1873 / 273 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Nov 1873 18:00:01 GMT) scan diff

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aufgewendet, ohne eine aus den Restmitteln zur Verwendung kommende Summe für Anschaffung von Mobiliar von 62,000 fl. in den zwei Jahren. Dabei ist der jährliche Aufwand für das noch nicht vollendete Schussenried vorerst noch geringer und wird in der nächsten Etatsperiode bedeutender werden. Für die Lan⸗ desgestüte sind jährlich 80,000 fl. (ohne einige Extra⸗Ausgaben) ausgesetzt. Bei den Erörterungen ergab sich, daß besonders ein tüchtiges Arbeitspferd gezüchtet wird, das sich beim Militär vorzüglich für Artillerie und Fuhrwesen eignet, und das auch ins Ausland verkauft wird. Dagegen ist der Bedarf an Reit⸗ pferden der Reiterei im Lande nicht gedeckt und muß durch An⸗ käufe aus Norddeutschland ergänzt werden. Für Prämürung vorzüglicher Privatzuchtpferde werden jährlich 10,600 fl. aus⸗ gegeben.

Baden. Karlsruhe, 17. November. Der Großher⸗ zog, die Großherzogin und der zag e eöthag⸗ sowie die Prinzessin Victoria und der Prinz Ludwig Wilhelm haben sich gestern Vormittag zum Besuch der Großherzoglichen Familie nach Darmstadt begeben und sind am Abend hierher zurück⸗ ekehrt. 3 Nachmittag sind der Landgraf von Hessen mit seiner Gemahlin, der Prinzessin Anna von Preußen, die Herzogin von Hamilton, Prinzessin Marie von Baden, sowie die Erbprinzessin von Monaco, von Baden kommend, zum Besuch der Großher⸗ zoglichen Familie in Karlsruhe eingetroffen und haben sich am Abend dorthin zurückbegeben.

Die Ständeversammlung wird am 20. November, Vormittags 10 Uhr, durch einen feierlichen Gottesdienst in der Schloßkirche, zu welchem die Mitglieder beider Kammern durch ihre Präsidenten besonders eingeladen sind, im Beisein des Groß⸗ eröffnet werden. Der Gottesdienst für die katholischen Mitglieder findet in der katholischen Stadtkirche statt.

Mecklenburg. Sternberg, 14. November. In der heutigen Sitzung des Landtags übergaben die Landtags⸗Mar⸗ schälle ein schwerinsches Reskript vom 12. d. Mts., betr. das Finanzkapitel, folgenden Inhalts:

1) Ueber sämmtliche Einnahmen und Ausgaben wird zunächst ein Einverständniß erzielt. Ueber denjenigen Theil der Ausgaben, welche vorzugsweise zur Aufrechthaltung des Landesregiments dienen, bedarf es keiner alljährlichen Vereinbarung, sondern wird dieselbe auf 6 Jahre abgeschlossen. Sie werden theils aus den eigenen Einnahmen der be⸗ treffenden Etat⸗Kapitel, theils aus einer Aversionale Summe bestritten, welche vorweg von den zum Staatshaushalte zu überweisenden Do⸗ manial⸗Einkünften abgenommen wird. Nach Ablauf obigen Zeitraums treten über die Höhe dieser Aversionalsumme erneute Verhandlungen ein; im Falle nicht erzielten Einverständnisses zwischen Unserer Regie⸗ rung und der Landesvertretung gilt die bis dahin normirende Summe jedoch als bis auf Weiteres fortbestehend.

2) Wegen der Ausgaben und Einnahmen dieser Kapitel steht den Ständen waͤhrend der 6 jährigen Periode unr ein rathsames Bebenken zu, weshalb ihnen zu diesem Theile des Staatshaushalts regelmäßig auch nicht die Voranschläge, sondern nur die abgeschlossenen Rechnun⸗ gen vorgelegt werden und gelten die betreffenden Kapitel außerdem als ein Ganzes in der Art, daß der Gesammtbetrag der betreffenden Ein⸗ nahmen verausgabt werden kann, ohne daß die bei Feststellung der Aversionalsumme bei den einzelnen Kapiteln ursprünglich zu Grunde gelegien Ausgabesummen innegehalten zu werden brauchen. Ebenso kommen Ersparungen in diesem Theile des Etats ausschließlich nur diesem zu Gute nnd können etwaige spätere Ausfälle in demselben daher aus Ersparungen früherer Jahre gedeckt werden.

3) Den Kameral⸗ incl. Forst⸗ und Lewitz⸗Wiesen⸗Verwaltungs⸗ Etat betreffend, so wird nach oben erwähnter erstmaliger Feststellung e für eine zehnjährige Periode eine bestimmte Summe verein⸗

art. Für den Fall des bei den regelmäßigen Verhandlungen bei Ablauf einer Etat⸗Periode nicht zu erreichenden Einverständnisses gilt jedoch auch hier die Bestimmung sub 1 in fine.

4) Netto⸗Ueberschüsse, welche in der Kameral⸗Verwaltung über den vereinbarten Aversional⸗Betrag hinaus erzielt werden, sind gleich⸗ falls in dem nächsten den Ständen vorzulegenden General⸗Etat in Einnahme zu bringen, unbeschadet des Rechts der sub 3. vorgese hemem eventuellen auf einen folgenden Jahrgang.

5) Den Ständen steht jedoch in Bezug auf die Kameral⸗Etats auch während des Laufs einer Etat⸗Periode ein rathsames Bedenken zu und werden ihnen sowohl dieserhalb, als wie zur Nachweisung der in den zur Vorlage kommenden General⸗Etat, nach der Bestimmung sub 4 aufzunehmenden Einnahme⸗Summe die betreffenden abge⸗ schlossenen Rechnungen alljährlich vorgelegt.

6) Mit der Erwerbung des Rechts, der Feststellung des Staats⸗ haushalts⸗Etats zu konkurriren, übernehmen die Stände indessen auch die Pflicht, die zur Erreichung der Staatszwecke nothwendigen Mittel zu bewilligen, insoweit dieselben nicht aus den Ueberschüssen des Domanialvermögens und den sonstigen dem Landesherrn zustehenden Einnahmen bestritten werden können; und dürfen die Stände nament⸗ lich niemals die Deckung derjenigen Ausgaben verweigern, welche auf verfassungsmäßigen Befugnissen übernommenen privatrechtlichen Ver⸗ pflichsungen, sowie auf den Bestimmungen des Hausgesetzes und den besonderen Vereinbarungen zu demselben (cf. alin. 2, 3 und 4, Kap. 4, betreffend die Finanzen der Grundzüge zu einer Modifikation der meck⸗ lenburgischen Verfassung) beruhen.

7) Die ordentliche Hufensteuer und die städtische ordentliche Kontribution von Häusern und Ländereien gelten als feststehende Ein⸗ nahmen und kann daher zu keiner Zeit ständischerseits die Bewilligung des Etats von einer Herabsetzung oder Aufhebung derselben abhängig gemacht werden.

8) Auch innerhalb der einzelnen, mit den Ständen jährlich zu vereinbarenden Kapitel des Etats sind die verschiedenen Ausgaben für das Etatsjahr übertragbar.

9) Der engere Ausschuß ist zu potestiviren, bei etwaigen inner⸗ halb eines Etatsjahres nothwendig werdenden Verhandlungen über nachträgliche Etat⸗Erhöhungen nach seinem Ermessen die ständische Zustimmung zu erklären.“

Auf Antrag des Landraths von Rieben wurde beschlossen, dieses Reskript mit seinen Motiven drucken und vertheilen zu lassen.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weim ar, 15. November. Der Tag der Einberufung des Landtags ist, dem „Fr. ꝛJ.“ zufolge, noch nicht feststehend; dieselbe wird entweder auf den 11. oder 18. Januar erfolgen. Für jetzt wird zunächst der Ausschuß zur Prüfung der Staatsrechnungen am 24. November seine Arbeiten beginnen. Als die wichtigsten Vorlagen für den Landtag sind außer dem Etat zu verzeichnen: ein Landtags⸗ Wahlgesetz, eine neue Gemeinde⸗Ordnung, das Schulgesetz, ein Gesetz über die Polizeistrafen, über Errichtung von Bezirks⸗Ver⸗ bänden und über die Verwendung der Kriegsentschädigung.

Braunschweig. Braunschweig, 19. November. Die Ges. u. V. S. veröffentlicht ein Gesetz, die Verhältnisse der Dissidenten betreffend, vom 25. März 1873; ferner ein Gesetz die Verabsäumung der sechswöchigen Tauffrist betreffend, vomnt 25. März 1872

Sachsen⸗ Altenburg. Altenburg, 16. November. Die Landschaft des Herzogthums hat nach der Eröffnung vom 27. v. M. am 13. ihre erste öffentliche Sitzung wieder ab⸗ gehalten. Die Berathungsgegenstände betrafen den von der Staatsregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes über die Einführung des sogenannten Submissionsverfahrens in Unter⸗

3 8 8 8 H suchungen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Gesetze über Zölle und andere indirekte Abgaben, die Umwandlung einiger juristi⸗ scher Hülfsarbeiterposten in feste Beamtenstellen, die Herabsetzung der Altersgrenze für die Fähigkeit zur Ableistung von Dienst⸗ eiden auf das vollendete 14. Lebensjahr, welche Vorlagen sämmt⸗ lich zur einstimmigen Annahme gelangten. Ebenso ein⸗ stimmig bewilligte die Landschaft ein Postulat von jährlich 1500 und resp. 800 Thaler, um das Diensteinkommen der niedrigst besoldeten Geistlichen, einschließlich der Substituten, neben Gewähr freier Wohnung allgemein auf den Minimalsatz von 500 Thlr. erhöhen zu köͤnnen, eines dgl. von 243 Thlr. jährlich zur Aufbesserung der Gehalte der bei der Generalinspek⸗ tion des Thüringischen Zoll⸗ und Handelsvereins und mit Ausnahme 1 Stimme ein Nachpostulat von 2800 Thlr. für den Bau und die Einrichtung der hiesigen Realschule, für welche damit nunmehr bereits 30,300 Thlr. verwilligt sind. Zuletzt wurde über einen Antrag des Abgeordneten Nützer, die Staats⸗ regierung zu ersuchen, daß sie beim Bundesrathe des Deutschen Reiches auf eine Revision der Bestimmungen der Gewerbeordnung über den Gewerbebetrieb im Umherziehen und auf eine Beschrän⸗ kung der Erlaubniß zum Hausirhandel hinwirken möge, zu einer motivirten Tagesordnung übergegangen. b

Waldeck. Arolsen. Im weiteren Verlauf der Sitzung des Landtages der Fürstenthümer Waldeck⸗Pyrmont am 5. November folgte der schriftliche Bericht des Abgeordneten Schäffer für den Ausschuß zu der Gesetzvorlage, betreffend die Verwendung von Privathengsten zum Decken fremder Stuten. Die §§. 1 und 2 wurden auf Antrag des Ausschusses ange⸗ nommen; zu §. 3 entspann sich eine längere Debatte, woran sich betheiligten die Abgeordneten Hastenpflug, Lontrodt, Wal⸗ deck II., Schultze, Wiedel, Bender, Hagemann, der Berichter⸗ statter sowie der Landesdirektor von Sommerfeld. Letzterer wiederhole, was er bereits in der betreffenden Ausschußsitzung erklärt habe: wie er für jeden Kreis eine Schaukommission im Auge habe, bestehend aus Thierarzt und zwei Sachverständigen, daß für die Besichtigung ꝛc. ein geringer Gebührensatz in An⸗ satz kommen solle, welcher in die Staatskasse fließe, wogegen letztere die Gebühren der Kommission zu übernehmen habe. Im Laufe der Diskussion brachte der Abgeordnete Hagemann den Antrag ein:

Die Versammlung wolle mit dem Herren Landesdirektor sich einverstanden erklären dahin, daß für Besichtigung vc. von Privat⸗ hengsten Gebühren gezahlt werden, welche auch hinsichtlich der nicht brauchbar befundenen erhoben werden und in die Staatskasse fließen, wogegen letztere die Remuneration der Kommission übernimmt.“

Der Ausschußa ntrag, welcher auf Annahme des Para⸗ graphen gerichtet ist, wurde angenommen, desgleichen der Hage⸗ mannsche Antrag. Zu §. 4 erfolgte die ständische Zustimmung, sowie schließlich zur Gesetzesvorlage im Ganzen. 3

Einen weitern Gegenstand der Tagesordnung bildete der schriftliche Bericht des Abgeordneten Hastenpflug für denselben Ausschuß zu dem Gesuche des Rittergutsbesitzers Conisius in Nordenbeck und verschiedener anderer Grundbesitzer des Kreises Eisenberg, welches dahin geht:

1) Stände möchten die 12 ½ Prozent Zuschlug zur Grundsteuer aufheben und, wenn nöthig, aus anderweitig zu heschefffenden Ein⸗ nahmequellen decken,

2) eine neue Ermittelung des Reinertragß der Grunpstücke und eine andere Eintheilung der Klassen möglichst 1

indem die Petenten durch Vergleichung der

steuer mit der in einigen der benachbarten preu ßischenr Haft eine Ueberbürdung des hierländischen Grundbesitzes nachzuweis suchen. Die Minorität des Ausschusses Berichterstatter stellte den Antrag:

den Petenten ad Nr. 1 des Gesuchs zur Zeit eine abschläg⸗ liche Resolution zu ertheilen, der demnächstigen Ständeversammlung aber bei Feststellung des Etats für die künftige Finanzperiode auch die definitive Beschlußfassung ad Nr. 1 und 2 des Gesuchs zu überlassen;

wogegen Abg. Waldeck II. und mit ihm die Majorität des Ausschusses in Erwägung, daß unter den gegenwärtigen Ver⸗ hältnissen, wo Preußen bedeutende Zuschüsse zur waldeckischen Landesverwaltung zu leisten habe, eine Herabsetzung der von Waldeck gezahlten Steuern von Seiten des preußischen Ministe⸗ riums gänzlich aussichtslos sei, und mit Rücksicht darauf, daß der Landesdirektor in der Ausschußsitzung ausdrücklich erklärt habe, Preußen werde auf Wünsche nach dieser Richtung hin keinesfalls eingehen, Uebergang zur motivirten Tagesordnung beantragte. An der hierüber eröffneten Diskussion betheiligten sich der Landesdirektor sowie die Abgeordneten Lontrodt, Hastenpflug, Schäffer, Brünn, Waldeck II., Herwig und Hage⸗ mann, letzterer insbesondere mit Hervorhebung des Umstandes, daß, werde Ständekammer dem Antrage des Berichterstatters de⸗ feriren, dadurch bei den Petenten Hoffnungen erweckt würden, deren Realisirung nicht zu erwarten stehe. Der Majoritäts⸗ antrag wurde hierauf zum Beschluß erhoben.

Zu dem Schreiben des Landesdirektors vom 4. November betreffs der Dispensation der Rhoder Abgebrannten von der Verpflichtung zum Wiederaufbau, erstattete für denselben Aus⸗ schuß Bericht Abgeordneter Rhode. Der Antrag der Majo⸗ rität des Ausschusses:

Ständekammer wolle zur Vorlage sich zustimmend erklären, wurde Beschluß der Versammlung.

Hiernächst folgte für denselben Ausschuß der Bericht des Abgeordneten Wiedel zum Schreiben des Landesdirektors vom 30. September, wonach rücksichtlich des dem preußischen Minister 1 Innern mitgetheilten Landtagsbeschlusses vom 16. November

Die Tagegelder der Landtagsabgeordneten von 2 auf 3 Thlr. zu erhöhen,

nach vorausgegangener Kommunikation mit dem Finanz⸗Minister dem Landesdirektor erwidert worden, daß mit Rücksicht auf die gegenwärtige Finanzlage der Fürstenthümer die gewünschte Er⸗ höhung nicht angänglich erscheine. Der Antrag der Majorität des Ausschusses, welcher auf Wiederholung des frühern Majo⸗ ritätsantrags geht, wurde mit Berücksichtigung davon, daß hier lediglich die Bedürfnißfrage, nicht die Finanzlage des Landes zu entscheiden habe, zum ständischen Beschluß erhoben.

Sodann wurde in Befolg eines Schreibens des Landes⸗ direktors vom 12. März, betreffend die in Folge des Ablebens des Finanz⸗Raths Stöcker erforderlich gewordene Neuwahl eines ständischen Mitgliedes der Kommission für das Heimathwesen, durch Akklamation gewählt Abgeordneter Rhode, als Stellver⸗ treter Abgeordneter Hagemann.

Zum Schreiben des Landesdirektors betreffs der rücksicht⸗ lich der Immobiliar⸗Feuer⸗Versicherungs⸗Anstalt der Fürsten⸗ thümer für das künftige Jahr erforderlich werdenden Aufwen⸗ dungen erstattete für den Verwaltungsausschuß Bericht Abg. Herwig, und wurde der auf Genehmigung sämmtlicher Positionen unter nachträglicher Bewilligung einer Remuneration von 100 Thalern für den Kreis⸗Baumeister, sowie der weitere dahin

Antrag: 1“

dem Landesdirektor die generelle Ermächti i Beiträge nach Maßgabe des zu rwar eggegn nh nn efhellan, de bindenden Beschlusses des Verbandausschusses festzusetzen und zu erheben, auch einen Zuschlag zum Reservefond pro 1874 mit

Prozent zu normiren, zum Beschluß der Versammlung erhoben.

Derselbe Referent für den nämlichen Ausschuß berichtete weiter zum Schreiben des Landesdirektors vom 29. Oktober, die Behufs Deckung des durch den großen Brand von Rhoden ent⸗ standenen Defizits pro 1873 zu erhöhenden Brandkassebeiträge. Der Ausschußantrag:

Ständekammer wolle der Vorlage gemäß außer den pro 1873

schon bewilligten 2 %, weitere 3 % also im Ganzen 5 % als Bei⸗

trag zur Brandkasse pro 1873 bewilligen, dabei jedoch den Herr Landesdirektor ersuchen, es herbeiznführen, daß die nach dem Regle⸗ ment vom 20. April 1872 demnächst pränumerando zu erhebenden Beiträge postnumerando zur Erhebung gebracht werden,

erhielt die Zustimmung der Versammlung.

Bremen, 16. November. Die Bürgerschaft verhan⸗ delte gestern in langer Sitzung über die große neue Bahnhofs⸗ anlage inmitten der Stadt. Der Senat hat auf den verbesser!en Plan der bürgerschaftlichen Kommission, welcher auf durchgängige Erhöhung des die Stadt durchschneidenden Bahnstrangs und Deckung der Mehrkosten durch Verkauf des jetzigen Bahnhofs⸗ platzes zu Bauplätzen hinausläuft, nicht eingehen wollen, son⸗ dern an dem einfacheren Vorschlage der Deputation festgehalten. Die Bürgerschaft hat nun ihrerseits diese Maßregel von dem⸗

jenigen Theil der Gesammtanlage, über welchen bereits im We⸗

sentlichen Einverständniß herrscht, abgesondert und ihre Ausfüh⸗ rung von einer Verständigung mit Oldenburg über die Kosten der Erhöhung abhängig macht. In derselben Sitzung ging der gestern mitgetheilte Staatshaushaltsplan für 1874 ein. Die Finanz⸗Deputation empfahl, mit Rücksicht auf das Defizit von gegen 2 Mill. Mk., zuvörderst nur die laufenden Verwaltungs⸗ kosten und schlechthin nothwendigen neuen Ausgaben festzustellen.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 17. November. Am 15. d. M., Nachmittagsy trafen, der „Str. 3.“ zufolge, die Her⸗ Fogin von Anhalt und Prinz Julius von Holstein,

von Basel kommend, hier ein. Die Hohen Herrschaften stiegen

im Hôtel de la ville de Paris ab und werden voraussichtlich einige Tage hier verweilen. 88

OOesterreich⸗Ungarn. Wien, 17. November. Der Adreß⸗ entwurf des Abgeordnetenhauses hebt hervor, daß das aus unmittelbarer Wahl hervorgegangene Abgeordnetenhaus nunmehr die Stätte bildet, wo wirklich alle Parteien ihre Wünsche und Anliegen geltend machen können. Manche Gegensätze werden jene Schärfe verlieren, die sie immer annehmen müssen, wenn einer Partei die Geltendmachung ihrer Ansprüche verkümmert ist. Die Wünsche manchen Landes werden sich nicht als so einhellige darstellen, wie sie von dessen früheren Vertretern geschildert wurden. Um so sicherer wird dem Gebote der Gerechtigkeit ent⸗ sprochen werden können, welches erheischt, daß das Interesse keines Volksstammes außer Acht gelassen werde. Das Abgeordnetenhaus kann sich daher der Hoffnung hin⸗ geben, daß aus der gemeinsamen Arbeit der Vertreter aus allen des Reiches der österreichische Staatsgedanke gekräftigt hervorgehen wird. Das Abgeordnetenhaus wird mit gewissen⸗ hafter Erwägnng jene Maßregeln berathen, welche zur Wahrung des Handels und der Judustrie vor den aus einem erschütterten Vertrauen hervorgehenden Gefahren nothwendig erscheinen. Die Reform der Aktien⸗ und Börsengesetzgebung müsse unverzüglich in Angriff genommen werden, auch sei es dringend wünschens⸗ werth, daß die mit der ungarischen Regierung über die Stellung der Nationalbank gepflogenen Verhandlun⸗ gen baldigst zum Abschlusse gebracht werden. Das Abgeordnetenhaus wird den Grundsatz der Sparsamkeit um so strenger festhalten, als die volkswirthschaftliche Bedrängniß besorgen läßt, daß sich die Einnahmen des Staates, wenn auch vorübergehend, vermindern werden und als die drückende Steuer⸗ last gegenwärtig schwerer als je getragen wird. Die alsbaldige Voll⸗ endung der Steuerreform ist geradezu unabweislich. Nicht blos die Ausfüllung der Lücken der Gesetzgeburg in Folge der Aufhebung des Konkordats erscheint höchst dringend, sondern die Durchführung der vollen Glaubens⸗ und Gewissensfreiheit überhaupt und die ungeschmälerte Wahrung der Staatshoheit gegenüber den kirch⸗ lichen Organismen insgesammt sieht das Abgeordnetenhaus als eine unabweisliche Aufgabe der Gesetzgebung der nächsten Zeit an. Nachdem noch der Weltausstellung und der Fürstenbesuche erwähnt worden, schließt der Adreßentwurf mit dem Hinweis auf das bevorstehende Regierungsjubiläum des Kaisers und mit dem erneuerten Gelöhnisse, das Abgeordnetenhaus werde treu mit⸗ arbeiten bei der Lösung der großen Aufgabe, welche der Kaiser sich als unverrückbares Ziel gesetzt: die Einigung der Völker Oesterreichs zu einem mächtigen von den Ideen des Rechtes und der Freiheit getragenen Staate.

ö Theilen

18. November. (W. T. B.) Dem Abgeordneten hause wurde heute das Budgetpro 1874 vorgelegt, dessen Gesammt⸗ erforderniß 387,300,000 Fl., somit 2 ½ Millionen weniger als

im Vorjahre beträgt. Nach den Aufklärungen des Finanz⸗ Ministers ließ sich bis Ende September d. J. ein Einfluß der Börsenkrisis auf die Staatseinnahmen nicht konstatiren, auch möchte in den letzten drei Monaten dieses Jahres das desfallsige Verhältniß wohl nicht wesentlich alterirt werden. Die indirekten Abgaben ergaben bis Ende September eine Mehreinnahme von fast 3 Millionen gegen das Jahr 1872. Hinsichtlich der Deckung der Ausgaben durch die Einnahmen ließ sich die Regierung bei Aufstellung des neuen Etats angelegen sein, mit Rück⸗ ficht auf die thatsächliche Lage der Dinge in möglichst objektiver und nüchterner Weise zu Werke zu gehen. Die direkten Steuern sind mit 87 ¾ Millionen, mithin um 2 ⁄19 Millionen niedriger als im Vorjahre eingestellt, auch die direkten Abgaben wurden um 7 ⁄10 Millionen niedriger angeschlagen, als das faktische Er⸗ gebniß vom Jahre 1872 ausweist. Da in den 9 ersten Mona⸗ ten des Jahres 1873 betreffs der indirekten Abgaben abermals und zwar dem Jahre 1872 gegenüber, ein Mehrnettoertrag von beinahe 4 ½ Millionen sich herausstellte, ist der Voranschlag pro 1874 um 12 Millionen niedriger angenommen, als die thatsäch⸗ lichen Erträge von 1873 ergeben. Zu den präliminirten Einnahmen im Betrage von 3651⁄10 Millionen treten in Folge der Veräußerung von Staatseigenthum, ferner durch den Beitrag der Donau⸗Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft, sowie durch den Verkauf der Franz⸗Josefs⸗Bahnaktien und durch die bereits für den Zeitraum 1871 1873 genehmigte Veräuße⸗ rung von Rententiteln insgesammt 167⁄10 Millionen hinzu; ebenso sind aus den Beständen der Staats⸗Centralkasse, nach Abzug des für den Januar⸗Coupon als stehenden Kassenbestand reservirten Betrages von 25 Millionen, noch mindestens 8 Mil⸗ lionen hinzu zu rechnen. Zur Deckung der Ausgaben sind so⸗ nach insgesammt 389 ½ Millionen vorhanden, so daß den Be⸗

Gu. 8 8

dürfnissen des Staatshaushalts pro 1874 ohne besondere Kredit⸗

operationen genügt werden und noch ein Ueberschuß von 2 Millionen für 1875 übertragen werden kann.

Im weiteren Verlaufe der Sitzung legte der Finanz⸗ Minister noch einen Gesetzentwurf, betreffs Forterhebung der Steuern und Bestreitung des Staatsaufwands bis Ende März 1874 vor. Sodann wurde die Generaldebatte über den Adreß⸗ entwurf auf die Thronrede eröffnet, und nachdem mehrere Redner für und resp. gegen den Entwurf aufgetreten waren,

beendigt. 1 Pesth, 18. November. (W. T. B.) Das Abgeord⸗

netenhaus hat in der heutigen Sitzung den Antrag Simonyi s, eine Bank zu errichten, abgelehnt, nachdem der 1 Minister zugesagt hatte, noch im Laufe dieser Session einen Ge⸗ setzentwurf zur Regelung der Bankfrage vorzulegen.

Schweiz. Bern, 14. November. Der rath hat die Berathung der Bundesrevision bis Art. 32 fortgesetzt. Ohne erhebliche Debatte wurde Art. 31 in der vom Bundesrathe vorgeschlagenen Redaktion angenommen: 86

„Die Errichtung von Spielbanken ist untersagt. „Die zur Zeit bestehenden Spielhäͤuser müssen am 31. Dezember 1876 geschlossen werden. Allfällig seit dem Anfange des Jahres 1871 ertheilte oder erneuerte Konzessionen werden als ungültig erklärt. Der Bund kann auch in Beziehung auf die Lotterien geeignete Maßnahmen treffen.

Auch Art. 32 veranlaßte keine lange Debatte. Angenommen wurde er in der von der Kommission beantragten Fassung: 6

„Der Bund ist befugt, einheitliche Bestimmungen über die Ver⸗ we dung von Kindern und erwachsenen Personen in Fabriken, sowie im Allgemeinen Vorschriften zum Schutze der elrbeiter gegen einen die Gesundheit und Sicherheit gefährdenden Gewerbebetriecb aufzustallen. Der Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen und von Privat⸗ unternehmungen im Gebiete der Versicherungswesen unterliegt der Auf⸗ sicht und Gesetzgebung des Bundes.“

Beide Artikel sind neu. Eine lange Debatte veranlaßte Art. 33, der sogenannte Ohmgeldartikel, in deren Folge derselbe bedeutend verändert und mit der für einige Kantone fatalen Bestimmung der Aufhebung dieser Steuer nach bundesräthlichem Antrage zum Beschluß erhoben wurde. Er lautet jetzt:

„Die Kantone sind befugt, die im Art. 29, Litt. a. erwähnten Eingangsgebühren von Wein und andern geistigen Getränken unter folgenden Beschränkungen zu erheben: a. Bei dem Bezug derselben soll der Transit in keiner Weise belästigt und der Verkehr überhaupt so wenig als möglich gehemmt und mit keinen anderen Gebühren be⸗ legt werden. b. Werden die für den Verbrauch eingeführten Gegen⸗ stände wieder aus dem Kanton ausgeführt, so sind die bezahlten Ein⸗ gangsgebühren ohne weitere Belästigung zurückzuerstatten. c. Die Er⸗ zeugnisse schweizerischen Ursprungs sind mit niedrigeren Gebühren zu kelegen, als diejenigen des Auslandcs. d. Eingangsgebühren auf Wein und andere geistige Getränke schweizerischen Ursprungs dürfen da, wo solche schon bestehen, nicht erhöht, und in Kantonen, welche noch keine beziehen, nicht eingeführt werden. e. Die Gesetze und Verordnungen der Kantone über den Bezug der Eingangsgebühren sind der Bundes⸗ behörde vor Vollziehung derselben zur Gutheißung vorzulegen, damit die Nichtbeachtung vorstehender Grundsätze verhindert werden kann. Nach Ablauf einer Frist von zwanzig Jahren sollen alle Eingangs⸗ gebühren, welche dermalen von den Kankonen erhoben werden, sowie ähnliche von einzelnen Gemeinden bezogene Gebühren ohne Entschädi⸗ gung dahin fallen.“

Der Ständerath beschloß heute, sich bis zum 4. De⸗ zember zu vertagen, um dann seinerseits die Revisionsberathun⸗ gen vorzunehmen. Sollte der Nationalrath mit dieser Arbeit eher fertig werden, so ist das Präsidium ermächtigt, ihn noch früher einzuberufen.

18. November. (W. T. B.) Bei der fortgesetzten Be⸗ rathung über die Revision der Bundesverfassung hat der Nationalrath heute den Artikel (28), welcher von den den einzelnen Kantonen zu entrichtenden Zollentschädigungen

Haus der Bundeskasse handelt, gestrichen und ferner den Ertrag

der für die Befreiung von der Militärpflicht zu leistenden Er⸗ jatzsteuer dem Bunde zugesprochen. Ferner wurde beschlossen, daß die Bestimmungen über Maß und Gewicht vom Bunde zu erlassen seien, und daß die Fabrikation und der Verkauf von Schießpulver, mit Ausschluß der als Schießpulver nicht verwend⸗ baren Sprengfabrikate, ein Monopol des Bundes sei.

Niederlande. Haag, 15. November. Die Zweite Kammer der Generalstaaten hat am 12. d. M. beinahe einstimmig (mit 50 gegen 3 Stimmen) einen Gesetzentwurf an⸗ genommen, welcher dem Art. 96 des Strafgesetzbuches eine sehr wichtige Bestimmung beifügt. Der Justiz⸗Minister erklärte, daß die Annahme dieses Entwurfes den Abschluß eines Ausliefe⸗ rungsvertrages mit Großbritannien ermöglichen werde. Der Art. 96 enthielt das Prinzip: daß in Strafsachen die Zeugen bei der Instruktion und vor der Verhandlung in öffentlicher Sitzung nicht „unter Eid“ vernommen werden könnten. Der er⸗ wähnte Gesetzentwurf führt nun eine wichtige Ausnahme davon ein, um die Schwierigkeit zu beseitigen, welche infolge jenes Prinzips dem Abschlusse von Auslieferungsverträgen mit einigen Staaten, speziell mit Großbritannien im Wege stand. Groß⸗ britannien liefert nur dann aus, wenn gegen den Beschuldigten „nach dem britischen Gesetze genügende Belastungen“ vorliegen. Nach dem britischen Gesetze sind vazu außer einem Haftbefehle „unter Eid abgegebene Zeugenaussagen“ erforderlich. Der Er⸗ füllung dieser Bedingung konnte bisher niederländischer Seits nicht entsprochen werden. Die Regierung beantragte nun zu dem Art. 96 die Beifügung der Bestimmung, daß, falls eine Vermuthung für Flucht (voortvluchtigheid) bestände und wenn die Vorlage von beschwornen Zeugenaussagen nöthig sei, um eine Auslieferung zu erlangen, die betreffende Behörde befugt sein solle, den Zeugen, bevor er seine Erklärungen abgebe, den Eid leisten zu lassen. Sobald auch die Erste Kammer, wie un⸗ zweifelhaft, dem Entwurfe ihre Beistimmung ertheilt hat, wird die Regierung Schritte zu sofortigem Abschlusse von Ausliefe⸗ rungsverträgen mit Großbritannien sowohl wie mit Brasilien und der nordamerikanischen Union thun. Ein rascher Abschluß diesfälliger Uebereinkünfte mit den genannten Staaten ist durch bereits stattgehabte Vorunterhandlungen gesichert. Inzwischen wird auch das niederländische Fremdengesetz von 1849 einer Re⸗ vision unterzogen werden. Eine bezügliche Vorlage ist bereits an den Staatsrath zur Vorberathung gelangt.

N“ Haag ist gestern nach amtlicher Bekanntmachung ein Cholerafall mit tödtlichem Verlauf vorgekommen.

Belgien. Brüssel, 16. November. Der König empfing gestern nach dem Tedeum die Deputation des Senates, welche die Antwortsadresse auf die Thronrede über⸗ brachte. Nachdem der erste Vice⸗Präsident des Senats, von Tor⸗ naco, dieselbe vorgelesen, sprach, der „Wes. Ztg.“ zufolge, der König seine lebhafteste Zufriedenheit, tiefe Rührung und den Dank für die Zusicherung der wohlwollenden Mitwirkung der Sena⸗ toren bei allen Maßregeln aus, welche auf Entwicklung des moraglischen und materiellen Wohlergehens abzielen, deren sich „unser schönes und glückliches Vaterland“ erfreut. Im Senate wurde die Antwort des Königs durch laute B eifallszeichen begrüßt.

Großbritannien und Irland. London, 17. November. Auf Balmoral wird im Laufe dieser Woche wahrscheinlich am Donnerstag, unter dem Vorsitz der Königin ein geheimes Conseil abgehalten werden, und Tags darauf wird der Hof nach Windsor zurückkehren. 5

Prinz Leopold, der jüngste Sohn der Königin, kehrt am 24. d. M. nach Orford zurück, um seine Studien an dor⸗ tiger Universität wieder aufzunehmen.

Frankreich. Paris, 19. November. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ veröffentlicht das Dekret, durch welches Die Wähler der Departements Aude, Finisterre und Seine et Oise zur Vornahme der Wahl von Ersatzdeputirten auf den 7. Dezember d. J. (nicht, wie früher gemeldet, auf den 14. De⸗ zember) einberufen werden. Die heutige Sitzung der National⸗ versammlung findet Mittags 1 Uhr statt.

Verfailles, 18. November. (W. T. B.) Die Berathung über die Vorlage betreffs der Verlängerung der Gewal⸗ ten des Präsidenten Mac Mahon nahm in der heutigen Sitzung der Nationalversammlung ihren Anfang. Es entwickelte sich eine sehr lebhafte Debatte. Der Deputirte Berthault vom linken Centrum sprach sich gegen die Prorogation der Amtsdauer des Präsidenten aus und verlangte, daß der Herzog von Broglie seinen Rücktritt erkläre. Prar⸗Paris richtete an alle Parteien die Aufforderung, sich für eine allgemeine Volksabstimmung zu erklären, und griff gleichfalls den Herzog von Broglie auf das Lebhafteste an. Der der royalistischen Partei angehörige Marquis von Castellane unterstützte die Vor⸗ lage. Nachdem darauf noch Jules Simon gesprochen, verlas Chesnelong Namens der ronyalistischen Partei eine Erklärung, nach welcher dieselbe ihre Mitwirkung nicht versagen will, die Regierung des Marschalls Mac Mahon zu befestigen, indessen daran festhält, die Monarchie als die natürliche Regierung Frankreichs anzusehen. .

Der Berichterstatter der Fünfzehner⸗Kommission Laboulaye machte, wie ein anderes Telegramm meldet, die Mittheilung, daß die Hoffnung auf eine Verständigung geschwunden sei, nachdem die Minister erklärt hätten, sie sähen in dem vorgelegten Ent⸗ wurfe der Kommission aufschiebende Vorbehalte, welche in der That in demselben nicht vorhanden seien. Die Kommission halte deshalb ihre früheren Beschlüsse mit Entschiedenheit aufrecht.

Im weiteren Fortgange der Diskussion trat noch Ernoul⸗ für die Verlängerung der Amtsdauer des Marschalls Mac Mahon ein. Letzterer besitze nicht das Genie eines Bonaparte, aber Uneigennützigkeit und alle bürgerlichen Tugenden. Niemand beabsichtige ein persönliches Regiment einzuführen, bisher habe die gegenwärtige Regierung die Verwaltung über das Land redlich geführt. Frankreich verlange die Stabilität, die National⸗ Versammlung müsse einer Regierungsgewalt Dauer verleihen, durch welche die Stabilität gesichert werde. Ernoul sprach sich darauf ausdrücklich gegen eine allgemeine Volksabstimmung aus. Die Generaldiskussion über die Vorlage wurde damit geschlossen und die Sitzung auf morgen vertagt.

Italien. Rom, 14. November. Der die Erhöhung der Beamtengehalte betreffende Gesetzentwurf ist schon ausgearbeitet und wird der Kammer in einer ihrer ersten Sitzungen vorgelegt werden. Die dazu vom Finanz⸗Minister bestimmte Summe beläuft sich auf 7 Millionen Franken. Damit sollen alle Beamten abgefunden werden, deren Gehalt weniger als 3000 Franken beträgt, aber auch alle Indemnitäten bestritten werden, welche die hier wohnenden oder nach anderen notorisch theuern Städten geschickten Beamten zu beanspruchen haben.

Die „Gazzetta“ von Venedig meldet: Der hier residi⸗ rende japanische Generalkonsul gab gestern Abend zur Feier des Geburtstages des Mikados (geboren am 11. Novem⸗ ber 1852) im Konsulatspalaste Guiccioli ein großes Bankett, an welchem außer dem Konsulatspersonale der Präfekt, in Vertre⸗ tung des abwesenden Bürgermeisters Ritter Ricco, und viele andere venetianische Notabilitäten Theil nahmen. Den ersten Toast brachte der Direktor Ferrara auf das Wohl des Kaisers von apan und seines würdigen Repräsentanten aus, worauf dieser mit dem Toaste auf Victor Emanuel und auf das herz⸗ liche Einverständniß der beiden Völker antwortete. Er erwähnte in demselben, daß der erste Europäer, der den Fuß auf japani⸗ schen Boden gesetzt, der Venetianer Marco Polo gewesen sei, und daß er sich glücklich schätze, berufen zu sein, an der gedeih⸗ lichen Entwickelung der Handels⸗ und Freundschaftsbeziehungen zwischen dem Baterlande Marco Polo’s und seinem eigenen mitzuwirken.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 15. Novem⸗ ber. Der König hat in Gemäßheit der Königlichen Verordnung

vom 21. März 1863, Landsting betreffend, §. 63, auf den Antrag der Abgeordneten zu dem Landsting im Län Elfsborg aus der Landschaft Dalsland, von dem Landsting des Läns ganz abgeschieden zu werden und ein eigenes Landsting zu bilden, den Landshauptmann im Län Elfsborg beauftragt, die Ansichten des Landsting darüber einzuholen und, begleitet von seiner eigenen Begutachtung, an den König einzusenden.

Dänemark. Kopenhagen, 16. November. Gestern wurde im Teglstrupper⸗Gehege Königliche Jagd abgehalten, an welcher der Kronprinz, die Brüder des Königs, die Prinzen Wilhelm und Frederik, der Hof⸗Chef, Graf Danneskjold⸗Samsö, der Hof⸗Jägermeister Löveskjold, Konferenz⸗Rath Lund, die Kam⸗ merherren v. Deurs, Eide und Berger, Baron Wedel und Oberst Holten Theil nahmen. Nach beendeter Jagd fand große Tafel auf Schloß Fredensborg statt, das Musik⸗Corps der Garde die Tafelmusik ausführte.

Amerika. New⸗York, 18. November. (W. T. B.) Der Präsident hat beschlossen, in der Angelegenheit wegen des „Virginius“ die endgültige Entscheidung dem Kongresse zu überlassen, was große Unzufriedenheit hervorgerufen hat. Ein hier abgehaltenes Meeting nahm eine Resolution an, in welcher dem Präsidenten anempfohlen wird, sofort in Aktion zu treten; bei dem Meeting herrschte überhaupt eine kriegerische Stimmung vor. Nach Nachrichten aus Santiago vom 12. d. M. stellt sich die frühere Meldung, daß am 10. d. M. eine zweite Kate⸗ gorie von 57 Gefangenen vom „Virginius“ erschossen worden sei, als unbegründet heraus. Dem Vernehmen nach sind von den nicht hingerichteten Gefangenen des „Virginius“ vier zu lebenslänglichem schweren Kerker verurtheilt, drei andere zu 8 Jahren Gefängniß und drei sind wieder freigelassen worden.

Nach einer Anweisung des Ma rine⸗Ministeriums sollen die Flottenaushebungen im ganzen Lande bis zu der durch das Gesetz vorgeschriebenen äußersten Grenze vor⸗ genommen werden.

Asien. Aus Barrackpore wird der „Times“ unterm 16. d. M. telegraphirt: „Der Vice⸗König hat alle Behörden

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ermahnt, ihre Ausgaben zu beschränken, da die Hu ngersnoth, eine beträchtliche Geldknappheit verursachen mag. Die Hungers⸗ noth in Orissa kostete eine Million. In der Stadthalle wurde eine allgemeine Betversammlung um Regen abgehalten.

Einem Telegramm aus Penang vom 16. d. M. zufolge herrscht in Batavia noch immer die Cholera.

Briefe aus Archangel melden, daß in Grönlan d ein Eöö ausgebrochen ist. Da der Robbenfang in diesem Jahre völlig fehlgeschlagen ist, sind die Einwohner ihrer üblichen Winternahrung beraubt. In Paparre sind bereits 150 Personen dem Hungertode erlegen. Aus Aden geht dem „Daily Telegraph“ folgendes Te⸗ legramm vom 16. ds. zu: „Zwischen den Arabern und den türkischen Truppen hat in einem 30 Meilen von Lahedsch entfernten Orte ein Kampf stattgefunden, in dem ungefähr 300 der ersteren und 70 der letzteren getödtet oder verwundet wurden. Die Türken behaupten noch immer ihre Positionen in der Nach barschaft von Lahedsch. Sie lassen ihre Unterstützung einem Bruder des Sultans dieses Territoriums zu Theil werden, der gegenwärtig in thätiger Revolte gegen das Haupt seines Hauses begriffen ist, und sie haben von einem Fort Besitz genommen, das aller Wahrscheinlichkeit nach die britische Streitmacht zu zer stören genöthigt sein wird, um die Ruhe wiederherzustellen. Das britische Kriegsschiff „Wolverin“ ist hier von dem indischen Hafen Trincomali angekommen und wird wahrscheinlich in Aden bleiben, bis die Lage der Dinge geregelt ist.“

Afrika. Von der Goldküste hat die „Daily News“ folgende Telegramme erhalten: Cape Coast Castle, 17. Oktober. Fünf Dörfer, welche Aschantis beherbergten, sind zer⸗ stört worden Unser Verlust besteht aus 2 Todten und 24 Ver⸗ wundeten. Unter letzteren befindet sich der Oberst Mac Neil und die Kapitäns Freemantle und Forbes.

27. Oktober. Ein Angriff auf das feindliche Lager ist im Gange. Der Rückzug der Aschantis ist abgeschnitten.

Eine Depesche vom 20. Oktober fügt zur Ergänzung dieser Nachrichten hinzu: „Unsere Truppen haben nach dreizehntägigem erfolgreichen Buschkampfe 4 Dörfer zerstört. Die Operationen wurden mit Verschwiegenheit geleitet, in Folge dessen eine wirk⸗ same Ueberrumpelung bewirkt wurde. Oberst Mac Neil und 2 Gemeine sind schwer verwundet. Die Kapitäns Freemantle und Forbes, 1 Seemann und 20 Neger wurden leicht verwundet und 2 Neger getödtet. Die Aschantis versuchen, mit Gefangenen und Beute über den Prah zu entrinnen.

Die Nr. 93 der „Annalen der Landwirthschaft in den Königlich Preußischen Staaten *, herausgegeben und redigirt von dem General⸗Sekretariat des Königlichen Landes⸗Oekonomie⸗Kol⸗ legiums, hat folgenden Inhalt: Preußen: Vorschriften über die Prüfung der Thierärzte betreffend. Aus der Versammlung der deutschen Agri⸗ kulturchemiker zu Wiesbaden im September 1873. Ueber Kartoffel⸗ hebepfluͤge. Aus den Regierungsbezirken Potsdam und Sigmaringen. Literatur: Besondere Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger. Ver⸗ mischtes: Landwirthschaftliche Ausstellung in Bremen. Das dalma⸗ tinische Insektenpulver. Vereins⸗Versammlungen. Bericht über den Handel mit Zug⸗ und Zuchtvieh. Marktbericht. Viehpreise. Stärke⸗ preise.

Landtagsangelegenheiten.

Berlin, 19. November. Dem Herrenhause ist folgender Entwurf eines Gesetzes über die Vereinigung des Ober⸗Appellationsgerichts mit dem Ober⸗Tribunal vorgelegt worden:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtags Unserer Monarchie was folgt: .

§. 1. Das durch F† Verordnung vom 27. Juni 1867 (Gesetz⸗ Sammlung Seite 1103) Prichtete Ober⸗Appellationssg ericht wird mit dem Ober⸗Tribunal vereinigt. .

Das letztere erhält die Zuständigkeit, welche dem Ober⸗Appella⸗ tionsgericht beigelegt war. b

§. 2. Der bishecige Vice⸗Präsident des Ober⸗Appellationsgerichts tritt nach seinem Dienstalter in die Reihe der Vice⸗Präsidenten des Ober⸗Tribunals und führt den Titel „Ober⸗Tribunals⸗Vice⸗Präsident“; die Räthe des Ober⸗Appellationsgerichts treten als Ober⸗Tribunals⸗ Räthe mit der ihnen in Folge des Allerhöchsten Erlasses vom 20.

März 1872 (Gesetz⸗Sammlung Seite 261) zustehenden Anciennetät in das Ober⸗Tribunal ein. 1“

§. 3. Die bei dem Ober⸗Appellationsgericht anhängigen Sachen gehen in der Lage, in welcher sie sich am Tage der Vereinigung dieses Gerichtshofes mit dem Ober⸗Tribunal befinden, an das letztere über, ohne daß es einer Erneuerung der früheren Prozeßhandlungen bedarf.

Urkundlich ꝛc.

Dem Hause der Abgeordneten liegt folgender Ent⸗ wurf eines Gesetzes wegen Abänderung einiger Bestimmungen des Gesetzes vom 11. Februar 1870, betreffend die Ausführung der anderweiten Rege⸗ lung der Grundsteuer in den Provinzen Schleswig⸗ Holstein, Hannover und Hessen⸗Nassau, sowie im Kreise Meisenheim vor:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen zc. verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Mon⸗ archie, was folgt: .

§. 1. Das Gesetz vom 11. Februar 1870, betreffend die Aus⸗ führung der anderweiten Regelung der Grundsteuer in den Provinzen

Schleswig⸗Holstein, Hannover und Hessen⸗Nassau, sowie in dem Kreise Meisenheim (Gesetz⸗Sammlung für 1870 Seite 85) wird in nach⸗ stehenden Punkten abgeändert:

1) An die Stelle des in den §8§. 2, 12, 14, 16 und 20 dieses Gesetzes erwähnten Jahres 1875 tritt das Jahr 1876, soweit nicht unter Nr. 2 etwas Anderes bestimmt ist. 1

2) In demjenigen Theile der Provinz Schleswig⸗Holstein, in welchem die parzellenweise Einschätzung der Liegenschaften unter Be⸗ rücksichtigung der Eigenthumsgrenzen (§. 7 des Gesetzes) nicht recht zeitig vor dem 1. Januar 1876 bewirkt werden kann, wird der Rein⸗ ertrag der steuerpflichtigen Liegenschaften behufs der Feststellung der Grundsteuer⸗Hauptsummen (§. 2 1. c.) zunächst nur gemarkungsweise im Ganzen ermittelt. Aus der auf die Provinz Schleswig⸗Holstein entfallenden Hauptsumme wird derjenige Betrag ausgesondert und fest⸗ gestellt, welcher den gedachten Theil der Proyinz nach Verhältniß des Reinertrages trifft. Für das Verfahren bei dieser Ermittelung des Reinertrages sind die Vorschriften in den §§. 22, 39, 43 und 45 bis 47 der Anweisung vom 21. Mai 1861 (G. S. pro 1861 S. 257) maßgebend.

Die Untervertheilung des auf den fraglichen Landestheil vor dem 1. Januar 1876 gelegten Betrages der Grundsteuer⸗Hauptsumme auf die einzelnen steuerpflichtigen Liegenschaften gelangt demnächst unter Anwendung der §§. 7 und 8 des Gesetzes vom 11. Februar 1870 zur Ausführung; es sind jedoch dabei die Ergebnisse der gemarkungsweisen Einschätzung, vorbehaltlich des Reklamationsrechts der einzelnen Grund⸗ besitzer, zu Grunde zu legen.

In dem gedachten Landestheile beginnt die Entrichtung der neuen Grundsteuer erst nach pollständiger Beendigung des Veranlagungs⸗ geschäftes von dem durch den Finanz⸗Minister zu⸗ bestimmenden Zeit⸗ punkte an. Gleichzeitig tritt daselbst auch der §. 20 des Gesetzes vom 11. Februar 1870 erst in Kraft. Die Verzinsung der am Schlusse