beförderung — Generalverfügung: vom 12. Janu
besonderer Bestellschreiben bei Nachlieferung von Zeitungsnummern. Bescheidung: vom 10. Janunar 1874: Portozuschlag für unfrankirte Postvorschußsendungen in füddeutscher Währung. — Generalverfügung: vom 14. Januar 1874: Korrespondenzverkehr mit Konstantinopel. — Generalverfügung: vom 14. Januar 1874: Das Postblatt be⸗
teeffend.
— Die Nr. 3 des Central⸗Blatis für das Deutsche Reich, herausgegeben im Reichskanzler⸗Amt, Berlin, vom 16. Februar, (Carl Heymanns Verlag) hat folgenden Inhalt: 1) Allgemeine Ver⸗ waltungssachen: Uebereinkommen zwischen dem Deutschen Reiche und Dänemark wegen wechselseitiger Unterstützung Hülfsbedürftiger ꝛc., vom 11. Dezember 1873; Verweisungen von Ausländern aus dem Reichsgebiete. 2) Finanzwesen: Bekanntmachung, betreffend Einlösung der in Preußen ausgegebenen Darlehnskassenscheine. 3) Münzwesen: Uebersicht über die Ausprägung von Reichsmünzen. 4) Zoll⸗ und Stenerwesen: Veränderung der Geschäftsbezirke der Stationskontroleure im Königreich Sachsen; Aufhebung von Uebergangsstellen. 5) Marine und Schiffahrt: Quarantäne⸗Vorschriften verschiedener Regierungen. 6) Heimathwesen: Erkenntniß des Bundesamtes für das Heimath⸗ wesen. 7) Personal⸗Veränderungen ꝛc.: Ernennung ꝛc. bei der Kaiser⸗ lichen Admiralität. — Der Nr. 3 liegt der Reisebericht des Prof. Dr. A. Hersch über das Auftreten und den Verlauf der Cholera in den preußischen Provinzen Posen und Preußen bei.
Statistische Nachrichten. 4
München, 15. Januar. Vom Ende Juli v. J., wo die Cho⸗ lera sich zum ersten Male in München zeigte, sind an Cholera und ihr verwandten Krankheiten bis zum gestrigen Tage 2303 Personen erkrankt und von diesen 1057 gestorben. Von gestern bis heut Abend find weitere 22 Erkrankunge⸗ und 14 Todesfälle vorgekommen.
— Von der Uebersicht der Civil⸗ und Strafrechts⸗ pflege im Königreich Sachsen ist der 4. Band, auf Befehl Sr. Majestät des Königs im Königlichen Instiz⸗Ministerium, zusammen⸗ gestellt von Dr. Fr. Oskar Schwarze, Königlich sächsischer General⸗ Staatsanwalt, (Dresden 1873) erschienen. Der 4. Band umfaßt die Jahre 1869, 1870 und 1871. Nach demselben wurden von den Königlich sächsischen Gerichten an Cipilprozessen verhandelt 1869: 129,950, 1870: 122,078, 1871: 112,939; davon erledigt: 116,206 — 109,932 — 101,986; unerledigt blieben am Schlusse des Jahres 13,744 12,146 — 10,953. Die Zahl der verhandelten Konkurse war in den genannten 3 Jahren 509 — 541 — 457; davon wurden beendet: 324 — 333 — 309; unerledigt blieben 185 — 208 — 148. Bevormundete waren 198,638 — 203,900 — 209,304; auf je 1 Be⸗ vormundeten kamen in den 3 Jahren 13 Einwohner. Bei den Ehe⸗ gerichten wurden 1049 — 951 — 1049 Klagen eingebracht, und zwar im Ganzen 43 % von Ehemännern, 57 .% von Ehefrauen.
Anlangend die Strafrechtspflege, so waren in den genann⸗ ten 3 Jahren glaubhafte Anzeigen über verübte Verbrechen ꝛc. einge⸗ gangen 26,036 — 24,413 — 23,179. Untersuchungen kamen zur Erledi⸗ gung 12,848 — 12,101 — 11,199 gegen 15,762 — 14,819 — 14,371 Anze⸗ schuldigte. Die Zahl der Abgeurtheilten betrug 13,150 — 12,189 — 11,477; daron wurden freigesprochen 1715 — 1538 — 1594, verurtheilt 11,435 — 10,651 — 9883. Nach der Einwohnerzahl trafen auf 1 Ab⸗ geurtheilten 184 — 198 — 223, auf 1 Freigesprochenen 1413 — 1575— 1604, auf 1 Verurtheilten 212 — 227 — 259 Einwohner. Unter den Verurtheilten befanden sich 9667 — 8911 — 7303 Männer, 3275 — 3056— 2580 Frauen. Bereits früher waren von den Verurtheilten bestraft 3236 — 3089 — 2720 Männer und 990 — 903 — 796 Frauen. Es wurde erkannt auf: Tod (1871) 2mal, lebenslängliche Zuchthausstrafe (1870, 1871) 2 — 1mal; zeitliche Zuchthausstrafe 485 — 495 — 1017mal; Ar⸗ beitshausstrafe (1869, 1870) 2298 — 2183mal; Festungshaft (1871) 2mal; Gefängnißstrafe 9299 — 8391—7783mal; Haft (1871) 62mal; Geldstrafe 614 — 676— 853mal; Verweis 246 — 220 — 208 mal. Die Zahl der Hauptverhandlungen betrug 1385 — 1259 — 972, davon unter
Mitwirkung von Geschworenen 164 — 169 — 151, von Schöffen 858 — 735 — 610, wegen Forstvergehen im Werthe von weniger als 1 ½ Thlr. wurden Untersuchungen erledigt 9131 — 9118 — 8427; wegen Ehrver⸗ letzung 24,281 — 21,793 — 21,933.
Hies sind die Hauptresultate, die sich aus den in dem vorliegenden Werke enthaltenen Material nach allen Richtungen hin erörternden 135 Seiten Tabellen gr. 4. ergeben.
— Das II. Heft des XII. Bandes der Nachrichten über Industrie, Handel und Verkehr aus dem Statistischen Departement im K. K. Handels⸗Ministerium, Mittheilungen der K. und K. österreichisch⸗ungarischen Konfulats⸗Behörden (Wien, 1873, Druck der Kaiserlich⸗Königlichen Hof⸗ und Staatsdruckerei, in Kommission bei Ferd. Meyer), hat folgenden Inhast: Leipzig. (Mi⸗ chaelismesse 1873.) — London. (Industrie⸗ und Hendelsverhältnisse von Großbritannien im Jahre 1872.) — Almeria. (Volkswirthschaft⸗ liche Verhältnisse der Provinz Almeria im Jahre 1872.) — Batavia. (Volkswirthschaftliche Verhältnisse der niederländischen Besitzungen in Ostindien, Fortsetzung.) — Personalnachrichten.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Das elfte und zwölfte Heft II. Jahrg. der Zeitschrift für
deutsche Kulturgeschichte, berausgegeben von Dr. J H. Müller.
Druck und Verlag der Schlüterschen Carl Mever) hat folgenden Von H. G. Gengler.
Studienratb, (Hannover, 1873. Hofbuchdruckerei. In Kommission bei Inhalt: Deutsche Gerichtsstätten im Mittelalter. — Deutsche Soldtruppen im Dienst der Republik Venedig. Von Alex. Kaufmann. — Zur Geschiche des Nürnberger Theaters. Von A. von Eye. — Die Schweden in Augsburg. Mitgetheilt von Anton Virlinger. — Zur Geschichte des Schneiderhandwerks in Franken im 16. Jahrhundert. Von August Schäffler. — Der deutsche Michel Von Curt Rudloff. — Zur Sittengeschichte der Cölner Universität. Von 6. Ennen. — Todischlags⸗Sühnen im Mittelalter. Mitgetheilt von H. Wilh. H. Mithoff. — Bücherschau. — Buntes.
Bonn, 16. Januar. Der bekannte Anatom und Mikroskopiker, Professor an der hiesi en Universität, Max Schultze, ist heute plötzlich an einem Herzschlage verschieden.
St. Petersburg. Die feierliche Jahressitzung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften fand am 29. De⸗ zember a. St. statt. Wie üblich, kamen die Rechenschaftsberichte der physiko⸗mathematischen und der historisch⸗philologischen Abtheilungen der Akademie zum Vortrag. Unter den Arbeiten der ersteren zeichnen sich die Untersuchungen des Hrn. Bunjakowski über die Bewegung der Bevölkerung in Rußland aus. Aus denselben geht unter Anderem hervor, daß die Mortalität der Neugeborenen in Rußland durchaus in keinem so auffallenden Mißverhältniß zu den übrigen europälischen Staaten steht, wie bishber angenommen wurde.
Für die Beobachtung des Durchgangs der Venus durch die Sonne sind ausgedehnte Vorbereitungen getroffen, so daß an 20 Punkten vom Schwarzen bis zum Japanischen Meere die genauesten Beob⸗ achtu gen dieses astronomischen Pbänomens stattfinden werden.
In dem Observatorium zu Pulkowo ist von dem Direktor, Ge⸗ heimen Rath von Struve, ein neuer Stern entdeckt worden, Der Be⸗ richt erwähnt ferner die Arbeiten des Hrn. Wild über. die Einflüsse der Temperatur auf den Magnet, des Hrn von Schrenk über die Strömungen des Ochotskischen und Japanischen Meeres, des Hrn. Maximowitsch über die Flora der Mandschurei, des Hrn. von Bunge über die Flora Persiens. 8
Der Bericht der historisch⸗philologischen Abtheilung erwähnt der Studien des Hrn. Brosset über die Geschichte von Armenien und Grusien, Hrn. Dorns Auszüge aus orientalischen Schriftstellern über das Kaspische Meer und seine Umgebungen, Hrn. Harkawi’'s Auszüge aus mehreren arabischen Autoren, sowie verschiedener Arbeiten und Studien der HH. Böhtlingk, Wiedemann, Nauck ꝛc. —
Die Akademie hat ihre Memoiren und Bulletins wie früber publi⸗ zirt und betrug im verflossenen Jahr der Umfang dieser Schriften 600 Druckbogen. Sie werden unentgeltlich oder im Tausch ver⸗ sandt an 126 gelehrte Gesellschaften und Akademien in Europa, an 19 in Amerika, an 2 in Afrika, an 6 in Asien, an 1 in Australien. Hr. Groot verlas biegraphische Notizen über drei ver⸗ storbene Akademiker, Benediktow Tjutschew und Maximowitsch, dann einen Reisebericht über Schweden und Norwegen; hierauf Hr. Ssuchomlinow seine Rede über „Die Fürstin Daschkow als Direktor der Akademie der Wissenschaften und Präsident der russischen Akademie.“
Zu Ehrenmitgliedern der Akademie wurden ernannt: General⸗ Adjutant v. Kauffmann, General⸗Gouverneur von Turkestan, der Be⸗ sieger Chiwas; Vice⸗Admiral Selenny (Bruder des früheren Ministers der Reichsdomänen); Geheimer Rath Ssemenow, Viceprases der Kai⸗ ferlich russischen Geographischen Gesellschaft und Direktor des statisti⸗ schfe “ (zur Zeit des statistischen Kongresses Präsident
esselben). “
Gewerbe und Handel.
Leipzig, 15. Jannar. (Meßbericht des Dr. J.) Die heute
zu Ende gehende Neujahrsmesse hat keineswegs die gehegten Erwar⸗ tungen, mit denen die Fabrikanten und Händler nach hier kamen, be⸗ friedigt, denn Viele von ihnen haben solch schlechte Geschäfte gemacht, daß sie kaum auf ihre Unkosten gekommen sind. Seit mehreren Tagen stehen aber auch schon, viele Geschäftslokale, Buden und Verkaufs⸗ stände leer, denn Leipzig ist zu theuer, um sich geschäftslos lange Zeit hier aufzuhalten. Die Kleinhändler haben aber doch die allerschlech⸗ testen Geschäfte gemacht. Wohl wäre in manchen Artikelu mehr um⸗ gesetzt worden, wenn den Käufern eine längere Zahlungsfrist bewilligt worden wäre; die Verkäufer beschränkten diese aber bedeutend, da die vielen Fallissements sie ängstlich gemacht haben. Nach Lurusartikeln war fast gar keine Nachfrage. Manufakturwaaren, Leinenzeug, baum⸗ wollene Strumpfwaaren und voigtländische Weißwaaren wurden in nur ganz kleinen Posten und zu theils sehr gedrückten Preisen um⸗ gesetzt. Wollene Strumpfwaaren waren ebenfalls wenig gefragt, Jacken des leuen Winters wegen sehr vernachlässigt, und es ging nur Weniges in Phantasiesachen um. Böhmische Glaswaaren, die zu den Luxusartikeln gehören, machten ein ganz schlechtes Geschäft. H 42
Wien, 16. Jannar. (W. T. B.) Ladenburg, Aufsichtsrath, und Schiff, Direktor der Schiffschen Bank, haben diese Stellung niedergelegt, nachdem vom Ministerium ausgesprochen worden ist, daß die Beibehaltung dieser Stellung mit den Posten, welche dieselben bei der Nationalbank bekleiden, unverträgtich sei. — Die N. iederöster⸗ reichische Eskomptegesellschaft hat pro 1873 einen Reinertrag
50 Kr. oder 12 pCt. erzielt.
Verkehrs⸗Anstalten.
1 1 Nr. 4 der Zeitung des Vereins bahn⸗Verwaltungen hat folgenden Inhalt:
Deutscher Eisen⸗ Volkswirthschaftliche
P. Taglioni. Iphigenia: Fr. Mallinger.
1““
Reminiscenzen aus der Weltausstellung (die Ausstellung des statisti⸗ schen Departements des österreichischen Handels. Ministeriums.) Vereins⸗ gebiet. Verliner Briefe: Deutsche und preußische Eisenbahngesetzgebung; Gesetzentwurf, betreffend die Aufnahme einer Anleihe zur Erweiterung des Staatseisenbahnnetzes; Berliner Stadtbahn ꝛc. Rbeinische E. Berlin⸗Görlitzer Eisenbahn (Senftenberg⸗Kamenz). Bahnbauten der Gesellschaft Pleßner & Co. Leipziger Prerdebahn (Verkehr in 1873). Oesterreichisch⸗ungarische Korrespondenz (Bahneröffnungen im Jahre 1873 und 74 c.) Wiener Bergbahnen (Zabnradbahn auf den Kah⸗ lenberg). Literatur: Kalender für Eisenbahntechniker, von E. Heusin⸗ ger von Waldegg. Eisenbahn⸗Kalender. 3
Triest, 17. Januar. (W. T. B.) Der Lloyddamgfer „Apollo⸗ ist mit der ostindisch⸗chinesischen Ueberlandpost heute Vormittag um 10 ¾ Uhr aus Alexandrien hier eingetroffen. .
Basel, 17. Januar. (W. T. B.) Den „Baseler Nechrichten“ zufolge hat der große Rath von Neuenburg fast einstimmig den even⸗ tuellen Rückkauf der Eisenbahn des „Jura industriel’ (Strecke Neufchatel⸗Caux⸗de⸗fonds⸗Loele) durch den Staat beschlossen.
Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Bureau.
Kopenhagen, Sonnabend, 17. Januar, Mittags. Der Kronprinz wird heute Nachmittag um 4 Uhr über Stralsund und Berlin nach St. Petersburg Abrileng ..
Königliche Schauspiele.
18. Januar. Opernhaus. (17. Vorstellung.)
Große Oper in 4 Akten aus dem Fran⸗
Musik von Gluck. Tanz von Diana: Frl. Haupt.
Thoas: Hr. Schmidt.
Sonntag, Iphigenia in Tauris. zösischen, übersetzt von Sander.
Orest: Hr. Betz. Pylades: Hr. Diener. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Schauspielhaus. (17. Vorstellung.) Zum ersten Male wieder⸗ holt: In Charlottenburg. Historisches Schauspiel in 4 Akten von Max Ring. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Sonntag, 18. Januar. Im Saal⸗Theater des Königlichen Schauspielhauses. Elfte Vorstellung der französischen Schau⸗ spieler⸗Gesellschaft. Deuxième représentation de: Madame attend Monsieur. Comédie en un acte, en prose, par MM. H. Meilhac et Lud. Halévy. Intermêèdes: Les Meunier, son fils et Pàne, Fable de Lafontaine. Les obsèquos d'un oisean, Poësie de Mr. Louis Monrose. Deuxiême représentation de: Un Monsieur qui suit les Femmes. Comédie en deux actes par MM. Théodore Barrière et A. Decourcelle.
Montag, 19. Januar. Opernhaus. (18. Vorstellung.) Der Vasserträger. Oper in 3 Abtheilungen, nach dem Fran⸗ zösschen der deux journées vom Dr. Schmieder. Musik von Cherubini. Constanze: Frl. Lehmann. Armand: Hr. Woworsky. Micheli: Hr. Krolop. Hierauf: Das schlecht bewachte Mädchen. Pantomimisch⸗komisches Ballet in 2 Abtheilungen und 3 Bildern nach d'Auberval von Paul Taglioni. Musik von P. Hertel. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Schauspielhaus. (18. Vorstellung.) Was ihr wollt! Lust⸗ spiel in 4 Akten von Shakespeare, mit Benutzung der Schlegel⸗ Tieckschen Uebersetzung für die deutsche Bühne bearbeitet von W. Oechelhäuser. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Dienstag, 20. Januar. Opernhaus. (19. Vorstellung.) Die Afrikanerin. Oper in 5 Akten von E. Scribe, deutsch von F. Gumbert. Musik von Meyerbeer. Ballet von P. Taglioni. Ines: Frl. Grossi. Selika: Fr. v. Voggenhuber. Vasco de Gama: Hr. Niemann. Groß⸗Inquisitor: Hr. Fricke. Nelusko: Hr. Betz. Oberpriester: Hr. Krolop. Anfang halb 7 Uhr. Hohe Preise.
Schauspielhaus. (19. Vorstellung.) In Charlottenburg. Historisches Schauspiel in 4 Akten von Max Ring. Anfnag halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
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Es wird ersucht, die Meldekarten (sowohl zu den Opern⸗ haus⸗, wie zu den Schauspielhaus⸗Vorstellungen) in den Brief⸗ kasten des Opernhauses, welcher sich am Anbau desselben, gegen⸗ über der Katholischen Kirche, befindet, zu legen.
Dieser Briefkasten ist täglich für die Vorstellungen des fol⸗ genden Tages nur von 10 bis 12 Uhr Vormittags geöffnet.
Die in den Königlichen Theatern gefundenen Gegenstäͤnde können von den Eigenthümern innerhalb 4 Wochen bei der Hauspolizei⸗Inspektoren Schewe (Opernhaus) und Hoff⸗ meister (Schauspielhaus) in Empfang genommen werden. Erfolgt die Zurückforderung der betreffenden Sachen in den angegebenen Frist nicht, so werden dieselben den Findern ohne Weiteres ausaehändigt.
Berlin. Ueber neue Erwerbungen für die National⸗ gallerie zu Berlin, aus dem Fonds für Zwecke der bil⸗ denden Kunst, theilt das Centralblatt für die gesammte Unterrichts⸗ verwaltung in Preußen, im Anschluß an die im Juni 1872 gegebenen Nachrichten über die gemachten Aufwendungen, weiter Folgendes mit:
Für die Nationalgallerie wurden seitdem erworben: Zwei Cartons von Inlius Schnorr von Carolsfeld zu den in den Nibelungensälen
u München ausgeführten Wandgemälden: „Siegfrieds Einzug in
orme mit den gefangenen Königen“ und: „Wie die Frauen die Tod⸗ ten bestatten;“— „Tannhäuser und Venus“, Oelbild von Knille hier⸗ selbst; Portrait des Abtes Jerusalem von Weitsch; „Schafe im Stall“ von Gebler in München. Ferner sind der Nationalgallerie einverleibt worden die früher bestellten und im vorigen Jahre vollendeten Bilder: die Abführung der Inden in die babylonische Gefangenschaft von Bendemann; Episode aus der Schlacht bei Königgrätz von Sell; die Freiwilligen von 1813 vor König Friedrich Wilhelm III. zu Breslau, von Scholz, sowie die Sammlung des Vereins der Knnst⸗ freunde in Preußen, bestehend aus Bildern von Schrader, Men⸗ zel, W. Schirmer, J. W. Schirmer, Krüger, Jordan, Tide⸗ mand und Gude, v. Klöber, Gräb, zwei kleinen Marmer⸗ statuen von Drake und Gramzow und einem Kupferstich von Keller.
Endlich wurde als Geschenk der von Raumerschen Erben der Na⸗ tionalgallerie ein Portrait L. Tiecks von Vogel ven Vogelstein und eine Marmorbüste Fr. v. Raumers von Drake überwiesen.
Ein Auftrag zu Entwürfen von Wandmalereien für die Aula des Seminars zu Mörs ist den Malern Comans und Kehren ertheilt worden und die Herstellung dreier Marmorstatuen von Schlüter, Car⸗ stens und Cornelius für die Vorhalle des sogenannten alten Museums zu Berlin eingeleitet. Ebenso sind die Vorbereitungen getroffen für eine in die Nationalgallerie anfzunehmende Folge historischer Portraits der großen Staatsmänner und Feldherren unseres Jahrhunderts.
Mit der Ausführung von Bestellungen für die Nationalgallerie sind noch beschäftigt die Maler W. Sohn, Wislicenus, Schrader und C Heff und die Bildhauer W. Wolff und J. Müller.
Von Kupferstichen, welche mit Unterstützung des Staates aus⸗ geführt werden, sind die von Steifensand und Stand vollendet, die von Seidel, Trossin, Barthelmeß, Eilers und Sachs noch in Arbeit.
. — Ucber die Pläne und Aussichten der deutschen Afrika⸗ forschung tbeilte Dr. Bastian im Vortrage über seine Reise nach den Congoländern der hiesigen „Gesellschaft für Erdkunde“
Folgendes mit: Das Klima, mit welchem es die Gesellschaft zumeist zu thun haben wird, hat sich, wie im Voraus vermuthet, als ein für Afrika ausnehmend günstiges bewiesen, und die oft viele Jahre an der Küste verweilenden Niederländer bewahren durchschnittlich, bei ver⸗ nünftiger Lebensweise, die beste Gesundheit, so daß man auch für die dentschen Reisenden gute Hoffnungen hegen könne. Bei der Abreise des Vortragenden befand⸗ sich Dr. Güßfeldt in aus⸗ gezeichneter Gesundheit. Er hatte zwei leichte Fieberanfaͤlle üͤberstanden, und solche, wenn sie bald nach der Ankunft eintreten, gelten an den Küsten für ein gutes Zeichen baldiger Akklimati⸗ sation, da sie vor späteren schweren Krankheitsfällen zu bewahren pflegen. Der Vortragende verlebte die letzten acht Tage vor seiner Abreise mit Dr. Güßfeldt zusammen und war überrascht, zu sehen, wie rasch sich derselbe in die Besonderheiten des neuen Lebens hinein⸗ fand und den an ihn gestellten Anforderungen genügte.
Die künftigen Pläne sind dahin festgestellt, daß die Operations⸗ basis für die ersten Versuchsreisen ins Innere zwischen Quillu und Cacongofluß gewonnen werden muß, entweder auf der Fak⸗ terei Chissambo, von wo Dr. Güßfeldt bereits einen Vor⸗ stoß bis Konde gemacht hat, auf der Faktorei Chicambo, in deren Nähe der Gorilla gejagt werden kann, oder den Quillufluß aufwärts. Eine Erforschung dieses (bald aus einem Quellsee her⸗ geführten, bald mit dem Congo in Beziehung gesetzten) Flusses scheint die erste und wichtigste Aufgabe der Expedition zu sein, da sie man⸗ cherlei Aufschlüsse über die Länder des Innern verspricht, und Dr. Güßfeldt beabsichtigte, unmittelbar nach der Abreise des Vortragenden nach dem Quillu aufzubrechen und womöglich die Katarakten von Golua zu besuchen, von denen die Sage der Symplegaden erzählt wird. Hier ist das Waldland von Mayombe, das an den Grenzen der drei Königreiche (an denen Loango’s durch die Holzwand des Mamruck abgeschnitten) hinläuft, bereits durchschritten und die von dem Vortragenden auf verschiedenen Stationen befragten Lingster beschrieben die Länder Jangela mit dem gegenüberliegenden Simala⸗ cunja als gebirgig, und lassen dann das offene Plateau der im Norden näher an die üste herantretenden Bayaka zu dem von Höhen durchschnittenen Lande der Mantetje sich forterstrecken. Die in verschiedenen Weisen Nachbarn der ein Wurfmesser, wie nach Anziko (Schimpanse oder Waldmenschen) oder heute die Fan gebrauchenden Bakutu (oder Micari-⸗cari), entsprechen einerseits den N't cka der alten Karten, während in die weite Ausdehnung, die dem Reiche ihres Königs, einem Verehrer der Sonne und des Mon⸗
alten Berichten die
das Gesicht tättovirenden Montetje,
des, als Frau, gegeben wird, oft auch die Babumu oder Pumbu ein⸗ geschlossen werden, die auf dem durch ihr Land wahrscheinlich nörd⸗ lich (und so dem Ozovay zu) fließenden Strom bereits Produkte weißer Händler erhalten sollen, wie auch die Nachricht von den Munje, die in der Nähe eines von Weißen bewohnten Sees leben, auf die Gabunländer zu deuten scheint. Es eröffnet sich so die Aussicht, die Route von unserer Küste mit den äußer⸗ sten von Du⸗Chaillu erreichten Punkten zu verknüpfen und dadurch einen erweiterten Ueberblick über die Möglichkeit eines östlichen Vordringens zu gewinnen. Bis ins Land Shintetie stimm⸗ ten die Nachrichten der eingeborenen Händler meist in der Hauptsache überein, dann folgt aber nach den Zwergen, die sich hier in den Ba⸗ bong⸗⸗Baka⸗Baka faßlich verkörpert haben, eine Reihe Herodotischer Fegeeesn. die mit verschiedenen Namen, indessen stets in derselben eihenfolse gegeben werden. 8
8½
vEE“ Joseph Firmenich, der Hofmaler weiland des König Friedrich Wilhelms IV,, in dessen Auftrage derselbe schon vor einer Reihe von Jahren die 12 schönsten Punkte in der nächsten Umgrbung Potsdams gemalt hat, hat neuerdings ein 30 Qu.⸗Faß großes Gemälde vollendet, welches, abgesehen von seiner künstlerischen Ausführung, durch sein Motiv das allgemeine Interesse in Anspruch nimmt. Es stellt nämlich das Schildhorn dar bei Abendbeleuchtung. Diese schönste Partie der an landschaftlichen Reizen so reichen Havelseen ist treu wiedergegeben und dennoch in gewisser Weise idealisirt. Das nächste Werk Firme⸗ nichs wird eine Ansicht der alten, malerischen, jetzt leider nieder⸗ gerissenen, sogenannten Quitzow⸗Mühle bei Lübben sein, zu welcher 5 Maler noch auf Anrathen Humboldts vor Jahren eine Skizze ertigte.
Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner⸗
.
er⸗
Vier Beilagen
g.
(einschließlich Börsen⸗ und Handelsregist
8
zun Deutschen R
5
.
Reichstags⸗Angelegenheiten.
In dem in Nr. 12 d. Bl. abgedruckten vollständigen Verzeich⸗ niß der in Preußen gewählten Mitglieder des Deutschen Reichstags ist im 3. Berliner Wahlbezirk irrthümlich der Kreis⸗ richter Windthorst als wiedergewählt aufgeführt worden. Die Re⸗ sultate der Berliner Wahlen waren schon in Nr. 11 d. Bl. richtig
dahin mitgetheilt worden, daß im 3. Wahlbezirk der Frhr. v. Hover⸗
beck gewählt ist. Landtags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 17. Januar. In der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten beantwortete der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Falk die Interpellation des Abg. Biesenbach wie folgt:
Meine Herren! Ich glaube, mit Ihrer Zustimmung zu handeln, wenn ich die Interpellation beantworte und nicht das Beiwerk derselben, und zwar um so mehr, als — glaube ich — das Hohe Haus bereits recht deutlich darauf geantwortet hat. Der Herr Interpellant hat mir zunächst den Vorwurf gemacht, ich habe die materielle Beantwortung der Interpellation neulich ad calendas Graccas weisen wollen — nein doch, ich habe ganz wörtlich meine Antwort den formulirten Fragen angepaßt, die gestellt waren, und konnte darauf damals nicht mehr antworten. nen Augenblick zweifelhaft, daß der Herr Interpellant sich damit nicht beruhigen, sondern auf die materielle Erörterung der Sache eingehen würde. In Rücksicht darauf sind die erforderlichen Ermittelungen an⸗ gestellt worden, und es hat sich dabei zunächst ergeben, daß diejenige Verfügung, die der Herr Interpellant seiner früheren Interpellation hat vorausdrucken lassen, allerdings erlassen worden ist. Es ist nur in dem Text des Interpellanten eine allerdings bedeutungslose Zeile ausgelassen, des Inhalts: weil die am Eingange der Verfügung er⸗ wähnten Listen nicht zur Hand seien, könnte aus ihnen die Abstimmung nicht konstatirt werden, — etwas, was eigentlich schon zu subintellegiren war. Was die zweite Frage betrifft, so ist die Königliche Staatsregierung nach der eingetretenen Erörterung nicht der Ansicht des Herrn Inter⸗ pellanten, daß in dieser Verfügung eine Verkümmerung des Wahl⸗ rechts enthalten sei, sie ist daher auch nicht in der Lage, in dieser Beziehung eine Remedur eintreten zu lassen. (Hört! im Centrum.) Sie rufen: Hört! nun, so hören Sie auch, was ich jetzt noch sagen werde.
Meine Herren! Wenn die Staatsregierung die ihr durch die gegenwärtigen ernsten Bewegungen gestellten Aufgaben erfüllen soll, so braucht sie Organe, auf die sie sich verlassen kann. Es gilt das insbesondere von Stellen, deren Träger großen Einfluß auszuüben in der Lage sind. Die Anforderung muß da erhoben werden, daß der betreffende Beamte aus eigener Ueber⸗ zeugung die Auffassung der Staatsregierung theilt, daß er geschickt ist, mit eigenen Augen die thatsächlichen Verhältnisse richtig zu stellen, auf Grund derselben, wenn sie ihm dazu Anlaß geben, Veorschläge zur Besserung zu machen oder selbst derartige Anordnungen zu treffen und das Angeordnete mit Bestimmtheit und Energie durchzuführen. Nicht zum wenigsten, meine Herren, ist diese Anforderung an den Präsidenten der Regierung zu Düsseldorf gestellt, und zwar wegen der nach zwiefacher Richtung hin dort obwaltenden besonderen Verhältnisse. Die Bestrebungen, denen die Staatsregierung unter Zu⸗ stimmung der teßen Mehrheit des Hauses entgegen zu treten hat, sind gerade in diesem Bezirke von besonderem Erfolge begleitet ge⸗ wesen. Es ist das nicht etwas, was heut zum ersten Male ausge⸗ sprochen wird, ich denke, bei den verschiedenen Verhandlungen, die über Schulfragen in diesem Hohen Hause gepflogen worden sind, ist das schon hervorgehoben. 1
Ich darf weiter hinweisen auf das immer fortschreitende Resultat der Wahl, in der einen bestimmten Richtung ein Ergebniß, welches allerdings zu einer Spannung der Gegensätze geführt hat, die scch bei der letzten Wahl einfach formulirt in „Centrum oder gegen Centrum“, für die Bestrebungen der Regierung oder gegen die Bestrebungen der Regierung. Der Hr. Abg. Biesenbach hat ganz recht, wenn er neulich hervorhob, ö“ Gegensatz auch in der Verfügung des Regierungs⸗Präsidenten zum Ausdruck gekommen sei, er hatte aber Unrecht, wenn er meinte, daß diese Scheidung allein im Kopfe des Regierungs⸗Präsidenten — und das deutete er damals an — gestanden habe. Nein, meine Herren, sie bestand in Wirklichkeit, das wissen wir nicht blos aus der Wahlbewegung im Allgemeinen, das wissen wir vor allen Dingen, wie Abgeordnete des Düsseldorfer Regierungs⸗ bezirks, die gegen die Herren vom Centrum gewählt worden sind, das wissen die Herren eigentlich auch, oder Sie sollten es wissen. bin in der Lage, von Komites ihrer Partei ausgegangene Wahlauf⸗ rufe Ihnen hier vorlesen zu können, in denen das auf das allerklarste und schärfste ausgedrückt ist.
Das ist die eine in Betracht zu ziehende Seite, die andere aber, meine Herren, ist die: der Regierungspräsident zu Düsseldorf befindet sich nicht in der Lage, überall neben und unter sich Organe zu haben, mit deren Augen er sehen darf, wenn er der Staatsregierung das Rechte vorzutragen gewillt ist; mehr wie andere Cö“ ist er verpflichtet, mit seinen eigenen Augen zu sehen und sorgsam die Wege zu gehen, die ihm angezeigt scheinen, um dieser Aufgabe gerecht zu werden.
Dies, meine Herren, gilt ganz besonders von der Seite der Schule. Die hohe Bedeutung, die dieses Gebiet in unserer gegenwärtigen Bewegung hat, ist wohl Jeglichem unter Ihnen völlig klar (Ruf: Nein!) Nein? Nun, dann würde ich demjenigen Herrn, der dies Wort sprach, an die mächtigen Debatten erinnern, die wir jahrelang über das Ge⸗ biet der Schule in diesem Hohen Hause geführt haben, und wenn bei dieser Erinnerung die Sache ihm nicht klar wird, dann bin ich allerdings nicht in der Lage, es ihm klar zu machen. Die Staatsregierung wenigstens ist davon durchdrungen, daß sie, um unberechtigte, ihr widerstrebende Ginftäßh von der Schule fern zu halten, nach wie vor jedes verfassungsmäßige und gesetzmäßige Mittel zu ergreifen verpflichtet ist. Wenn aber das der Fall sein soll, dann, meine Herren, ist vor allen Dingen geboten, völlige Klarheit über die thatsächlichen Verhältnisse zu erlangen; denn von diesen Verhältnissen hängt es ab, in welcher Weise innerhalb jenes gesetz⸗ und verfassungs⸗ mäßigen Rahmens die Abhülfe im einzanen Falle geschaffen werden muß, und von diesem Gesichtspunkt aus, meine Herren, ist die Verfügung zu beur⸗ theilen, die der Regierungs⸗Präsident v. Ende erlassen hat. Es war seine Vfllicht Angesichts der hervorgetretenen Erscheinungen, im Großen und Ganzen, nicht bloß im Einzelnen, vollkommene Klarheit zu gewinnen über die Stellung der Lehrer in dem gegenwärtig bestehenden Kampfe. Es ist das nicht Aufstellung einer Konduitenliste, wie es neulich ge⸗ nannt wurde, sondern nach meiner Mainung eine einfache Pflichter⸗ füllung, wie die Dinge heute zu Tage liegen. Und, meine Herren, diese Pflicht trat gerade zu der Zeit dem Hrn. Regierungs⸗Präsidenten
anz besonders scharf entgegen; nicht blos der Ausfall der
ahlen und was ihnen vorangegangen war, mußte ihn dazu führen — nein, meine Herren, es i ja wohl in Ihrer Aller Erinnerung, daß unmittelbar nach den Wahlen im Rheinland vielfach der Vorwurf erhoben wurde, die Staatsregierung habe ihre Pflicht nicht gethan, die Staatsregierung habe die geistlichen Schulinspektoren im Amte
gelassen, damit sie ferner ihren Einfluß auf die Lehrer in unberechtig⸗
er Weise üben; daraus sei zum Theil das für die vaterlandsfreund⸗ liche Partei — so wurde gesagt — nicht erfreuliche Resultat zu er⸗ klären. Die Staatsregierung ist sogar in diesem Hohen Hause dieses Vorwurfs nicht ledig gewesen; ich müßte mich sehr irren, wenn nicht bei der ersten Lesung des Staatshaushalts⸗Etats gerade der Hr. Abgeordnete für Hagen ihr diesen Vorwurf von Neuem entgegengehalten hätte. Nun,
Ich war aber auch kei⸗
Gefinnung zur Pensionirung gebracht.
meine Herren, wenn also der Regierungs⸗Präsident v. Ende fragt: wie haben sich die Beamten verhalten? wie ist ihr Auftreten im Großen und Ganzen in dieser Frage gewesen? so liegt es in der Natur der Dinge, daß für die Beantwortung dieser Frage auch der Umstand Be⸗ deutung hat, wie bei den Wahlen gestimmt worden ist.
Nun, meine Herren, ich glaube nicht, daß ich irgendwo auf die Meinung stoßen möchte, der Regierungs⸗Präsident sei nicht befugt ge⸗ wesen, eine derartige Erkundigung einzuziehen. Die Wahl ist ja eine öffentliche, vor Jedem zu dokumentirende; sollte also der Herr Regie⸗ rungs⸗Präsident, der Vorgesetzte, nicht berechtigt sein, davon Kenntniß zu nehmen? Er hätte ja die Sache so außerordentlich leicht gehabt, er brauchte nur durch seine Sekretäre die Wahlprotokolle und die bei⸗ liegenden Listen durchsehen zu lassen, und er würde die erforderliche Information gehabt haben. Ich bedaure persönlich, daß er das nicht gethan hat, dann würde der Schein — und, meine Herren, es ist nur ein Schein — einer Beeinträchtigung der Wahlfreiheit vermieden sein.
Wenn ich gesagt habe: es ist nur ein Schein, so muß ich zunächst darauf aufmerksam machen, daß selbst der Herr Abg. Biesenbach bei der neulichen Motivirung seiner Interpellation darauf hingewiesen hat, daß in der Verfügung irgend welche bestimmte Androhungen eines Nachtheiles für Ausübung des Wahlrechts nicht enthalten seien, er setze aber hinzu: Jedermann könne das „quos ego“ zwischen den Zeilen lesen.
Mieine Herren, nachdem ich den Gesichtspunkt, den ich jetzt ent⸗ wickelte, hervorgehoben habe, werden Sie mir beistimmen, daß auch noch eine andere Auffassung, als diejenige, welch: von dem Inter⸗ pellanten, als die allein mögliche aufgestellt wurde, denkbar ist.
„Ich will aber den Herrn Abgeordneten doch noch an Zweierlei erinnern, an einen Umstand mit weniger Gewicht, an einen andern mit mehr Gewicht, — mit weniger Gewicht an den, 28 diese Ver⸗ fügung vier Wochen nach abgeschlossener allgemeiner Wahl erlassen worden ist, und daß die nächste Wahl mit offener Stimmgebung erst nach drei Jahren stattfindet. (Ruf: Nachwahl!) Eine Nachwahl findet in der Stadt Düsseldorf allein statt. — Zweitens aber, meine Herren, — und das ist ein Gesichtspunkt, der bis dahin nicht erwähnt worden ist — ist dies eine Verfügung gewesen, die in keiner Weise zur Kenntniß der Lehrer selbst bestimmt war, sondern lediglich eine Verfügung an die untergebenen Beamten zur vertraulichen Aeußerung; es ist, meine Herren, mindestens gesagt, nur durch schwere Indiskretion diese Verfügung überhaupt in die Oeffent⸗ lichkeit gelangt. Freilich hat neulich der Hr. Abg. Biesenbach her⸗ vorgehoben, ein Lehrer in Emmerich sei ad protocollum vernommen worden. Mir liegt die bestimmte Erklärung des Regierungs⸗Präsidenten vor, daß ihm davon nichts bekannt sei, daß es völlig außer seinem Willen gelegen habe, derartige Examinatorien eintreten zu lassen, insbesondere derartige Examinatorien, wie sie uns heute von der Tribüne durch den Hr. Abg. Biesenbach erzählt worden sind. Die Verfügung, die vor⸗ liegt — und das ist die einzige, die der Regierungs⸗Präsident⸗ von Ende erlassen hat — diese Verfügung ist diejenige, welche der Hr. Abg. Biesenbach Ihnen mitgetheilt hat, und darin steht von dem ganzen Fragebogen, der uns heute vorgetragen ist, keine Silbe. Ist ein solcher Fragebogen, was ich nicht weiß, gebraucht worden, so ist es
eine Ungeschicklichkeit oder der wenig gute Wille, denn die Landräthe
haben zum Theil die Kreis⸗Schulinspektoren gebraucht, die zu derarti⸗ gen Fragebogen geführt haben.
Dann aber, meine Herren, wie ist die Verfügung zur öffentlichen Kenntniß gekommen? Nach dem mir vorliegenden Berichte hat Einer der Landräthe, an den die Verfügung erlassen war, — und allerdings ist es gerade derjenige, der vorhin von dem Herrn Abg. Biesen⸗ bach genannt wurde — diese Verfügung abschriftlich an den durchaus die Auffassung der Centrumspartei theilenden Kreis⸗Schulinspektor gesandt, und aus dessem Arbeitszimmer ist sofort eine Abschrift dieser Verfügung in das Expeditionslokal der Germania gelangt, und ein derselben Parteistellung gleichfalls angehöriger Kaplan, dessen Name mir auch genannt ist, hat, wie in dem mir hier vor⸗ liegenden Berichte gesagt ist, „die Missethat“ schließlich auf seine Schultern genommen. 8
Nun, meine Herren, können Sie gegenüber derartigen Thatsachen wohl wirklich der Staatsregierung den Vorwurf entgegenschleudern lassen, sie ließe das freie Wahlrecht mit Füßen treten? Meine Herren, Sie haben noch eine andere Argumentation gehört: die Bezugnahme auf die Stellung des Regierungs⸗Präsidenten zu Düsseldorf im Allgemeinen.
Der Hr. Abg. Biesenbach hat in dieser Beziehung — er hat dem Präsidenten nicht gerade einen Vorwurf daraus gemacht — Verschie⸗ dentliches in der letzten Sitzung behauptet; die eine Behauptung ist von ihm selbst bereits erwähnt worden, und ich bin dem Regierungs⸗ Präsidenten in dieser Beziehung schuldig, dasjenige vorzutragen, was er darauf zu antworten hat. In Bezug auf die angeführte Thatsache lautet die Antwort: 1
Die behauptete Thatsache, daß ich an die Spitze des liberalen Wahlkomites getreten sei, beschränkt sich darauf, daß ich von meinem Recht als Urwähler und Wahlmann Gebrauch gemacht und drei⸗ oder viermal die hier von der antiklerikalen Partei veranstalteten Urwähler⸗ und Wahlmänner⸗Versammlungen besucht habe.
Der Hr. Abg. Biesenbach hat demnächst gesagt: er, der Präsident, halte es für angezeigt, die Staatskatholiken⸗ Adresse in eigener Person zu kolportiren, wenn er es dabei für an⸗ gezeigt erachtet hat, obschon selbst Protestant, für die Ausbreitung des Altkatholizismus Sorge zu tragen.
Darauf erwiderte der Regierungs⸗Präsident:
Wenn mit der Behauptung, daß ich die Staatskatholiken⸗ Adresse in eigener Person kolportirt habe, mehr gesagt sein soll, als daß ich die mir zur Weiterbeförderung überbrachte Fe dem Herrn Geheimen Kabinets⸗Rath von Wil⸗ mowski mit der Bitte, dieselben Sr. Meüta dem Könige zu unter⸗ breiten, übersendet habe, so ist dies eine Unwahrheit. Für die Aus⸗ breitung des Altkatholizismus Sorge zu tragen, habe ich keine Gele⸗ genheit gehabt, es sei denn, daß der heen Abg. Biesenbach dahin rech⸗ net, daß ich mit dem Bischof Reinkens, dem Professor Knoodt und anderen Altkatholiken persönlich bekannt bin und der Encyklika vom 21. November 1873 ungeachtet den Verkehr und Umgang mit den⸗ selben nicht abgebrochen, auch dem päpstlichen, an alle Christen er⸗ gangenen Verbote, „ihnen nicht einmal mehr den Gruß zu entbie⸗ ten,“ keine Folge geleistet habe. Im Uebrigen habe ich nur in Be⸗ aichang auf die Altkatholiken erlassenen Vorschriften zur Ausführung gebracht.
Der Abg. Biesenbach hat demnächst noch von zwei Steuer⸗ empfängern in Neuß und einer Vernehmung derselben “ In Beziehung hierauf heißt es in dem Berichte:
Richtig dagegen ist's — der Herr Regierungs⸗Präsident hatte hervorgehoben, er wisse von der Vernehmung in Emmerich nichts — daß aus Neuß bei der Königlichen Regierung eine Beschwerde über das Verhalten der beiden Kömniglichen Steuerempfänger daselbst ein⸗ gegangen war und dieselben dieserhalb vernommen worden sind. Die betreffenden Vernehmungen ergaben aber keinen Anhalt zum weiteren Einschreiten, und ist daher die Sache einfach ad acta ge⸗ schrieben worden.
Heute, meine Herren, find neue Behauptungen vorgetragen worden
— es waren ihrer sa wohl drei. — Zunächst es sei Kanzleibeamten ekündigt worden, weil sie, kurz gesagt, ultramontan gestimmt hätten. gch bedaure, über diesen Punkt, den ich eben erst sörle nichts sagen zu können, ich bin davon nicht unterrichtet. Es ist ferner hervorge⸗ gehoben worden, der Regierungspräsident habe Männer ultramontaner
t Nun, meine Herren, Sie
kennen ja die gesetzlichen Vorschriften über Pensionirung, die Herren
Preußi
* — werden wohl dazu reif gewesen sein. Als ganz besonders schwer ist hervorgehoben worden, daß zu Weihnachten gewissen Beamten eine Gratifikation nicht gewährt worden ist. Der Regierungspräsident hat, wie er inei nem Berichte an mich hervorhebt, bereits in der Germa⸗ nia dieses selbe Faktum behandelt gelesen, und er ist deshalb des nicht unwahrscheinlichen Gedankens gewesen, daß auch heute bei der Ver⸗ handlung der Interpellation Biesenbach auf diesen Punkt zurückge⸗ gangen werden würde, und hat sich veranlaßt gefunden, sich mir ge⸗ genüber darüber auszusprechen. Nun, meine Herren, ich halte vollständig fest, daß ein Beamter wegen ultramotaner Gesinnung wegen Abgeben seiner Stimme in dieser Richtung, in allen Rechten, die ihm sein Amt giebt, in keiner Weise gekränkt werden darf, so lange nicht etwa in seinem Auftreten eine besondere Verletzung der Amts⸗ pflicht liegt. Aber, meine Herren, wer da die Aufforderung an die Staatsregierung stellt, Beamten, die in dieser Weise ihr gegenübertreten, noch Vortheile zuzuwenden, zu denen sie keinerlei Recht haben, der stellt eine Zumuthung, die nur erklärt werden kann aus einer eigen⸗ thümlich naiven Auffassung des Ernstes der Verhältnisse! Und, meine Herren, von diesem Standpunkt allein ist nach seiner Erklärung der Präsident der Regierung zu Düsseldorf ausgegangen; er hebt hervor, daß die Beamten — sie hatten keinerlei Recht (es war eine reine Gunst, um die es sich dabei handelte, es liegt das ja schon im Begriff einer Gratifikation) eine solche Summe entgegenzunehmen — daß die Beam⸗ ten solche sind, die der Richtung bestimmt angehören und aller Mah⸗ nungen ungeachtet, bestimmt für dieselbe eingetreten sind. Er fragt u. A.: welche Gesinnung dieselben hegen, geht deutlich daraus hervor, daß einer dieser Beamten, wie durch protokollarisches Eingeständniß feststeht, am Abende des Wahltages in einem öffentlichen Lokal laut seine Freude über den Sieg der Klerikalen ausgesprochen und hinzu⸗ gefügt hat, daß es für Duͤsseldorf, eine alte katholische Stadt, eine Schande gewesen sein würde, wenn das hergelaufene evangelische Ge⸗ sindel reussirt hätte. „Derr soll eine Remuneration bekommen!? Ja, meine Herren, hätte sie Herr v. Ende ihm gegeben, er hätte seine Pflicht verletzt, so aber sage ich: er hat sie erfüllt. .
In der hieran geknüpften Besprechung über die Inter⸗ pellation erklärte der Staats⸗Minister Dr. Falk mit Bezug auf eine Behauptung des Abg. v. Mallinckrodt, der Minister habe die Zurdispositionsstellung des Landraths Grafen v. Spee da⸗ durch motivirt, daß die gerichtliche Verfügung aus der Schreib⸗ stube eines Schulinspektors ihren Weg in eine Zeitungsredaktion gefunden habe:
Ich hätte zwar mannigfache Veranlassung, irrigen Auffassungen meiner Bemerkungen bei dem Hen. Abgeordneten zu rektifiziren, ich will es aber unterlassen bis auf einen Punkt. Es ist mir durchaus nicht, und nicht im Entferntesten in den Sinn gekommen, dier Zurdis⸗ positionsstellung des Landraths des Kreises Düsseldorf mit dem von mir erwähnten Faktum in Verbindung zu bringen oder gar damit zu motiviren. Ich habe die Dispositionsstellung überhaupt nicht mo⸗ tivirt, sondern ich habe, einschaltend und anknüpfend an die Worte des Hrn. Abgeordneten Biesenbach, des Interpellanten, einfach gesagt: derjenige Landrath, der auf diese Weise verfahren sei, wie ich geschil⸗ “ allerdings der, welcher inzwischen zur Disposition gestellt wor⸗
en sei.
— In der Berathung des Gesetzentwurfs über die Be⸗ urkundung des Personenstandes äußerte sich der Justiz⸗ minister Dr. Leonhardt über die zu §. 6 gestellten Amende⸗ ments wie folgt:
Die Königl. Staatsregierung kann sich für den Antrag Miquel und Genossen erklären, nicht dagegen für den Antrag v. d. Goltz. Meine Herren, wenn Sie einmal dem Richter die Aufsicht gewähren wollen, so müssen Sie ihm auch als nothwendiges Attribut seiner Stellung die Befugniß einfacher Ordnungsstrafen geben. Wollen Sie das nicht, so stellen Sie den Richter nicht als Aufsichtsbehörde hin, verweisen vielmehr die Aufsicht an dier Kreisausschüsse und sonstigen Verwaltuugen. Es ist auch unbedenklich, dem Richter das Recht der einfachen Ordnungsstrafen zu gewähren; Argumentationen, gezogen aus Persönlichkeiten, beweisen für die Sache nichts. Die Sache ist um so unbedenklicher, weil ja die Verfügung des Richters, welcher die Aufsicht führt, keine unabänderliche ist, dieselbe unterliegt vielmehr der Beschwerde, und diese Beschwerde geht an ein höheres Gericht, welches kollegialisch besetzt ist. Sodann, meine Herren, muß man doch auf den ersten Anblick erkennen, daß die Sache, wie sie sich nach den Vor⸗ schlägen des Hrn. Abg. v. d. Goltz gestalten, eine außerordentlich unpraktische und schwerfällige ist, ebenso eine höchst eigenthümliche, insofern als dem Richter, welcher die Aufsicht führt, gegen die Ver⸗ fügungen des Kreisausschusses ein Beschwerderecht gegeben werden soll. Ich glaube nicht, daß es sich empfiehlt, eine einfache Sache in so komplizirter Weise zu behandeln; behandeln Sie die Sache einfach, wie die Zusammenstellung und der Antrag Miquel sie beantragt wissen will.
Dem Abgeordneten Friedenthal, welcher das Amendement des Abgeordneten Dr. Frh. v. d. Goltz vertheidigte, erwiderte der Justiz⸗Minister: 6
Die Aeußerungen des Hrn. Vorredners haben für mich gar nichts Ueberzeugendes, nämlich insofern, als es sich um Begründung des An⸗ trags handelt. Ich will den Aeußerungen und Auseinandersetzungen eine gewisse Berechtigung nicht absprechen, aber sie führen dahin, nicht das Richteramt zu beauftragen, vielmehr die Verwaltungsbehörden den Kreisausschuß. Gegen diese Regelung der Sache bin ich prinzipie durchaus nicht. Geben Sie aber dem Richteramt die Aufsicht, so müssen Sie ihm auch die Befugniß der einfachen Ordnungsstrafe gewähren, wollen Sie das nicht, so zerreißen Sie zusammengehörige Dinge, das ist weder den Verhältnissen angemessen, noch entspricht es der Würde des Richteramtes. Von kleinlicher büreaukratischer Auf⸗ fassung gehe ich nicht aus.
— Hierauf nahm der inzwischen im Hause erschienene Prä⸗ sident des Staats⸗Ministeriums Reichskanzler Fürst v. Bis⸗ marck das Wort zu einer persönlichen Bemerkung:
Ich habe gehört, daß in der heutigen Sitzung von dem Abg. von Mallinckrodt behauptet worden ist, — ich bitte mich zu berichtigen, wenn ich meinerseits Irrthümliches erfahren habe — also behauptet worden ist, ich hätte bei früheren Verhandlungen dem italienischen General Govone die Abtretung eines preußischen Bezirkes — ich weiß nicht genau wo, an der Mosel oder an der Saar — in Sasct ge⸗ stellt. Ich bin genöthigt, dies mit den stärkften Ausdrücken für eine dreiste, lügenhafte Erfindung zu erklären, die natürlich der Herr Ab⸗ geordnete nicht gemacht hat, die aber anderswo gemacht ist. Aber der 8 Abgeordnete sollte doch vorsichtiger sein im Wiedererzählen sol cher
ehauptungen, die diese scharfe Kritik verdienen. Die Sache ist in ügenhafter, gehässiger Absicht erfunden worden, es ist auch nicht eine Silbe davon wahr. Ich habe niemals irgend Jemandem die Ab⸗ tretung auch nur eines Dorfes oder eines Kleefeldes zugesichert oder in Aussicht gestellt. Alles, was darüber circulirt und behauptet wird, erkl äre ich in seinem ganzen Umfange für das, was ich vorhin sagte: für eine dreiste, tendenziöse Lüge, die zur Anschwärzung meiner Person erfunden worden ist. (Abg. Dr. Windthorst: Ich bitte um das Wort.)
Ich bin noch nicht fertig. Ich bin zugleich, da ich einmal zur persönlichen Bemerkung das Wort genommen habe, genöthigt, nun auch einen andern Fall, der gestern vorgekommen ist, in ähnlicher Weise
zurückzuweisen. Ich möchte aber allen Herren, die dabei betheiligt
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