗ zubereiten.
Versailles, 28. Juli. (W. T. B.) Auf der Tagesord⸗ nung der heutigen Sitzung der Nationalversammlung
stand die Berathung des Gesetzentwurfs über die Abschaffung
der Flaggenzuschlagsteuer. Nach der Erklärung des Handels⸗ Ministers de la Bouillerie, daß die Steuer weder Einkünfte für den Staatsschatz ergeben, noch sich als ausreichend erwiesen habe, um der französischen Handelsmarine einen wirksamen Schutz zu gewähren, wurde die Vorlage angenommen. Mor⸗ gen wird die Berathung über die Handelsverträge mit Groß⸗ britannien und Belgien stattfinden.
Spanien. Das Dekret des spanischen Marine⸗ Ministeriums, betreffend die Kriegsschiffe, welche zu den Insurgenten übergegangen sind, lautet nach der „Köln. Ztg.“ in deutscher Uebersetzung mit den Motiven:
Bericht des Marine⸗Ministers:
Inmitten der schwierigen Lage, in welcher sich das Land besindet, und während eine ununterbrochene Reihe innerer Kämpfe es in den beklagenswerthen Zustand gebracht haben, in dem es sich jetzt sieht, tritt zum Unglück eine neue Verwickelung hervor, welche Folgen ver⸗ schiedener Art nach sich ziehen kann, Folgen, die um so mehr zu beach⸗ ten sind, als sie die internationalen Beziehungen betreffen köunen.
Einige Schiffe unserer Kriegsflotte, die in dem Hafen von Car⸗ tagena ankerten und mit den Aufständischen in jenem See⸗Departe⸗ ment gemeinschaftliche Sache machten, haben die rechtmäßige Auto⸗ rität ihrer Befehlshaber und Offiziere verläugnet und haben, im offe⸗ nen Aufruhr gegen die einzige von den Cortes errichtete Regierungs⸗ gewalt, sich auf das Meer begeben, in der Absicht, ihre verbrecherischen Zwecke an den Küsten des Mittelmeeres auszuführen.
Die Regierung kann sich an dieser in der gesammten Kriegsmarine ohne Beispiel dastehenden Aufführung nicht zum Mitschuldigen machen, sie kann nicht gestatten, daß jene Kriegsschiffe etwa unter der Decke einer bestimmten politischen Farbe Thaten wirklicher Piraterie aus⸗ üben, welche die Würde Spaniens vor den fremden Nationen be⸗ schädigen können; denn Piraten sind nach dem Välkerrecht solche Schiffe, die keine rechtmäßige Bestallung von einer Regierung, noch gesetzmäßiae Schiffepapiere führen, noch auch unter dem Befehle eines zur Vertretung der öffentlichen Macht in entsprechender Weise befugten Befehlshabers stehen.
In dieser Erwägung und weil es dringend geboten ist, das Uebel an der Wurzel anzugreifen, hat der unterzeichnete Minister die Ehre, die Ausfertigung des nachstebenden Dekretes zu beantragen:
Madrid, 20. Juli 1873.
Der Marine⸗Minister Jacobo Oreyro.
Dekret. Art. 1. nalen Kriegsmarine: „Almansa“, „Victoria“ und „Mendez Nunez“, ferner des Dampfers „Fernando el Catolico“ und jedes anderen Kriegsschiffes der Aufrührer in dem Departement Cartagena sind als Piraten zu betrachten, wenn sie innerhalb oder außerhalb der See⸗ gerichtsbarkeit Spaniens durch spanische oder fremde Seestreitkräfte angetroffen werden, in Gemäßheit der Artikel 4, 5 und 6, sowie des 88 5, Abhandlung 6 der allgemeinen Bestimmungen, welche für die
lotte gelten.
Art. 2. Die Befehlshaber von Kriegsschiffen befreundeter Mächte sind ermächtigt, die in dem Artikel 1 gedachten Schiffe anzuhalten und die Mannschaften nach den dort auegedrückten Bestimmungen zu richten, indem jedoch die spanische Regierung sich das Eigenthum an jenen Schiffen vorbehält, wobei die entsprechenden Reklamationen auf diplomatischem Wege erfolgen werden.
Art. 3. Gleicher Weise werden zu Piraten erklärt alle anderen Schiffe der nationalen Kriegsmarine, die, ohne von Offizieren der⸗ selben befehligt zu sein und im Zastande des Aufruhrs sich aus irgendwelchem Hafen der Halbinsel aufs Meer begeben.
Die Mannschaften der Fregatten der natio⸗
Art. 4. Der Marine⸗Minister wird beauftragt, dieses Dekret auszuführen und es dem Minister des Auswärtigen behufs Kennt⸗ nißgabe an das fremde diplomatische Corps mitzutheilen.
Madrid, 20. Juli 1873.
Der Präsident der Regierung der Republik Nicolas Salmeron. .
“ Der Marine⸗Minister Jacobo Oreyro..
Madrid, 28. Juli. (W. T. B.) In Valencia ist auch die dortige Artillerie zu den Insurgenten übergegangen; dem An⸗ griffe der Regierungstruppen gegen die letzteren sieht man im Laufe des heutigen Tages entgegen.
Die Nachricht, daß General Pavia bereits in Sevilla ein⸗ gerückt sei, hat sich bis jetzt nicht bestätigt. 8
Aus Karthagena verlautet gerüchtweise, Contreras hätte die dortige Junta abgesetzt. Vor Karthagena soll ferner ein englisches Panzerschiff eingetroffen sein.
— Ein zweites Telegramm vom 28. Juli Nachmittags be⸗ richtet: Der General Pavia hat gestern das Feuer gegen Se⸗ villa eröffnet.
In Granada haben die Insurgenten den von ihnen ge⸗ fangen gehaltenen Bischof in Freiheit gesetzt, dagegen viele son⸗ stige Verhaftungen vorgenommen und den wohlhabenden Ein⸗ wohnern eine Steuer auferlegt.
— Eine Depesche aus Bayonne vom 28. Juli meldet: Heute Morgen wurden von einem Dampfschiffe in den Hafen von Fuentarrabia 3000 Remingtongewehre gelandet, welche durch eine Escorte von 600 Carlisten in die Gebirge gebracht wurden. Das Löschen der Ladung war um 7 Uhr Morgens beendet.
Don Carlos und Lizzaraga befanden sich am Freitag in Penacerrada.
— 29. Juli. (W. T. B.) In einer gestern abgehaltenen Versammlung der Linken und des linken Centrums machte Tutau die Linke für das Unglück des Landes verant⸗ wortlich. Santiro gab alsdann die Erklärung ab, daß ein Ausgleich unmöglich, so lange die Linke nicht die kantonale In⸗ surrektion zum Schweigen bringe. Eine direkte Antwort hierauf gab die Linke nicht ab.
— Aus den Provinzen liegen folgende Nachrichten vor: Sevilla wird von dem General Pavia vollständig blokirt — In Mala ga kehren die früher geflüchteten Familien theilweise wieder zurück. — Die Kolonne des General Villacampo ist ohne Schwertstreich in Castellon eingezogen; die daselbst befindliche revolutionäre unta wurde aufgelöst. — Aus Karthagena sind zwei Insurgentenschiffe mit Mannschaften nach Almeria oder Malaga in See gegangen. Contreras wird von seinen An⸗ hängern überwacht, da man fürchtet, er könnte die Stadt ver⸗ lassen. Die Desertionen unter den Streitkräften der Insurgenten dauern fort.
Italien. Rom, 25. Juli. Wie den „It. N.“ aus Turin gemeldet wird, ist die Herzogin von Aosta, ehe⸗ malige Königin von Spanien, an der Malaria erkrankt.
— Wie die Wallfahrten nach Assisi und Loreto, sollen auch alle übrigen, namentlich in den von der Cholera be⸗ drohten Provinzen verboten werden.
— 28. Juli. (W. T. B.) Der Papst hat nach der „Voce della verite“ die neu ernannten Bischöfe in Audienz empfangen und eine längere Ansprache an dieselben gerichtet.
— Am 21. d. M. wurde zur Säcularfeier der Unter⸗ drückung des Jesuitenordens durch den vormaligen Franziskaner⸗ mönch und nachherigen Papst Clemens XIV. im Universitäts⸗ gebäude von Neapel nachstehende Inschrift eingeweiht: „Dem Papst Clemens XIV., welcher durch die Bulle vom 21. Juli 1773 die Gesellschaft Jesu aufhob, setzt die Universität Neapel dieses Denkmal.“
— In der Provinz Venedig hat die Cholera Fort⸗ schritte gemacht. Am 22. Juli wurden 47 Fälle verzeichnet, darunter 15 mit tödtlichem Ausgange. Auf die Stadt kommen 32 Fälle. In der Provinz Treviso kamen am nämlichen Tage nur 3 Fälle vor, aber alle mit tödtlichem Ausgange. Die Provinz Udine scheint jetzt ebenfalls in den Bereich der Krankheit gezogen zu werden.
Neapel, 28. Juli. (W. T. B.) Die Kommunal⸗ wahlen in der hiesigen Provinz sind größtentheils zu Gunsten der von der liberalen Partei aufgestellten Kandidaten ausgefallen.
Türkei. Der Ausgleich der in Bethlehem entstandenen Diffenenzen wird der „Turquie“ zufolge auf folgender Grund⸗ lage stattfinden:
„1) Die Geistlichen griechischen und lateinischen Ritus der hei⸗ ligen Stätten von Bethlehem, welche an den Ereignissen, deren Schau⸗ platz die Geburtskirche gewesen ist, thätigen Antheil genommen haben,
sollen benso wi die Vorstände des Konvents von Bethlehem und die
“
Doel ihnen unterstehenden Priester ihrer Stellen enthoben oder an andere Orte versetzt werden.
2) Jener Theil der Vorhänge der Grotte, welche sich in der Nähe der Krippe und des südlichen Eingangs befinden, wird von den La⸗ teinern beigestellt; die Kaiserliche Regierung besorgt die Anbringung derselben an den gehörigen Ort.
3) Der mit dem Namen des Schrankes ((1'Armoire) bezeichnete Ort, um dessen Eigenthum sich Armenier und Lateiner stritten, wird als den letzteren gehörig angesehen.
4) Der während der Ereignisse von Bethlehem zerstörte Altar der Lateiner wird auf Kosten der Kaiserlichen Regierung wieder auf⸗ gerichtet.
5) Die Kirche de Saint Hellene, die sogenannte Säulenkirche,
wird, wie früher, den Orthodoxen gehören in Gemäßheit der Hatti⸗
Scheriffs, welche sich in den Händen derselben befinden. Die Lateiner sollen, wie ehedem, das Recht des Durchgangs haben, aber es soll . nicht mehr gestattet sein, dort Litaneien und Prozessionen abzu⸗ halten.
6) Die Vorhänge der Grotte, welche am 13. April abhanden ge⸗ kommen sind, werden vorläufig ersetzt durch die Vorhänge von ein⸗ fachem Stoff, welche gegenwärtig die Wände der Grotte bedecken, bis eine besondere Entscheidung von Seite der hohen Pforte erfolgt.“
Das Zustandekommen dieser Punktationen ist das Werk des türkischen Kommissärs Ziver Bey und des Gouverneurs Kiamil Pascha.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 27. Juli. Während der Anwesenheit des Kaisers in Warschau werden, wie der „R. J.“ erfährt, folgende Revuen und Uebungen stattfinden: Freitag den 25. Juli Parade aller im Lager bei Warschau vereinigten und in der Stadt statonirten Truppen auf dem Mokotowschen Felde; Sonnabend den 26. Juli eben⸗ daselbst Exerzitium der ganzen Kavallerie und Nachmittags Schießübungen aller Linientruppen der Infanterie auf dem Powonskowschen Felde; Sonntag den 27. Juli Gottesdienst in der Lasenkischen Schloßkirche nebst Kirchenparade, an der sich Schwadronen der Garde⸗Kavallerie betheiligen, darauf Schieß⸗ übungen der Schützenbataillone, Schützencompagnien und Dra⸗ goner auf dem Mokotowschen Felde und Nachmittags Schießen der gesammten Artillerie auf dem Powonskowschen Felde; Montag den 28. Juli großes Manöver aller im Lager bei War⸗ schau zusammengezogenen Truppen in der Nähe von Beljany.
ꝛ— ‿ Dem Komite für Angelegenheiten des König⸗
reichs Polen ist eine Vorlage des Ministeriums des Innern zugegangen, nach welcher die Bestimmungen des im Reiche zu Kraft bestehenden Statuts für die evangelisch⸗lutherische Kirche mit einigen, durch die lokalen Verhältnisse bedingten Abweichungen auch auf den Warschauer evangelisch⸗lutherischen Konsistorialbezirk ausgedehnt werden sollen.
— Der Schluß des Auszugs aus dem Bericht des General⸗ Adjutanten von Kaufmann über die Einnahme von Chiwa, wie ihn die „St. Petersb. Ztg.“ giebt, lautet:
General⸗Adjutant voen Kaufmann empfing den Chan mit den seinem Range zukommenden Ehrenbezeugungen und gestattete ihm die ernere Verwaltung des Landes. Von denjenigen Personen, welche auf
die Leitung der Angelegenheiten im Chanat Einfluß hatten, ernannte General⸗Adjutant von Kaufmann zum Mitglied des Verwaltungs⸗
rathes den Divan⸗Begi Mat⸗Niasa, den einzigen von den unmittel⸗
baren Räthen des Chans, der durch Verstand, Einsicht und richtige Beurtheilung der vollzogenen Thatsachen die Aufmerksamkeit auf sich
lenkte. Er hatte sich dem General⸗Adjutanten von Kaufmann schon vor dem Einrücken der Truppen in Chiwa und vor der Rückkehr des Chans vorgestellt. Während der ganzen schweren und trüben Zeit, als die Einwohner Chiwas sich in einer höchst aufgeregten Stimmung befanden und nach der Katastrophe, die sie ereilt, noch sinnung kommen konnten, war Mat⸗Nias der einzige verständige und einsichtsvolle Mann unter allen Würdenträgern und Räthen des Chans, mit dem man reden und verhandeln konnte, und der dazu beitrug, die Bevölkerung einigermaßen zu beruhigen.
Die Truppen der drei Detachements, des turkestanischen, Orenburger iud kaukasischen hatten, wie oben erwähnt, auf der Nord⸗ und Ost⸗ eite Chiwas außerhalb der Stadtmauer in den Gärten an drei be⸗
nachbarten Wegen Lager bezogen. Die drei Lager genügten sowohl n ökonomischer als in taktischer Beziehung allen Anforderungen.
Das allgemeine Aussehen der Truppen, ihr Geist und Gesund-
heitszustand lassen nichts zu wünschen übrig. Kranke giebt es in allen drei Detachements nur wenige; die Kräfte der Leute und Pferde haben Aussehen ist gesund und kräftig, als ob sie nicht einen unglaublich schwierigen, in Mittelasien bis jetzt nicht dagewesenen und im höchsten Grade lehrreichen Feldzug von reichlich 1000 Werst zurückgelegt hätten.
Diesen glänzenden Zustand der Expeditionstruppen sowie auch die gewonnenen Resultate, schreibt General⸗Adjutant von Kaufmann dem wahrhaft bemerkenswerthen einmüthigen Eifer und der Hingebung eines Jeden, vom Aeltesten bis zum Jüngsten, für die Erfüllung seiner Pflichten zu und der musterhaften Umsicht und Sorgfalt und Scho⸗ nung der Truppen Seitens der einzelnen Chefs.
Am 16. Juni stieß zum turkestanschen Detachement die bei den Brunnen Alty⸗kuduk zurückgebliebene Kolonne des Obersten Nowom⸗ linski, aus zwei Compagnien des 3. turkestanschen Linienbataillons und einer Division der 2. Batterie des Orenburger Kosakenheeres be⸗ stehend. Mit derselben trafen auch der seiner Zeit ebendaselbst zurück⸗ gelassene Theil des Heeresgepäcks, des Artillerie⸗ und Ingenicurparks und des Feldlazareths ein. Der Kolonne des Obersten Nowomlinski war unter den obwaltenden Umständen die verhältnißmäßig schwerste Prüfung und Ertragung ungewöhnlicher Entbehrungen und Mühfale zugefallen. Bestimmt, das Gepäck bei Alty⸗kuduk zu hüten, das nicht mit dem Detachement selbst fortgeschafft werden konnte, blieb die Ko⸗ lonne des Obersten Nowomlinski über drei Wochen in dieser trostlosen, wasserarmen, heißen und sandigen Wüste. Die Erlangung des Wassers aus den tiefen, engen und krummen Brunnen war mit großen Schwierig⸗ keiten verbunden, da Leute an Stricken in die Brunnen herabgelassen werden mußten, um das Wasser zu schöpfen. Um Wasser in hin⸗ eichender Menge zum Trinken für Menschen und Pferde und zur Speisebereitung zu erlangen, mußte ununterbrochen Tag und Nacht gearbeitet werden. Endlich that die durch die verwesenden Kadaver von Kameelen und anderen Thieren, die alle zu vergraben vollkommen unmöglich war, verpestete Luft noch das ihrige, um den Aufenthalt an den Brunnen Alty⸗kuduk schwer erträglich zu machen.
Trotz dieser drückenden Entbehrungen und Prüfungen, welche die
Truppen der Kolonne des Obersten Nowomlinski ertragen mußten,
während ihre Kampfgenossen vorrückten und schon Zusammentreffen mit dem Feinde hatten, überstanden sie mit bemerkenswerther Stand⸗ haftigkeit und Mannhaftigkeit diesen moralischen und materiellen Kampf (es waren im Detachement während der ganzen Zeit nur neun Kranke), und in guter Ordnung und ungeschwächten Muthes vereinig⸗ ten sie sich vor den Mauern Chiwas mit ihren Waffenbrüdern vom turkestanschen Detachement.
Ein anderer Theil der Truppen des turkestanschen Detachements, die Kolonne des Majors Dreschern (4 Compagnien, eine Division Artillerie und eine Kosakenssotnja), die mit für das ganze turkestansche Detachement zurückgelassen worden war, rückte am 11. Juni von Chala⸗ata aus, erreichte am 14 Juni Utsch⸗tschutschak am Amu⸗Darja und wurde von dort nicht an den Urbergang Scheich⸗aryk, sondern uber Schurachan nach Chanki dirigirt. Nur das Gepäck der Colonne des Majors Dreschern
sollte bei Scheich⸗aryk in Boote, die man sich schen bei Polwan⸗aryk
verschafft hatte, geladen und zu Wasser nach dem Lager des turkestan⸗ schen Detachements vor Chiwa befördert werden. Die Colonne des Majors Dreschern selbst aber mit dem am rechten Ufer des Amu bei Scheich⸗aryk zurückgebliebenen Theil der Kavallerie sollte bei Chanki übersetzen, wohin auch die Ruderflotille flußabwärts folgte.
Die Anordnung, die Kolonne des Majors Dreschern bei Chanki
übersetzen zu l ssen war in der Absicht getroffen, um diesen Uebergang kennen zu lernen und die Truppen auf einem neuen Wege von Chanki aus nach Chiwa gehen zu lassen, wobei man diesen untersuchen und topographisch aufnehmen wollte.
Während des Aufenthalts in Chiwa beabsichtigte man, Partien nach verschedenen Richtungen zu entsenden, um astronomische und topographische Arbeiten auszuführen. Eine dieser Parteien ist bereits
in den Rayon zwischen Chiwa, Cheich⸗aryk, Schurachan, Chanki und Neu⸗Urgenisch abgegangen. 8 um geographische, statistische, ethnegraphische und andere Daten über s Theil.
Auch sind Maßnahmen ergriffen worden,
die Oase Chiwa zu sammeln. So weit der Bericht des General⸗
Adjutanten von Kaufmann. Wir finden ferner im „R. J.“ folgende Nachrichten über die nächsten Maßnahmen in administrativer Bezie⸗ hung, die nach der Einnahme der Residenz des Chans getroffen worden sind.
Aus früheren Mittheilungen ist béreits bekannt, daß nach der
Unterwürfigkeitserklärung seitens des Chans und Wiedereinsetzung des⸗ selben in die Herrschaft zur Verwaltung des Chanats für die Dauer des Verbleibens der russischen Truppen auf chiwesischem Gebiet, ein besonderer Verwaltungsrath eingesetzt wurde, und daß der erste Akt der wiederhergestellten Herrschaft des Chans die Unterdrückung der Sklaverei in seinen Besitzungen gewesen ist. Die Bildung des erwähnten Verwaltungsrathes oder Divans hatte zum Zweck, dem Chan die Führung der administrativen und finanziellen Angelegenheiten des von unseren Truppen besetzten Landes zu erleichtern. Zu Mitgliedern des Verwaltungsrathes gehörten theil⸗ weise Russen, nach der Wahl des Ober⸗Befehlshabers der russischen Truppen im Chanat, theilweise chiwesische Würdenträger, die vom Chan ernannt wurden. 8
Eine der wichtigsten und vornehmsten Fragen, deren Lösung nach dem Einrücken der russischen Truppen in das Territorium des Chanats drängte, war obne Zweifel die der Sklaverei, da einerseits die Würde des russischen Namens das Bestehen der Sklaverei und des Menschen⸗
handels in einem von den Truppen des russischen Kaisers besetzten Lande nicht dulden konnte, andererseits nicht nur die iranischen Skla-⸗
ven Befreiung und Ermöglichung der Rückkehr in die Heimat von der Ankunft der Russen erwarteten, sondern gleichzeitig in Mittel⸗Asien überhaupt die Ueberzeugung herrschte, daß mit dem Erscheinen der Russen der Sklaverei ein Ende gemacht werden würde.
Man hielt es daher für nothwendig, nach der Wiedereinsetzung
des Chans in seine Würde unverzüglich zur Berathung dieser Frage zu schreiten. damit sie noch endgültig gelöst werden könne, bevor der
Oberbefehlshaber der Expeditionstruppen Chiwa verlassen. Die
„ icht zur Be⸗
ch vortrefflich konservirt. Die Truppen sind heiterer Stimmung, ihr
Mundvorräthen
vom Kronprinzen,
schnelle Entscheidung dieser wichtigen Angelegenheit schien um so dring⸗ licher, als die ihren Herren bereits entlaufenen Sklaven, und deren waren nicht wenige, anfingen, Räubereien zu verüben, während die Herren in der Furcht, ihre Sklaven zu verlieren, sie mit den grau⸗ samsten Strafen zum Gehorsam zwingen wollten.
Am 23. Juni lud General⸗Adjutant von Kaufmann Seid⸗Mu⸗ hamed⸗Rachim⸗Chan zu sich ein und setzte ihm die Nothwendigkeit der Sklavenbefreiung in seinen Besitzungen ausführlich auseinander. Nach einigem Schwanken schloß sich der Chan den Argumenten des Ober⸗ befehlshabers an und bat gleichzeitig, die Sache zu beschleunigen um sie noch bei Anwesenheit der russischen Truppen im Chanat zu Ende zu führen.
Am folgenden Tage, den 24. Juni, wurde im Beisein Muhamed⸗ Rachims vom Verwaltungsrath des Chanats eine vom General⸗Ad⸗ jutanten von Kaufmann bestätigte Verfügung erlassen, welche die be⸗ dingungslose Befreiung der Sklaven aussprach und den Modus ihrer Rücksendung in die Heimath regelte. 3
Aus diesem Anlaß erließ der Chan folgende Bekanntmachung zur allgemeinen Promulgation:
„Ich, Seid⸗Muhamed⸗Rachim⸗Bogadur⸗Chan, befehle im Namen der tiefsten Ehrfurcht vor dem russischen Kaiser allen meinen Unter⸗ thanen, unverzüglich allen Sklaven meines Chanats die volle Freiheit zu geben. Von nun an ist die Sklaverei in meinem Chanat auf ewige Zeiten aufgehoben. Möge diese menschenfreundliche That ein Unterpfand sein der ewigen Freundschaft und der Achtung meines ganzrn ruhmreichen Volkes vor dem großen russischen Volke.
Diesen meinen Willen befehle ich in aller Pünktlichkeit bei Ge⸗ wärtigung der strengsten Strafen zu vollziehen, alle ehemaligen Sklaven,
die jetzt frei sind, sollen gleiche Rechte mit meinen übrigen Untertha⸗
nen cenießen und unterliegen gleichen Strafen und gleichem Gericht für Störung der Ruhe im Lande und Unordnungen — weshalb ich sie auch alle zur Ordnung rufe.
„Den ehemaligen Sklaven ist es freigestellt, in meinem Chanat zu leben, wo sie wollen, oder sich aus demselben zu begeben, wohin sie wünschen. Denj nigen, welche das Chanat zu verlassen wünsch n, wer⸗ den besondere Maßnahmen bekannt gemacht werden. Die Sklavinnen werden gleichermaßen wie die Männer befreit; Streitigkeiten verheira⸗ theter Frauen mit ihren Männern werden von den Kasyja's nach dem Scharigat geschlichtet.“
Zwei Tage nach Abgang dieser Bekanntmachung sollte der Chan Befehle zum Sammeln derjenigen Sklaven, die in die Heimath zu⸗ rückzukehren wünschten, an allen Bazarplätzen des Chanats ergehen lassen. Dem von dem Verwaltungsrath des Landes in Betreff der Rücksendung der Perser in ihre Heimath aufge⸗ stellten Modus gemäß sammeln sich die ehemaligen Sklaven an den ihren Wohnorten nächst gelegenen Bazarpunkten, melden sich beim
Vorstand des Ortes, der ein Verzeichniß der Erschienenen anfertigt
und über die Zahl derselben dem Chan Bericht erstattet.
In jeder Stadt wählen die früheren Sklaven aus ihrer Mitte Aelteste, denen sie unter strenger Beobachtung der Gesetze des Chanats Gehorsam leisten. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung weist der Chan die Vorstände der Städte an, jeder Partie in seinem Dienste stehende Personen beizugeben, welche die kleinen Partien bis zum Kischlak Nai⸗ man geleiten. In Naiman befindet sich ein besonderer Bevollmächtig⸗ ter des Chans, welcher die Weiterbeförderung der einzelnen Partien in ihre Heimath zu leiten hat.
Die reichen Perser sind verpflichtet, ihre armen Landsleute, die sich selbst nicht versorgen können, mit dem Nöthigen auf den Weg zu versehen. Bei der Beförderung der einzelnen Partien aus Naiman in die Heimath sind jeder derselben vom Chan hierzu besonders er⸗ nannte Personen beizugeben, welche Befehle des Chans an die am Wege wohnhaften Turkmenen, die entlassenen Sklaven ungehindert in ihre Heimath ziehen zu lassen, bei sich führen, sowie auch Bekannt⸗ machungen, daß im Chanat Chiwa keine Sklaverei mehr existirt und jeder Sklavenhandel strenge Ahndung nach sich zieht. 3
Gleichzeitig ersuchte General⸗Adjutant von Kaufmann den russi⸗ schen Gesandten in Teheran, die persische Regierung von der Rückkehr eines großen Theils der befreiten Sklaven nach Persien in Kenntniß zu setzen, damit sie bei Zeiten für den Empfang derselben an der russischen Grenze und für die Beschaffung der nöthigen Lebensmittel Vorkehrungen treffen könne. 1 b
— Die Friedens⸗Stipulationen für Chiwa theilt der „Golos“ mit:
1) Dem Chanat Chiwa wird eine Kriegskontribution von 2,000,000 R. S. auferlegt, von denen 1,200,000 R. S. auf das Chanat Chiwa selbst und 800,000 R. auf den südlich von Chiwa nomadisirenden Stamm der turkmenischen Jomuden, dessen Mittel⸗ punkt die Stadt Kasawa bildet, kommen. Die Entrichtung der Kon⸗
tribntion hat in sieben Jahren zu erfolgen (dieser Termin ist mit Rücksicht auf die finanziellen Mittel des Chanats fixirt, dessen Ein⸗
nahmen sich auf nur 400,000 R. jährlich belaufen.) Für die Zah⸗ lung der Kontribution Seitens der Jomuden leistet der Chan von Chiwa Garantie. 2) Zur Sicherstellung der Kontributionszahlung werden bis zum vollständigen Eingehen derselben die russischen Truppen folgende Punkte besetzen: a. Schurachan, eine kleine Festung am rechten
Ufer des Amu⸗Darja mit 3000 Einwohnern und einer Passage über
den Fluß und b. Kungrad am linken Ufer des Amu mit 5000 Einwoh⸗
nern. 3) Für die Verpflegung der russischen Truppen während der ganzen Zeit ihres Kantonnements auf chiwesischem Gebiet hat die örtliche 4) Die Todesstrafe ist im Chanat
Bevölkerung Sorge zu tragen. Chiwa auf ewige Zeiten abgeschafft. 5) Das Chanat Chiwa bleibt ein selbständiger Staat unter der Regierung des Chans 6) Die na⸗ türliche Grenze des Chanats Chiwa wird der Amu⸗Darja bilden. Alle früberen Besitzungen der Chiwesen am rechten Ufer des Amu⸗ Darja fallen Buchara zu, als Entschädigung für die von den Bucha⸗ ren in diesem Feldzuge den Russen geleistete Hülfe 7) Der Abmarsch der russischen Truppen unter dem Befehl des Generals Kaufmann aus der Residenz des Chanats Chiwa, erfolgt am 15. August d. J.
Schweden und Norwegen. Christiania, 23. Juli. An dem großen Krönungsball, den die Stadt Christiania am Freitag Abend veranstaltete, nahmen gegen 1900 Personen
— Am Sonntag Vormittag (20. Juli) wohnte der König und die Königin dem Gottesdienste in der Frauenkirche in Drontheim bei. Um 2 Uhr Mittags war große Militär⸗ parade der Infanterie, Kavallerie und Artillerie, zusammen über 3000 Mann; der König war zu Pferde, begleitet Prinz Arthur und dem General⸗ stabe; die Königin, sowie die übrigen Prinzen nebst Prinz Wal⸗ demar von Dänemark wohnten der Parade zu Wagen bei. Abends
fand der von der Bürgerschaft Drontheims veranstaltete glänzende
Ball statt, welchen alle Hohen Herrschaften außer dem Prin⸗ zen Arthur von Großbritannien mit ihrer Gegenwart beehrten. — An den beiden folgenden Tagen wurden Feldmanöver in der Umgegend von Drontheim abgehalten, denen außer dem König auch der Kronprinz und Prinz Arthur beiwohnten.
Am Freitag, 25. Juli, verlassen der König und die Kö⸗ nigin Drontheim und werden am 1. August hier ankommen, wo der Kronprinz des Deutschen Reichs und von Preußen am 5. d. M. erwartet wird.
Der König hat am Krönungstage sämmtliche Arme der Stadt Christicnia — in einer Anzahl von 3000 — auf seine Kosten speisen lassen.
— Der Staatsrath Stang ist nach Aufhebung des Statt⸗ halter⸗Postens zum Staats⸗Minister für Norwegen er⸗
nannt worden.
— 24. Juli. „Morgenbladet“ zufolge wird hier ein großer Bürgerball für den König und die Königin nach ihrer Ankunft von der Krönung in Drontheim veranstaltet werden.
28. Juli. (W. T. B.) Nach in Kopenhagen einge⸗
gangener Nachricht ist die Cholera in Lund zum Ausbruch gekommen.
Dänemark. Kopenhagen, 28. Juli. Prinz Arthur von Großbritannien ist heute Mittag auf Schloß Fredens⸗ borg eingetroffen.
— Ein heutiger Erlaß des Justiz⸗Ministeriums ver⸗ ordnet, daß die gesetzlichen Maßre eln gegen die Einschleppung der Cholera den aus Königsberg und Neufahrwasser kom⸗ menden Schiffen gegenüber in Kraft treten sollen.
Afrika. Von der Westküste bringt der am 25. ds. in Liverpool eingetroffene afrikanische Postdampfer „Soudan“ die neuesten Nachrichten über den Ashanti⸗Krieg. Darnach hatte in Cape Coast Castle kein Treffen mehr mit den Ashanti's statt⸗ gefunden, aber man befürchtete Nachtangriffe auf das Einge⸗ bornenquartier der Stadt. Die Marinesoldaten und Matrosen des Geschwaders waren gelandet, um jeden etwaigen Angriff ab⸗ schlagen zu helfen.
Nationaldank für Veteranen.
Die Cölnische Feuer⸗Versicherungs⸗Gesellschaft Colonia in Cöln hat dem Nationaldank für Veteranen in Gemäßheit der Bestimmun⸗ gen der mit derselben unterm 3. Juni 1854 vereinbarten, und von dem Allerdurchlauchtigsten Protektor der Stiftung umterm 11. desselben Mo⸗ nats und Jahres Allerhöchst bestätigten Stiftungs⸗Urkunde in Stelle des Antheils an der Prämien⸗Einnahme der gedachten Gesellschaft für das Jahr vom 1. Juli 1872 bis dahin 1873 den Aversional⸗ Beitrag von 1000 Thlr. üverwiesen, welche Summe den Bestimmun⸗ gen der Stiftungs⸗Urkunde gemäß zur Verwendung kommt
Nr. 56 des „Amts⸗Blatts der Deutschen Reichs⸗Post⸗ Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: General⸗Verfügung vom 25. Juli 1873. Angabe der Postbezirke, in welchen die Adressaten wohnen, auf den Adressen der Briefpostsendungen nach Berlin. Ge⸗ neral⸗Verfügung vom 25. Juli 1873. Berechnung des Abonnements⸗ preises für zwei⸗ und einmalige Postabonnements auf Zeitungen.
— Die Nr. 15 des „Central⸗Blatt der Abgaben⸗,Gewerbe⸗ und Handels⸗Gesetzgebung und Verwaltung in den Kö⸗ niglich preußischen Staaten“ hat folgenden Inhalt: Indirekte Steuern. Abgaben vom Verkehr mit dem Auslande (Zoll⸗ und Ueber⸗ gangs⸗Abgaben). Cirkular⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministe⸗
riums, die Befugnißerweiterung des Kaiserlichen Hauptzollamts zu Bremen betreffend, vom 2. Juni 1873. — Crkular Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, die Bezeichnung des auf Eisenbahnen beförderten Zollguts durch farbige Zetkel betreffend, vom 9. Juni 1873. — Cirkular⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums,
die Königlich bayerischen Uebergangestellen in Zell und Edesheim be⸗
treffend, vom 9. Juni 1873. — Cirkular⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, de Befugnißerweiterung des Herzoglech sächsi⸗ schen Steuer⸗ und Rentamts Ronneburg betreffend, vom 9. Juni 1873. — Cirkular⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, die Aufhebung des Großherzoglich sächsischen Steueramts zu Berka be⸗ treffend, vom 12. Juni 1873. — Cirkular⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, die Erklärung der Eisenbahn von Furth a./W. nach Breslau als Uebergangsstraße und die Befugnißerweiterung der Zollexpedition am Niederschlesisch⸗Märkischen Bahnhofe in Breslau betreffend, vom 13. Juni 1873. Cirkular⸗Verfügung des König⸗ lichen Finanz⸗Ministeriums, die Befugnißerweiterung des Großherzog⸗ lich oldenburgschen Nebenzollamts I. zu Berne betreffend, vom 18. Juni 1873. — Cirkular⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗Mini⸗ steriums, die Umwandlung des Königlich bayerischen Nevenzollamts I. Schirnding in ein Nebenzollamt II. betreffend, vom 19. Juni 1873. — Cirkular⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, die Befug⸗ nißerweiterung des Nebenzollamts II. Moyeuvre⸗Grande und des Steueramts Hayingen in Elsaß⸗Lothringen betreffend, vom 19. Juni 1873. — Cirkular⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, die Befugnißerweiterung der Zollabfertigungsstelle auf dem Bahnhofe Templerbend zu Aachen betreffend, vom 20. Juni 1873. — Cirkular⸗ Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, die Umwandlung der Nebenzollämter I. zu Tülje und Herzogenrath in Nebenzollämter II. betreffend, vom 26. Juni 1873. — Branntwein⸗ und Braumalz⸗ Steuer. Cirkutar⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, die Verwendung von Biercouleur und anderen Malzsurrogaten bei der Ausfuhr von Bier betreffend, vom 27. Mai 1873. — Cirkular Ver⸗ fügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, die Ausfuhrvergütung für parfümirten Spiritus betreffend, vom 27. Mai 1873. — Per⸗ sonal⸗ Chronik.
Statistische Nachrichten.
Dresden, 25. Juli. Der „Anz.“ bringt eine Uebersicht des Schülerbestandes der hiesigen öffentlichen und Privat⸗ schulen vom 1. Juni d. J. Hiernach beträgt die Zahl der Dresdner Schulen 79, die Gesammtzahl der Schüler 25,200, und zwar 13,316 Knaben und 11,884 Mädchen.
— In dem kürzlich veröffentlichten Jahresberichtdes Stutt⸗ garter Gewerbe⸗Vereins für das Jahr 1872/73 ist u. A. ein Vortrag des Ober⸗Bürgermeister Dr. Hack, welcher die Einrichtung des Gemeindesteuerwesens in Württemberg mit besonderer Be⸗ ziehung auf Stuttgart behandelt, abgedruckt. Des Vergleiches wegen ist in demselben der Betrag der Gemeindesteuern angegeben worden, welcher in verschiedenen größeren deutschen Städten auf den Kopf der Bevölkerung entfällt; derselbe ist folgender:
Bevölkerung. Steuerbetrag pro Kopf. Thlr. 18 Sgr.
7
1) Berlin (1870) . 2) Breslau (1869) 8 3) München (1870) 8 4) Stuttgart (1870). „ 5) Leipzig (1869). 8 0; Cöln (1868) . „ 7) Königsberg (1870) 5 2 2 82 2
circa 800,000 Einw. 180,000 186,000 84,000 100,000 117,000 108,000 170,000 80,000 90,000
92 O0d O0 0 e
8) Dresden (1870)
9) Nürnberg (1869).
10) Danzig (1870)..
11) Mannheim (1870) 36,000
12) Karlsruhe (1867). 33,000 „ Kunst und Wissenschaft.
Graudenz, 20. Juli. Gestein Nachmittag wurde auf einem Hügel des in Adlig Lunau belegenen Frieseschen Grundstücks ein Hünengrab geöffnet. Es wurden 16 auf einander gestellte kleine und größere Urnen gefunden, die zum Theil noch sehr gut erhalten waren. Mehrere wurden herausgenommen, und es fanden sich bei ihrer Entleerung Sand und Knochentheile darin. Die Festigkeit und Stärke der Knochenüb rbleibsel, wird der „N. A. Z.“ geschrieben, läßt auf ein kraftiges Naturvolk schließen, das einst hier gewohnt hat. — Das Grab, ungefähr 1 ½ Fuß tief. 2 Fuß breit und 4 Fuß lang, bildet ein Rechteck, ist mit gespaltenen Felssteinplatten umgeben und war auch mit 2 solchen Steinplatten bedeckt.
München, 24. Juli. Die diesmaligen Wahlen der König⸗ lichen Akademie der Wissenschaften haben die Genehmigung des Königs erhalten und es wurden bestätigt: 1) Auswärtige Mit⸗ glieder: Phrlos ⸗pbilol. Klasse: Dr. Eduard Zeller, Professor in Berlin, Dr. John Mair in Edinburgh. Mathem.⸗phyf Klasse: Dr. Gustav Rose, Professor der Mineralogie in Berlin (am 15. d. M. gestorben), Dr. Ernst Brücke, Hofrath und Professor der Physik in Wien. 2) Korrespondirende Mitglieder: Philos.⸗Philolog. * Dr. Gg. Fr. Unger, Professor am Gymnasium in Hof, Dr. Ernst Trumpp in Tübingen, Gutbrandus Vigfusson, magister urbium in Oxford. Math.⸗phys. Klasse: Dr. Heinrich Will, Professor der Chemie in Gießen, J. W. Schiaparelli, Direktor der Sternwarte zu
4
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