1873 / 213 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Sep 1873 18:00:01 GMT) scan diff

halb jedes Infektionsheerdes geblieben sind, besonders aber dann, wenn mehrere, räumlich von einander entfernte Individuen, nachdem sie von einem und demselben verdächtigen Nahrungsstoff genossen, an leichteren eder schwereren Formen der Cholera erkrankt sind. Dabei kann es sich natürlich nur um die Rolle handeln, welche Nahrungsmittel als Träger des Krankheitsstoffes spielen, nicht um anderweitige schädliche Einflüsse derselben auf den Organismus.

Trinkwasser, aus Flüssen, Quellen oder Brunnen gewonnen, kann entweder durch direktes Hineinschütten des Krankheitsstoffes, oder, wie besonders bei Quellen oder Brunnen, in Felge von Durch⸗ siekerung desselben in den Boden oder endlich dadurch inftzirt sein. daß durch Choleragift beschmutzte oder mit demselben imprägnirte Gegenstände in den betreffenden Wasserbehältern ge⸗ reinigt worden sind. Die Kommission hält es für eine der ersten Aufgaben der öffentlichen Hygiene, für gutes Trink⸗ wasser überhaupt zu sorgen und da, wo exakte Untersuchungen eine Verunreinigung desselben nachgewiesen haben, dessen Gebrauch zu in⸗ hibiren; mit Freude begrüßt sie daher die von einigen deutschen Staa⸗ ten angebahnten Bestrebungen, die Beschaffung des Trinkwassers in möglichst vielen Orten untersuchen zu lassen, um auf Grund der hier⸗ bei gewonnenen Resultate die geeigneten administrativen Maßregeln u treffen. So schädlich aber auch der Genuß eines verunreinigten

inkwassers für das Individium sein kann, so wenig a priori in

Abrede gestellt werden soll, daß dem verunreinigten Trinkwasser auch Krankheits⸗ resp. Choleragift beigemischt sein, und der Genuß dessel⸗ ben daher das Auftreten der entsprechenden Krankheit zur Folge haben kann, so fehlt uns vorläufig doch jeder Anhalt, um in einem bestimm⸗ ten Falle mit Sicherheit darüber zu entscheiden, ob das Zusammen⸗ treffen von Cholera mit dem Genusse von verunreinigtem Trinkwasser in einen direkten ursächlichen Zusammenhang gebracht werden darf. Die mikroskepischen und chemischen Untersuchungen lehren uns vor⸗ läufig nichts weiter, als daß ein Trinkwasser relativ rein, oder durch Bei⸗ mischung von anorganischen, organischen oder organisirten Stoffen ver⸗ unreinigt ist; ob dasselbe in seiner Verunreinigung auch Cholerastoff enthält, läßt sich in exakter Weise nicht bestimmen, da weder die phy⸗ sikalischen noch die chemischen Eigenthümlichen dieses Stoffes bekannt sind. Man würde sich daher einem Irrthum hingeben, wollte man in solchen Fällen, wo der Genuß eines an organischen Stoffen oder deren Zersetzungsprodukten oder organisirten Körpern reichen Wassers mit dem Auftreten von Cholera zusammenfällt, ohne Weiteres einen Schluß post hoc ergo propter hoc machen. Es müßte, zur Begründung eines solchen Schlusses, mindestens der Nachweis geführt werden, daß das betreffende Trinkwasser vor dem Auftreten der Krankheit rein ge⸗ wesen, die Krankheit sich also erst nach Verunreinigung desselben ent⸗ wickelt hat. Entscheidender für die vorliegende Frage würde sein, wenn sich nachweisen läßt, daß die Krankheit gleichzeitig in größeren Kreisen aufgetreten ist, welche eben nur das mit einander gemein haben, daß sie sich desselben verdächtigen Wassers als Trinkwasser bedient haben, wobei allerdings die Untersuchung fernerhin festzustellen hätte, ob dasselbe Wasser nicht auch anderweitig in großem Umfange getrunken oder für kuli⸗ narische Zwecke verwendet worden ist, ohne hier zu dem Auftreten der Krankheit Veranlassung gegeben zu haben. Am häufigsten ist der Schluß auf Infektion durch Trinkwasser in denjenigen Fällen gemacht worden, in welchen die in weiterer Verbreitung vorherrschende und mit dem Genusse des verdächtigen Wassers in einen kausalen Zusammen⸗ gebrachte Krankheit in dem ganzen Bezirke, der sich dieses afsers bedient hat, erloschen ist, sobald der Gebrauch desselben ab⸗ solut inhibirt war; aber auch in diesen Fällen hat man sich vor Fehl⸗ schlüssen zu hüten, man wird namentlich da, wo es sich um Epidemien von Häusern oder Häuserkomplexen handelt, zu bedenken haben, daß solche Epidemien von relativ kurzem, 2—3 Wochen dauernden Bestande sind und die Schließung des verdächtigen Brunnens daher sehr wohl mit dem Momente zusammenfallen kann, in welchem die Epidemie ohnehin ihren Abschluß findet. 8 Eine Verunreinigung des Nutzwassers mit dem Krank⸗ heitsstoffe ist in gleicher Weise wie die des Trinkwassers recht wohl möglich, und dasselbe kann alsdann bei seiner Verwen⸗ dung zu den verschiedenen kulinarischen und häuslichen Zwecken, so zu der Zubereitung von Speisen, zu der Reinigung von Zimmer⸗, Haus⸗ und Küchengeräthen u. s. w. eine reiche Quelle für die Verbreitunz des infizirenden Agens abgeben. Die Annahme, daß infizirtes Wasser durch Abkochen unschädlich gemacht wird, ist vorläufig noch des Beweises bedürftig, wenigstens ist noch nicht erwiesen, daß alle in einem solchen Wasser befindlichen spe⸗ ifisch schälichen Stoffe in der That durch die Siedehitze zerstört werden.

Hinsichtlich der Abzugskanäle und speziell solcher, welche zur Abführung der aus bewohnten Baulichkeiten kommenden Abfälle be⸗ stimmt sind, empfiehlt sich ganz besonders eine Berücksichtigung der Frage, ob sich die Verbreitung der Krankheit in einzelnen Häuser⸗ gruppen, Straßen, Quartieren ꝛc. mit dem Verlaufe und der Kom⸗ munikation jener Kanäle (Siele, Gossen, Rinnsteine, Straßengräben ꝛe.) in einen bestimmten Zusammenhang bringen läßt.

Der Einfluß der Aborte auf die Krankheitsverbreitung kommt selbstverständlich ganz besonders in Frage, wenn in der That, wie ziemlich allgemein angenommen wird, die Darm⸗ und Urinentleerungen des Cholerakranken das eigentliche Vehikel des Choleragiftes abgeben. Die Untersuchung wird bei der Verbreitung der Krankheit in einer Räumlichkeit oder von dieser aus zunächst festzu⸗ stellen haben, welcher Art die Aborte sind ob Nachtstühle, Tonnen, Waterklosets, Gruben ꝛc. und sodann ganz besonders die Beantwortung der Frage ins Auge zu fassen haben, ob, wenn in einer Räumlichkeit mehrere Defekationsinstitute bestehen, sämmtliche Erkrankungen auf eines derselben zurückgeführt werden kön⸗ nen, oder, wenn die Infektion von mehreren Aborten ausgegangen zu sein scheint, dieselben durch die Abfallrohre oder durch die Abzugs⸗ kanäle oder durch die Senkgruben im Zusammenhange stehen. Eine besondere Aufmerksamkeit ist denjenigen Verhältnissen zuzuwenden, in welchen die Entlecrungen des Cholerakranken nicht in Gruben oder Abzugskanäle geschüttet, sondern an besonders hiccfür hergerichteten Orten in den Boden gebracht und verscharrt werden, sowie solchen Einrichtungen, (sogen. Kübelsystem), bei welchen sämmtliche Auswurf⸗ stoffe und mit diesen die Dejektionen von Cholerakranken in offene Gruben, Kanäle oder Bäche geschüttet werden, und von hier aus, bei lässigem Verfahren, durch die Gefäße, in welchen die Exkremente ent⸗ halten gewesen sind, sowie auf andere Weise wieder in bewohnte Räume zurückverschleppt werden können.

Wasserlaufe (Flüsse, Bäche u. s. w.) können, abgesehen von ihrem Einflusse auf das umgebende Terrain und von ihrer Eigenschaft als Straßen des menschlichen Verkehrs, dadurch zu Trägern und Ver⸗ breitungsmedien des Cholerastoffes werden, daß dieser entweder direkt in dieselben gelangt ist, oder an Stoffen (Holz, Stroh u. a. vom Wasser getragene Gegenstände) haftet, welche in Wasserläufe gelangen und von weiter geführt, zur Ursache der Krankheitsverbreitung werden öunen.

Die Annahme, daß eine wirksame Verbreitung des Krankheits⸗ giftes auf weite Entfernungen hin durch Luftströmungen erfolgen ann, findet weder in den bisber gemachten Erfahrungen eine hin⸗ reichende Stütze, noch ist sie a priori wahrscheinlich, da der Krankheits⸗ stoff innerhalb größerer Luftmassen wohl so verdünnt wird, daß er seine Wirksamkeit einbüßt; andererseits aber zwingen die vorliegenden Thatsachen zu der Voraussetzung, daß die Luft in nächster Nähe von Cholerakranken oder von anderen infizirten Gegenständen Träger des Infektionsstoffes werden kann. Daß das in der Luft eines Infektions⸗ heerdes suspendirte Krankheitsgift ebensowohl direkt durch den Athmungs⸗ prozeß, wie indirekt, d. h. nachdem es sich auf Gegenstände nieder⸗ geschlagen, in den menschlichen Organismus eingeführt werden kann, bedarf keiner weiteren Erläuterung.

III. Erforschung der individuellen Emfänglichkeit. Es ist bekannt, daß jede auch ganz spezifische Krankheitsursache nicht mit absoluter Nothwendigkeit zu jeder Zeit und unter allen Ver⸗ hältnissen im menschlichen Organismus die betreffende Krankheit er⸗ gen, daß die Ursache nicht stets zur Wirkung gelangen muß, son⸗ ern daß gewisse Bedingungen im menschlichen Körper hierzu erforder⸗

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lich sind, deren Zusammentreffen die persönliche Empfänglichkeit, die individuelle Disposition darstellt.

Die Ursachen der Empfänglichkeit für Cholera, dere Krankheit, werden zu suchen sein:

1) im Inviduum selbst in Alter, Geschlecht, Konstitution, bisberigem Gesundheitszustande, früher überstandener Cholera, Schwangerschaft, Wochenbett, in der Lebensweise desselben, der Art der gewohnten Ernährung, Mangel, Uebermaß, zumal in geistigen Getränken, in einzelnen unverdaulichen oder Durchfall erregenden Speisen, in der Gemüthsstimmung Kummer, Schreck, Furcht;

2) in der Umgebung des Individuums, unter deren ständiger Ein⸗ wirkung es sich befindet in der Wohnung in Bezug auf Quantität und Qualität der Luft, in der Kleidung, durch Mangel an Ausglei⸗ chung der atmosphärischen Einflüsse, in dem Grade der Reinlichkeit,

in der Beschäftigung.

Insofern alle diese Verhältnisse die Widerstandsfähigkeit eines Individuums steigern oder herabsetzen, bicten sich auch Anhaltspunkte zur Erforschuag der Inkubations zeit der Krankheit, d. h. derjenigen Zeit, welche zwischen der Aufnahme der wirkenden Ursache der Krankheit und deren Ausbruch im Körper liegt. Zu der Feststellung dieses Zeitraumes können jedoch nur Beobachtun⸗ gen solcher Fälle verwendet werden, welche nicht fortdauernd in Be⸗ rührung mit der Krankheitsursache geblieben waren, bei denen viel⸗ mehr die Zwischenzeit zwischen der Gelegenheit der Infektion und dem Ausbruche der Krankheit bemessen werden kann.

IV. Erforschung der unter II. und III. aufgeführten Mo⸗ mente unter besonderen Verhältnissen.

Von ganz besonderem Interesse ist es, darüber Erörterungen an⸗ zustellen, ob sich bei gleichaltrigen, unter gleichen Verhältnissen zu⸗ sammenlebenden Personen Momente auffinden lassen, welche es er⸗ klären, warum die einen von der Krankheit ergriffen werden die an⸗ deren nicht. Hierher gehören vor Allem die Gefängnisse, Straf⸗ anstalten und Krankenhäuser für Militär und Civil, Irren⸗ hbäuser, Pfründe⸗ und Versorganstalten, Lehranstalten für Militär und 9 geschlossene Fabriken, Garnison⸗ anstalten für die gesunde Mannschaft (Kasernen, Kasematten, Baracken, Bürgerquartiere, Wacht⸗ und Arrestlokale). Hinsichtlich der in einer der gedachten Lokalitäten etwa vorkommenden Choleraerkran⸗ kungen sind folgende Punkte besonders zu beachten:

A. Oertliche Verhältnisse.

1) Lage in Bezug auf das Verhältniß zu den übrigen Ortstheilen, ob höher oder niedriger gelegen, ob von diefen isolirt ꝛc., auf den Un⸗ tergrund, von der Bodenoberfläche bis zur nächsten wasserführenden Schicht, ob Felsen oder durchlässiger Boden, auf den nächsten Wasser⸗ lauf, ob nahe oder fern.

2) Konstruktion der Gebäude, ob ein einziges oder mehrere, wie⸗ viel Stockwerke ꝛc. 1

3) Innere Einrichtung, ob Isolir⸗ ob die Wohnräume getrennt von den wohnten Räume nur Gänge sich befinden. 1

4) System der Ventilation, Heizung und Beleuchtung.

5) Beseitigung der Auswurfstoffe,

a. der menschlichen; ob Kübelsystem oder Abortsystem. Hinsicht⸗ lich der Kübel: wie oft sie entleert werden, wohen, von wem, ob desinfizirt, event, womit, wie oft. Hinsichtlich der Aborte: ob in den Wohnräumen selbst, ob Waterkloset oder Erdkloset, mit oder ohne Trennung der festen und flüssigen Stoffe, ob die Fallrohre aus Holz, Thon, Asphalt oder Metall, ob mehrere Sitzbecken mit einem F verbunden, ob das Fallrohr ventilirt, durch

Fallrohre B 89 lamme, durch Kommunikation mit einer Esse, durch Ventilator. ob Trennung der festen und

wie für jede an⸗

oder gemeinsame Räume, ennt den Schlafräumen, ob die be⸗ auf einer Seite oder auf beiden Seiten der

Hinsichtlich der Tonnen und Gruben: flüssigen Stoffe, ob, beziehungsweise in welcher Weise ventilirt, wie oft geräumt, ob, beziehungsweise womit desinfizirt;

b. der Haushaltungs⸗ und Küchenabfälle: Asch⸗ und Kehricht⸗ behälter, Abzugskanäle: wo gelegen, ob gespült, ob ventilirt, ob gegen das Innere des Hauses abgeschlossen, eventuell in welcher Weise.

6) Beschaffenheit des assers: ob zum ausschließlichen Gebrauch, ob Röhrwasser eventuell woher, in was für Röhren, ob Pumpwasser: wie tief die Brunnen, in welcher Lage zu den Senkgruben, durch welche Schichten gehend. Ob das Wasser stets aushaltend, ob ein und das⸗ jelbe Wasser als Trink⸗ und Nutzwasser verwendet. Ob von einem in oder bei dem betreffenden Orte vorkommenden, zweifellos nicht ver⸗ unreinigten Wasser bei mikroskopischer und chemischer Untersuchung verschieden, eventuell in welcher Beziehung. 1“

Individuelle Verhältnisse.

1) Kleidung: worin bestehend, ob bei allen dieselbe.

2) Verköstigung: worin bestehend, ob bei allen dieselbe.

3) Lagerstätten: ob Pritsche, Bettstelle, Lager auf dem Fußboden, Strohsack, Matratze, Deckbett oder wollene Decken, womit die Kopf⸗ kissen gefüllt, ob die Lagerstätte auch bei Tage in dem Wohnraume, wenn nicht, wo sie bei Tage aufbewahrt wird.

4) Beschäftigung: worin bestehend, ob nur innerhalb der Anstalt oder auch außerhalb derselben.

C. Verlauf der Krankheit. Schilderung des ersten Falles mit besonderer Berücksichtigung der Frage, welcher Art der etwa mit der Außenwelt stattgehabte Verkehr gewesen.

„Angabe der Reihenfolge, in welcher die späteren Fälle aufgetreten, mit besonderer Bezeichnung der einzelnen Räume, Arbeitssäle, Schlaf⸗ säle, in welchen Fälle zur Beobachtung gekommen, und der Lage der⸗ selben zu einander.

Angabe etwaiger Unterschiede in den örtlichen oder individuellen Verhältnissen hinsichtlich der in einer und derselben Räumlichkeit von der Krankheit Befallenen und Nichtbefallenen.

Mittheilung darüber, ob schon früher Cholerafälle in der Räum⸗ lichkeit vorgekommen: wann, in welchen Theilen derjelben.

Angabe der ctwa gegen die Einschleppung und Weiterverbreitung der Cholera getroffenen Maßregeln.

In Betreff der Gefängnisse und Strafanstalten, Krankenhäuser und geschlossenen Fabriken kommen außer den obengenannten Punkten noch felgende in Betracht: b .1) in Gefängnissen u. s. w.: worin die Strafverschärfungs⸗ mittel bestehen (Kostentziehung, Dunkelarrest, körperliche Züchtigung), Dauer der Haft zur Zeit der Erkrankung;

2) in Krankenhäusern: ob und welcher Weise die Cholera⸗ kranken von den übrigen Kranken abgesondert sind; ob im Falle der Absonderung auch auf den nicht zur Aufnahme von Cholerakranken bestimmten Abtheilungen Erkrankungen an Cholera vorgekommen sind, bejahenden Falles, ob sich dieses Vorkommen auf einzelne bestimmte Räaͤumlichkeiten beschränkt, ob in diesen Fällen ein Verkehr mit Cho⸗ lerakranken in⸗ und außerhalb der Anstalt durch Vermittelung von Personen (Arzt, Wartepersonal, Besucher) oder von Gegenständen (Speisen, Effekten, Kranken⸗Utensilien, wie Steckbecken ꝛc) oder durch die Aborte nachweisen läßt. Ob Aerzte, Wärter, Leichendiener von der Krankheit ergriffen worden und unter welchen Verhältnissen, ob unter den in der Anstalt ergriffenen Kranken besondere Krankheiten eine größere Empfänglichkeit dafür begründen oder umgekehrt, wie mit den Leichen verfahren, und in welcher Weise die Desinfektion ausge⸗ führt worden;

. 3) in geschlossenen Fabriken, ob der Erkrankte in den Fabrik⸗ räumen oder außerhalb derselben wohnt, in letzterem Falle, welches Aufenthalt, sein Verkehr ist und ob ein Zusammenhang mit Kran⸗ ee oder infizirten Räumen oder Gegenständen aufzufinden.

Bei weiterer Verbreitung der Krankheit sind die einzelnen Fälle nach Wohnung, Fabrikräumen, gewöhnlichem Aufenthalt, Beschäfti⸗ gungsweise zu verfolgen und darauf zu achten, ob die Krankheit nur Arbeiter einzelner B. chäftigungszweige trifft und welche, bei Zugang der Arbeiter von verschiedenen Ortschaften, ob anzunehmen, daß die Ergriffenen zu Hause oder in der Fabrik sich die Krankheit zugezogen haben und ob die Erkrankungen nur die Bewohner gewisser Ortschaften betroffen, ob die Art der Fabrikation von Einfluß, ob die Verkösti⸗ gung in der Fabrik erfolgt, oder die Nahrungsmittel mitgebracht oder

Bei dem Vorkommen von Cholera in einer Garnison ist es

von Interesse, ob dieselbe ein offener Ort oder eine Festung, ferner die

ahl und Beschäftigung der Bewohner des Ortes, Zahl der bewohnten

äuser, Lage und Umgebung, ob an einem Flusse, einer Eisenbahn;

alubrität derselben, ob früher schon von Cholera befallen, effektive

Stärke der . Truppengattung, Art des Dienstes zur Zeit des Auftretens der Krankheit und einige Monate vorher,

Uebungen außerhalb der Garnison, Wachtdienst besonders bezüglich des Turnus, in welchem derselbe die einzelnen Mannschaften betrifft, bisherige Salubrität der Truppen, Verkehrsverhältnisse der Sol⸗ daten mit der Civilbevölkerung.

Maßregeln gegen Einschleppung und Weiterverbreitung der Krank⸗ heit, Erfolg derselben.

„Hinsichtlich des Vorkommens von Cholerafällen in Bergwerks⸗ distrikten sind folgende Punkte von Wichtigkeit:

A. Oertliche Verhältnisse.

Art des Bergbaues (ob Erz oder Kohlen), Zahl und Tiefe der Schäͤchte, Temperatur und Kohlensäuregehalt der Luft in denselben, Beschaffenheit und Häufigkeit der Wetter, System der Zu⸗ und Abfuhr der Luft, Beseitigung der Dejektionen. Stärke der Belegschaften, Dauer der Schichten, Art des Aus⸗ und Einfahrens (ob mittels Fahrzeuges oder auf Leitern).

B. Individuelle Verhältnisse.

Lohnverhältnisse, Nahrung, Kleidung, Hautpflege (Gelegenheit zum Bade), Krankenkassen.

. Verlauf der Krankheit. . Schilderung des ersten Falles, der Ausbreitung unter den an ver⸗ schiedenen Orten wohnenden Arbeitern einer und derselben Belegschaft, Zahl der Befallenen und der Gesundgebliebenen in jeder Belegschaft, unterscheidende Merkmale zwischen Gesundgebliebenen und Befallenen.

Von den das Vorkommen der Cholera auf Schiffen be⸗ treffenden Fragen sind felgende beachtenswerth:

A. in Bezug auf das Schiff, g* Proviant und eventuell die Schiffs⸗ adung:

1) Namen des Schiffes, Natur desselben (ob Kriegs⸗, Auswan⸗ derer⸗ oder Kauffahrteischiff, ob Eisen⸗ oder Panzerschiff, ob Segel⸗ oder Dampfschiff), Alter des Schiffes, Tonnengehalt desselben, nebst Angabe, ob und wann auf demselben schon früher Cholera ge⸗ herrscht hat; 1

2) Beschreibung der übrigen hygienischen Verhältnisse des Schiffes, mit besonderer Berücksichtigung der Reinigung, der Feuchtigkeitsver⸗ hältnisse, der Lüftung inkl. Kohlensäure⸗Bestimmung, der Beschaffen⸗ heit der Schlafgelegenheiten (ob Kojen oder Hängematten, in letzterem 2 Ort und Art ihrer Aufbewahrung während des Tages), und des

ielwassers (Bilgwasser);

3) Angabe der Orte und Lieferanten, von welchen der Proviant bezogen war, sowie eventuell der Schiffsladung oder der Natur des Ballastes und woher dieselben stammten.

4) Mittheilung über den Bezug des Trinkwasses auf dem Schiffe, ob dasselbe aus Huellen oder Flüssen genommen, oder ob durch Destillation gewonnen, nebst Angabe der Aufbewahrung desselben in Fässern oder eisernen Behältern;

5) Angabe der Vorrichtungen auf dem Schiffe zur Beförderung der Nothdurft (ob Gallion, Klosets oder Nachtstühle).

B. in Bezug auf die Schiffsmannschaft event. die Passagiere:

1) Seemännische Kopfstärke der Besatzung event. der Passagiere, mit spezieller Angabe a. auf Kriegsschiffen: der Zahl der Offiziere, Deckoffiziere, Kadetten, Seeleute, Schiffsjungen, Soldaten und event. des Maschinenpersonals, b. auf Auswanderer⸗ und Kauffahrteischiffen die Zahl der Offiziere, Seeleute Schiffsjungen und event. Passagiere;

2) Angabe der Binnen⸗ oder Hafenorte, aus welchen bei der Ab⸗ fahrt oder im Verlaufe der Reise die Mannschaft, resp. die Passagiere aufs Schiff gekommen sind, nebst Angabe, ob in einem oder mehreren dieser Orte Cholera zur Zeit der Eiaschiffung derselben oder im Jahre zuvor geherrscht hat, und möglichst genaue Ermittelung dessen, was die Mannschaft und die Passagiere an Gepäck, Betten und Nahrungsmitteln in dieser Zeit an Bord gebracht haben, sowie der Aufbewahrungsart oder Verwendung dieser Gegenstände.

1 C. in Bezug auf die Reise:

a. Schilderungen derselben nach Ort und Zeit, mit spezieller An⸗ gabe des Tages, an welchem das Schiff den Hafen verlassen, der an⸗ gelaufenen Häfen, mit Bezeichnung des Tages, an welchem das Schiff eingelaufen ist, der Zeit, welche es in denselben verweilt hat und der Art der Kommunikation zwischen der Schiffsmannschaft event. der Lesse jere mit der Hafenbevölkerung, besonders hinsichtlich der auf das S 1 eingeführten Effekten, Proviant u. A., endlich Angabe der Zeit des Eintreffens des Schiffes an dem Endpunkte der Reise;

b. möglichst genane Schilderung der Witterungsverhältnisse wäh⸗ rend der Reise; 8

D. in Bezug auf das Vorkommen der Cholera.

2. Schilderung des Gesundheitszustandes auf dem Schiffe vor Auftreten der Cholera;

b. genaue Registrirung jedes einzelnen Erkrankungsfalles an Cholera oder Diarrhöe mit Angabe des Tages der Erkrankung, des Namens, Alters und Charakters (Standes) des Erkrankten, des Ortes, den derselbe im Schiffe gewöhnlich eingenommen oder bewohnt hat und des Ausganges der Krankheit, eventuell des Todestages;

’c. genauere Schilderung der Schiffsräume, in welchen Cholera aufgetreten ist und geherrscht hat, zu einander und zu den verschont gebliebenen Theilen des Schiffes;

d. spezielle Schilderung der Lazaretheinrichtungen, die auf dem Schiffe bestanden, oder bei Ausbruch der Krankheit eingerichtet worden sind, mit Angabe der Lage derselben zu den übrigen von der Mann⸗ schaft resp. den Passagieren eingenommenen Räumen, der Behandlung und des Verbleibs der Dejektionen und des Verhaltens des Warte⸗ personals zu dem gesunden Theile der Schiffsbevölkerung;

ze. Mittheilung aller beachtenswerthen Thatsachen, welche in einer bestimmten Beziehung zum Auftreten der Krankheit und zur Verbrei⸗ tung derselben auf dem Schiffe zu stehen schienen, resp. eine Erklä⸗ rung über 92 Vorherrschen der Cholera auf dem Schiffe zu geben geeignet sind.

Alle hier namhaft gemachten Gesichtspunkte kommen, so weit sie eben zutreffend sind, auch bei dem Auftreten der Cholera auf Fluß⸗ schiffen (Flußkähnen) und Holztraften (Holzflößen) in Betracht.

Die Kommission legt auf die Beobachtung und Untersuchung des Verkommens von Cholera auf Schiffen bezüglich der daraus zu ge⸗ winnenden Schlüsse auf die Aetiologie der Krankheit ein besonderes Gewicht, sie hat es daher für nothwendig erachtet, die Fragen mög⸗ lichst detaillirt zu stellen, ohne darum die Aufgabe zu einer zu um⸗ fänglichen zu machen, da sich in den meisten Fällen der größere Theil der aufgeworfenen Fragen aus den Schiffsbüchern oder sonstigen Schiffspapieren mit Leichtigkeit beantworten läßt. Die Kommission giebt sich mit um so größerer Sicherheit der Ueberzeugung hin, von Seiten der Behörden und des am iffsverkehr speziell betheiligten Publikums in der Erhebung dieser T atsachen unterstützt zu werden, als in Bezug auf den Seeverkehr das britisch⸗indische Gouvernement in den während der I Jahre von demselben veröffentlichten Choleraberichten den Werth dieser die Schiffe betreffenden Cholera⸗ Untersuchungen ganz besonders hervorgehoben und sein Bedauern darüber ausgesprochen hat, daß derartige Erhebungen nicht schon früber angestellt worden sind. . V. Erforschung des Einflusses tellurischer und atmosphä⸗ omente auf das epidemische Vorkommen der

rischer 2 Cholera.

Zahlreiche, sicher konstatirte Beobachtungen stellen es außer jedem Zweifel, daß die Cholera in ihrem epidemischen Vorkommen nicht nur von dem Verkehre und der individuellen Empfänglichkeit, sondern auch von tellurischen und atmosphärischen Momenten beeinflußt ist; wir sehen die Krankheit als Epidemie an gewisse Jahreszeiten und Boden⸗ verhältnisse mehr oder weniger gebunden und die hieraus abzuleitende Annahme, daß zwischen den aus diesen Momenten hervorgehenden Ein⸗ 229 und der Krankheitsverbreitung ein kausaler Zusammenhang be⸗ teht, erscheint um so mehr gerechtfertigt, als dieses Verhältniß nicht

zugetragen worden, ob endlich einzelne Fobrikräume oder Arbeitszweige verschont geblieben. b

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nur für unsere Gegenden, sondern auch für Indien, wohin die Hei⸗ math der Cholera gewöhnlich verlegt wird, nachgewiesen ist. 8

Gerade diese Koinzidenz der epidemischen Verbreitung der Krankheit mit gewissen konstanten, atmosphärischen und tellurischen Zuständen und Vorgängen bietet selbst der namentlich in Indien verbreiteten An⸗ schauung eine wesentliche Stütze, derzufolge sich die Cholera überall da, wo sie auftritt, autorthon entwickelt haben kann, welche also die genannten Einflüsse gerade als die wesentlichsten Krankheitsfaktoren ansehen zu dürfen glaubt.

Ohne die Frage über das Wie? des Einflusses dieser Momente einer Erörterung zu unterwerfen, glaubt die Kommission, indem sie sich lediglich auf den Boden der gegebenen Thatsachen stellt, diejenigen Gesichtspunkte näher bezeichnen zu müssen, welche bei der Erforschung der Cholera⸗Aetiologie nach diesen Richtungen hin vorzugsweise Be⸗ rücksichtigung verdienen. 1

A. Tellurische Verhältnisse..

1) Geognostische Formation, ob Urgebirgs⸗, Krüper⸗, Kalk⸗ ꝛc. Formation, ob Diluvial⸗ oder Alluvial⸗Boden.

2) Phvsikalische Beschaffenheit, ob Kies, Sand, Lehm oder Felsen, ob für Wasser leicht⸗, schwer⸗ oder undurchlässig. Besonders wird hier darauf aufmerksam gemacht, daß die Festigkeit des Ieseeheehahg. eines Bodens kein Maßstab für deßhen Porosität ist, da sogar manche Fels⸗ art so porös wie loser Sand ist, gleichwie dieser durch Gefrieren im Winter wohl steinhart werden kann, aber seine Feoftch nicht ver⸗ liert. Diese Bodenverhältnisse sollen von der 2 berfläche bis zur ü wasserundurchläͤfsigen Schicht mit Angabe der Maße erhoben werden.

3) Gestaltung und Gefällsverhältnisse der Oberfläche, ob eine Lokalität relativ hoch oder niedrig, auf oder am Foße eines Abhanges, an einem Steilrande, ob auf einer Schneide zwischen zwei Mulden oder in einer Mulde gelegen.

4) Gehalt des Bodens an Wasser und organischen Stoffen mit besonderer Rücksicht auf die Abfälle des menschlichen Haushaltes. Atmosphärische Verhältnisse.

1) Temperatur der Luft und des Bodens, 1

2) Regenmenge,

4 3) Verdunstungsmenge,

4) Grundwasserstände, sammtliche Angaben nach den Monats⸗ mitteln der Beobachtungen,

5) Pegelstände größerer und kleinerer Flüsse nach täglichen Auf⸗ zeichnungen. ““ vig

Die Ermittelung dieser Verhältnisse an einem Orte hat für die Aetiologie nur dann Werth, wenn sie nicht für einen kurzen Zeitraum, etwa nur während des Herrschens einer Cholera⸗Epidemie, sondern eine Reihe von Jahren hindurch stattfindet.

Es ist vorläufig nicht möglich, und auch nicht nothwendig, alle diese Erhebungen an allen Orten, wo Cholera herrscht, anzustellen, da die betreffenden Verhältnisse meist sehr gleichmäßig über größere Land⸗ striche vertheilt sind. Ueber die Momente 1— 3 werden muthmaßlich die über Deutschland zerstreuten meteorologischen Stationen genügen⸗ den Aufschluß geben. 8 b

Was die Grundwasserstände anlangt, so hat ihre Erhebung haupt⸗ sächlich den Zweck, den zeitlichen Wechsel in der Durchfeuchtung ces Bodens, das Eindringen und Verweilen der atmosphärischen Nieder⸗ schläge, das Feuchter⸗ und Trocknerwerden der über dem Grundwasser liegenden Schichten zu verfolgen. Grundwasserbeobachtungen haben übrigens nicht blos ein allgemein hygienisches, sondern auch ein ganz lokal technisches Interesse, insofern es für viele bguliche Zwecke wichtig ist, die Größe der Schwankungen des Grundwassers an verschiedenen Stellen eines Ortes während einer längeren Reihe von Jahren zu kennen, um sich bei Neubauten vor künftigen zeitweisen Ueberfluthungen der Grundmauern und Keller sichern zu können. 2

Jeder gegrabene Brunnen, zwischen dessen Wasserspiegel und der Bodenoberfläche keine wasserdichte, oder Wasser schwerdurchlassende Schicht sich befindet, und dessen Stand nicht wesentlich von der Stau⸗ höhe des nächsten Flusses bedingt wird, ist zu Grundwasserbeobach⸗ tungen geeignet, vorausgesetzt, daß vor jeder Messung dem Brunnen so lange kein Wasser entzogen wird, bis dessen Stand sich mit dem Grundwasserstande der nächsten Umgebung ins Gleichgewicht gesetzt hat. Es genügt, wöchentlich oder alle 14 Tage eine Messung des Wasserstandes vorzunehmen. 8

Die Fragen über die in diesem Abschnitte bezeichneten tellurischen und atmosphärischen Momente sind selbstverständlich nicht ausschließ⸗ lich an die Aerzte gerichtet, sondern an Alle, welche in diesen Dingen sachverständig sind. Da es unmöglich ist, diese Momente in jedem Orte zu verfolgen, so sei darauf aufmerksam gemacht, daß es den Ab⸗ sichten der Kommission am meisten entsprechen würde, wenn diese Er⸗ hebungen des Vergleiches halber möglichst genau in einer Anzahl von Fällen gemacht würden, ebenso in von Cholera auffallend heimge⸗ suchten Orten, wie in solchen, welche von derselben auffallend verschont geblieben sind.

VI. Erforschung der Mittel gegen Ausbruch und Ver⸗ breitung der Cholera..

Wenn angenommen werden darf, daß der menschliche Verkehr in irgend einer Weise die Verbreitung der Cholera vermittelt, so hat man sich zu fragen, mas bisher geschehen ist und ferner geschehen kann, um denselben entweder ganz aufzuheben, oder zu beschränken, oder unschädlich zu machen. 8

Die Fäden des menschlichen Verkehrs durch Personen und Gegen⸗ stände sind so zahlreich und viele davon so unentbehrlich, daß wohl nie zu hoffen ist, sie alle während einer hinreichend langen Zeit ab⸗ schneiden zu können. Eine vollständige Absperrung zu Lande während der ganzen Dauer der Gefahr einer Einschleppung durchzu⸗ führen, ist daher unmöglich, und alle darauf gerichteten Maßregeln in größerem Umfange (z. B. Militär⸗Kordons) sind bisher ohne Erfolg geblieben. Die seltenen Fälle, in welchen solche genutzt zu haben scheinen, sind nicht beweisend, da zur selben Zeit auch Orte und Ge⸗ genden, welche sich nicht abgesperrt, vielmehr dem Verkehre den freie⸗ sten Lauf gelassen haben, ebenso verschont geblieben sind, obwohl da⸗ selbst Cholerafälle wiederholt und mehrfach eingeschleppt wurden.

Dasselbe gilt von den Schiffsquarantänen, deren Erfolg

als praktisches Mittel zur Abhaltung der Einschleppung der Cholera noch nicht hinreichend festgestellt ist. Die Quarantänen zielen weniger auf eine Aufhebung und Sperre des Verkehrs, als auf eine Ueber⸗ wachung und Beschränkung desselben, aber auch sie werden, wie so manche andere wohlgemeinte Maßrepel, erst von Erfolg sein können, wenn man einmal genauer als jetzt weiß, an welchen Objekten der Infektionsstoff haftet, und wie Personen und Gegenstände des Verkehrs davon zu säubern sind. Um zu diesem Wissen zu gelangen, gewähren die Quarantänen eine vortreffliche Gelegenheit zu Beobachtungen und sie sind daher im Interesse der Aetiologie der Cholera möglichst aus⸗ zunützen. Hislokation der Kranken und Evakuation der Gesunden sind unter Umständen gewiß heilsame Maßregeln, es ist jedoch bei künftigen Epidemien viel genauer als bisher festzustellen, wie weit die Cholera in ihren Verheerungen in einzelnen Häusern beschränkt wird, je nachdem sämmtliche Kranke sofort in Krankenhäuser geschafft, oder e nachdem sie in den Häusern selbst behandelt werden. Vor dem Berkehr mit Häusern, in welchen Cholerakranke liegen, wie vor jedem vermeidlichen Zusammenfluß und Anhäufung von Menschen in infi⸗ zirten Orten kann mit Fug und Recht gewarnt werden; erfolgt aber doch ein Verkehr, so soll so weit als möglich festgestellt werden, ob derselbe mebr Gefahr bringt, wenn die Kranken im Hause verbleiben, als wenn sie fortgeschafft werden. a 8

Bei der Evakuation der Gesunden aus Infektionsheerden ist na⸗ mentlich auch darauf zu achten, welche Oertlichkeit zur Evakuation gewählt worden und was die Evakuirten aus den Infektionsheerden mitgenommen haben, ferner was mit den verlassenen Infektionsheerden üczchen ist, wann sie wieder bezogen worden sind, und ob und wann 82 die Cholera nach dem Wiederbeziehen wieder gezeigt hat.

Es herrscht noch keine Uebereinstimmung darüber, ob Cholera⸗ kranke in die gewöhnlichen Krankenhäuser, oder in besondere Cholera⸗ spitäler aufzunehmen seien. Ueber die Zweckmäßigkeit der einen oder anderen Maßregel sind weitere Erfahrungen zu sammeln. In allen ausschließlichen Choleraspitälern ist es namentlich von ganz be⸗ sonderem Ferele de. Enfh.. 88 Unempfänglichkeit des Wartpersonals und sonstiger Hausgenossen zu konstatterkr.

JEine wichtige praktische Maßregel bei Cholera, wie bei allen Infektionskrankheiten ist die Desinfektion. Wenn die dirrch die⸗ selbe bei Cholera erzielten Erfolge bisher keineswegs als befriedigend anzusehen sind, so kann dieser Mißerfolg darin seinen Grund haben, daß man nicht die rechten Gegenstände, oder nicht mit den rechten Mitteln und rechten Mengen, oder nicht in der rechten Weise des⸗ infizirt hat.

Gegenstand der Desinfektion kann Alles werden, was möglicherweise Sitz des unbekannten Krankheitsstoffes der Cholera ist, die Ausleerungen und alle Gegenstände, woran diese haften kön⸗ nen, als Wäsche, Kleider, Betten, Stroh, Geräthe und Möbel ver⸗ schiedener Art, Abtritte, Gruben, Tonnen, Wagen; außerdem kann der Infektionsstoff sogar Stuben und Häusern, sowie Nahrungsmitteln, Trinkwasser u. s. w. anhaften.

Gewöhnlich beschränkt man die Desinfektien auf die Ausleerun⸗ gen Cholerakranker, was keinenfalls genügt, da nicht nachgewiesen ist, daß der zu desinfizirende Stoff, wenn er überhaupt in den Ausleerun⸗ gen einschließlich des Harnes enthalten ist, lediglich in diesen, und namentlich nur in denen von Kranken und nicht auch von scheinbar Gesunden, die aus infizirten Orten kommen, sich findet. 3

Soll die Desinfektion der Ausleerungen von Erfolg sein, so müssen zur Zeit des Herrschens der Cholera sämmtliche Ausleerungen von Kranken und von Gesunden desinfizirt werden und zwar schon vor Auftreten der Krankheit in einem Hause, einer Stadt ꝛc., d. h. die Desinfektion muß eine prophylaktische sein. Am sichersten ist es, die Ausleerungen schon unmittelbar bei der Entleerung zu desinfiziren, so daß sie in Gefäße oder Behälter gelangen, welche das Desinfektions⸗ mittel bereits enthalten. Der sonstige Inhalt dieser Gefäße und Be⸗ hälter muß jedoch in derselben Weise desinfizirt sein, wie die frisch entleerten Exkremente.

man den ganzen vor Beginn der Desinfektion in den Be⸗ hältern befindlichen Vorrath von Ausleerungen nicht ebenso desinfiziren will, wie die frischen Cholera⸗Adjektionen, so muß eine Räumung mit darauf folgender Desinfektion der Behälter vorausgehen.

Die Ausleerungen von Cholerakranken entfernt von den Häusern zu vergraben, kann nicht als ungefährlich betrachtet werden, weil sich auf diese Weise neue Infektionsheerde bilden können und der Infek⸗ tionsstoff in das Grundwasser und dadurch in Brunnen gelangen kann.

Die gegen die Cholera gerichteten Desinfektionsmittel sind entweder solche, welche uns bekannte Fermente und niedere Organismen zerstören, oder solche, welche nur deren gewöhnliche Medien verändern. Im ersten Falle hofft man, daß auch der Krankheitsstoff der Cholera, als ferment oder niederer Organismus gedacht, getödtet werde; im zweiten, daß das veränderte Medium kein Substrat mehr für Ent⸗ wickeleng der hypothetischen Choleraursache abgeben kann.

In ersterer Richtung sucht man gewöhnlich mit folgenden Mit⸗ teln zu wirken, mit Karbolsäure, übermangansauren Salzen, Chlor und Chlorkalk, Chlorzink, Mineralsäuren, Aetzkalk oder Aetznatron, Siedehitze, Verbrennen im Feuer; in zweiter Richtung mit Esen⸗ vitriol und ähnlich wirkenden Metallsalzen, Ackererde, Torf, Säge⸗ spänen u. s. w. Die in letzterer Richtung wirkenden Mittel faßt man gewöhnlich unter der Bezeichnung desodorisirend zusammen.

Die Kommission ist der Ansicht, daß Versuche der Desinfektion in beiden Richtungen zulässig und geboten, aber viel exakter als bis⸗ her durchzuführen sind. B 3

Bisher hat man eigentlich nur immer darauf gesehen, daß über⸗ haupt Desinfektionsmittel zur Anwendung kamen, und viel weniger darauf, womit, wie und namentlich mit wie viel desinfizirt wurde. Wenn man die Desinfektionsmittel nicht in gehöriger Menge verwen⸗ det, ist jeder Aufwand dafür nur eine zwecklose Geldverschwendung.

Die Karbolsäure ist besonders geschätzt, um das organische Leben aller Fermente und Zellen zu zerstören, aber es ist so viel da⸗ von zu verwenden, daß ein damit desinfizirtes Gemenge mindestens 1 Prozent reine Karbolsäure enthält; eine größere Verdünnung der Karbolsäure gewährt keine Sicherheit mehr gegen das Leben von Sporen u. f. w. Hiernach sind im Durchschnitte zur Desinfektion der festen und flüssigen Exkremente von Kranken und Gesunden auf einen Tag und eine Person 15 Gramm wasserfreie Karbolsäure er⸗ forderlich. Hierbei darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, daß die Karbolsäure, in⸗dieser Menge in einem Hause angewendet, durch ihren Geruch in hohem Grade belästigt und auch in ihren sonstigen Wir⸗ kungen auf den Organismus keineswegs gleichgültig ist. 8

Die übermangansauren Salze sind allerdings höchst ener⸗ gische Oxpdationsmittel für sämmtliche organische Stoffe und finden in dieser Beziehung wohl nicht ihres Gleichen. Man wendet sie aber gewöhnlich nur in der Absicht an, Fermente und Parasiten in Gemen⸗ gen mit anderen unschädlichen organischen Stoffen zu zerstoͤren; da nun die darin enthaltene Uebermangansäure ihren Sauerstoff an alle organischen Stoffe, an schädliche und unschädliche ohne Auswahl in ganz gleichem Maße abgiebt, so muß man, um der Zerstörung aller organischen Keime sicher zu sein, so lange von dem Mittel zusetzen, bis jede organische Substanz zerstört ist, was z. B. nur allein für die Desinfektion der Ausleerungen so große Massen übermangansaurer Salze erfordern würde, daß sie nicht zu beschaffen sind. 6

Chlor und Chlorkalk werden gleichfalls zur Zerstörung des organischen Lebens angewendet, aber auch bei diesem Mittel wird selten die Frage gestellt, wie viel man zu der beabsichtigten Wirkung eigentlich braucht, und man ist in der Regel zufrieden, wenn man Chlor riecht. Ein schwacher Chlorgeruch hindert nicht im geringsten die Wucherung von Zellen und Parasiten. Die Kommission erklärt den Chlorkalk, in gehöriger Menge angewendet, nicht etwa für wirkungs⸗ los, aber für entbehrlich, weil die ätzenden Alkalien, namentlich Aetz⸗ kalk, in festen und flüssigen Medien, und schweflige Säure in der Luft denselben Zweck eben so gut und viel billiger erreichen lassen. Außerdem hält die Kommission die hinreichende Anwendung von Chlor

in bewohnten Räumen auch noch für gesundheitsgefährlich, weil so viel Chlor in die Luft übergehen würde, daß sie irrespirabel wäre.

Von den Ferment⸗ und keimtödtenden Substanzen eignen sich Aetz⸗ kalk und Aetznatron zur Desinfektion verschiedener Objekte, jedoch sind diese Stoffe mit Rücksicht auf die alsbald eintretende Umwand⸗ lung derselben in kohlensaure Salze stets im Ueberschusse anzuwenden; im Durchschnitte dürften die lüfen und festen Exkremente 25 bis 30 Gramm guten gebrannten alk oder ein Aequivalent Aetznatron in der Form einer Lauge per Kopf und Tag erfordern, wenn die Exkremente in zuvor entleerten Gruben oder Tonnen gesammelt werden.

Frische Kalkmilch eignet sich zum Desinfiziren von allen Gegen⸗ ständen, welche damit bestrichen (geweißt) werden können.

Zur Disinfektion von Wasch⸗ und Kleidungsstücken empfiehlt sich Reinigung derselben mit einer siedenden, scharfen (sog. Seifensieder⸗) Lauge. Stoffe, welche eine derartige Behandlung nicht vertragen, können geschwefelt oder in Wasser ausgekocht werden. Ia

Die Anwendung freier, flüssiger Mineralsäuren auf Erkre⸗ mente, Abtrittsgruben, Kanäle u. s. w. hat große Unzukömmlichkeiten, hingegen eignet sich die schweflige Säure in Gasform (Verbrennen von Schwefel in der Luft, Ausschwefeln) jehr gut zur Desinfektion von Räumen und darin befindlichen Gegenständen. Den Erfahrun⸗ gen zufolge, welche man über den Bedarf zum Ausschwefeln der Wein⸗ fässer oder zum Bleichen von Schafwolle gemacht hat, werden auf 1 lubitmefer Raum zwischen 16 und 160 Gramm Schwefel ver⸗ brannt; wieviel zur Desinfektion von Wohnräumen nothwendig ist, muß erst durch den Versuch festgestellt werden, jedenfalls aber würde hierzu eine so bedeutende Entwickelung von schwefliger Säure noth⸗ wendig sein, daß nicht blos das zu desinfizirende, sondern auch die benachbarten Häuser für einige Zeit evakuirt werden müßten.

Die Desinfektion von Mobilien, wie Betten, Kleider, Möbel u. s. w. mit schwefliger Säure läßt sich leichter ausführen, indem man dieselbe in dafür besonders hergerichteten Räumen vor⸗ nehmen kann. 2 .

Versuchsweise dürfte sich die Schwefelung der Wohnräume in Häusern, Anstalten und Quartiren, welche nach der Erfahrung aus früheren Epidemien von der Cholera mit Vorliebe aufgesucht werden, als prophylaktische Maßregel sehr empfehlen. 88

Ob durch Siedehitze, eines der beliebtesten Desinfek⸗ tionsmittel, alle organischen Fermente und Keime unter allen Umständen zerstört werden, ist noch nicht ganz en

schieden; jedenfalls ist die Anwendung dieses Mittels behufs Des⸗ infektion großer Gegenstände schwierig, da es oft sehr lange Zeit erfor⸗ dert, dieselben durch und durch bis auf eine Temperatur von 100 Grad C. zu erhitzen. Ein bloßes Abipülen fester Körper, wie Eisenbahnwagen und andere Transportmittel, Bettladen, Möbel u. s. w. mit einem Strahle heißen Wassers oder Dampfes ist durchaus unge⸗ nügend. Am meisten eignen sich noch für die Behandlung mit Sied⸗ hitze gewisse Kleidungsstücke, welche, wie oben gesagt, einige Zeit hin⸗· in Wasser gekocht werden können. 8 Ebenso läßt sich auch trockene Hitze bei gerigneten Apparaten zur Desinfektion vieler Gegenstände verwenden, aber mit Aussicht auf Erfolg auch nur dann, wenn ihnen sicher mindestens eine Temperatur von 100 Grad C. durch und durch mitgetheilt wirrdrdd.. 1 Auch die Zerstörung durch Feuer ist nicht leicht und voll ständig auszuführen. Das zu Verbrennende muß einen gewissen Grad von Trockenheit haben, der den menschlichen Exkrementen, ins⸗ besondere den Ausleerungen von Cholerakranken abgeht. in neuerer Zeit angefangen, die Entleerungen 1 Cholerakranken in Sägespäne aufzunehmen, mit Petroleum zu mischen und in Oefen zu verbrennen. Da aber die Zerstötung der Exkremente von Cholerakranken allein als prophylgktische Maß regel nicht ausreichend ist, sondern auch noch die der scheinbar sunden in den Kreis der Desinfektion gezogen werden müßten, so em⸗ pfiehlt sich diese Maßregel, abgesehen von sonstigen erheblichen Schwie⸗ rigkeiten, nicht zur Durchführung in größerem Maßstabe. Immerhin mag es lehrreich sein, sie versuchsweise im Kleinen, in geschlossenen Anstalten in Anwendung zu bringen, vorausgesetzt, daß sie mit aller Strenge und vollständig durchgeführt wird. b29, . Die zweite Gruppe von Desinfektionsmitteln (Eisenvitriol, trockene Dammerde zꝛc.) hat sich namentlich in ihrer Anwendung auf die Exkreme wahrscheinlich deshalb viel mehr eingebürgert als die erste, weil diese Mittel einen Jedermann fühlbaren Vortheil schon dadurch gewähren, daß sie desodorisirend wirken, d. h. daß sie den Uebergang von übelrichenden Zersetzungsprodukten in die Luft, und damit auch die Verunreinigung derselben wesentlich beschränken oder verhindern. Außerdem muß die Möglichkeit zugestanden werden, daß diese Mittel auch zur Zerstörung spezifischer Insektionsstoffe beitragen, insofern sie das Medium verän⸗ dern, in welchem diese enthalten sind, und der Zersetzung desselben eine andere Richtung geben. 5 Aber auch diese Mittel sind in gehöriger Menge anzuwenden, wenn sie die erwartete Wirkung haben sollen. Zur Desinfektion der Gemenge von Harn und Koth, wie sie sich in Nachtstühlen, Gruben, Tonnen ꝛc. finden, muß mindestens so viel Eisenvitriol oder an⸗ dere ähnlich wirkende Metallsalze genommen werden, daß stets eine saure Reaktion des gesammten Inhaltes erhalten bleibt, wozu durch⸗ schnittlich 25 Gramm Eisenvitriol (oder ein Aequivalent Mangan⸗ chlorür ꝛc.) für 1 Tag und 1 Person ausreicht. 1 8 Auch das Erdkloset hat viele Anhänger gefunden. Daß das Bestreuen mit trockener Ackererde desodorisirend und desinfizirend wirkt, rührt gewiß nicht vom Abschluß der Luft her, der ja ein höchst 8 unvollkommener ist, ebenso unvollkommen wie durch Sand, welcher nicht desodorifirt. G 1 b Ebensowenig tödtet Ackererde die Organismen, im Gegentheil kaben Untersuchungen gezeist, daß sich das organische Leben in dem h Inhalte eines Erdklosets steigert, aber möglicherweise trägt gerade dieses gesteigerte organische Leben nicht nur zur Zerstörung übler Ge⸗ rüche, sondern auch gewisser schädlicher Fermente und Organismen bei, auf deren Kosten es sich entwickelt. Die Bestreuung der festen 1 und flüssigen Exkremente erfordert für 1 Person und 1 Tag durch⸗ schnittlich 500 Gramm trockene gesiebte Ackererde. b An die Maßregel der Desinfektion reiht sich die Vernichtung verdächtiger Gegenstände. Auf dem Lande ist das Hinein⸗ werfen ins Feuer, zur See das Hineinwerfen ins Wasser der gewöhn⸗ liche Weg dafür. ECE11“ I 8 Auch darüber besteht noch große Unsicherheit, wie viel diese Maß⸗ regeln in der bisher befolgten Weise genützt haben. Das Hineinwerfen infizirter Gegenstände namentlich in der Nähe von Ufern kann unter Umständen sogar schädlich werden. 1 In jenen Fällen, in welchen im Interesse der öffentlichen Ge⸗ sundheit Gegenstände zwangsweise vernichtet werden, müßten die Eigen⸗ thümer in ähnlicher Weise, 8e dies bei der Rinderpest geschieht, von Reichswegen entschädigt werden. 1 1 Ie Desinfektion als allgemeine Maßregel gegen Cholera befindet sich noch im Stadium des Experimentes. 8 Es ist gewiß noch nicht an der Zeit, irgend ein Mittel, irgend eine Methode zur allgemeinen Durchführung zu empfehlen. Die Kommission glaubt ihrer Aufgabe zu genügen, wenn sie darauf hin⸗ weist, daß nach dem gegenwärtigen Stande unseres Wissens das Be⸗ streben durch Desinfektion den menschlichen Verkehr vom Choleragifte entweder zu säubern, oder die menschlichen Wohnstätten unempfänglich dafür zu machen, wie es durch Reinlichkeit überhaupt schon bis zu einem gewissen Grade geschieht, ein berechtigtes ist, und zu ratio⸗ nellen Versuchen im Interesse der öffentlichen Gesundheit auffordert. 8 Die Kommission hat die Hauptgesichtspunkte hervorgehoben, von welchen solche Versuche auszugehen haben, und überläßt es der Einsicht der Sachverständigen und der Behörden, die an verschiedenen Orten und unter verschiedenen Umständen geeignet erscheinenden Mittel und Me⸗ thoden zur Entscheidung der vorliegenden Fragen zu wählen. Ge⸗ schlossene Anstalten, einzelne Quartiere, abgegrenzte Klassen der Be⸗ 1— völkerung werden sich zu solchen Versuchen am besten eignen. Die Resultate derselben werden vom größten Werthe auch in jenen Fällen sein, in welchen sie mit aller Bestimmtheit negativ anefallen. Eine gewissenbafte Prüfung des praktischen Werthes sämmtlicher prophylak⸗ tischen Maßregeln gegen die Cholera hat nicht nur ein hohes humanes und soziales, sondern auch finanzielles Interesse, da die Anwendung der meisten dieser Mittel große Summen verschlingt, welche man, falls diese Mittel unnütz sind, viel besser für andere Zwecke der öffentlichen Gesundheitspflege verwenden würde. . - Vor -e aber ist bei dem Herannahen von Cholera darauf zu achten, inwieweit an dem betreffenden Orte irgend welche, die öffentliche Keszssheh gefährdenden Momente vorhanden sind, deren seitigung anzustreben ist. 1 1 Bcholden werden in ihrem darauf gerichteten Bestreben eine wesentliche Stütze finden, wenn es ihnen gelingt, den gebildeten Theil des Publikums über die vorliegenden Fragen aufzuklären und denselben . für Ausführung der nöthigen Maßregeln zu erwärmen. Berlin, im August 1873. EIA“ Die Cholerakommission des Deutschen Reichs. s

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Vorstehender Untersuchungsplan ist dem Reichskanzler⸗Amte leitschreiben von der Kommission überreicht: Vtwgehasnbee B le n. 2 22. Aee lb Dem Hohen Reichskanzler⸗Amt beehrt sich die gehorsamst unter⸗ zeichnete Keemeässion zur Erledigung des ersten Theiles des ihr ge⸗ wordenen Auftrages in der Anlage den von ihr ausgearbeiteten ein⸗ heitlichen Untersuchungsplan für die im Falle des Auftretens der Cholera in Deutschland zu pflegenden Erhebungen nebst vier Beilagen mit folgenden gehorsamsten Bemerkungen zu unterbreiten. In Kapitel I. ist es als unerlaäßlich bezeichnet, daß nicht blos den Medizinalpersonen, sondern auch den Gast⸗ und Hauswirthen, ja sogar den Familienhäuptern die Verpflichtung auferlegt werde, von dem Vorkommen der Cholera Anzeige zu erstatten. Wenn nun aber, soviel der Kommission bekannt ist, eine so weit gehende Anzeigepflicht zur Zeit nicht in allen deutschen Staaten be⸗ 3 steht, so glaubt dem Hohen Reichskanzler⸗Amte die Kommission gehor⸗ samst anheimgeben zu ee ob Hochdasselbe die dazu erforderlichen gesetzlichen Bestimmungen herbeizuführen sich geneigt fühlen wolle. eerner wäre es der Kommission in hohem Grade erwünscht, wenn die Regierungen der einzelnen Staaten ihre Kriegs⸗Ministerien, das Hohe Keichskanzler⸗Amt selbst aber das Reichsmarine⸗Ministerium veranlassen wollten, dahin Anordnung zu treffen, daß auch im deut⸗ schen Heere und der deutschen Marine die das Vorkommen von Cho⸗

lera betreffenden Erhebungen nach dem hier vorgelegten Plane veran⸗ staltet werden möchten. 8 8