1874 / 104 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 04 May 1874 18:00:01 GMT) scan diff

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Front der Mannschaften ab und begaben Sich dann, geleitet von dem Jubelrufe des die ganze Breite einnehmenden Publikums, in das Innere des Botschafts⸗Hotels, dessen erste Etage Se. Majestät der Kaiser Alexander zu bewohnen pflegt. Am Fuße der Treppe empfing der russische Botschaster seinen Souverän, und oben in den Empfangssälen waren Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin und Ihre Königlichen Hoheiten die Prin⸗ zessinnen des Königlichen Hauses versammelt, um den Kaiser und die Großfürsten zu begrüßen. Kurze Zeit darauf erschien auch Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin, um die Begrüßung Sr. Majestät des Kaisers zu erwiedern. Bald nach der Ankunft machte Se. Majestät der Kaiser on Rußland Ihren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin, Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen und den Prinzessinnen des Königlichen Hauses und darauf den General⸗Feldmarschällen Grafen von Wrangel, Grafen von Moltke, Freiherrn von Manteuffel Allerhöchstihren Besuch.

Um 5 Uhr fand im Balkonsaale des Königlichen Palais Familientafel zu 27 Gedecken statt. An derselben nahmen Se. Majestät der Kaiser Alexander mit den Beiden genannten Großfürsten und dem, im Laufe des Nachmittags aus Schwerin eingetroffenen Großfürsten Wladimir Theil, ebenso auch Ihre Königlichen Hoheiten der Grotzherzog, die Großherzogin, die Groß⸗

herzogin⸗Mutter, der Erbgroßherzog und Ihre Hoheiten die Her⸗ zogin Marie und der Herzog Paul von Mecklenburg⸗Schwerin, Se. Majestät der Kaiser von Rußland trug die Uni⸗ form des Kaiser Alexander Grenadier⸗Regiments, ebenso die roßfürsten die Uniform ihrer preußischen Regimenter mit Aus⸗ ahme des Großfürsten Wladimir, der, zumj ersten Male Se. Majestät den Kaiser und König begrüßend die preußische Gene⸗ als⸗Uniform angelegt hatte. Se. Majestät der Kaiser und önig, der Kronprinz, der Großherzog von Mecklenburg⸗Schwerin iud die Prinzen des Königlichen Hauses, mit Ausnahme des rinzen Alexander, erschienen in der Uniform Ihrer russischen Regimenter. Abends besuchten die Kaiserlichen Majestäten mit Ihren Hohen Gästen die Vorstellung im Königlichen Opernhause. Heute Vormittag um 11 Uhr fand zu Ehren Sr. Ma⸗ jestät des Kaisers von Rußland auf dem Tempelhofer Felde ein Exerciren einer kombinirten Brigade im Feuer statt. Die Brigade wurde kommandirt von dem General⸗Major und Com⸗ andeur der 4. Garde⸗Infanterie⸗Brigade von Dannenberg und war zusammengesetzt aus dem Kaiser Alexander Garde⸗Gre⸗ nadier⸗Regiment Nr. 1 (Commandeur Oberst von Wussow), dem aiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 2 (Commandeur Oberst Bogun von Wangenheim, dem Garde⸗Füsilier⸗Regiment Oberst von Papstein), dem 2. Garde⸗Dragoner⸗Regiment (Oberst reiherr zu Zedlitz⸗Leipe) und 2 Batterien der Garde⸗Feld⸗Ar⸗ tilllerie⸗Brigade. Die Aufstellung der Truppen erfolgte am Auf⸗ gangsterrain westlich des Kreuzberg⸗Monuments.

Die Aufstellung der zuschauenden Generale ꝛc. hatte derartig

attgefunden, daß der rechte Flügel derselben ungefähr an der Kolonnen⸗Brücke stand, mit dem Rücken nach der Stadt, die Allee nach der Brücke vor der Front, so daß Ihre Majestäten wischen der Allee und der Front an dieser vorbeikamen, Se. Ma⸗ estät der Kaiser von Rußland zu Pferde, während Se. Majestät er Kaiser und König einer leichten Quetschung wegen fuhren. Auf dem linken Flügel, den die Majestäten, von der Tempel⸗

p-Fee Ehsfe kammend Auerst erreichten, standen die Feld⸗ marschälle Graf von Wrangel, Freichtzn Henner 1. 2⸗

Manteuffel, der Kriegs⸗Minister General⸗Lieutenant von Kameke, ann folgten die übrigen Generale nach der Anciennetät. Im weiten Gliede der Aufstellung waren die zuschauenden Stabs⸗ iud sonstigen Offiziere placirt.

Bei dem Exerciren waren die gesammten hier anwesenden fremden Fürstlichkeiten, Se Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Carl und Friedrich Carl, Se. Königliche Hoheit der Prinz August von Würt⸗ temberg gegenwärtig.

Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin, sowie Ihre

Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzeffin, die Prin⸗

zessin Friedrich Carl und Ihre Königliche Hoheit die Groß⸗ erzogin von Mecklenburg⸗Schwerin waren in offenen Wagen er⸗ chienen, um dem militärischen Schauspiel beizuwohnen.

Bei dem recht günstigen Wetter hatte sich ein zahlreiches Publikum versammelt, das theils zu Wagen, theils zu Pferde und zu Fuß dem militärischen Schauspiel zusah.

Nach beendigtem Exerciren rückten die Truppen unter klin⸗

eendem Spiel in ihre Quartiere.

Nachmittags um 5 Uhr findet im Königlichen Palais

statt,

Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute die Generale von Boyen, von Strubberg und von Werder. Um 10 ½ Uhr begaben Se. Majestät Sich zu Wagen zu dem

en vor Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland auf dem Tempelhofer Felde und wohnten demselben auch zu Wagen bei, da der Arzt Sr. Majestät, einer leichten Quetschung wegen, das die Kaiserin⸗Königin in der Kirche des . bei. Ihre Majestät em⸗ pfing hierauf Majestät des Kaisers Alexander bei Seiner Ankunft, und verfügte Sich doeann sofort in das Kaiserlich russische Palais, wo die König⸗ liche Familie vereinigt war, um daselbst den Besuch zu er⸗ wiedern. Gestern fand das Familien⸗Diner bei den Kaiserlichen Majestäten im —2 1 Heute war Ihre Maje die Kaiserin⸗Königin bei dem Sxereieren vor beiden düisan anwesend. Im Königlichen 2 ein großes Diner und eine Abend⸗Gesell⸗

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz kam Semn Vormittag um 11 Uhr nach Berlin und begab Sich um 12 ½ Uhr mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen Wilhelm und Heinrich zum ange Sr. Majestät des Kaisers von Rußland nach dem O &

Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin, x2 mit dem 12 Uhr⸗Zuge mit Ihrer Hoheit der Prinzessin Marie von Sachsen⸗Meiningen von

sdam angekommen war, begrüßte Nachmittags 1 ¼ Uhr Se.

jestät den Kaiser von Rußland im russischen Botschafts⸗

Im Laufe des Nachmittags empfing Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz den Ober⸗Konsistorial⸗Rath Dr. 2 Se.

Durchlaucht den Fürsten Chlodwig Hohenlohe und den Lega⸗

tions⸗Rath 232 Paul Hatzfeld.

Beide Höchste Herrschaften nahmen Nachmittags 5 Uhr an dem Familiendiner bei Ihren Majestäten Theil. Abends besuchte Se. Kaiserliche Hoheit die Vorstellung im Opernhause und be⸗ gleitete später Ihre Kaiserliche Hoheit die Kronprinzessin nach dem Victoria⸗Theater.

Se. Majestät der Kaiser und König gedenken Sich, nach den bisher getroffenen Dispositionen, am 7. d. M. nach Wiesbaden zu begeben. Die Abreise erfolgt Abends 11 Uhr vom Potsdamer Bahnhofe, die Ankunft in Wiesbaden am 8., Vormittags 10 Uhr 40 Minuten. Die Rückkehr ge⸗ denken Se. Majestät am 24. anzutreten; an diesem Tage werden Allerhöchstdieselben Sich von Wiesbaden nach Ems begeben und von dort am 26. auf dem Babelsberg resp. in Berlin ein⸗

treffen. 1

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Seewesen und für Pustizwesen hielten gestern, die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Rechnungswesen, sowie der Ausschuß für Rechnungswesen gestern Sitzungen.

Im ferneren Verlaufe der gestrigen Sitzung am 2. d. M. verwies das Haus der Abgeordneten den Gesetzent⸗ entwurf, betreffend die außerordentliche Tilgung von Staats⸗ schulden, ohne weitere Debatte an die Budget⸗Kommission. Schluß 2 Uhr.

In der heutigen (58.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher am Ministertische der Staats⸗Minister Dr. Falk mit mehreren Kommissarien beiwohnte, wurde zunächst mit⸗ getheilt, daß der Abg. Born sein Mandat niedergelegt habe. Eingegangen sind von den Ministern der Finanzen und des Han⸗ dels ein Gesetzentwurf, betreffend die Uebernahme einer Zinsgarantie des Staates für eine Prioritätsanleihe der Berliner Nord⸗Eisenbahn⸗ Gesellschaft; vom Handels⸗Minister ein Gesetzentwurf, betreffend die Verwendung der vom Kommerzien⸗Rath Sabey zu Münster zum Bau einer Eisenbahn von Wesel nach Bochold gestellten und dem Staate verfallenen Kaution, von den Ministern des Auswärtigen, der Finanzen, des Innern und des Handels ein Vertrag mit der freien Stadt Hamburg, betreffend die Regu⸗ lirung der Grenzverhältnisse an der Süderelbe. Vom Abg. Respondek ist eine Interpellation, betreffend die Besitznahme der Propstei Parchanie in der Provinz Posen, eingebracht worden. In dritter Berathung wurden definitiv ange⸗ nommen die Gesetzentwürfe, betreffend die Aufhebung der gesetz⸗ lichen Erbfolge nach der Magdeburger Polizei⸗Ordnung vom 3. Januar 1688, der revidirten Willkür der Stadt Burg vom 3. Februar und konfirmirt den 16. März 1698, sowie des Mär⸗ kischen Erbrechts in dem 1. und 2. Jerichowschen Kreise und betreffend die Aufhebung des Homagialeides.

Es folgte die zweite Berathung des Gesetzentwurfes, be⸗

treffend die Verwaltung erledigter katholischer Bis⸗

thümer.

§. 1 lautet: In einem katholischen Bisthume, dessen Stuhl er⸗ ledigt ist, dürfen die mit dem bischöflichen Amte verbundenen Rechte und geistlichen Verrichtungen, insgesammt oder einzeln, soweit sie nicht die Güterverwaltung betreffen, bis zur Einsetzung eines staatlich aner⸗ kannten Bischofs nur nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Gesetzes ausgeübt werden.“ 8

Es meldeten sich gegen den Paragrapben die Abgeordneten

Dr. Reichensperger, Lieber, v. Boramski, v. Tzarlinski, v. Jazd⸗ zewski; für den Paragraphen die Abgeordneten Dr. Wehren⸗ pfennig und v. Sybel. Der Abgeordnete Dr. Reichensperger hatte bei Schluß des Blattes noch das Wort.

Der Kaiserlich deutsche Botschafter am Kaiserlich russi⸗ schen Hofe, Se. Durchlaucht Prinz Heinrich VII. Reuß, sowie der Kaiserlich deutsche Militärbevollmächtigte zu St. Petersburg, General⸗Major v. Werder, sind hier eingetroffen.

Der General⸗Lieutenant und Inspecteur der Gewehr⸗ fabriken Wolff⸗ von Linger, welcher sich vor einiger Zeit in dienstlichen Angelegenheiten nach Thüringen ꝛc. begeben hatte, ist von dort hierher zurückgekehrt.

Am 30. d. Mts., Nachmittags, starb hierselbst der König⸗ liche Ober⸗Landforstmeister a. D., Wirkliche Geheime Rath von Reuß im 81. Lebensjahre. Bei den hervorragenden Verdiensten, welche der Verewigte sich um die preußische Forstverwaltung er⸗ worben hat, wird sein Andenken gewiß für die preußischen Forst⸗ beamten ein bleibendes sein.

S. M. Kanonenboot „Albatroß“ ist am 1. Mai in Kiel außer Dienst gestellt.

Bayern. München, 2. Mai. Die am Inn gelegene Stadt Wasserburg ist gestern durch einen verheerenden Brand zu zwei Drittheilen in Asche gelegt. Soweit sich der durch dasselbe angerichtete Schaden übersehen läßt, sind 20 Häuser gänzlich zerstört, mehrere andere beschädigt. Unter den ersteren befindet sich das Rathhaus, unter letzteren das Bezirksgericht. Das werthvolle Gemeindearchiv ist gerettet worden. Von dem Kriegs⸗Ministerium wurde auf das bezügliche Ansuchen eine Pionierabtheilung zur Hülfeleistung abgesandt; die Feuerwehren von 24 verschiedenen Orten waren in Thätigkeit.

Sachsen. Dresden, 2. Mai. Die Erste Kammer berieth heute in einer kurzen Sitzung den von v. Erdmannsdorff erstatteten Bericht der Finanz⸗Deputation über die auf den Neu⸗ bau eines Zeughauses ꝛc., und die Errichtung neuer Militär⸗ SEtablissements bezüglichen, von der Zweiten Kammer bereits be⸗ willigten Forderungen des außerordentlichen Budgets im Betrage von 900,000 Thlr. und 1,520,000 Thlr. Die Kammer bewilligte einstimmig die geforderten Summen. Nächste Sitzung: Mittwoch.

Württemberg. Stuttgart, 2. Mai Die Groß⸗ fürstin Konstantin von Rußland mit ihren Söhnen, den Großfürsten Konstantin, Dmitri und Wjatscheslaw sind gestern Abend hier eingetroffen und im Königlichen Residenz⸗ schlosse abgestiegen.

Baden. Karlsruhe, 2. Mai. Der Großherzog ist heute Nachmittag, von Max⸗Wilhelmshöhe im Odenwald zurück⸗ kehrend, in der Residenz eingetroffen. Prinzessin Wilhelm befindet sich zur Zeit in Baden und ist im Palais Stephanie bei der Herzogin von Hamilton abgestiegen.

Die Erste Kammer wird am Freitag, den 8. d. M., Bormittags 11 Uhr, zu einer öffentlichen Sitzung zusammentreten, um ihre Thätigkeit wieder aufzunehmen.

Hessen. Darmstadt, 1. Mai. Die von Großherzog⸗ licher Ober⸗Steuer⸗Direktion gefertigten Uebersichten über die Einkommensteuerpflichtigen üü das Jahr 1874 und die Veränderungen an den Einkommensteuerkapitalien von 1870/74 lassen erkennen, in welch bedeuten em Umfange sich die Ei 1

mensteuerkapitalien gehoben haben.

1870 in 7,438,260 Fl. bestehend, belaufen sich jetzt auf 8,831,725 Fl., was einem Zuwachs von 1,393,465 Fl. oder von 18,7 Prozent entspricht. Den erheblichsten Antheil an letz⸗ terem zeigt die Provinz Rheinhessen, deren Einkommensteuer⸗ kapital von 2,792,005 Fl. auf 3,455,525 Fl., mithin um 663,520 Fl. oder um 23,8 Prozent gestiegen ist. In Prozenten ausgedrückt, trägt zu dem gesammten Einkommensteuerkapital die Provinz Starkenburg 39,3, Rheinhessen 39,1 und Oberhessen 21,6 Prozent bei. Berechnet man den Antheil der einzelnen Provinzen an diesem Kapital auf den Kopf der Bevölkerung, so ergiebt sich, daß in Rheinhessen 13,4, in Starkenburg 9,9, in Oberhessen 7,5 und im Großherzogthum 10,4 Gulden Ein⸗ kommensteuerkapital auf einen Bewohner entfallen.

Mecklenburg. Schwerin, 2. Mai. Der Groß⸗ fürst Wladimir von Rußland ist heute in der festlich ge⸗ schmückten Residenz eingetroffen. Von der Theilnahme der Be⸗ völkerung an dem Besuch zeugte der Empfang auf dem Wege nach dem Großherzoglichen Schlosse, wo die Menge in laute Hurrahs ausbrach. Großfürst Wladimir Alexandrowitsch, ge⸗ boren 22. April 1847, zweiter Sohn des Kaisers Alexander II., ist General⸗Adjutant des Kaisers, Chef der Garde⸗Tirailleurs⸗Bri⸗ gade, Chef des neurussischen Dragoner⸗Regiments, des Infan⸗ terie⸗Regiments von Dorpat und des 83. Infanterie⸗Regiments von Samour, endlich auch Chef des Königlich preußischen Thü⸗ ringischen Husaren⸗Regiments Nr. 12. Se. Kaiserliche Hoheit wird zunächst bis morgen hier verweilen, um dann mit den Großherzoglichen Herrschaften nach Berlin zu reisen, von wo Letztere am 6. Mai hierher zurückkehren werden. 8

Oldenburg. Oldenburg, 1. Mai. Se. Königliche Hoheit der Großherzog ist heute Abend in Begleitung der Flügel⸗Adjutanten Oberst⸗Lieutenants Hedelius und von Heim⸗ burg über Cöln und Trier nach Metz abgereist und wird von dort am 7. d. Mts. zu einem etwa achttägigen Aufenthalt in Birkenfeld eintreffen.

In militärischen Kreisen ist heute der fünf und zwan⸗ zigste Jahrestag der Gründung des jetzigen Olden⸗ burgischen Dragoner⸗Regimentes Nr. 19 festlich be⸗ gangen worden. Die Feier bestand in einer Parade der hier garnisonirenden drei Schwadronen und einem Gottesdienst in der Großherzoglichen Begräbnißkapelle, bei welchem ein Lorbeer⸗ kranz auf den Sarg des Stifters des Regimentes, des Hoch⸗ seligen Großherzogs Paul Friedrich August, niedergelegt wurde. Später fand ein Galadiner im Großherzoglichen Schloß statt, zu welchem die Offiziere des Regimentes und die zahlreich an⸗ wesenden Fremden geladen waren. An den Festlichkeiten nahmen außer dem Großherzog und dem Erbgroßherzog auch Se. König⸗ liche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen ommandeur des X. Armee⸗Corps und Se. Hoheit der Herzog Elimar von Oldenburg, welcher zu diesem Zweck ebenfalls von Hannover herübergekommen war, Theil. Dem Commandeur des Olden⸗ burgischen Dragoner⸗Regimentes, Oberst⸗Lieutenant von Grodzki, ward in Anlaß der Feier vom Großherzog das Comthurkreuz des Oldenburgischen Haus⸗ und Verdienst⸗Ordens verliehen.

Am 27. v. Mts. war der an Stelle des kürzlich ver⸗ storbenen Minister⸗Residenten Baron von Vegesack zum russ i⸗ schen Geschäftsträger am Großherzoglichen Hofe ernannte Kaiserlich russische Staatsrath von Höltzke in Hamburg zur Ueberreichung seiner Kreditive in Oldenburg anwesend.

Bei der bevorstehenden Vermählung der Grofßfürstin Vera von Rußland mit dem Perzog Eugen von Württemberg wird Se. Königliche Hoheit der Großherzog durch den Kammer⸗ herrn Frhrn. von Rössing vertreten sein, welcher sich zu dieser Feier in den nächsten Tagen nach Stuttgart begeben wird.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 1. Mai. Die Herzogin hat heute Morgen Coburg verlassen, um sich zu ihrem Gemahl nach Oberhof auf dem Thuüringer Wald zu begeben.

Schwarzburg⸗Audolstadt. Rudolstadt, 1. Mai.

Der kürzlich neugewählte Landtag ist zu einer außerordent⸗ iichen Session zum 6. Mai einberufen. 8

Wien, 1. Mai. Im Abgeord⸗ netenhause legte der Handels⸗Minister einen Gesetzentwurf vor, betreffend die Vereinigung der österreichischen Nordwesthahn mit der süd⸗norddeutschen Verbindungsbahn und der mährischen

Oesterreich⸗Ungarn.

Grenzbahn mit der Lundenburg⸗Grußbacher Bahn. Der Finanz⸗ Minister überreichte zwei Gesetzentwürfe über die Verjährung des aus Staatsschuldverschreibungen, welche dem Staatsgläubi⸗ ger keine Kapitalsrückforderung gewähren, gegen den Staats⸗ schatz zustehenden Verzinsungsanspruches und betreffs der Aen⸗ derung einiger Bestimmungen über den Feingehalt der Gold⸗ und Silberwaaren. Das Haus trat den vom Herrenhause an dem Gesetzentwurfe über die Besteuerung des kirchlichen Pfründen⸗ vermögens vorgenommenen Aenderungen bei. Das Klcoster⸗ gesetz wurde in dritter Lesung genehmigt. Der Cesetzentwurf betreffs der dalmatinischen Bahn von Spalato nach Siverich ward in zweiter und dritter Lesung nach dem Antrage des Aus⸗ schusses angenommen. Kochanowski interpellirte wegen Einbrin⸗ gung einer Vorlage über die Bahnlinie Czernowitz⸗Nowosielitza.

4. Mai. (W. T. B.) Die „Montagsrevue“ meldet, daß der Kaiser dem italienischen Minister⸗Präsidenten Minghetti und dem italienischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Visconti Venosta das Großkreuz des St. Stephansordens, dem italienischen Gesandten am hiesigen Hofe, Graf Robilant, das Großkreuz des Leopoldordens, dem Kabinetschef des Königs von Italien, Aghemo, das Großkreuz des Franz Josephs⸗Ordens ver⸗ liehen hat.

Prag, 1. Mai. Der Herzog von Sachsen⸗Alten⸗ burg ist gestern zum Kurgebrauche in Marienbad angekommen.

Pest, 2. Mai. In der gestrigen Sitzung des Ab geordneten⸗ hauses bemerkte Solymossy zu der Antwort Ghyczy's, Hinder⸗ nisse, welche einer selbständigen Nationalbank im Wege stünden, kenne er nicht; es scheine aber geheime Hindernisse zu geben, Abmachungen Seitens der gewesenen Finanz⸗Minister, und darüber verlange er Auskunft. Die Noth sei groß, die Steuern uner⸗ schwinglich und kaum möglich, sie einzutreiben. Die Errichtung einer Bank könne noch einige Hülfe gewähren. Ghyczy replizirte, er könne nichts dafür, wenn man an seine Person unerfüllbare Hoffnungen geknüpft habe; die schwierige Lage sei einmal vor⸗ handen, und Rekriminationen hülfen nicht darüber hinweg. Seine Ansichten über die Bankfrage habe er nicht geändert; dies be⸗ weise sein 1872 von ihm als Abgeordneten eingebrachter Be⸗ schlußantrag. Die Antwort des Finanz⸗Ministers wurde bei Na⸗ mensaufruf mit 134 gegen 77 Stimmen zur Kenntniß genommen. 228 Abgeordnete waren abwesend. Die Rechte und die Mittel⸗ pärtei stimmte dafür, die Partei Tisza und die äußerste Linke

hie uf in dritter Lesung angenommen und der Gesetzentwurf

über Maßregeln gegen die Viehseuche zu Ende berathen. In der heutigen Sitzung interpellirte Gubody den Ver⸗ kehrs⸗Minister, ob er den Ausbau der Linie Wien⸗Novi ver⸗ hindern wolle, bis der ungarische Anschluß an das türkische Bahnnetz an den serbischen und bosnischen Grenzen gleichzeitig gesichert ist. Bei der Verhandlung der Petitionen unterstützte Solymossy ein Gesuch um Säkularisation der Kirchengüter und Zerwendung des Ertrages zur Dotirung einer ungarischen Nationalbank. Die äußerste Linke unterstützte den Antrag. Pechy nd Tisza wiesen unter lebhafter Zustimmung eine solche Maß⸗ hegel zurück, durch die das von Allen angestrebte Ziel auf Her⸗ ellung eines selbständigen Bankwesens gefährder würde. Bezüglich der israelitischen Schulfonds⸗Angelegenheit wurde ach dem Antrage des Kultus⸗Ministers Trefort beschlossen, den Bericht des Ministers abzuwarten. Der zweite Theil der vom getitionsausschusse empfohlene Resolution, der Kultus⸗Minister möge angewiesen werden, bis dahin weitere Verfügungen in der Seminar⸗Angelegenheit zu unterlassen, wurde abgelehnt, nachdem Trefort eine mündliche Zusage hierüber ertheilte und dieselbe zu Protokoll genommen wurde.

Schweiz. Bern, 2. Mai. (W. T. B.) Die mili⸗ ärische Besetzung des Dorfes Brislach im Berner Jura, welche in Folge der durch die Ultramontanen veran⸗ aßten Unruhen für nothwendig erachtet war, ist wieder auf⸗ gehoben, jedoch bleibt eine Compagnie auf Piquet gestellt.

Niederlande. Haag, 2. Mai. (W. T. B.) Wie eine hier eingetroffene offizielle Depesche aus Buitenzorg vom heu⸗ tigen Tage meldet, ist der General van Swieten mit seinem Stabe dort eingetroffen. Der Gesundheitszustand in Batavia ist

n befriedigender.

Großbritannien und Iriand. London, 1. Mai. Die Königin ertheilte gestern auf Windsor dem Präsidenten der Geographischen Gesellschaft, Sir Bartle Frere, eine Audienz, in welcher er ihr die beiden Söhne des verstorbenen Dr. Li⸗ vingstone vorstellte.

Prinz Arthur, der dritte Sohn der Königin Victoria, wollendete heute sein 24. Lebensjahr. Das Geburtsfest wurde in Windsor feierlich begangen.

Der Gemeinderath von London hat in seiner

estrigen Sitzung beschlossen, dem Kaiser von Rußland an⸗ äßlich dessen bevorstehenden Besuches in der City eine Will⸗ kommen⸗Adresse zu überreichen. Gleichzeitig wurde der Be⸗ schluß gefaßt, dem Generalmajor Sir Garnet Wolseley in Anerkennung seiner tapferen Dienste in der Armee und der aus⸗ gezeichneten Fähigkeit und Bravour, die er in seinem Kommando der nach der Goldküste gesandten Expedition entfaltete, einen Ehrendegen im Werthe von 100 Guineen zu überreichen.

Die Soldaten, Matrosen und Marinetruppen, die aus dem Aschanti⸗Feldzuge nach Portsmouth zurückgekehrt nd; wurder gestern vom Bürgermeister dieser Stad⸗ festlich be⸗ wirthet.

Frankreich. Paris, 2. Mai. veröffentlicht folgende Note:

Die französische Regierung ist benachrichtigt worden, daß, dem Gesetz vom 18. Juli 1860 und den in Folge dieses Gesetzes erlassenen Dekreten zuwider, gewisse nicht ermächtigte Agenten versuchen, die größtmögliche Anzahl Arbeiter anzuwerben, um sie alsdann nach den verschi⸗denen Punkten Amerikas zu senden, indem sie fast immer eine übertriebene und lügnerische Beschreibung der Vortheile machen, welche die Auswanderer in den bezeichneten Gegenden finden können. Die Verwaltung hat deshalb geglaubt, ihren Agenten eine verdoppelte Ueberwachung in dieser Hinsicht anempfehlen zu müssen, um die Aus⸗ dehnung eines schändlichen Gewerbes zu verhindern, dessen Opfer die arbeitenden Klassen gewesen sind. Unerlaubte Anwerbungen wurden in der letzten Zeit konstatirt und an die Gerichte verwiesen. Um die Wirksamkeit der in dieser Hinsicht getroffenen Maßregeln zu sichern, ist es jedoch gut, den Arbeitern auf dem Lande und in den Fabriken bekannt zu machen, daß es in ihrem Interesse liegt, bei der Verwal⸗ tung (in den Departements auf den Präfekturen, in Paris, Havre und Belfort bei den speziellen Auswanderungs⸗Agenturen) Erkundigungen einzuziehen, ehe sie einen Kontrakt als Auswanderer unterzeichnen.

Das „Avenir Militaire“ zeigt an, daß die Frist zur Einschreibung in die Stammrollen der Territorial⸗ Armee von Neuem bis 15. Mai verlängert wird, da man über⸗

Das „Journal officiel“

zeugt ist, daß sich viele Personen dieser Pflicht entzogen haben.

Bis jetzt haben sich 160,850 Pariser auf den Listen der Ter⸗ ritorial⸗Armee (die Leute von 29 bis 40 Jahren) einschreiben lassen. Man glaubt, daß, wenn die Einschreibung beendet ist, nahe an 200,000 Mann auf den Listen, also ungefähr die Hälfte der eingeschriebenen Wähler, siguriren werden. Nimmt man das nämliche Verhältniß für ganz Frankreich an, so wird die Terri⸗ torial⸗Armee auf dem Papier aus 4 ½ Millionen Mann bestehen, da Frankreich über 9 Millionen eingeschriebene Wähler hat.

Allen Deputirten, welche Botschafter sind oder militärische Kommandos haben, ist der Befehl geworden, für die Eröffnung der Session der Nationalversammlung in Ver⸗ sailles anwesend zu sein. Die Botschafter oder Gesandten sind: Target (Haag), Graf Chaudordy (Bern), Herzog de la Roche⸗ foucauld (London), de Corcelle (im Vatican), de Noailles (in Italien), Le Flo (in Petersburg) und de Gontaut⸗Biron (in Berlin). Vier Deputirte haben Kommandos, nämlich der Ge⸗

neral de Cissey, Chanzy, Herzog von Aumale und Aurelle de

Paladines.

3. Mai. (W. T. B.) Das gestern hier von einigen Journalen verbreitete Gerücht, daß die Regierung sich dazu ver⸗ standen habe, der äußersten Rechten die Konzession zu machen, die Berathung der konstitutionellen Gesetze zu wird von autorisirter Seite auf das Bestimmteste

ementirt.

Spanien. Madrid, 2. Mai. (W. T. B.) Die amt⸗ liche „Gaceta“ meldet, nach der letzten Depesche aus Castro d'Urdiales von gestern Nachmittag 1 Uhr sei die Armee in Portugalete eingetroffen. Spätere Telegramme vom Mar⸗ schall Serrano habe die Regierung noch nicht empfangen, weil nach der Verlegung des Hauptquartiers nach Portugalete der Telegraph für den Militärdienst noch nicht eingerichtet sei.

Nach Mittheilungen von gestern Abend, welche dem „Imparcial“ zugegangen sind, wäre Marschall Serrano um 3 ½ Uhr in Portugalete eingetroffen, aber sofort wieder in der Rich⸗ tung auf Bilbao zu abgegangen, wohin auch die Generale Concha und Lazerna ihren Marsch gerichtet hätten.

Offizielle, der Regierung zugegangene Nachrichten melden den gestern erfolgten Einzug des Marschalls Serrano in Portugalete. Zwei Divisionen sind unter seinem Ober⸗ befehl auf das rechte Ufer des Nervion gegangen. Die Car⸗ listen haben Castreiana verlassen. Das dritte Corps unter dem General Concha hält die Höhen von Santa Agueda besetzt. Die Carlisten verdoppeln das Feuer auf Bilbao, wel⸗ ches von der Stadt lebhaft beantwortet wird.

Ein Telegramm des Marschalls Serrano aus Portugalete vom heutigen Tage berichtet ferner: Der General Concha hat mir angezeigt, daß einige Freiwillige aus Bilbao zu ihm gekommen seien, um ihm zu melden, die Carlisten hätten alle ihre Stellungen verlassen, und daß er selbst die Brücken bei Burcena und Castrejana rekognosziren wollte, um seine Truppen über den Fluß zu setzen. Ich habe ihm geantwortet, er solle zu⸗ erst mit seinem Armee⸗Corps nach Bilbao marschiren. Die Regierungstruppen ziehen noch immer bei Portugalete über den Nervion, um auf der anderen Seite gegen Bilbao vorzugehen. Die aus Privatquellen stammenden Nachrichten, nach denen der Marschall Serrano bereits seinen Einzug in Bilbao gehalten haben sollte, bestätigen sich hiernach bis jetzt nicht.

3. Mai. (W. T. B.) Nach neuesten der Regierung soeben zugegangenen Nachrichten ist die Entsetzung Bilbaos und der Einzug der Regierungstruppen in Bilbao nunmehr erfolgt. Die Besetzung Bilbaos durch die Regierungs⸗ truppen fand indeß nicht, wie die „Correspondencia“ meldet, be⸗ reits am 1. d. M., sondern erst gestern Nachmittag 5 ½ Uhr statt. Ein Extrablatt der amtlichen „Gaceta“ veröffentlicht zunächst ein Telegramm des Militärkommandanten von Castro di Urdiales, welches einfach den Einmarsch der Regierungstruppen in Bilbao meldet. Nach einem anderen Telegramme sind die Truppentheile des dritten Armee⸗Corps gestern Nachmittag 5 ½ Uhr in Bilbao eingerückt, Marschall Serrano wollte heute seinen Einzug daselbst halten. Die Carlisten suchten nach derselben Meldung ihren Rückzug nach Guipuzcoa zu bewerkstelligen, sie befanden sich im Zustande vollständiger Desorganisation. Die Stadt Madrid hatte gestern Abend illuminirt, das Ayuntamiento begab sich zum Kriegs⸗Minister Zabala und überbrachte ihm die Glückwünsche * Stadt zu den Erfolgen des Marschall Serrano und der

rmee.

Die „Gaceta“ publizirt ferner ein amtliches aus San Martino vom 25. April datirtes Dekret, durch welches alle Spanier, die am 31. Dezember v. J. ihr 19. Lebensjahr voll⸗ endeten, zum aktiven Militärdienst einberufen werden.

Der frühere zur Partei der Intransigenten gehörende Deputirte Santa Maria ist verhaftet worden.

Eine in Paris eingetroffene Depesche carlistischen Ursprungs aus Bayonne vom 3. Mai dementirt die Nach⸗ richt von dem Einmarsch der republikanischen Truppen in Bilbao und meldet, das Bombardement auf Bilbao dauere noch fort und sei jetzt lebhafter, als je zuvor. Der Carlistenchef Elio habe seine Streitkräfte in sehr starken Vertheidigungslinien um Barracaldo, Zarroza und Castrinsana konzentrirt und sei in der Lage dem Feinde die Spitze zu bieten.

Ein Telegramm aus Madrid vom 3. Abends meldet: Neue Nachrichten von der Nordarmee sind noch nicht wieder eingegangen, die Telegraphenverbindung ist in Folge des an⸗ dauernd stürmisch⸗regnerischen Wetters gestört. Zwischen Portu⸗ selghe und der seitherigen in der Richtung von hier auf dort

estandenen Endstation hatte man gestern die telegraphische Ver⸗ bindung hergestellt. Der „Iberia“ zufolge geht die Absicht der Regierung dahin, die baskischen Provinzen und Navarra mili⸗ tärisch zu besetzen und eine neue Operationsarmee zu formiren, die in fliegenden Kolonnen das ganze Königreich durchziehen und die Carlisten bis zur vollständigen Vernichtung verfolgen soll. Auf Pi y Margall ist heute ein Mordversuch gemacht worden. Ein Individuum drang in Margalls Wohnung, feuerte aus einem Revolver mehrere Schüsse auf Pi y Margall ab, die aber sämmtlich fehlgingen, und tödtete sich dann selbst.

Griechenland. Athen, 3. Mai. (W. T. B.) Co⸗ munduros hat dem Könige gestern ein Memorandum vorgelegt, in welchem er das Verlangen stellt, daß von seiner Amtsführung jeder unberechtigte Einftuß fern gehalten bleiben und eine Aenderung in der auswärtigen Politik eintreten müsse; andernfalls sehe er sich außer Stande, den Auftrag des Königs, ein neues Ministerium zu bilden, auszuführen.

Eine weitere Depesche berichtet: Nachdem die Verhand⸗ lungen mit Zaimis und Comunduros wegen Bildung eines neuen Kabinets sich zerschlagen hatten, wurde Deligeorgis vom Könige mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauf⸗ tragt. Auch dieser ist aber bei Ausführung des Auftrags auf so große Schwierigkeiten gestoßen, daß er den Auftrag wieder abgelehnt hat.

Türkei. Konstantinopel, 2. Mai. Der österreichische Botschafter Graf Ludolf, welchem der Sultan den Groß⸗ Cordon des Medschidje⸗Ordens verlieh, ist heute nach Triest ab⸗ gereist.

Fürst Milan von Serbien hat vor seiner Abreise nach Stambul folgende Proklamation veröffentlicht:

„Da ich mich nach Konstantinopel zum Besuche bei Sr. Majestät dem Sultan begebe, verordne ich, daß während meiner Abwesenheit, insoweit es nöthig sein sollte, mein Ministerrath mich in der Aus⸗ übung der Fürstlichen Gewalt gemäß jenen Instruktionen vertrete, die ich demselben ertheilt habe. Indem ich meinem geliebten Volke hier⸗ von Mittheilung mache und in dessen Treue und Unterthanenliebe volles Vertrauen setze, empfehle ich es auch bei dieser Gelegenheit dem Schutze des Allmächtigen.“

Nußland und Polen. St. Petersburg, 1. Mai. Die vom Kaiser am 30. April auf dem Marsfelde besichtigten Truppen bestanden aus 41 Bataillonen Infanterie, 44 ½ Schwadronen Kavallerie und 138 Geschützen. Dieselben wurden von dem Großfürsten Nikolaus Nikolajewitsch befehligt.

Während der Abwesenheit des Reichskanzlers Fürsten Gortschakoff von St. Petersburg ist die Leitung des Mi⸗ nisteriums der auswärtigen Angelegenheiten dem Ministergehülfen Senator Wirklichen Geheime Rath von Westmann übertragen worden.

Kronstadt. Die Kaiserliche Dampfyacht „Dershawa“ ist zum Auslaufen vollkommen gerüstet und soll am 2. Mai in See gehen. Unter den Personen, welche mit derselben die Reise antreten, befinden sich der englische Militäragent nebst Gemahlin, die General⸗Adjutanten Popow und Sskolkow, Contre⸗Admiral Sstezenkow und der Flügel⸗Adjutant Baron Mirbach. Die Kaiserliche Dampfyacht „Livadia“ ist am 25. April in Vliessingen eingetroffen.

Amerika. Washington, 1. Mai. (W. T. B.) Bis zum Schlusse des vorigen Monats hat sich die Sta atsschuld um fernere 2,965,000 Dollars verringert. In den Staatskassen befanden sich am Schlusse des Monats 95,551,000 Dollars, und zwar 90,301,000 in Gold, 5,258,000 in Papier.

Aus Ottawa wird unterm 1. d. M. per Kabel ge⸗ meldet: „Das Parlament des Dominion hat die folgenden Aen⸗ derungen in dem canadischen Zolltarif vorgenommen: Grüner Thee wird 4 Cents und schwarzer Thee 2 Cents per Pfund zchenn. Alle Artikel, die früher einen Zoll von 15 Prozent zahlten, sollten künftighin 17 ½ Prozent entrichten. Anker, Kabel, Masten, Drahttackelwerk, Kupferplatten und Roheisen sind zoll⸗

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frei, aber anderes Eisen wird mit einem Zoll von 5 Prozent belegt werden. Die Zuckerzölle bleiben unverändert, aber die Weinzölle sind modifizirt worden.

(A. A. C.) Aus den Nachrichten einer bis Anfangs April reichenden neuen westindischen Post ist Folgendes hervor⸗ zuheben: In Lima, Peru, war eine neue militärische Revolution organisirt, aber entdeckt und von der jetzigen Regierung unter⸗ drückt worden. Es war im Plan, sich des Präsidenten zu be⸗ mächtigen und an seiner Stelle einen Anderen zu proflamiren, aber der Name des beabsichtigten neuen Führers ist nicht in die Oeffentlichkeit gedrungen. Die Kommission von Ingenieuren, welche die peruanische Regierung entsandte, um die Guanolager zu inspiziren, berichtete, daß die von Herrn Thierry unter⸗ breiteten Schätzungen zu niedrig gegriffen waren. Die Lager enthalten zum mindestens 8,000,000 Tonnen Guano, der an Güte dem von Guanape und Macabi gleichkommt. In Pabellon de Pica, 10 Meilen nördlich vom Loaflusse, fand die Kommis⸗ sion 5,000,000 Kubikmeter dieses Guanos, die leicht an Bord eines Schiffes zu verladen sind, da der Ankerplatz vortrefflich ist. Die Offiziere des britischen Schiffes „Petral“ bestätigen den Bericht der Ingenieure.

Aus Guatemala werden einige durchgreifende Reformen auf dem Gebiete der Kirche gemeldet. Präsident Barrios hat sämmtliche Nonnenklöster in der Republik, bis auf ein einziges, in welchem sämmtliche Nonnen wohnen sollen, aufgehoben. I9r Gelübde ewiger Abgeschiedenheit ist aufgehoben worden, und man hat ihnen die Freiheit wiedergegeben. Das Kloster soll den Be⸗ suchen der Familien der Nonnen sowie der Regierungsbehörde offen stehen; aber der Klerus bedroht Alle, die es ohne seine Erlaubniß besuchen, mit Exkommunikation. Der Präsident hat auch der Geistlichkeit verboten, eine besondere Tracht zu tragen, ausgenommen, wenn sie ihre religiösen Pflichten vollziehen.

In Hayti erwartete man die Erwählung des Generals Dominique zum Präsidenten; er war ein Adjutant des Präsi⸗ denten Geffrard.

Der Streit zwischen Chili und der Argentinischen Konföderation über den Besitz der Magellanstraße fährt fort, die chilenische Presse zu beschäftigen, aber Seitens beider Regie⸗ rungen ist nichts weiter geschehen. Der Dampfer „Tacun“, Eigenthum der Pacific⸗Steam⸗Navigation Company, ist am 8. März bei der Einfahrt in Pichezanqui untergegangen, wobei neunzehn Personen ihr Leben verloren.

Asien. Ueber die Hungersnoth in Bengalen meldet das Wochentelegramm des Vicekönigs von Indien u. A., daß sich die Symptome des Mangels täglich mehren. Der Nothstand ist im mittleren und westlichen Tirhut größer als erwartet wurde, am kleinsten im östlichen Tirhut. Doch haben keine neuen Todesfälle durch Hunger stattgefunden. Der öffentliche Gesund⸗ heitszustand ist im Allgemeinen gut, und das physische Aus⸗ sehen der Bevölkerung bessert sich seit dem Beginn der Unter⸗ stützungsoperationen.

Aus China bringt die neueste Ueberlandpost bis zum 419. März reichende Nachrichten. Danach war von den drohen⸗ den Unruhen im Norden nichts weiter gehört worden, aber den nach dem Norden gesandten Kriegsschiffen war der Befehl zu⸗ gegangen, nach Tientsin hinaufzufahren, sobald es das Eis ge⸗ statte. Die britischen Konsuln in den nördlichen Häfen hatten von Herrn Wade Instruktionen erhalten, den Beistand der Ka⸗ nonenboote aufzubieten und Gewalt zu gebrauchen, wenn die Haltung des Pöbels es erheische. Der britische Konsul in Tientsin hatte eine Bekanntmachung erlassen, derzufolge bri⸗ tische Unterthanen kein Recht besitzen, in Peking Handel zu trei⸗ ben. Der Kaiser hatte durch ein vom 1. März datirtes Dekret die berühmten Wai⸗sing Lotterien, (in welchen auf die Familiennamen des erfolgreichen Kandidaten bei den öffentlichen Prüfungen Einsätze gemacht wurden) aufgehoben. Diese Nach⸗ richt hatte große Aufregung verursacht.

Australien. Die nach den Fidschi⸗Inseln gesandten englischen Kommissäre haben, einem Telegramm aus Melbourne zufolge, deren Annexion mit dem britischen Reiche bedingungs⸗ weise acceptirt. Eine provisorische Regierung unter dem britischen Konsul führt die Geschäfte des Landes, bis die Abtretung von der britischen Regierung förmlich genehmigt worden ist.

Nr. 9 des „Marine⸗Verordnungs⸗Blatt“ hat folgen⸗ den Inhalt: Lieferung von präservirten Kartoffeln im Bereiche der Marine⸗Station der Ostsee. Lebensversicherungs⸗Anstalt für die Armee und Marine. Konservationsmittel für Schuhzeug. Aus⸗ stellung der Requisitionsscheine für die Rückfahrt der Begleit. Kom⸗ mandos bei Rekruten⸗ ꝛc. Transporten. Kommandos der Offiziere der Kriegs⸗Akademie während der Ferien. Veränderung im Dienst⸗ betriebe der Telegraphenstation Wilhelmshaven. Verbesserung der Lage der Unteroffiziere. Vervollständigung von Berichten durch ab⸗ schriftliche Beifügung der sie veranlassenden Revisions⸗Erinnerungen. Feststellung des Signals „Achtung“. Proviant⸗Beschaffung und Konsum der Lebensmittelvorräthe ꝛc. gegen Ende der Indiensthaltung eines Schiffes oder Fahrzeuges. Verpflegung der an Bord kom- mandirten Mannschaften. Gewährung der Tagegelder für diejeni⸗ gen Reisen, für welche bisher nur Reisekosten gezahlt werden durften.

Aufhebung einer Bestimmung in der Dienstanweisung für die

Montirungs⸗Depots. Berichtigungen zu den Waffen⸗Preis⸗Verzeich⸗

nissen pro 1874. Reinigungs⸗ und Konservations⸗Mittel für Leder⸗

zeug⸗Stücke ꝛc. Personal⸗Veränderungen.

Das Maiheft des Centralblatts für die gesammte Unterrichts⸗Verwaltung in Preußen herausgegeben in dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗und M hat folgenden Inhalt: Provinzial⸗Unterrichtsbehörden der Monarchie.

Gesetz, betreffend den Beginn der verbindlichen Kraft der durch

die Gesetz Sammlung verkündeten Erlasse. Gesetz über die Ab⸗ 88 löfung der Realberechtigungen der Schulinstitute ꝛc. in der Provinz

Hannover. Staatsausgaben für öffentlichen Unterricht ec. im Jahre

1874. Wohnungsgeldzuschuß in Beziehung auf die H896 der zn versichernden Wittwen⸗Pension. Reise⸗ und Umazugsko ten⸗Entschä⸗

digung für einen in ein höheres Amt berufenen Staatsbeamten.

Seminarkursus der Theologen. Wissenschaftliche Prüfungskommis- sionen zu Kiel und zu Greifswald. Verzeichniß der höheren Lehr-: anstalten des preußischen Staates. Termin für den Seminarkursus von Theologen zu Marienburg. Musikgeschichte von Kothe. Turnkurse für im Amte stehende Lehrer. Methodologische Kurse

zur Ausbildung von Lehrern für Ertheilung des deutschen Unterrichts 8

in den von Kindern polnischer Zunge besuchten Schulen des Regie⸗

rungsbezirks Posen. Kündigung in Volksschullehrerstellen. Ele⸗ 8

mentarlehrer als Amtssekretäre. Zahlungstermin für Lehrerbesol- dungen. Personalchronik.

Die Nr. 18 des Justiz⸗Ministerial⸗Blattes für die

Preußische Gesetzgebung und Rechtspftege, herausgegeben im Bureau des Justiz⸗Ministeriums, hat folgenden Inhäalt: Allgemeine Verfügung vom 28. April 1874, betreffend die Fe stungs⸗Stuben⸗Gefangen⸗ anstalten. Erkenntniß des Königlichen Ober⸗ aE in Berlin pom 28. März 1874. Der §. 23 des Gesetzes vom 14. Ma 1873 (Ges.⸗Samml. S. 191) shs zu seiner Anwendung keinesweg eine Mehrheit von einzelnen geistlichen Amtshandlungen voraus, viel⸗- mehr ist danach jede einzelne geistliche Amtshandlung strafbar.

edizinal⸗Angelegenheiten 8

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