1874 / 167 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Jul 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Militär⸗Justizbeamte. Stuttgart, 4. Juli. v. Widenmann, Ober⸗Kriegsrath, unter Ernennung zum General⸗Auditeur mit dem Rang der Direktoren von Landeskollegien die Stelle als Chef der Justiz⸗Abtheilung des Kriegs⸗ Ministeriums übertragen. Silcher, char. Kriegsrath, unter Beförderung zum Kriegsrath zum Rath der Justiz⸗Abtheilung des Kriegs⸗Ministeriums ernannt. Ebensperger, Auditeur der Garnison Stuttgart, die Genehmigung zur Anlegung der Uniform und der Abzeichen des Corps⸗Auditeurs ertheilt. Rapp, Justiz⸗Assessor bei der Intendan⸗ tur des XIII. Armee⸗Corps, unter Ernennung zum Auditeur als Sekretär der Justiz⸗Abtheilung des Kriegs⸗Ministeriums kommandirt. Beamte der Militär⸗Berwaltung. Stuttgart, 8. Juli. Braun, Zahlmeister im Train⸗Bat. Nr. 13, der Abschied mit Pension bewilligt.

Die heut ausgegebene Nr. 29 der Allgemeinen Ver⸗ loosungs⸗Tabelle des Deutschen Reichs⸗ und König⸗ lich Preußischen Staats⸗Anzeigers enthält die Ziehungs⸗ listen folgender Papiere: Badische 35 Fl.⸗Anleihe de 1845. Burgsche, Jauersche, Kulmer, Markneukirchner, Quedlinburger, Stettiner Stadt⸗Obligationen. Donau⸗ Dampfschiffahrts⸗Loose. Erft⸗Niederungen, Meliorations⸗ Genossenschafts⸗Obligationen. Freistädter, Mogilnorer, Osthavelländische Kreis⸗Obligationen. Galizische Karl Ludwig⸗Bahn⸗Aktien und Prioritäts⸗Obligationen. Kurhessi⸗ sches Staats⸗Lotterie⸗Anlehen de 1845. Leipzig⸗Dresdner Eisenbahn⸗Partial⸗Obligationen und Schuldscheine. Lombar⸗ disch⸗Venetianisches Anlehen de 1859. Mecklenbur⸗ gische Eisenbahn⸗Prioritäts⸗Obligationen. Meiningensche Landes⸗Kreditkasse⸗Obligationen. Russische 5prozentige Origi⸗ nal⸗Inskriptionen 1. Serie 1798 und 1815. Schaumburg⸗ Lippesche 4prozent. Rentkammer⸗Anleihe de 1863. Schwarz⸗ burg⸗Sondershausensche Rentenbriefe. Württember⸗ gischer Kredit⸗Verein, 3 ½prozent. Obligationen Litt. G.

Die Allgemeine Verloosungs⸗Tabelle erscheint wöchentlich einmal und ist zum Abonnementspreis von 15 Sgr. vierteljährlich durch alle Postanstalten, sowie durch Carl Hey⸗ manns Verlag, Berlin, S. W., Anhaltstraße 12, und alle Buch⸗ handlungen zu beziehen, für Berlin auch bei der Expedition Wilhelmstraße 32. Preis pro einzelne Nummer 2 ½ Sgr.

Aicchtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 18. Juli. Ueber das Fest, welches der deutsche Botschafter in London, Graf Münster, zu Ehren Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen und der Kronprinzessin am Mittwoch veranstaltet hat, entnehmen wir der „A. A. C.“ Folgendes:

Der Kronprinz kam, begleitet von seinem Hofmarschall, Graf Eulenburg, um 8 Uhr von Marlborough⸗House im Bot⸗ schaftshotel an, wo Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit vom Grafen Münster und dem Botschaftspersonal empfangen wurde. Eine halbe Stunde später traf die Kronprinzessin in Begleitung Ihrer Königlichen Hoheit des Prinzen und der Prinzessin von Wales ein und wurde beim Aussteigen aus der Hofequipage vom Grafen Münster, dessen Töchtern, den Comtessen Marie und Olga, sowie von dem Legations⸗Rath, Freiherrn von Brincken, empfangen. Unter den Gästen des Banketts befanden sich außer Ihren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten die Prin⸗ zessin Louise und deren Gemahl, der Marquis von Lorne, der türkische Botschafter, der Lordkanzler und Lady Cairns, der Herzog und die Herzogin von Manchester, der Herzog und die Herzogin von Wellington, der Herzog und die Herzogin von Sutherland, die Marquise von Salisbury, Graf und Gräfin Granville, der Graf und die Gräfin von Roßlyn, der Premier⸗ Minister Herr Disraeli, Herr Gladstone, das Gefolge des deut⸗

schen und englischen Thronfolgerpaares, sowie der Legations⸗

Rath, Fretherr von Brincken.

Die Abendgesellschaft, die sich dem Diner anschloß, war sehr zahlreich besucht. Unter den Anwesenden befand sich der Herzog von Edinburgh, der Erzbischof von Canterbury, viele Mitglieder des diplomatischen Corps und der hohen britischen Aristokratie sowie mehrere angesehene Angehörige der deutschen Kolonie. Die Sänger des deutschen Turnvereins trugen im Salon mehrere deutsche Lieder und Chöre vor und die Wiener Damenkapelle konzertirte. Der Kronprinz und die Kronprinzessin beehrten das Fest bis nach Mitternacht mit Ihrer Gegenwart. Später erschienen Höchstdieselben auf einem Balle des Herzogs und der Herzogin von Buccleuch.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Carl ist am Mittwoch Nachmittag bald nach Seiner Ankunft, welche auf dem Dampfer „Der Kaiser“ in Swinemünde erfolgte, am Bord der Dampfkorvette „Nymphe“ in See gegangen. In Stettin stattete Se. Königliche Hoheit der Werft des „Vulcan“ am Mittwoch Vormittag einen Besuch ab, wo Höchstderselbe die beiden Panzerschiffe „Preußen“ und „Hansa“ besichtigte.

UMeber das Befinden Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Albrecht und des neugebornen Prinzen ist gestern folgendes Bulletin ausgegeben worden:

Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Albrecht hat die letzte Nacht sehr gut geschlafen, das allgemeine Befinden ist ganz be⸗ friedigend. Der Appetit stellt sich ein. Auch das Befinden des jungen Prinzen ist in jeder Hinsicht zufriedenstellend.

Hannover, den 17. Juli 1874. 3

Dr. Martin. Dr. Schaper

Das Staats⸗Ministerium trat heute zu einer Sitzung zusammen.

Die Wirksamkeit der auf den Schiffen zur See und in den Küstengewässern gebräuchlichen Noth⸗ und Loot⸗ sensignale hat durch die Zunahme des Gebrauchs von Pri⸗ vatsignalen im Seeschiffsverkehr nicht unerheblich gelitten. An der englischen Küste namentlich gewann mit dem wachsenden Schiffsverkehr im letzten Jahrzehnt der Gebrauch von Privatsig⸗ nalen solche Ausdehnung, daß die häufig vorkommende Verwech⸗ selung der Noth⸗, Lootsen⸗ und Privatsignale unter einander, insbesondere aber die Nichtbeachtung der Nothsignale, nicht selten Seeunfälle veranlaßte, welche den Untergang der Schiffe, ihrer Besatzungen und Passagiere, zuweilen sogar in unmittelbarer Nahe von Rettungsstationen und Schiffen, welche Hülfe leisten konnten, im Gefolge hatten. Solche Vorkommnisse forderten zur gesetzlichen Fest⸗ stellung der von den Schiffen anzuwendenden Noth⸗ und Lootsen⸗ signale, bezw. zur Sicherung der Wirksamkeit derselben dringend auf und gaben der britischen Regierung im Jahre 1872 Veranlas⸗ sung, den Entwurf eines Lootsen⸗ und Nothfignalsystems auf⸗ zustellen und den Regierungen der Seestaaten mitzutheilen. Bei

Jworden.

dieser Mittheilung gab sie dem Gedanken Ausdruck, es möge der Entwurf zur Einführung eines möglichst von allen Seestaaten anzunehmenden einheitlichen Systems solcher Signale führen. Das Reichskanzler⸗Amt ersuchte in Folge dessen die Regierungen der Bundes⸗Seestaaten um Aeußerung über die Zweckmäßigkeit der in dem Entwurf enthaltenen Signale und der geg b. derselben an der deutschen Küste, und brachte einige auf Grun der eingegangenen Aeußerungen aufgestellte Ahänderungs⸗ vorschläge zur Kenntniß der britischen Regierung. Inzwischen hatte die letztere ihren Entwurf, nachdem derselbe in einzelnen Punkten amendirt worden war, durch den Merchant Shipping Act, 1873, in Großbritannien eingeführt.

Bei dieser Sachlage war zu erwägen, ob die gleichmäßige unveränderte Annahme der von Großbritannien eingeführten Signale trotz der gegen die Zweckmäßigkeit eines Theils derselben sprechenden Bedenken, oder aber die Einführung eines besonde⸗ ren verbesserten deutschen Signalsystems vorzuziehen sein würde. Auf die dieserhalb von dem Reichskanzler⸗Amt an die Regierun⸗ gen der Bundes⸗Seestaaten gerichtete Anfrage haben sich dieselben in ihrer Mehrzahl für die erstere Alternative entschieden. Der Reichskanzler hat sich dieser Ansicht angeschlossen und demgemäß dem Bundesrath einen den britischen Vorschriften entsprechend aufgestellten „Entwurf einer Noth⸗ und Lootsen⸗Signalordnung für Schiffe auf See und auf den Küstengewässern“ auf Grund des Art. 4 Nr. 7 der Reichsverfassung zur Beschlußnahme vor⸗ gelegt.

Das über das Befinden des Reichskanzlers, Fürsten von Bismarck, gestern ausgegebene Bulletin lautet: „Die Heilung der Verletzung schreitet fort, die Bewegung des Handgelenks ist abermals etwas freier. Seit gestern können die Ueberschläge weggelassen und durch einen Verband ersetzt werden. Die an⸗ strengende mündliche und schriftliche Beantwortung der außer⸗ ordentlich zahlreichen Theilnahmsbezeugungen ist Sr. Durchlaucht von ärztlicher Seite verboten worden. Dr. Diruff sen.“

Der Reichskanzler, Fürst v. Bismarck, ist gestern Nach⸗ mittag 1 ¼ Uhr zum ersten Mal wieder nach dem Salinenbade gefahren. Derselbe wurde von allen Seiten enthusiastisch begrüßt.

Aus den zahlreichen Kundgebungen der Theilnahme für den Reichskanzler, Fürsten von Bismarck, welche auch die heut vorliegenden Zeitungen wieder enthalten, heben wir die folgenden hervor:

Der Kaiser von Oesterreich, der Kaiser und die Kaiserin von Rußland, der Sultan, der Khedive und der Marschall Mac⸗ Mahon, Präsident der französischen Republik, haben dem Fürsten von Bismarck Glückwunschtelegramme übersendet.

Der König von Bayern hat, wie die „A. A. Z.“ mittheilt, den General⸗Adjutanten von der Tann beauftragt, dem Fürsten von Bismarck in Kissingen die Allerhöchste aufrichtige Theilnahme auszusprechen.

Von Kommunalbehörden, welche Glückwunschtelegramme nach Kissingen abgeschickt haben, sind noch zu erwähnen die zu Coblenz, Görlitz, Birnbaum, Dessau. Von Vereinen und größeren Versammlungen sind an den Reichskanzler Glückwunsch⸗ telegramme abgesandt worden; u. A. von den Bewohnern und Kurgästen Warmbrunns, dem Handwerker⸗ und technischen Verein zu Liegnitz, aus Rawitsch, von den Badegästen in Johannisbad und Misdroy, aus Lauterberg, Papen⸗ burg, Hagen, Limburg, Düsseldorf, von dem deutschen Verein der Rheinprovinz zu Bonn, aus Baden, Jena, von den Damen in Gera an die Fürstin v. Bismarck.

In Breslau hat im Hildebrandtschen Gartenetablissement eine öffentliche Festfeier stattgefunden, bei welcher der „Fürst⸗ Bismarck⸗Marsch“ vorgetragen wurde.

In Dortmund ist eine Konkurrenz für eine Bismarck⸗ hymne ausgeschrieben worden.

In der Woche vom 28. Juni bis 4. Juli 1874 sind ge⸗ prägt worden an Goldmünzen: 1,638,880 Mark 20⸗Mark⸗ stücke, Mark 10⸗Markstücke; an Silbermünzen: 462,954 Mark 1⸗Markstücke; 144,368 Mark 20 Pf. 20⸗Pfennig⸗ stücke; an Nickelmünzen: 118,724 Mark 40 Pf. 10⸗Pfennigstücke; 13,701 Mark Pf. 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 15,399 Mark 60 Pf. 2⸗Pfennigstücke; 16,314 Mark 64 Pf. 1⸗Pfennigstücke. Vorher waren geprägt: an Goldmünzen: 837,136,140 Mark 20⸗Markstücke, 202,953,620 Mark 10⸗Mark⸗ stücke; an Silbermünzen: 20,170,516 Mark 1⸗Markstücke, 6,092,846 Mark Pf. 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 2,692,727 Mark 10⸗Pfennigstücke, 310,169 Mark 60 Pf. 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 425,606 Mark 56 Pf. 2⸗Pfennigstücke, 172,060 Mark 56 Pf. 1⸗Pfennigstücke. Mithin sind im Ganzen geprägt: an Goldmünzen: 838,775,020 Mark 20⸗Markstücke, 202,953,620 Mark 10⸗Markstücke; an Silbermünzen: 20,633,470 Mark 1⸗Mark⸗ stücke, 6,237,214 Mark 20 Pf. 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 2,811,451 Mark 40 Pf. 10⸗Pfennigstücke, 323,870 Mark 60 Pf. 5⸗ Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 441,006 Mark 16 Pf. 2⸗Pfennigstücke, 188,375 Mark 20 Pf. 1⸗Pfennigstücke. Ge⸗ sammtausprägung: an Goldmünzen: 1,041,728,640 Mark; an Silbermünzen: 26,870,684 Mark 20 Pf.; an Nickelmünzen: 3,135,322 Mark Pf.; an Kupfermünzen 629,381 Mark 36 Pf.

Bayern. München, 16. Juli. Die auswärtigen Mitglie⸗ der des Landtages haben sich fast ausnahmslos mit den Abendzügen in ihre Heimath zurückbegeben. Von den 154 dermaligen Mitgliedern der Kammer der Abgeordneten sind 46, demnach nahezu der dritte Theil, als Ersatzmänner einberufen denn seit der letzten Wahl im November 1869 sind von den damals gewählten Abgeordneten 11 gestorben, und 36 sind aus der Kammer wieder ausgetreten.

Sachsen. Dresden, 17. Juli. Der König wird sich am 21. d. M. ins Seebad Ostende und die Königin an dem⸗ selben Tage zum Kurgebrauch nach Marienbad begeben.

Vom Gesetz⸗ und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen ist das 9. Stück vom Jahre 1874 in der Ausgabe begriffen. Dasselbe enthält u. A. das Finanzgesetz auf die Jahre 1874 und 1875 vom 25. Juni d. J., das Gesetz, vom 25. Juni d. J., einen zweiten Nachtrag zu dem Finanzge⸗ setze auf die Jahre 1872 und 1873, vom 8. April 1872 be⸗ treffend und das Gesetz vom 25. Juni d. J., den Antheil Sachsens an der französischen Kriegskostenentschädigung betreffend.

Württemberg. Stuttgart, 16. Juli. Dem Ver⸗ nehmen des „St. A. f. W.“ nach sind die Truppentheile auch in diesem Jahre wieder ermächtigt worden, eine Anzahl Leute insoweit solches die gegenwärtige Uebungsperiode und die anderweiten dienstlichen Interessen angängig erscheinen lassen zur Unterstützung ihrer Angehörigen bei der bevorstehenden Ernte zu beurlauben. Von einer Kontrole darüber, daß die zur Aushülfe bei der Ernte Beurlaubten dem Zwecke ihrer Beurlau⸗ bung auch wirklich genügen, ist vorerst Umgang genommen

Baden. Karlsruhe, 16. Juli. Das Gesetzes⸗ und Ver⸗ ordnungsblatt Nr. 29 vom 15. d. M. enthält das Gesetz: die Kapitalrenten⸗Steuer betreffend.

Prinz Hermann von Sachsen⸗Weimar ist in Baden⸗Baden eingetroffen.

Hamburg, 17. Juli. Der Königlich preußische Gesandte

Freiherr von Rosenberg hat sich heute auf seine, in der Pro⸗ ird

vinz Preußen belegenen Güter begeben.

Seine Rückkehr w Anfangs September erfolgen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 16. Juli. Die Königin der Niederlande ist am 15. d. M. nach vollendeter Kur von Marienbad abgereist.

Pest, 16. Juli. In der heutigen Sitzung des Abgeord⸗ netenhauses interpellirte Sram wegen Ausbaues der Alföld⸗ Bahn. Hierauf fand die Spezialdebatte der rumänischen Eisen⸗ bahnkonvention statt. Nach Erledigung derselben wurde zur Generaldebatte über die Vorlage in Betreff der Temesvar⸗Or⸗ sovaer Eisenbahn geschritten. Am Schlusse der Sitzung wurde dieser Gesetzentwurf von der Majorität angenommen.

Carlowitz, 16. Juli. In der gestrigen Abendkonferenz des Kirchenkongresses wurde nach langer Debatte beschlossen, alle Wahlmodalitäten anzunehmen, namentlich eine Loyalitäts⸗ adresse und eine Huldigungsrepräsentation abzufassen, aber den⸗ noch bei der Wahl des Patriarchen für Stojkowic zu stimmen, obwohl dessen Bestätigung nicht erfolgen dürfte. In Folge dessen beschloß die aus acht Mitgliedern bestehende Minorität, sich der Abstimmung zu enthalten.

In der heutigen fast dreistündigen geheimen Sitzung des Kirchenkongresses unter dem Präsidium Branovacski's wurden, nachdem der Kongreß einstimmig eine Loyalitätsadresse an die Krone beschlossen hatte, für den Ofner Bischof Arsen Stojkovics 63 Stimmen abgegeben; sieben anwesende Deputirte gaben die Aeußerung ab, nicht stimmen zu wollen. Der Königliche Kom⸗ missär erschien hierauf und unterfertigte das Protokoll, welches Sr. Majestät unterbreitet wird. Bis nach erfolgter Entscheidung Sr. Majestät wird der Kongreß nicht tagen.

MNiiederlande. Haag, 14. Juli. Nach einem dem Kolo⸗ niendepartement zugekommenen Telegramme des General⸗Gou⸗ verneurs von Niederländisch⸗Indien wurden, wie die neuesten Meldungen aus Atchin mittheilen, am 28. Juni nach einem anderthalbstündigen heftigen Gefechte der Kampong Garuw, so⸗ wie dessen stark besetzte Verschanzungen des Nachts von der Marine beschossen und nachher verlassen gefunden, worauf auch Kotta Radja Bedil genommen und beide Plätze besetzt wurden. Die Stellung im Osten des Atchinflusses und die Fahrt auf diesem Flusse ist in solcher Weise nun⸗ mehr gesichert. Niederländischerseits fielen 4 Mann, worunter kein Offizier, und wurden 38, worunter ein Kapitän und drei Lieutenants, verwundet. Vier Atchinesen wurden gefangen genommen, und außerdem hatte der Feind einen Verlust von 19 Mann an Todten und von vielen Verwundeten. Eine zahl⸗ reiche Menge aus Pedir, Merdu und Groß⸗Atchin hatte sich, wie weiter berichtet wird, versammelt, um der niederländischen Vor⸗ postenkette gegenüber, welche Meraska schützt, eine Verschanzung aufzuwerfen. Durch das Feuer der Niederländer wurde jedoch diese Arbeit gestört. Ein niederländisches Kriegsschiff mit einem höheren Civilbeamten an Bord war nach Pedir und Telok⸗ Semave abgefahren.

17. Juli. (W. T. B.) Dr. J. Heemskerk, Mit⸗ glied des Staatsraths, ist vom König mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt worden.

Großbritannien und Irland. London, 16. Zuli. Der österreichische Botschafter, Graf Beust, gab gestern ein Diner zu Ehren des Großherzogs von Mecklenburg⸗ Strelitz, des Herzogs von Cambridge und des Fürsten und der Fürstin Teck, bei welchem außer den genannten Fürstlichen Personen der niederländische Gesandte, Graf von Bylandt nebst Gemahlin, der Herzog und die Herzogin von Buccleuch, der Marquis d'Ayeglio, die Marquise von Aidesbury und andere Mitglieder der hohen britischen Aristokratie zugegen waren.

In Chattam brannte in letztverwichener Nacht die Speiseanstalt der Offiziere des Genie⸗Corps, ein großes Häuser⸗ geviert, das einen Ballsaal und viele Speise⸗, Lese⸗ und Billard⸗ zimmer enthielt, vollständig nieder.

Eine soeben veröffentlichte Serie von Aktenstücken über die projektirte Abtretung der Fidschi⸗Inseln an Groß⸗ britannien enthält einen längeren Bericht des Commodore Goodmough und des Konsuls Layard an den Minister für die Kolonien, an dessem Schlusse es heißt:

„Wir gestatten uns, Ew. Herrlichkeit zu versichern, daß wir keine Aussicht für diese Inseln erblicken können, falls Ihrer Majestät Re⸗ gierung es ablehnt, das Abtretungsanerbieten anzunehmen, sondern Ruin für die englischen Pflanzer und Verwirrung in der eingeborenen Regierung. Als eine Kron⸗Kolonie denken wir, daß Fidschi sicherlich eine gedeihliche Niederlassung werden würde. Außer den von uns aufgezählten grehen Vortheilen des Bodens und Küimas hat die geo⸗ graphische Lage Fidschi's es zu einem Platze des Rendezvous für die den Postdienst von Kalifornicn nach Neuseeland und Neu⸗Süd⸗Wales verrichtenden Dampfer gemacht. Mit der einzigen Ausnahme der herr⸗ lichen und fruchtbaren Insel Tariuni haben die Küsten Ueberfluß an sicheren und bewundernswürdigen Häfen, die den Einwohnern wohl bekannt sind und nur der Fortdauer einer genauen Erforschung be⸗ dürfen, um sie Fremden zugänglich zu machen.

Hr. George Bankroft, der frühere Gesandte der Ver⸗ einigten Staaten am Berliner Hofe, ist vor Kurzem in London angekommen.

17. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sizung des Unterhauses brachte Sheridan zur Sprache, daß 2 eng⸗ lische Unterthanen in Aegypten von Arabern angegriffen worden seien, die ein Verwandter des Khedive angeführt haben solle. Der Unter⸗Staats⸗Sekretär im Departement des Auswär⸗ tigen, Sir R. Bourke, erklärte, Letzteres sei unrichtig und seien die Schuldigen sofort vor Gericht gestellt und zur Zwangsarbeit verurtheilt worden. Von Seiten Englands könne irgend ein weiteres Verlangen an die ägyptische Regierung nicht gestellt werden. Der Unter⸗Staatssekretär der Kolonien, Earl of Carnarvon, machte die Mittheilung, daß die Regierung bereit sei, die Abtretung der Fidschi⸗Inseln anzunehmen, aber ohne jede Bedingung. Die von der Regierung der Fidschi⸗Inseln ge⸗ stellten Bedingungen seien für England durchaus unannehmbar. Der Gouverneur von Neu⸗Süd⸗Wales sei beauftragt, den Be⸗ wohnern der Fidschi⸗Inseln die Ansichten der englischen Regierung kundzuthun.

Frankreich. Paris, 16. Juli. Das „Journal officiel“ bringt zwei Bekanntmachungen des Ministeriums des Innern, wovon die eine anzeigt, daß mit dem 4 Juli der Paßzwang zwischen Frankreich und Nordamerika abgeschafft ist:

künftighin haben die Bürger beider Staaten nur einfach ihre

Namen abzugeben, wenn fie um dieselben befragt werden. Die

zweite Bekanntmachung betrifft die Auswanderung und lautet:

„Schon zu wiederholken Malen hat sich die Regierung veranlaßt gefühlt, die ländlichen Arbeiter auf die Gefahren eines Verdingens nach Nordamerika aufmerksam zu machen. Es wurden zu diesem Be⸗ hufe besondere Auskunftsbureaus zu Paris, in Havre, in Belfort so wie in allen Präfekturen und Unter⸗Präfekturen errichtet. Diese Maß⸗ regel hat trotzdem nicht die gehofften Erfolge gehabt, denn täglich laufen bei der Regierung Repatriationsgesuche von solchen Arbeitern und hauptsächlich von Elsaß⸗Lothringern, die für Frankreich optirt haben, ein. Hauptsächlich kommen diese Gesuche aus der Gegend von Philadelphia, wo das Loos der verlockten Landbebauer ein sehr kläg⸗ liches zu sein scheint. 1

Der konstitutionelle Gesetzentwurf des Dreißi⸗ Fer. Tns I.g der am Montag von der Nationalversamm⸗ ung berathen werden soll, lautet wie folgt: Alrt. 1. Der Präsident der Republik, Marschall Mac Mahon, übt auch ferner unter diesem nämlichen Titel die vollstreckende Gewalt, welche ihm durch das Gesetz vom 20. November 1873 übertragen Er if

Alrt. 2. ist nur für den Fall des Hochverraths verantwortlich. Die Minister sind solidarisch für die allgemeine Politik und individuell für ihre persönlichen Akte verantwortlich.

„Art. 3. Die gesetzgebende Gewalt wird von zwei Kammern geübt: der Deputirtenkammer und dem Senat. Die Devputirten⸗ kammer wird nach dem Wahlgesetze ernannt, welches die National⸗ versammlung beschließen wird. Der Senat besteht aus gewählten und aus ernannten Mitgliedern in einem noch näher zu bestimmenden

Verhältnisse.

Art. 4. Der Präsident der Republik hat das Recht, die Depu⸗ tirtenkammer aufzulösen. In diesem Falle müssen die Wahlen binnen sechs Monaten stattfinden.

Art. 5. Wenn die vollstreckende Gewalt durch den Ablauf der gesetzlichen Frist oder durch den Rücktritt oder Tod des Marschalls Mac Mahon erledigt ist, so versammelt der Ministerrath die Depu⸗ tirtenkammer und den Senat zu einem Kongreß, welcher über die zu ergreifenden Maßregeln zu befinden hat. Der Präsident der Re⸗ publik hat allein das Recht, die Revision der Verfassungsgesetze zu

beantragen. 8

17. Juli. (W. T. B.) Die heutigen Abendblätter melden, der Minister des Innern, Fourtou, habe sein Entlassungsgesuch eingereicht, und sei dasselbe durch seine abweichenden Ansichten über die Haltung, welche das Ministerium der Berathung der konstitutionellen Vorlagen gegenüber einzu⸗ nehmen habe, herbeigeführt. Nach einem anderen Gerüchte wäre Fourtou mit den übrigen Mitgliedern des Ministeriums auch darüber in Differenz gerathen, wie sich das Ministerium den Bonapartisten gegenüber zu verhalten habe. Dem Vernehmen nach soll der Präsident Mac Mahon das Entlassungsgesuch Fourtou’'s nicht angenommen, vielmehr wie bereits gemeldet die Absicht kundgegeben haben, vor dem Endergebniß der am nächsten Montag beginnenden Berathung über die konstitutio⸗ nellen Gesetzvorlagen betreffs etwaiger Veränderungen des Mi⸗ nisteriums keine Entschließung zu treffen.

„— Nach einem der „Independance“ vom 17. Abends aus Paris zugegangenen Telegramme ist das Entlassungsgesuch bis jetzt weder angenommen, noch abgelehnt. Es wird hinzu⸗ gefügt, für den Minister seien bei Einreichung seines Entlassungs⸗ gesuchs außer den aus der allgemeinen politischen Lage her⸗ geleiteten Gründen auch Differenzen bestimmend gewesen, die zwischen ihm und dem Polizei⸗Präfekten Rénault beständen.

In Deputirtenkreisen verlautet, es seien in dem Ministerium über die von demselben zu beobachtende Haltung und allgemeine Politik Meinungsverschiedenheiten zu Tage ge⸗ treten. Die „Agence Havas“ meldet dem gegenüber, außer dem Rücktritte des Finanz⸗Ministers Magne seien vor der am Montag stattfindenden Berathung des von der Dreißiger⸗Kom⸗ mission ausgearbeiteten Gesetzentwurfs keinerlei Modifikationen des jetzigen Ministeriums zu erwarten.

Versailles, 17. Juli. (W. T. B.) Die National⸗ versammlung hat den Antrag auf Konvertirung der Anleihe Morgan abgelehnt und ein Amendement André's in Erwägung genommen, wodurch die Regierung ermächtigt wird, in das Budget von 1874 als außerordentliche Einnahmen den Betrag von 45 Millionen Francs einzustellen, die von dem dem Staate durch die Bank von Frankreich eröffneten Kredit übrig bleiben, und wodurch demnach das finanzielle Gleichgewicht in dem Budget pro 1874 hergestellt wird. Ein Amendement Ravinel's, welches⸗ behufs Deckung des Defizits die Regierung zu einer supplemen⸗ taren Ausgabe von Schatzbonds ermächtigen wollte, wurde ab⸗ gelehnt. In Folge der Inbetrachtnahme des André'schen Amen⸗ dements wurde die Abstimmung über den Antrag Wolowski's auf Herabsetzung der Amortisationsquote bei der Bank von Frank⸗ reich von 200 auf 150 Millionen Francs auf morgen vertagt. Die Nationalversammlung genehmigte demnächst mit allen gegen eine Stimme die Vorlage betreffs Verbesserung der Vertheidi⸗ gungswerke an der Ostgrenze. Oberst Denfert sprach gegen diese Vorlage. General Chabaud La Tour trat für dieselbe ein und wies auf den rein defensiven Charakter der ganzen Vorlage

reichs nicht den geringsten Zweifel hege. Am Schlusse der Sitzung erstattete die Budgetkommission Bericht und beantragte die Ablehnung des Amendements André, weil diejenigen 45 Mil⸗ lionen Francs, die dasselbe zur Voraussetzung habe, bereits in dem Liquidationskonto zur Verrechnung gelangt seien. Die Berathung der Finanzfrage soll morgen fortgesetzt werden.

Spanien. Madrid, 17. Juli. (W. T. B.) Dem „Im⸗ parcial“ zufolge wäre eine neue Aushebung von 100,000 Mann aus den Aktersklassen zwischen dem 23. und 35. Lebens⸗ jahre in Aussicht genommen.

Nach hier eingelangten Nachrichten haben die Carlisten an der Küste von Biscaya etwa 1600 Personen aufgehoben und die Absicht ausgesprochen, dieselben erschießen zu lassen, sobald ein Angriff Seitens der Regierungstruppen erfolgt.

Nach hier eingegangenen Nachrichten hat in Lerida der Oktroiabgaben wegen ein Volksauflauf stattgefunden, bei dem mehrere Personen verwundet wurden. Die Stadt ist mili⸗ tärisch besetzt worden.

Dänemark. Kopenhagen, 15. Juli Gestern Mittag wurde in einem Staatsrath die Ministerfrage ent⸗ schieden, und die gestern Abend erschienene Nummer der Mini⸗ sterial⸗Zeitung enthält bereits die Mittheilung der bewilligten Ab⸗ schiedsgesuche, wie die neuen Ernennungen. Von den verab⸗ schiedeten Ministern werden, wie es heißt, Graf Holstein und der frühere Kultus⸗Minister Hall von hier abreisen, ersterer nach seinem Gute Holsteinborg bei Stjelskör auf Seeland und letzterer nach Sandefjord, dem bekannten norwegischen Bade.

Die Reise des Königs nach Jütland und Js⸗ land wird am Freitag angetreten werden, und zwar über Aar⸗ huus, Viborg, Hald, Frederikshavn.

„— Unterm 9. Juli ist dem Etats⸗Rath C. F. Tietgen, Direktor der Privatbank, die Verdienstmedaille in Gold, nebst Erlaubniß, dieselbe zu tragen, verliehen worden.

Im Rathhause zu Odense wurde am letzten Montag und Dienstag die Generalversammlung des dänischen Apothekervereins abgehalten. Der Verein zählt 153 Mit⸗ glieder und wird, einer Einladung von Rußland zufolge, einen Delegirten zum internationalen pharmaceutischen Kongreß zu St. Petersburg, welcher daselbst vom 12. bis 18. August tagen wird, absenden. Unter den Fragen, welche hier zur Verhand⸗ lung kommen werden und mehr als gewöhnliche Bedeutung haben, ist die Ausarbeitung einer internationalen Pharmacopöe zu nennen.

17. Juli. Gestern Abend starb hierselbst plötzlich der Departe⸗ ments⸗Direktor im dänischen Marine⸗Ministerium Sßkildsen, ein Manmn, gleich ausgezeichnet durch die Ehrenhaftigkeit, Festigkeit und Energie seines Charakters, wie durch hervorragende amtliche Tüchtigkeit. Er gehörte in den Jahren 1864 und 1865 derjenigen Kommission als Mitglied an, welche nach dem deutsch⸗dänischen Kriege, aus Preußen, Oesterreichern und Dänen bestehend, zu Kopenhagen zusammentrat, um die Entschädigungen für die Rheder, Lasungseigenthümer und Mannschaften der während des Krieges genommenen Schiffe festzusetzen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 17. Juli. (W. T. B.) Erzherzog Albrecht ist gestern Abend um 8 ½ Uhr von Zarskoje Selo nach Moskau Fereist

Amerika. Ueber die große Feuersbrunst in Chi⸗ cago meldet ein Kabeltelegramm der „Times“ aus Phila⸗ delphia:

„Das Feuer begann am Dienstag Nachmittag um 5 Uhr in einem hölzernen Gebäude in State⸗Street, nördlich von Twelfth⸗ Street. Das ist etwa 400 Ellen westlich vom Michigansee. Das Feuer brannte östlich nach dem See und nördlich nach Van Buren⸗ Street, sowie etwa eine halbe Meile breit von Süden nach Westen. Der abgebrannte Distrikt dehnt sich westlich vom See⸗ gestade im Umfange von 200 400 Ellen aus und bedeckt 60 Acres im nördlichen Theile. Circa 10 Acres bedecken das⸗ selbe Terrain wie der große Brand von 1871. Die zerstör⸗ ten Gebäude waren im Allgemeinen aus Holz und klein, ohne großen Werth, ausgenommen am Sesgestade, wo einige schöne Wohnhäuser und Hotels standen. Die niedergebrannten Hauptstraßen sind Ma⸗ dison Avenue, Wabash Avenue, State Harrisen, Van Buren, Tyler, Polk und Peak⸗Strects. Unter den eingeäscherten Gebäuden befinden sich das Postamt, die erste Baptistenkirche, das Madison⸗Avenue⸗ Hotel, das St. James⸗Hotel, das Continental⸗Hotel und das Adolphi⸗ Theatre. Das Feuer wurde am Mittwoch Morgen bemeistert. Zwan⸗ zig Häusergevierte sind niedergebrannt und der ungefähre Verlust be⸗ trägt 5,000,000 Dollars. Sechs Menschenleben sind verloren ge⸗ angen.“

5 Einer New⸗Yorker Depesche der „Daily News“ zufolge, ent⸗ stand das Feuer durch eine Explosion in einem Farbewaarenladen. Da die Straßen eng, die Gebäude aus Holz waren und der Wind zur Zeit hoch ging, griffen die Flammen mit großer Schnelligkeit um sich. Das Herz der Stadt schwebte die ganze Nacht hindurch in Ge⸗ fahr. Spritzen wurden von allen benachbarten Städten gesandt. Viele hunderte von Familien sind durch die Brandkatastrophe obdachlos ge⸗ worden. Außer den obengedachten Gebänden sind auch die Metho⸗

hin, indem er in seiner Rede gelegentlich noch besonders hervor⸗ hob, daß er über die friedlichen Absichten der Nachbarn Frank⸗

distenkirche, die katholische Marienkirche und zwei Synagogen ein Raub der Flammen geworden. Das Feuer wüthete eiwa 12 Stunden

und vernichtete 60 Acres mit Gebäuden, meistens Wohnhäuser der schlimmsten Klasse.

Nach einem Kabeltelegramm des Reuterschen Bureaus wird der durch die Feuersbrunst verursachte Eigenthumsverlust auf nicht weniger als 4,000,000 Dollars und nicht über 6,000,000 Dollars geschätzt. Zweifünftel des Eigenthums sind versichert. Der ganze zerstörte Flächenraum besteht aus etwa 25 Häusergevierten, die in der Altstadt gelegen sind. Die dritte und vierte Avenue ist gänzlich zerstört. Die Verluste, welche Geschäftsleute erlitten, sind nicht bedeutend, und es sind keine Falliments oder Geschäftsunterbrechungen eingetreten. Der Bürgermeister von Boston hat der Stadt Hülfe angeboten.

Ein vom 16. d. M. datirtes Kabeltelegramm aus Chicago meldet: Der durch den Brand am Dienstag verursachte Verlust ist nun auf 4,025,000 Dollars festgestellt worden, wovon 2,500,000 Dollars durch Versicherung gedeckt sind. Die Briefschaften im Poft⸗ amte wurden geborgen, ehe das Feuer dieses Gebäude ergriff.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Privatdozent Dr. phil. Paul Robert Schuster in Leipzig ist zum außerordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät daselbst ernannt worden.

Das Programm der heut beginnenden Petrarca⸗Feier in Avignon ist folgendes: Sonnabend, den 18. Juli: Absendung einer Deputation der Minnesänger nach Vaucluse, wo dieselben von den fran⸗ zösischen und italienischen Dichtern empfangen werden. Abends 8 Uhr wer⸗ den Wappenherolde die Stadt durchreiten und den Beginn des Festes an⸗ zeigen. Abends 9 Uhr Rückkehr der Minnesänger, die von den Civil⸗ behörden feierlich empfangen werden. Aufstellang der Büste Petrarca's. Feierlicher Zug sämmtlicher Deputationen vom Bahnhofe nach dem Stadthause. Mititärmusiken und allgemeine Illumination. Alsdann großer musikalischer Zapfenstreich uud Fackelzug. Sonntag, den 19. Juli, 8 Uhr Morgens: feierliches Hschamt auf dem Platze vor der päpstlichen Burg. Weihe der Prämien. Sämmtliche Behörden, Deputationen u. s. w. werden diesem feierlichen Akte beiwohnen. Nachmittags 4 Uhr: große historische Kavalkade, welche den Triumphzug Petrarcas nach dem Kapitol darstellt. Abends 9 Uhr: Galavorstellung im Stadttheater. Volksfest. Wiederholte allgemeine Illumination und elektrische Er⸗ leuchtung der päpstlichen Burg. Montag, den 20. Juni, Morgens 9 Uhr: großartiges Sängerfest, von einer großen Anzahl provenzalischer Sängervereine veranstaltet. Um 4 Uhr: spanisches Stiergefecht, Fischerstechen auf der See, Farandoltänze auf allen öffentlichen Plätzen. Abends: großes venetianisches Fest auf der Rhone, Feuer⸗ werk, Musik ꝛc. 8 1“ 8

Verkehrs⸗Anstalten.

Stettin, 13. Juli. Das Postdampfschiff des Baltischen Lloyd „Ernst Moritz Arndt“, Kapitän C. Felberg, ist heute nach einer 14 ½ tägigen Reise von New⸗York wohlbehalten hier eingetroffen.

Wien, 18. Juli. (W. T. B.) In der heutigen außer⸗ ordentlichen Generalversammlung der ˖österreichischen Staats⸗Eisenbahngesellschaft wurde nach Anhörung des Berichts des Verwaltungsrathes nachstehender Antrag des letzteren einstimmig zum Beschluß erhoben: Die Generalversammlung er⸗ theilt im Sinne der Bestimmungen des §. 34 der Statuten und unter Aufhebung der Beschlüsse Za und 3b der außerordent⸗ lichen Generalversammlung vom 6. Mai 1872 dem Verwaltungs⸗ rathe die Vollmacht, für Rechnung des alten Netzes in der den Gesellschaftsinteressen am besten zusagenden Weise zwei neue Se⸗ rien von Obligationen zu emittiren, und zwar: a. eine neue Serie dreiprozentiger Obligationen in einer Anzahl, deren gesammte Jahres⸗ interessen sammt der Amortisationsquote einer Million Gulden (Sil⸗ ber) oder 2,500,000 Frcs. gleichkommen; b. eine neue Serie fünfpro⸗ zentiger Obligationen bis zum Belaufe des Nominalwerthes von 16 Millionen Gulden (österr. Währung in Silber).

Die Einnahmen sämmtlicher Staatsbahnen Schwe⸗ dens in den 5 ersten Monaten dieses Jahres haben betragen 5,548,815 Rdl.; folgende Privatbahnen haben in gleicher Zeit an Ein⸗ nahmen erzielt! Gefle⸗Dala 470,737 Rdl., Köping⸗Hult 295,360 Rdl., Schwed ische Entral 267,957 Rdl., Udderalla⸗Wenersborg⸗Herrljunger 209,120 Rdl. u. s. w.

New⸗York, 15. Juli. (Per transatlantischen Telegraph). Das Postdampfschiff des Baltischen Lloyd „Franklin“ Kapitän E. Deh⸗ nic ist heute mit Passagieren und Ladung wohlbehalten hier einge⸗ roffen.

Der Hamburger Postdampfer „Hammonia“

Abends 6 Uhr hier eingetroffen. 8—

Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Böreau.

Kissingen, Sonnabend, 18. Juli, Mittags. Das heute über das Befinden des Reichskanzlers Fürsten Bismarck ausgegebene Bulletin lautet: Das Allgemeinbefinden ist durch eine besser verbrachte Nacht gekräftigt, von der Anschwellung des Gelenkes ist nur noch ein unbedeutender Rest vorhanden, die Heilung der Wunde schreitet in befriedigender Weise fort. Gestern wurde wieder ein Soolbad genommen unter Anwendung eines impermeablen Schutzverbandes der Wunden. Dr. Diruff sen.

Der Minister des Innern, Graf Eulenburg, ist aus Wies⸗ baden hier eingetroffen und hat heute Vormittag dem Fürsten Reichskanzler seinen Besuch abgestattet. Die bis gestern ein⸗ getroffenen Glückwunsch⸗Telegramme betragen nahezu tausend.

Der Klopstockverein in Quedlinburg. e

Zur Feier des 150 jährigen Geburtstags Klopstocks am 2. Juli hat der Klopstockverein, der sich Ende 1872 in Quedlinburg konstituirt hat, einen Bericht über seine bisherige Thätigkeit veröffent⸗ licht. Derselbe hat sich die Aufgabe gestellt, den noch vorhandenen handschriftlichen Nachlaß Klopstocks in Urschriften oder in zuverlässigen Abschriften, alle G sammt⸗ und Einzelausgaben seiner Werke, alles, was über ihn in unserer eigenen und in fremden Litera⸗ turen erschienen ist, in einer Sammlung zu vereinigen, die der Stadt Quedlinburg, als dem Geburtsort des Dichters, übergeben wer⸗ den sollte, mit der Verpflichtung, sie den Forschern zur Benutzung offen zu halten.

Trotz der kurzen Zeit seines Bestehens sind, wie die „Magd. Ztg.“ mittheilt, dem Vereine ansehnliche Summen zur Erreichung seines Zweckes zuflossen. Se. Majestät der Kaiser sandten einen Bei⸗ trag von 100 Thalern, Ihre Majestät die Kaiserin 200 Mark, der Großherzog von Oldenburg, der Herzog von Anhalt, die

erzogin von Anhalt⸗Bernburg, die Grafen Otto und

otho zu Stolberg⸗Wernigerode gaben gleichfalls ansehn⸗ liche Geldgeschenke. Die Universitäten Königsberg, Bonn, Tübingen und Rostock unterstützten das Unternehmen des Vereins mit einer Gesammksumme von 63 Thalern. Der Senat der Hansestadt Ham⸗ burg, wo der Dichter 33 Jahre seines Lebens verbracht hat, spendeie 200 Thlr. Aus derselben Stadt ging dem Vereine noch eine unver⸗ hoffte, weil nicht direkt erbetene, G ldunterstützung zu Theil. Ein Mitglied des Vereins, der durch seine im Hamburger Schriftsteller⸗ Lexiken erschienen Klopstock⸗Biographiec bekannte Hamburger Hr. Cropp hatte es bewirkt, daß dem Vereine von Seiten der Bürgermeister Kellinghusenschen Stiftung ein Beitrag von 150 Thlr. eingehändigt wurde. Dazu kamen noch einige andere nicht unbeträchtliche Sum⸗ men ven Gönnern und Mitgliedern des Vereins, so daß sich das Vereinsvermögen Ende Juni auf 1056 Thlr. 10 Sgr. belief, wovon in Folge des Ankaufes von Büchern, Ausgabe für Kopialgebühren

u. s. w. nur 182 Thlr. 7 Sgr. in Wegfall kamen, so daß also ein Kassenbestand von 874 Thlr. 3 Sgr. bleibt.

Von Originalen von der Hand Klopstocks besitzt der Verein nur ein einziges, die ihm von Seiten des Quedlinburger Magistrates überwiesene Ode: „Zwey Johanniswürmchen“, geschrieben im Juli 1801, welche dem Geh Regierungs⸗Rath v. Schultz in Maadeburg zur hundertjährigen Geburtstagsfeier des Dichters im Jahre 1824 für die Stadt Quedlinburg vom Domherrn Dr. Meyer in Hamburg, der sie von Klopstocks zweiter Frau erhalten, geschenkt wurde, und einem gleichfalls zu diesem Tage dem genannten Herrn übermachten Exem⸗ plare seiner Schrift, „Klopstocks Gedächtnißfeier, Hamburg 1803“* vor⸗ geheftet ist. Da die Preise, welche von den Autographenhändlern für Manuskripte gefordert wurden, sich zu hoch stellten, und da getreue Kopien den Zwecken des Vereins eben so wohl entsprechen, so sah sich der letztere genöthigt, vom Ankauf der angebotenen Autographen Ab⸗ stand zu nehmen und sich mit der Abschriftnahme der von den Händ⸗ lern zu diesem Zwecke für einen bei Weitem geringeren Preis über⸗ lassenen Manuskripte zu begnügen. So gelangte der Verein theils gegen Vergütigung an die Händler, welche die Autographen über⸗ sandten, theils durch die Freundlichkeit der Besitzer zu beglaubigten Abschriften von einer Reihe zum Theil ungedruckter Autographen, unter denen Briefe Klopstocks an Goschen, an Claudius, an Haller, an den Markgrafen Karl Friedrich von Baden hervorzuheben sind. An⸗ dere Hoffnungen auf die Erlangung neuer bisher noch uabenutzter handschriftl cher Qnellen zu einer Biographie Klopstocks gingen leider nicht in Erfüllung. .

Was die gedruckte Literatur betrifft, so hat der Verein im Ganzen ungefähr 125 Bände zusammengebracht. Ihr werthvollster Bestandtheil rührt aus dem Nachlasse des im vorigen Jahre verstor⸗ benen Professors Bosse in Cöthen her, der seit langen Jahren unaus⸗ gesetzt sich dem Studium Klopstocks gewidmet und als Früchte seines Fleißes seit 1844 verschiedene sehr werthvolle Programme Klopstock⸗ scher Studien, die sich alle ebenfalls in dem Nachlasse vorfanden, ver⸗ öffentlicht hatte. Aus seinem Nachlasse geht hervor, daß der Verstor⸗ bene sich eine kritische Ausgabe wenigstens einiger Werke Klopstocks

zum Ziel gesetzt hatte; denn außer einer durchschossenen und mit vielen schriftlichen Anmerkungen von Vetterlein und Bosse versehenen Ausgabe der Odenerklärung des Ersteren fanden sich 23 Hef mit großem Sammelfleiße und großer Akribie sgefü Studien, Erklärungen und Variantensammlungen

zu dem Messias und zu den Oden. Vornehmlich den

teren hatte Bosse seine Sorgfalt gewidmet und eine kritische Aus jab derselben schon so weit vorbereitet, daß dem künftigen Herausgeber nachdem er sich in das Vorliegende eingearbeitet, nicht allzuviel meh zu thun übrig bleiben dürfte. Auch in den Besitz einer Reihe von Portraits, Klopstock und seine Angehörigen darstellend, ist der Ver⸗ ein gelangt. Von der in Metz lebenden Nichte Klopstock, Fra Cämmerer, erhielt der Verein zwei sehr feine Medaillon⸗Portraits, i Kreidezeichaung ausgeführt, zum Geschenk. Die Zeichnungen stellen die Eltern der Frau Cämmerer, Victor Ludwig Christian Klopstock (geb. 1744, gest. 1811 als Großherzoglich badischer Kommerzien⸗Rath aus Hamburg) und Anna Marie Hundt (geb. 1755, gest. 1811) dar

Durch die Bemühungen des Ober⸗Bürgermeisters Brecht in Quedlinburg kam der Verein in den Besitz einer sehr werthvollen, 42 Nummern umfassenden Sammlung von Bildnissen Klopstocks, zun großen Theil in Kupferstichen und Lithographien bestehend. Endlich hat Hr. Konsul Meyer in Berlin dem Vereine noch die Schnupf⸗ tabaksdose geschenkt, welche Klopstock im täglichen Gebrauch hatte und welche von seiner Wittwe dem Domherrn Meyer überlassen wurde Auf dem Deckel der sonst. so einfachen Dose befindet sich das mit Sauberkeit auf Elfenbein gemalte Bildniß der Charlotte Corday welcher er bekanntlich auch in seiner Ode „Mein Irrthum“ ein Denk mal gesetzt hat.

Der Klopstockverein wird auch, nachdem die von ihm ver anstaltete Sammlung von gedruckten und ungedruckten Materialien zur Geschichte des Dichters und seiner Werke der Stadt Quedlinburg übergeben ist, seine Thätigkeit nicht einstellen. Er wird vielmehr weiter wirken, und zwar mit der bestimmt ausgesprochenen Absicht die Werke Klopstocks und zwar zunächst die Oden in einer kritisch sichern und abschließenden Ausgabe zu veröffentlichen.