und der Vorfitzende der Königlichen Eisenbahn⸗Kommission, Re⸗
ierungs⸗Rath Spielhagen, anwesend. Der großbritannische nsul, Mr. Ward, überreichte Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Kronprinzessin ein Schreiben Höchstihrer Mutter, Ihrer Majestät der Königin Viktoria, während der Konsul H. H. Meier als Ver⸗ treter des Norddeutschen Lloyd die Kronprinzliche Familie be⸗ grüßte. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheiten verließen wäh⸗ rend des kurzen Aufenthaltes den Salonwagen nicht, der Kron⸗ prinz und die Kronprinzessin unterhielten Sich jedoch vom Wagen aus mit den anwesenden Herren. Um 5 ½ Uhr Nachmittags kam der Zug am neuen ifen in Bremerhaven an. Die Höchsten Herrschaften begaben ich, nachdem Höchstdieselben einen kurzen Blick auf die beflaggten Schiffe beider Häfen geworfen, durch eine doppelte Reihe von vielen tausend Sie mit lebhaften Hochrufen begrüßenden Men⸗ schen direkt über den Deich an Bord des Dampfers „Lloyd,“ der zur Abfahrt fertig im Vorhafen des neuen Hafens lag. Der Kronprinz, in Civilkleidung, führte Seine 2 Ge⸗ mahlin, während das Gefolge die Kinder geleitete. Der „Lloyd“ segelte sofort die Weser hinunter bis nach Imsum, wo der See⸗ dampfer „Hohenzollern“ unter Dampf vor Anker lag. An Bord des letzteren erwartete die Höchsten Herrschaften ein Diner, wäh⸗ rend dessen der Dampfer nach der Wesermündung weiterfuhr.
— Se. Majestät der Kaiser und König haben am 2. Mai d. J. eine Verordnung über die Ehrengerichte der Offiziere im preußischen Heere vollzogen und dabei dem Kriegs⸗Minister folgende Allerhöchste Ordre zugehen lassen: Ich will, daß die heute von Mir vollzogene Verordnung über die Ehrengerichte der Offiziere in Meinem Heere in dem Geiste ver⸗ standen und angewendet wird, der Mein Heer von Alters her ausge⸗ zeichnet hat.
Ich erwarte daher von dem gesammten Offizier⸗Corps Meines
daß ihm, wie bisher so auch in Zukunft, die Ehre das höchste Kleinod sein wird; dieselbe rein und fleckenlos zu erhalten, muß die heiligste Pflicht des ganzen Standes, wie des Einzelnen bleiben. Die Erfüllung dieser Pflicht schließt die gewissenhafte und vollständige Erfüllung aller anderen Pflichten des Offiziers in sich. Wahre Ehre kann ohne Treue bis in den Tod, ohne unerschütterlichen Muth, feste Entschlossenheit, selbstverleugnenden Gehorsam, lautere Wahrhaftigkeit, strenge Verschwiegenbeit, wie ohne aufopfernde Erfüllung seibst der anscheinend kleinsten Pflichten nicht bestehen. Sie verlangt, daß auch in dem äußeren Leben des Offiziers sich die Würde ausdruücke, die aus dem Bewußtsein hervorgeht, dem Stande anzugehören, dem die Vertheidigung von Thron und Vater⸗ land anvertraut ist. — Der Offizier soll bestrebt sein, nur diejenigen Kreise für seinen Umgang zu wählen, in denen gute Sitte herrschend ist, und darf am wenigsten an öffentlichen Orten aus dem Auge lassen, daß er nicht blos als gebildeter Mann, sondern auch als Träger der Ehre und der gesteigerten Pflichten seines Standes auftritt. Von allen Handlungen, welche dem Ruf des Einzelnen oder der Genossenschaft nachtheilig werden können, besonders von allen Ausschweifungen, Trunk und Hazardspiel, von der Uebernahme solcher Verpflichtungen, mit denen auch nur der Schein unredlichen Benehmens verbunden sein könnte, vom hazardmäßigen Börsenspiel, von der Theilnahme an Erwerbsgesellschaften, deren Zweck nicht unantastbar und deren Ruf nicht tadellos ist, sowie überhaupt von jedem Streben nach Gewinn auf einem Wege, dessen Lauterkeit nicht klar erkennbar ist, muß der Offizier sich weit abhalten. Sein Ehrenwort darf er nie leichtsinnig verpfänden. Je mehr anderwärts Luxus und Wohlleben um sich greifen, um jo ernster tritt an den Offizierstand die Pflicht heran, nie zu vergessen, daß es nicht materielle Guͤter sind, welche ihm die hochgeehrte Stel⸗ lung im Staate und in der Gesellschaft erworben haben und erhalten werden. Nicht nur, daß die kriegerische Tüchtigkeit des Offiziers durch eine verweichlichende Lebensweise beeinträchtigt werden könnte, sondern völlige Erschütterung des Grundes und Bodens, worauf der Offizier⸗ stand steht, ist die Gefahr, welche das Streben nach Gewinn und Wehlleben mit sich bringen würde.
Je eifriger die Offizier⸗Corps treue Kameradschaft und richtigen Corpsgeist pflegen, um so leichter werden sie Ausschreitungen vorbeu⸗ gen, auf Abwege gerathende Kameraden in die richtigen Bahnen zu⸗ rückleiten, unnütze Händel und unwürdige Zänkereien vermeiden.
Niemals darf das berechtigte Selbstgefühl des Offiziers in Mangel an Achtung oder in Ueberhebung gegen andere Stände aus⸗ arten. Je mehr der Offizier seinen Beruf liebt, und je höher er dessen Zwecke auffaßt, um so mehr wird er ermessen, in wie hohem Grade das volle Vertrauen aller Stände zum Offizierstande eine Bedingung für die erfolg⸗ und ruhmreiche Lösung der letzten und höchsten Auf⸗ gabe des Heeres ist.
Ich habe das Vertrauen zu den Offizieren des Beurlaubtenstandes und zu den verabschiedeten Offizieren, welchen Ich die Beibehaltung
der äußeren Zeichen des Standes bewilligt habe, daß, wie sie fort⸗
dauernd Antheil an der Standesehre haben, sie der Verpflichtung, für die Wahrung dieser Ehre zu sorgen, auch in ihren bürgerlichen Ver⸗ hältnissen stets eingedenk bleiben werden.
Dafür, daß in den Offizier⸗Corps des stehenden Heeres und des Beurlaubtenstandes ein geläutertes Eorgefühl sich lebendig erhalte, sind Mir zunächst die Regiments⸗Commandeure und diejenigen Befehls⸗ haber, welchen gleiche Pflichten obliegen, verantwortlich. Sie vor allen besitzen in den ihnen für die Heranbildung der jüngeren Offiziere zu Gebot stehenden Mitteln die Möglichkeit, auf die Erhaltung des Geistes, welcher allein ein Heer groß macht, weit über den Bereich und die Dauer ihrer eigenen Wirksamkeit hinaus Einfluß zu üben. Dieser Pflicht werden sie besonders dann mit Erfolg genügen, wenn
sie die jüngeren Offiziere ernstlich anhalten, den wohlgemeinten Weisun⸗ gen ihrer älteren Kameraden nachzukommen, und wenn sie ebenso diese nicht im Zweifel darüber lassen, daß es eine wesentliche Pflicht der älteren Offiziere ist, ihre jüngeren Kameraden zu überwachen und zu sich heranzubilden.
Wenn in dieser Art durch Erziehung, Beispiel, Belehrung, War⸗ nung und Befehl entsprechend gewirkt wird, müssen Vorkomm ’isse, welche den in der Verordnung über die Ehrengerichte angeordneten Spruch der Standesgenossen erheischen, immer seltener werden.
Die Bestimmungen dieser Verordnung haben den Zweck, die Pflege der bewährten Ueberlieferungen ritterlichen Sinnes im Offi⸗ zierstande zu fördern, und gewähren die Mittel, da, wo einen Offizier der Vorwurf trifft, er habe Schaden an seiner Ehre gelitten oder wo er selbst dies befürchtet, im geordneten Wege einzuschreiten.
Hierbei sollen die Ehrenräthe die Organe der Comman⸗ deure bilden, während diesen die Leitung der Ehrengerichte und die Verantwortung für die richtige Behandlung der in ihrem Dienst⸗ bereich vorkommenden ehrengerichtlichen Angelegenheiten ausschließlich obliegt. Auch sollen die Ehrenräthe denjenigen ihrer Kameraden, welche an sie in Ehrensachen sich wenden, mit kameradschaftlichem Rath zur Seite stehen. Indem Ich die Zusammensetzung der Ehren⸗ räthe der Offizier⸗Corps von der Wahl der Kameraden abhängig ge⸗ macht habe, ist es nicht allein Meine Absicht, den Commandeuren für die oft schwierigen Geschäfte in Ehrensachen besonders geeignete Or⸗ gane zu geben, sondern auch die, solche Offiziere für diese ’ zu finden, welche das Vertrauen ihrer Kameraden in so hohem Grade besitzen, daß sie mit Erfolg als deren berufene Rathgeber in Ehren⸗ sachen wirken können. Ich setze voraus, daß kein Offizier sich bei der Wahl von anderen als mit dieser Meiner Absicht übereinstimmenden Beweggründen wird leiten lassen.
Die Ehrengerichte aber haben die doppelte Aufgabe, sowohl durch ihren Spruch die Ehre des Einzelnen von unbegründeten Ver⸗ dächtigungen, insoweit ihm andere standesgemäße Wege hierzu nicht offen stehen, zu ” als auch zur Wahrung der Ehre des Stan⸗ des gegen diesenigen Mitglieder desselben, deren Benehmen dem rich⸗ tigen Ehrgefühl und den Verhältnissen des Offizierstandes nicht ent⸗ ““ 1“ “
spricht, einzuschreiten. Die — in denen ein solches Einschreiten erforderlich werden kann, lassen sich nicht erschöpfend voraus bestim⸗ men; sie im Einzelnen zu erkennen, soll Mein vorstehend ausgespro⸗ chener Wille einen Anhalt geben.
Zlugleich halte Ich hierbei Mich versichert, daß die Befehlshaber, in richtiger Würdigung der zur Wahrung der Disziplin und zur Auf⸗ rechthaltung ihrer Autorität ihnen verliehenen Strafbefugnisse; solche Fälle, welche im Disziplinarwege füglich erledigt werden können, nicht zum ehrengerichtlichen Verfahren verweisen werden, um die gewichtige Bedeutung eines ehrengerichtlichen Spruchs nicht herabzudrücken. Bei allen Verhandlungen der Ehrenräthe und der Ehrengerichte soll neben den Rücksichten auf die Erhaltung der Standesehre der Sinn wechselseitigen Wohlwollens walten. Das Verfahren soll auf Erörterung der Anschuldigungspunkte sich beschränken und nicht auf Nebendinge eingehen, oder durch unnöthige Förmlichkeiten erschwert und aufgehäalten werden. Auch ist hierbei stets ernstlich darauf zu halten, daß innere Angelegenheiten eines Ofsizier⸗Corps nicht weiter aus dessen Kreis hinausgetragen werden, als unumgänglich nöthig ist. —In dem Vertrauen, daß edle Sitte und guter Ton in den Offizier⸗Corps Meines Heeres sich heimisch erhalten und Privatstreitig⸗ keiten und Beleidigungen der Offiziere unter einander immer seltener vorkommen werden, habe Ich das durch die Verordnung II. vom 20. Juli 1843 vorgeschriebene Verfahren außer Kraft gesetzt. Nur soll für den Offizier, welcher mit einem anderen Offizier in eine die Ehre berührende Privatzwistigkeit geräth, die Verpflichtung fortbestehen, seinem Ehrenrath und zwar spätestens, wenn er eine Herausforderung zum Zweikampf erläßt oder erhält, hiervon Anzeige zu machen oder durch einen Kameraden Anzeige machen zu lassen. Der Ehrenrath hat alsdann sofort und möglichst noch vor Vollziehung des Zwei⸗ kampfes dem Commandeur Meldung zu erstatten und da, wo die Standessitte es irgend zuläßt, einen Sühneversuch vorzunehmen; falls dieser aber nicht gelingt, dahin zu wirken, daß die Bedingungen des Zweikampfes zur Schwere des Falles in keinem Mißverhältniß stehen. Kommt es zum Zweikampf, so hat der Präses des Ehrenraths oder ein Mitglied desselben sich als Zeuge auf den Kampfplatz zu begeben und d arauf zu achten, daß bei Vollziehung des Zweikampfes die Standessitte gewahrt wird.
Auf ehrengerichtlichem Wege soll wegen eines Zweikampfes
nur dann gegen Offiziere eingeschritten werden, wenn der Eine oder der Andere der Betheiligten bei dem Anlaß oder dem Aus⸗ trag der entstandenen Privatstreitigkeit gegen die Standesehre gefehlt hat. — Dies muß insbesondere in dem immerhin möglichen Falle geschehen, wenn ein Offizier in frevelhafter Weise einem Kameraden ohne jede Veranlassung eine schwere Beleidigung zugefügt haben sollte. Denn einen Offizier, welcher im Stande ist, die Ehre eines Kamera⸗ den in frevelhafter Weise zu verletzen, werde Ich ebensowenig in Meinem Heere dulden, wie einen Offizier, welcher seine Ehre nicht zu wahren weiß. Die Regiments⸗Commandcure und die ihnen gleichstehenden Be⸗ feblshaber haben dafür Sorge zu tragen, daß jeder neu ernannte Offizier des stehenden Heeres und des Beurlaubtenstandes von dieser Meiner Ordre Kenntniß erhält. Auch ist durch gelegentliches Vor⸗ lesen bei Versammlungen der Offizier⸗Corps Mein hier ausgesprochener Wille den Offizieren Meines Heeres öfter in Erinnerung zu bringen.
Berlin, den 2. Mai 1874.
8 Wilhelm. An das Kriegs⸗Ministerium. 1
In der gestern abgehaltenen 34. Plenarsitzung des Bundesraths führte der Staats⸗Minister Dr. Delbrück den Vorsitz. Es wurden Ausschußberichte erstattet über a. die Ver⸗ messung der den Suezkanal passirenden Dampfschiffe; b. eine Petition, betreffend die Maß⸗ und Gewichtseinheiten und deren abgekürzte Bezeichnung; c. die Außercourssetzung der süddeut⸗ schen Zweiguldenstücke; d. die Verstärkung der Ausprägung von Bronzemünzen; e. die einheitliche Ordnung des Apothekerwesens; f. die Vorschriften für die Prüfung der Apotheker; g. den Ab⸗ schluß von Verträgen zwischen Deutschland und Rußland über die Behandlung der Hinterlassenschaften beiderseitiger Reichs⸗ Angehöriger und über die Verhältnisse der Konsuln; h. die Wahl einer Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs; i. die Kautionen verschiedener Reichs⸗ beamten; k. die Berichtigung der Bevölkerungsziffern von Preußen und Oldenburg.
— Der Bundesrath hat in seiner Sitzung am 16. Juni c. die Berathungen über die Justizgesetze beendet und folgenden Gesetzentwürfen seine Zustimmung ertheilt: Gerichtsverfassungs⸗ gesetz nebst Einführungsgesetz, Strafprozeßordnung, Civilprozeß⸗ ordnung nebst Einführungsgesetz.
— Zufolge Beschlusses des Bundesraths vom 30. Juni v. J. ist vom Reichskanzler⸗Amt eine Kommission aus Forsttech⸗ nikern verschiedener Bundesstaaten sowie dem Direktor und einem Mitgliede des Kaiserlichen Statistischen Amtes gebildet und mit der Ausarbeitung eines Organisationsplans für die dem Ge⸗ schäftskreise des Kaiserlichen Statistischen Amts zuzuweisende Forststatistik beauftragt worden. Die Kommission hat die ihr gestellte Aufgabe erledigt und dem Bundesrath mittelst Berichts vom 9. v. Mts. „Bestimmungen, betreffend die Forststatistik im Deutschen Reich“ im Entwurfe zur Genehmigung unterbreitet.
Der Bundesrath hat diese Bestimmungen dem VI. Ausschuß überwiesen.
— Die Kompetenz der Landräthe zum Erlasse vorläufiger polizeilicher Straffestsetzungen in Chausseepolizei⸗Kontraventions⸗Sachen ist nach einer Cirkularverfügung der Minister des Innern und für Handel vom 17. v. Mts. durch die Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 nicht aufgehoben worden. Durch den §. 59 Nr. 1 dieses Gesetzes ist die Verwaltung der Polizei den Amtsvorstehern nur soweit übertragen, als sie nicht nach besonderen Gesetzen den Landräthen oder anderen Beamten zusteht. Die Befugniß der Landräthe zu Straffestsetzungen wegen Chausseepolizei⸗Ueber⸗ tretungen beruht auf dem §. 10 des mit Gesetzeskraft erlassenen Regulativs vom 7. Juni 1844, betreffend das Verfahren bei Chausseepolizei⸗ und Chausseegeld⸗Uebertretungen (Ges. S. Seite 167) beziehungsweise auf dem §. 1 des Gesetzes über die vor⸗ läufige Straffestsetzung wegen Uebertretungen vom 14. Mai 1852 (Ges. S. Seite 245). Die gedachte Befugniß ist sonach den Landräthen durch besondere Gesetzes⸗Bestimmungen, welche durch den §. 59 Nr. 1 der Kreisordnung ausdrücklich in Kraft erhalten sind, übertragen.
— Der bisherige außerordentliche Gesandte und bevollmäch⸗ tigte Minister G. Bancroft, welcher die Vereinigten Staaten von Nordamerika seit dem 2. Juni 1871 hier vertreten, hat sich vorgestern im Auswärtigen Amt verabschiedet und dem Staats⸗ sekretär von Bülow Hrn. Nicolas Fish als interimistischen schäftsträger der Vereinigten Staaten vorgestellt.
— Der Geheime Legations⸗Rath Bucher hat sich heut mit mehrwöchentlichem Urlaub nach der 2 uch Le,.
— Der Königliche belgische Gesandte in St. Petersburg,
Graf Errembault de Dudzeele ist gestern Abend von dort hier eingetroffen und im Hotel Royal abgestiegen.
— S. M. S. „Augusta“ hat am 26. Mai Kingston verlassen, traf am 1. Juni in Barbados ein und beabsichtigte am 8. Juni die Reise nach Brasilien, zunächst Bahia, fort⸗ zusetzen. An Bord Alles wohl.
— Die Statistik der zum Ressort des Ministe⸗ riums des Innern gehörenden Straf⸗ und Gefangen⸗ Anstalten für das Jahr 1871 ist soeben (im Verlage der Königlichen Geh. Ober⸗Hofbuchdruckerei — R. v. Decker — Berlin 1874) erschienen. In Betreff des Inhalts verweisen wir auf den unter ‚Statistik“ enthaltenen Artikel.
Cassel, 1. Juli. In der heutigen Sitzung des Kom⸗ munallandtags wurde nach Erledigung einer Anzahl Peti⸗ tionen in der gestrigen Tagesordnung fortgefahren.
Die Versammlung genehmigte den vom Ausschuß gestellten Antrag, der im Wesentlichen dahin geht, eine Erhöhung der Tarifsätze der von den Armenverbänden zu ersetzenden Verpfle⸗ gungskosten nicht zu beantragen. Sodann wurde die Wahl der Mitglieder und Stellvertreter zur Bezirkskommission für die klassisizirte Einkommensteuer, sowie die Wahl von Mitgliedern und Stellvertretern der Deputation für das Heimathwesen vor⸗ genommen. Die Feststellung des Wahlresultats wurde dem Bu⸗ reau übertragen. Ueber den Gesetzentwurf, betreffend den Ufer⸗ bau an der Weser im Kreise Rinteln, berichtete der Abg. von der Malsburg.
Den Anträgen des Ausschusses auf Abänderung der §§. 4, 6 und 7 des Entwurfs, wonach die Erhebung der Weserschlacht. bausteuer von der Zustimmung der Kreisstände abhängig sein und durch die Kreiskasse bewirkt werden solle, widersprach der Regierungs⸗Kommissar, als dem historischen und rechtlichen Charakter der Abgabe zuwiderlaufend. Die Versammlung ge⸗ nehmigte jedoch diese Anträge und mit ihnen den Gesetzentwurf im Allgemeinen. Abgeordneter Knobel begründete einen von ihm mit anderen Abgeordneten eingebrachten Antrag auf Ab⸗ änderung des §. 12 der Verordnung vom 13. Mai 1867, be⸗ treffend die Ablösung der Servituten ꝛc. Der Antrag wurde einem besonderen Ausschuß zur Begutachtung überwiesen, welcher alsbald gewählt wurde. Hiermit schloß die Sitzung.
Bayern. München, 30. Juni. Der Abg. Dr. Freytag hat, aus Anlaß der Vorkommnisse in den letzten Kammer⸗ sitzungen, die Stelle als Vorstand der patriotischen Fraktion bereits am Sonnabend niedergelegt; Abg. Dr. Schüttinger ist an seine Stelle getreten.
— Der langjährige General⸗Vikar der Erzdiöcese München, Dompropst Dr. v. Prand, hat, wie der „Bayer. Kur.“ meldet, diese Stelle niedergelegt und der Erzbischof den Domkapitular Rampf zum General⸗Vikar ernannt.
Sachsen. Dresden, 2. Juli. Der König und die Königin sind heute Morgen von Zwickau über Plauen nach Elster abgereist.
Württemberg. Stuttgart, 30. Juni. Der Minister der Justiz und der auswärtigen Angelegenheiten ist heute zu einem längeren Sommeraufenthalte am Bodensee abgereist.
— Die gestern ausgegebene Nr. 17 des Regierungsblattes veröffentlicht das Gesetz, betreffend Ausführungsbestim⸗ mungen zu dem Reichsgesetze über die Presse vom 7. Mai 1874, vom 27. Juni 1874. 8
Baden. Karlsruhe, 30. Juni. Um dem Mangel an Arbeitskräften während der Erntezeit einigermaßen abzuhelfen, stellte das Handels⸗Ministerium im Einverständniß mit der Cen⸗ tralstelle des landwirthschaftlichen Vereins an das General⸗Kom⸗ mando des XIV. Armee⸗Corps das Ansuchen, es möchten zur Aushülfe bei den Erntearbeiten ein Theil der bei den Fahnen stehenden Mannschaften beurlaubt werden. Diesem Ansuchen kam der kommandirende General von Werder, wie die „Karlsruher Ztg.“ meldet, bereitwilligst entgegen, indem er den Truppenführern gestattete, auf Gesuche der Gemeindebehörden, welche durch die Großherzoglichen Bezirksämter beglaubigt sind, im Monat Juli und August per Compagnie 10 Mann auf Ur⸗ laub zu entlassen.
Hessen. Jugenheim, 3. Juli. (W. T. B.) Die Groß⸗ herzogin⸗Mutter von Mecklenburg⸗Schwerin ist heute Vormittag hier eingetroffen. Der Großherzog von Mecklen⸗ burg⸗Schwerin wird sich morgen von hier nach Coblenz be⸗ geben. Die Abreise des Kaisers von Rußland nach St. Petersburg wird am 6. Juli stattfinden. Die Königin Olga von Württemberg wird hier noch bis zum 8. d. M. verweilen. Ueber die Abreise der Kaiserin von Ruß⸗ land sind noch keine Bestimmungen getroffen.
Oldenburg. Oldenburg, 1. Juli. (Wes. Ztg.) Der Großherzog wird heute den projektirten Ausflug durch das Münsterland in Begleitung des Geheimen Staatsraths Ruhstrat antreten. 8
— Dem Staats⸗Minister von Berg ist die provisorische
Verwaltung des Justiz⸗ und Kultus⸗Departements übertragen worden. — Der Ober⸗Appellationsgerichts⸗Präsident von Buttel feierte kürzlich sein 50 jähriges Dienstjubiläum. Unter anderen Beweisen ehrender Aufmerksamkeit ist ihm von der Berliner Universität das Ehrendoktordiplom verliehen worden.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 30. Juni. Zwischen der Herzoglichen Staatsregierung und den Landtags⸗ abgeordneten ist ein neues Einkommen⸗ und Klassen⸗ Steuergesetz vereinbart worden, welches die höchste Sanktion erhalten hat und mit dem 1. Juli d. J. in Kraft tritt. Nach demselben wird ein jährliches Einkommen eines selbständigen Be⸗ wohners des Herzogthums Coburg von 2400 Mark oder darüber der Einkommensteuer, ein geringeres jährliches Einkommen der Klassensteuer unterworfen. Letztere wird in 18 Stufen zwischen je 10 Pfennigen und je 5 Mark terminlich in höchstens 16 Ter⸗ minen jährlich erhoben, während die Einkommensteuer terminlich ein Viertel Prozent des steuerpflichtigen Einkommens beträgt, jedoch 4 Prozent desselben in einem Rechnungsjahre nicht übersteigen darfk. Von der Einkommensteuer werden der Herzog, die Herzogin und die Herzogin⸗Wittwe, sowie die Be⸗ wohner des Herzogthums nicht betroffen, welche aus dem Auslande Einkommen beziehen, welches dort einer gleichartigen Besteueruug nachweislich unterliegt. Was unter dem steuer⸗ pflichtigen Einkommen begriffen, ist im Gesetz umständlich aus⸗ geführt. Dem Ermessen jedes Steuerpflichtigen ist es überlassen, ob er behufs einer Veranlagung zur Einkommensteuer eine eigene Deklaration abgeben oder sich der Einschätzung durch eine geord⸗ nete Kommission unterwerfen will. Von der Klassensteuer sind befreit: die im aktiven Militärdienst befindlichen Unteroffiziere und gemeinen Soldaten bezüglich ihrer Löhnungen und sonsti⸗
ger Dienstbezüge, Wittwen und Waisen bezüglich ihrer Pensionen
in Fiume; Dr. Joseph Schlosser Ritter v. Klekovsky, K. unga⸗
und Arme, welche Unterstützungen erhalten oder außer Stande sind, sich die nothwendigsten Bedürfnisse selbst zu beschaffen, bee⸗ Diejenigen, welche ihr 17. Lebensjahr noch nicht erreicht aben.
Bremen, 1. Juli. In der heutigen Sitzung der Bürger⸗ schaft verlas der Präsident Dr. Meinertzhagen ein Schreiben des Vertreters H. H. Meier, in welchem derselbe erklärt, daß er sein Mandat zur Bürgerschaft niederlege, um sich seinen Privat⸗ angelegenheiten mehr widmen zu können. — Von den zahl⸗ reichen Vorlagen ist die Angelegenheit bezüglich der Neugestal⸗ tung des Verhältnisses des Staats zu den stadtbremischen Kirchengemeinden in Betreff ihrer Schulen, zu erwähnen. Der Vertrag läuft mit Ende nächsten Jahres ab. Einige Ge⸗ meinden wünschen die Fortdauer des Verhältnisses, andere sind bereit, ihre Schulen unter näher zu verabredenden Bedin⸗ gungen an den Staat abzutreten. Auf Antrag des Senats beschloß die Bürgerschaft, diese Angelegenheit zur Berathung und zum Bericht an die Schuldeputation zu verweisen.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 30. Juni. Seitens des Ober⸗Präsidenten von Elsaß⸗Lothringen wurde der „Str. Ztg.“ zufolge den Unterzeichnern der Petition Be⸗ treffs der Beschleunigung der Stadterweiterung heute folgende Mittheilung gemacht:
Straßburg, den 29. Juni 1874.
Im Verfolg meiner Mittbeilung vom 28. v. M. beehre ich mich im Auftrage des Herrn Reichskanzlers die Herren Unterzeichner der Petition vom 12. v. M. weiter ergebenst zu benachrichtigen, daß Se. Majestät der Kaiser von der Petition Kenntniß zu nehmen und Aller⸗ — Ihr Interesse für die gestellten Anträge auszusprechen geruht
aben. Der Herr Kriegs⸗Minister hat sich bereit erklärt, die baldige Ausführung der Stadterweiterung thunlichst zu fördern. Es liegt in der Absicht, die Bewilligung der Geldmittel, welche zur Deckung der Kosten der Verschiebung der Enceinte noch erforderlich sind, bei dem Reichstage in der diesjährigen Herbstsession zu beantragen. Sobald diese Geldmittel bereit gestellt sein werden, soll schon vor Fertigstellung der neuen Stadtumwallung für diejenigen Grundstücke, welche jetzt den Rayonbeschränkungen unterliegen und demnächst in die Stadt eintreten werden, Baufreiheit gewährt werden.
Die alte Enceinte wird in ihrem jetzigen Zustande so lange bei⸗ behalten werden müssen, bis die neuen Fronten einen geeigne Ersatz für dieselben geben.
Der Ober⸗Präsident von Elsaß⸗ v. Möller.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 1. Juli. Die inter⸗ nationale Sanitätskonferenz zählt nach der „Wien. Z.“ folgende Mitglieder: Deutsches Reich: Ober⸗Medizinal⸗Rath Dr. v. Pettenkofer, Universitäts⸗Professor in München; Dr. A. Hirsch, Universitäts⸗Professor in Berlin. Oesterreich⸗Un⸗ garn: Se. Excellenz Freiherr Maximilian v. Gagern, Geh. Rath und pension. Hof⸗Rath des K. und K. Ministeriums des Aeußern; Dr. F. Ulrich, K. K. Ministerial⸗Rath im Ministerium des Innern; August Ritter v. Alber⸗Glanstätten, Präsident der Seebehörde in Triest; Karl Haardt v. Hartenthurn, K. K. Mini⸗
erial⸗Rath im Handels⸗Ministerium; Dr. A. Drasche, Primararzt m K. K. Rudolfs⸗Spitale; Dr. Karl Ludwig Sigmund Ritter v. Ilanor, K. K. Universitäts⸗Professor in Wien; Dr. L. Groß, K. Sektions⸗Rath im K. ungarischen Ministerium des Innern; Hektor Catinelli, K. ungarischer Sektions⸗Rath der Seebehörde
rischer Protomedicus; Dr. Nikolaus Severinski, Regimentsarzt
in Kroatien. Belgien: Dr. Henrard, Sanitäts⸗Inspektor im
K. Ministerium des Innern. Dänemark: Dr. P. A. Schleis⸗
„Mitglied des obersten Sanitätsrathes und Chefarzt von
Kopenhagen. Aegypten: S. E. Colucci Pascha, Präfsident
des General⸗Sanitätsrathes; de Régny Bey, Sekretär
dieses Rathes. Frankreich: Freiherr Napoleon v. Ring, erster Sekretär der französischen Gesandtschaft in Wien;
Dr. A. Fauvel, General⸗Inspektor der Sanitätsbehörde. Eng⸗ land: Dr. Dickson, englischer Botschaftsarzt in Konstantinopel;
Dr. Edward Seaton, Mitglied des Sanitätsrathes von London. Griechenland: Dr. D. G. Orphanides, Universitäts⸗Professor in Athen, Präsident des Sanitätskonseils. Italien: Dr.
Mariano Semmola, Universitäts⸗Professor in Neapel. Luxem⸗ urg: Dr. Schmit, Präsident der naturwissenschaftlichen Gesell⸗ schaft. Norwegen: Dr. J. Kierulf, Chef der Sanitätsdirektion im Königlichen Ministerium des Innern in Christiania. Niederlande: F. L. Reeder, Marine⸗Sanitätsoffizier erster Klasse; Dr. H. v. Capelle, Divisioncchef im Mi⸗ nisterium des Innern. Persien: Dr. J. E. Polak (Hekim Baschi). Portugal: Dr. José Thomas de Souza Martins, Professor an der medizinischen Schule und korrespondirendes Mitglied der Königlichen Akademie in Lissabon. Rumänien: Dr. Marcowitz, Mitglied des obersten Sanitätsrathes und Pro⸗ fessor in Bukarest. Rußland: Dr. E. Lenz, Wirklicher Staats⸗ rath; Dr. M. Kastorsky, Sekretär des Sanitätsrathes und K. russischer Gesandtschaftsarzt in Teheran. Serbien: Dr. Stephan Miloshavlevitsch, Chef des Sanitäts⸗Departements im Ministe⸗ rium des Innern. Schweden: Dr. N. J. Berlin, General⸗ Direktor und Präsident des medizinischen Kollegiums. Schweiz: Dr. Karl Zehnder, Distriktsarzt in Zürich; Dr. Adolf Ziegler, Sekretär des Sanitäts⸗Kollegiums in Bern. Türkei: Dr. Bar⸗ toletti, General⸗Inspektor des Sanitätswesens; Ali Bey, Nit⸗
glied des Sanitätsrathes in Konstantinopel.
8 Zu Vize⸗Präsidenten wurden gewählt: Dr. v. Petten⸗ kofer, K. Ober⸗Medizinal⸗Rath und Universitäts⸗Professor in München; Dr. A. Fauvel, General⸗Inspektor der Sanitäts⸗ behörden aus Frankreich und Dr. E. Lenz, russischer Wirkl. Staats⸗Rath. 8
Pest, 1. Juli. Im Abgeordnetenhause sprach in Fortsetzung der Wahlgesetzdebatte nach dem Referenten Szeniczen der Minister Szapary und motivirte das Vorgehen der Regie⸗ rung, die sich in der Vorlage auf die Präzisirung der 1848er Bestimmungen beschränkte. Gegen mehrere vom Central⸗Aus⸗ schusse vorgenommene Aenderungen müsse er sich sofort erklären, namentlich dagegen, daß für die siebenbürgischen Städte besondere Verfügungen getroffen werden; dann gegen die Aenderung der Kandidationsvorschriften, sowie der Wahlbezirke, worüber ein be⸗ sonderes Gesetz geschaffen werden müsse. Schließlich ersuchte der Minister, bei der Verhandlung die möglichste Nachgiebigkeit und
bewahren. Moesary (äußerste Linke) griff die Regie⸗ rungsvorlage heftig an, weil dieselbe hauptsächlich die Rechte der städtischen Wähler verkürzt; er verlangte die Annahme des all⸗ gemeinen Stimmrechts und gemeindeweise Abstimmung. Achaz Beöthy (Rechte) wünschte die Anerkennung der erworbenen Rechte für diejenigen Adeligen, denen die Vorlage das Wahl⸗ recht entzieht, während dieselben das Wahlrecht seit dem Jahre
Das Oberhaus erledigte die Gesetzentwürfe über den Bau der Klinik und die Großjährigkeit der Frauen. Ueber die Advo⸗ katursvorlage wurde heftig debattirt. Graf Zichy⸗Ferraris und Tomesanyi sprachen in harten Ausdrücken von dem heutigen Advokatenstande und wünschten die schärfsten Sicherheitsmaßregeln gegen die schreienden Mißbräuche. In der Vorlage selbst wurde trotz der mehrmaligen Einsprache des Justiz⸗Ministers we⸗ sentliche Modifikation vorgenommen, daß zu dem Disziplinar⸗ gerichte der Advokatenkammer auch Richter zugezogen werden; desgleichen wurde in den Uebergangsbestimmungen die ursprüng⸗ liche strengere Bestimmung wieder hergestellt, wonach alle Be⸗ günstigungen für absolvirte Universitätshörer wegfallen und die dreijährige Praxis sofort in Geltung tritt.
Niederlande. Haag, 29. Juni. Die Erste Kam⸗ mer der Generalstaaten hat in ihrer heutigen Sitzung den von der Zweiten Kammer bereits angenommenen Gesetzentwurf über den zwischen Deutschland und den Niederlanden verein⸗ barten Eisenbahn⸗Anschluß Nieuwe Schans⸗Ihrhove ein⸗ stimmig genehmigt.
— Eine ostindische Post mit Berichten aus Batavia bis zum 20. Mai meldet die nunmehr erfolgte Eröffnung eines direkten Dampfschiffahrts⸗Dienstes zwischen Batavia und Austra⸗ lien. — Nach einer Mittheilung im „Soerabaiaasch Handelsblad“ ist Folgendes der wesentliche Inhalt „der Bedingungen, unter welchen die verschiedenen Staaten von Atchin die Souveränetät der Niederlande frreiwillig annehmen können:“ 1) Anerkennung des Königs der Niederlande als ihres Souverains und Führung der niederländischen Flagge zu Land und zur See; 2) das Land gerecht (regtvaardig) zu regieren, Ordnung und Frieden mit den Nachbarstaaten aufrecht zu erhalten, Handel, Industrie, Landbau und Seefahrt, sowie die Wohlfahrt der Unterthanen überhaupt zu befördern; 3) Sklaverei, Menschen⸗ und Seeraub entgegenzuwirken; 4) Schiffbrüchigen Hülfe zu leisten und gestrandete Güter zu bergen; 5) Unterthanen des niederländischen Gouvernements, die einer Missethat schuldig wären, keine Zuflucht zu gewähren; 6) keine politischen Be⸗ ziehungen mit fremden Mächten anzuknüpfen; 7) alle in Vor⸗ stehendem nicht aufgezählten Angelegenheiten sollen, von dem Repräsentanten der niederländisch⸗indischen Regierung in Atchin geregelt werden, die gesetzliche Verwaltung dieses Landes in Uebereinstimmung mit der bestehenden Ordnung der Dinge und mit Inachtnahme von bestehenden Einrichtungen. Ferner wird den regierenden Fürsten eine unabhängige Verwaltung und der Schutz der Niederlande gewährt, sowie Befreiung von allen Verbindlichkeiten und von Zahlung von „hassie“ an Groß⸗Atchin, während die niederländische Regierung nichts
weiter verlangt, als die Erfüllung der stipulirten Bedingungen; nicht eine einzige Schatzung wird auferlegt. Dieselben Bedin⸗ gungen werden Groß⸗Atchin gestellt. den Händen der Häuptlinge. in die nationalen Sitten, Gottesdienst oder bestehende Einrich⸗ tungen, insoweit sie mit den den unterworfenen Staaten gestellten Bedingungen, was Seeraub, Sklaverei u. s. w. betrifft, verein⸗ barlich sind. Wenn es sich als nöthig erweist, sollen die Häupt⸗ linge von dem Gouvernement gut besoldet werden. Alles soll gethan werden, um das Volk zufrieden zu stellen; es werden weder Zwangsarbeit, noch Zwangslieferungen verlangt, noch An⸗ pflanzungen vorgeschrieben werden; für alle Lieferungen wird Zahlung geleistet nach den Regeln von Nachfrage und Angebot. — Die fünfte Generalversammlung des niederländischen Juristenvereins wird in Gröningen abgehalten. Si findet am 27. August und an den beiden folgenden Tagen statt. — In Amsterdam ist jetzt in einer Reihe von Buch⸗ handlungen eine Adresse an den König zur Unterzeichnung auf⸗ gelegt worden, worin Hülfe zur Sicherung der Vollendung des Amsterdamer Nordsee⸗Kanals dringend verlangt wird.
Großbritannien und Irland. London, 1. Juli. Die Königin empfing vorgestern auf Windsor im Beisein des Ministers des Innern den Erzbischof von Canterbury und den
anläßlich der Vermählung des Herzogs von Edinburgh mit der Großfürstin Marie von Rußland eine Glückwunschadresse dieser Körperschaft überreichten.
— General⸗Major John Armstrong, der sich während des Kaffernkrieges auszeichnete und das unter dem Namen „Armstrongs Reiter“ bekannte Corps irregulärer Kavallerie bil⸗ dete, is am 28. Juni in Stoulgrove⸗House, unweit Chepstow, 55 Jahre alt, gestorben.
— Großbritanniens Staatseinnahmen während der ersten drei Monate des laufenden Finanzjahres betrugen amtlichen Ausweisen zufolge 17,672,521 Lstr. oder 8,593 Lstr. weniger als im entsprechenden Quartal des Vorjahres. Mit
Einkünfte; alle übrigen Positionen zeigen eine mäßige Zunahme. Für das mit dem 30. Juni verstrichene Jahr beliefen sich die Staatseinkünfte auf 77,327,064 Lstr. gegen 75,869,377 Lstr. im Jahre vorher.
— 2. Juli. (W. T. B.) Im Unterhause wurde heute die Berathung des Antrages Butt auf Errichtung eines irischen Parlaments fortgesetzt. Nachdem Disraeli in län⸗ gerer Rede gegen die Annahme desselben gesprochen hatte, wurde der Antrag mit 458 gegen 61 Stimmen abgelehnt.
Frrankreich. Paris, 2. Juli. (W. T. B.) Das bona⸗ partistische Journal „Pays“ ist in dem gegen dasselbe an⸗ gestrengten Prozesse heute von dem Schwurgerichtshofe der Seine freigesprochen worden.
Versailles, 2. Juli. versammlung beschäftigte sich heute mit . 5. Artikels des Munizipalwahlgesetzes, nach welchem ein dreijähriges Domizil am Wahlorte zur Ausübung des Wahl⸗ rechtes erforderlich sein soll. Seitens der Linken wurde bean⸗ tragt, daß ein nur einjähriges Domizil am Wahlorte zur Aus⸗ übung des Wahlrechts genüge. Die Versammlung kam heute noch zu keiner definitiven Entschließung und wird die Berathung morgen fortsetzen. . 5
— Die Budgetkommission beschloß heute, die Be⸗ rathung des Einnahmebudgets bis dahin auszusetzen, wo die Entscheidung der Nationalversammlung über den Antrag Wolowski'’s vorliege, daß die jährliche Amortisationsquote bei der Bank von Frankreich von 200 Mill. auf 150 Mill. Fres. herab⸗ gesetzt werde.
Spanien. Madrid, 2. Juli. (W. T. B.) Heute fand das feierliche Leichenbegängniß des General Concha statt, welchem Marschall Serrano, sämmtliche Minister und eine zahllose Volksmenge beiwohnten. 3
— Die Zahl der bei Estella konzentrirten Carlisten wird
(W. T. B.) Die National⸗
1848 faktisch ausüben durften. Morgen wird die Debatte fortgesetzt.
in hier eingetroffenen Berichten auf 38,000 Mann angegeben. “ ““
Die Verwaltung bleibt in Auch soll kein Eingriff geschehen
einer Abnahme figuriren Zölle, die Einkommensteuer und diverse
Berathung des
Gleichwohl rechnet man auf einen Sieg der Regierungstruppen, die 106 Geschütze bei sich führen.
— In Paris, 2. Juli, eingetroffene, von carlistischer Seite kommende Depeschen bezeichnen die Nachricht, daß die Carlisten bei den letzten Kämpfen sich vielfach Akte der Grausamkeit hätten zu Schulden kommen lassen, als aller und jeder Begründung entbehrend. 8
Italien. Rom, 2. Juli. (W. T. B.) Der Kaiserlich deutsche Gesandte v. Keudell hat seinen Urlaub angetreten und Fürst Lynar die Geschäfte der deutschen Gesandtschaft über⸗ nommen. . 1
Türkei. Konstantinopel, 2. Juli. (W. T. B.) Der Botschafter Freiherr von Werther ist hier einge⸗ troffen. 8 — An Stelle von Kabuli Pascha, welcher den Posten des Präfekten von Stambul übernommen hat, ist Rad⸗ schid Pascha zum Botschafter in Wien ernannt worden.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 30. Juni. Eine Verfügung des Heil. Synods vom 1. Mai in Bezug auf die Besetzung der Lehrerstellen in den geistlichen Seminaren hat am 25. Mai die Bestätigung des Kaisers erhalten. Nach derselben wird es dem Ober⸗Prokureur des Synods überlassen, unter Mitwirkung des Unterrichtscomitées die Stellen der Lehrer in den geistlichen Seminaren und der Aufseher in den geistlichen Schulen mit Zöglingen zu besetzen, welche den Kursus in den geistlichen Akademien absolvirt haben, falls den Seminarverwal⸗ tungen oder den Kongressen der Geistlichen keine entsprechenden Kandidaten zur Verfügung stehen.
— Aus Krassnoje⸗Sselo, 14. Juni, wird dem „Russ. Inv.“ geschrieben, daß die Wiederkehr guten Wetters den Trup⸗ penübungen günßiig ist, die bisher nur von kleineren Abtheilungen unter ihren nächsten Chefs ausgeführt wurden. Der Höchst⸗ kommandirende, Großfürst Nicolaus Nicolajewitsch, überwacht die Uebungen unmittelbar, indem Se. Kaiserliche Hoheit täglich zweimal, Morgens und Abends, das ganze Lager besichtigt.
— Wie die „Peterb. Gaseta“ vernimmt, wird der Reichsrath sich am 1. Juli mit der Berathung eines Projektes zu befassen haben, das darauf abzielt, das Ministerium der Reichs⸗ domänen in ein Ministerium für Handel und Land⸗ wirthschaft umzugestalten, welche Reform schon am 1. Januar nächsten Jahres in Kraft treten soll. Nach diesem Projekt sollen die in den einzelnen Gouvernements bestehenden Domänenhöfe aufgehoben und in Bezirksverwaltungen umgestaltet werden, deren jede mehrere Gouvernements umfassen wird.
— Das die Regelung der Privat⸗Advokatur be⸗ treffende Gesetz wird, wie der „Grashdanin“ meldet, in nicht zu langer Zeit in Kraft treten. Nach dem neuen Gesetz sollen unabhängig von dem Institut der vereidigten Anwälte auch Privatanwälte zur Vertretung vor Gericht zugelassen werden. Die Privatanwälte müssen aber ihre Befähigung zu Rechts⸗ geschäften nachweisen, dürfen keinerlei ihren Leumund schädigen⸗ den gerichtlichen Verurtheilungen unterlegen haben, müssen tadel⸗ losen Wandels sein und den Kursus höherer oder mittlerer Lehranstalten absolvirt haben oder bei einer Gerichtsbehörde ein Examen bestehen, durch welches dargethan wird, daß sie mit den wichtigsten Gesetzen bekannt und im Stande sind, ihre Sache mit gebührender Klarheit und in gutem Russisch zu vertreten. Außerdem wird die 16““ noch mit einer Geldabgabe belastet, die größer oder kleiner ist, je nachdem der Patentirte
ur Praxis vor den Friedensgerichten oder vor anderen Gerichts⸗ hehörden, oder endlich bei den einen wie den andern zugelassen ist.
Dänemark. Kopenhagen, 30. Juni. Der Prinz Alexander der Niederlande brachte den gestrigen Tag auf Schloß Bernstorff bei der Königlichen Familie zu und wird heute die verschiedenen Sehens würdigkeiten der Stadt in Augenschein nehmen. Nach norwegischen Blättern wird der Prinz in der ersten Hälfte des nächsten Monats Reisen in Norwegen machen.
— Der General Haffner, welcher nach Frijsenborg ge⸗
Sprecher der Kirchenversammlung von Canterbury, welche ihr reist war, um mit dem Grafen Frijs zu Frijsenborg zu konf
riren, ist, wie den „Hamb. N.“ geschrieben wird, bereits wieder zurückgekehrt und setzt seine Bemühungen fort, um noch vor der Abreise des Königs nach Island die Neubildung des Ministe⸗ riums zu ermöglichen.
Amerika. New⸗York, 2. Juli. (W. T. B.) Die sog nannte Sozial⸗Baumwollspinnerei in Woonsocket ist abgebrannt. Der dadurch verursachte Verlust wird auf 800,000 Doll. angeschlagen. .
— Nach aus Kalifornien eingetroffenen Nachrichten sind die Aussichten für die diesjährige dortige Weizenernte ganz außerordentlich günstige und alle Erwartungen übertreffende.
— (A. A. C.) Rio de Janeiro, 6. Juni. In der Deputirtenkammer wurde die Adreßdebatte gestern geschlossen Die Adresse wurde mit 66 gegen 44 Stimmen in einem Haus angenommen, in welchem von den 120 Deputirten, aus denen es zusammengesetzt ist, nur 9 fehlten. Die Abstimmung über diese Frage war thatsächlich ein Vertrauensvotum für das Kabinet Die große Regierungsmaßregel der Session wird die reformbill, die im vorigen Jahre eingebracht wurde, sein. gelben Fieber sterben täglich noch immer zwei bis vier Personen Berichte aus Uruguay melden, daß die Vollendung der Lan Telegraphenverbindung zwischen Montevideo und der brafili nischen Grenze gegen Ende Juni erwartet wird. —
Buenos⸗Ayres, 30. Mai. Die Festlichkeiten anläßlich des Jahrestages der Herstellung der Verfassung waren unge wöhnlich glänzend. General Osborne, der neue amerikanische Gesandte, wurde vom Präsident Sarmiento mit ungewöhnlichem Pomp empfangen. Die hier von Paraguay eingegangenen neuesten Nachrichten melden, daß an Stelle der anarchischen Zustände, die dort vor Kurzem herrschten, Ordnung und Ruh getreten sind. Aus Santa Fé liegen ungünstige Nachrichten vor Drei der Kolonien in der Nähe der Stadt Santa Fé haben sich aufgelöst, indem über 1000 Kolonisten gezwungen waren, ihr Farmen wegen des unbeschützten Zustandes des Landes und de Ankunft von Indianern zu verlassen. 8
Guatemala. Der Minister für auswärtige Angelegenheiten hat eine Broschüre veröffentlicht, welche die Punkte eines zwischen Hrn. Shofield, dem britischen Minister⸗Residenten, und der Re⸗ gierung vereinbarten Protokolles bezüglich der Konsul Mager⸗ Affaire enthält. Darnach wird es erstens als befriedigend er⸗ achtet, daß den Deliquenten gesetzlich der Prozeß gemacht werden soll, zweitens soll die Regierung die britische Flagge im Hafen mit 21 Kanonenschüssen salutiren, (zund drittens will die Regie⸗ rung sich, wenn nothwendig, in Unterhandlungen einlassen, um Hrn. Mager zu entschädigen, wenn darauf von der britische Regierung bestanden wird. Präsident Barrios hat Befehl ertheilt,
daß Kommandant Gonzales, der Verüber des Exzesses, erschossen
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