1873 / 300 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Dec 1873 18:00:01 GMT) scan diff

keit, links die brillantene Dekoration des russischen Katharinen⸗ Ordens. Zu beiden Seiten des Sarges stehen hohe brennende, ver⸗ goldete Leuchter. Zum Ehrendienst am Sarge waren befohlen: die Generalin von Lindheim, geb. von Borstell, Frau von Bockel⸗ berg, geb. Freiin von Werdeck, Frau von Rauch, geb. Gräfin Brühl, sämmtlich ehemals Hofdamen der Hohen Verblichenen; ferner Gräfin Alexandra von Brandenburg und die beiden Hofdamen der Hochseligen Majestät, Gräfin Editha von Haacke und Fräulein von Alvensleben. Von Herren: die Ceremonien⸗ meister Graf Brühl, Graf Ludwig Perponcher, von Usedom und die beiden Kammerherren der verewigten Königin, Graf von Lüttichau und Herr am Ende.

Zum Empfange Sr. Majestät des Königs von Sachsen war bei Ankunft Allerhöchstdesselben auf dem An⸗ haltischen Bahnhofe eine Ehrenwache, bestehend aus einer kom⸗ binirten Compagnie des 2. Garde⸗Regiments zu Fuß, desgleichen beim Empfange Sr. Kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Carl Ludwig von Oesterreich eine Ehrenwache vom Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 2 aufgestellt.

1“

Die Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr, für Elsaß⸗Lothringen, für Zoll⸗ und Steuerwesen und die vereinigten Ausschüsse für Elsaß⸗Lothringen und für Rech⸗ nungswesen hielten gestern Sitzungen. Heute traten die vereinig⸗ ten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen zu einer Sitzung zusammen.

In seiner gestrigen Sitzung erledigte das Haus der Abgeordneten von dem ersten Abschnitt (Allgemeine Be⸗ stimmungen) des Gesetzentwurfes über die Beurkun⸗ dung des Personenstandes und die Form der Ehe⸗ schließung die §§. 1, 2, 3 und 6 in folgender Weise. Unver⸗ ändert angenommen wurde §. 1 der Vorlage, welcher lautet:

Die Beurkundung der Geburten, Heirathen und Sterbefälle er⸗ folgt ausschließlich durch die vom Staate bestellten Standesbeamten mittelst Eintragung in die dazu bestimmten Register.

Ein dazu vom Abg. Dr. Petri beantragter Zusatz: „Geist⸗ liche und Religionsdiener sind von der Bestellung zu Standes⸗ beamten ausgeschlossen“, wurde in namentlicher Abstimmung mit 208 gegen 160 Stimmen abgelehnt.

Der §. 2 der Vorlage lautet:

Die Amtsbezirke der Standesbeamten werden dergestalt abge⸗ grenzt, daß sie einen oder mehrere Gemeindebezirke umfassen. Größere Gemeinden können in mehrere Bezirke getheilt werden. Für jeden

Standesbeamten werden ein oder mehrere Stellvertreter bestellt.

Die Abgrenzung der Bezirke und die Bestellung der Standes⸗

beamten, sowie deren Stellvertreter geschieht durch den Regierungs⸗ Präsidenten (Landdrosten).

Der vom Staate den Standesbeamten ertheilte Auftrag ist stets widerruflich.

Dieser Paragraph wurde nach mehrstündiger Debatte in fol⸗ gender Fassung angenommen:

§. 2. Die Amtsbezirke der Standesbeamten werden dergestalt abgegrenzt, daß sie einen oder mehrere Gemeindebezirke umfassen.

Größere Gemeinden können in mehrere Bezirke getheilt werden. Für jeden Standesbeamten werden ein oder mehrere Stellvertreter bestellt.

Die Abgrenzung der Bezirke und die Bestellung der Standes⸗ beamten, sowie deren Stellvertreter geschieht durch den Regierungs⸗ Präsidenten (Landdrosten). Und zwar für den Geltungsbereich der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 auf Vorschlag des Kreistages, beziehungsweise in den Stadtkreisen auf Verschlag der städtischen Be⸗ hörden, für den übrigen Theil der Monarchie nach Anhörung der Ge⸗

meindebehörden. Außer im Falle des besonderen Bedürfnisses ist Standesbeamten nur Gemeinde⸗ oder Bezirksbeamten An Geistliche darf dasselbe nur bis zum 1. Januar 18 werden. 3

Der vom Staate den Standesbeamten ertheilte Auftrag ist stets vwiderruflic. Für Gemeindevorsteher und Vorsteher der aus mehreren Gemeinden eines Kreises zusammengesetzten Verwaltungs⸗

bezirke (§. 3) erlischt die Bestallung zum Standesbeamten zugleich mit em Verlust des Gemeindeamts.

Das Alinea 1 und der erste Satz des Alinea 2 stimmt mit der Vorlage überein. Der zweite Satz des Alinea 2 wurde aber auf den Antrag des Abg. Richter (Hagen), das Alinea 3 auf en Antrag der Abgg. Miquel und Jung, der Schlußsatz des Alinea 3 („An Geistliche darf dasselbe nur bis zum 1. Januar 1877 übertragen werden“) auf den Antrag des Abg. Richter Hagen) und der Schlußsatz des Alinea 4, welches mit Alinea 3 er Vorlage korrespondirt, auf den Antrag desselben Abgeord⸗ neten hinzugefügt. Der Staats⸗Minister Dr. Falk nahm bei

diesem Paragraphen Veranlassung, die Stellung des Geistlichen als eventuellen Civilbeamten genau zu präzisiren, um die Be⸗ orgniß des Abg. Dr. Lasker als grundlos nachzuweisen, daß durch ie Bestallung des Geistlichen die Notheivilehe in anderer Form vieder geschaffen werde. (Wir werden die betreffende Rede morgen veröffentlichen.) Unverändert angenommen wurde §. 3. er Vorlage: „Jeder Gemeindebeamte, insbesondere jeder Gemeindevorsteher (Bürgermeister) ist verpflichtet, für denjenigen Bezirk (§. 2), zu wel⸗ chem der Bezirk seines Hauptamtes gehört, das Amt eines Staades⸗ beamten oder Stellvertreters zu übernehmen. Dieselbe Verpflichtung haben die Vorsteher der aus mehreren Gemeinden eines Kreises zu⸗ sammengesetzten Verwaltungsbezirke (Amtsvorsteher, Amtmänner, beee Kirchspielvoigte u. s. w.), mit Ausnahme jedoch der Amtshauptleute in der Provinz Hannover und der Amtmänner im Regierungsbezirk Wiesbaden.“ Ein Antrag des Abg. Frh. von der Goltz, diejenigen Vor⸗ steher von zusammengesetzten Verwaltungsbezirken, welche ihr Amt als Ehrenamt verwalten, von der Verpflichtung das Amt eines Standesbeamten oder Stellvertreters zu übernehmen aus⸗ zuschließen, wurde abgelehnt. 1 Der §. 4, der von den Entschädigungskosten handelt, wurde zur schleunigen Berich terstattung an die Budget⸗Kom⸗ mission verwiesen, und endlich der wichtige §. 6 der Vorlage, über welchen durch Annahme des Alinea 3 des §. 2 im Vor⸗ aus entschieden war, abgelehnt. Derselbe lautet:

„Der Regierungs⸗Präsident (Landdrost) ist befugt, neben dem ordent⸗ ichen Standesbeamten des Hauptbezirks §. 2 innerhalb be⸗ timmter örtlicher Grenzen auch Geistliche zu Standesbeamten zu be⸗

stellen. Dieselben sind alsdann ermächtigt und verpflichtet, in Be⸗ ziehung auf diejenigen Personen, welche sich an sie wenden, alle Standesakte mit voller rechtlicher Wirkung zu vollziehen. Durch die Bestellung eines solchen Nebenbeamten wird die Zuständigkeit des ordentlichen Standesbeamten nicht berührt.“ . Um 5 Uhr wurde die Sitzung vertagt.

In der heutigen (25.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, der am Ministertisch die Minister der Justiz, Dr. Leon⸗ Hüede und der geistlichen Angelegenheiten, Dr. Falk, mit mehre⸗ ren Kommissarien beiwohnten, wurde auf den Antrag des Abg. von Wierzbinski die Aufhebung des gegen die Abgeordneten von Jazdzewski und von Czarlinski anhängig gemachten

das Amt eines u übertragen. 7 übertragen

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und sodann die zweite Bera⸗ thung des Gesetzentwurfs, betreffend die Beurkundung des Personenstandes, fortgesetzt. Zunächst wurde der zu

2 angenommene Zusatz des Abgeordneten Richter (Hagen), der gestern nur schriftlich vorlag, heute in definitiver Abstimmung mit Rücksicht darauf, daß ein neuer Antrag der Abgg. Miquel und Dr. Lasker vorliegt, das Provisorium für die Wirksamkeit der §§. 2—7 des Gesetzes bis zum 1. Januar 1879 (statt 1877) auszidehnen, abgelehnt; dieser Antrag wird jedoch erst am Schlusse des ersten Abschnitts diskutirt werden. In 1 wurde die Aufsicht über die Standesbeamten unter Zustimmung des Justiz⸗Ministers auf den Antrag des Abg. Miquel vom Staatsanwalt auf das Gericht erster Instanz übertragen, und der Instanzenzug nach einem Antrage des Abg. Zelle geordnet.

7 würde also lauten:

Die Aufsicht über die Amtsführung der Standesbeamten liegt dem Gerichte erster Instanz ob, in dessen Bezirk dieselben ihren Amts⸗ sitz haben. Die Aufsicht wird ausgeübt von dem Einzelrichter, be⸗ ziehungsweise von einem kommissarisch mit derselben zu beauftragenden Mitgliede des Kollegialgerichts. Der mit der Aufsicht beauftragte Richter ist zur Verhängung von Warnungen, Verweisen und Ordnungs⸗ strafen bis zu 50 Mark befugt.

Auf Beschwerden über Verfügungen des die Aufsicht über den Standesbeamten führenden Richters erfolgt die Entscheidung und zwar endgültig in dem Bezirk des Appellationsgerichtes zu Celle durch das in den übrigen Landestheilen durch das Appellations⸗ gericht.

Bei Schluß des Blattes waren auch die §§. 8 und 9 un⸗ verändert genehmigt; dieselben lauten:

§. 8. Von jedem Standesbeamten sind drei Standesregister unter der Bezeichnung: Geburtsregister, Heirathsregister, Sterberegister zu führen.

§. 9. Die Eintragungen in die Standesregister sollen unter fort⸗ laufenden Nummern und ohne Zwischenräume und Abkürzungen ge⸗ schrieben werden, wobei die erforderlichen Zahlenabgaben in Buch⸗ staben auszudrücken sind. Jede Eintragung soll enthalten 1) Ort und Tag derselben; 2) die Unterschrift des Standes⸗ beamten. Eintragungen, welche auf Grund einer dem Standes⸗ beamten mündlich gemachten Anzeige oder vor demselben gegebenen Erklärung erfolgen, sind in Gegenwart der Betheiligten vor⸗ zunehmen, und sollen ferner esthalten: 3) den Vermerk des Standes⸗ beamten, daß und auf welche Weise er sich die Ueberzeugung von der Dentität der Betheiligten verschofft hat; 4) die Bescheinigung des Standesbeamten, daß die Eintragung den Betheiligten vorgelesen und von ihnen genehmigt worden ist; 5) die Unterschrift der Betheiligten.

Schreibensunkundige baben statt der Unterschrift ihr Handzeichen beizufügen, welches vom Standesbeamten zu beglaubigen ist.

Zusätze, Löschungen oder Aenderungen sind am Rande zu vermer⸗ ken und gleich der Eintragung selbst besonders zu vollziehen. fh veraes

„— Se. Majestät der Kaiser und König haben mit⸗ telst Allerhöchster Kabinets⸗Ordre vom 2. Dezember d. J. be⸗ stimmt, daß das Schleswig⸗Holsteinsche Husaren⸗Regiment Nr. 16 künftig „Husaren⸗Regiment Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn (Schleswig⸗Holstein⸗ sches) Nr. 16“, sowie mittelst Allerhöchster Kabinets⸗Ordre vom 8. d. M. bestimmt, daß das 1. Brandenburgische Ulanen⸗Regi⸗ ment (Kaiser von Rußland) Nr. 3 künftig „Ulanen⸗Regi⸗ ment Kaiser Alexander von Rußland (1. Branden⸗

burgisches) Nr. 3“ benannt werden soll. rene eeassghn ¶8ꝗ6434̊ Se. Majestät der Kaiser und Koöͤnkg haben be⸗ fohlen, daß die Offiziere und Mannschaften des 3. Ostpreußi⸗ schen Grenadier⸗Regiments Nr. 4, welche dem Regiment zur Zeit des Ablebens Sr. Majestät des Königs Johann von Sachsen angehört haben, in den Epauletts, resp. auf den Achsel⸗ klappen den bisher geführten Namenszug des Hochseligen Regi⸗ ments⸗Chefs beibehalten sollen, so lange sie im Regimente ver⸗ bleiben. Dagegen sollen die Offiziere und Mannschaften, welche erst nach dem Tode Sr. Majestät des Königs Johann von Sachsen in das Regiment eingetreten sind, in den Epauletts resp. auf den Achselklappen die Regiments⸗Nummer 4 führen.

Nachdem Se. Majestät der König von Sachsen Sich zum Chef des 1. (Leib⸗) Grenadier⸗Regiments Nr. 100, des Garde⸗Reiter⸗Regiments und des Feld⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 12, Corps⸗Artillerie, erklärt haben, ist anbefohlen worden, daß das 3. Infanterie⸗Regiment Nr. 102, das 1. Jäger⸗Bataillon Nr. 12 und das 1. Reiter⸗Regiment den Namen „Kronprinz“ und den bezüglichen Namenszug ablegen.

Zur Beiwohnung der Beisetzungs⸗Feierlichkeiten sind im Gefolge Sr. Kaiserlichen Hoheit des Großfürsten Nikolaus von Rußland eingetroffen: der General⸗Lieutenant Skobeleff, der General⸗Major von Hall, Attaché Sr. Kaiserlichen Hoheit des Großfürsten Nikolaus, und der Kapitän Andrejeff, Adjutant Sr. Kaiserlichen Hoheit, von St. Petersburg; im Ge⸗ folge Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Baden: der Major und Flügel⸗Adjutant Höchstdesselben, Deimling von Karlsruhe; ferner ist zu gleichem Zweck der General⸗Major, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Militär⸗Bevollmächtigter in St. Petersburg von Werder, von St. Petersburg hier eingetroffen.

Lord Fitzgerald ist heute früh aus London hier ein⸗ getroffen und im Hotel Royal abgestiegen. Derselbe wird im Namen Ihrer Majestät der Königin von Großbritannien den morgen stattfindenden Beisetzungsfeierlichkeiten beiwohnen.

Zu den Beisetzungs⸗Feierlichkeiten sind ferner eingetroffen: der General⸗Lieutenant, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 12. Di⸗ vision, Prinz Kraft zu Hohenlohe⸗Ingelfingen, von Neisse, der Ge⸗ neral zur Allerhöchsten Disposition Graf von der Groeben, der General⸗Major und Kommandant von Minden, von Delitz.

Der General der Kavallerie a. D., Graf Bismarck⸗ Bohlen, ist aus Carlsburg und der Herzoglich meiningensche hcfera n von Stein aus Meiningen hier eingetroffen und haben im Hotel Royal Wohnung genommen.

Der Minister des Innern hat für die Berechnung des Pauschquantums, sowie der Gebühren für Zeugen und Sach⸗ verständige in den von den Kreisausschüssen zu entscheiden⸗ den streitigen Verwaltungssachen unterm 4. d. M. folgenden Tarif erlassen:

I. Das nach §§. 162 und 163 der Kreisordnung zur Erhebung kommende Pauschquantum beträgt, wenn die Entscheidung auf kontra⸗ diktorische Verhandlung oder bei dem Ausbleiben einer Partei erfolgt, nach dem Werthe des Streitgegenstandes e

1) von je 20 Mark des Betrages bis 100 Mark

2) 40 Mehrbetrages„ 300

600

18 1000 1500

95 2500

5 4500 89. N. 700 Mark des Mehrbetrages eine Mark bis zum Gesammtbetrage von 40 Mark.

Strafverfahrens beschlossen

II. Die Sätze zu I. werden auf die Hälfte ermäßigt, wenn die Entscheidung auf Anerkenntniß erfolgt, desgleichen wenn die Sache durch Vergleich oder durch Zurücknahme der Klage ihre Erledigung findet.

III. Sind die Voraussetzungen der Nr. I. nur bei einem Theile des Streitgegenstandes vorhanden, so werden für diesen und für den übrigen Theil des Gegenstandes die Sätze zu I. und II. gesondert berechnet, jedoch nicht mehr als der für den ganzen Gegenstand zu be⸗ rechnende Satz zu I.

IV. Wenn eine Beweisaufnahme angeordnet ist und stattgefunden hat, so wird nach dem Werthe des Gegenstandes derselben die Hälfte der Sätze zu I. und II. zusätzlich erhoben. 1

V. Bei Berechnung der Pauschsätze zu I. —IV. werden die Tarif⸗ sätze auch für die nur angefangenen Beträge von 20, 40, 60 Mark u. s. w. voll berechnet. 1“

VI. Bei Gegenständen, die keiner Schätzung nach Gelde fähig sind, erfolgt der Ansatz des Pauschquantums in der Regel, wie bei Gegenständen von mehr als 300 bis zu 600 Mark.

Je nach der größeren oder geringeren Wichtigkeit der Sache kann jedoch ein höherer oder geringerer Werth des Gegenstandes zu Grunde gelegt werden.

Ist mit einem unschätzbaren Anspruche ein daraus hergeleiteter, einer Schätzung nach Gelde fähiger Anspruch verbunden, so ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Im Uebrigen erfolgt die Berechnung des Streitgegenstandes nach Maßgabe der Bestimmungen im §. 11 unter 1 und 3 des Gesetzes vom 10. Mai 1851, betreffend den Ansatz und die Erhebung der Gerichtskosten, Gesetz⸗Sammlung Seite 628.

VIII. Die Gebühren für Zeugen und Sachverständige werden nach den in Civilprozessen zur Anwendung kommenden Vorschriften berechnet.

Bei dem Allgemeinen Kriegs⸗Departement des Kriegs⸗ Ministeriums ist die jetzt bei der Armee⸗Abtheilung B. statt⸗ findende Bearbeitung der Angelegenheiten der Artillerie⸗Schieß⸗ schule für die Zukunft der Artillerie⸗Abtheilung übertragen wor⸗ den und beim provisorischen Departement für das Invaliden⸗ wesen die Verwaltung der beiden großen Unterstützungs⸗Fonds des Titels 58 des Militär⸗Etats, betreffend die Pensionen für Wittwen und Pflege⸗ und Erziehungsgelder für Kinder, sowie die Allerhöchst zu bewilligenden Unterstützungen an Offtziere, Beamte, Wittwen und Kinder, von der Abtheilung A. auf die Abtheilung B. übergegangen. 8

Der General⸗Stabsarzt der Armee Dr. Grimm, Chef der Militär⸗Medizinal⸗Abtheilung im Kriegs⸗Ministerium und 1. Leibarzt Sr. Majestät des Kaisers und Königs, ist von Dresden hier wieder eingetroffen.

Zur Bewältigung des diesmal sehr starken Weihnachts⸗ Päckereiverkehrs hat die Postverwaltung auf dem Anhalter, Stettiner und Niederschlesischen Bahnhofe besondere Holzgebäude errichtet, das größte auf dem Frankfurter Bahnhofe in einer Länge von 60 Metern und einer Tiefe von 18 Metern. Außer⸗ dem sind alle Post⸗Wagenremisen in Packkammern umgewandelt. Bei dem Post⸗Amte in der Kaisergallerie ist eine Annahmestelle für Päckereien in einem besonders angemiethetem Raume errichtet. Die Zahl der zur Packetbeförderung benutzten Eisenbahnzüge ist unter Zuhülfenahme von Güter⸗ und Ertrazügen wesentlich ver⸗ mehrt; auf den Landpostcoursen sind Extrafahrten und Packbei⸗ wagen vorgesehen und in verschiedenen Gegenden der Stadt Reservegespanne aufgestellt. Zur Aushülfe ist im Ganzen ein Personal von 1184 Personen extraordinär herangezogen. Da der regelmäßige Stand des Postpersonals in Berlin pptr. 3000 Köpfe beträgt, so sind jetzt gegen 4200 Personen in diesem Zweige des öffentlichen Dienstes beschäftigt.

Bayern. München, 17. Dezember. Am nächsten Sonnabend wird, dem „Korr. v. u. f. D.“ zufolge, im König⸗ lichen Kultus⸗Ministerium die von Sr. Majestät zur Berathung der Frage wegen Anerkennung des Bischofs Reinkens bestätigte Kommission zum erstenmale zusammentreten. Unter dem Vorsitze des Präsidenten des obersten Gerichtshofes, Reichs⸗ rath Lud. v. Neumayr, wird das Kollegium bestehen aus dem Universitäts⸗Professor und Reichsrath Dr. v. Pözl, dem Appella⸗ tionsgerichts⸗Direktor E. v. Kleinschrod, sämmtlich zu München, dem Universitäts⸗Professor und Hofrath Dr. Jos. v. Held und dem Universitäts⸗Professor Dr. C. Edel, Beide aus Würzburg.

In Anwendung des Art. 80 Absatz 2 der Civilprozeß⸗ ordnung hat sich das Königliche Staats⸗Ministerium der Justiz auf Grund des von dem obersten Gerichtshof im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen gestellten Antrages veranlaßt gesehen zu verfügen, daß den geprüften Rechtspraktikanten die Führung mündlicher Rechtsvertheidigung eines An⸗ waltsprozesses vor dem obersten Gerichtshofe des König⸗ reiches nicht mehr gestattet ist. Die Befugniß derjenigen Rechts⸗ praktikanten, welche mit Bewilligung des genannten Ministeriums als Substitute von Advokaten in deren schriftlichen und persön⸗ lichen Anwaltsgeschäften auf bestimmte Zeit angestellt sind, werden hierdurch nicht berührt.

18. Dezember. (W. T. B.) In der Abgeordneten⸗ kammer stand heute die Berathung des Gesetzentwurfs über die Zuständigkeit der Gerichte in Strafsachen zwecks möglichster Entlastung der Schwurgerichte auf der Tages⸗ ordnung. Bei der Diskussion erklärte der Justiz⸗Minister von Fäustle, daß er persönlich für die Erhaltung der Schwurgerichte sei und stets für dieselbe eintreten werde; auch habe er sich als bayersches Mitglied des betreffenden Ausschusses des Bundes⸗ raths für die Beibehaltung der Schwurgerichte ausgesprochen. Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der vom Aus schusse modifizirten Fassung mit 105 gegen 7 Stimmen ang nommen. Darauf wurde auch das provisorische Gese vom 27. November 1872, betreffend die durch Einführung des deutschen Militärstrafgesetzbuchs bedingten Abänderungen de bayerschen Militärstrafgerichtsordnung, einstimmig ge nehmigt. (W. T. B.) Der Erzbischof von München⸗Frei⸗ sing hat anläßlich der bevorstehenden Reichstagswahlen einen besonderen Hirtenbrief erlassen. In demselben weist der Erzbischof auf die große Wichtigkeit der Wahlen hin und er mahnt die katholischen Wähler, ihre Pflicht zu thun, da im Reichstage auch Fragen, die die katholische Kirche beträfen, zur Entscheidung gelangten.

Sachsen. Sitzung der Ersten Kammer wurde noch auf Antrag der 3. Deputation einstimmig beschlossen, den auf Aufhebun des Gesetzes vom 30. November 1843, die Theilbarkeit des Grundeigenthums betreffend, gerichteten, von der Kammer angenommenen Antrag der Abgg. Krause un Richter (Tharand) auf sich beruhen zu lassen und bei dem an vorigen Landtage von der Ersten Kammer gefaßten Beschlusse die Regierung um eine Revision jenes Gesetzes zu ersuchen,

stehen zu bleiben.

Dresden, 18. Dezember. In der gestrigen

Zweiten

Württemberg. Stuttgart, 14. Dezember. d 3 gestern Abend von Bebenhausen wieder hierher zurück⸗ ekehrt. 3 Die Kammer der Abgeordneten hat in fortgesetzter Berathung des Verfassungsgesetzes über das neunte Kapitel heute hh. sr Sitzung hindurch sich mit dem Art. 5 beschäftigt,

elcher im Entwurf so lautet: 8 1 Ser Sennvurf ü8. §. 169 wird dahin abgeändert: Die Mi⸗ nister ind die von ihnen beigezegenen Staatsbeamten, sowie die Kö⸗ niglichen Kommissäre können den ständischen Kommissionen mit be⸗ rathender Stimme beiwohnen. Von dem Zusammentritt der Kom⸗ missionen, wie von dem Gegenstand der Verhandlungen sind die Minister rebtzeitig in Kenntniß zu setzen.

Die Kommifsions⸗Mehrheit von 9 Stimmen beantragt den Artikel zu streichen, die Kommissions⸗Minderheit von 4 Stimmen beantragt die Annahme desselben. Der Minister v. Mittnacht erklärte nach dem Abg. Hölder, der das Bedenken der Mehrheit gegen den Artikel zum Ausdruck gebracht hatte, er sei der An⸗

sicht, daß nicht blos die Minister, sondern jedes Kammer⸗Mitglied den Sitzungen sollte anwohnen dürfen, und daß es überhaupt ine geheimen Kommissions⸗Sitzungen geben sollte. Durch das

Unwohnen sachverständiger Beamten oder der Minister werden die Geschäfte nur gefördert, werde eine Klärung der Ansichten herbeigeführt. Daß die Befürchtung, als ob die Selbständigkeit der Kommissionen durch die Anwesenheit eines Ministers ge⸗ fährdet würde, ernstlich gemeint sei, könne er kaum glauben. Der Schlußsatz wegen Benachrichtigung der Minister könnte allenfalls wegbleiben. Es wurden nun verschiedene Vermitte⸗ lungsanträge gestellt: von Bayrhammer, daß die Kommissionen auf Verlangen der Minister Erklärungen entgegenzunehmen oder auf Antrag derselben Auskünfte zu ertheilen haben; von Gem⸗ mingen, auf Annahme des Minderheitsantrags (den Artikel des Entwurfs anzunehmen) unter Weglassung des Schlußsatzes; von Probst, die Minister oder ihre Bevollmächtigten wenigstens einmal über jeden Gegenstand an den Kommissionssitzungen theilnehmen zu lassen; vom Kanzler von Rümelin, die Minister wünschten in den Sitzungen, welche sich mit Regierungsvorlagen beschäftigen, zugelassen zu werden. Da jedoch der Mehrheits⸗

antrag auf Ablehnung des Artikels 5 mit 50 gegen 33 Stim⸗ men angenommen wurde, so fielen alle diese Anträge.

Mecklenburg. Schwerin, 18. Dezember. Die heutigen „Mecklenb. Anz.“ enthalten über die Verfassungs⸗Ange⸗ legenheit Folgendes:

„Es erscheint bei dem augenblicklichen Stande der mecklenburgischen Verfassungssache als verfrüht und daher unfruchtbar, Vermuthungen über den Inhalt der rücksichtlich derselben zu erwartenden weiteren Regierungsvorlagen aufzustellen oder in eine Erörterung über die Ver⸗ muthungen einzugehen, welche hierüber verschiedentlich, zum Theil auch in öffentlichen Blättern aufgestellt worden sind. Thatsache ist, daß die Regierungen durch die entscheidende Wendung, welche sie dieser Ange⸗ legenheit auf dem gegenwärtigen Landtage gegeben, den Entschluß aus⸗ gesprochen haben, die Verhandlungen über die Verfassungsänderung auf einer veränderten Basis zum Ziele der Vereinbarung mit den Ständen hinzuführen, und nach der ganzen Sachlage kann es keinem Zweifel unterliegen, daß von den Regierungen selbst eine thunlichst baldige Weiterführung dieser Sache wird gewünscht werden müssen. Bisher ist noch keine offizielle Kundgebung über die Art und Weise der Wiederaufnahme der unterbrochenen Verfassungs⸗Verhandlungen oder über den sachlichen Inhalt der denselben zu gebenden Grundlagen erfolgt, und wird daher das Weitere dieserhalb abgewartet werden müssen, zumal dor Schluß des Landtages anscheinend nahe bevorsteht und die Landtagsabschiede darüber vielleicht Einiges enthalten werden.“

Sternberg, 14. Dezember. In der heutigen Landtags⸗ sitzung gab Pohle⸗Schwerin zu Protokoll:

„Ich proponire, die Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Entscheidung der Kompetenz⸗Konflikte, bis zum nächsten ordentlichen Landtage auszusetzen, den Engeren Ausschuß aber zu beauftragen, den betreffenden Gesetzentwurf mit Motiven, den Bericht des Justiz⸗Komites und das SeparatErachten, sowie die über die Reskripte von 1838 erwachsenen Aktenstücke baldigst drucken zu lassen und die ganze An⸗ gelegenheit demnächst wieder vorzulegen.“

Die Landschaft erklärte nach Schluß der Diskussion als Stand, sie nehme das Pohle'sche Diktamen an und vertage da⸗ mit die Angelegenheit, worauf die Ritterschaft ebenfalls als Stand die Erklärung abgab, da durch den Beschluß der Land⸗ schaft die Annahme des Gesetzentwurfs auf gegenwärtigem Land⸗ tag ausgeschlossen sei, so trete sie dem Antrage Pohle insoweit bei, daß der Engere Ausschuß die Vorlagen und mit Auswahl auch die früheren Aktenstücke drucken lasse. Beide Stände be⸗ schlossen endlich weiter, daß der Engere Ausschuß den Regie⸗ rungen von dem Stande der Sache berichtliche Anzeige machen solle.

Braunschweig. Braunschweig, 19. Dezember. Die Ges.⸗ u. Verordn.⸗Sammlung veröffentlicht ein Gesetz, die Ver⸗ längerung des in dem Gesetze vom 23. Dezember 1872 Nr. 1 bezüglich der Zahlbarkeit der Renten und Entschädigungs⸗Kapitale für die aufgehobenen Stolgebühren und Opfer u. s. w. getroffe⸗ nen Provisorii betreffend, d. d. Braunschweig, am 10. Dezember 1873. Da sich ergeben, daß zum endlichen Abschlusse des in dem Gesetze vom 31. Mai 1871 Nr. 33 bezüglich der Zahlbarkeit der Renten und Entschädigungs⸗Kapitale für die abgeschafften Stol⸗ gebühren und Opfer angeordneten Deklarations⸗ und Feststellungs⸗ Verfahrens, die vorgeschriebene, durch das Gesetz vom 23. De⸗ zember 1872 Nr. 1 verlängerte Frist nicht genügt hat, und eine abermalige Verlängerung derselben, so wie eine fernere proviso⸗ rische Zahlung der den Kirchendienern nach §. 8 des erstgedachten Gesetzes zukommenden Jahresrenten erforderlich ist, so werden auch, sofern und in soweit das in dem Gesetze vom 31. Mai 1871 Nr. 33 (§§. 15 und 20) angeordnete Feststellungs⸗Ver⸗ fahren im Laufe dieses und des nächstfolgenden Jahres 1874 noch nicht zum Abschlusse gebracht sein wird, auch die innerhalb dieses Zeitraumes zahlbaren Renten nach Maßgabe der im §. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 1872 Nr. 1 enthaltenen Be⸗ stimmungen provisorisch von Herzoglicher Haupt⸗Finanz⸗Kasse gezahlt werden.

Schwarzburg⸗Nudolstadt. Rudolstadt, 12. Dezember. Das Gesetz wegen Aufnahme einer Anleihe aus dem Reichs⸗ Invalidenfonds im Betrage von 600,000 Thlr. bezeichnet als Zweck der Anleihe die Verwandlung der kündbaren Landesschuld in eine unkündbare und die Förderung der das Land berühren⸗ den Eisenbahnunternehmungen. Das Kapital ist von Seiten des Darleihers unkündbar, dagegen von Seiten des Darlehen⸗ Empfängers vom Jahre 1894 an der Kündigung mit dreimo⸗ natlicher Zahlungsfrist unterworfen. Dasselbe wird mit 4 ½ Pro⸗ zent verzinst und soll vom 1. Januar 1876 an mit ein Halb vom Hundert des ursprünglichen Schuldkapitals unter Zuwachs der ersparten Zinsen getilgt werden. Für das Anlehen haftet der Staat mit seinem ganzen Vermögen.

Reuß. Greiz, 14. Dezember. In der Landtags⸗ vom 10. d. M. legten, wie die „Weim. Ztg.“ mittheilt, zwei Abgeordnete, Zopf und Schilbach, ihr Mandat nieder, da

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sie es ferner nicht mit den Interessen ihrer Wähler für ver halten zu können erklären, an den Abstimmungen eines Land⸗ tags, welcher notorische Verfassungsveränderungen als solche nicht anzuerkennen beliebe, auf weiterhin Theil zu nehmen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 18. Dezember. (W. T. B.) Auf Befehl des Kaisers wird vom 20. d. ab eine sechsundvierzig⸗ tägige Hoftrauer für die verstorbene Königin Elisabeth von Preußen angelegt.

Pesth, 17. Dezember. In der heutigen Sitzung des Ab⸗ geordnetenhauses, bei der Spesialdebatte des Budgets des Ministeriums des Innern, verlangte Pechy eine Vorlage betreffs Auflassung der Obergespan⸗Institution. Minister Szapary ver⸗ sprach eine Vorlage wegen Auflassung der städtischen Obergespäne. Bei dem Kommunikationsbudget sprach Minister Tisza in län⸗ gerer Rede über die allgemeinen Verkehrsverhältnisse. Die Eisen⸗ bahnpolitik müsse von folgenden Hauptpunkten geleitet sein: Ausbau der Linien im Osten und Süden, Herstellung bezüglicher Anschlüsse, Verschmelzung der kleineren garantirten Linien zu größeren Complexen, Ankauf der Südbahnlinien, eveutnell Bau⸗ von Konkurrenzlinien, Ausbau der slavonischen Bahnen. Der Straßenban müsse den Komitaten überlassen, den Wasserbauten müsse eine erhöhte Aufmerksamkeit ge⸗ schenkt werden. Diese Ansichten wolle er noch dem Hause mit⸗ theilen, ehe er den Ministerposten verlasse, um fernerhin als ein⸗ facher Abgeordneter im Dienste des Vaterlandes zu wirken. Zum Schlusse empfehle er eine billige Beurtheilung seiner Amts⸗ wirksamkeit, deren Ergebnisse zum Theile durch das Gebahren seiner Amtsvorgänger bedingt waren. Ueber einen Antrag wurde sodann der Minister angewiesen, eine Vorlage über Rege⸗ lung öffentlicher Arbeitslasten zu erstatten. Ivankas Aeußerung, der ungarische Staatskredit habe durch die Mißwirthschaft bei den Eisen⸗ bahnbauten und die Entwerthung der Eisenbahnaktien gelitten, veranlaßte Paczolay zu der beifällig aufgenommenen Bemerkung, er habe den Aktionären ein fixes Reinerträgniß per Meile, aber kein Zinsenerträgniß per Aktie garantirt, er habe daher für Ein⸗ lösung des Coupons nicht aufzukommen, übrigens werde er seiner Zeit die strengste Untersuchung der diesbezüglichen Vor⸗ gänge, ähnlich der preußischen Eisenbahn⸗Enqueéte fordern. Hier⸗ auf wurde das Kommunikations⸗Budget erledigt. Ebenso wur⸗ den das Budget des Handels⸗Ministeriums und des Kultus⸗ und Unterrichts⸗Ministeriums mit den vom Finanz⸗Ausschusse bean⸗ tragten Streichungen angenommen.

18. Dezember. (W. T. B.) Der Kaiser hat die Vor⸗ schläge des Minister⸗Präsidenten, betreffend die Besetzung der erledigten Ministerposten, genehmigt. Nach denselben werden die Minister Kerkapolyi und Tisza auf ihr Ersuchen, unter Anerkennung für die von ihnen geleisteten Dienste, ihrer Stellun⸗ gen enthoben und der Minister⸗Präsident Szlavy mit der Füh⸗ rung des Finanz⸗Portefeuilles, der Handels⸗Minister Zichy mit der Leitung des Ministeriums für Arbeiten und öffentliche Kom⸗ munikationen betraut. Die amtliche Publikation wird morgen erwartet.

Das Abgeordnetenhaus beendigte in seiner heutigen Sitzung die Debatte über das Budget; morgen wird die Be⸗ rathung über das Finanzgesetz stattfinden.

Schweiz. Bern, 16. Dezember. Wie schon telegraphisch gemeldet, hat der Ständerath auch über Art. 48 der Bun⸗ desverfassung, der die Glaubens⸗ und Gewissensfreiheit zum Gegenstand hat, in allen Hauptpunkten in Uebereinstimmung mit dem Nationalrathe entschieden. Für den ersten und zweiten Satz dieses Artikels beschloß er gleich ihm folgende Fassung:

„Die Glanbens⸗ und Gewissensfreiheit ist unverletzlich. Nie⸗ mand darf zur Theilnahme an einer Religions⸗Genossenschaft, oder an einem religiösen Unterricht, oder zur Vornahme einer religiösen Hand⸗ lung gezwungen, oder wegen Glaubensansichten mit Strafen irgend welcher Art belegt werden.“

Dagegen adoptirte er nach dem Antrage seiner Kommission Streichung des vom Nationalrath angenommenen dritten Satzes:

„Ueber die religiöse Erziehung der Kinder bis zum erfüllten 16. Altersjahr verfügt im Sinne vorstehender Grundsätze der Inhaber der väterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt.“ 1

Für den vierten und fünften Satz stimmte er wieder dem Nationalrathe bei. Diese Sätze lauten:

„Die Ausübung bürgerlicher oder politischer Rechte darf durch keinerlei Vorschriften oder Bedingungen kirchlicher oder religiöser Na⸗ tur beschränkt werden. Die Glaubensansichten entbinden nicht von der Erfüllung der bürgerlichen Pflichten.“

Den letzten sechsten Satz endlich nahm er nach dem Ent⸗ wurf des Bundesraths wie folgt an:

„Niemand ist gehalten, Steuern zu bezahlen, die für Kultus⸗ zwecke einer Religionsgenossenschaft, der er nicht angehört, auferlegt werden.“

Hier hatte der Nationalrath noch den Schlußsatz adoptirt:

„Die nähere Ausführung dieses Grundsatzes ist der Bundesgesetz⸗ gebung vorbehalten.“ 1

Der Nationalrath ratifizirte gestern den Auslieferungs⸗

vertrag mit Rußland, verschob aber den mit Portugal bis nach der Bundesrevision. 18. Dezember. (W. T. B.) Der Ständerath ist den Beschlüssen des Nationalraths bezüglich Abschaffung jeder geist⸗ lichen Gerichtsbarkeit betreffs Verbots des Jesuitenordens, Aus⸗ dehnung der Bundeskompetenz auf andere geistliche Orden, Un⸗ zulässigkeit der Errichtung neuer und der Wiederherstellung alter Klöster, sowie Leitung der Ewilstandsregister und des Begräbniß⸗ wesens durch Civilbehörden beigetreten. Die Sitzung des Nationalraths ist geschlossen worden.

Niederlande. Haag, 15. Dezember. Die mit der neuesten Packetbootpost aus Batavia hergelangten Journale und Briefe reichen bis zum 8. November. Das Budget der Ko⸗ lonie für 1873 hatte eine abermalige Erhöhung, und zwar um 3 Millionen Gulden, wegen der Kosten der ersten Expe⸗ dition gegen Atchin erfahren. Am 1. November erhielt das General⸗Gouvernement auf telegraphischem Wege die Meldung, daß am 25. Oktober der (den Niederländern befreundete) Sul⸗ tan von Deli, an der Ostküste von Sumatra, gestorben, die Thronfolge vorläufig geordnet und Alles dort ruhig war. Das Hauptkomite des niederländischen „Rothen Kreuzes“ ha“ abermals 10,000 Gulden dem Batavischen Komite zur Ve r⸗ fügung gestellt, mit der bestimmten Anweisung, daß di eser Beitrag zum Besten der kranken und verwundeten Militäre, ver⸗ wendet werden müsse.

18. Dezember. (W. T. B.) Der Marine⸗NMinister Broex hat vom Könige die erbetene Entlass unng erhalten. Der Minister der Kolonien ist ad interim aucf. mit Wahr⸗ nehmung ver Geschäfte des Marine⸗Ministers beo’ uftragt.

In der heutigen Sieung der Zweiten Ham mer machte der Minister der Kofonzen, Fransen, van de zgutte, die Mitthei⸗ lung, daß nach einem vom Ober⸗Befehlshaber der Expedition gegen Atchin, General veʒm Swieten, eingegangenen, in Pe⸗

einbar

88 11“ EEE“ 1“ 8 nang gestern Abend 17 Uhr aufgegebenen Telegramme der be⸗ festigte Ort Cottaperala unterhalb Nwesapi von den niederlän⸗ dischen Truppen genommen worden sei. Letztere hätten 5 Todte und 38 Verwundete gehabt, der Feind hätte 85 Todte auf dem Platze gelassen. Die Expedition sei im Vorrücken nach dem oberen Laufe des Atchinflusses.

Großbritannien und Irland. London, 17. Dezember. Die Königin hat Sennor Ricardo Rivas als General⸗ Konsul der Vereinigten Staaten von Columbia in London bestätigt.

Der Kriegs⸗Minister Cardwell und der Generalfiskal Vernon Harcourt haben Einlaädungen zu dem am Neujahrs⸗ tage stattfindenden jährlichen Feste des Druiden⸗Ordens in Oxford angenommen.

Die „London Gazette“ vom 16. d. M. enthält eine Ver⸗ ordnung des geheimen Raths, welche neue Reglements für die Verwaltung der Konsulargerichtshöfe in der Türkei und Aegypten umfaßt.

1 Frankreich. Paris, 16. Dezember. Ein Abgesandter des Sultans, Emin-Bey, ist heute von Konstantinopel hier eingetroffen, welcher dem Präsidenten Marschall Mac Mahon die Insignien des Osmanie⸗Ordens in Brillanten mit einem eigenhändigen Schreiben des Sultans und dem Herzog von Broglie das Großkreuz desselben Ordens überbrachte.

General Soleille ist gestern nach langer Krankheit in Toulouse gestorben. 8

17. Dezember. In der heutigen Sitzung des Budget⸗ Ausschusses erstattete Herr Chesnelong Bericht über eine Unterredung, welche er mit dem Finanz⸗Minister Magne hatte, und gab in seinem Namen folgende Erklärungen ab: 1) aus Gesundheitsrücksichten kann Magne sich nicht selbst in den Aus⸗ schuß begeben; 2) er stellt dem Ausschuß die General⸗Direktoren des Finanz⸗Ministeriums zur Verfügung; 3) er hat dem Ausschuß keine anderen Steuern vorzulegen als die sind, welche er ihm schon unter⸗ breitete; 4) er beauftragt die General⸗Direktoren, neue Steuern aufzu⸗ suchen; 5) Herr Magne hält alle seine früheren Propositionen aufrecht und bewahrt seine Freiheit, die neuen von dem Aus⸗ schuß vorgebrachten Steuern zurückzuweisen. Morgen wird der Budget⸗Ausschuß über den Antrag Betreffs der Vermehrung der Civilliste des Präsidenten verhandeln und die Mittheilungen entgegennehmen, welche der Finanz⸗Minister dem Berichterstatter über die mit dem früheren Staats⸗Minister Rouher abge⸗ schlossene Konvention Betreffs der Liquidation der Civilliste

Napoleons III. abgeschlossen hat.

Der Gesetzentwurf über den Buchhandel, wel⸗ chen der Justiz⸗Minister Depeyre gestern auf den Tisch der Na⸗ tionalversammlung niederlegte, bezweckt zunächst, das Dekret vom 10. September 1870 wieder abzuschaffen, welches denselben freigegeben hatte. Die Buchhändler müssen danach wieder breve⸗ tirt und ermächtigt werden, und werden auch nur das Recht haben, solche Schriften, welche die Kolportage⸗Kommission erlaubt hat, und periodische Schriften, welche auf der Straße verkauft werden können, zu verkaufen.

Versailles, 18. Dezember. (W. T. B.) Die Fest⸗ stellung des Budgets für das Kriegs⸗Ministerium gab in der heutigen Sitzung der Nationalversammlung zu einer längeren Debatte Veranlassung, namentlich der zu demselben eingebrachte Antrag, den für Einberufung des zweiten Theils des Kontingents erforderlichen Kredit um 5 Millionen zu erhöhen.

Der Berichterstatter, Marquis de Castellane, hob hervor, der von der Regierunggeforderte Kredit sei ausreichend, die Reorganisation der Armee schreite zwar langsam vorwärts, aber sie schreite doch vor⸗ wärts. Das Land scheue vor keinen Opfern zurück und lasse sich das Königreich Preußen nach dem Tage von Jena zum Beispiel

dienen. Der Kriegs⸗Minister erklärte, es ständen der gleichzeitigen Einzichung des gesammten Kontingents noch große Schwierig⸗ keiten im Wege, er könne indeß die Versicherung geben, daß nach und nach alle Dienstpflichtige zu den Fahnen einberufen werden würden. Der Handels⸗Minister ersuchte die Versammlung drin⸗ gend, das Gleichgewicht im Budget nicht zu gefährden. Das Amendement, betreffs Erhöhung des Kredits um 5 Millionen, wurde darauf abgelehnt.

Dänemark. Kopenhagen, 18. Dezember. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Folkethings stand der Entwurf einer Adresse an den König zur Berathung, in welcher aus⸗ gesprochen wird, daß nur durch eine Veränderung im Mini⸗ sterium ein gedeihlicheres Zusammenwirken zwischen den Faktoren der gesetzgebenden Gewalt herbeigeführt werden könne. Na längerer Diskussion, welche die Sitzung völlig in Anspru nahm, wurde die Abstimmung auf eine heute anberaumte Abend sitzung vertagt und in letzterer der Entwurf mit 59 gegen 32 Stimmen angenommen und der Präsident des Folkethings,

Krabbe, mit der Ueberbringung der Adresse an den König be⸗

auftragt. Die Majorität besteht aus den Mitgliedern der Linken⸗ und einzelnen Abgeordneten der äußersten Rechten. Sechs Mit⸗ glieder enthielten sich der Abstimmung. 3 „Der (oben erwähnte) von dem Abg. Schjörring im Folkething eingebrachte Entwurf zu einer Adresse an den König lautet: Allergnädigster König! Es ist eine Allen bekannte T daß schon seit Langem ein bedauernswerther Mangel gedeihlichen Zu sammenwirkens zwischen den Folkething und Ew. Majestät verant⸗ wortlichen Ministern gewesen ist. Die Folge hiervon ist ein hoͤchst unheilvoller Stillstand der Gesetzgebungsarbeiten gewesen, welcher sich namentlich in der vorigen Session zeigte, deren Ausbeute traurigen Mißverhältnisse steht zu der darauf verwandten Zeit und Mühe und zu dem von allen Seiten erkannten Bedürfniß einer Re⸗ form wichtiger Staatsangelegenheiten. Die hierdurch hervorgerufene Unzu⸗ friedenheit hat dazu beigetragen, die Aufregung in der Gesellschaft, welche be⸗ reits war, zu vergrößern. Es bedarf einer Leitung von oben, unter woelcher alle Klassen der Gesellschaft dahin gebracht werden kön⸗ nen, an der Arbeit Theil zu nehmen, welche den Zweck hat, das Volk einer glücklichen Zukunft entgegen zu führen. Nachdem es sich gezeigt hect, daß die jüngsten Folkethingswahlen keine wesentliche Veränderung zen der Zusammensetzung und dem Charakter des Things bewirkt haben. läßt sich nur durch einen Wechsel der Rathgeber Ew. Majestät das Zustandekommen eines fruchtbareren Zusammenwirkens der verschiedo⸗ nen Glieder der Gesetzgebungsgewalt erwarten. Wir wenden uns do⸗ her mit dem Wunsche an den Thron, daß es der Weisheit Ew. Ma⸗ jestät gelingen möge, diese Bedingung zu Stande zu bringen und da⸗ durch das Liebesband zwischen König und Volk zu stärken.

Amerika. Washington, 18. Dezember. (W. T. B.) Vom Senate wurde der zum Retablissement der Marine ge⸗ forderte Kredit bewillgt. Im Repräsentantenhause wurde die Herabsetzung der Bezüge der Deputirten beschlossen.

Der „Virginius“ ist auf der Insel Tortugas in der Nähe von Cuba angekommen, die Reberlebenden von der Be⸗

mannung desselben wurden in Santiago ausgeliefert. New⸗York, 17. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird ge⸗

meldet, daß der „Virginins“ am 16. den amerikanischen Be⸗

in einem