Blüthe und hat in der seit Ihrem letzten Zusammensein verlaufenen
zu den Gegenständen Ihrer bevorstehenden Thätigkeit übergehend, arf ich mit der Bemerkung beginnen, daß die Vorbereitungen zur Ausführung der neuen Kreisordnung in unserer Provinz allseitig mit ernstem Eifer und mit dem redlichen Streben getroffen worden sind, dem Gesetze, welches eine so weit und so tief greifende Umwandlung n der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten herbeizu⸗ ühren bestimmt ist, eine gedeihliche Wirksamkeit zu sichern. Der Sinn für Gesetzmäßigkeit, welcher unsere zur Mitarbeit berufene evölkerung erfüllt, ihre Neigung und Fähigkeit zu gemeinnützigem elbständigen Wirken, der bisher bethätigte Entschluß, an einseitigen arteistandpunkten bei jenem eminent praktischen Werke nicht festzu⸗ alten, dies Alles giebt der Hoffnung Raum, daß die großartige Neuerung, vielfach und auch da, wo bei der Beurtheilung Unbefangen⸗ heit, Gewissenhaftigkeit und Einsicht nicht fehlen, mit Mißtrauen auf⸗ genommen, sich für unsere Provinz glücklich vollziehen und heilsam er⸗ weisen wird. Aber das Gesetz erheischt zu seiner Durchführung auch die Mitwirkung der Provinzial⸗Vertretung. Es ist insbesondere die Bildung der, für viele Streitfälle an die Stelle der bisher kompetenten Staatsbehörden tretenden Verwal tungsger ichte, welche Ihre Einberufung nothwendig gemacht hat, indem die, nicht schon durch das Gesetz bestimmten Mitglieder dieser Gerichte, deren eines in jedem Regierungsbezirke bestehen soll, von Ihnen zu wählen sind. „DSie werden bei dieser wichtigen Funktion von der Ueberzeugung sich leiten lassen, daß von einer glücklichen Wahl der zu berufenden Per⸗ sönlichkeiten eine ersprießliche Thätigkeit jenes neuen Organs der Selbstverwaltung mehr oder weniger abhängig is.
Außerdem erfordert die Lage der besondern Provinzial⸗Angelegen⸗ heiten Ihren abermaligen Zusammentritt, indem bezüglich Ihrer Institute nicht nur über deren Verwaltung für einen längeren Zeit⸗ raum Rechenschaft abzulegen ist, sondern auch neue Voranschläge von
nen festzustellen sind.
Ih een sanh solcher taubstummen Kinder in der :2 die noch eines genügenden Unterrichts entbehren, läßt die Erweiterung Ihrer Taubstummenanstalten im hohen Grade wün⸗ schenswerth erscheinen. Es werden Ihnen deshalb von Ihren Land⸗ armen⸗Direktionen bezügliche Vorlagen zugehen, denen Sie eine sorg⸗ fältige Prüfung und wohlwollende Beurtheilung gewiß angedeihen lassen werden. 1 1
In Betreff des Landarmenwesens, sowie in Betreff der Mittel zur von Hebammen, kommt es Ihrerseits auf Erklä⸗ rungen und Beschlußfassungen an, welche durch besondere Denkschriften von Ihnen werden erbeten werden. 1
Demnächst sind von Ihnen, außer den Eingangs erwähnten, noch andere wichtige Wahlen zu vollziehen, über welche das Allerhöchste Propositionsdekret sich verbreitet, und meinerseits Ihnen nähere Mit⸗ theilungen zugehen werden.
Wenn ich ehe ich schließe, mir gestatte, bei dieser Gelegenheit Ihren Blick auf die Lage der Provinz zu lenken, so werden Sie sich mit mir in der befriedigenden Betrachtung begegnen, daß dieselbe in einer erfreulichen Entwickelung begriffen ist, wenngleich noch manche Schwierigkeiten zu beseitigen, viele Wünsche zu erfüllen bleiben.
Der größere Zufluß von Kapital, der verringerte Zinsfuß, sowie der Ertrag mittelguter Ernten ist unserer Landwirthschaft sehr zu statten gekommen und hat die Lage vieler Besitzer wesentlich gebessert.
Die Strebsamkeit unserer Landwirthe, gefördert durch ein reges Vereinsleben, läßt immer neue Grfolge auf dem Gebiete der Verbesse⸗ rungen erwarten. Insbesondere eröffnet die sich mehr und mehr aus⸗ breitende Viehzucht die Aussicht auf höhere Bodenerträge. Mancherlei Verbesserungen in der Bewirthschaftung des Landes finden allmählich auch bei den kleineren Besitzern immer mehr Eingang. Hopfenbau und andere nebensächlich betriebene, aber Gewinn bringende Kultur⸗ zweige gewinnen an Ausdehuung.
Unsere Pferdezucht erhält “ ihrer bisherigen Höhe und ist auch für viele kleine Besitzer eine reichliche Einnahmequelle. Das preußische Pferd hat in dem letzten großen Kriege seinen alten Ruf bewährt, und unsere Provinz liefert nicht blos für unsere eigene Ka⸗ vallerie, sondern auch für andere deutsche Heereskörper einen ansehn⸗ lichen Theil des erforderlichen werthvollen Materials.
Die Ausbeutung des der Provinz eigenthümlichen Fossils, des Bernsteins, nimmt immer größere Dimensionen an, und sieht noch einer weiteren Entwickelung entgegen, wenn die jetzt unternommenen Versuche, den Bernstein durch unterirdischen Bau zu gewinnen, Erfolg haben.
Unser Handel, insbesondere der ige. steht in gesunder
Periode ansehnliche Gewinnste zu verzeichnen gehabt, während nach dem Wechsel der Konjunkturen vorübergehend auch Zeiten geringeren Verdienstes oder wohl gar des Verlustes eingetreten sind. Die dankenswerthen Ermäßigungen des neuesten Vereins⸗Zolltarifs, wenn auch nicht alle Lünsche erfüllend, werden dem Handel wie nicht minder der Landwirthschaft förderlich sein. Die großen Börsenkrisen, welche an einem auswärtigen Weltplatze und neuerdings auch auf dem andern Kontinente sich zugetragen haben, werden hof⸗ fentlich für unsern Handelsstand ohne empfindliche direkte Einwirkung bleiben. — Von besonderer Wichtigkeit für unsere Provinz sind, und werden hoffentlich nicht ohne ein günstiges Ergebniß bleiben, die be⸗ vorstehenden Verhandlungen mit dem großen Nachbarreiche zur Herbei⸗ führung von lang ersehnten Erleichterungen des Handelsverkehrs.
Auch die Fabrikthätigkeit auf manchen Gebieten der Produktion hebt und steigert sich an mehreren Orten der Provinz mit entsprechend lohnendem Erfolge, wenn schon das Streben, ein stark ausgeprägtes industrielles Leben in unserer Provinz zu erwecken, in mancherlei natürlichen Hindernissen seine Schranke findet.
Verschiedene “ des Gewerbfleißes, wie der Landwirth⸗ schaft, haben auf der großen Weltausstellung in Wien verdiente An⸗ erkennung gefunden.
Zum Zwecke einer vollkommeneren Ausbildung unseres Hand⸗ werkerstandes werden die Bestrebungen fortgesetzt.
Die günstige Finanzlage des Landes hat die Staatsregierung in den Stand gesctzt, auch unserer Provinz ansehnlichere Beträge als früher für zahlreiche Bedürfnisse zuzuwenden. Hafenverbesserungen, Leuchtthürme, Stromregulirungen, Kanalanlagen, sind mit Aufwen⸗ dung bedeutender Geldsummen in der Ausführung begriffen oder zu Stande gebracht, und auch der Bau chaussirter Straßen hat auf Staatskosten mehr, als es bis vor Kurzem der Fall war, ge⸗ fördert werden können, was um so erfreulicher und auch für die nächste Zeit um so mehr zu erhoffen ist, als viele Kreise durch Her⸗ “ von Chausseen ihre Kräfte in hohem Grade angespannt haben.
Die beiden großen, auf Staatskosten gebauten Schienenwege, welche zur Ergänzung der Ostbahn den Verkehr vermitteln sollen, sind kürzlich vollendet worden, und versprechen weiten Strecken der Pro⸗ vinz, wie auch dem Großhandel, namhaften Aufschwung, wenn auch manche Interessen durch die neuen Bahnen nicht befriedigt werden, vielleicht sogar eine Beeinträchtigung erfahren. Deshalb und da un⸗ sere ausgedehnte Provinz ohne Zweifel noch eine große Vervollständi⸗ gung ihres Eisenbahnnetzes bedarf, wenn Landwirthschaft, Handel und Gewerbsamkeit sich in vollem Umfange entwickeln sollen, sind viele Eisenbahnprosekte aufgestellt, deren wohlwollende Prüfung Seitens der Staatsregierung zu hoffen ist, wiewohl nicht alle, an sich wünschens⸗ werthe Verbindungen sich alsbald werden herstellen lassen. In der Ausführung begriffen ist die, vermöge einer kräftigen Initiative und selbsteigenen Betheilizung der Bevölkerung herzustellende wichtige Bahn, welche die zweite Handelsmetropole der Provinz mit dem Königreich Polen verbinden. soll, während auf dem andern südöstlichen Anschluß⸗ punkte die Verbindung mit dem Nachbarlande glücklicherweise bereits hergeftellt ist, und eine weitere Verbindung mit Polen für die Haupt⸗ stadt der Provinz in direkter Linie angestrebt wird.
Die förderlichste Pflege ist dem Unterrichtswesen in der Provinz zu Theil geworden. Unserer Universität sind bei der Ausfüllung ein⸗ getretener Lücken oder bei Gründung neuer Lehrstühle höchst schätzens⸗ werthe Kräfte zugeführt, ihre Institute sind vermehrt oder reicher vöetate word erwähne insbesondere (gewiß auch zu
en. — hrer Befriedigung) der T.en des mit der Universitä — 1 8 2 1 . niv t t 9 8 denen landwirthschaftlichen Instituts, welches jungen hrerüität 8-s
sitzenden Klasse die Gelegenheit bietet, eine gründliche und wissenschaft⸗
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liche Ausbildung für die Landwirthschaft in der Heimaih zn gewinnen.
— Gymnasien sind neu gegründet oder aus dem Patronat von Kom⸗
munen auf deren Antrag und zu ihrer Erleichterung in das des Staats
übergegangen. — An der Hebung und Vermehrung von Schullehrer⸗
Seminarien, Mittel⸗ und Elementarschulen wird eifrigst gearbeitet,
unter kräftiger Beihülfe des Staats. Auch unsere, der Provinz werthe
Kunst⸗Akademie erfreut sich fördernder Theilnahme der Staats⸗ regierung.
Getrübt wird das im Ganzen erfreuliche Bild von der gegen⸗ wärtigen Lage unserer in⸗ durch den Umstand, daß wir in dem kurzen Zeitraume seit Ihrer letzten Versammlung zweimal von der Seuche, die so zahlreiche Opfer fordert, heimgesucht worden sind, un⸗ geachtet alles Eifers der Staats⸗ und Kommunalbehörden, ihr zu steuern. Sie ist jetzt glücklicher Weise im Erlöschen, und wenn sie während ihrer Herrschaft zahlreichen Personen Gelegenheit gegeben hat, Hingebung an Beruf und Menschenliebe in der Pflege des Näch⸗ sten zu bethätigen, so wird sie auch dazu dienen, das Streben nach verbesserten Salubritätszuständen zu steigern und zu beleben.
Nicht ohne Besorgniß kann man das Augenmerk richten auf die schwierige Lage mehrerer, namentlich größerer Stadtgemeinden, die für ihre stets wachsenden Bedürfnisse größtentheils auf die Steuerkraft ihrer Einwohner hingewiesen sind, und durch eine Aenderung der innern E1“ ihre Verlegenheiten gesteigert sehen. Es wird keine leichte Aufgabe der städtischen Verwaltungen sein, hoffentlich aber ge⸗ lingen, ohne übergroßen Druck der städtischen Bevölkerung Mittel und Wege zu finden, daß der Haushalt der Kommunen unter Berücksich⸗ tigung unabweislicher Bedürfnisse fortgeführt werden kann.
Ich entledige mich meines Allerhöchsten Auftrages, indem ich unter Ueberreichung des Königlichen Propositions⸗Dekrets und Land⸗ tags⸗Abschiedes vom 15. v. Mts. und mit dem Ausdrucke des lebhaften Wunsches für ein der Provinz ersprießliches Ergebniß Ihrer Bera⸗ thungen, den 21. Provinzial⸗Landtag des Königreichs Preußen für er⸗ öffnet erkläre.“
Der Landtags⸗Marschall, Graf zu Eulenburg⸗Wicken, ent⸗ gegnete hierauf:
„Wir haben die Ehre, Ew. Excellenz aufs Neue, auch für diesen XXI. Provinzial⸗Landtag, als den Königlichen Kommissarius zu be⸗ grüßen.
„Wir dürfen mit Zuversicht dem Wohlwollen Ew. Excellenz die Förderung unserer provinziellen Interessen und Institutionen em⸗ pfehlen. Eine längere Zeit des gemeinschaftlichen Wirkens berechtigt auch dazu, Freude und Leid des Lebens als ein gemeinsames Erlebniß zu betrachten.
Ew. Excellenz haben der erfreulichen Resultate der Ernte Erwäh⸗ nung gethan, durch welche die Provinz in diesem Jahre gesegnet ist, und welche geeignet ist, über manche Sorge der Vergangenheit hinweg zu helfen.
Sie haben den Verlust erwähnt, den die Provinz gemacht hat durch das Abscheiden eines hervorragenden Ehrenmannes, eines Mitgliedes des Provinzial⸗Landtages, des Landhofmeisters Grafen zu Dohna⸗ Lauck, der dem Provinzial⸗Landtage besonders nahe gestanden hat eine Reihe von Jahren hindurch als Marschall und als treuer Führer. Wir haben keine würdigere Art, dieses Ehrenmannes zu gedenken, als
daß der Königliche Herr Kommissarius in Gemeinschaft mit dem Landtage ihm einen Denkstein der Erinnerung darbringt.
Wir werden die Vorlagen, welche Ew. Excellenz uns gemacht haben, mit Sorgfalt erledigen, und sehen in der Bildung der Verwal⸗ tungsgerichte ein neues Glied in der Kette der Selbstverwaltung ent⸗ stehen. Wir duͤrfen nicht zweifeln, daß diesen neuen provinziellen Or⸗ ganen dieselbe Treue beiwohnen wird, durch welche in den alten Orga⸗ nen das Gemeinwohl gefördert worden ist.é Wenn die bisherigen Organe sich ein bleibendes Andenken erworben haben durch Organi⸗ sation ihrer ständischen Anstalten, durch ihre hervorragenden Leistungen für die Kreis⸗Chausseebauten und sehr erhebliche Leistungen für Ge⸗ währung des Grund und Bodens an die neuerdings erbauten Eisenbahn⸗ Linien, so sind auch zwei wichtige Eisenbahnlinien, die von Königsberg über Lyck nach Brsesk Litefski und die von Marienburg nach Mlawa durch Privatunternehmung ins Leben gerufen worden, welche von un⸗ berechenbarem Vortheil für den Verkehr der Provinz werden müssen, der vorzugsweise unter dem Drucke der nahen Grenze gelitten hat.
Wir haben den Männern Dank zu sagen, welche durch ihre rast⸗ losen Bemühungen diesen südlichen Anschluß bis an die russischen Staatsbahnen durchgesetzt haben, und wir sind erfreut, von Ew. Er⸗ cellenz zu erfahren, daß die Staatsregierung auf die Erleichterung der Verkebhrsverhältnisse mit Rußland ein sorgfältiges Auge richtet.
Spo hoffen wir, daß auch die veränderte innere Organisation un⸗ seres Landes dem Gedanken entsprechen wird, der sie hervorgerufen hat, und daß dadurch Befriedigung und Wohlstand sich reichlich mehre. Se. Majestät unser Allergnädigster Kaiser und König möge auch diese Frucht seiner segensreichen und ruhmreichen Regierung noch reifen sehen in ungestörter Kraft. An der besten Frucht aber, die unserm Herrn und Könige erwachsen soll, lassen Sie uns mit Treue und Fleiß mitarbeiten, wenn auch unter veränderten Verhältnissen, das ist die Treue und Liebe unseres Volkes zu König und Vaterlanb. R. ” zum Zeugniß beginnen wir auch diesen Landtag mit dem uf: Se. Majestät der Deutsche Kaiser, König Wilhelm I., lebe hoch! Die Versammlung stimmte begeistert in das dreimalige Hoch ein.
Zu Mittag war Gallatafel bei dem Ober⸗Präsidenten, zu der sämmtl che Abgeordneten, die Spitzen der Civil⸗ und Militär⸗ Behörden, sowie sonstige Notabilitäten eingeladen waren.
Der Landtags⸗Marschall, Graf zu Eulenburg⸗Wicken, brachte den Toast auf Se. Majestät den Kaiser und König aus, indem er hervorhob, daß, wenn es überhaupt altherge⸗ brachter und werther Beruf sei, bei allen festlichen Gelegenheiten des Allerhöchsten Landesherrn zu gedenken, die getreuen Stände der Provinz Preußen den Vorzug hätten mit warmem Kerzen und wahrer Begeisterung Sr. Majestät ihres Königs, des Deut⸗ schen Kaisers zu gedenken.
Der Ober⸗Präsident reihete daran ein Hoch auf die Provinz Preußen, die, wenn sie auch viele schwere Heimsuchungen durch Kriege und sonstige Kalamitäten erfahren, sich doch niemals in weiteren Bestrebungen auf allen Gebieten der Wirthschaft und des Gewerbefleißes habe beirren lassen, die in der Opferwillig⸗ keit allen andern Provinzen des Staates und dem Deutschen Reiche zum Vorbilde gedient und, wie zu hoffen, auch die auf dem Gebiete der sozialen und kirchlichen Verhältnisse in bedauer⸗ licher Weise entbrannten Kämpfe zum staatlichen Frieden bal⸗ digst überwinden möge.
Hierauf folgte noch ein Toast auf den Ober⸗Präsidenten
von Horn und von Letzterem auf den Landtags⸗Marschall und seinen Stellvertreter.
Rendsburg, 7. Oktober. Die heutige dritte Sitzung des Provinzial⸗Landtags wurde von dem Landtagsmarschall Wum 12 ¼ Uhr eröffnet. Eingegangen war eine Proposition des Abgeordneten, Landesdirektors von Ahlefeld, auf Abänderung des §. 32 des Statuts für die Verwaltung der provinzialständischen
randversicherungs⸗Anstalten vom 27. Dezember 1872.
Der Tagesordnung gemäß fanden die Vorberathungen: 1) über den Entwurf eines Finanz⸗Etats für die allgemeine ständische Verwaltung für das Jahr 1874, 2) über den Ent⸗ wurf eines Finanz⸗Etats für die Verwaltung der provinzial⸗ ständischen Brandversicherungs⸗Anstalt für das Jahr 1874, 3) über den Antrag des ständischen Ausschusses, betreffend den Erlaß eines Pensions⸗Reglements für die land bhn Beamten
Gegen die gedachten Entwürfe ward nichts zu erinnern ge⸗ funden und drehte sich die Diskussion nur um einzelne unerheb⸗ liche Punkte. .
Zu Mitgliedern der schleswig⸗holsteinischen Deputation für das Heimathswesen wurden einstimmig wieder erwählt: der frühere Abgeordnete Bockelmann, jetzt in Kiel, der Regierungs Rath a. D. von Stemann in Kiel und Stadtpräsident Graba in Glückstadt, und zu deren Stellvertretern: Abgeordneter Dr. Wachs⸗Hanerau, Inspektor Dahms⸗Haseldorf und Regierungs⸗ Rath a. D. Kraus⸗Kiel. 8.
Hannover, 7. Oktober. Der Provinzial⸗Landtag genehmigte in seiner heutigen Sitzung den Voranschlag des ständischen Haushaltsplans für 1874 mit Aussetzung der Po⸗ sition für das Landarmenwesen. Gehalte der ständischen Beamten wurde bewilligt. Die Aende⸗ rung des Gehalts⸗Regulativs für die ständischen Taubstummen⸗ lehrer wurde zum Beschluß erhoben.
Wiesbaden, 7. Oktober. In Betreff der gestrigen ersten heben, daß die wichtigen Wegebauvorlagen einem besonderen Wegebau⸗Ausschusse von 7 Mitgliedern überwiesen und daß ein besonderer Eingabe⸗Ausschuß von Mitgliedern gebildet werden soll. — In der heutigen 2. Sitzung wurden nach Ver⸗ lesung des Protokolls die Wahlen zu den verschiedenen Ausschüssen vorgenommen und sodann noch ein Schreiben des
ratorium der Bergschule zu Dillenburg betreffend, verlesen und dem Eingabe⸗Ausschuß überwiesen.
K Württemberg. Friedrichshafen, 3. Oktober. Die Prinzessin Louise von Preußen ist heute von Schloß Montfort, die Prinzessin Wilhelm von Baden von Schloß Kirchberg zum Besuche Ihrer Königlichen Majestäten vbbkbG und nach eingenommenem Diner wieder ab⸗ gereist.
Hessen. Darmstadt, 7. Oktober. Die Erste Kam⸗ mer erledigte in ihrer gestrigen 8. Sitzung den Entwurf der Kreisordnung und genehmigte solche schließlich in einer Gesammt⸗ abstimmung einstimmig. Als Dissense gegenüber den Beschlüssen der Zweiten Kammer hebt die „D. Z.“ hervor:
1) nach Art. 3 soll die Veränderung eines Kreises nicht durch Gesetz, sondern durch V rrordnung erfolgen;
2) nach Art. 7 soll die Verweigerung der Annahme eines unbe⸗ soldeten Kreis⸗ oder Provinzial⸗Amtes nicht mit erhöhter Zuziehung zu den Kreis⸗ resp. Provinzial⸗Abgaben geahndet werden;
3) nach Art. 10 sollen nicht nur zu Gunsten der Städte, sondern
auch zu Gunsten anderer Orte Abweichungen von dem Vertheilungs⸗ maßstab der Kreis⸗ und Provinzial⸗Abgaben stattfinden können; .4) zu Art. 12 wurde der Zusatz George, wonach jeder Kreistag eine Geschäftsordnung festzustellen und feine Beschlüsse auf Grund von Ausschußberichten zu fassen hat, abgelehnt; 5) zu Art. 14 (über die Zahl der Bezirksrathsmitglieder) wurde ein Zusaf angenommen, wonach die Standesherren und der Senior der Familie Freiherr Riedesel in dem Kreise, in dem die Standes⸗ herrschaft resp. deren größter Theil liegt, Mitglieder des Kreistags sein sollen. Dieser Zusatz wurde zur Bedingung der Annahme des Art. 14 gemacht; 8
6) nach Act. 17 sollen Aktiengesellschaften und juristische Perso⸗ nen auch durch andere Personen als ihre gesetzlichen Vertreter, Stan⸗ desherren und außerhalb des Kreises wohnende Wahlberechtigte durch Vertreter an den Kreistagswahlen Theil nehmen können;
7) nach Art. 33 soll der Kreistag nicht einen Stellvertreter des Vorsitzenden wählen;
8) nach Art. 45 sollen nur aktive Pfarrgeistliche, Kirchendiener und Elementarlehrer nicht Mitglieder des Kreisausschusses sein. Die
Zweite Kammer hatte aktive Staatsbeamte, Geistliche, Lehrer an öffent⸗ lichen Anstalten und Angestellte des Kreises ausgeschlossen;
9) nach Art. 95 sollen von den 4 Ersatzmännern des Provinzial⸗
ausschusses 2 von dem Provinzialtag aus seiner Mitte gewählt wer⸗ den; nach demselben Artikel follen nur aktive Pfarrgeistliche außer Kirchendienern und Elementarlehrern nicht Mitglieder des Provinzial⸗ ausschusses sein können, während die Zweite Kammer die Geistlichen schlechtweg ausgeschlossen hatte; 10) zu Art. 98 wurde ein Zusatz beschlossen, wonach einem Pro⸗ vinzial⸗Direktor über die Angestellten der Provinz dieselbe Strafbe⸗ fugnis wie einem Kreisrath über die Angestellten des Kreises zustehen oll;
11) nach Art. 101 soll der Provinzialausschuß nicht erst bei An⸗ wesenheit von 7, sondern schon bei einer solchen von 5 Mitgliedern beschlußfähig sein.
Mecklenburg. Schwerin, 7. Oktober. Der Erb⸗ großherzog und die Herzöge Wilhelm und Paul Friedrich haben sich vorgestern von hier bez. nach Sabor in Schlesien, Doberan und Wernigerode begeben. — Der Herzog Johann Albrecht ist gestern Morgen von hier nach Dresden abgereist.
Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 6. Oktober. Der regierende Herzog Georg wird mit seiner Gemahlin im Laufe der Woche die Residenz von Bad Liebenstein hierher verlegen.
— Der Erbprinz hat zu seiner militärischen Ausbildung in Berlin seinen Wohnsitz genommen und die Prinzessin sich zu einem längeren Besuch nach Schlesien begeben.
Bremen, 2. Oktober. Gestern traten der General⸗Steuer⸗ Direktor Hasselbach aus Berlin, der Provinzial⸗Steuerdirektor Sabarth aus Hannover und andere hohe Steuerbeamte aus Ol⸗ denburg, Schwerin und Braunschweig hier zusammen, um mit den Vertretern des Senats das Nähere über die Einverleibung des oberhalb der Stadt belegenen Theils des Gebiets am linken Weser⸗Ufer in das Zollgebiet, namentlich den Zeitpunkt der Einverleibung und die zu erhebende Nachsteuer festzustellen.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 6. Oktober. Gestern Abend eüer schr in der großen Galerie des Kaiserlich König⸗ lichen Lustschlosses Schönbrunn ein Diner bei dem K aiser statt, an welchem u. A. die Königin der Niederlande, der Prinz Leo⸗ pold und die Prinzessin Gisela von Bayern theilnahmen. — Der neuernannte französische Botschafter am Kaiserlichen und Königlichen Hofe, Marquis d'Harcourt, ist vor einigen Tagen hier angekommen und wird demnächst zur Ueberreichung seiner Beglaubigungsschreiben empfangen werden. Prag, 6. Oktober. Die Jubelfeier der Gründung des Prager Bisthums wurde gestern geschlossen. 8 Pesth, 6. Oktober. Der Kaiser und der Prinz Leopold sind hier angelangt und fuhren Mittags nach Gödöllö. Wäh⸗ rend des mehrtägigen Aufenthaltes Sr. Majestät werden Mi⸗ nisterberathungen stattfinden, in denen zunächst über die Abhülfe
und definitive Anstellung von 4 vorläufig auf Kündigung an⸗ gestellten Beamten, stat 1 1
gegen den Nothstand der Landbevölker 1 je 1. tagseinberufung berathen werden soll⸗ “
Die beantragte Erhöhung der
Sitzung des 6. Kommunal⸗Landtags ist noch hervorzu-
Ober⸗Bergamts zu Bonn, die Wahl eines Mitgliedes des Kdu-
Schweiz. Bern, 7. Oktober. (W. T. B.) Der Bun⸗ desrath hat heute den von der Minorität des großen Raths in Neuenburg gegen das neue Neuenburger Kirchengesetz erhobe⸗ nen Rekurs mit Rücksicht auf die kantonale Souveränetät abzu⸗ weisen beschlossen. 1
19 hat eine Verordnung, betreffend die Or⸗ ganisation des öffentlichen Kultus in den katholischen Gemeinden des Jura, erlassen.
Niederlande. Haag, 39. Oktober. Wie der „Staats⸗ Courant“ vom 2. d. M. mittheilt, ist nach einem bei dem De⸗ partement der Kolonien eingetroffenen Telegramme des General⸗ Gouverneurs von Niederländisch⸗Indien Groß⸗Edi von einer Abtheilung niederländischer Truppen besetzt und bei Klein⸗ Edi von Schiffen der niederländischen Marine mit Erfolg operirt worden. In schriftlichen Berichten, welche bei dem Departement der Kolonien aus Batavia eingegangen, war bereits von einer gewissen gespannten Lage, die sich in Edi gebildet hatte, Meldung gemacht worden; ein Theil der Bevölkerung hatte sich infolge atchinesischer Einwirkung mit der dem niederländischen Gouvernement freund⸗ schaftlichen Gesinnung des Radjas nicht einverstanden gezeigt, und man traf deshalb Vorkehrungen für den möglichen Fall, daß der Radja und der gutgesinnte Theil der Bevölkerung auch gegen feindliche Unternehmungen Seitens ihrer Nachbarn beschützt werden müßten. Aus dem Telegramme ist zu schließen, daß ein Theil der in Deli lagernden Infanterie nach Groß⸗Cdi in Be⸗ satzung gelegt worden, und daß bei Klein⸗Edi eine feindliche Bewegung durch die Marine bezwungen werden mußte.
— Ueber die Zusammensetzung der zweiten Expedition gegen Atchin werden jetzt folgende nähere Mittheilungen gemacht. Das Expeditions⸗Corps bilden: fünf auf Kriegsstärke gebrachte Feldbataillone Infanterie, zusammen 4350 Mann (in Friedens⸗ zeit besteht ein Feldbataillon aus ungefähr 720 Mann, in Kriegs⸗ zeit aus 870); ein Bataillon Barissans, ungefähr, 500 Mann; zwei Compagnien der beiden Pangerangs, zusammen 240 Mann; eine ungefähr 500 Mann starke Abtheilung Mineure und Sappeure; 100 Mann Kavallerie und eine aus 1500 Mann bestehende Lan⸗ dungs⸗Division der Flotte, zusammen 7190 Mann, wozu eine sehr ansehnliche Artillerie Mannschaft kommt, deren numerische Stärke noch nicht angegeben wird. Dies Expeditions⸗Corps ist somit das an Zahl stärkste, das je in Niederländisch⸗Ostindien zur Ver⸗ wendung gebracht worden. Bassarans sind inländische Truppen, welche die Fürsten von Madura und Sumanap vertragsmäßig verpflichtet sind zur Verfügung des niederländischen Gouver⸗ nements zu halten. Die Compagnien der Pangerangs sind Ab⸗ theilungen der Legionen von Mangkoe Negoro in Soerakarta und von Pakon Alam in Djoejokarta, besonderer inländischer Corps in den Fürstenländern, welche der Soesonhoenan von Soerakarta und der Sultan von Djoejokarta ebenfalls vertrags⸗ mäßig auf Kosten des Gouvernements zu halten verbunden sind.
— 7. Oktober. (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat sich heute auf unbestimmte Zeit vertagt.
Großbritannien und Irland. London, 6. Oktober. Der italienische Gesandte am hiesigen Hofe, Ritter Cadorna, ist nach längerer Abwesenheit in Italien auf seinen Posten zurückgekehrt.
— In Erwiderung auf eine Petition der Einwohnerschaft von Birmingham, worin die Regierung ersucht wurde, dem Obersten Sir Garnet Wolseley solche Instruktionen zu ertheilen, die dazu beitragen dürften, die Streitigkeiten mit den Aschantis zu einer friedlichen Lösung zu bringen, hat der Premier⸗Minister Gladstone durch seinen Privatsekretär antwor⸗ ten lassen, daß das Ministerium die mit Bezug auf die unglück⸗ lichen Ereignisse an der Goldküste zu ergreifenden Schritte mit vieler Sorgfalt in Erwägung ziehen würde.
— Wie der „Hour“ vernimmt, wurde in den letzten Kabi⸗ netssitzungen die Frage der Auflösung des Parlaments erörtert und endgültig beschlossen, vor dem Frühjahr keine Auf⸗ lösung stattfinden zu lassen.
Frankreich. Paris, 6. Oktober. Der Krie gs⸗ Rinister hat in Folge der befriedigenden Resultate, welche die Einführung des einjährig⸗freiwilligen Dienstes gehabt hat, in einem Cirkular an die Corps⸗Befehlshaber verschiedene Maß⸗ regeln vorgeschrieben, welche auf Hebung und Erweiterung dieser Einrichtung berechnet sind.
— Der Ministerrath hat sich gestern Vormittag versam⸗ melt und sich mit den neu einzuführenden Steuern beschäftigt. Es liegen verschiebene Vorschläge vor, darunter einer betreffend die Besteuerung des Geschäfts⸗Umsatzes. Bekanntlich hat die Budget⸗Kommission im Juli sich geweigert, das Ausgabenbudget in Angriff zu nehmen, bevor nicht der Finanz⸗Minister die Ein⸗ nahmen genau festgestellt hat.
Trianon, 7. Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Prozesses gegen Bazaine wurde der Bericht des Generals Rivieère weiter verlesen. Die als Richter funktionirenden Generale hatten Situationskarten, um auf ihnen die Einzelnheiten der Operationen des Marschalls genau zu ver⸗ folgen. Letzterer beharrte in der gleichen ruhigen Haltung wie gestern. Der Bericht vot wenig Gesichtspunkte von Interesse dar. Die Sitzung schloß erst am Abend.
Spanien. Madrid, 6. Oktober. (W. T. B.) Der Ge⸗ neral Moriones hat, wie der Regierung gemeldet wird, in Navarra einen erheblichen Erfolg über die Carlisten davonge⸗ tragen und ihnen große Verluste beigebracht. Dieselben hatten in der Nähe der Ortschaft Agarzuza außerordeutlich starke Posi⸗ tionen inne, waren aber bereits um Mittag völlig geschlagen und auseinandergesprengt und werden lebhaft verfolgt. Die telegraphische Verbindung mit Frankreich ist in Folge eines hef⸗ tigen Sturmes gestört.
Italien. Rom, 3. Oktober. Das Dominikaner⸗ kloster Santa Maria sopra Minerva mit dem Sitz des Ordens⸗
generals wird nach einer diesem zugefertigten Anzeige in allen ꝓf.
seinen Theilen, wo es noch nicht geschah, in den nächsten Tagen erpropriirt. Das Kloster gehört zu den größten und reichsten. Das Ministerium des Unterrichts soll fortan darin eingerichtet werden.
— Die „Italie“ dementirt die Nachricht des „Univers“, daß die Pforte beschlossen habe, die armenischen Katholiken als eine von der Autorität des Monsignore Kupelian ganz unabhängige und von der Gemeinschaft mit den Neuschismatikern getrennte Gemeinde zu behandeln, und der französische Gesandte vom tür⸗ kischen Minister eine in diesem Sinne abgefaßte Mittheilung er⸗ halten habe.
Der Benediktinermönch, Bischof in partibus infldelium und Coadjutor des Erzbischofs von Sidney in Australien, Beda Vaugham ist mit den Akten des englischen Provinzial⸗Konzils in Rom eingetroffen, um sie dem Papst zu unterbreiten.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 4. Okto⸗ ber. Für die Mitglieder der Kirchenversammlung sind von der Regierung die durch den Wortführenden derselben (dem Erzbischofe) geforderten Gebühren mit 14,252 und der Ersatz für Reisekosten mit 2456 Rth. angewiesen worden. Außerdem hat der Staaͤt die Besoldung der dabei angestellten Beamten und Bedienten, sowie die Kosten für den Druck der Protokolle zu bestreiten. Wahrscheinlich wird die Kirchenversammlung ihre Verhandlungen in der nächsten Woche am Mittwoch abschließen.
— In Malmö gedenkt man eine Reiterstatue des Königs Carl X. Gustaf aufzustellen und die dazu erfor⸗ derlichen Geldmittel durch Subskription zusammen zu bringen.
Dänemark. Kopenhagen, 6. Oktober. Der Reichs⸗ tag wurde heute um 12 Uhr durch den Konseils⸗Präsidenten in rein geschäftlicher Weise eröffnet. Nachdem ein neunmaliges Hoch auf den König ausgebracht, wurde Krabbe mit 56 Stimmen zum Präsidenten und Christensen mit 58, Hansen mit 52 Stimmen zu Vize⸗Präsidenten des Folkethings erwählt. .
— Die Enthüllung der Reiterstatue Königs Friedrich VII. erfolgte heute gegen halb drei Uhr Nachmittags unter nicht enden wollenden Hurrahs eines zahlreichen Publikums.
— 7. Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Folkethings ist vom Finanz⸗Minister ein Gesetzentwurf ein⸗ gebracht worden, durch welchen derselbe ermächtigt wird, die Anleihe vom Januar 1864 in London zu kündigen.
Alien. Aus Afghanistan und Bokhara veröffentlicht der „Daily Telegraph“ nachstehende Telegramme:
Samarkand, 31. August. In Seistan sind die afghani⸗ schen Truppen, kommandirt von Iskander Khan, der Persönlich⸗ keit, die unlängst in England war, und die sich mit Shir Ali ausgesöhnt hatte, in einem Gefecht mit den Persern besiegt wor⸗ den und haben beträchtliche Verluste in Balkh erlitten. Der Bey Mohamed Ali wurde von einem Afghanen getödtet, nach dessen Weib er trachtete. Shir Ali hat seinen zweiten Sohn Ibrahim Khan zum Bey ernannt, aber letzterer ist noch nicht in Balkh eingetroffen. Shir Ali selber wird in Kurzem in Balkh mit Truppen und drei Mitrailleusen, die unlängst in Cabul ein⸗ trafen, erwartet, und dort wie in Maimane und Andkhoi werden große Vorbereitungen für seinen Empfang getroffen. Zwei europäische Reisende sind in Balkh ermordet worden. Einer nannte sich Asew, der andere gab sich für einen Tartaren aus. Man fand in ihrem Besitz viele in einer europäischen Sprache geschriebene Papiere, und man besorgt, daß sie die Schweizer Reisenden Piequet und Rivas waren. Shir Ali hat eine Ge⸗ sandtschaft an Jaecub Bey in Kaschgar, bestehend aus einem afghanischen Sirdar und Ischan Uraka, der früher der Lieb⸗ lingsgefährte des flüchtigen ältesten Sohnes des Emirs von Bokhara war, gesandt. Die Gesandtschaft überbringt reiche Geschenke, und ihr Zweck ist, die Auslieferung des Sohnes des Emirs von Shir Ali zu erlangen. In Kulab sind ernstliche Unruhen ausgebrochen. Der frühere unabhängige Bey ist aus Afghanistan zurückgekehrt und der Emir von Bokhara hat 3000 Mann gegen ihn abgeschickt. In Badakschan ist der Bey vom Amte vertrieben worden, und Mahmud Schah wurde an seiner Stelle installirt. In Anbetracht aller dieser Thatsachen glaubt man, daß Shir Ali Absichten auf Bokhara hegt. Eine afgha⸗ nische Gesandtschaft war kürzlich in Bokhara und wurde im Geheimen nach Karshi zum Emir geschickt. In den Bergdistrikten von Macha Magian und Jarab, den russischen Provinzen in der Nähe von Samarkand, sind Unruhen ausgebrochen.
Kaschgar, 2. September. Das Gerücht von dem Tode Jacub Beys bestätigt sich nicht. Er hat die chinesische Stadt Manou, die er mehrere Monate lang belagerte, eingenommen.
Kokai, 2. September. s
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dem Post⸗Zeitungs⸗Amte zur Auflieferung, Sortirung, Verpackung und Versendung gelangen, erhellt beispielsweise aus der amtlich festgestell⸗ ten Thatsache, daß am 9. November v. J. von politischen Zeitungen: Morgens 63,255 Exemplare im Gesammtgewichte von 3452 Kilo, Abends 98,705 Exemplare im Gesammtgewichte von 5092 Kilo, von nichtpolitischen Zeitungen: im Laufe des Tages 46,405 Exemplare im Gesammtgewichte von 2436 Kilo, also an einem Tage mehr als 200,000 Exemplare im Gesammtgewichte von etwa 220 Centnern bei dem Post⸗Zeitungs⸗Amte zur Auflieferung gelangten.
— Die Elementarlehrer⸗Wittwen⸗ und Waisenkasse für den Regierungsbezirk Cöslin hatte im Jahre 1872 (ohne die Rückstände) 34,592 Thlr. Einnahme, 29,260 Thlr. Ausgabe, am Jahresschsuß 5332 Thlr. Bestand. Das Aktivvermögen der Kasse ist im Jahre 1872 von 38,200 auf 51,900 Thlr. angewachsen. Unter den Ausgaben im Jahre 1872 sind 18,650 Thlr. für Kapitalsanlage, 9772 Thlr. Pensionen an Lehrerwittwen und 735 Thlr. Pensionen an Waisenfamilien. 86
Speier, 7. Oktober. (W. T. B.) Von gestern bis heute sind hier 37 neue Erkrankungen und 15 Todesfälle an der Cholera vor⸗ gekommen. Im Ganzen sind bisher 229 Personen erkrankt und 104 gestorben. 8 “ — Das statistische Bureau in Braunschweig hat auf Grund der Voshahstnat 85 1. Dezember 1871 eine Uebersicht der Zahl der Einwohner und der im Herzogthnm zusammengestellt, aus der das „B. Tagebl“ nachfolgende Nachrichten mittheilt. In 453 politischen Gemeinden, nämlich in 13 Städten, 15 Flecken und 426 ländlichen Gemeinden lebten 1. Dezember 1871 in 34,556 Wohn⸗ häusern und 40,254 Haushaltungen 311,764 Menschen, davon 155,355 männlichen und 156,409 weiblichen Geschlechts. Von diesen waren 281,744 Braunschweiger und 30,020 Nichtbraunschweiger. Der Reli⸗ gion nach giebt es 300,196 Lutheraner, 2793 Reformirte, 7030 Katho⸗ liken, 574 Dissidenten und 1171 Juden. Im Herzogthume Lebten 271 Blinde, 188 Taubstumme und 612 Blöd⸗ und Irrfinnige. Die Stadt Braunschweig zählte in 3799 Wohnhäusern 13,099 Haushaltungen und 57,883 Einwohner, von denen 29,400 männlichen und 28,483 weiblichen Geschlechts, 48,640 Braunschweiger und 9243 Nichtbraun⸗ schweiger waren. Der Religion nach giebt es in Braunschweig 53,228 Lutheraner, 1704 Reformirte, 2298 Katholiken, 259 Dissidenten und 394 Israeliten. Es lebten in Braunschweig 73 Blinde (davon 17 im Blindeninstitute), 54 Taubstumme (davon 22 im Taubstummen⸗ Institute) und 48 Blödsinnige. In der Idiotenanstalt zu Erkerode be⸗ fanden sich 30 Blödsinnige, in der Landes⸗Irrenanstalt zu Königslutter 133 Irrfinnige. .“ 8 Von den übrigen 12 Städten des Herzogthums hatten: Wolfen⸗ büttel in 1049 Wohnhäusern 10,456 E., Helmstedt in 755 W 7574 E., Holzminden in 515 W. 5934 E., Schöningen in 451 W. 5474 E., Königslutter (mit Oberlutter und Stift Königslutter) in 377 W. 4112 E., Blankenburg in 392 W. 3853 E., Seesen in 323 W. 3378 E, Schöppenstedt in 330 W. 2874 E. Gandersheim in 295 W. 2432 E., Hasselfelde in 388 W. 2271 E., Stadtoldenvorf in 241 W. 2164 E. und Eschershausen in 153 W. 1261 Einw. Von den 15 Flecken im Herzogthume lebten in Calvörde in 218 W. 2024 E., Langelsheim in 223 W. 2016 E, Hessen in 218,28. 1979 E. Neustadt Harzburg in 193 W. 1698 E., Vorsfelde in 176 W. 1671 E., Lutter am Barenberge in 167 W. 1626 E, Delligsen in 124 W. 1504 E., Greene in 120 W. 1389 E, Gittelbe in 158 W. 1368 E., Zorge in 171 W. 1327 E. Ottenstein in 196 W. 1315 E., Stiege in 193 W. 1279 E. Braun⸗ lage in 139 W. 1278 E., Bevern in 167 W. 1919 E. und in The⸗ dinghausen (Bürgerei, Hagen und Westerwisch) in 294 W. 1645 G. Das bevölkertste Dorf des Herzogthums war Jerxheim, welches in 128 W. 1851 E. hatte, der bevölkertste Amtsgerichtsbezirt war Riddagshausen, welcher in 46 Ortschaften 15,216 E., der kleinste Ottenstein, welcher in 9 Ortschaften 4187 E. zählte. Der Kreis Braunschweig hatte 8407 W. und 90,948 E.; die Stadt Braunschweig wie bemerkt 3799 W. und 57,883 E., Amtsgericht Riddagshausen in 46 Gemeinden 1991 W. und 15,216 E.; Amtsgericht Vechelde in 34 Gemeinden 1854 W. und 13,638 E., Amtsg. Thedinghausen in 11 Gemeinden 763 W. und 4211 E. Der Kreis Wolfen. büttel hatte in 7192 W. 60,741 E., davon die Statt Wolfenbüttel in 1049 W. 10,456 E., das Amtsg. Wolfenbüttel in 39 G. 1794 W. und 14,865 E., das Amtsg. Schöppenstedt in 28 . und 1619 W. 13,205 E., das Amtsg. Salder in 29 G. und 1957 W. 14,877 Einw. und das Amtsg. Harzburg in 8 Gemeinden und
Die Rebellion der Kara Kirgisen ist wiederum ausgebrochen. Die Insurgenten haben Usgent ein⸗ genommen, und der Khan hat sich, begleitet von Atta Bey und dem Autobatchi, in Person in den Feldzug begeben, da 3000 Mann seiner Truppen zum Feinde übergegangen sind. Der Khan hat den Beistand der Russen nachgesucht.
Afrika. Vom Cap der guten Hoffnung bringt der am 4. Oktober in Dartmouth gelandete Postdampfer „Edinburgh Castle“ folgende bis zum 10. v. M. reichende Nachrichten: Das ganze Land bekundet viel Interesse an den Wahlen für den le⸗ gislativen Rath. In Timberland herrschte wegen Regenmangels große Dürre. Die Grenze befand sich in einer sehr ungeregelten Lage und die Friedens⸗Kommission war zurückgekehrt, ohne etwas ausgerichtet zu haben, da die Pondos auf einem Feldzuge gegen die Pondomisen begriffen waren. Die Post aus Lydenburg brachte Nachrichten, die keinen Zweifel übrig lassen, daß die Goldfelder sich als lohnend erweisen. Eine Firma in Natal hatte 6 Pfund Gold erhalten. Lebensmittel waren sehr knapp.
Das Amtsblatt der Deutschen Reichspostverwal⸗ tung, Nr. 71, hat folgenden Inhalt: GenereI⸗Verfügung vom 2. Oktober 1873. Kurzschrift im Postbetriebe. — General⸗Verfügung vom 4. Oktober 1873. Postdampfschiff⸗Verbindung Stralsund⸗Malmoe. — Bescheidung vom 4. Oktober 1873. Den Deutschen Reichs⸗Post⸗ und Telegraphen⸗Kalender von Lüdemann betreffend. MI“
— Die Nr. 81 der „Annalen der Landwirthschaft in den Königlich preußischen Staaten“ enthält: Preußen: Titelverleihungen. Mittheilungen über den Stand der Rinderpest. Zusammenstellung der im Oktober 1873 und später anstehenden Ter⸗ mine zur Ve pachtung von Königlichen Domänen. Erwerbungen des Königlichen landwirthschaftlichen Museums im III. Quartal 1873. Die K. K. Gartenbau⸗Gesellschaft zu Wien und der Kongreß deutscher Gärtner und Gartenfreunde daselbst. Die Konservation der Nahrungs⸗ mittel. Von Dr. Ferd. Wilbrand. Literatur: Die soziale Frage auf dem platten Lande. Von Ferdinand Knauer. Atlas der chemischen Technik von Dr. Friedrich Schoedler. Besondere Beilage zum Deut⸗ schen Reichs⸗Anzeiger. Vermischtes: Eine Vergiftung von 15 Morgen Gerste durch gifthaltiges Ammoniaksuperphosphat. Die Ernte in Italien. Die Getreideernte der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Marktbericht. Viehpreise. Stärkepreise.
Statistische Nachrichten.
Berlin, 8. Oktober. Von vorgestern auf gestern sind als an der Cholera erkrankt gemeldet 10 Personen, darunter 2 Todesfälle.
Seit Beginn der Epidemie sind im Ganzen als erkrankt gemeldet: 879 Personen, davon sind genesen 209 Personen, gestorben 588 Per⸗ sonen, in der Behandlung verblieben 82 Personkn. “
— Der Geschäftsumfang und die Aufgahen des Kaiserlichen Post⸗Zeitungs⸗Amts zu Berlin und des mit demselben verbun⸗ denen Gesetz⸗Sammlungs⸗Debits Comptoirs haben innerhalb zweier Jahrzehnte einen Aufschwung erfahren, welcher dem rapiden Wachs⸗ thum der Berliner Presse entspricht. Das Post⸗Zeitungs⸗Amt steht nach dem „Postarchiv, mit 2643 Postanstalten und 158 Zeitungs⸗ verlegern in unausgesetzter Geschäftsverbindung. Die Zahl der zur Versendung gelangenden Exemplare von Zeitungen und Zeitschriften aller Art ist in stetem Steigen be⸗
Welche Me⸗ Zeitungssendungen alltäglich bei
773 W. 7338 E. Im Kreise Helmstedt lebten in 5966 W. 53,717 E., davon im Amtsg. Helmstedt in 7 Orten und 1170 H. 10,752 E, im Amtsg. Schöningen in 17 G. und 1440 W. 15,581 E., im Amtsg. Königslutter in 21 G. und 1449 H. 12,359 E., im Amtsg. Vorsfelde in 32 G. und 1449 H. 10,804 E., im Amtsg. Calvörde in 10 Ort⸗ schaften und 458 H. 4221 E. — Der Kreis Gandersheim zählte in 4970 H. 42,236 E. Davon cntfallen auf das Amtsg. Gandersheim in 27 O. und 1488 H. 12,125 E., auf das Amtsg. Seesen in 12 D. und 1402 H. 11,803 E., auf das Amtsg. Lutter am Barenberge in 14 O. und 1219 H. 10,091 E., und das Amtsgericht Greene in 17 O. und 861 H. 8217 E. — Der Kreis Helzminden hat in 4934 W. 4,,585 E. Dayon leben im Amtsg. Holzminden in 14 Ortsch. und 1444 H. 14,657 E., im Amtsg. Stadtoldendorf in 18 Ortsch. und 1355 H. 11,315 E, im Amtsg. Eschershausen in 27 Qrtsch. und 1532 H. 11,428 E. und im Amtsgerichte Ottenstein in 9 Ortsch. und 603 W., 4187 E. — Der Kreis Blankeanburg zählte in 3087 H. 22,537 E, davon im Amtsg. Blankenburg in 12 Ortsch. und 1487 H. 10,786 E, im Amtsgerichte asselfelde in 5 Ortsch. und 1040 H. 6875 E. und im Amtsg. Walkenried in 5 Ortsch. und 590 H. 4876 E. — In den Kommunenbesitzungen, an welchen Preußen mit ½⁄, Braunschweig mit ⁄ partizipiren, wurden in 101 Wohnbäusern 620 Einw. gezählt, davon in Kommunion Oker in 74 H. 557 E. Der einjeitige, Braunschweig allein gehörende Ort Oker zählte in 108 H. 1104 E.
— Im Jahre 1872 kamen nach der „Austria“ an der österreich⸗ ungarischen Küste Schiffbrüche und Strandungen vor: von Quersegelschiffe 3 resp. 9 (1871: 3 resp. 5), von kleinen Fahrzeugen 4 resp. 13 (1871: 4 resp. 5), zusammen 7 +. 22 = 29 (1871; 7 + 10 = 17). Menschenleben gingen dabei nicht (1871: 7) verloren.
Kunst und Wissenschaft.
Berlin, 8. Oktober. Die statutenmäßige 6. Jahresversammlung der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft zu Berlim wurde am 6. d. M., Abends, durch den Junstiz⸗Rath Goltz eröffnet. Herr von Homeyer wurde zum 1. Vorsitzenden, Freiherr Oberst von Zittwitz zu dessen Stellvertreter gewählt. Herr Dr. Cabanis über· nahm das Schriftführeramt. Die Gesellschaft besichtigte am Dienst ag, den 7., den zoologischen Garten, woran sich eine Festtafel daselbst schloß, und hielt an demselben Abend eine Sitzung ab. Heute findet eine Besichtigung des zoologischen Museums statt, bei welcher Gelegen⸗ heit Dr. Cabanis über Peruanische Vögel und Graf von Berlepsch über amerikanische Vögel sprechen werden. Am Donnerstag, den 9. wird die Schlußsitzung und Besuch des Aquariums stattfinden. Herr von Homeyer wird über die Heerstratzen der Vögel, Dr. Brehm ¹) über die Bienenfresser im Freileben und in der Gefangenschaft; 2) über die Vogelschutzfrage; 3) über Mitglieder der Gruppe Garrulax in der Gefangenschaft, sprechen.
— Das soeben in der Buchhandlung von Ferd. Beyer vormals Th. Theile zu Königsberg erschienene 5/6. (Doppel⸗) Heft des 10. Bandes der „Altpreußischen Monatsschrifte (der Neuen Preußischen Provinzialblätter vierte Folge), berausgegeven von Rudolf Reicke und Ernst Wiche dh, enthält: Abhandlungen: Der F eutsche Orden und Littauen 1370 —1386. Von Fritz Boldt. — Renstruk⸗ tion eines germanischen Rundschildes aus der Eisenzeit in der Samm⸗ lung der Alterthumsgesellschaft Prussia zu Königsberg. Von Thecdor Biehl in Tüngen. — Die Willkuür der Stadt Saalfeld pom Jahre 1560. Mitgetheilt von Konrad Roßberg. — Jofef von Eschenherff ine Danzig. Mitgetheilt von Robert Schück. — Kritiken And Weferatzts Verein für Alterthumskunde in Etbing. — Alkerthumsgefekscheäfte
Pruss 3. Von Dr. Meckelburg. — Mittheilungen vns Anhang: