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flossene Jahr und das Sether g ean des Jahres 1872.
Bücher Musikalien und Gemälde nach Nordamerika
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ländische Artillerie aus Atchin abgerückt ist. Eine Abtheilung Truppen war in Atchin zurückgeblieben, um an der Mosquée und dem Kraton Befestigungsarbeiten vorzunehmen. Es hieß,
die Blokade von Atchin solle auch während der bevorstehenden
Passatwindperiode aufrecht erhalten werden.
Australien. Ein New⸗VYorker Kabel⸗Telegramm bringt
die Kunde von dem Tode des Königs der Sandwichs⸗ Inseln. Lunalilo I. erlag am 3. d. in Hawai einer Hals⸗ entzündung. Der verstorbene Monarch bestieg am 26. Januar 1873 den Thron und hat somit ungefähr 13 Monate regiert. — Mittelst der Ueberlandpost sind folgende Nachrichten, welche bis zum 14. Januar reichen, eingetroffen: Die „Local Steam Packet Company“ zu Auckland hat eine Dampferlinie nach den Fitschi⸗Inseln errichtet und wird, um dem sich mehrenden Küstenhandel genügen zu können, ihre Dampferzahl ver⸗ größern. Auch zwischen Auckland und Poverty Bai finden regelmäßige Fahrten statt. Siebzig Meilen Eisenbahn sind im Betrieb. Der erste Theil der Auckland⸗ und Wabalo⸗Linie wurde am 24. Dezember eröffnet. Der Marei⸗König und sein Sohn haben den Ansiedlern einen freundschaftlichen Besuch abgestattet. Die Erndte verspricht reichlich zu werden. In verschiedenen Theilen der Kolonie herrscht ein starkes Verlangen nach Arbeitskräften. Der Handel mit den itschi⸗ und anderen Inseln der Südsee ist im Zunehmen begriffen. Durch Errichtung von Zuckerraffinerien hofft man, daß auch der Zucker⸗ handel einen kräftigen Aufschwung erlangen wird. Das Verlangen nach der Annektirung der Fitschi⸗Inseln tritt immer stärker hervor. Gewalt⸗ thätigkeiten haben in den Kolonien das allgemeine Verlangen erweckt, daß England seine Souveränetät über diese Inseln ausdehnen möge. Es ist, wie man der „A. A. C.“ schreibt, von dem Ministerium an⸗ gekündigt worden, daß einer der Minister, mit Instruktionen versehen, sich über Honolulu nach Washington und wahrscheinlich auch nach Europa begeben wird, um die großen Mächte zur Anerkennung der britischen Ansprüche auf Viti Levu zu bewegen. Das südaustralische Peethest hat 20,000 Lstr. für die Auswanderung während des lau⸗ eenden Halbjahres votirt. Eine von Adelaide ausgesandte Forschungs⸗ Cxpedition hat in der Nachbarschaft der westaustralischen Grenze einen zwei Meilen langen, eine Meile breiten und 1100 Fuß hohen soliden Felsen entdeckt, in dessen Mitte sich eine Wasserquelle befindet.
„— Nr. 8 des Justiz⸗Ministerial⸗Blatts für die preu⸗ ßische Gesetzgebung und Rechtspflege, enthält: Allgemeine Verfügung vom 13. Februar 1874, — das Verbot der Annahme der niederländischen Halbguldenstücke, sowie der österreichischen und ungari⸗ schen Viertelguldenstücke bei den öffentlichen Kassen betreffend. — All⸗ emeine Verfügung vom 14. Februar 1874, — betreffend die Ermitte⸗ ung des Betrages der bei den Gerichtsbehörden erhobenen und als Gerichtskosten verrechneten Stempelabgaben. — Erkenntniß des König⸗ lichen Ober⸗Tribunals vom 14. Januar 1874. Dem zum Thatbestande der Nöthigung erforderlichen Begriffsmerkmale der „Widerrechtlichkeit“ ist genügt, wenn es dem Thäter nicht zustand, den Anderen zu der be⸗ treffenden Handlung ꝛc. zu zwingen, sollte ihm auch ein Recht, diese Handlung zu fordern, zugestanden haben. (Strafgesetzbuch §. 240.)
Landtags⸗Angelegenheiten.
Im I. Cösliner Wahlbezirk (Lauenburg⸗Bütow⸗Stolp) ist
bei der Nachwahl für den Staats⸗Minister Dr. Achenbach der Ritter⸗
gutsbesitzer von Denzin auf Denzin mit 260 gegen 245 Stimmen,
welche der Bürgermeister Stößel in Stolp erhalten hat, zum Mit⸗ gliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.
Statistische Nachrichten.⸗
München, 14. Februar. Nach dem amtlichen Personalverzeich⸗ niß sind an der Universität München im Wintersemester 1873/74: 111 Lehrer in Wirksamkeit, darunter 60 ordentliche und 19 außeror⸗ dentliche Professoren, 20 Privatdozenten, 11 Honorar⸗Prosessoren und 1 Lektor der franzöͤsischen Sprache. Die theologische Fakultät zählt 8, die juristische 11, die staatswirthschaftliche 7, die medizinische 37 und die philosophische Fakultät 43 Mitglieder.
— Die Nr. 125 (Januar⸗Heft) der Mittheilungen der Groß⸗ herzoglich hessischen Centralstelle für die Landesstatistik (Beilage zur „Darmstädter Zeitung“) hat folgenden Inhalt: Die Vieh⸗ zählung im Großherzogthum Hessen vom 10. Januar 1873. — Monat⸗ liche Durchschnittspreise der Fruchtmärkte im November und Dezember
liche Wasserstände im Juli, August und September 1873. — Sterbe⸗
fälle und Todesursachen im November und Dezember 1873. — Rech⸗
vefnerebatß der Viehversicherungs⸗Anstalt für das Großherzogthum essen.
London, 16. Februar. Ueber die gegenwärtige Lage der Zei⸗ tungspresse in England enthält das „Newspaper Preß Director für 1874“ folgende statistische Angaben: „Im Vereinigten Königrei werden nun 1585 Zeitungen veröffentlicht, die sich wie folgt vertheilen: England (London 314, Provinzen 915) 1229, Wales 58, Schottland 149, Irland 131, britische Inseln 18. Von obiger Anzahl sind 130 Tagesblätter, von denen 95 in England, 2 in Wales, 14 in Schott⸗ land, 17 in Irland und 2 auf den britischen Inseln erscheinen. Im Jahre 1854 gab es im Vereinigten Königreiche nur 624 Jourale, dar⸗ unter 20 tägliche. Die Zahl der Monats⸗ und Vierteljahrsschriften beträgt gegenwärtig 639, von denen 242 einen entschieden religiösen Charakter tragen.“ . —
Kunst, Wissenschaft und Literatur. fs 288
„Berlin. Am Sonnabend, 21. d. Mts., Nachmittags 5 Uhr, wird im wissenschaftlichen Verein in der Singakademie an Stelle des erkrankten Fnkehg Dr. Brunner, Professor Dr. Nitzsch
einen Vortrag „über Lübecks Politik im 14. Jahrhundert“ halten.
— Im Verlage von Julius Springer hierfelbst ist der Vor⸗ trag des General⸗Postdirektors Dr. Stephan „Weltpost und Luftschiffahrt“, gehalten im wissenschaftlichen Verein, soeben aus⸗ gegeben worden.
— Die Königliche Deutsche Gesellschaft in Königsberg i. Pr., deren Präsident der Regierungs⸗Schulrath Schrader ist, zählt 64 einheimische Mitglieder. In derselben sprach am 18. Januar 1873 Dr. Eckardt über die Wahl des nationalen Gedenktages für den Krieg 1870/71; zur vorjährigen Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs wurden vom Direktor Wagner die Prinzipien der Schulerziehung erörtert. In den Privatsitzungen des verflossenen Jahres wurden folgende Vorträge gehalten: 1) vom Prof. Sieffert über die Fortbildungsfähigkeit des russisch⸗griechischen Kirchenthums; 2) vom Prof. Kammer über die Stellung, welche gegenüber der Lach⸗ mannschen Homerkritik vom ästhetischen Standpunkte aus zu nehmen ist; 3) von Baumgart über die aristotelische Definition der Tragödie; 4) vom Konsistorial⸗Rath Erbkam über die Anfänge der syrischen Kirche; 5) von Dr. Perlbach über die historischen Urkunden zur Ge⸗ schichte der Provinz Preußen; 6) vom Direktor Möller über Schul⸗ komödien. — In der diesjährigen Festfeier am 18. Januar hielt Prof. Maurenbrecher einen Vortrag über Papst und Konzil.
„Brüssel, 17. Februar. Adolphe Quetelet, Direktor der hiesigen Sternwarte, beständiger Sekretär der Belgischen Königlichen Akademie, korrespondirendes Mitglied des Französischen Instituts, Prä⸗ sident der Kommission der Statistik ꝛc., ist diesen Morgen gestorben. Quetelet war am 22. Februar 1796 in Gent geboren.
Rom. Der Minister⸗Präsident Minghetti hat, nachdem sich Dr. Ferd. Gregorovius bei dem Kronprinzen Humbert und dem Genannten dafür verwandt, befohlen, den Thurm Astura nicht zu verkaufen, sondern als Nationalgut zu betrachten. In diesem S losse wurde der letzte Hohenstaufe Conradin nach der Schlacht von Tagliocozzo auf der Flucht von Giovanni Frangipani gefangen und an Karl von Anjou ausgeliefert.
— Aus Melbourne wird unterm 17. Februar gemeldet: „Oberst Egarton Warburton hat Perth über Land von Adelaide erreicht, somit die Aufgabe der Forschungsexpedition, welche er vor etwa 12 Monaten von Tennants Creek nördlich von Adelaide in Central⸗Australien aus antrat, gelöst. Oberst Warburtons
Forschungen umfassen einen Theil des bisher unbekannt gewesenen Innern Westaustraliens.“
Gewerbe und Handel.
Von der illustrirten Modezeitung „Haus und Welt, Blatt für Deutschlands Frauen“ (Berlin, Redaktion und Verlag von Franz Ebhardt,) liegen die mit Holzschnitten und kolorirten Beilagen reich ausgestatteten Nrn. 9 und 10 vom 1. bez. 16. Februar d. J. vor. Dieselbe erscheint monatlich zweimal oder jährlich in 24 Nummern mit 24 Schnittmusterbogen, ebenso vielen belletristischen Beilagen und 52 Modekupfern. Das Abonnement beträgt 2 Reichsmark viertel⸗ jährlich, mit 13 Kupfern 4 Reichsmark 50 Pfennige.
Posen, 19. Februar. (W. T. B.) In der heutigen außeror⸗ dentlichen Generalversammlung der Provinzial⸗Aktien⸗Bank wurde eine Aenderung des Statuts einstimmig angenommen,
1873. — Meteorologische Beobachtungen im Oktober 1873. — Täg⸗
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100, 200 und 300 Mark lauten dürfen, und wonach der Gesammt⸗ betrag der in 100 und 200 Mark auszustellenden Noten die Summe von je 900,000 Mark, derjenige der 300 Mark⸗Noten die Summe von 1,200,000 Mark nicht übersteigen darf.
Hamburg, 19. Februar. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Internationalen Bank in Hamburg setzte die Dividende für das Geschäftsjahr 1873 auf 16 Reichsmark 80 Pfennige per Aktie (gleich 7 Prozent) fest. s
SHern 19. Februar. (W. T. B.) Der „Messager de Paris⸗“ erwähnt gerüchtweise, daß die Türkei die am 1. April c. fälligen Coupons der Anleihen von 1869 und 1873 einzulösen im Stande sei.
1 Verkehrs⸗Anstalten.
„Die Nr. 13 der „Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahn⸗Verwaltungen“ hat folgenden Inhalt: Vereins⸗ gebiet: Verein Deutscher Eisenbahn⸗Verwaltungen; Auf der Königlich Ungarischen Staats⸗Eisenbahn ist an der nördlichen Linie derselben zwischen den Stationen Kis⸗Terenne und Salgö⸗Tarjän eine neue Station Namens Palfalva, welche für Personen⸗ und Güterverkehr eingerichtet ist, angelegt und am 8. Februar d. J. dem öffentlichen Verkehr übergeben worden. Preußen: Der Etat der Eisenbahnver⸗ waltung. Zur Organisation der Eisenverwaltungen. Bergisch⸗Mär⸗ kische Eisenbahn (bevorstehende Bahneröffnungen). Staatsvertrag zwischen Württemberg und Baden. Technisches: Der Ziskaberg⸗Tunnel bei Prag. Verein für Eisenbahnkunde zu Berlin. Personal⸗Nach⸗ richten. Eisenbahn⸗Kalender. Offizielle und Privat⸗Anzeigen. — Dieser Nummer liegt Nr. 4 des Anzeigers überzähliger Güter bei.
London, 19. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer des baltischen Lloyd „Ernst Moritz Arndt“ ist heute wohlbehalten hier eingetroffen.
“ Königliche Schauspiele.
Sponnabend, 21. Februar. Opernhaus. (49. Vorstellung.) Fidelio. Oper in 2 Abtheilungen, nach dem Französischen von F. Treitschke. Musik von L. van Beethoven. Leonore: Fr. v. Voggenhuber. Pizarro: Hr. Betz. Florestan: Hr. Niemann. Rocco: Hr. Salomon. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Schauspielhaus. (51. Vorstellung.) Der Spieler. Schau⸗ spiel in 5 Abtheilungen von A. W. Iffland. Anfang halb 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Sonnabend, 21. Februar. Im Saal⸗Theater des König⸗ lichen Schauspielhauses. Dreißigste Vorstellung der französischen Schauspieler⸗Gesellschaft. Rentrée de Mr. Paul Schaub, premier comique. Première représentation de: Les Locataires du Troisiéme. Première représentation de: Les ressources de Jonathas. Première représentation de: La Veuve au Camélia.
Sonntag, den 22. Februar. Opernhaus. (50. Vorstellung.) Neu einstudirt: Die lustigen Weiber von Windsor. Komisch⸗ phantastische Oper in 3 Akten. Musik von Nicolai. Tanz von Hoguet. In Scene gesetzt vom Direktor Ernst. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Schauspielhaus. (52. Vorstellung). Zum ersten Male wieder⸗ holt: Dunkle Wolken. Dramatische Kleinigkeit in 1 Aktvon Fournier, deutsch von F. Tietz. Hierauf: Der Jugendfreund. Lust⸗ spiel in 3 Abtheilungen, frei nach Ancelot und Comberousse von F. v. Holbein. Zum Schluß: Ein Pas de deux vor hundert Jahren. Berlin 1744. Genrebild in französischer und deutscher Sprache von L. Schneider. Musik von H. Schmidt. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Sonntag, den 22. Februar. Im Saal⸗Theater des König⸗ lichen Schauspielhauses. Einunddreißigste Vorstellung der fran⸗ zösischen Schauspieler⸗Gesellschaft. Deuxiéême représentation de: Les Locataires du Troisiéme. Deuxiême représentation de: Les ressources de Jonathas. Deuxième représentation de: La Veuve au Camélia.
Die in den Königlichen Theatern gefundenen Gegenstände können von den Eigenthümern innerhalb 4 Wochen bei den Hauspolizei⸗Inspektoren Schewe (Opernhaus) und Hoff⸗ meister (Schauspielhaus) in Empfang genommen werden. Erfolgt die Zurückforderung der betreffenden Sachen in der
wonach die Banknoten vom 1. Januar 1876 ab nur auf Beträge von
angegebenen Frist nicht, so werden dieselben den Findern ohne
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Deutschlands Buchhandel im Jahre 1873.
Nach statistischen Mittheilungen über die literarischen Erzeugnisse des deutschen Buchhandels im Jahre 1873 erschienen in diesem Jahre in Deutschland: 1) Sammelwerke, Schriften über Literaturwissenschaft und Bibliographie 258 (1872: 321); 2) über Theologie 1239 (1872: 1234); 3) über Jurisprudenz, Politik und Statistik 1051 (1872: 1015); 4) über Arzneiwissenschaft und Thierheilkunde 514 (1872: 485); 5) über Naturwissenschaft, Chemie, Pharmazie 600 (1872: 587); 6) über Philosophie 157 (1872: 180); 7a) über Pädagogik, deutsche Schul⸗ bücher und über Gymnastik 1314 (1872: 1266); 7 b) Jugenschriften 387 (1872: 296); 8) Schriften über altklassische und vrientalische Sprachen, Alterthumswissenschaft, Mythologie 438 (1872: 427); 9) über neuere Sprachen und altdeutsche Literatnr 346 (1872: 357); 10) über Ge⸗ schichte, Biographien, Memoiren, Briefwechsel 690 (1872: 735); 11) Schriften über Geographie und Reisen 339 (1872: 267); 12) Schriften über Mathematik und Astronomie 162 (1872: 160); 13) über Kriegswissenschaft und Pferdekunde 314 (1872: 318); 14) über Handelswissenschaft und Gewerbskunde 402 (1872: 488); 15) über Bau⸗, Maschinen⸗ und Eisenbahnkunde, Bergbau und Schiff⸗ fahrt 331 (1872: ,259); 16) über Forst⸗ und Jagdwissenschaft 59 (1872: 77); 17) über Landwirthschaft und Gartenbau 310 (1872: 276); 18) über schöne Literatur (Romane, Gedichte, Theater u. s. w.) 948 (1872: 998); 19) über schöne Künste (Malerei, Musik u. s. w.) und Stenographie 391 (1872: 420); 20) Volksschriften 205 (1872: 209); 21) Schr. über Freimaurerei 19 (1872: 6); 22) vermischte Schriften 590 (1872: 546); 23) Karten 220 (1872: 200); im Gan⸗ zen 1),315 (1872: 11,127). In dem letztverflossenen Jahre sind so⸗ mit 188 Schriften mehr, als in dem zunächst voraufgegangenen, in Deutschland erschienen. Eine 8 litararische Produktivität, als im Jahre 1873, zeigte sich im Jahre 1872 nur auf folgenden Ge⸗ bieten: in den Sammelwerken, in der Philosophie, in den neueren Sprachen inkl. altdeutscher Literatur, in der Geschichte, in der Kriegs⸗ wissenschaft, in der Handelswissenschaft, in den schönen Künsten und in den Volksschriften.
Das amerikanische Konsulat in Leipzig sendet alle Viertel⸗ 85 statistische Zusammenstellungen über die Ausfuhr aus seinem
ezirk an das Kabinet in Washington. Die letzten 5 dieser „State- ments of the description and value of merchandise, certified at the Leipsic Consulate and exported to the U. St.“ umfassen das ver⸗
Die Ausfuhr des Jahres 1873 stellt sich darnach auf 3,978,462 Thlr. 28 Ngr. im Werthe. Bücher, Musikalien und Gemälde sind die 4. Rubrik der „Statements.“ In den 5 Quartalen vom 1. Okto⸗ ber 1872 bis Ende Dezember 1873 wurden über Leipzig von diesen Artikeln exportirt:
Oktober bis Dezember 1872 sür 134,886 Thlr. 13 Ngr. Januar „ März IF 111Iööö“ EI“ 1“ Juli „ September „ „ 141,330 „ 29 Ioe1189;858 5553
3Im Fahre 1873 hat Leiyfig michin für 517,76 Thlr. 18 Ngr.
Trechtler, Mittelstraße.) Cleve“ (1666) sprechen. Gäste haben Zutritt.
Rubrik nimmt also in dem betreffenden Jahre mehr als den 7. Theil des Gesammtexports in Anspruch.
Die beiden Quartale Oktober bis Dezember 1872 und 1873 differiren um 5528 Thlr. 10 Ngr. zu ö des vorigen Jahres (1873). Dieses Minus bildet aber nur den 16. Theil der Gesammt⸗ differenz der Ausfuhrsumme aller Artikel, welche 89,676 Thlr. 12 Ngr.
beträgt.
3 Das Konsulat hat seine Jahresabschlüsse nicht Ende Dezember, sondern schon am 30. September jedes Jahres zu machen.
„Dias letzte Jahr wies darnach für die Zeit vom 1. Oktober 1872 bis dahin 1873 im Ganzen eine Ausfuhr von 4,068,139 ½ Thlrn. im Werthe auf gegen 4,789,638 Thlr. 24 Ngr. im Vorjahre 1871/72, also 721,499 Thlr. 14 Ngr. weniger.
Die bibliopolische Rubrik dieses Zeitraumes dagegen ergab pro 1871/72 die Gesammtziffer von 398,007 ½ Thlrn., pro 1872/73 von 523,291 Thlrn. 28 Ngr., mithin ein Plus des letzten Jahres gegen das Vorjahr von 125.284 Thlrn. 18 Ngr.
Der Bücher⸗ und Bilderexport im Jahre 1870/71 hatte 387,168 1 Thlr. an Werth betragen. — Vom 1. Oktober 1869 bis Ende Sep⸗ tember 1870 endlich wurden Bücher, Zeitschriften u. s. w. im Werthe von 205,597 Thlrn. 9 Ngr. ausgeführt. (Berlin exportirte in dem Kalenderjahre 1870 für 170,931 Thlr. 13 Sgr. 10 Pf. Bücher nach Amerika; 1869 für 163,777 Thlr. 11 Sgr. 10 Pf.).
Leipzig hat demnach in den 4 Rechnungsjahren vom 1. Oktober 1869 bis dahin 1873 insgesammt für 1,514,065 Thlr. 7 Ngr. Bücher uach den Vereinigten Staaten von Nordamerika versendet. Der Export steigerte sich in demselben Zeitraume um mehr als das Doppelte. 1“ 6“
8 „ „ 9
Die „Historische Gesellschaft“ hielt ihre Februar⸗Sitzung am 2. d. M.; Hr. Zermelo besprach die Thätigkeit des Gründers der niederländischen Unabhängigkeit, Wilhelms des Schweigers, in dem Zeitabschnitt, welcher dem Abfall der Niederlande voranging. Der Vortragende knüpfte an die neueste Publikation über diesen Gegen⸗ stand an: „Guilleaume le Taciturne d'après sa correspondance et les dapiers d'Etat par Théodore Juste, Bruxelles 1873“ und verband
damit eine kurze Kritik der Schriften, welche im letzten Jahrzehnt Wilhelm von Oranien meist von einem bestimmten Parteistandpunkte behandelten. (Koch, „Abfall der Niederlande 1860.“ Holzwart 1865 u.
1873. Klose's Biograghie Wilhelms, welche 1864 mit einer Einlei⸗
tung von Wuttke herausgegeben wurde, ist eigentlich schon 1860 ent⸗
standen)h. Es war also das Bedürfniß eines unparteiischen Werkes
vorhanden. Dies ist die Arbeit von Juste, welche referirend, nicht
räsonnirend, den Gegenstand erschöpft und wohl auch abschließt. Die
Geschichte Wilhelms vor dem Abfall und Albas Regiment in den
Niederlanden hat Juste bereits in seinem früheren Werke „Geschichte
der Revolution der Niederlande“ (Bd. I. 1858, Bd. II. 1863 und 1864)
behandelt. Die nächste Sitzung findet den 2. März statt. (Café
Hr. Boehm wird über den „Frieden von
1“ “
— Unter dem Titel: Die Entwickelung der Taktik von 1793 bis . Gegenwart hat der Major v. Boguslawsky bei E. S. Mittler u. Sohn, Berlin 1873, die zweite Auflage seines früheren Werkes erscheinen lassen. Der bisher erschienene erste Theil ist in acht größere Abschnitte gegliedert, in deren erstem der Ver⸗ fasser nach kurzen einleitenden Bemerkungen die glückliche Ver⸗ bindung von zerstreutem Gefecht und Kolonnen durch Napoleon I. ins Licht stellt und nachweist, wie Preußen es EeHesen das diese Fechtart ausgebildet und vervollkommnet habe. Im zweiten Abschnitt bespricht das Buch die lange Friedensperiode von 1815 — 1859, und wie man in Preußen während derselben trotz der mangelnden Kriegserfahrung im Allgemeinen auf richtigen Bahnen fortschritt und sich trotz der großen Zahl seiner Gegner nicht abhalten ließ, das Zündnadelgewehr in der Armee einzuführen. Der folgende Abschnitt bespricht den Feldzug 1859 in Oberitalien. Hieran schließt sich die Darstellung der Verhältnisse in Preußen, wie sie sich nach Einführung des Zündnadelgewehrs entwickelt haben und wie durch die Verordnung über die Truppenübungen vom Jahre 1861 allgemein gültige Grundsätze über die Taktik dieser Waffe aufgestellt wurden, welche sich in den folgenden Feldzügen bewähren sollten. In den letzten beiden Abschnitten wird die fast allgemeine Einführung eines Hinterladungsgewehres in die großen europäischen Armeen geschildert. Zum Schluß enthält das Buch eine Reihe von Vorschlägen, welche auf Grund der Erfahrungen des Krieges 1866 im Wesentlichen eine Vereinfachung des Exercirreglements bezwecken. Ein großer Theil dieser Vorschläge hat in dem Neuabdruck des Exercirreglements für die Infanterie vom Jahre 1870 Beachtung gefunden 8E8E111“ 9
— Der Schluß der Berliner Verbindungsbahn von Tempelhof über Schöneberg, Willmersdorf, Charlottenburg na Moabit, wo die Bahn beginnt, wird in diesem Frühjahr in Angri genommen und soll im Herbst 1876 vollendet sein. Die auszuführenden Bahnbauten Sas unter der Oberleitung der Königlichen Direktion der Niederschlesisch⸗Märkischen Eisenbahn. Diese durch das Gesetz vom 11. Juni 1873 genehmigte Strecke hat eine Länge von 2 Meilen oder 15 Kilometer, wird im Unterbau für 2 Geleise hergestellt und ist das Baukapital auf 4,400,000 Thlr. veranschlagt, wobei aber ver⸗ schiedene Bauwerke, alle Ueberführungen, sowie der Grunderwerb für
4 Geleise schon jetzt hergestellt wird. Das Terrain ist bereits schon zu ca. 8 erworben.
Rechts in Betreff der Verhältnisse der Presse ermöglicht worden. Der
gebungen jene Grundsätze zur Richtschnur genommen haben, stimmen
5
—
Berlin, Freitag, — den 20. Februar
1
nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger
———VIUU eaaen Neichstags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 20. Februar. Die Motive zu dem in Nr. 38 d. Bl. abgedruckten Entwurf eines Gesetzes über die Presse lauten: 4
Durch die Aufnahme der Bestimmungen über die Presse unter die Gegenstände der Reichsgesetzgebung (Art. 4, Nr. 16 der Verfassung des Deutschen Reichs) ist die Herstellung eines einheitlichen Deutschen
gegenwärtige Rechtszustand ist ein höchst verschiedenactiger. Zwar hat die vormalige Deutsche Bundesversammlung durch Beschluß vom 6. Juli 1854 die Einführung übereinstimmender Grundsätze zur Ver⸗ hinderung des Mißbrauchs der Presse zu bewirken gesucht. Dieser Zweck ist indessen nur unvollständig erreicht worden. In vielen Staa⸗ ten ist der Bundesbeschluß unausgeführt geblieben, andere sind von den bereits eingeführten Grundsätzen desselben in neueren Gesetzen wiederum zurückgetreten, und selbst diejenigen Staaten, deren Gesetz⸗
in den Modalitäten der Ausführung nicht überein. Der gegenwärtige Stand der Einzelgesetzgebungen ist im Wesentlichen aus folgender Zu⸗ sammenstellung zu entnehmen: 8 3 8 I. Staaten, in welchen der Bundesbeschluß, — sei cs durch wört⸗ liche Publikation unter Hinzufügung einzelner Ausführungsbestimmun⸗ gen, sei es durch vollständige auf der Grundlage. desselben redigirte Gesetze — ausgeführt worden ist: Hessen (Gesetz vom 1. August 1862), Oldenburg (Verordnung vom 4. Februar 1856), Braunschweig (Verordnung vom 9. Februar 1855), Schwarzburg⸗Rudolstadt (Gesetz vom 30. März 1858), Waldeck (Gesetz vom 31. Dezember 1855), E“ (Gesetz vom 30. Juni 1855), Lippe (Gesetz vom 1. Juli 1857). . Sn Skeheen, welche ihre älteren Preßgesetze auch nach dem Bundes⸗ beschlusse beibehalten haben: Preußen (Gesetz vom 12. Mai 1851, mit Aenderungen durch Gesetze vom 6. März 1854 und 21. Mai 1860), Bayern (Edikt vom 4. Juni 1848, Preßgesetz vom 17. März 1850), Sachsen⸗Gotha (Gesetz vom 31. März 1853), Anhalt (Gesetz vom 26. Dezember 1850), Schwarzburg⸗Sondershausen (Gesetz vom 8. Auzust 1852), Hamburg (Gesetz vom 20. September 1849). Diesen Statuten ist noch hinzuzufügen: Württemberg (Edikt vom 30. Januar 1817 mit Vorbehalt der Revision wiederhergestellt durch Verordnung vom 24. Dezember 1864), Lauenburg (Verordnung vom 9. November 1819 und provisorische Verordnung vom 10. März 1848). III. Staaten, welche sn “ Zeit von dem Bundesbeschlusse abweichende Preßgesetze erlassen haben: 1 8 Faen. Weitsen (Gesetz vom 24. Mai 1870), Baden (Gesetz vom 2. April 1868 und Gesetz vom 23. Dezember 1870), Mecklen⸗ burg⸗Schwerin (Gesetz vom 20. Dezember 1870), Großherzogthum Sachsen (Gesetz vom 25. Juli 1868), Mecklenburg⸗Strelitz (Gesetz vom 20. Dezember 1870), Sachsen⸗Meiningen (Gesetz vom 8. Zuni 1867), Sachsen⸗Altenburg (Gesetz vom 30. Dezember 1868), Sachsen⸗ Coburg (Gesetz vom 9. August 1865), Reuß ältere Linie (Gesetz vom 12. Mai 1870), Reuß jüngere Linie (Gesetz vom 15. Juni 1868), Lübeck (Gesetz vom 25. September 1869), Bremen (Novelle vom 18. Juli 1870). 3 8 Manche jener Preßgesetze haben zugleich strafrechtliche Bestim⸗ mungen bezüglich derjenigen Verbrechen und Vergehen aufgenommen, bei welchen die Presse betheiligt ist. Diese Bestimmungen sind gegen⸗ wärtig durch das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich — innerhalb der durch das Einführungsgesetz bestimmten Grenzeu — ersetz! worden. “ 8 Ebenso haben die gewerblichen Verhältnisse der sogenannten Preß⸗ gewerbe innerhalb des Geltungsbereichs der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 durch diese letztere ihre gleichmäßige Regelung gefunden. Der vorliegende Entwurf eines Preßgesetzes für das Deutsche Reich hat das sogenannte Repressivsystem zur Grundlage genommen. Es wird das keiner Rechtfertigung, wohl aber einer Verständigung über den Begriff und die nothwendigen Kounsequenzen dieses Systems bedürfen. Es ist den letzteren nicht für widerstreitend zu erachten, daß das Gesetz Anordnungen treffe, welche, ohne die Herausgabe von Preß⸗ erzeugnissen zu verhindern oder zu verzögern, den Zweck verfolgen, gegen begangene und Vergehen eine wirksame Anwendung Strafgesetze zu sichern. 8 1 8. üse sgesebe diese Anordnungen ein Urtheil zu gewinnen, wird es zuvörderst einer Feststellung der Grundsätze bedürfen, nach welchen die Verantwortlichkeit für die durch den Inhalt einer verbreiteten Druckschrift begangenen strafbaren Handlungen bestimmt werden soll. Die hierauf bezüglichen Bestimmungen bilden den Schwerpunkt des Preßgesetzes. Es wird daher zweckmäßig sein, ihre Erörterung der Erläuterung einzelnen Bestimmungen des Entwurfs vorangehen zu lassen. Die eizenthümliche Natur der durch die Presse verübten Vergehen bringt es mit sich, daß mit der Anwendung der allgemeinen strafrecht⸗ lichen Grundsätze über Urheberschaft und Theilnahme auf diesem Ge⸗ biete nicht auszureichen ist. So groß der Kreis der Personen ist, welche bei diesen Vergehen mitwirken (Verfasser, Herausgeber, Verleger, Druner, Verbreiter), so würde doch bei der Schwierigkeit der Ermitte⸗ lung des Urhebers, und des Nachweises eines bösen Vorsatzes bei den übrigen Mitwirkenden die Strafjustiz jenen Vergehen gegenüber macht⸗ los erscheinen, wenn sie lediglich auf jene allgemeinen Grundsätze be⸗ schränkt wäre. Die Aufrechthaltung der Rechtsordnung erfordert daher weitere Bestimmungen. Das Bedürfniß der letzteren ist in den ver⸗ schiedenen Preßgesetzgebungen fast ausnahmslos anerkannt: über die Mittel herrscht weniger Uebereinstimmung. Die Preßgesetze der 1 Staaten lassen sich in der fraglichen Beziehung nach zwei Systemen gruppiren:;: 1 S Die 7e fahen dem, zuerst in Belgien aufgestellten, Systeme der sogenannten suecessiven und ausschließenden Verantwortlichkeit. 1 Danach sind die Personen, welche zum Erscheinen bezw. Verbrei⸗ ten einer fhescf chihen Druckschrift mitgewirkt haben, in folgender Ord⸗ g verantwortlich: 8 8 “ Der Verfasser, in sofern mit seinem Wissen und Willen Druck und Herausgabe erfolgt sind; 2) der Herausgeber; 3) der Verleger; 4) der Druckereibesitzer; 5) der Verbreiter, sofern er Kenntniß von dem Inhalt hat (mit besonderen Modifikationen bezüglich der Sortiments⸗ Buchhändler). 8 — “ 8 unter 2 bis 5 genannten Personen kann die Verantwor⸗ tung dadurch von sich abwenden, daß sie eine der von ihr genannten Personen vor Eröffnung des ersten Straferkenntnisses namhaft macht, vorausgesetzt, daß die letztere im Inlande vor Gericht gestellt werden kann. Der Herausgeber bleibt jedoch so lange haftbar, bis der Nach⸗
weis vorliegt, daß Druck und Herausgabe mit Wissen und Willen des
erfassers erfolgt sind. — Bei Zeitungen und periodischen Druck⸗ Werfafle sachr Krächst der verantwortliche Redacteur, kann sich jedoch von der Haftpflicht durch Nennung des Verfassers unter den obigen Voraussetzungen befreien. Entzieht sich der Redacteur der Verfolgung, so tritt die Verantwortlichkeit der unter 2 bis 5 benannten Personen ein. Keine derselben kann zur Nennung des Verfassers gezwungen System findet sich in den (fast wörtlich übereinstimmenden) Gesetzen mehrerer thüringischen Staaten, nämlich Großherzogthum Sachsen, Sachsen⸗Meiningen, Sachsen⸗Altenburg, Sachsen⸗Coburg und “ Gesetzgebungen von Baden und Sachsen⸗Gotha gehören diesem System insoweit an, als sie zwar das Prinzip der er Verantwortlichkeit der in der obigen Reihenfolge genannten Personen
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adoptiren, vielmehr eine gleichzeitige Bestrafung Mehrerer alsdann zulassen, wenn denjenigen, welche sich sonst durch Benennung eines Vordermannes befrcien könnten, eine vorsätzliche Mitwirkung bei dem begangenen Vergehen nachzuweisen ist. “ . Allen diesen Gesetzgebungen ist ein wesentliches Merkmal gemein⸗ sam. Sie gehen von der Voraussetzung aus, daß gegen jede der in der Reihenfolge benannten Personen in dem Umstande, daß sie einen verantwortlichen Vordermann nicht nennen will oder kann, ein hin⸗ reichendes Belastungsmoment zu erkennen sei, um es gerechtfertigt er⸗ scheinen zu lassen, dieselbe mit der Strafe des Thäters zu belegen. Auf demselben Standpunkte steht das württembergische Edikt von 1817, wenn es im §. 18 den Verleger, eventuell den Drucker bei Nichtnennung des Verfassers mit der Strafe des Urhebers bedroht. Ob auch das hamburgische Preßgesetz hierher zu zählen, ist bei der Unbestimmtheit der daselbst in §§. 24 und 25 enthaltenden Festsetzun⸗ gen nicht erkennbar. 1
2) Im Gegensatze dazu hält die Mehrzahl der übrigen deutschen Preßgesetze an dem Grundsatz fest, daß auch bei Preß⸗ pergehen die für das Verbrechen oder Vergehen selbst bestimmte Strafe nur denjenigen treffen könne, welcher nach den allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen als Urheber oder Theilnehmer erscheint. Sie belegen aber den Redacteur, den Verleger und den Drucker (theil⸗ weise auch den Verbreiter), welche bei einer strafbaren Druckschrift mitgewirkt haben, ohne daß ihnen böser Versatz nachgewiesen werden kann, mit einer besenderen Strafe. Diese letztere ist nicht die Strafe des bezüglichen Verbrechens oder Vergehens, sondern eine Strafe der bei der Führung der Redaktion, beziehungsweise bei Uebernahme des Verlags oder Bruckes bewiesenen Fahrlässigkeit. Sie soll den ver⸗ antwortlichen Redacteur unbedingt, den Verleger und den Drucker aber dann treffen, wenn sie ihre Mitwirkung gewährt haben, ohne sich dar⸗ über zu vergewissern, daß eine der bei der Druckschrift in höherem Grade betheiligten Personen (Verfasser, Herausgeber, beziehungsweise Verleger) der heimischen Justiz präsumtiv erreichbar sei, und somit eine gewisse Bürgschaft fuͤr die Annahme gewähre, daß in der Schrift eine Verletzung der Gesetze vermieden sein werde. “ Das preußische Preßgesetz (und übereinstimmend damit die Gesetz⸗ gebung von Hessen und Schwarzburg⸗Sondershausen) formulirt die letztere Voraussetzung dahin: 4 3 daß der Verfasser oder Herausgeber bezw. Verleger bei der ersten gerichtlichen Vernehmung benannt, und daß daneben nachgewiesen werden muß, daß derselbe zu der Zeit der Uebernahme des Verlags bezw. des Druckes im Inlande seinen gewöhnlichen Gerichtsstand hatte (vergl. §§. 34— 37 des preußischen Preßgesetzes.) “
Derselben Auffassung folgt im Wesentlichen das österreichische
Preßgesetz (Novelle vom 15. Oktober 1868). 48 Der Bundestagsbeschluß vom 6. Juli 1854 hat jenes Erforderniß dahin verschärft, df er den Nachweis auf den Verfasser beschränkt und diesem Nachweise nur dann eine befreiende Wirkung zugesteht, wenn der Verfasser zu gleicher Zeit sich im Bundesgebiete befindet (vergl. §. 20 des Bundesbeschlusses). 1
Das neueste Königlich sächsische Gesetz läßt die Fahrlässigkeits⸗ strafe (Ordnungsstrafe) überhaupt nur dann eintreten. wenn wegen des Verbrechens oder Vergehens selbst zur Bestrafung einer Person als Urheber oder Theilnehmer nach den allgemeinen strafrechtlichen Grund⸗ sätzen nicht gelangt werden kann. In diesem Falle wird zwar dem Herausgeber (eventuell dem verantwortlichen Redacteur), ferner 3 dem Verleger, Drucker und Verbreit r die Nennung des Verfassers bezw. einer der in obiger Folge vor ihnen stehenden Personen bis zur Er⸗ öffnung des ersten Straferkenntaisses nachgelassen, es wird aber ver⸗ langt, daß die Bezeichnung auf solche Weise geschehen muß, daß der Genannte vor dem Gerichte eines deutschen Bundesstaats zur Verant⸗ wortung “ gezogen werden kann (vergl. Art. 19 —26 des ächsischen Preßgesetzes). 4 8 Das Prhoces von Bayern endlich enthält in der hier frag⸗ lichen Beziehung nur die Bestimmung, daß der Verleger einer nicht periodischen Schrift, oder falls solcher nicht vorhanden, der Drucker verbunden ist, sich über Namen, Person und Wohnort des Verfassers Gewißheit zu verschaffen, und diesen auf Verlangen dem Unter⸗ luchungsrichter zu bezeichnen, und daß er, wenn er letzteres nicht kann oder will, unbeschadet der eigenen strafrechtlichen Verantwortlichkeit, mit Arrest bis zu 14 Tagen und Geldbuße bis 100 Fl. bestraft wer⸗ den soll. .“ h“
So der Stand der bisherigen Gesetzgebung über diese Frage.
Der 6. deutsche Journalistentag hat sich für die Annahme der unter 1 erwähnten Prinzipien der thüringischen Preßgesetze ausge⸗ sprochen und ihm ist die Kommission, welche in der IV. Session der I. Legislaturperiode des Deutschen Reichstags über den von den Abgeordneten Windthorst (Berlin) und Genossen eingebrachten Antrag, betreffend den Erlaß eines Rec über die Presse, zu berathen hatte, nachdem unter Nr. 59 der Reichstags⸗Drucksachen erstatteten Berichte im Wesentlichen gefolgt, nur mit der bedeutsamen Abweichung, daß sie die unnöthige Ungerechtigkeit zu beseitigen vorschlägt, welche dem System sessscn anhaftet, als es der Benennung des Vorder⸗ mannes eine absolut befreiende Wirkung beimißt, so daß der Be⸗ treffende straflos bleiben muß, wenn auch offenbare Bewesse doloser Theilnahme an dem Vergehen gegen ihn vorliegen. Entscheidend für die Kommission ist die Rücksicht auf den aus diesem System für die Justiz erwachsenden großen praktischen Vortheil gewesen, nicht nur in jedem Falle einen Haftbaren sicher zu haben, sondern ihn auch leicht und ohne langwierige, dennoch oft unfruchtbare Nachforschungen haft⸗ bar machen zu können. Dazu wird im Bericht noch hervorgehoben, wie die Gerechtigkeit ebensowohl als die Wärde der Presse selbst es erheische, daß, wo durch letztere gesündigt worden, auch Jemand da sei, der die Verantwortung und event. die Strafe dafür übernehme. In der That können auch für die Wahl zwischen den zwei sich gegenüberstehen⸗ den Systemen nur praktische Rücksichten den Ausschlag geben. Theoretisch können beide Systeme den Einwand, daß sie mehr oder weniger auf Fiktionen beruhen, nicht von sich abweisen. Zwar ist nicht zu verken⸗ nen, daß diesem Einwand das System der Fahrlässigkeitsstrafen in niederem Maße trifft, denn es widerspricht weder den allgemeinen Rechtsprinzipien noch der Billigkeit an Verleger und Dructer die An⸗ forderung zu stellen, daß sie nicht von Personen, welche unbekannt und der Justiz unerreichbar sind, Schriften zum Druck oder Verlag ohne Prüfung des Inhalts übernehmen, und eine solche Nachlässigkeit mit Strafen zu bedrohen. Aber ebenso gewiß hat die Erfahrung gelehrt, daß dieses System überhaupt und ganz besonders bei der periodischen Presse unzureichend ist, da die meistens unüberwindliche Schwierig keit, gegen einen Betheiligten den juristischen Nachweis von der Kenntniß des Inhalts der hergestellten und verbreiteten Druckschrift zu erbrin⸗ gen, dahin führt, daß die Justiz mit der weitaus unzulänglichen Ge⸗ nugthuung einer geringen Nachlässigkeitsstrafe sich zufrieden stellen muß. Der vorliegende Entwurf adoptirt daher das von der Reichstagskom⸗ mission angenommene System mit der einzigen prinzipiellen Abänderung, daß es für die Befreiung des Nachmannes nicht genügen soll, wenn der nachgewiesene Vordermann im Bereiche der inländischen richter⸗ lichen Gewalt zu der Zeit war, wo das betreffende Erzeugniß zur Verbreitung gelaͤngte, — einer Abänderung, welche um deswillen nöthig erschien, weil der diesem Befreiungsgrund unterliegende Ge⸗ danke zwar in dem System der Fahrlässigkeitsstrafen, nicht aber in dem einer fiktiven, kriminellen Schuld als berechtigt si darstellt.
Es versteht sich von selbst, daß die von einem Nachweise wirk⸗ licher krimineller Schuld unabhängige Verantwortlichkeit nur in soweit Platz greift, als der Thatbestand der strafbaren Handlung ohne Zu⸗
Zu den einzelnen Paragraphen des Entwurfes, soweit sie ciner Erläuterung bedürfen, ist Folgendes zu bemerken:
Abschnitt I. Einleitende Bestimmungen. 3 Zu §. 1. Die Bestimmung ist eine einleitende und will nur ausdrücken, daß durch dieses Gesetz die Angelegenheiten der Presse einheitlich unter Ausschluß der Landesgesetzgebungen in dieser Materie geregelt werden sollen. An dem Bestande anderer Reichsgesetze, welche auf die Presse sich mitbeziehen, z. B. des Strafgesetzbuchs oder des Gesetzes über das “ 8x u. s. w. wird durch das vorliegende Gesetz nichts geändert. . Zu 89 2. Daß bhser auch die durch chemische Mittel bewirkten 8 Vervielfältigungen mit unter den Begriff der Preßerzengnisse gestellt sind, wird in Hinblick auf die Entwickelung der Photographie keiner Rechtfertigung bedürfen. 1 Zu §. 3. Die Gewerbe⸗Ordnung enthält nur Bestimmungen über den gewerbsmäßigen Betrieb. Ein Preßgesetz muß auch die nicht gewerbsmäßige Verbreitung von Druckschriften, welche zumal in be⸗ wegten Zeiten zu bedenklichen Agitationen benutzt werden kann, in das Auge fassen. Es wird daher hier eine derartige Verbreitung, soweit sie nicht nach §. 14 überhaupt unzulässig sein soll, an polizeiliche Er⸗ laubniß gebunden. 8 b 1“1“ Zu §. 4. Der Begriff der „Verbreitung“ bildet ein wesentliches Moment im Thatbestande derjenigen Verbrechen und Vergehen, welche durch den Inhalt einer Druckschrift begangen werden und eben hier⸗ durch einen eigenthümlichen Charakter erhalten. (Die für diese De likte häufig vorkommende, übrigens vieldeutige Bezeichnung „Preß⸗ verbrechen“ oder „Preßvergehen“ ist im Gesetzentwurfe vermieden.) 4. Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich definirt den Begriff der Verbreitung nicht näher und stellt ihm nur den „öffentlichen An⸗ schlag“ oder „die öffentliche Ausstellung“ von Schriften ꝛc. als gleich⸗ bedeutend zur Seite (§§. 85, 110 und 184 des Strafgesetzbuchs) Auch das Gesetz vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken (§§. 18, 21, 25, 34, 35) enthält sich einer D Eine solche ist auch in erschöpfender Weise kaum zu geben. Deshalb und um nicht mit der an andere Gesetze sich knüpfenden Spruchpraxi in Widerstreit zu gerathen, empfiehlt es sich, hier von einer Definition oder Exemplifikation ganz abzusehen und nur Vorsorge zu treffen, daß der Ausdruck „Verbreitung“, wo er in diesem Gesetze auftritt, zugleich auf das im Strafgesetzbuche nebenher genannte Eatschlageh Ausstellen und Auslegen“ mit bezogen werde. 8 Abschnitt II. Ordnung der Presse.
Zu §. 5. Die Angabe des Druckers und des Verlegers auf den zur gewerbmäßigen Verbreitung bestimmten Druckschriften entspricht so völlig der Gewohnheit, daß in der gesetzlichen Vorschrift dieser Formalität cine Belästigung für den Verkehr der Presse nicht gefun⸗ den werden kann. Im Interesse der Strafrechtspflege ist es wün⸗ schenswerth, daß eintretenden Falls der Nachweis des Ursprungs der Druckschrift in senen beiden Beziehungen vorliege. Der Entwurf hat daher hieran festgehalten, wenngleich in einzelnen deutschen Preßgesetzen (Bayern, Sachsen, Württemberg) nur die Angabe des Druckers oder Verlegers, in anderen (Baden, Hamburg) des Druckers allein vorge⸗ schrieben ist., 8 “
Die Beschränkung der Bestimmung auf die im Geltungsbereiche des Gesetzes erscheinenden Druckschriften drückt aus, daß bei Druck⸗ schriften, welche im Auslande erschienen sind, die Verbreitung im In⸗ lande an eine gleiche Voraussetzung nicht gebunden sein soll.
Zu §. 6. Der Entwurf schließt sich dem in den meisten Bundes⸗ staaten bestehenden Rechtszustande an, wenn er die in monatlichen oder kürzeren, wenn auch unregelmäßigen Fristen erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften als solche bezeichnet, auf welche die besonderen Be⸗ stimmungen des Gesetzes über die periodische Presse Anwendung finden. Durch die Worte „Zeitungen und Zeitschriften“ ist die Ausdehnung auf die ein abgeschlossenes Ganzes bildenden, jedoch in Lieferungen herausgegebenen Werke ausgeschlossen. 1“
Die Bestimmung, daß für jede periodische Zeitschrift ein verant⸗ wortlicher Redarteur bestellt und auf dem Blatte genannt sein Eachhce wird nach demjenigen, was oben über das System des Entwurfes bemerkt worden ist, keiner weiteren Begründung bedürfen, sie findet sich auch bisher schon in allen Preßgesetzen (mit Ausnahme derjenigen von Württemberg, Baden und Hamburg) wenigstens für kautions⸗ pflichtige Zeitblätter vorgeschrieben. Nach dem Wegfalle der Kautions⸗ pflicht noch eine Unterscheidung zwischen politischen ꝛc. und anderen Zeitschriften in der hier fraglichen Beziehung festzuhalten, ist nicht angezeigt. Auch die wissenschaftlichen und technischen Zeitschriften erfordern eine leitende Redaktion. b
Der Entwurf gestattet die Aufstellung eines besonderen verant⸗ wortlichen Redacteurs für einzelne, bestimmt bezeichnete Theile einer Zeitschrift, z. B. des Feuilletons, des Inseratentheils. Der Haupt⸗ theil wird auch bei größeren Blättern immer unter der Leitung eines verantwortlichen Redacteurs (des Chef⸗Redacteurs) stehen müssen.
Uebrigens ist es, — wie kaum der Bemerkung bedarf 8 nicht ausgeschlossen, daß die Geschäfte des Redacteurs und des Verlegers, auch des Druckers in einer Person vereinigt sein können. —
Zu §. 8. Die hier aufgestellten Voraussetzungen für die Quali⸗ fikation des Redacteurs sind so wenig beengend, daß es nicht erforder⸗ lich sein wird, in dieser Beziehung noch Ausnahmen für wissenschaft⸗ liche und technische Zeitschriften vorzubehalten. b
In den Schlußworten schließt sich die Fassung an die Ausdrucks⸗ weise des Entwurfs einer deutschen Strafprozeßordnung (§. 4) an.
Zu §. 9. Die Verpflichtung zur Hinterlegung eines sogenannten Pflichtexemplars ist bisher in allen deutschen Preßgesetzgebungen, mit alleiniger Ausnahme derjenigen der thüringischen Staaten, aufrecht er⸗ halten, in einzelnen Staaten aber unter die bundesrechtliche Grenze (Druckschriften bis 20 Bogen) hinab theils auf Schriften bis zu 5 Bogen (Baden, Ham burz, auch Sesteereich theils auf periodische Zeitschriften allein (Bayern, Königreich Sachsen) beschränkt worden.
Es unterliegt keinem wesentlichen Bedenken, die letztere Beschrän⸗ kung allgemein anzunehmen. Bei nicht periodischen Druckschriften ist die Verbreitung keine so rasche und weitgreifende, daß das Bedürfniß des Pflichtexemplar⸗Zwanges hier in ähnlicher Weise wie bei Zeitun⸗ gen sich geltend macht. Dazu kommt, daß die rechtzeitige Ein⸗ lieferung des Pflichtexemplars bei den ersteren schwer zu kontroliren ist, und daß ihre Ablieferung, selbst wenn die bisher üb⸗ lichen Ausnahmen der zu den Bedürfnissen des Verkehrs und geselligen Lebens dienenden Drucksachen erweitert werden möchten, doch immer die Behörde mit einer Menge für sie kein Interesse bietenden Materials zwecklos belasten würde.
Mit dieser Beschränkung aber wird der Pflichtexemplar⸗Zwang der dawider erhobenen Einwendungen unerachtet aufrecht erhalten werden müssen. Den Charakter einer Präventivmaßregel gegen die Presse trägt die Einrichtung nicht, sobald die Hinterlegung nicht vor dem Beginne der Berbreitung gefordert wird. Von den Gegnern selbst kann nicht bestritten werden, daß bei dem Umfange und der Bedeutung, welche die Zeitungspresse gewonnen hat, bei dem oft plötzlichen Auf⸗ tauchen und Wiederverschwinden gerade sehr bedenklicher Blätter und bei dem Bestehen einer nicht zu unterschätzenden Tagespresse, welche notorisch die Verbreitung staats⸗ und gesellschaftsgefährlicher Tendenzen sich zur Aufgabe gemacht hat, die Behörden ein begründetes Interesse daran haben, durch die Pflichtexemplare nicht nur von dem Inhalte der Zeitungen, sondern beziehungsweise überhaupt von ihrer Existenz rechtzeitige Kenntniß erhalten. Der Einwand, daß die Pflichtexem⸗ plare eine auch materiell drückende Abgabe vom Preßgewerbe darstellen,
(unter welchen übrigens Baden den Verbreiter nicht mit aufführt), Lic⸗ aber auch das Prinzip der ausschließlichen Verantwortlichkeit
hülfenahme anderer subjektiven Belastungsmomente schon objektiv aus dem Inhalte der Druckschrift erkennbar ist. 8
verliert seine Bedeutung, wenn die Einrichtung auf die periodische Presse be⸗ schrankt und selbst hier noch, wie der Entwurf es thut, eine Ausnahme