— In Ausführun hat der Bundesrat
seiner Sitzung vom 11. Mas dieses Jahres an Stelle des Betriebs⸗Reglements für die Eisenbahnen im Norddeutschen Bunde vom 10. Juni 1870 (Bundes⸗Gesetzbl. für 1870, S. 419) und der Nachträge zu demselben vom 22. Dezember 1871 (Reichs⸗Gesetzbl. für 1871, S. 473) und 5. August 1872 (Reichs⸗Gesetzbl. für 1872, S. 360) ein neues Betriebs⸗Reglement für die Eisen⸗ bahnen Deutschlands beschlossen, welches mit dem 1. Juli 1874 in Kraft treten und durch das „Central⸗Blatt des Deut⸗ schen Reichs“ veröffentlicht werden wird. — Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung des Her⸗ renhauses wurde eine Reihe von Petitionen erörtert. Die Petitionen des Magistrats zu Gransee um Tilgung der 1806/7 entstandenen städtischen Schuld, des neumärkischen Kommunal⸗ Landtages wegen Uebernahme der neumärkischen Kriegsrestschuld, des Grafen v. Königsmark wegen Uebernahme der kürmärkischen Kriegsrestschuld Seitens des Staats, die Petition hannoverscher Gerichtsvögte um Erhöhung des Gehalts und der Wohnungszu⸗ schüsse und die Petitionen der Kommunalbeamten von Salzwedel um Regulirung der Gehaltsverhältnisse der Gemeindebeamten und der rheinischen Land⸗Bürgermeister um Pensionserhöhung wurden durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.
Ueber die Petition des Bauernvereins zu Klein⸗Ruß wegen Bestrafung des Kontraktbruchs und Steuerung des Unwesens der Auswanderungs⸗Agenten beschloß die Versammlung die motivirte Tagesordnung, und die Petition von Einwohnern Wiesbadens, dahin zu wirken, daß das Institut des Notariats im Bezirk des vormaligen Herzogthums Nassau eingeführt, auch diese sofort nach der Einverleibung erwartete wesentliche Ver⸗ besserung des gesetzlichen Zustandes dem Bezirke nicht länger vor⸗ enthalten, sondern ohne Verzug im Wege provisorischer Ver⸗ ordnung oder Gesetzes dem Bezirke verliehen werde, wurde der Königlichen Staatsregierung zur Erwägung überwiesen.
Demnächst nahm das älteste Mitglied des Hauses, Herr v. Frankenberg⸗Ludwigsdorf, das Wort, um dem Präsidenten Na⸗ mens des Hauses für die Leitung der Geschäfte den Dank aus⸗ zudrücken. Das Haus bestätigte denselben durch Erheben von den Plätzen. Der Präsident Graf Otto zu Stolberg⸗Wernige⸗ rode gab hierauf eine Uebersicht über die geschäftliche Thätigkeit des Hauses in der abgelaufenen Session und schloß die Sitzung mit einem dreimaligen Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und Pu in welches die Versammlung begeistert einstimmte, um
r.
— Im ferneren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die Wahl der Abgeordneten Staats⸗ Minister Delbrück und Gutsbesitzer Kette nochmals an die Ab⸗
eilung zur schriftlichen Berichterstattung zurückverwiesen. — chluß 2 ½ Uhr.
— Um 4 Uhr traten die beiden Häuser des Landtags zu einer gemeinschaftlichen Schlußsitzung im Saale des Abgeordnetenhauses zusammen. Am Ministertische befanden sich der Vice⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums Finanz⸗Minister Camphausen, sowie die Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg, Dr. Leonhardt, Dr. Falk, von Kameke und Dr. Achenbach.
Der Präsident des Herrenhauses, Graf Otto zu Stolberg⸗ Wernigerode, übernahm den Vorsitz, ernannte zu Schriftführern vom Abgeordnetenhause die Abgeordneten Dr. Lieber und Sachse, vom Herrenhause die Herren von Voß und von Neumann und ertheilte dann dem Vize⸗Präsidenten des Staats⸗Ministeriums Finanz⸗Minister Camphausen das Wort, welcher, während sich die Mitglieder des Hauses von ihren Plätzen erhoben, folgende Allerhöchste Botschaft verlas:
Wir Wilhelm von Gottes Gnaden, König von Preußen, haben auf Grund des Artikels 77 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 den Vice⸗Präsidenten Unseres Staats⸗Ministeriums Camphausen beauftragt, die gegenwärtige Sitzung beider Häuser des Landtages Un⸗ sertr 1ene am 21. Mai dieses Jahres in Unserem Namen zu
ießen.
Gegeben Wiesbaden, den 20. Mai 1874.
Wilhelm.
Kraft des ihm ertheilten Allerhöchsten Auftrages erklärte sodann im Namen Sr. Majestät der Finanz⸗Minister Camp⸗ b8 den Landtag der Monarchie für geschlossen, worauf sich
ie Versammlung unter einem dreimaligen begeisterten Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König, ausgebracht von dem Grafen Otto zu Stolberg⸗Wernigerode, trennte.
— Nach einem Bescheide der Minister des Innern und der Finanzen vom 24. v. M. ist, wenn die Militärorganisation den Kreisen eine Mitwirkung beim Ersatzgeschäfte durch gewählte Vertreter gestattet, aus dieser Mitwirkung ein Anspruch an die Staatskasse auf Erstattung der dadurch entstehenden Kosten nicht herzuleiten. Es muß vielmehr bei der Anordnung der Allerhöchsten Kabinets⸗Ordre vom 24. Juni 1819 und des gemeinschaftlichen Erlasses der beiden genannten Minister vom 23. September 1868, daß den Civilmitgliedern der Kreisersatzkommissionen entweder Vorspann oder der ent⸗ sprechende Geldbetrag zu gewähren sei, vorläufig sein Bewenden behalten und event. den Kreisen resp. Städten überlassen blei⸗ ben, den von ihnen gewählten Mitgliedern der Kreisersatzkom⸗ missionen (§. 68 Nr. 2 der Ersatzinstruktion vom 26. März 1868) eine weitergehende Entschädigung zu gewähren.
— Aus Anlaß eines Spezialfalles haben der Kriegs⸗Minister und der Minister des Innern die Bezirksregierungen unter dem 14. April d. J. darauf aufmerksam gemacht, daß nach den Bestim⸗ mungen der Allerhöchsten Ordre vom 27. Dezember 1816 die — die gewöhnlichen Garnison⸗Uebungen, insbesondere durch die Felddienstübungen der einzelnen Truppentheile verur⸗ sachten Flurbeschädigungen nicht aus dem Militär⸗Fonds zu vergüten sind, diese Entschädigungen vielmehr den betreffenden Truppen⸗Commandeuren zur Last fallen und daher die beschä⸗ digten Grundbesitzer sich mit ihren Ansprüchen, eventuell unter Mitwirkung der betreffenden Landrathsämter, an die gedachten Commandeure zu wenden haben.
— Bei den Staatsarchiven sind im Jahre 1873 insgesammt 525 amtliche Requisitionen und 714 Nachforschungen in historisch⸗wissenschaftlichem oder familiengeschichtlichem Interesse erledigt worden. Neben den durch Erstattung gutachtlicher Aeuße⸗ rungen an die Staatsbehörden, durch Unterstützung der mannig⸗ faltigen Forschungen der Gelehrten, durch Vervollkommnung der Ordnung der Bestände, bedingten Arbeiten der Archiv⸗ beamten ist die wissenschaftliche Thätigkeit nicht vernach⸗ lässigt worden. An urkundlichen Publikationen der Staats⸗ archive gehören dem Jahre 1873 an: die Fortsetzung des „Pa⸗ derborner Urkundenbuches“ bis zum Jahre 1240, der Abschluß des dritten Bandes des „Mittelrheinischen Urkundenbuches“, und die ersten Abschnitte des „Regestenwerks des Erzstiftes Mag⸗ deburg“ bis 1029. Von selbständigen Darstellungen und Ab⸗ handlungen, welche auf Grundlage des Materials der Staats⸗
des Artikels 45 der Keichsverfassung
zum Reiche“; „aus der Zeit Joachims II.“; die Unterhandlungen des Deutschen Reichs mit Frankreich wegen Restitution von Metz, Toul und Verden“; „die Sorge König Friedrich Wil⸗ helms J. für die Archive der rheinisch⸗westfälischen Lande“; die französischen und Pfälzer Kolonien zu Magdeburg zu Anfang des 18. Jahrhunderts“; „Handel und Industrie Schlesiens am Ende des 17. Jahrhunderts“; „der materielle Zustand Schlesiens vor der Preußischen Besitzergreifung“; „der Freiherr vom Stein und die Organisation der Erbfürstenthümer Münster und Pader⸗ born“; „die Abkunft des Erzbischofs Dietrich von Magdeburg (1361 — 1367)“; „der Dompropst Johannes von Halberstadt (1341 — 1367)“; „die ersten Jahre der Münsterschen Stiftsfehde (1451 — 1452)0;; „zur Genealogie und Geschichte der Deutschen Piasten“; „die Vertreibung Wladyslaw's II. von Polen und die Blendung Peter Wlasts (1146);“ „die Landesbe⸗ amten der Fürstenthümer Schweidnitz und Jauer“; „Ostfriesische Hausmarken“; „zur Geschichte der Landsknechte des 16. Jahr⸗ hunderts“; „Studien zur Geschichte der Abtei Vreden“; „Schloß Bendsberg“. . Zu anderweitigen Publikationen der Archivbeamten im Jahre 1873, zur ersten Abtheilung des Urkundenbuchs zur Geschichte des Geschlechts von Schwerin, welches die Urkunden der Mecklen⸗ burgischen Linien (1178 — 1523) und die Urkunden der Pommer⸗ schen Linien (1251 — 1417) umfaßt, sowie zu der „Urkundlichen Geschichte der Stadt Stendal“ haben die Staatsarchive einen erheblichen Theil des Materials dargeboten.
— Der General⸗Major und Commandeur der 61. Infan⸗ terie⸗Brigade Stein⸗ von Kaminski ist mit kurzem Urlaub von Straßburg i. E. hier eingetroffen.
— Der Oberst und Inspecteur der 1. Pionier⸗Inspektion von der Chevallerie, welcher sich vor einiger Zeit zur Be⸗ sichtigung des Ostpreußischen Pionier⸗Bataillons Nr. 1 und des Pommerschen Pionier⸗Bataillons Nr. 2 nach Danzig und Stettin begeben hatte, ist von dort hier wieder eingetroffen.
— S. M. S. „Nymphe“ ist am 20. d. M. in Kiel außer Dienst gestellt.
Bayern. München, 20. Mai. Die Kammer der Abgeordneten hat heute nach dem Berichte des Finanzaus⸗ schusses über die Budgetvoranschläge der Postanstalten, Tele⸗ graphen und andere Verkehrsanstalten die Positionen den Aus⸗ schußanträgen gemäß größtentheils ohne Debatte angenommen. Ein Antrag des Abg. Rußwurm betreffs Aufbesserung der Be⸗ züge der Postboten wurde vou der Kammer abgelehnt.
— Zur — noch weiterer Regierungsvorlagen für die Kammern (Wahlgesetz) wird noch vor Ende dieser Woche eine Sitzung des Staatsrathes stattfinden.
— Auf nächsten Freitag ist eine Sitzung des Beschwerde⸗ Ausschusses der Kammer der Abgeordneten anberaumt, in der u. A. die Beschwerde der Freiherr v. Schatte’schen Guts⸗ verwaltung wegen Verletzung konstitutioneller Rechte zur Be⸗ rathung und der Bericht über die Graf Fugger'sche Beschwerde zur Feststellung gelangen werden.
— In der gestrigen Sitzung des Ober⸗Medizinalaus⸗ schusses ist auch das Referat über die Verhandlungen der Aerztekammern von 1873 berathen worden. Der gegenwärtig versammelte Landtag dürfte die Einberufung der Delegirten zu einer Plenarversammlung des Ober⸗Medizinalausschusses voraus⸗ sichtlich um einige Wochen gegenüber dem Vorjahre verzögern.
— Vom Kriegs⸗Ministerium wurden zur Ministerial⸗ Bekanntmachung vom 30. Dezember 1873, „betreffend die Vor⸗ schriften bezüglich der Beschaffung und Erhaltung des kriegs⸗ mäßigen Pferdebedaßefes der Armee“ unterm 5. Mai l. J. besondere Ausführungstestimmungen erlassen. Hiernach sind die verschiedenen Mobilmachungsvorarbeiten derart zu bethätigen, daß der Vollzug zu jeder Zeit und unter allen Umständen ge⸗ sichert ist. Als Pferde⸗Ergänzungsrayon wurden dem I. Armee⸗Corps die Regierungsbezirke Ober⸗ und Niederbayern, dem II. Armee⸗Corps die übrigen sechs Regierungs⸗ bezirke zugewiesen. Die erstmalige Pferdemusterung (Vormuste⸗ rung) findet zwischen 10. Oktober und 20. November l. J. statt. Die Seitens der Kreisregierungen dem Staats⸗Ministerium des Innern über das Ergebniß dieser Vormusterungen einzureichenden Verzeichnisse sind bis 1. Dezember l. J. in Vorlage zu bringen. — Nach der getroffenen Uebergangsbestimmung sind für den Fall, daß vor dem 1. April 1875 die Mobilmachung Allerhöchst verfügt werden sollte, die Augmentationspferde ausschließlich im Wege des freien Ankaufs und der Lieferung zu beschaffen. Erst bei einer Mobilmachung nach dem genannten Zeitpunkte hat die Landgestellung nach Maßgabe der Ministerialbekanntmachung ꝛc. vom 30. Dezember 1873 und der Ausführungsbestimmungen zu derselben einzutreten.
Württemberg. Stuttgart, 19. Mai. Heute hielten beide Kammern Sitzung. Die Erste nahm das Berggesetz in Berathung, das die Zweite Kammer schon im letzten Landtags⸗ Abschnitt berathen hatte. Sie nahm verschiedene Fassungsände⸗ rungen vor, daher das Gesetz nochmals an die Zweite Kammer zurück muß. Letztere berieth das Eisenbahnbaugesetz und wird die Berathung voraussichtlich morgen zu Ende bringen. Von dem Abg. Pfeiffer wurde eine Interpellation an den Minister des Innern in der Notenbankfrage vorgelegt. Pfeiffer wünschte Aufschluß darüber, welche Schritte seither, d. h. seit dem letzten Beschluß der Kammer in der Sache die Regierung bei der Notenbank gethan habe, und mit welchem Erfolg.
— 20. Mai. Heute genehmigte die Kammer die Inangriff⸗ nahme der Bahn Stuttgart⸗Böblingen mit direkter Verbindung
des Stuttgarter Hauptbahnhofes mit der Hasenberg⸗Haltstelle und erledigte das Eisenbahngesetz.
Hessen. Darmstadt, 20. Mai. (Fr. J.) Die Zweite Kammer wird in der Woche nach dem Pfingstfest, und zwar wahrscheinlich am 28. d. M. zusammentreten. Als Gegenstände der Berathung bezeichnet man, abgesehen von dem Nachtrags⸗ Budget und der Theater⸗Vorlage, eine Reihe von Gegenständen, über welche die gedruckten Berichte schon vorliegen, so nament⸗ lich das neue Beamten⸗Pensions⸗Gesetz, das Gesetz über die Mo⸗ difikation des bisherigen Civildiener⸗Wittwen⸗Institut⸗Gesetzes, das Gesetz über die Theilnahme der Beamten an Erwerbs⸗ Genossenschaften, die Vorlage wegen der Rheinkorrektion zwischen Mainz und Bingen, den Antrag der Abgg. Dumont und Oechsner auf Errichtung einer Handels⸗Akademie in Mainz, den Antrag des Abg. Heidenreich wegen Abgabe der Waldstreu aus Gemeinde⸗Waldungen in Flächenloosen, e. Antrag der Abgg. Goldmann, Küchler, Heinzerling und Edinger auf Aufhebung des Oktrois, den Antrag der Abgg. Kreim und Genossen auf Gründung einer Unterstützungskasse für verunglückte Feuerwehr⸗ leute. Hierzu kommen voraussichtlich noch eine Anzahl Pe⸗
archive von Archivbeamten in diesem Zeitraum verfaßt worden
titionen u. s. w., bezüglich deren die Berichte noch vor dem Zu⸗
find hervorzuheben: „Ehemalige Beziehungen des Hauses Zollern
Mecklenburg. Ludwigslust, 20. Mai. Die Stadt hatte sich heute zum Empfange der Höchsten Herrschaften festlich geschmückt. Auf dem Bahnhof war eine Ehrenwache des Dra⸗ goner⸗Regiments aufgestellt. Der her Wilhelm war erschie⸗ nen, die Hohen Verwandten zu 22 Der General von
Rauch, Commandeur der Brigade, General von Stückr Oberst von Arnim, der Stadtkommandant Oberst von Holstein und mehrere Offiziere aus Parchim erwarteten ebenfalls den Hohen Besuch, außerdem die Chefs der Behörden und die Geist⸗ lichkeit. Als der Zug vorgefahren und die Höchsten Herrschaften den Waggon verlassen hatten, gingen der Großherzog mit dem Großfürsten Wladimir unter den Klängen der russi⸗ schen Hymne die Front entlang, nahmen den Rapport entgegen und fuhren dann aufs Schloß, wohin bald auch die Standarte zurückgebracht wurde. Nachmittags machten die Höchsten Herrschaften eine Umfahrt durch den Ort und durch den Park. Um 6 Uhr war Galatafel im goldenen Saal. Als es dunkelte, begann die Illumination des Bassins, der Kaskaden und des Orts. Die Höchsten Herrschaften, welche eine Zeit lang vom Balkon herab der Beleuchtung des Kirchenplatzes mit benga⸗ lischen Flammen zugesehen hatten, fuhren später unter dem Jubel der Bevölkerung durch die Straßen.
Heute früh brachte der Gesangverein einen Morgengruß dar. Gegen 10 Uhr war ein Gottesdienst in der kleinen griechischen Kapelle über dem Erbgroßherzoglichen Mausoleum, welche zu diesem Zwecke restaurirt worden war. Ein Geistlicher der griechisch⸗ katholischen Kirche war dazu herüber gekommen, auch wirkte der Schloßchor mit. Doch verstattete der enge Raum eine Theil⸗ nahme im weiteren Kreise nicht. Um 11 Uhr begaben sich die Fürstlichkeiten (der Erbgroßherzog war auch am Abend noch eingetroffen), auf den Exercirplatz. General von Rauch führte die beiden Regimenter vor. Im Gefolge des Großherzogs sah man viele fremde Offiziere, Perleberger Ulanen und Wandsbecker Husaren. Ein Dejeuner mit Tanz auf der Offiziermesse beschloß die Reihe der Festlichkeiten.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 21. Mai. Aus Pola, 16. d. Mts., wird der „Triester Ztg.“ geschrieben: Die Abreise Sr. Majestät Korvette „Friedrich“ nach den ostasiatischen Ge⸗ wässern ist am 16. d. M. erfolgt. Die Abwesenheit der Korvette dürfte zwei Jahre dauern und ist selbe bestimmt, auf der Rück⸗ reise den Weg über Süd⸗ und Nordamerika zu nehmen, um zur Zeit der Ausstellung in Philadelphia einzutreffen. Die derzeit auf den Werften von Triest ihrer Vollendung entgegengehende Korvette „Donau“ wird die Ausstellungsgüter der österreichi⸗ schen Industriellen dorthin bringen und dann Korvette „Friedrich“ in ihrer Station in Ost⸗Asien ablösen, während Korvette „Friedrich“ nach der Ausstellung die Güter wieder nach Oesterreich zurückkehren wird. Zunächst geht die Korvette durch den Suez⸗Kanal uͤber Aden, Ceylon, Singapore, Saigon nach Shangai, um den dort zur selben Zeit eintreffenden Ministerresidenten für China, Herrn v. Schäffer, mit Feierlichkeit in Japan, China und Siam ein⸗ zusetzen. Von Bokohama soll die Korvette nach Singapore zu⸗ rückkehren, wohin die weiteren Weisungen folgen werden. Höchst wahrscheinlich wird auf der Rückreise Australien angelaufe um dann entweder über das Kap der guten Hoffnung ihren Abschluß zu finden oder aber durch Umschiffung von Kap Horn die Tour um die Welt zu schließen. — Korvette „Minerva wird nach achttägiger Erprobung der neuen Mannschaft eine sechswöchentliche Kreuzung im adriatischen Golf unternehmen. Pest, 20. Mai. Im Abgeordnetenhause interpellirt Trauschenfels den Finanz⸗Minister wegen gleichzeitiger Sicherun des Kronstädter Anschlusses mit der Konzessionsertheilung fü Temesvar⸗Orsova an die Staatsbahn. Ghuczy wollte die Interpellation sofort beantworten. Nachdem jedoch nach dem gestrigen Beschlusse in der heutigen Sitzung keinerlei meritorische Beschlüsse gefaßt werden sollten, wurde die Beantwortung ver⸗ tagt. Kiß interpellirte wegen gesetzwidrigen Gebrauches der deutschen Sprache bei den Gerichten in Siebenbürgen. Der Minister des Innern legte die Wahlgesetznovelle vor, welche den Titel 1ag. Abänderung und Ergänzung des Gesetzartikels 5 vom Jahre 1848 und bat dringend, daß die Verhandlung noch in dieser Session erfolge. Hierauf wurde der Anlehensgesetz entwurf in dritter Lesung angenommen und dem Oberhause übermittelt. Im Oberhause wurde nach einer kurzen Debatte über die Zulässigkeit der dringlichen Behandlung der Anlehensvorlage beschlossen, die Verhandlung morgen vorzunehmen. . — Heute Nachmittags fand auf der Margarethen⸗Inse das Festdiner statt, welches die ungarische Delegation zu Ehren der österreichischen Delegirten veranstaltet hatte. .
21. Mai. Die ungarische Delegation hat den
Etat für das Heer definitiv genehmigt und die Petitionen be⸗ treffs der Ausrüstung des Heeres dem Reichs⸗Kriegs⸗Minister zur Berücksichtigung zu überweisen beschlossen. Bei der Bera thung des Etats für das Ministerium des Auswärtigen richtet der Delegirte Zsedenyi die Anfrage an die Regierung, ob durch eine Publikation der bekannten, bei Beginn des deutsch⸗franzö sischen Krieges vom Grafen Beust erlassenen Neutralitätsdepesch die freundschaftlichen Beziehungen zur russischen Regierung mög licher Weise gestört werden könnten. Graf Andrassy sprach sein Bedauern über die gegen den Grafen Beust gerichteten Angriffe des Interpellanten aus und fügte hinzu, es hätten damals nur Vorverhandlungen stattgefunden, dieselben würden sicher, wenn sie zum Abschluß gelangt wären, vor einer bindenden Unterzeichnung der ungarischen Regierung mitgetheilt worden sein. Die damaligen Beziehungen der betreffenden Staaten zu einander seien in ihren Grundzügen jedem Staatsmanne bekannt gewesen. Die Veröffentlichung der gedachten Note habe die Beziehungen der österreichisch⸗ungarischen Regierung zu den auswärtigen Mäch⸗ ten durchaus nicht alterirt, auch Detail⸗Publikationen, wenn solche später etwa erfolgen sollten, würden darin nichts ändern. Die Erklärung Graf Andrassy's wurde beifällig aufgenommen und schließlich der Etat für das auswärtige Departement in Ge⸗ mäßheit der Ausschußanträge genehmigt. — Das Oberhaus hat das Anleihegesetz, nachdem dasselbe vom Finanz⸗Minister kurz motivirt worden war, mit allen gegen eine Stimme angenommen. Schweiz. Bern, 18. Mai. Der Bundesrath beschäf⸗ tigte sich in seiner heutigen Sitzung mit Feststellung und Geneh⸗ migung der Verhandlungs⸗Gegenstände für die Bundes⸗ versammlung, welche am 28. d. M. behufs Entgegennahme des Ergebnisses der Volksabstimmung über die Bundesrevision außer⸗ ordentlich zusammentreten und dann am 1. Juni ihre ordentliche Sommersession eröffnen wird. Als Tractanden, welche eine Folge der Annahme der revidirten Bundesverfassung sind, bemerkt man auf der 32 Nummern zählenden Liste die Botschaft be⸗ treffend Begehren um Volksabstimmung über Bundesgesetze und
sammentritt der Stände zum Druck gelangen.
Bundesbeschlüsse (Referendum), die Botschaft über die Organi⸗
sation der Bundesrechtspflege
2 8 Sc —2 * idgenössische Militärorganisation. Außerdem sind noch die wich⸗ bbgen T. der Ges chäftsbericht des Bundes⸗ rathes und die Staatsrechnung von 1873, die Auslieferungsver⸗ träge mit dem Deutschen Reiche, England, Belgien und Portugal, die Botschaft über die Militärpensionen, ein Zusatzvertrag zur Münzkonvention vom 23. Dezember 1865, die Rechtsverhältnisse des Frachtverkehrs und die Spedition auf Eisenbahnen, ein Ge⸗
„betreffend Entschädigung für Tödtungen und Verletzungen auf den Eisenbahnen und anderen vom Bunde konzedirten Transportanstalten und eine Motion des Altbundesraths Dr. Dubs, dahingehend, daß neue Eisenbahnkonzessionen und Er⸗ neuerungen ablaufender Konzessionen, sowie Bewilligungen von Konzessionsübertragungen und Fusionen nur unter der Bedin⸗ gung ertheilt werden sollen, daß die betreffenden Gesellschaften binnen einer vom Bundesrathe festzusetzenden Frist auf alle ihre noch inne habenden Prioritätsrechte Verzicht leisten.
Niederlande. Haag, 19. Mai. Der König empfing am Vormittage des 16. d. M. das diplomatische Corps in feierlicher Audienz. Die Gesandten des Deutschen Reiches, Oesterreich⸗Ungarns, des Königreichs Sachsen und Italiens über⸗ reichten dem Könige eigenhändige Beglückwünschungsschreiben ihrer Souveräne anläßlich seines 25jährigen Regierungs⸗Jubi⸗ läums, ebenso der französische Gesandte ein Beglückwünschungs⸗ schreiben des Präsidenten der französischen Republik. Das diplo⸗ matische Corps wurde sodann auch von der Königin und von dem Großherzoge und der Großherzogin von Sachsen⸗ Weimar in Audienz empfangen. — Die Umfahrt, welche der König und die Königin, die Königlichen Prinzen und der Groß⸗ herzog und die Großherzogin von Sachsen⸗Weimar am Abende des 16. durch die in prachtvollster Illumination strahlende Stadt machten, währte drei Stunden.
Vliessingen, 22. Mai. (W. T. B.) Der Kaiser von Rußland ist heute gegen 5 Uhr Morgens hier eingetroffen. Er wurde vom König und den Königlichen Prinzen empfangen und von denselben nach Rosendaal begleitet. nes
Belgien.
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Brüssel, 21. Mai. (W. T. B.) Der russische Gesandte Graf Bludoff und der Flügel⸗Adjutant des Königs, General Baron Chazal, sind dem Kaiser Alexander von Rußland entgegengereist. Der König begiebt sich zum Empfange des Kaisers nach Antwerpen.
Großbritannien und Irland. London, 20. Mai. Gestern Morgen um 10 Uhr begab sich der Kaiser von Ruß⸗ land in Begleitung des Großfürsten Alexis, des Herzogs und der Herzogin von Edinburgh und seines militärischen Ge⸗ folges nach Aldershot, um eine Revue über die Trup⸗ pen im dortigen Standlager abzunehmen. Sechs Regi⸗ menter Kavallerie, 6 Batterien Artillerie, drei Compagnien Pioniere und 24 Bataillone Infanterie, im Ganzen etwas über 14,000 Mann, nahmen unter dem Kommando des Herzogs von Cambridge an den Operationen Theil. Bei seiner Ankunft auf dem festlich geschmückten Bahnhofe wurde der Kaiser von dem General Sir Grant Hope, Commandeur en chef des Stand⸗ lagers, und einer Ehrenwache empfangen, während Prinz Arthurs Husarenschwadron ihn nach dem „langen Thale“, wo die Revue stattfand, geleitete. Drei Prinzen des Königlichen Hauses führ⸗ ten dem Kaiser die Truppen vor: Der Herzog von Cambridge als Generalissimus der britischen Armee, Prinz Arthur im Adjutantenstabe, und der Prinz von Wales an der Spitze der Jäger⸗Brigade, deren Chef er ist. Der Thronfolger trug dunkle Jäger⸗Uniform mit dem Stern und Bande des St. Andreas⸗ Ordens. Dem Vorbeimarsch der Truppen schloß sich ein Man⸗ nörver und Scheingefecht an, das der Kaiser und die anwesenden russischen Generale mit großer Aufmerksamkeit verfolgten. Unzählige Menschenmassen wohnten dem von leidlichem Wetter begünstigten militärischen Schauspiele an und begrüßten den russischen Mon⸗ archen überall da, wo man seiner ansichtig werden konnte, it enthusiastischer Weise. Der Prinz und die Prinzessin von Wales sowie der Prinz Christian von Schleswig⸗Holstein waren eben⸗ falls zugegen. Nach beendigtem Manöver kehrte der Czar mit seinen Begleitern nach dem Buckingham⸗Palast zurück, wo am Abend ihm zu Ehren ein Hofball stattfand.
Dem Balle wohnten außer dem Kaiser und dem Groß⸗ fürsten Alexis der Prinz und die Prinzessin von Wales, der Herzog und die Herzogin von Edinburgh, Prinz Arthur, die Prinzessin Louise mit ihrem Gemahl, dem Marquis von Lorne, der Herzog von Cambridge, Prinz und Prinzessin Christian, Fürst Teck, Prinz Eduard von Sachsen⸗Weimar, Graf Gleichen, Prinz Ludwig von Battenberg, die hier weilenden indischen Hoheiten, fast sämmtliche Mitglieder des diplomatischen Corps, die Kabinets⸗Minister, die Spitzen der Civil⸗ und Militärbehör⸗ den, sowie ein großer Theil der Aristokratie bei. Der Kaiser eröffnete den Ball mit der Prinzessin von Wales.
Heute gegen 11 Uhr fuhr Se. Majestät in Begleitung des Großfürsten Alexis nach Woolwich zur Besichtigung des dor⸗ tigen Arsenals und Abnahme einer Artillerieparade. Die Straßen von Woolwich waren festlich geschmückt und mit Menschen angefüllt. Am Bahnhofe wurde Se. Majestät von dem Prinzen von Wales, dem Herzog von Cambridge, dem Herzog von Edinburgh, Prinz Arthur und den Spitzen der Mi⸗ Uitärbehörden empfangen und nach dem Arsenal geleitet, wo er die hauptsächlichsten Gegenstände von Interesse in Augenschein nahm. Nach einem Dejeuner in der Artilleriekaserne, bei welchem auch die Prinzessin von Wales und die Herzogin von Edinburgh erschienen, fand die Artillerie⸗Revue statt, an der 16 Batterien mit über 100 Geschützen Theil nahmen.
— Telegraphisch wird aus London, 21. Mai, gemeldet: Kaiser Alexander und der Großfürst Alexis haben, vom Prinzen und von der Prinzessin von Wales, sowie von dem Herzoge und der Herzogin von Edinburgh begleitet, London heute Mittag verlassen und sind um 1 Uhr in Grap esend einge⸗ troffen. Der Kaiser empfing noch den Mayor von Gravesend in Audienz, begab sich sodann aber alsbald an Bord seiner Korvette und fuhr auf derselben nach Vlissingen weiter.
rankreich. Paris, 20. Mai. Das „Journal officiel“ verössercht 8 Verordnung des Ministers des öffentlichen Unterrichts, des Kultus und der schönen Künste, welche eine Spezial⸗Ausstellung von Produkten der Staatsmanufakturen von Sepres, der Gobelins und von Beauvais für das laufende Jahr in den Räumen des Eöö festsetzt. Das Datum der
öffnung ist noch zu bestimmen.
bc G“ Finistere“ meldet, ist in Brest eine Untersuchungs⸗Kommission unter dem Vorsitze des Flotten⸗Majors, des Contre⸗Admirals d'Arlés zusammengetreten, um über die Ereignisse ein Urtheil zu sprechen, die an Bord der „Virginie während ihrer vorletzten Reise nach Neu⸗Caledonien vorgefallen
castel hat eine in w richt von seiner angeblichen Absicht, die Wiederherstellung der Monarchie beantragen zu wollen, als jeder Begründung enibeh⸗ rend bezeichnet.
111öb“]“; * — 21. Mai. G. T. B.) Der Deputirte de Bel⸗ Erklärung veröffentlicht, in welcher er die Nach⸗
— Der jüngste Sohn des Herzogs von Montpensier, Prinz Ludwig, Infant von Spanien, ist gestorben. — Der „Agence Havas“ wird folgende Ministerliste als wahrscheinlich bezeichnet: Herzog Decazes, Auswärtiges und Vicepräsident des Konseils; Goulard, Inneres; Herzog von Audiffret⸗Pasquer, Minister ohne Portefeuille; Cissey, Krieg; Montaignac, Marine; Tailbaud, Justiz; de Lavergne, Ackerbau; Cézannie Tavan, öffentliche Arbeiten; Cumont, Unterricht; Matthieu Bodet, Finanzen. Eine offizielle Bestätigung der iste liegt noch nicht vor. 8 e „.ee vom 22. Mai früh meldet: Goulard hat bis jetzt von verschiedenen Persönlichkeiten der gestern mit⸗ getheilten ministeriellen Kombination eine definitive An⸗ nahme noch nicht erreichen können. Für die Uebernahme des Präsidiums des Konseils ist neuerdings an Stelle von Decazes auch Audiffret⸗Pasquier in Frage gekommen. Wegen Uebernahme des Unterrichts⸗Portefeuilles haben auch Verhandlungen mit Wadding⸗ ton stattgefunden. Gestern war bei dem Herzog v. Decazes eine Zusammenkunft der meisten für das Ministerium in Aussicht genommenen Persönlichkeiten, die jedoch ein bestimmtes Resultat nicht ergab. In Folge dessen fand ebenfalls gestern Abend noch eine Konferenz bei dem Marschall⸗Präsidenten statt, an welcher Buffet, Decazes und Audiffret⸗Pasquier theilnahmen. Versailles, 21. Mai. (W. T. B.) Die National⸗ versammlung verhandelte heute über die Vorlage, nach wel⸗ cher diejenigen jungen Leute, die zwar einer fremden Nationa⸗ lität angehören, aber in Frankreich geboren sind und der Mi⸗ litärdienstpflicht in ihrem Heimathlande nicht Genüge leisten, zur Aushebung für das französische Heer heranzuziehen sind. Die Versammlung beschloß, die Vorlage an den Staatsrath zurück zu weisen. Die Sitzung verlief im Uebrigen ohne bemer⸗ kenswerthen Zwischenfall.
Spanien. Barcelona, 21. Mai. (W. T. B.) Die Carlisten sind bei Villabella, unweit Tarragona, von den Regierungstruppen geschlagen worden, sie haben in dem Gefechte 61 Todte verloren.
Portugal. Coimbra, 17. Mai. Dreihundert Studenten und namhafte Einwohner haben in einem Meeting gegen die Propaganda der Jesuiten in den benachbarten Dörfern protestirt.
Italien. Rom, 21. Mai. (W. T. B.) In der heu⸗ tigen Sitzung der Deputirtenkammer trat der Minister⸗ Präsident Minghetti für den Gesetzentwurf, betreffend die Nullität der nicht registrirten Akte, mit großer Entschiedenheit ein und er⸗ klärte, daß das Ministerium das Eingehen auf die artikelweise Berathung des Gesetzentwurfes zur Kabinetsfrage mache. Die Kammer lehnte darauf den Antrag des Ausschusses, in eine Spezialberathung des Gesetzentwurfes, betreffend die Nullität der nichtregistrirten Akte nicht einzugehen, mit 190 gegen 179 Stim⸗ men ab.
Türkei. Die „Pester Korrespondenz“ meldet aus Bel⸗ grad, daß der Fürst Milan von Serbien am Freitage dort wieder eintreffen werde. Das Blatt bezei chnet die durch die Reise des Fürsten nach Konstantinopel erzielten Resultate, ob⸗ gleich die Angelegenheit, betreffend die Veste Zwornik, noch nicht erledigt worden sei, als befriedigend, da durch dieselbe das ge⸗ störte Einvernehmen mit der Türkei hergestellt und von letzterer der bisher von Serbien vergeblich verlangte Anschluß der ser⸗ bischen Bahnen an die türkischen bei Nisch bewilligt worden sei. Pera, 21. Mai. (W. T. B.) In dem jüdischen Quar⸗ tier von Galata hat eine große Feuersbrunst stattgefunden, durch welche 143 Familien (680 Personen) obdachlos geworden sind.
RNußland und Polen. St. Petersburg, 20. Mai. Die Thätigkeit der Eisenbahntelegraphen stand bis jetzt unter der alleinigen Aufsicht des Ministeriums der Kom⸗ munikationen. Wie nun die „R. S. P. Z.“ hört, hat dieses Ministerium selbst den bisherigen Modus unzweckmäßig gefun⸗ den und vorgeschlagen, die Beaufsichtigung der Eisenbahntele⸗ graphen derartig zu organisiren, daß dem Ministerium des Innern die Kontrole der allgemeinen, durch die Eisenbahntelegraphen beförderten Korrespondenz, dem Ministerium der Kommunikationen dagegen die Kontrole der dienstlichen Korrespondenz, sofern sie die Exploitation der Schienenwege betrifft, zustehen soll. Dieses Projekt soll vom Ministerium des Innern entge enkommend aufgenommen sein, und es bliebe demnach nur no übrig, in Bezug auf dle Einzelheiten des neuen Beaufsichtigungsmodus eine Verständigung zwischen beiden Ministerien zu erzielen.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 18. Mai. EX“ des schwedischen Reichstages haben die Anträge des Bewilligungs⸗Ausschusses, betreffend die Be⸗ rechnung verschiedener indirekten Abgaben für das Budgetjahr, angenommen. Die Zollintraden figuriren in dem Antrage mit 19,500,000 Kronen, die Postintraden mit 3,400,000, die Stem⸗ pelpapierabgabe mit 1,880,000, die Branntweinsbrennereiabgabe mit 12,000,000 und die Abgabe für Rohzuckerfabrikation mit 6000 Kronen.
Dänemark. Kopenhagen, 19. Mai. Einer Mitthei⸗ lung in „Nästved Avis“ zufolge, gedenkt der König im Juli das Uebungslager bei Hald in der Nähe von Wiborg in Jüt⸗ land zu besuchen, um sich später über Frederikshavn nach Is⸗ land zu begeben. Der Kronprinz soll diesen Sommer das Uebungslager zu Hald kommandiren, wird also bereits in Jüt⸗ land zugegen sein, wenn der König dort ankommt. Vorher werden der Kronprinz und die Kronprinzessin, wie es heißt, einen kürzern Aufenthalt auf Beckaskog in Schonen nehmen.
— Die Königin von Schweden und Norwegen ist von ihrem Besuche in Neuwied heute über Kopenhagen nach Stockholm zurückgekehrt. Die Königin kam hier in Begleitung ihres Sohnes, des Herzogs von Gothland, heute Vormittag mit dem Eilzuge aus Korsör an und wurde am Bahnhofe vom Könige, der Königin, dem Kronprinzlichen Paare, der Prinzessin Thyra sowie vom Bruder des Königs, dem Prinzen Jo ann empfangen. Die Mitglieder der hiesigen schwedisch⸗norwegis en Gesandtschaft
atten sich ebenfalls am Bahnhofe eingefunden. Die Hohen Rei⸗ setzten ihre Reise um 11 Uhr mit einem Extrazuge nach Helsingör fort.
Amerika. New⸗VYork, 21. Mai. (W. T. B.) Henry Rochefort ist in San Francisco eingetroffen.
es heißt, daß meh Kegen s
Eine heftige Hungersnoth wird nicht verspürt,
nicht verschlimmert. Tirhut hat sich eine der Lage der Bevölkerung bemerklich Allenthalben wird versucht, die täglichen Ablöhnungen
2,190,000 Personen Unterstützung von der Regierung
Hungertodesfälle sind nicht gemeldet worden, ihre Ge .
sammtzahl beträgt noch immer 22. 8 8
Die Nr. 10 der „Armee⸗Verordnungs⸗Blatts“, her⸗ ausgegeben vom Kriegs⸗Ministerium, hat folgenden Inhalt: Reichs⸗ Militärgesetz. Vom 2. Mai 1874.
— Nr. 21 des Justiz⸗Ministerial⸗Blatts für die Preu⸗ ßische Gesetzgebung und Rechtspflege, herausgegeben im Bureau des Justiz⸗Ministeriums, hat folgenden Inhalt: Erkenntniß des Königlichen Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte vom 10. April 1874. Anordnungen, durch welche nach §. 13 des Ge⸗ setzes vom 11. Mai 1873 die einer kirchlichen, der Vorbildung der Geistlichen dienenden Anstalt gewidmeten „Staatsmittel einbehalten werden oder die Anstalt geschlossen wird, können im Rechtswege vo den ordentlichen Gerichten nicht angefochten werden. — Das Recht der väterlichen Gewalt in Preußen. (Vom Geh. Justiz⸗Rath Dr. Stölzel. Fortsetzung). 8
8 8
Statistische Nachrichten. 8 8
traßburg, 19. Mai. Im Winterhalbjahr betrug die Zahl
der 9 der Uhhrc, Universität immatrikulirten Studenten 564 und
der zum Hören der Vorlesungen Berechtigten 36, im Ganzen also:
600. Im gegenwärtigen Sommerhalbjahr ist die Zahl der immatri⸗
kulirten Studenten 631, und der zum Hören der Vorlesungen Berech⸗ tigten 30, im Ganzen also 661. B
London, 20. Mai. Nach den Angaben des statistischen Bureaus beläuft sich die Bevölkerung des Vereinigten Königreichs in 1874 auf 32,412,010 Personen. Davon kommen auf England und Wales 23,648,000, auf Schottland 3,462,916 und auf Irland 5,300,485. Die Einwohnerzahl der großen englischen Städte um Mitte des Jahres 1874 schätzt obige Quelle wie folgt: London 3,400,701; Liverpool 510,640; Glasgow 508,109; Manchester 355,339; Salford 133,068; Birmingham 350,892; Dublin 314,666; Leeds 278,798; Sheffield 261,029; Edinburgh 211,691; Bradford 163,056; Neweastle⸗upon⸗ Tyne 135,437; Hull 130,996; Portsmouth 120,436; Brighton (inkl. Vorstädte) 109,319; Leicester 106,202; Sunderland 101,378.
Kopenhagen, 18. Mai. Die seeländischen Eisenbahnen haben 22* Jahre 2,314,792 Personen gegen 2,288,868 im vor⸗ hergehenden Jahre befördert; anßerdem waren 1721 Stück Avonne⸗ mentskarten ausgestellt. Es sind im Ganzen 30,000 mehr als in 1872 befördert worden. Auf der Bahn zwischen Klampenborg und Kopen⸗ hagen wurden außer den Abonnenten 9,034,497 Personen befördert. Zwischen Kopenhagen und Helsingör 85,763, zwischen Kopenhagen, Masnedsund und Vordingborg 30,126. Die Einnahme für Personen⸗ beförderung war 1,100,926 Rdl. 53 Schilling und für Extrazüge ꝛc. 5096 Rdl. 49 Sch. Das Totalgewicht der beförderten Güter war 3,810,038 ½ Centner, davon 72,602 Centner Passagiergut. Die Ein⸗ nahme des ganzen Gütertransports betrug 606,131 Rdl. 4 Sch.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
— Berlin, 22. Mai. Im Königlichen Schauspielhause fand gestern zum Besten der Unterstützungskasse des Vereins „Berliner Presse eine Vorstellung statt, bei welcher auch hervorragende Mitglieder des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen und des Wallnertheaters mitwirkten. Die Duverture zum „Oberon“ leitete einen von Jul. Rodenberg gedichteten, von Hrn. Berndal gesprochenen Prolog ein, der dem Dank der Presse ge⸗ gen Diejenigen Ausdruck gab, die zur Förderung des wohlthätigen Zwecks, dem die Vorstellung gewidmet war, alle Räume des Hauses dicht besetzt hatten. Hierauf eröffneten die Königlichen Hofschauspieler die Darstellung mit einem neuen einaktigen Lustspiel von Paul Lindau „In diplomatischer Sendung.“ Das kleine Stück spielt in der Kriegs⸗ zeit des Jahres 1870; die Heldin desselben ist die Gattin eines fran⸗ zösischen Offiziers (Hortense Brouillac, Frl. Keßler), die ihren Gatten als todt betrauert, während er sich als Kriegsgefangener in Magdeburg befindet. Ihr diese freudige Nachricht in 1eS Weise beizu⸗ bringen, ist die diplomatische Sendung, nach welcher das Stück be⸗ nannt und die dem „Doktor Iller“ (Hr. Liedtke) zugefallen ist. Das harmlose Lustspiel gefiel durch den fließenden Dialog und die treff⸗ liche Darstellung, namentlich des Hrn. Liedtke. Es folgte hierauf das Opernpersonal des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theaters mit der unterhaltenden komischen Oper „Der Schauspieldirektor“, von L. Schneider, mit Mozartscher Musik, in welcher besonders Frl. v. Csepesanyi reichen Beifall erntete. Eine neue estpolonaise mit Chorgesang, von Hrn. R. Bial und von diesem selbst dirigirt, die dacapo verlangt wurde, führte dann die Koryphäen des Wallnertheaters und die Berliner Posse „Ein Stündchen auf dem Comtoir“ mit ihren Couplets in die ihr fremden Räume des Schauspielhauses ein. Indessen fühlten sich die Hrrn. Helmerding und Formes, Hr. A. Neumann vom Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater, der sie unterstützte, und Frl. Wegner auch auf diesen Brettern so heimisch und wußten das Publikum in ihrer guten Laune so mit sich fortzureißen, daß sie den ruckhaltlosesten vollsten Beifall ernteten. In noch säßerem Grabe⸗ als der wohlverdiente Beifall, den das Publikum gestern Abend sämmtlichen Darstellern spendete, muß sie, wie die Königliche General⸗Intendantur das Bewußtsein befriedigen, den guten Zweck, dem die Vorstellung diente, über Erwarten gefördert zu haben. Denn trotz der hohen Preise und des verlockenden Frühjahrs⸗ wetters war das Haus ausverkauft, und Viele hatten, weil sämmiliche Billets vergriffen waren, auf den Besuch der Vorstellung verzichten müssen.
Bremen, 19. Mai. Gleich nach Pfingsten wird hier die Jahresversammlung des Hansischen Geschichtsvereins stattfinden. Eine Anzahl Hamburgischer Gelehrter hat den Antrag eingereicht, daß die Versammlung über Zweckmäßigkeit und Gestaltung eines Vereins zur wissenschaftlichen Erforschung der niederdeutschen Sprache in Berathung treten wolle, dessen Auf⸗ gaben etwa wie nachstehend sich bestimmen ließen: 1
§. 1. Der Verein setzt sich zum Ziele die Erforschung der nieder⸗ deutschen Sprache in Literatur und Dialekt als Ausdruck des ehe⸗ maligen und gegenwärtigen niederdeutschen Volkslebens. §. 2. In Verfolg dieses Zieles richtet der Verein sein Augenmerk zunächst und unter andern auf: a. Eine alle Arten und Abarten der Dialekte um⸗ fassende, physiologisch begründete Darlegung der Laute, die zur Wortbildung dienen. b. Die vergleichende Beobachtung der Lautverhältnisse, der Formenlehre und der Satzbildung der zeitgenössischen Dialekte. c. Hebung des Wortschatzes — sowohl des lebenden, als des in Namen erstarrten — und Ver⸗ gleichung desselben mit dem der andern germanischen Sprachen und Dialekte. d. Geschichte des Wandels in der Aussprache des Nieder⸗ d utschen. e. Beobachtung des Kampfes des Hochdeutschen mit den niederdeutschen Dialekten und das Resultat dieses Kampfes sowohl fürs Niederdeutsche als fürs Hochdeutsche. f. Geschichte der niederdeutschen Literatursprache von ihren altsächsischen Anfängen bis zu ihrem Unter⸗ gange. g. Veröffentlichung niederdeutscher Sprachdenkmäler, soweit sie der Literatur im engern Sinne angehören und des schriftniederdeutschen
Asien. Ueber die Nothlage in Bengalen liegt heute
sein sollen. Die „Virginie“ war das Fahrzeug, auf dem Roche⸗ fort nach Neu⸗Caledonien geschafft wurde. 8
das Wochentelegramm des Vice⸗Königs von Indien vor, worin
Wortvorrathes, resp. Förderung des mittelniederdeutschen Wörter⸗
ehr nothwendig ist. Anzeichen voau
einer allgemeinen Mangelhaftigkeit der Lebensmittelzufuhr sind 8 nicht vorhanden. da die Unterstützungsmaßregeln derselben Einhalt gethan haben, und die Lage der Bevölkerung hat sich Selbst in den schlimmsten Theilen von wesentliche Besserung in gemacht. 1— durch Stückarbeit zu ersetzen. In der letzten Woche des Apri erhielten e von doch steigt die Anzahl der Unterstützungsbedürftigen allenthalben. Neue