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des allgemeinen Volksfestes. Bei der großen Parade hatten zunächst zwei Bataillone des 1. Schlesischen Grenadier⸗Regiments Nr. 10 längs der Promenade vom Gouvernementsgebäude aus Aufstellung genommen. Sie bildeten die Téte, an welche sich das 2. Schlesische Grenadier⸗Regiment Nr. 11, und das 1. Bataillon 4. Niederschlesischen Infanterie⸗Regiments Nr. 51, as Leib⸗Kürassier⸗Regiment (Schlesisches) Nr. 1 zu Fuß, das Feld⸗Artillerie⸗Regiment Nr. Train⸗Bataillon
der 22. Infanterie⸗Brigade, General⸗Major Knipping, führte das Kommando über die Parade. Um 12 ½ Uhr erschien der kommandirende General des VI. Armee⸗Corps General der Ka⸗ vallerie von Tümpling, wobei die Musik⸗Corps die National⸗ hymne intonirten und die Truppen präsentirten. Gefolgt von einer glänzenden Suite besichtigte der Kommandirende die Truppen und brachte das Hoch auf Se. Majestät den Kaiser aus, das unter dem Donner der Geschütze von den Truppen mit einem dreimaligen Hurrah erwidert wurde. Demnächst erfolgte der Vorbeimarsch der einzelnen Regimenter, zuerst in Zügen, und dann in Compagniefront. Erst nach 1 Uhr war das militärische Schauspiel beendet. Später versammelte sich in verschiedenen feestlich dekorirten Lokalitäten ein große Anzahl von Be⸗ wohnern, um den Freudentag gemeinsam festlich zu begehen. Bei dem kommandirenden General des VI. Armee⸗Corps von Tümpling waren die höheren Stabvsoffiziere, in den Räumen des Centralbahnhofes die Beamten der Königlichen Regierung, in dem Logengebäude „Horus“ auf der Zimmer⸗ straße die Beamten des Appellations⸗ und Stadtgerichts, in der Loge „zum goldenen Zepter“ auf der Antonienstraße die Mit⸗ glieder der drei vereinigten Logen und in dem Saale der Neuen Börse auf der Graupenstraße die städtischen Behörden und viele Bürger, welche ein städtisches Ehrenamt bekleiden, versammelt. Bei letzterem Festdiner brachte der Geh. Rath, Bürgermeister Dr. Bartsch, den Toast auf Se. Majestät aus.
Die Königliche Universität feierte ihrerseits den Festtag durch einen erhebenden Akt, welcher Vormittags 11 Uhr in der Aula Leopoldina unter Betheiligung der Vertreter der Königlichen und städtischen Behörden in Breslau, sowie eines zahlreichen Publikums stattfand. Prof. Dr. Reifferscheid hielt die Festrede
„über die Pflege des wahren Idealismus auf den deutschen
Universitäten“, worauf das Resultat der Prüfung in Betreff der eingegangenen Preisaufgaben bekannt gemacht und die neuen Aufgaben ausgeschrieben wurden. 1
Die Stadt Halle beging den festlichen Tag nicht nur durch kirchliche und militärische Feierlichkeiten, sondern auch durch Festakte der Schulen. Der Aktus der Universität begann um 11 Uhr. Professor Dr. Keil hielt die Festrede und verkündigte am Schlusse derselben das Ergebniß in Bezug auf die gestellten akademischen Preisaufgaben. Aber auch in anderen Kreisen fand der schöne Tag seine würdige Begehung. In der Loge wurde eine festliche Versammlung gehalten, der Kriegerverein von 1866 ꝛc. hatte Konzert, Theater und Ball veranstaltet, und zahlreiche andere Gesellschaften vereinigten sich zu geselligen Mahlen. Während am Abend im Stadt⸗Thegter eine Fest⸗ vorstellung stattfand, waren die Straßen durch fröhliche Kinder⸗ schaaren belebt, welche, mit bunten Laternen ausgerüstet, durch Umherziehen und Jubelruf ihrer Freude an dem Tage Aus⸗ druck gaben.
Die Garnison der Stadt Hannover leitete die Feier durch einen großen Zapfenstreich ein, zu welchem sich die Musik⸗ Corps, begleitet von einer großen Volksmenge, nach dem Schloß⸗ hofe begaben, wo zunächst von den vereinigten Musik⸗Corps der Choral: „Nun vunket alle Gott“, hierauf die Nationalhymne
uunbd endlich der große Zapfenstreich mit Gebet exekutirt wurde. Zur Feier des Tages selbst fand in der Schloßkirche Festgottes⸗ dienst statt. Zu der hierauf folgenden Wachtparade auf dem Waterloo⸗Platze hatten sich die Offiziere der Garnison, sowie die Spitzen der Civilbehörden eingefunden. General⸗Lieutenant von Strubberg brachte nach kurzer ergreifender Ansprache das Hoch auf Se. Majestät den Kaiser aus, begleitet von dem Donner der Geschütze, welche die üblichen Salutschüsse abgaben. Die 1 4g. beflaggten Häuser gaben Zeugniß von der Hohen Verehrung, welche Sr. Majestät in allen Kreisen gezollt wird. Mehr als 300 Personen, darunter die Spitzen der Militär⸗ und Verwal⸗ tungs⸗Behörden, versammelten sich zu einem Festmahle. Den Toast auf Se. Majestät den Kaiser brachte der Ober⸗Präsident Graf zn Eulenburg unter dem Jubel der Versammlung aus, worauf ie Musik die Nationalhymne intonirte. Abends fand im König⸗ lichen Schauspielhause eine Festvorstellung mit Prolog statt. Aus Wiesbaden wird gemeldet: Zum Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers und Königs war am 22. Mittags nach dem Festgottesdienst bei herrlichem Wetter Parade der hiesigen Garnison auf der Hgegree Am Nachmittag wurde im großen Saale des Kurhauses ein solennes Festmahl gehalten, welches von etwa 300 Personen besucht war. Der Regierungs⸗Präsident von Wurmb brachte den Toast auf Se. Majestät den Kaiser aus. Am Abend war Festvorstellung im dekorirten Theater; es wurde das einaktige Festspiel „Hurrah dem Kaiser“ von G. Gertel gegeben, worauf Lortzings „Undine“ folgte. Die Häuser der Stadt waren reich beflaggt und die Ka⸗ sfernen Abends illuminirt. Ein großer Festball in den Räumen des Kurhauses beschloß die Feier, welche am Abend vorher durch Gllbockengeläute, Kanonendonner und Zapfenstreich mit Umzug
durch die Stadt eingeleitet worden war.
Ueber die Geburtstagsfeier in Dresden entnehmen wir dem „Dr. J.“ Folgendes: Der Geburtstag Sr. Majestät des Deutschen Kaisers, zu dessen Feier die Königlichen Majestäten
ssich nach Berlin begeben haben, ist, wie wohl im ganzen Deut⸗ sschen Reiche, auch hier diesmal um so festlicher begangen wor⸗ den, als mit ihm zugleich die Wiedergenesung Sr. Kaiserlichen Majestät von längerem Unwohlsein gefeiert werden konnte. Bei Anbruch des Tages durchzog eine große Reveille der Militär⸗ musik die Straßen der Stadt; von den sämmtlichen Staats⸗ gebäuden und Kasernen, sowie von den städtischen Gebäuden wehten Flaggen in den Reichs⸗ und in den sächsischen Farben; besonders reich war das Altstädter Rathhaus dekorirt, wie denn auch viele Privathäuser geflaggt hat⸗ ten. Das Militär hatte den Parade⸗Anzug angelegt. Die Glückwünsche der sächsischen Armee (XII. Armee⸗Corps des Reichs⸗Heeres) hatte Se. Excellenz der Kriegs⸗Minister, General der Kavallerie v. Fabrice, Sr. Majesiät dem Kaiser persönli nach Berlin überbracht, während die der hiesigen Garnison dur den Stadt⸗Kommandanten, General⸗Lieutenant Freiherrn v. Hausen, beim hiesigen Königlich preußischen Gesandten niedergelegt wur⸗ den, dem auch die Staats⸗Minister, die Generalität, die Ver⸗ treter der Stadt und viele distinguirte Privatpersonen ihre Glück⸗ wünsche für Se. Majestät den Kaiser darbrachten. In den Kir⸗ chen wurde der Bedeutung des festlichen Tages von den
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feierte den Kaiserlichen Gehurtstag durch Diners im Kafsino der Schützen⸗Kaserne, im „Jägerhof“ und im Hotel „Stadt Berlin“, und auch von Seiten mehrerer Vereine und Privatkreise waren Fest⸗Diners veranstaltet. Bei dem hiesigen Königlich preußischen Gesandten, Grafen v. Solms⸗ Sonnewalde — dem in den Frühstunden von der Kapelle des 2. Garde⸗Grenadier⸗Regiments Nr. 101 „Kaiser Wilhelm König von Preußen“ eine Morgenmusik gebracht worden war — fand zu Ehren des Tages Nachmittags 5 Uhr ein großes Diner statt, zu dem die hiesigen obersten Reichsbeamten, die in Dresden wohnen⸗ den Königlich preußischen Generäle und höhern Offiziere a. D., sowie zahlreiche andere hier lebende destinguirte Preußen geladen waren. Die Kaiserlichen Telegraphenbeamten feierten den Ge⸗ burtstag des Kaisers in ihrem Vereinslokale, in welchem die mit einem Lorbeerkranz geschmückte Büste des Kaisers auf einem von Topfgewächsen umgebenen Postament, überragt von preußischen und deutschen Fahnen, aufgestellt war. Die Feier wurde durch einen, von einem der anwesenden Telegraphenbeamten gedichteten Prolog, welchen der Verfasser selbst vortrug, eingeleitet, hieran schloß sich das von dem Telegraphen⸗Direktor Schmidt auf Se. Majestät den Kaiser ausgebrachte dreimalige „Hoch“, in welches die Versammlung begeistert einstimmte. Auch von dem Verein der hiesigen Postbeamten wurde der Kaiserliche Geburtstag in dem zu diesem Zwecke sinnig dekorirten Helbigschen Lokale durch ein Festessen gefeiert, bei welchem Postinspektor Steyer den Toast auf Se. Majestät den Kaiser ausbrachte. (Der Kaiserliche Ober⸗Postdirektor, Geh. Postrath Strahl, war durch seine Theilnahme an dem gleichzeitigen Diner des König⸗ lich preußischen Gesandten an dem Feste bei Helbigs verhindert.) Abends wurden die öffentlichen Plätze durch Gaskandelaber fest⸗ lich erleuchtet. — In ähnlicher Weise wie in Dresden ist der Kaiserliche Geburtstag auch in den übrigen Städten Sachsens, besonders festlich in Leipzig und Chemnitz, begangen worden. In Leipzig fand am 22., nachdem bereits am Tage vorher in sämmtlichen Schulen eine entsprechende Feier ab⸗ gehalten worden war, eine von der Garnisonsmusik ausgeführte große Reveille durch die Hauptstraßen der inneren Stadt und der Vorstädte statt. Die öffentlichen Gebäude hatten insgesammt reichen Fahnenschmuck angelegt. Am Nachmittage vereinigte man sich an verschiedenen Orten zu Festmahlen, so bei dem Präsi⸗ denten des Reichs⸗Ober⸗Handelsgerichts, Dr. Pape, der außer den Mitgliedern dieses Gerichtshofes die Spitzen der Behörden geladen hatte, im großen Saale des Schützenhauses, wo über 300 Theilnehmer aus Mitgliedern der übrigen Kaiserlichen, Königlichen und städtischen Behörden, des Stadtverordneten⸗ Kollegiums, des Gelehrten⸗, Handels⸗ und Gewerbstandes ꝛc. sich eingefunden hatten, das Offizier⸗ Corps in seinem Kasino, die Reserve⸗Offiziere im Hotel de Prusse ꝛc. Im Schützenhause brachte in Vertretung des durch Unwohlsein abgehaltenen Bürger⸗ meisters Dr. Koch der Stadtrath Dr. Vogel ein enthufiastisches Hoch auf den Kaiser aus, in welches die Versammlung laut und freudig einstimmte. Während der Tafel wurde im allgemeinen Einverständnisse folgendes Telegramm an Kaiser Wilhelm ab⸗ gesandt: „Ihrem ruhmreichen, hochverehrten Kaiser bringen die beim festlichen Mahle im Schützenhause vereinigten Bürger des reichstreuen Leipzigs freudigen Glückwunsch dar.“ Am Abend hatten beide Stadttheater Vorstellungen mit Festprolog ver⸗ anstaltet. Auch in engeren, privaten Kreisen wurde der Tag mehrfach festlich begangen. 8 8 88
Ueber die Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät in Darm⸗ stadt meldet die „D. Ztg.“ vonk vort unter dem 23. d. Mts.: Die Feier wurde durch einen Zapfenstreich am vorhergehenden Abend eingeleitet. Am Morgen des Geburtstags fand Reveille statt. Die öffentlichen Gebäude und zahlreiche Privatgebäude waren mit Fahnen festlich geschmückt. Um 9 ½ Uhr war die große Parade der Garnison mit Feldgottesdienst auf dem Exercirplatze, welche eine außerordentliche Menschenmenge anzog. Die Parade wurde von General⸗Major v. Wichmann, Commandeur der Großherzoglichen (25.) Kavallerie⸗Brigade, abgenommen und von dem General⸗ Major und Commandeur der Großherzogl. 1. (49.) Infanterie⸗ Brigade v. Förster kommandirt. Am Schlusse brachte General⸗ Major v. Wichmann ein Hoch auf Se. Majestät aus, worauf die aufgestellte Batterie die üblichen Kanonenschüsse löste.
Ein solennes Festmahl der Bürgerschaft und der Beamten, welchem die Vorstände und Mitglieder der Mtnisterien bei⸗ wobnten, fand im „Darmstädter Hof“ statt. Den Toast auf Se. Majestät den Kaiser brachte der Direktor des Großh. Ministe⸗ riums des Innern, Freiherr v. Starck, mit folgenden Worten aus:
„Zum drittenmale sind wir heute versammelt, um den Geburts⸗
tag des Deutschen Kaisers festlich zu begehen, um ZPen abzulegen, daß wir eins sind und sein wollen mit dem ganzen Deutschland, das vom Bodensee bis zur Ost⸗ und Nordsee diesen Tag feiert, und daß wir in der Größe und Einigung des Vaterlandes auch unfern Stolz Als dieser Tag zum erstenmale in ganz da war es vor Allem der Nachhall der großen Siege, das Gefühl der Befreiung von einer ernsten, stets die Ge⸗ müther bedrückenden Gefahr, die Befriedigung über die Wiederaufrichtung des Deutschen Reichs und der deutschen Machtstellung, was die Geister freudig und enthusiastisch bewegte. Solche Erregungen können der Natur der Sache nach nicht dauernd sein. Jetzt gilt es vor Allem, die große Errungenschaft des Jahres 1871 in harter Geistesarbeit zu beietigen und auszubauen. Aber wie wir vordem dem glorreichen Fuhrer des deutschen Heeres in hundert Schlachten zujubelten, so blicken wir heute empor zu Kaiser Wilhelm, der dem deutschen Volke ein leuchtendes Vorbild ist in ernster strenger Arbeit zur Ptigtmn der Errungenschaft des Schwertes durch die Werke des Friedens. Möge Gott Ihn erhalten und Sein Beginnen segnen. Se. Majestät der Kaiser lebe hoch!“
Hofgerichts⸗Direktor Stüber brachte einen Toast auf Se. Königliche Hoheit den Großherzog aus. Darauf ward folgendes Telegramm an Se. Majestät abgesandt:
„Die zur begeisterten Feier des heutigen Tages vereinigten Festgäste aus allen Kreisen unserer Stadt bringen Ew. Ma⸗ jestät, ihrem Allergnädigsten Kaiser, die ehrfurchtsvollsten und wärmsten Glückwünsche dar.“
Das Offizier⸗Corps hatte sich im Militärkasino zu einem Festmahl Ferscseimn General⸗Major Bickel brachte den Toast auf Se. Majestät den Kaiser aus.
— Se. Majestät der Kaiser und König haben aus Anlaß des Allerhöchsten Geburtstages dem General⸗Intendanten der Königlichen Schauspiele, Kammerherrn v. Hülsen, das Prädikat Excellenz durch folgende Allerhöchste Kabinets⸗Ordre zu verleihen geruht:
„Um Ihnen Meine Anerkennung für Ihre verdienstliche Leitung Meiner Schauspiele, wie nicht minder für Ihre Thätigkeit in den Angelegenheiten des deutschen Theaterwesens wiederholt zu bezeigen, will Ich Ihnen am heutigen Tage das Prädikat „Excellenz“ verlei⸗ hen, wovon Ich Sie gern in Kenntniß setze.
und unsere Freude finden. Deutschland gefeiert x
— Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und der Erbgroßherzog von Oldenburg nebst Gefolge haben Berlin heute früh wieder verlassen und sind nach Olden⸗ burg zurückgekehrt.
— Se. Durchlaucht der Friedrich zu Hohen⸗ zollern, Major und etatsmäßiger Stabsoffizier im 1. Garde⸗ Dragoner⸗Regiment, hat sich mit Urlaub nach Frankfurt a. M.
begeben.
— Im ferneren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Deutschen Reichstages wurde die zweite Berathung des Preßgesetzes und zwar speziell des §. 27 fortgesetzt. Nach dem Abg. von Mallinckrodt, der beim Schlusse des gestrigen Blattes das Wort hatte, sprachen noch die Abgg. Dr. Lasker, von Kardorff, Majunke und der Referent Dr. Marquardsen. Dann wurde der §. 27 unter Ablehnung sämmtlicher Amendements in folgender Fassung angenommen: “
Eine Beschlagnahme von Druckschriften vhme. 8 Anord⸗ nung findet nur statt: 1) Wenn eine Druckschrift den Vorschriften der §§. 6 und 7 nicht entspricht oder den Vorschriften des §. 16 zuwider verbreitet wird; 2) wenn durch eine Druckschrift einem auf Grund des §. 18 dieses Gesetzes erlassenem Verbot zuwider gehandelt wird; 3) wenn mit der Verbreitung der Bruckschrift der Thatbestand des im §. 184 des Deutschen Strafgesetzbuches aufgeführten Vergehens begrün⸗ det wird; 4) wenn in den Fällen des §. 15 die Druckschrift den That⸗ bestand eines Verbrechens oder Vergehens begründet.
Die §§. 28— 33 wurden ohne Diskussion angenommen:
§. 28. Ueber die Bestätigung oder Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme hat das zuständige Gericht zu entscheiden. 1 Diese Entscheidung muß von der Staatsanwaltschaft binnen 24 Stunden nach Anordnung der Beschlagnahme beantragt und von dem Süe binnen 24 Stunden nach Empfang des Antrags erlassen werden.
Hat die Polizeibehörde die Beschlagnahme ohne Anordnung der Staatsanwaltschaft verfügt, so 8 sie die Absendung der Ver⸗ handlungen an die letztere ohne Verzug und spätestens binnen 12 Stunden bewirken. Die Staatsanwaltschaft hat entweder die Wieder⸗ aufhebung der Beschlagnahme mittelst einer sofort vollstreckbaren Ver⸗ fügung anzuordnen, oder die gerichtliche Bestätigung binnen 12 Stun⸗ den nach Empfang der Verhandlungen zu beantragen.
Wenn nicht bis zum Ablaufe des fünften Tages nach Anordnung der Beschlagnahme der bestätigende Gerichtsbeschluß der Behörde, welche die Beschlagnahme angeordnet hat, zugegangen ist, erlischt die letztere und muß die Fresgab⸗ der einzelnen Stuͤcke erfolgen.
§. 29. Gegen den Beschluß des Gerichts, welcher die vorläufige Beschlagnahme aufhebt, findet ein Rechtsmittel nicht statt.
§. 30. Die vom Gerichte bestätigte, vorläufige Beschlagnahme ist wieder aufzuheben, wenn nicht binnen 2 Wochen nach der Bestäti⸗ gung die Strafverfolgung in der Hauptsache eingeleitet worden ist.
§. 31. Die Beschlagnahme von Druckschriften trifft die Exemplare nur da, wo dergleichen zum Zwecke der Verbreitung sich befinden. Sie kann sich auf die zur Veröffentlichung dienenden Platten und Formen erstrecken; bei Druckschriften im engeren Sinne hat auf Antrag des Snes hen statt Beschlagnahme des Satzes das Ablegen des letztern zu geschehen.
Bei der Beschlagnahme sind die dieselbe veranlassenden Stellen der Schrift unter Anführung der verletzten Gesetze zu bezeichnen. Trennbare Theile der Druckschrift (Beilagen einer Zeitung ꝛc.), welch⸗ gbgt Strafbares enthalten, sind von der Beschlagnahme aus⸗ zuschließen. 1“ 1
§. 32. Während der Dauer der Beschlagnahme ist die Verbrei⸗ tung der von derselben betroffenen Druckschrift oder der Wiederabdruck der die Beschlagnahme veanlassenden Stellen unstatthaft. 2
Wer mit Neuntnis der verfügten Beschlagnahme dieser Bestim⸗ mung entgegen handelt, wird mit Geldstrafe bis fünfhundert Mark oder mit Weffenonih bis zu sechs Monaten bestraft.
§. 33. Zur Entscheidung über die durch die Presse begangenen Uebertretungen sind die Gerichte auch in denjenigen Bundesstaaten ausschließlich zuständig, wo zur Zeit noch deren Aburtheilung den Ver⸗ waltungsbehörden zusteht. b
Soweit in einzelnen Bundesstaaten eine Mitwirkung der Staats⸗
ist, sind in den Fällen der ohne richterliche Anordnung erfolgten Be⸗ 8 die Akten unmittelbar dem Gericht vorzulegen.
u §.
„Die für Zeiten der Kriegsgefahr, des Krieges, des erklärten Kriegs⸗ (Belagerungs⸗) Zustandes oder innerer Unruhen (Aufruhrs) in Bezug auf die Presse bestehenden besonderen gesetzlichen Be⸗ Wö“ bleiben auch diesem Gesetze gegenüber bis auf Weiteres in Kraft.
Vorbehaltlich der auf den Landesgesetzen beruhenden allgemeinen Gewerbesteuer findet eine besondere Besteuerung der Presse und der einzelnen Preßerzeugnisse (Zeitungs⸗ und Kalenderstempel, Abgaben von Inseraten ꝛc.) nicht statt.“ 8
lagen eine ganze Reihe von Anträgen vor; es beantragten
die Abgg.
1) Krüger die Worte „der Kriegsgefahr“ zu streichen.
2) Brockhaus hinter Absatz 1 als Absatz 2 die Worte zu setzen:
„Auch werden durch dieses Gesetz die Vorschriften der Landes⸗ gesetze über Abgabe von Frei⸗Exemplaren an Bibliotheken und öffent⸗ liche Sammlungen aufgehoben.“
3) Oncken als zweiten Absatz Folgendes aufzunehmen:
„Die in den Landesgesetzen ausgesprochene Verpflichtung zur Ab⸗ gabe von Frei⸗Exemplaren an Bibliotheken und öffentliche Samm⸗ lungen haben Verleger und Verfasser, beziehungsweise Herausgeber, gemeinsam zu tragen; von Prachtwerken mit Abbildungen können Frei⸗Exemplare nicht verlangt werden.“
4) v. Schulte als zweiten Absatz den folgenden Passus aus der Regierungsvorlage aufzunehmen: 8
„Ebenso werden durch dieses Gesetz die Vorschriften der Landes⸗ 187 über Abgabe von Frei⸗Exemplaren an Bibliotheken und öffent⸗ 8 e Sammlungen nicht berührt.“
Nachdem die Abgg. Brockhaus, Oncken und v. Schulte für ihre Amendements gesprochen, wurde §. 34 mit dem Amendement des Abg. v. Schulte angenommen, die übrigen Anträge aber abgelehnt.
8. 35 lautete:
ieses Gesetz tritt am 1. Juli 1874 in Kraft. Seine Ein⸗
führung in Elsaß⸗Lothringen bleibt einem besondern
Gesetze vorbehalten.
gesperrten Worte streichen. Dieselben wurden jedoch beibehalten,
Ea en sich in längerer Diskussion die Abgg. Guerber, Freiherr v. Hoverbeck und Dr. Windthorst für, die Abgg. Miquel und Dr.
Sceag gegen die Streichung ausgesprochen hatten. Schluß ½ Uhr.
— In der heutigen (23.) Sitzung des Deutschen Reichs⸗ tages, welcher die Bundesbevollmächtigten Staats⸗Minister Delbrück, von Fäustle, Berr u. A. beiwohnten, beantwortete der Präsident des Reichskanzler⸗Amtes Staats⸗Minister Delbrück die beiden Interpellationen des Abg. von Bernuth:
„Ist eine Gesetzesvorlage, welche die Gründung einer Pensions⸗ kasse für die Hinterbliebenen verstorbener Reichsbeamten bezweckt, in der bevorstehenden Herbstsession des Reichstages zu erwarten?
und die des Abg. Fürst Hohenlohe⸗Langenburg: 8 „ob von den verbündeten Regierungen beabsichtigt wird, die in
Geistlichen in der Predigt gedacht. Das Offizier⸗Corps
ärz 1874. Wilh elm.“
Folge des Münzvertrages vom 24. Januar 1857 als gesetzliches
1 demnächst außer Cours zu setzen?“
anwaltschaft bei den Gerichten unterster Instanz nicht vorgeschrieben.
Die Abgg. Freiherr v. Hoverbeck und Guerber wollten die einberufenen außerordentli
Zahlungzmittel geltenden Vereinsthaler österreichischen Gepräges
Dann erledigte das Haus die Abstimmung über den bis hinter §. 35 zurückgesetzten §. 17 des Preßgesetzes, der in der Fassung der Kommission angenommen wurde, nachdem der An⸗ trag des Abg. Guerber in namentlicher Abstimmung mit 162 gegen 156 Stimmen abgelehnt war. Die Berathung der zum Preßgesetz vorliegenden Resolutionen wurde bis zur dritten Be⸗ rathung vertagt. Bei 2. des Blattes trat das Haus in die erste Berathung des von den Abgg. Dr. Völk und Dr. Hinschius beantragten Gesetzes über die Civilehe ein.
— Als eine patriotische Festgabe zum 22. März hat D Ludwig Hahn „Kaiser Wilhelms Gedenkbuch⸗ 17972* 1 8 W. derg) in der Absicht herausgegeben, auf Grund
atsachen und von eigenen Aeußerun Wi 1 “ — zu vnchna
ie Darstellung beginnt mit der historischen Entwickl des Charakters des Prinzen Btheherh . Zeit e Umgebung, in welcher der jugendliche Fürst die ersten Eindrücke die ersten Stimmungen politischen Bewußtseins und Strebens empfing, svon großer Bedeutung gewesen sind, so werden ein⸗ wirkende Thatsachen und denkwürdige Aeußerungen aus dem Nachlasse der Königin Luise mitgetheilt.
Die folgenden Abschnitte schildern den Prinzen von Preußen — den Prinz⸗Regenten — den König — den Kaiser — durch kurze thatsächliche Angaben der Lebensereignisse und vor allem durch die eigenen Aussprüche Allerhöchstdesselben oder, wo der Zusammenhang es erforderte, durch amtliche Dokumente. nesten Fehn et. ⸗ de dreas eien und die Ein⸗
g ationalen Sieges⸗ ges⸗ und Friedensdenkmals am 2. Aus der in den Grundstein niedergelegten Gedächtniß⸗ hnnnsen das Werk die Worte Sr. Masestät 8 nigs: „Gott, der bisher geholfen hat, sei fernerhin mit uns; Gott schütze Deutschland seine Fürsten d sei und gebe allerwärts edlen rnbe ürs 1““
— Das Kaiserlich deutsche Konsulat in Konstanti hat nach Ausweis der in Nr. gesuhas Ceneras.ceg vree registers für das Deutsche Reich enthaltenen Bekannt⸗ machung dieses Blatt für das laufende Jahr zum Publikations⸗
organ für die Eintragungen in das scer sulats bestimmt. gungen in das Handelsregister des Kon⸗
— Es scheint noch nicht genügend bekannt zu sein Postkarten mit bezahlter Rückantwort hn Se von 1 Sgr. eingeführt sind, welche wegen der gleichzeitigen Uebermittelung der zur Antwort bestimmten und bereits fran⸗ kirten Karte den Korrespondenten eine große Annehmlichkeit bieten. Der Absender kann seine Adresse gleich auf die zweite für die Rückantwort bestimmte Karte im Voraus niederschreiben wodurch die Rchttef⸗ der Adresse sichergestellt, und die beste
Gewähr dafür geschaffen wird, daß die zweite 3 weitig zu Versendung gelangt ß die z Karte nicht ander⸗
. — Der General der Infanterie und Präses der Ober⸗Mili⸗ tär⸗Examinations⸗Kommission von “ 86 der Sbir und Commandeur des Kadettenhauses von Berlin des Barres haben sich in dienstlichen Angelegenheiten nach Dresden begeben.
— Der General⸗Lieutenant von Hausmann, Inspecteur der 1. Ar illerie⸗Inspektion, ist mit Urlaub von Pofen, 88 Ge⸗ neral⸗Major von Barby I, bisher Commandeur der 20. Ka⸗ W“ 55 Kommandanten von Han⸗ ove worden, aus diesem Anlaß zur Ab ⸗ sönlicher Meldungen hier eingetroffen. “
— Der General⸗Lieutenant und Commandeur der 20. Di⸗
vision von Voigts⸗Rhetz ist mit Urlau 885 angekommen. hetz ist b von Hannover hier
— Ihre Durchlaucht die verwittwete Fürstin von Carolath⸗Beuthen hat Berlin nach einem eerns eurchon
Aufenthalt heute Mittag wied G 3 abgereis. h g wieder verlassen und ist nach Carolath
Mecklenburg. Neustrelitz, 20. März. Die Prin⸗
11A13““ hat ch mit der Prirzeffin nach mehrwöchigem Aufenthalte :
nach Dessau zurückbegeben. am hiesigen Hofe heute
Lan Br vian schweig, versammlun at der Regi 5000 Thlrn. die Mittel” h egierung
projekt weiter zu prüfen,
21. März. Die im Betrage von zur ; gestelt das Wasser⸗ b auch ward die zu diesem Zweck ein⸗ gesetzte Kommission durch den v. Tnes; ver⸗ stärkt. — Was die Proposition wegen Erhöhung der Diäten der Landtagsmitglieder betrifft, so verlangte die Regierung pro Tag 4 Thlr. für Auswärtige, 2 Thlr. für hier Wohnende, für Auswärtige (falls sie Beamte sind) 2 Thlr. 20 Sgr., für Hie⸗ sige (in demselben Falle) 1 Thlr. 20 Sgr. und für den Präsi⸗ denten 2 Thlr. pro Tag mehr. Die Kommission schlug nur zwei Sätze vor und setzte diese, um dieselben der Rei hswährung an⸗ zupassen, auf 10 resp. 5 Mark fest, behielt auch das Mehr für den Präses mit 6 Mark bei. Nach längerer Diskussion wurden in namentlicher Abstimmung die Regierungsvorlage und die aus der Versammlung gestellten Anträge verworfen, der Kommissions⸗
ventag dagegen mit 22 gegen 14 Stimmen zum Beschluß er⸗
Lippe. Detmold, 23. März. Das „F. L. Reg. u. An Blatt“ enthält folgende Bekanntmachung: 8 1
Da die Mehrzahl der aus dem zweiten und dritten Stande zu Landtagsabgeordneten Gewählten diese Wahl zwar angenommen, bei ihrer auf heute kefolgten Berufung jedoch die Ableistung des nach §. 27 der Verfassung vom 6. Juli 1836 vor der Eröffnung des Landtages zu schwörenden Eides verweigert und hierdurch die Kon⸗ stituirung eines beschlußfähigen Landtages zur Zeit unmöglich gemacht hat, so wird hiermit n Hech ben Sefesr die Eröffnung des auf heute
en Landtages auf unbesti Pffnenerßerachnghshen Kand g f unbestimmte Zeit vertagt. . Fürstliches Kabinets⸗Ministerium.
Sin v. Flottwell.
8
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 23. März. Anläßlich des heutigen fünfundzwanzigsten Jahrestages der Schlacht bei Novara und der Verleihung des Maria⸗Theresia⸗ Ordens an den Feldmarschall Erzherzog Albrecht hat der Kaiser den Erzherzog mit seinem persönlichen Besuche beehrt, nachdem er zuvor schon einen schriftlichen Glückwunsch an den⸗ selben gerichtet hatte.
— Das Abgeordnetenhaus überwies in seiner heutigen
(W. T. B.)
8
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Pesth, 23. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses bezeichnete der neue Minister⸗Präsident Bitto, indem er an die Ursachen der letzten Ministerkrise und an die Geschichte der Bildung des neuen Kabinets anknüpfte, als die hauptsaͤchlichste Aufgabe des letzteren, daß die Heilung der schweren finanziellen und wirthschaftlichen Gebrechen versucht werde, die in der letzten Zeit zu Tage getreten. Als Vorbedingung zur Erreichung dieses Zieles betrachte er eine Vereinfachung des ganzen Verwaltungsapparates uad solche Reformen, die auf eine Herstellung des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Aus⸗ gaben abzielten. Dabei werde das Kabinet bemüht sein, der legislativen Thätigkeit nicht etwa durch Hereinziehung anderer, dazu nicht gehöriger Fragen neue Schwierigkeiten zu erwecken, und auch seinerseits nichts unterlassen, um weiteren Spaltungen vorzubeugen. Dasselbe rechne hierbei auf die einmüthige Unter⸗ stützung aller Parteien des Hauses.
Schweiz. Bern, 23. März. (W. T. B.) Aus Ver⸗ anlassung der bevorstehenden allgemeinen Volksabstimmung über die Annahme des Entwurfs der revidirten Bundesver⸗ fassung ist vom Bundesrathe eine an das schweizerische Volk gerichtete Proklamation erlassen worden, in welcher demselben die Annahme der neuen Berfassung, die eine Quelle reichen Segens für die künftigen Generationen sein werde, warm ans Herz gelegt wird.
Großbritannien und Irland. London, 21. März. Die offizielle „London Gazette“ veröffentlicht den Wortlaut des am 3. Dezember zwischen Großbritannien und Oester⸗ reich⸗Ungarn abgeschlossenen Vertrages zur gegenseitigen Auslieferung von Verbrechern.
— Die Civildienst⸗Etats für das am 31. März 1875 endende Jahr liegt nun vor. Der erforderliche Totalbetrag be⸗ läuft sich auf 18,800,661 Lstr., d. i. 243,456 Lstr. weniger als im vorhergehenden Jahre.
— Ein soeben ausgegebenes parlamentarisches Blaubuch enthält die Einzelheiten des Kredit⸗Votums, das beantragt werden wird, um die Kosten der Aschanti⸗Expedition zu bestreiten. Die Gesammtkosten betragen 900,000 Lstr. Von dieser Summe kommen 275,000 Lstr. auf die Armee, 361,000 Lstr. auf die Marine, 162,000 Lstr. auf Kapitän Glovers Expedition und 162,000 Lstr. auf diverse Ausgaben. Die größten Posten unter der Rubrik „Armee“ sind 100,000 Lstr. für Provisionen und Fourage, 40,000 Lstr. für Lastträger und Arbeiter, 39,000 Lstr. für Kleidungsstücke, 31,000 Lstr. für Extrasold und 310,000 Lstr. für Kriegsvorräthe. Unter der Rubrik „Marine“ sind 31,000 Lstr. für den Truppentransport und 48,000 Lstr. für Marinevorräthe — 88 vSe
— Im Hause der Lords überbrachte gestern Earl Beauchamp, der Ober⸗Hofmeister der Königin, 8 Botschaft Ihrer Majestät, in welcher dem Hause für die ihr übersandte loyale Adresse in Erwiderung auf die Thronrede gedankt wird. Der Marquis von Salesbury (Minister für Indien) legte hier⸗ auf einige Papiere bezüglich der Hungersnoth in Ben⸗ galen auf den Tisch des Hauses nieder und benutzte die Ge⸗ legenheit zu einigen rechtfertigenden Bemerkungen über die vom Ministerium für Indien und dem Vicekönig von Indien zur Linderung der Hungersnoth ergriffenen Maßregeln. Ein Verbot der Getreideausfuhr, meinte er, würde nutzlos gewesen sein, da die Zufuhr nichts zu wünschen übrig ließ und die einzige Schwierig⸗ keit nur in dem Transport lag. Eine Einschränkung der Aus⸗ fuhr würde unter den eingeborenen Händlern eine Panik er⸗ zeugt und der wirklichen Hungersnoth eine künstliche Knapp⸗ heit hinzugefügt haben. Was die Zukunft anbelange, so beab⸗ sichtige die Regierung, eine Anleihe von 10 Millionen Lstr. aufzunehmen, von welcher Summe vor der Hand nur drei Millionen Lstr. erforderlich sein würden, während der Rest zur Deckung aller möglichen künftigen Eventualitäten dienen solle. Außer⸗ dem sei es im Plane, zehn Dampfer für den Transport von Lebensmitteln auf kleinen Flüssen nach der Regensaison, während welcher der Karrentransport bis zu einem gewissen Grade gelähmt werden würde, zu miethen. Es werde auch be⸗ absichtigt, durch die Herstellung von billigen und systematischen Kommunikationswegen, sowie von Bewässerungswerken Fürsorge gegen die Wiederkehr eines ähnlichen Unglücks zu treffen. Eine Eisenbahn von Heryen des nothleidenden Distrikts nach Behar, die den Transport wesentlich erleichtern würde, sei bereits im Bau begriffen.
— In Folge einer ungewöhnlichen Fluth trat gestern die Themse aus ihrem Bett und überschwemmte die im Süden Londons an den Fluß grenzenden Straßen und Plätze. Es wurde dadurch sehr beträchtlicher Schaden angerichtet, und meh⸗ rere Personen ertranken. Die Wirkungen der Hochfluth wurden auch in den meisten der östlichen Häfen verspürt.
b — 23. März. (W. T. B.) Das Mitglied für Sunderland, Mr. Gourley, richtete in der heutigen Sitzung des Unter⸗ hauses an die Regierung eine Anfrage, betreffend die Hun⸗ gersnoth in Indien. Der Ober⸗Sekretär für Indien, Lord Hamilton, gab in Beantwortung der Interpellation die Erklärung ab, daß nach den Mittheilungen der indischen Regierung dort etwa 3 Millionen Menschen der Unterstützung aus öffentlichen Mitteln bedürftig seien.
Frankreich. Paris, 22. März. Zum Schluß der ge⸗ strigen Sitzung der Nationalversammlung legte General Chabaud⸗Latour seinen Bericht über die neuen Pariser Festungswerke auf den Tisch des Hauses nieder. Der Oberst Chaper stellte hierauf den Antrag, daß der Bericht weder gedruckt noch vertheilt, und daß über den Gesetzentwurf in geheimer Sitzung berathen werde. Bethmont, der sich im Namen der Kommission gegen den Chaperschen Antrag aussprach, erklärte, die Kommission habe sich mit 9 gegen 8 Stimmen dahin ausge⸗ sprochen, daß keine Gefahr vorliege, den Bericht drucken zu lassen und in öffentlicher Sitzung über denselben zu berathen. Der Minister des Aeußern sprach sich in dem nämlichen Sinne aus: „Meine Herren! Der Ihnen vorgelegte Antrag beweist Seitens unserer achtbaren Kollegen eine rechtmäßige Fürsorge und ist zugleich eine neue Kundgebung Ihres Patriotismus. Mögen Sie mir aber gestatten, Ihnen zu bemerken, daß in dem Gesetzentwurf, dessen Bericht auf den Tisch des Hauses niedergelegt wurde, es sich nur um eine vernünftige normale Organisation der Vertheidigung unseres Ge⸗ biets und unserer Hauptstadt handelt, und ich kann nicht begreifen, wie und von welcher Seite Bemerkungen oder Besorgnisse über das kommen konnten, was die augenscheinliche Ausübung unseres Rechtes legitimer Vertheidigung ist. Unsere Politik des Friedens, der Beruhigung und der Mäßigung fällt in Aller Augen; Jeder bringt ihr seine Achtung dar, und es scheint mir eine Art der ortsetzung, eine Art der Be⸗ kräftigung derselben zu sein, am hellen Tage, mit der Ruhe und der Weisheit, welche diese Versammlung beobachten wird, jene großen Fragen der Festungswerke und der Vertheidigung unserer Hauptstadt und des Vaterlandes zu diskutiren.“
— Die Verordnung des Präfekten der Seine und
Sitzung den Antrag auf Errichtung eines eigenen südtirolischen Landtags einem Ausschusse von 15 Mitgliedern. 8. sch
S g
9 aSrn Erwägung, daß der Herzog von Padoue, Maire von Courson l'Aulnay, der Kundgebung anwohnte, welche in England am 16. d. M. staͤttfand, nachdem er einen thätigen Antheil an ihrer Organisation genommen; in Erwägung, daß diese Kundgebung augenscheinlich einen politischen Charakter hatte, welche einem Maire nicht erlaubte, ihr anzuwohnen; und daß der Herr Maire von Courson 1'Aulnay dadurch, daß er sich nicht enthielt, ihr anzuwohnen, gegen die ihm von seinen Funktionen aufgezwungene Pflicht handelte; in Anbetracht des Circu⸗ lars des Hrn. Ministers des Innern ꝛc. verordnet der Präfekt der Seine und Oise nach Art. 1: Der Herzog von Padoue, Maire von Courson l'Aulnay, ist seiner Funktionen enthoben ꝛc.
Spanien. Madrid, 23. März. (W. T. B.) General Loma ist mit 13 Bataillonen in der Nähe von Reücia, etwa 3 Meilen von Bilbao, eingetroffen. Es wird dieser Bewegung, die die Schwierigkeit der Lage der Carlisten vermehrt,eine ziem⸗ lich ernste Bedeutung beigemessen. Ein weiteres hier eingegan⸗ genes Telegramm meldet, der carlistische General Palacios habe seine Truppen bis Guadalajara, nicht weit von hier, vorgeschoben.
„Italien. Rom, 23. März. (W. T. B.) Zur Beglüch⸗ wünschung des Königs bei der heutigen Jubelfeier waren Deputationen des Senates und der Deputirtenkammer im Quirinal erschienen, ebenso hatte die Armee besondere Vertreter abgesandt, die Universitäten und Schulen, sowie die Vertreter von Wissen⸗ schaft und Kunst und alle Provinzialgemeinden waren durch besondere Deputationen repräsentirt. Der König erwiderte jede der an ihn gerichteten Ansprachen und hob namentlich hervor, die Vollendung des nationalen Werkes sei gelungen, weil Italien bei der Forderung seiner Unabhängigkeit nicht der Achtung vor der Unabhängigkeit Anderer vergessen habe. Der König sprach ferner seinen Dank für die allseitige Theilnahme aus, welche von der Bevölkerung an dem heutigen Tage kundgegeben wor⸗ den sei und wies darauf hin, daß die Einheit Italiens jetzt ein Pfand des europäischen Friedens sei. Dadurch daß Rom die 1eee. des Königreichs geworden, feien die Interessen der
ieins und der Religion in gleich hohem Grade gefördert worden.
Türkei. Konstantinopel, 23. März. (W. T. B.) Die aus 2 Griechen, 2 Gregorianern, 2 Hassunisten und 2 Anti⸗ Hassunisten zusammengesetzte, mit der Berathung betreffs Thei⸗ lung der Güter der armenisch⸗katholischen Gemeinde beauftragte Kommission hat ihre letzte Sitzung gehalten. Die Hassunisten erklärten, daß sie derselben nicht offiziell beiwohnen würden, und protestirten gegen eine Theilung der Güter, welche ihnen als der wahren armenisch⸗katholischen Gemeinde allein zu⸗ kämen. Die übrigen Mitglieder der Kommission drückten ihre Ansicht dahin aus, daß die Güter der anti⸗hassunistischen Ge⸗ meinde gehörten, welche von der Pforte offiziell anerkannt wor⸗ den sei und von der sich die Hassunisten freiwillig getrennt hätten.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 19. März Auf Antrag des zum Vorsitzenden der skandinavischen Juristenvers ammlung ernannten Staatsraths Berg hat der König die Verwaltung der schwedischen Staatsbahnen ermächtigt, den ausländischen Theilnehmern an der Versammlung die Reise für den halben Preis gegen Vorzeigung ihrer Einlaßkarte und den schwedischen Theilnehmern freie Reise nach der Hauptstadt einzuräumen.
— Am 17. d. M. wurde von der Marine⸗Werfte Motala in Norrköping das dritte der daselbst gebauten 5 Panzerböte vom Stapel gelassen und erhielt den Namen Berserk“.
Asien. Die „Times“ hat aus Konstantinopel ein Tele⸗ gramm vom 20. d. M. erhalten, welches meldet, daß in einem Kabinetsconseil beschlossen wurde, sich in das Verlangen der britischen Regierung durch Auslieferung des Sohnes des Sheiks von Alown, der sich gegenwärtig als Geißel bei der türkischen Armee in Vemen befindet, zu fügen. Es wurde auch be⸗ schlossen, das Gebiet des Emirs von Dhali zu räumen.
Berlin, 24. März. Dem Reichstag ist Seitens des Reichs⸗ kanzlers die dritte Denkschrift über die Ausführung 88 Muͤnzgesetzgebung übersendet worden.
Knunst, Wissenschaft und Literatur. 8
Stuttgart 20. März (S Bor eini
20. März (St. A. f. W.) Vor einigen Wo wurde in Canstatt bei der Ausgrabung des Kellers Fber bau in der verlängerten Heücteabe ein 3' hoher und 1 ½ breiter vier⸗ seitiger Altar aus grobkörnigem Sandstein von unzweifelhaft römi⸗ schem Ursprung gefunden. r lag umgestürzt einige Fuß unter de Oberfläche des verschiedene Aufführungen verrathenden Bodens, um ihn herum Stierknochen und Scherben von Gefäßen, unter anderem von einer großen Amphora. Die vier Seiten des Altares zeigen in viereckigen Nischen aufrecht stehende Göttergestalten: eine
welche in der Kechten eine O ferschale über die Flamme eines Altares hält, auf der Linken ein sogenanntes Turibulum (Gefäß für Räucherwerk) trägt; einen Merkur mit dem Caduceus (Schlangenstab) in der Rechten, zu seinen Füßen ein Thier (Böckchen?); einen mit der Rechten auf die Keule gestützten Herkules, dessen linker Arm wie der gleiche des Merkur verstümmelt ist; und eine weitere weibliche Figur, welche trotz starker Beschädigung noch mit ziemlicher Sicherheit als Minerva gedeutet werden darf. Die Juno genannte Figur, welche sich auf anderen Altären des K. Lapidariums und sonst in süddeutschen Sammlungen ganz ähnlich findet, ist durch einen über ihre rechte Schulter vorblickenden Pfau deutlich als diese Göttin be⸗ zeichnet. Eine andere Erklärung sieht darin eine Besta. Der für die Vergleichung mit ähnlichen in Wuͤrttemberg gefundenen Altären höchst interessante Stein ist dem K. Lapidarium (im Parterre des Museums der bildenden Künste) zum Geschenke gemacht worden.
Gewerbe und Handel. 8
Der Geschäftsbericht der Centralbank für und Handel enthält die Mittheilung, ten Jahres sich im Wesentlichen nicht a
.““ 13 Industrie „ℳ½ der Reingewem des dgg. b 1— 1 us den Erträgnissen der Ge⸗ schäfte, vielmehr aus der Reduktion des Grundkapitals herleitet. Die Direktion hat den nicht unbedeutenden Gesammtgewinn zum großen
Theile zu Spezialreserven auf in ihren Resultaten noch nicht aufge⸗ Ple Geschäfte verwendet. Es verbleibt dann den Lch nicht, 9 4prozentige Dividende, während der Rest im Betrage von 17,441 Thlrn. dem Reservefonds zufällt, der dadurch auf 49,649 Thlr. 20 Sgr. steigt. — Die in d. Bl. bereits veröffentlichte Bilanz schließt auf beiden Seiten mit 7,747,079 Thlr. 27 Sgr. ab; das Aktienkapi⸗ tal beträgt nach dem vollzogenen Rückkauf von 2,500,000 Thlr. nun⸗ mehr 10,000,000 Thlr. mit 60 prozentiger Einzahlung oder effektiv 6,000,000 Thlr. — Das Gewinn⸗ und Verlust⸗Konto weist einen Gewinn von 410,969 Thlr. auf, wovon 293,384 Thlr. beim Aktien⸗ rückkauf erzielt sind. Von dem Gewinn werden nach dem Antrage der Direktien 153,528 Thlr. 13 Sgr. in Spezialreserve gelegt, der verbleibende Nettogewinn von 257,441 Thlr. findet die oben erwähnte
Oise betreffs d tzung des Maires Herzog von Padoue lautet: 1.“
Verwendung