1873 / 295 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Dec 1873 18:00:01 GMT) scan diff

seitherigen Kreisphysikus Dr. Pistor zu Demmin zum Re⸗

gierungs⸗ und Medizinal⸗Rath zu ernennen; sowie

Dem Ofen⸗Fabrikanten und Hof⸗Lieferanten Hermann Julius Otto Kayser zu Luckenwalde den Charakter als Kommerzien⸗Rath zu verleihen.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. Der Regierungs⸗ und Medizinal⸗Rath Dr. Pistor ist der Königlichen Regierung zu Oppeln überwiesen worden. . Dem Lehrer Stahm an der Taubstummen⸗Anstalt zu Langenhorst ist der Titel als „Inspektor“ verliehen worden.

Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten.

Der bisherige Baumeister Carl Krackow zu Waldkappel, Regierungsbezirk Cassel, ist als Königlicher Eisenbahn⸗Baumeister bei der Stargard⸗Posener Eisenbahn mit dem Wohnsitze zu Stargard i/Pomm. angestellt worden.

Der Lehrer Dr. Ernst Gerland zu Cassel ist zum Gewerbe⸗ schullehrer ernannt und an der Königlichen Gewerbeschule zu Cassel angestellt worden.

Die Magdeburg⸗Halberstädter Eisenbahn⸗Gesellschaft ist zur Ausführung der generellen Vorarbeiten für eine Verlängerung ihrer Zweigbahn Frose⸗Ballenstedt bis nach Neinstedt resp. Quedlinburg bezüglich des preußischen Staatsgebiets verstattet worden.

3. Plenarsitzung des Herrenhauses. Dienstag, den 16. Dezember 1873, Vormittags 11 Uhr. Tagesordnung:

1) Beschlußfassung über die geschäftliche Behandlung des Gesetzentwurfs in Nr. 11, betreffend die Vereinigung mehrerer, jetzt zu Neuvorpommern gehöriger Distrikte mit Altpommern, dem Regierungsbezirke Stettin und den Kreisen Anklam und Demmin. 2) Beschlußfassung über die geschäftliche Behandlung des auf Anlaß eines Antrages des Abgeordneten Bernards von dem Hause der Abgeordneten angenommenen Gesetzentwurfs in Nr. 22 der Drucksachen, betreffend die Aufhebung der Kalender⸗ und Zeitungsstempelsteuer. 3) Mündlicher Bericht der Justiz⸗ Kommission über den Gesetzentwurf in Nr. 9 der Drucksachen, betreffend die Abänderung des §. 125 der hannoverschen bürger⸗

lichen Prozeßordnung vom 8. November 1850. Vergl. Nr. 24

ad I. 4) Bericht der Justizkommission über den Gesetzentwurf in Nr. 6 der Drucksachen, betreffend den Beginn der Gesetzeskraft der durch die Gesetz⸗Sammlung verkündeten Gesetze, Nr. 23 der Drucksachen. 5) Schlußberathung über den Gesetzentwurf in Nr. 16 der Drucksachen, betreffend die Berechnung des Kosten⸗ pauschquantums in den Streitsachen der Armenverbände. Cf. Nr. 24 ad II. 6) Mündlicher Bericht der Finanzkommission über den Gesetzentwurf in Nr. 14 der Drucksachen, wegen Erhöhung der im §. 15 des Gesetzes vom 1. Mai 1851, betreffend die Einführung einer Klassen⸗ und klassifizirten Einkommenstener, vorgeschriebenen Gebühren. cf. Nr. 24 ad III. 7) Mündlicher Bericht der Finanzkommission über den Gesetzentwurf in Nr. 17 der Drucksachen, wegen Abänderung einiger Bestimmungen des Gesetzes vom 11. Februar 1870, betreffend die Ausführung der anderweiten Regelung der Grundsteuer in den Provinzen Schleswig⸗Holstein, Hannover und Hessen⸗Nassau, sowie im Kreise Meisenheim. cf. Nr. 24 ad IV.

Nichtamtliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 15. Dezember. Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin wohnte gestern dem Gottesdienste in der St. Mathäikirche bei. Gegen Abend besuchte Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz die Kaiserlichen Eltern vor Seiner Abreise nach Dresden.

Heute Morgen empfingen beide Majestäten Ihre Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin und später die Mitglieder der Königlichen Familie bei dem Anlaß der höchst schmerzlichen Trauerbotschaft aus Dresden.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz hielt am Sonnabend, den 13. d. Mts., eine Jagd bei Spandau ab, zu welcher u. A. Fürst Anton Radziwill, General⸗Adjutant Graf v. d. Goltz, Vice⸗Oberjägermeister von Mevyerinck, General Graf Kanitz Einladungen erhalten hatten. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit kehrte um 5 ½ Uhr nach Berlin zurück.

. Gestern früh um 8 Uhr fuhren Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin aus Anlaß des Todestages des Prinz⸗ Gemahls, Vater Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kron⸗ prinzessin, nach Potsdam, um den Tag in stiller Zurückgezogen⸗ heit in Bornstädt zu verleben. Um 11 Uhr besuchten die Höchsten Herrschaften daselbst den Gottesdienst und kehrten um 4 Uhr hierher zurück. Abends um 8 ¼ Uhr begab Sich Se. Kai Hoheit der Kronprinz nach Dresden.

Die letzten Bulletins über den Verlauf der Krankheit Ihrer Majestät, der in vergangener Nacht verschiedenen Kö⸗ nigin W1“ lauten:

resden, den 13. Dezember 1873, Abends 7 ¾ Uhr. Ddie Schwäche hat bei Ihrer Maäjestät der Königin Elisabeth im Laufe des heutigen Tages noch beträͤchtlich zugenommen; Appetit sehr gering; im Uebrigen keine Veränderung. Dr. Grimm. Dr. Fiedler.

Dresden, den 14. Dezember 1873, Vormittags 9 ¼ Uhr Ihre Majestät die Königin Elisabeth haben die ö Nacht zwar ziemlich viel geschlafen. Gleichwohl aber ist heute früh eine Besserung nicht zu konstatiren, vielmehr Steigerung des Fiebers und der Kurzathmigkeit eingetreten. r. Grimm. Dr. Fiedler.

Die Ausschüsse des Bundesraths für Justizwesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzung.

In der Sitzung vom 25. v. M. hat der Bundesrath be⸗ schlossen, daß die Bestimmung unter IV. Absatz 2 der Instruktions⸗ punkte zum amtlichen Waarenverzeichniß, wonach beim Eingang von Waaren in inneren Umschließungen die Verzol⸗ lung des Gesammtgewichts nach Maßgabe des Inhalts zu er⸗

folgen hat, sofern die inneren Umschließungen an sich einem Zollsatze von weniger als 4 Thlr. für den Centner unterliegen und die

Waaren (einschließlich der zollfreien) niedriger belegt sind, als die Umschließungen, künftig allgemein, also auch bei den Seifen und Parfümerien, chemischen Fabrikaten, Farben und Zündwaaren zur Anwendung zu kommen habe, daß daneben jedoch die Bestimmung, wonach Flaschen von gefärbtem, unge⸗ schliffenem Glas, in welchem ätherische Oele oder Medikamente eingehen, und Umhüllungen von Stanniol um Parfümerien und feine Seifen auf die Tarifirung von keinem Einfluß sind, aufrecht erhalten bleibe.

Nachdem der Bundesrath in seiner Session vom 27. Juni cr. beschlossen hat, daß im Geltungsbereiche der Gewerbe⸗Ordnung vom 21. Juni 1869 den nach §. 44 der letzteren ausgestellten Legitimationsscheinen in Bezug auf Befugnisse und Steuerbefrei⸗ ung der Handelsreisenden die Wirkung der nach Artikel 26 des Zollver⸗ einigungs⸗Vertrages vom 8. Jali 1867 auszustellenden Legitima⸗ tionskarten beizulegen ist, sind die Bezirksregierungen Seitens des Finanz⸗Ministers und des Ministers für Handel ꝛc. darauf auf⸗ merksam gemacht worden, daß für diejenigen Handelsreisenden, deren Geschäftsbetrieb sich auf den Geltungsbereich der Gewerbe⸗ Ordnung vom 21. Juni 1869 beschränkt, die Ausstellung einer Legitimations⸗Karte, wenn sie bereits einen Legitimations⸗ Schein besitzen, nicht mehr erforderlich ist. Die Ausfertigung von Legitimations⸗Karten für solche Hbndlungsreisende, welche deren wegen des Besitzes eines Legitimations⸗Scheines nach dem Obigen nicht bedürfen, soll fernerhin unterbleiben.

Im weiteren Verlauf seiner Sitzung am 13. d. M. be⸗ schäftigte sich das Haus der Abgeordneten mit der Spezial⸗ berathung des Staatshaushalts für 1874 und zwar des Etats der allgemeinen Finanzverwaltung. (S. u. Landtags⸗ Angelegenheiten.) Bei Tit. 11 (Einnahmen des vormaligen Staatsschatzes 5,250,000 Thlr.) äußerte Abg. Richter (Hagen) den Wunsch, daß in Zukunft gleichzeitig mit der Vorlegung des Staats⸗ haushalts⸗Etats ein Verzeichniß der verkauften Staatsgrundstücke mit⸗ getheilt werde, wie solches für den Reichshaushalts⸗Etat bereits gesetz⸗ lich festgestellt sei. Der Finanz⸗Minister erklärte sich bereit, diesen Wunsch in Zukunft zu erfüllen. Auf den Antrag desselben Abgeordneten wurde Tit. 24 (nicht näher bezeichnete zufällige Einnahmen und zur Ausgleichung der Schlußsummen des Staatshaushalts⸗Etats)

an die Budgetkommission verwiesen, zugleich mit dem Vorschlage vor diesem Tit. 24 einen neuen einzuschalten, der folgende Fas⸗ sung haben solle:

„Rückzahlungen auf die nach den Gesetzen vom 23. Dezember 1867 und vom 3. März 1868 zur Abhülfe des Nothstandes in Ostpreußen gewährten Darlehen. 700,000 Thlr.“

Eine sehr lebhafte Debatte knüpfte sich an den Antrag desselben Abgeordneten:

Zu Kapitel 57 der Ausgaben (Ober⸗Präsidien und Regierungen, einschließlich der Finanz⸗Direktion nebst Bezirks⸗Hauptkassen in der Provinz Hannover) die zur Errichtung von 46 neuen Rathsstellen mehrgeforderten 78,200 Thlr. nicht zu bewilligen, demnach statt 385 Ober⸗Regierungs⸗Räthe und Regierungs⸗Räthe nur 339 solcher Stellen zu bewilligen und die Etatsposition auf 890,854 Thlr. 15 Sgr. 9 Pf. Minus 79,200 Thlr. = 812,654 Thlr. 15 Sgr. 9 Pf. festzustellen; sodann in Konsequenz dieses Beschlusses den Titel 5 um den Betrag der Remuneration für 46 Regierungs⸗Assessoren à 1050 Thlr. = 48,300 Thlr. zu erhöhen, also auf 250,950 Thlr. festzustellen.

Der Antragsteller und der Abg. Graf Wintzingerode er⸗ klärten sich gegen die Vermehrung der etatsmäßigen Rathsstellen hauptsächlich mit Rücksicht auf die zum Theil durch die neue Kreisordnung bereits eingetretene, zum Theil durch die Provinzial⸗ ordnung noch bevorstehende Entlastung der Bezirksregierungen von Geschäften. Da denselben aber, wie der Regierungs⸗Kom⸗ missar Geh. Ober⸗Finanz⸗Rath Hoffmann (S. unter Landtagsange⸗ legenheiten) ausführte, in jedem Fall die Verwaltung der Domä⸗ nen, Forsten, Steuern und Schulen verbleibt und es sich, wie der Finanz⸗Minister (S. unter Landtagsangelegenheiten) hinzu⸗ fügte, in erster Reihe darum handelt, die am schlechtesten gestellten Beamten, die Regierungs⸗Assessoren, mit derselben Rücksicht zu behandeln, die man allen übrigen Beamten⸗Kategorien hat an⸗ gedeihen lassen, so trat die Mehrheit des Hauses, in deren Namen die Abgg. v. Bonin, Rickert und Kieschke sprachen, dieser vom Ministertisch geäußerten Auffassung im Wesentlichen bei, lehnte den Antrag des Abg. Richter ab und bewilligte die Mittel zur Etatifirung der 46 neuen Rathosstellen.

Kapitel 62 (Zuschüsse, Apanagen u. s. w.) enthält unter Tit. 10 den Zuschuß zu den Verwaltungsausgaben der Fürsten⸗ thümer Waldeck und Pyrmont und unter Tit. 13 den der Stadt Königsberg in Preußen zu gewährenden Zuschuß von 30,000 Thalern zur Abtragung ihrer Kriegsschuld. Da die der Stadt Königsberg in Aussicht gestellte Unter⸗ stützung ähnliche Ansprüche der in analoger Lage sich befinden⸗ den Kur⸗ und Neumark hervorgerufen und Petitionen an das Haus veranlaßt hat, so beantragte Abg. Röstel, die Bewilligung für Königsberg einstweilen auszusetzen und das ganze Kapitel 62 nebst den erwähnten Petitionen an die Budgetkommission zu verweisen. Das Haus beschloß aber, nur die Petitionen in der vorgeschlagenen Weise zu behandeln, während es die 30,000 Thaler für Königsberg sofort bewilligte.

Zu Tit. 10 hatte der Abgeordnete Miquel den Antrag gestellt:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, die Königliche Staatsregierung aufzufordern, die Einnahmen und Ausgaben des Fürstenthums Waldeck bei Vorlegung des Etats pro 1875 zur ver⸗ fassungsmäßigen Beschlußfassung vorzulegen und den vorstehenden An⸗ trag nebst der Position „Zuschuß zu den Verwaltungsausgaben der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont“, der Budgetkommission zur Vorberathung zu überweisen.

Der Finanz⸗Minister und sein Kommissar nahmen in dieser Angelegenheit wiederholt das Wort (s. unter Landtagsangelegen⸗ heiten), um nachzuweisen, daß der in der Rede stehende Zuschuß an den dreijährigen, mit dem Jahre 1874 ablaufenden Etat der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont geknüpft, mithin einer Alteration durch die Budgetkommission nicht unterworfen ist. Den Accessionsvertrag möge das Haus, wenn es ihm nothwendig erscheine, immerhin in der Budget⸗ oder in einer besonderen Kommission näher prüfen und sich mit der staatsrechtlichen Seite dieser Frage, unabhängig von der Bewilligung des Zuschusses, befassen. Das Haus entschied sich auch in diesem Sinne, be⸗ willigte den Zuschuß und verwies nur den ersten Theil des Miquelschen Antrages an die Budgetkommission. Um 4 Uhr wurde die Sitzung geschlossen.

Die heutige (19.) Sitzung des Hauses der Abgeord⸗ neten, der am Ministertische die Minister der Finanzen und für Handel mit mehreren Kommissarien beiwohnten, ersuchte der Prasident v. Bennigsen in Folge der heute eingelaufenen Nach⸗ richt von dem Ableben Ihrer Majestät der verwittweten Königin Elisabeth, das Haus, das Präsidium zu ermächtigen, Sr. Majestät dem Kaiser und Könige das Beileid des Abgeordnetenhauses auszudrücken. Die Ermächtigung wurde vom Hause erthellt.

Die Abgg. Krüger und Ahlmann haben ihr Mandat nieder⸗ gelegt, der Minister des Innern wird durch den Präsidenten da⸗

von in Kenntniß gesetzt werden. Vom Finanz⸗Minister ist ein Gesetzentwurf eingegangen, betreffend die anderweite Regelung der Gebühren für die Vollstreckung der Exekutionen Seitens der Verwaltungsbehörden in den hohenzollernschen Landen; ferner vom Minister der landwirthschaftlichen Angelegenheiten der Ent⸗ wurf eines Fischereigesetzes für den preußischen Staat. Von dem Abg. Lubienski ist eine Interpellation angekündigt, betreffend die Ertheilung des Unterrichts an die Schüler der höheren Lehr⸗ Anstalten in der Provinz Posen. Die Direktion der Eisenbahn⸗ baugesellschaft Pleßner hat einige Exemplare einer Brochüre über den Bau von Lokalbahnen übersandt. Nach diesen ge⸗ schäftlichen Mittheilungen wurde die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗Etats für 1874 fortgesetzt und waren fast ohne jede Diskussion bis zum Schlusse des Blattes die Etats der Lotterie, der Seehandlung, der Preußischen Bank, der Münzverwaltung, der Staatsdruckerei, der Porzellan⸗Ma⸗ nufaktur (S. dieselben unter Landtags⸗Angelegenheiten), der Forst⸗ und Domänen⸗Verwaltung (S. Nr. 287 d. Bl.) genehmigt.

Der General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers, General⸗Lieutenant von Tresckow, ist heute früh wieder aus St. Petersburg zurückgekehrt und im Hotel Royal abgestiegen.

Der General⸗Lieutenant von Colomb, bis vor Kurzem Commandeur der 12. Kavallerie⸗Brigade, ist aus Anlaß seiner kürzlich erfolgten Versetzung zu den Offizieren von der Armee zur Abstattung persönlicher Meldungen von Neisse hier ein⸗ getroffen.

Bayern. München, 12. Dezember. Nach einer eben ergangenen Verfügung des Ministeriums des Innern sind die sämmtlichen Verhandlungen über die Reichstagswahlen von den Kreisregierungen, Kammern des Innern, seinerzeit mit thunlichster Beschleunigung direkt an das Bureau des Reichs⸗ tages in Berlin einzusenden. Für jeden Regierungsbezirk ist über die vorgenommenen Wahlen eine Uebersicht zu fertigen und in duplo an das Ministerium des Innern zu schicken. Die Wahlkommissäre haben das Wahlergebniß sofort nach dessen Fest⸗ stellung an den Staats⸗Minister von Pfeufer telegraphisch zu berichten.

Die schon vor einiger Zeit in Aussicht gestellten Gesetz⸗ entwürfe zur Reform der Distrikts⸗ und der Kreis⸗ vertretung des Distrikts⸗ und des Landrathsgesetzes ec. werden, wie nach der „Allg. Ztg.“ nunmehr bestimmt ist, den Kammern während des dermaligen Landtags nicht mehr vorge⸗ legt werden. Es sollen überhaupt, außer einem Eisenbahnbau⸗ gesetz, wichtigere Vorlagen der Staatsregierung nicht mehr an die dermalen versammelte Kammer gelangen, so daß deren Haupt⸗ aufgabe die Erledigung des Budgets ꝛc. bleiben wird. Den mit Rücksicht auf die Gesundheitsverhältnisse der Stadt ausgesprochenen Wünschen des Kammer⸗Präsidenten entsprechend, sind die Ehren⸗ posten an den beiden Eingängen des Landtagsgebäudes gestern Abends bis auf Weiteres eingezogen worden.

Sachsen. Dresden, 13. Dezember. Die Erste Kammer hielt heute Mittag eine kurze Sitzung, in welcher der Präsident mittheilte, daß das Direktorium Veranlassung genom⸗ men habe, die Besitzer der Schönburgschen Lehnsherrschaften zu ersuchen, einen Vertreter aus ihrer Mitte in die Kammer abzu⸗ ordnen, da der ihnen durch die Verfassung eingeräumte Platz in derselben, trotzdem der Landtag schon seit längerer Zeit er⸗ öffnet, bisher leer geblieben sei. Auf Antrag der Finanz⸗Depu⸗ tation wurde die von der Zweiten Kammer bereits bewilligte Nachtragsforderung von 450,000 Thlr. für den Bau des neuen Polytechnikums in Dresden ohne Debatte einstimmig bewilligt. Ferner nahm die Kammer den Gesetzentwurf, die Gewährung von Pensionserhöhungen ꝛc. an vormalige Militär⸗ personen der sächsischen Armee beziehentlich deren Hinter⸗ lassene betreffend, auf Vortrag derselben Deputation in der von der Zweiten Kammer beschlossenen Fassung an, nachdem in der allgemeinen Debatte Professor Dr. Fricke, gestützt auf die von ihm als ehemaliger Feldpropst des sächsischen Armee⸗Corps ge⸗ machten Erfahrungen, die dringende Nothwendigkeit eines solchen Gesetzes hervorgehoben hatte.

Von den Städten unter 6000 Einwohnern haben end⸗ lich noch Rabenau, Tharand, Wilsdruff und Zwönitz die Städte⸗Ordnung für mittlere und kleine Städte angenommen, während Falkenstein sich für Annahme der revi⸗ dirten Städte⸗Ordnung entschieden hat. Von den 110 Städten Sachsens unter 6000 Einwohnern haben 42 die revi⸗ dirte Städte⸗Ordnung und 68 die Städte⸗Ordnung für mittlere und kleine Städte angenommen.

Württemberg. Stuttgart, 11. Dezember. Die Kammer der Standesherren nahm in ihrer heutigen Sitzung den Gesetzentwurf (wie in der andern Kammer) über die Aufhebung der israelitischen Personalsteuer einstimmig an. In Betreff des Hundesteuergesetzes besteht zwischen beiden Kammern noch die Differenz, daß die Zweite Kammer die doppelte Taxe für den zweiten Hund und die weiteren beibehalten hatte, was die Erste weggestrichen. Diese Kammer beharrte nun mit 20 gegen 13 Stimmen bei ihrem früheren Beschlusse, wonach jeder Hund gleichmäßig mit 4 fl. besteuert werden soll. Der Vorlage über die Aufbesserung der Gehalte der Civilstaatsdiene wurde einstimmig und ganz nach den Beschlüssen des andern Hauses konform mit der Regierungsvorlage beigetreten; auch noch verschiedene andere Gegenstände wurden gleichförmig mit den Beschlüssen des andern Hauses erledigt.

Die bürgerlichen Kollegien haben, der „Allg Ztg.“ zufolge, heute 200,000 fl., für eine neue Kirche in Heslach, 20,000 fl. Beitrag für die neue katholische Kirche in vier Jahresraten und 80,000 fl. Beitrag für die Johanneskirche in 10 Jahresraten verwilligt.

Mecklenburg. Rostock, 12. Dezember. Der Groß⸗ herzog traf heute Vormittag hierselbst ein, um die beim Fü⸗ silier⸗Regiment Nr. 90 neu eingestellte Mannschaft zu besichtigen und dem Erbgroßherzoge einen Besuch zu machen.

Sternberg, 10. Dezember. In der heutigen Sitzung des Landtages berichtete das Komite ad Kap. II. über die unter ständischer Verwaltung stehende Rezepturkasse. Die Verhältnisse hatten sich bei dieser Kasse so günstig gestaltet, daß nicht nur für die durch die Sturmfluth im vorigen Jahre beschädigten Dünen 150,000 Thlr. bezahlt, sondern auch noch zum Schuldenabtrag 121,401 Thlr. hergegeben werden konnten. Der neue Etat weist eine Einnahme von 675,750 Thlr. und bei gleicher Aus⸗ gabe einen Schuldenabtrag von 41,510 Thlr. nach. Die Pensionen der Freiwilligen aus den Befreiungskriegen werden nach dem Reichs⸗ gesetz vom 27. Juni 1871 aus der Reichskasse bezahlt. Da nun die Regierung die Pension der Veteranen auf 72 Thlr. zu erhöhen

genommen.

wünscht, so wurde der Zuschuß aus Landesmitteln bewilligt. 8 Die Schuldentilgungs⸗Kasse erhielt 65,000 Thlr. zur cas. lung und Kapitalabtrag. Von der Schuld der Chaussee⸗ 8 Wasserbau⸗Kasse sind im vergangenen Jahr 21,408 n 020 tragen. Im laufenden Jahr soll aber ein Abtrag von Thlr. in Aussicht genommen werden, so daß die Kasse 825 5 1 Schuld von 188,960 Thlr. behält. Endlich wurde auch 998 die Kontribution oder Landessteuer in dem einmaligen vhee Betrage bewilligt. Weiter übergiebt das Komite IX 8 richt über die zinsbare Belegung des diesseitigen Antheils an der französischen Kriegskontribution. Das hi mit der Belegung von 880,900 Thlr. in Eisen Ceg. papieren, wie von der Regierung geschehen 18 bs verstanden, erklärte sich auch zustimmig, daß F gierung die weiter eingegangenen 548,419 Thlr. zum 53 der Eisenbahnschuld verwendet bei 4 ½ Proz. Verginfane 8 demnächstiger Rückzahlung. Das Plenum genehmigte 88 sen Bericht, fügte jedoch auf Antrag von Poöhle eheegee⸗ 88 die Regierung möge keine Eisenbahn⸗Stammaktien mehr die Ge⸗ Schließlich berichtete das Justiz⸗Komite noch ühen. se 4 98 haltsverbesserung der Mitglieder des Sber ee Nat . he sehee, welche von den Ständen schon wiederholt beantragt, von der? de⸗ gierung aber unter Hinweis auf die bevorstehende Reorganisation stets abgelehnt ist. Das Komite empfahl es⸗ halb, dringendere Anträge an den Landesherrn zu richten. Nach langer Debatte beschlossen jedoch die Stände mit 30 gegen 23 Stimmen, die Sache jetzt auf sich beruhen zu lassen.

5 (152 Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 13. b Das „Regierungsblatt für das Großherzogthum Sachsen⸗Weimar⸗ Eisenach“ veröffentlicht in Nr. 25 den Wortlaut eines zwischen dem Großherzogthum Sachsen und dem Königreich Bayern d. d. Meiningen, 17. April 1873, von den beidersei⸗ tigen Bevollmächtigten, dem Staatsrath Bergfeld und Bezirks⸗ direktor Schmith einer⸗, dem Staatsrath und Regierungs⸗Präsi⸗ denten Hörmann von Hörbach andererseits abgeschlossenen Staatsvertrages über eine zwischen beiden Staaten erfolgte Territorialausgleichung. Der Inhalt des Vertrages ist im Wesentlichen folgender: 1“ Nach diesem Vertrag begiebt sich Se. Majestät der König von Bayern aller Hoheitsrechte, welche er bisher im Innern der Groß⸗ herzoglich sächfischen Enklave Ostheim im Besitz gehabt und aus⸗ geübt hat, mit den in Artikel 2 bestimmten Ausnahmen zu Gunsten Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Sachsen⸗ Weimar⸗Eisenach und tritt an des Letzteren Königliche Hoheit ins⸗ besondere die bisher von Bayern ausgeübten Besteurungs⸗ und Jurisdiktionsrechte über die in der Anlage I. bezeichneten, innerhalb der Flurgrenzen der Großherzoglich sächsischen Gemeinden Ostheim, Sondheim und Urspringen gelegenen Realitäten mit einer Gesammt⸗ area von 466,334 bayerischen Tagwerken oder 157,870 Hektaren ab. (§. 1). Die in der Anlage II. aufgeführten Objekte, über welche die Krone Bayern die Hoheit bereits bisher innegehabt hat, mit einer Gesammtarea von 33,520 bayerischen Tagwerken, oder 11,421 Hektaren verbleiben auch für die Zukunft mit dem vollen Umfange des Landeshoheit beim Königlich bayerischen Territorium und wer⸗ den als dessen Bestandtheile von Sr. Königlichen Hoheit dem Groß⸗ herzog von Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach ausdrücklich anerkannt. (§. 2.) Die Krone Bayern ihrerseits tritt die Landeshoheit mit allen Rechten und Folgen über die zur bayerischen Steuergemeinde Fladun⸗ gen gehörigen, im Eigenthum des Großherzoglich sächsischen Kammer⸗ fiskus befindlichen Antheil am sogenannten Höhl an Sachsen⸗Weimar ab. Die weiteren Bestimmungen des Vertrages betreffen Verein⸗ barungen zur Regulirung der Landesgrenze und zurzAusgleichung der oben erwähnten Abtretungen. Zur Ausgleichung des zu Ungunsten der Krone Bayern sich ergebenden Entganges vom Steuerwerth zahlt die Großherzoglich sächsische Staatskasse der Königlich bayerischen die Summe von 784 Thlrn. Die nunmehr abgeschiedenen Gebiete bilden für die Zukunft geschlossene Territorien, in welchen dem andern ver⸗ tragschließenden Staate die Ausübung von Hoheitsrechten nicht mehr zusteht. Nicht minder werden die beiderseitigen Territorien von den Ansprüchen purifizirt, welche in Bezug auf Hoheits⸗, lehnsherrliche und andere dergl. Rechte, in deren Umfange in früherer Zeit wechsel⸗ seitig erhoben worden sind, mit Ausnahme des Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog verbleibenden Patronatsrechts bezüglich der protestan⸗ tischen Pfarrstelle zu Maßbach, Bezirksamts Kissingen. Die baye⸗ rischen Staatsangehörigen im Innern der Enklave Ostheim verbleiben

auch künftig im Besitze der bayerischen Staatsangehörigkeit, solange sie dieselbe nicht nach Maßgabe des Reichsgesetzes vom 1. Juni 1870 verlieren.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 12. Dezember. Der Herzog Georg von Meiningen ist heute Mittag zum Besuch des Herzogs hier eingetroffen und wird bis morgen hier verbleiben. Sr. Hoheit zu Ehren ist eine Saujagd im Mönch⸗ röder Thiergarten veranstaltet.

Desterreich⸗Ungarn. Wien, 13. Dezember. Der außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister des sou⸗ veränen Johanniter⸗Ordens am Allerhöchsten Hoflager, Kaiserl. Königl. Kämmerer, Geheimer Rath und General⸗Major, Bailli Graf Joseph Mittrowsky hat am 4. d. M. Sr. Kaiserlichen Sund Königlichen Apostolischen Majestät sein Abbe⸗ rufungsschreiben überreicht.

Die „Oesterr. Korrespondenz“ meldet: Die Verhand⸗ lungen über das Statut der staatlichen Vorschußkassen sind beendet. Vor der definitiven Feststellung dürfte dasselbe noch einer Berathung mit Notabilitäten der Geschäftswelt unter⸗ zogen werden.

Prag, 12. Dezember. In der gestrigen Sitzung des Land⸗ tags theilte der Oberst⸗Landmarschall mit, daß 28 Abgeordnete ihr Mandat niedergelegt haben; es ist dies die größere Anzahl jener jungezechischen Abgeordneten, welche diesmal wieder in den Landtag eintreten wollten, hieran aber durch einen Majoritäts⸗ beschluß des Klubs der ezechischen Abgeordneten verhindert wurden.

Agram, 12. Dezember. Die Regierung unterbreitete Sr. Majestät einen Gesetzentwurf über die Verantwortlichkeit der Landesregierung behufs der Allerhöchsten Genehmigung zu dessen Einbringung im Landtage.

Pesth, 13. Dezember. Die heutige Sitzung des Abgeord⸗ netenhauses war gut besucht, da man die Antwort des Minister⸗ Präsidenten auf Tisza's Interpellation, betreffs der Kabinetskrise, erwartete. Slavy war jedoch durch einen Gichtanfall am Er⸗ scheinen verhindert, weshalb auch der für heute anberaumte Mi⸗

nisterrath in Szlavys Wohnung abgehalten ward. Coloman

Ghiczy, der seinen neuen Sitz im Centrum eingenommen hot, wurde lebhaft begrüßt. Nach Bekanntmachung des Resul⸗ tates der jüngsten Kommissionswahlen erklärten Papp, Hammers⸗

berg und Hornansky, die Wahl nicht anzunehmen, da sie auf

Grund des Kompromisses als Mitglieder des linken Centrums gewählt wurden, heute aber nicht mehr dieser Partei ange⸗ hören. Die Abdankung wurde vom Hause jedoch nicht an⸗ Sodann wurden die Gesetzentwürfe über Erhö⸗ hung des ungarischen Militär⸗Kontingents, so wie Vermehrung

der Honved⸗Bataillons in Folge Provinzialisirung der Militär⸗ grenze angenommen. Zum Gesetzentwurfe über das Rekruten⸗

Kontingent pro 1874 beantragte Varady auch diesmal, wie bei jedem früheren Anlasse, die Aenderung des Titels „ungarische Linientruppen“ in „ungarische Armee“. Bei der Abstimmung über Varady's Antrag stimmte die Mittelpartei unter Ghiczy's Führung mit der Rechten für die Beibehaltung des Titels. Der Gesetzentwurf über Ableitung der Binnenwässer wurde mit einigen Aenderungen angenommen. In der Montagssitzung beginnt die Budgetdebatte. 8

Die Abendausgabe der „Pesther Correspondenz“ meldet, Franz Deak werde aus Gesundheitsrücksichten sein Mandat niederlegen.

Schweiz. Bern, 13. Dezember. Die Note des Bun⸗

desrathes an Monsignore Agnozzi, Geschäftsträger des Heili⸗ gen Stuhls in der Schweiz (d. d. 12. Dezember 1873), hat nach der „N. Zürch. Ztg.“ folgenden Wortlaut: „Am 8. dieses Monats hat der Bundesrath durch die schweizerische Gesandtschaft bei Seiner Majestät dem König von Italien die Mit⸗ theilung des offiziellen Textes eines Dokumentes erhalten, welches Epistola Encyclica“ betitelt ist, und welches Se. Heiligkeit Papst Pius IX., unterm 11. November 1873 an die Patriarchen, Primate, Erzbischöfe und Bischöfe der katholischen Kirche gerichtet hat.

Wenn dieses Aktenstück, das in der Schweiz diejenige allgemeine Ver⸗ breitung gefunden hat, zu welcher die Preßfreiheit das Recht giebt, sich darauf beschränken würde, die Beschlüsse des souveränen Papstes der römisch katholischen Kirche in Lehrfragen oder geistlicher Disziplin zu verkünden, so würde sich der Bundesrath nicht mit demselben be⸗ fassen. Er hat bis jetzt die Glaubensfreiheit der verschiedenen Kon⸗ fessionen geachtet, und wird sich bemühen, dies auch fernerhin zu thun. Durch die Antraͤge, welche er schon vor mehreren Monaten zur konsti⸗ tutionellen Regulirung der kirchlichen Fragen an die Bundesversamm⸗ lung gestellt, hat er, wie es auch der Herr Geschäftsträger des Heili⸗ gen Stuhles in einer kürzlich stattgehabten Besprechung mit dem Bundespräsidenten anerkannt, bewiesen, daß er gegenüber allen Be⸗ kenntnissen vom Geiste der Gerechtigkeit und Unparteilichkeit beseelt ist.

Allein die Encyclica „Etsi multa luctuosa“ vom 21. November 1873 enthält und erhebt gegenüber verschiedenen rechtmäßig konstituirten Behörden der Schweiz, und gegenüber gewissen gesetzlich gefaßten Be⸗ schlüssen dieser Behörden Anklagen der direktesten und ernstesten Natur.

Unter diesen Anklagen erscheint diejenige, es sei der öffentliche Glaube verletzt worden (obstante etiam data publice fide), ferner sei durch die Ausweisung eines Priesters aus dem schweizerischen Gebiete eine Handlung begangen worden, schändlich und schmachvoll sowohl für die, welche sie beschlossen, als für diejenigen, welche sie vollzogen haben (foeda et indecora mandantibus atque exequentibus).

Obwohl die weltliche Macht des Papstes nicht mehr existirt, glaubte der Bundesrath bis dahin die diplomatischen und amtlichen Beziehungen zum Heiligen Stuhl beibehalten zu sollen. Er that dies aus Rücksicht für den Oberhirten der römisch⸗katholischen Kirche und seine gegenwärtige Lage, aus persönlicher Hochschätzung für den jetzigen Geschäftsträger des Heiligen Stuhles, für den milden, versöhnlichen Geist, dem derselbe huldigt, endlich aus Achtung für die religiösen Gefühle der schweizerischen Katholiken.

Da aber der Papst, in gänzlicher Mißachtung dieser Verhältnisse und der unmittelbar daraus entspringenden allereinfachsten Rücksichten, gegen die schweizerischen Behörden und ihre Beschlüsse mit größter Auffälligkeit wiederholt schwere Anschuldigungen erhebt, so erfordern Pflicht und Würde des Bundesraths, einzusehen, daß eine längere staäͤndige diplomatische Vertretung des heiligen Stuhles in der Schweiz unnöthig geworden ist.

Der Bundesrath hat demnach die Ehre, Mons. Agnozzi zur Kenntniß zu bringen und ihn einzuladen, seiner Regierung ebenfalls davon Mittheilung zu machen, daß die schweizerische Eidgenossenschaft vom heutigen Tage an, veranlaßt durch die Handlungsweise des heili⸗ gen Stuhls, den Geschäftsträger des Papstes nicht mehr als beglau⸗ bigten diplomatischen Vertreter bei ihr anerkennen kann.

Der Bundesrath ersucht Mons. Agnozzi, ihn wissen zu lassen, auf welchen Tag er abzureisen gedenke. Er wird die nöthigen Maß⸗ regeln treffen, um bis zu jenem Augenblicke dem Geschäftsträger des heiligen Stuhles alle Rücksichten zu sichern, die seinem diplomatischen Charakter gebaüpren b

Indem er Mons. Agnozzi das Bedauern darüber ausspricht, daß er sich zu dem Beschlusse genöthigt sah, der den Gegenstand dieser Note bildet, ergreift der Bundesrath diese Gelegenheit, um ihn seiner ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, 12. Dezember 1873.

Im Namen des schweizerischen Bundesrathes: Der Bundespräsident: Ceresole. Der Kanzler: Schieß.

Nieberlande. Haag, 13. Dezember. Eine offizielle Depesche des Ober⸗Befehlshabers der niederländischen Expedition nach Atchin, Generals van Swieten, aus Penang vom 12. d. M. meldet, die Ausschiffung der Expedition habe in Pedropoint, unterhalb des Altchinflusses auf der Rhede von Atchin, mit vollständigem Erfolg, obschon unter dem Feuer des Feindes, stattgefunden. Niederländischerseits sei Niemand getödtet, die Anzahl der Verwundeten sei unerheblich. Der General Verspeyck habe die erste Operation geleitet. Das Feuer der Schiffe habe viel zu dem guten Erfolge beigetragen. Der Geist der Truppen sei trotz der durch die Cholera erlittenen Verluste vortrefflich. Die Truppen würden sich zunächst in Kwalagighen festsetzen.

Großbritannien und Irland. London, 12. Dezember. Aus Windsor meldet das Hofjournal, daß der deutsche Bot⸗ schafter am hiesigen Hofe, Graf Münster, und dessen Tochter am 10. d. M. zur Königlichen Tafel gezogen wurden.

Die Prinzessin von Wales stattete am 11. d. M. in Begleitung des Herrn Disraeli u. A. der Stadt Oxford einen kurzen Besuch ab.

Der außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Mi nister des Schahs von Persien am hiesigen Hofe Mir za Malcom Khan ist hier angekommen.

Der neue Bischof von Winchester, Dr. Herold Browne, wurde gestern in der Kathedrale seiner Diözese im Beisein einer großen Versammlung feierlich in sein neues Amt eingeführt und vereidigt.

Frankreich. Paris, 13. Dezember. Das „Journal officiel“ veröffentlicht den Text des bereits im Auszuge mitge⸗ theilten Gnadengesuchs, welches der Herzog von Aumale als Vorsitzender des Kriegsgerichtes, und die sechs Generäle, welche dasselbe bildeten, an den Kriegs⸗Minister gerichtet haben. Dasselbe lautet, wie folgt:

Herr Kriegs⸗Minister! Das Kriegsgericht hat sein Urtheil gegen den Marschall Bazaine gesprochen. Als Geschworene haben wir nur auf die Stimme unseres Gewissens in der Beantwortung der uns vor⸗ gelegten Fragen gehört. Wir haben nicht auf die erschöpfenden Debatten zurückzukommen, welche uns aufgeklärt haben. Gott allein sind wir Rechenschaft über unsere Entscheidung schuldig. Als Richter haben wir ein unerbittliches Gesetz in Anwendung beingen müssen, welches keine mildernden Umstände bei einem Verbrechen gegen die militärischen Pflichten anerkennt. Aber diese mildernden Umstände, welche das Gesetz uns verbot bei der Fällung unseres Urtheils anzu⸗ rusen, haben wir das Recht, Ihnen nunmehr darzulegen.

Wir erinnern Sie daran, daß der Marschall Bazaine das Kom⸗ mando der Rheinarmee unter den schwierigsten Umständen übernommen hat, daß er weder für den unglücklichen Beginn des Feldzuges, noch

(W. T. B.)

für die Wahl des Operationsplanes verantwortlich gemacht werden kann. Wir erinnern Sie daran, daß er im Feuer stets sich als tapfer bewährt, daß bei Borny, bei Gravelotte, bei Noiseville keiner ihn an Heldenmuth übertroffen, und daß er am 16. August durch seine feste Haltung das Centrum der Schlachtlinie gerettet hat. Ziehen Sie die von dem Freiwilligen von 1831 geleisteten Dienste in Betracht, zählen Sie die Kampagnen, die Verwundungen, die hervorragenden Heldenthaten, welche ihm den französischen Marschallsstab eingetragen haben. Bedenken Sie die lange Untersuchungshaft, bedenken Sie, welcher langen Qual er mehr als zwei Monate ausgesetzt gewesen ist, während welcher er täglich seine Ehre in Frage stellen hörte, und Sie werden sich uns zugesellen, um den Präsidenten der Republik zu bitten,

das von uns gesprochene Urtheil nicht ausführen zu lassen. Em⸗ pfangen Sie, Herr Minister, den Ausdruck unserer Hochachtung. 8 Der Präsident: H. d'Orleans. Die Richter: General de la Motterouge, General Baron de Chabaud⸗ Latour, General J. Trippier, General Princeteau, General Ressayre, General de Malroy⸗ 1 1 8

Gestern hielt die Budget⸗Kommission wieder eine Sitzung, in welcher die Steuer auf die Seife zur Sprache kam Die Kommission beschloß, diejenige Seife von der Steuer z1 befreien, welche zur Baumwoll⸗ und Wollen⸗ und Seidenindustrie verwandt wird. Außerdem wurde beschlossen, eine Abgabe von 30 C. von 1000 Fr. auf alle Mandate, Kreditbriefe, Ueber⸗ weisungen und andere Schriftstücke, die nicht in Umlauf gesetzt werden können, zu legen.

Rumänien. Bukarest, 13 Dezember. Die diesjährige Session der rumänischen Synode wurde, nachdem diefelbe ihre Arbeit beendet, durch ein Fürstliches Drekret geschlossen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. De⸗ zember. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentlicht die Ernennung des Geh. Raths Alfred Groth zum Ober⸗ Hofmarschall und des Grafen Chreptovitsch zum Ober⸗ Kammerherrn. 8

Schweden und Norwegen. Stockholm, 9. Dezem⸗ ber. Einer Mittheilung des Stockholmer Blattes „Dagens Ny⸗ heter“ zufolge hat die norwegische Regierung einige Ver⸗ änderungen in dem für Schweden und Norwegen gemeinschast⸗ lich geltenden Handels⸗ und Seefahrtsgesetze in Vor⸗ schlag gebracht. Nach diesem Vorschlage sollen alle in Norwe⸗ gen und Schweden fabrizirte und zubereitete Waaren, welche landwärts von dem einen der beiden Reiche in das andere ein⸗ geführt werden, zollfrei sein, ausgenommen: alle Arten Baum⸗ wollenwaaren, wofür der halbe Zoll zu erlegen ist, ferner Zucker, Syrup, Tabak, Spirituosen, Bier, Malz und Spielkarten, wo⸗ für der ganze Zoll zu bezahlen ist.

Am 6. d. M. Morgens entstand ein Feuer in der Strafanstalt der Festung Akershus. Ein Theil des einen Fe⸗ stungsflügels wurde vom Feuer zerstört, aber es wurden keine außerordentlichen Anordnungen zur anderweitigen Unterbringung der Gefangenen erforderlich.

Afrika. Aus Table Bay wird unterm 17. November gemeldet: In Natal sind Unruhen ausgebrochen. Ein Kom⸗ mando Freiwilliger hat von der Regierung Befehl erhalten, gegen den Häuptling Zamgalabalela zu marschiren. In einem Scharmützel verlor es drei Mann, darunter den Sohn des Ko⸗ lonialsekretärs. In einer Sitzung des Vereins für schöne Künste wurde beschlossen, 1600 Lstr. zum Ankauf eines Gehäudes für eine Kunstgallerie in der Kapstadt zu verwenden. Die Handels⸗ kammer hält es für räthlich, daß die von England kom⸗ menden Dampfer das Kap der grünen Inseln anlaufen, wodurch das Publikum telegraphische Nachrichten aus Europa in 15 Tagen erhalten dürfte. Die in der Kapstadt während der zehn Monate dieses Jahres vereinnahmten Zolleinkünfte weisen gegen die Parallelperiode einen Zuwachs von 50,500 Lstr. auf. Von den Diamantenfeldern liegen keine Berichte von Belang vor.

Asien. Aus Kalkutta wird den „Times“ unterm 12. d. M. u. A. Folgendes telegraphirt: Gestern regnete es drei Stunden lang heftig. Der Vice⸗König ist von den Nothbauten am Soane⸗Kanal hierher zurückgekehrt. Betreffs der Misston nach Varkund liegen folgende Nachrichten vor: Herr Forsyth verließ Sanju am 2. Novpember. In Passa stieß er in Folge des Eises auf beträchtliche Schwierigkeiten. Der Atalik hat den Gesandten von Budukschan empfangen. Die Armee unter dem Befehle des Sohnes des Atalik kehrt von ihrer Bekämpfung der

Tunganesen zurück. Die Verwickelungen in Khokat sind vor über. Khodagar Khan ist dem Atalik unfreundlich gesinnt.

Der Schah von Persien hat der „Times“ zufolg seinen früheren Großvezier zum Minister der Auswär tigen Angelegenheiten ernannt.

Nr. 47 des „Justiz⸗Ministerialblatts für die Preu⸗ ßische Gesetzgebung und Rechtspflege“ hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 5. Dezember 1873, betreffend die in Un⸗ tersuchungssachen gegen Geistliche und Kandidaten des geistlichen Amt zu machenden Mittheilungen. Allgemeine Verfügung vom 9. Dezem ber 1873, betreffend die Anweisung und rechnungsmäßige Behand⸗ lung der den Beamten der Justiz⸗Verwaltung zustehenden Wohnungs⸗ Geldzuschüsse. Erkenntniß des Königlichen Ober⸗Tribunals vom 23. Oktober 1873. 8

Die Nr. 100 der „Annalen der Landwirthschaft in den Königlich Preußischen Staaten“ (herausgegeben und redigirt von dem General⸗Sckretariat des Königlichen Landes⸗Oeko nomie⸗Kollegiums) hat folgenden Inhalt: Preußen: Ernennungen. Unter welchen Verhältnissen ist mit Sicherheit eine rentable Benutzun der Dampfkraft zur Kultivirung des Bodens in Aussicht zu stellen, und welche Apparate sind hierzu am geeignetsten? Vortrag, gehalten vom Kommerzien⸗Rath Gust. Ad. Töpffer⸗Stettin. Bericht übe den landwirthschaftlichen Theil der Wiener Weltausstellung. Vor Dr. F. Giersberg⸗Hohenwestedt. (Forts.) Gesammt⸗Uebersicht de Resultate der landwirthschaftlichen Ausstellungen in Preußen im Jahr 1872. Aus dem Regierungsbezirke Bromberg. Vermischtes Einladung und Tagesordnung zu dem vom 24. bis 27. Februar 1874 in Berlin im Arnimschen Saale zusammentretenden fünften Kongress Deutscher Landwirthe.

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Statistische Nachrichten.

München, 13 Dezember. Vom 11. bis 12. d. M. Abend sind hier 25 Erkrankungen und 14 Todesfälle, vom 12. bis 13. Abend 37 Erkrankungen und 13 Todesfälle an Cholera vorgekommen. S der Gefangenenanstalt zu Laufen ist die Cholera ebenfalls ausgebrochen. Es befanden sich daselbst 516. Verhaftete, von denen bis zum 8. d. M. 146 erkrankt sind, und zwar 88 an wirklicher Cho lera, 58 an choleraverwandten Krankheiten; von der Gesammtzahl der Erkrankten sind, wie die „Allg. Ztg.“ meldet, 37, d. h. 25 Prözent, gestorben.

Dem von dem „Bureau Veritas“ veröffentli richte zufolge sind im Monat Oktober 167 Segelschiffe 1.nng18.. schiffe verloren gegangen. Unter der ersteren Zahl sind 9. Schiffe ein⸗ begriffen, von denen jede Nachricht fehlt. Der Nationalität nach waren unter den Segelschiffen: 92 großbritannische, 17 französische, 13 deutsche, 9 norwegische, 5 amerikauische 5 spanische, 5 italienische, 4 niederländische, 3 dänische, 3 schwedische