Die Theilnahme an dem Kongresse war zugesagt von folgen⸗ den Staaten: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Luxemburg, Niederlande, Oesterreich, Portugal, Rußland, Schweden und Norwegen, Schweiz, Spanien, Türkei, Ungarn, Vereinigte Staaten von Amerika und von folgenden Postverwaltungen: Aegypten, Ru⸗ mänien und Serbien.
Die Namen der einzelnen Repräsentanten haben wir bereits in Nr. 210 des „R. u. St.⸗A.“ mitgetheilt.
— Nach einem Bescheide des Ministers des Innern vom 8. v. M. ist die aus dem §. 48 der Verordnung vom 26. De⸗ zember 1808 wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial⸗, Polizei⸗ und Finanzbehörden in Verbindung mit dem §. 2 des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 hergeleitete Befugniß der Polizeibehörden zur Verhän⸗ gung von Freiheitsstrafen als Exekutivmittel in Betreff der Landräthe, der Polizeiverwalter in den zu den Land⸗ kreisen gehörigen Städten, der Amtsvorsteher und der Orts⸗ (Gemeinde⸗, Guts⸗) Vorsteher durch den §. 79 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 aufgehoben worden. In diesem Paragraphen sind die Zwangsmittel, deren die gedachten Behör⸗ den in Ausübung ihrer Polizeigewalt zur Durchführung ihrer Anordnungen sich bedienen dürfen, speziell aufgeführt, unter den⸗ selben jedoch die Freiheitsstrafen nicht genannt. Auch ergiebt sich aus den legislativen Verhandlungen über die Kreisordnung, daß die Absicht des Gesetzgebers ausdrücklich dahin gerichtet ge⸗ wesen ist, die Freiheitsstrafen aus der Kategorie der gesetzlich zu⸗ lässigen Zwangsmittel auszuschließen.
— Die Königliche Regierung zu Potsdam hat im Einver⸗ ständniß mit den Ressort⸗Ministern dem von dem Magistrat und den Stadtverordneten Berlins festgestellten Regulativ für die Gemeinde⸗Einkommensteuer die Genehmigung nicht ertheilt, vielmehr zuvor die Erledigung mehrerer gegen das Re⸗ gulativ erhobenen Erinnerungen verlangt. Außerdem hat die Regierung, da die nach Maßgabe des neuen Regulativs zu er⸗ hebende Steuer dazu bestimmt ist, einen Theil des durch die Aufhebung der Mahl⸗ und Schlachtsteuer der Stadt⸗ gemeinde erwachsenen Ausfalls zu decken, überdies auf Grund des neuen Regulativs die seither von der Steuer befreit ge⸗ wesenen Personen mit einem Einkommen von 140 bis 300 Thlrn. jährlich zu derselben herangezogen werden sollen, es sich mithin thatsächlich um eine tief eingreifende Umgestaltung des Steuer⸗ systems handelt, auf Grund der Vorschriften im §. 53 der Städteordnung vom 30. Mai 1853 die Genehmigung des zu er⸗ hebenden Prozentsatzes der Steuereinheitssätze des Regulativs sich vorbehalten. Der Magistrat hat bei der Stadtverordneten⸗ versammlung eine Abänderung des Regulativs im Sinne des Regierungserlasses beantragt, wegen des von der Regierung rücksichtlich der Genehmigung des Prozentsatzes gemachten Vor⸗ behaltes aber die Erörterung auf einen anderen Zeitpunkt vertagt.
— Der Kaiserlich deutsche Legations⸗Rath, Konsul Dr. Busch ist von seiner Urlaubsreise hier eingetroffen.
— Der Kaiserlich deutsche Legations⸗Rath Graf von Berchem ist mit Urlaub nach Bayern abgereist.
— Der Oberst und Inspecteur der Infanterie⸗Schulen von Kloeden ist von seiner Dienstreise nach Marienwerder hierher zurückgekehrt.
— Der Kapitän zur See von Wickede ist auf der Durch⸗ reise von Rußland nach Kiel hier eingetroffen.
Kiel, 14. September. (K. Ztg.) Gestern Mittag stattete Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürst Alexis von Rußland auf dem Stationsschiff „Niobe“ einen Besuch ab, welches den hohen Gast mit einem Salut von 21 Schüssen begrüßte. — Am Dienstag trifft Se. Königliche Hoheit der Prinz von Wales hier ein und begiebt sich an Bord der englischen Dampfyacht „Os⸗ borne“, welche den Prinzen nach Kopenhagen überführt, woselbst die Prinzessin von Wales mit ihren Kindern bereits seit Ende August verweilt.
Bayern. München, 14. September. (W. T. B.) Die hiesige Polizei⸗Direktion hat unterm 12. d. M. die hier bestehen⸗ den sozial⸗demokratischen Zweigvereine der Schuh⸗ machergewerkschaft, des allgemeinen deutschen Schneidervereins, des allgemeinen deutschen Töpfervereins, der Maler⸗, Lackirer⸗ und Vergolder⸗Gewerkschaft, der Metallarbeiter⸗Gewerksgenossen⸗ schaft und der Holzarbeiter⸗Gewerkschaft als selbständige politische Vereine erklärt und geschlossen. Gleichzeitig erfolgte auch die polizeiliche Schließung des Arbeiter⸗Preßvereins. Im An⸗ schlusse an diese Maßregeln wurde gestern bei den hervor⸗ ragendsten Führern der sozial⸗demokratischen Partei eine polizei⸗ liche Haussuchung vorgenommen und das auf ihre Vereins⸗ thätigkeit bezügliche Material mit Beschlag belegt. Ein gericht⸗ liches Einschreiten gegen die genannten Vereine wegen Verletzung des Vereinsgesetzes ist bevorstehend. 8
1“
1 Sachsen. Dresden, 14. September. Der Prinz Leopold von Bayern ist am 11. d. M. Abends von München hier eingetroffen, im „Hotel Bellevue“ abgetreten und gestern Abend ½7 Uhr nach Berlin abgereist. — Die Herzogin
on Genua hat sich heute früh 4 Uhr 25 Minuten nach Stresa begeben. — Der Staats⸗Minister Freiherr von Friesen ist gestern von seiner Urlaubsreise zurückgekehrt und hat die Geschäfte wieder übernommen.
Württemberg. Stuttgart, 13. September. Der St. A. f. W.“ veröffentlicht folgende Verordnung vom
September, betreffend die Wirkung der von den deutschen Gymnasien ausgestellten Maturitäts⸗ zeugnisse:
Karl von Gottes Gnaden König von Württemberg. Nachdem sämmtliche deutsche Regierungen in Beziehung auf die Einrichtung der Gymnasien und die von den deutschen Gymnasien auszustellenden Ma⸗ turitätszeugnisse über gewisse Grundsätze übereingekommen sind, ver⸗ 8 . 5 verfügen Wir, nach Anhörung Unseres Geheimen⸗Raths, wie folgt:
Die auf Grund der Vereinbarung unter den deutschen Regierungen ausgestellten Maturitätszeugnisse von anderen deutschen Gymnasien haben künftig nicht nur für die Zulassung zu den Univer⸗ sitätsstudien, sondern in allen öffentlichen Verhältnissen, insbesondere also auch hinsichtlich der Zulassung zu den verschiedenen Prüfungen für den öffentlichen Dienst, die gleiche rechtliche Wirkung, wie die nach der Verfügung Unseres Ministeriums des Kirchen⸗ und Schulwesens
vom 19. Juni 1873 (Reg.⸗Bl. S. 277 ff.) ausgestellten Maturitäts⸗
zeugnisse von den württembergischen Gymnasien. . §. 2. Gegenwärtige Verordnung tritt mit dem 29. September Michaelis) d. J. in Wirksamkeit. Unsere sämmtlichen Ministerien sind mit der Vollziehung dieser Verordnung beauftragt.
Baden. Karlsruhe, 13. September. Durch Entschließung des Großherzoglichen Ministeriums des Innern vom 3. d. M. ist der bereits früher staatlich genehmigten Gemeinde der Alt⸗ katholiken zu Epfenhofen, wie die „Badische Landes⸗ Zeitung“ mittheilt, die Pfarrpfründe nebst dem übrigen örtlichen Kirchenvermögen zu ausschließlichem Genuß überwiesen worden.
Mecklenburg. Schwerin, 14. Septemver. Zu den Vermählungsfeierlichkeiten tragen die „Meckl. Anz.“ noch nach, daß einige Stationen von Zarskoje⸗Selo der Kaiser von Rußland dem Großherzoge die Epaulettes und Insignien eines Feld⸗ marschalls der russischen Armee entgegensandte. Mit den Insignien geschmückt, wurde der Großherzog von dem Kaiser in Gatschina begrüßt.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 12. September. Der Herzog ist heute Nachmittag aus Eisenach wieder hier ein⸗ getroffen. Derselbe wird sich dem Vernehmen nach morgen nach Hannover begeben, um den dortigen Manövern beizuwohnen.
Reuß. Gera, 13. September. Der Fürstliche Hof hat zum Gedächtniß des jüngst verewigten Prinzen Adolph Bentheim⸗ Tecklenburg⸗Rheda (Schwager des regierenden Fürsten) auf sechs Wochen Trauer angelegt.
— Für den am 31. Oktober 1871 zusammengetretenen Landtag des Fürstenthums ist nun der Landtags⸗Abschied und zugleich eine landesherrliche Verordnung erschienen, die be⸗ stimmt, daß die Wahlen zum nächsten Landtage Montag, 28. September, vorgenommen werden sollen. Der Fürst spricht in dem Landtags⸗Abschiede mit Befriedigung von dem nun abgetretenen Landtage und hebt die mit ihm zu Stande gebrachten Gesetze hervor, von denen er sich eine gute Einwirkung auf die Verhältnisse im Fürstenthume verspricht. Der Fürst erkennt ferner die Be⸗ reitwilligkeit des Landtages an, mit welcher er die von der Auf⸗ hebung der Bierbannrechte betroffenen oberländischen Städte mit Entschädigungssummen bedachte und den Staatsdienern und Volksschullehrern wiederholt Theuerungszulagen bewilligte. Weiter spricht er von den im Bau begriffenen Eisenbahnlinien und hofft, daß die zum Ausbau der Mehltheuer⸗Weidaer Eisenbahn erforderlichen Geldmittel beschafft werden.
Lübeck, 14. September. Die dritte der vier für das Jahr durch die Verfassung fest vorgeschriebenen Versammlungen der Bürgerschaft findet am nächsten Montag statt.
1
e
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 14. September. Die „Presse“ erfährt, der Reichsrath werde bereits zwischen dem 15. und 20. Oktober wieder zusammentreten, und würden die Sessionen der Landesvertretungen deshalb spätestens bis zum 15. k. Mts. geschlossen werden.
— Die „Internationale Korrespondenz“ sagt bezüglich der in Prag von dem Kardinal⸗Erzbischof Fürsten Schwarzen⸗ berg an den Kaiser gerichteten Anrede und dessen darauf folgender Erwiderung, daß weder eine offizielle Ansprache des Adels, noch eine solche der Geistlichkeit in das Huldigungspro⸗ gramm aufgenommen worden sei. Wenn trotzdem ein Mitglied des Klerus eine Anrede an den Kaiser gehalten habe, so könne eine solche, ebenso wie deren Beantwortung, füglich als einfache Konversation angesehen werden und werde daher auch keine offizielle Mittheilung des authentischen Textes erfolgen.
— Graf Hans Wilczek wird sich am 18. d. in Begleitung des Grafen Edmund Zichy und des Baron Todesco zum Em⸗ pfange der Mitglieder der österreichischen Nordpol⸗Expe⸗ dition nach Hamburg begeben, wo dieselben am 22. d. er⸗ wartet werden.
Prag, 14. September. Aus Veranlassung der bei Brandeis abgehaltenen Manöver hat der Kaiser an den kommandireuden General in Böhmen, Philippovich, ein Hand⸗ schreiben gerichtet, in welchem er demselben seine vollste Aner⸗ kennung und seine vollständige Befriedigung über die gediegene Detailausbildung, die vorzügliche Manöprirfähigkeit und die Disziplin der verwendeten Truppen aller Waffengattungen ausspricht.
Pest, 14. September. Der „Pester Lloyd“ bezweifelt die Richtigkeit der vom „Vaterland“ mitgetheilten Fassung der Antwort, welche der Kaiser beim Empfange des Kardinals Schwarzenberg auf dessen Anrede ertheilt haben soll. Der Kaiser wolle den kirchlichen Frieden, er verspreche, die Kirche gegen ungerechtfertigte Angriffe zu schützen, aber entscheidend werde dabei die Haltung der Kirche sein. Uebernehme sie die Rolle des Angreifers und Friedensstörers, dann verwirke sie den Anspruch auf den Schutz, den der Kardinal erbeten habe.
— „Pesti Naplo“ meldet, daß die erste Emission der Schatzbons nunmehr in London vollständig plazirt sei, und daß die Verhandlungen betreffs der neuen Anleihe im Laufe des Monats Oktober beendigt werden dürften. Einer weiteren Mittheilung desselben Blattes zufolge sind die Steuern verhält⸗ nißmäßig befriedigend eingegangen und wird das Defizit vor⸗ aussichtlich geringer sein, als im Voranschlag angenommen war.
— Das ungarische Amtsblatt veröffentlicht eine, die Ein⸗ berufung des Karlowitzer Kongresses betreffende Aller⸗ höchste Entschließung. Darnach wird der auf den 11. Juli d. . nach Karlowitz einberufene und am 6. August vertagte serbisch⸗ nationale Kirchenkongreß für den 4. Oktober d. J. neuerdings einberufen.
— Die „Reform“ brachte dieser Tage die Nachricht, daß an der Grenze des Csiker Stuhles 600 Moldauer eine Grenz⸗ verletzung begingen und daß der Vizegespan auf telegraphischem Wege vom Ministerium des Innern die Aussendung von Hon⸗ védtruppen erbeten habe. „Pesti Naplô“ theilt nun mit, daß wohl vom Vizegespan des Csiker Stuhles ein Telegramm einlangte, in welchem derselbe das Erscheinen von 400 bis 500 Moldauern auf der zum Csiker Stuhle ge⸗ hörigen Apa⸗Alpe anzeigte, ferner daß diese Leute die Absicht haben, auf einem angeblich streitigem Terrain Gras zu mähen, doch habe der Vizegespan aus Anlaß dieses Zwischen⸗ falles die Aussendung von Honvédtruppen nicht urgirt. Wie übrigens das citirte Blatt erfährt, sind in Folge des an der Apa⸗Alpe eingetretenen Zwischenfalles im Wege des österreichisch⸗ ungarischen General⸗Konsuls in Bukarest sofort die nöthigen Schritte zur Wahrung der Interessen der ungarischen Unter⸗ thanen geschehen.
Großbritannien und Irland. London, 12. Sep⸗ tember. Die Großherzogin von Mecklenburg⸗Strelitz kam gestern von Deutschland hier an und begab sich nach Cam⸗ bridge Cottage, Kew, zu einem Besuche ihrer Mutter, der ver⸗ wittweten Herzogin von Cambridge.
— Auf Befehl des Herzogs von Cambridge werden sich der Generalmajor Park, Commandeur der 1. Infanterie⸗ Brigade, in Aldershot, 8 nd Major Robinson nach öbctg
“
land begeben, Armee beizuwohnen.
— Der Premier⸗Minister Disraeli hat an den neuen fran⸗ zösischen Botschafter, Graf Jarnac, folgendes Schreiben
B„Bretby Park, 22. August 1874. Mein lieber Jarnac! Ich habe in meinem öffentlichen Leben kaum einen Brief erhalten, der mir größere Befriedigung bereitete, als der, welcher anzeigte, daß Sie zum Botschafter bei meiner gnädigen Souverainin ernannt worden sind. Ich konnte nicht umhin, mir die Zeit von einem Vierteljahrhundert zurückzurufen, als wir im Club von Coventry zusammen auf das Bulletin warteten, welches eine Re⸗ volution in Ihrem Lande anzeigte, die ich zu beklagen niemals auf⸗ gehört habe. Die Zeit hat Ihnen wieder das große Amt gebracht, das zu bekleiden Sie nahe daran waren, und das Sie mit dem er⸗ habenen Prinzip, das Sie stets auszeichnete, und der Erfahrung, die der Verlauf von 25 Jahren uns beiden gebracht hat, leiten werden. Ich schreibe heute an die Königin und werde das Vergnügen haben, Ihrer Majestät die Gesinnungen zu übermitteln, die Sie so glücklich ausgedrückt haben.“
— In Chiswick starb am 10. d. M. der britische Ad⸗ miral Sir Robert Smart im Alter von 78 Jahren.
— Nächsten Monat werden sich der Marine⸗Minister Ward Hunt und mehrere Lords der Admiralität nach dem Mittelländischen Meere begeben, um die Marine⸗Etablissements in Gibraltar und Malta zu inspiziren.
— Der neue russische Botschafter am Hofe von St. James, Graf Schuwaloff, wird am 15. d. M. in London er⸗ wartet.
— Hr. W. E. Forster hat gestern an Bord des Allan⸗ Dampfers „Circassian“ eine Reise nach Canada und den Ver⸗ einigten Staaten angetreten, die den Zweck hat, die Unterrichts⸗ Institute dieser Länder zu studiren.
— Amtliche Ausweise geben die Zahl der Soldaten in der britischen Armee, die während des Jahres 1873—74 fahnen⸗ flüchtig wurden, auf 5861 an, von denen nur 1855 entweder eingefangen wurden oder freiwillig zurückkehrten. Dieses be⸗ ständig wachsende Uebel ist, nach der „A. A. C., so ernstlich geworden, daß der Kriegs⸗Minister ein militärisches Comité niedergesetzt hat, das Erhebungen über die Ursachen der Hu Desertionen anstellen und Abwehrmittel vorschla⸗ gen soll.
Frankreich. Paris, 13. September. Der Groß⸗ herzog von Mecklenburg⸗Strelitz, der vor drei Tagen hier angekommen und im Hotel Maurice abgestiegen war, ist heute nach Biarritz abgereist, wo sich bereits der Großfürst Konstantin, die Großfürstin Marie von Rußland und der ehe⸗ malige König von Hannover befinden.
— Der am 12. d. in einem Alter von 87 Jahren auf sei⸗ nem Gute Val Richer verschiedene Francois Pierre Guillaume Guizot war am 4. Oktober 1787 zu Nimes in einer protestan⸗ tischen Familie geboren. Sein Vater, ein Advokat, endete wäͤäh⸗ rend der Revolution auf dem Schaffot, und der junge Guizot erhielt in Genf seine erste Erziehung. Er studirte dann in Paris die Rechte, wandte sich aber bald historisch⸗literarischen Studien zu und wies mit Mignet und Augustin Thierry der französischen Geschichtschrecbung neue Bahnen. Seit 1812 Pro⸗ fessor an der Sorbonne, betrat er schon früh den politischen Schauplatz, folgte Ludwig XVIII. während der hundert Tage nach Gent und zeichnete im Jahre 1816 mit der Schrift: „Von der Repräsentativregierung und dem gegenwärtigen Zustande Frank⸗ reichs“ das konstitutionelle Programm vor, welches der Leitstern seines ganzen Lebens blieb. In den ersten Jahren der Restaura⸗ tion gehörz⸗ er dem Staatsrath an; nach dem Tode des Herzogs von Berry zog er sich aber wieder auf das akademische Feld zu⸗ rück und eröffnete dort mit Villemain und Victor Cousin eine für Frankreich Epoche machende und an historischen Arbeiten fruchtbare Wirksamkeit. In diese Zeit fallen seine „Geschichte der englischen Revolution“, seine hochbedeutende „Geschichte der Civilisation in Frankreich’ u. s. w. Als Abgeordneter von Lisieux unterzeichnete er im Jahre 1830 die Adresse der 221 und wurde nun einer der Anwälte und bald der wichtig e Träger der Julimonarchie. Ein erstes Mal mit Thiers und dem Her⸗ zog von Broglie durch vier Jahre Minister, dann unter dem Ministerium Molé Führer der Opposition, während der großen orientalischen Krisis von 1840 Botschafter in London, war er vom 29. Oktober 1840 bis zum 24. Februar 1848 die Seele der Regierung Ludwig Philipps. Die Revolution vertrieb ihn nach England; im Jahre 1849 wollte er noch einmal den politi⸗ schen Schauplatz betreten, drang aber mit seiner Kandidatur für die gesetzgebende Versammlung nicht durch und widmete sich nun unwiderruflich dem Privatleben, der Akademie und seinen literarischen Studien; dem Institut, gehörte er in drei Eigen⸗ schaften an: er war Mitglied der Académie des Sciences mo- rales et politiques seit 1832, der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres seit 1833 und der Académie francçaise seit 1836. Sein letztes (unvollendetes) Werk ist die „Histoire de France racontéeeé à mes Petits enfants.“ Seine „Denkwürdigkeiten“ sind eine der werthvollsten Quellen der neuesten Geschichte. Im Jahre 1840 ernannte ihn Ludwig Philipp zum Großkreuz der Ehrenlegion. Er war zweimal verheirathet: seine erste Frau, geborene Paulin de Meulan, sowie seine Tochter, Frau Cor⸗ nélis de Witt, haben sich in der französischen Literatur einen Namen gemacht.
— 14. September. (W. T. B.) Aus Arras wird vom heutigen Tage gemeldet: Der Marschall Mac Mahon ist heute Abend um 7 Uhr hier eingetroffen. Bei seinem Empfange hielt der Maire eine Anrede, in welcher er besonders hervorhob, daß das Land der gegenwärtigen Regierung Ver⸗ trauen schenke und die baldige Annahme der konstitutionellen Gesetze verlange. Die Stadt war glänzend illuminirt und fest⸗ lich geschmückt. Morgen wird der Marschall die Truppen der Garnison besichtigen und darauf die Kathedrale, das Hospital, die Citadelle und das Arsenal besuchen. Morgen Abend wird derselbe seine Reise nach Amiens fortsetzen.
— 15. September. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ veröffentlicht eine amtliche Verordnung, durch welche die zur theilweisen Erneuerung der General⸗ und Arron⸗ dissementsräthe erforderlichen Wahlen auf den 4. Oktober d. J. ausgeschrieben werden.
Grasse, 14. September. (W. T. B.) Der Prozeß ge⸗ gen die wegen Betheiligung an der Flucht Bazaine s ange⸗ klagten Personen, Oberst Vilette und Genossen, ist heute vor dem hiesigen Zuchtpolizeigerichte eröffnet worden. Eine große Anzahl von Zuhörern war im Gerichtssaale anwesend. Nach Verlesung der Verfügung, welche den Prozeß vor das Zucht⸗ polizeigericht verweist, erfolgte die Vernehmung von fünfzehn Zeugen. Von den Aussagen derselben ist besonders die Angabe des Bootsführers Rocca hervorzuheben, daß die Gemahlin Ba⸗ zaine's ein Boot von ihm gemiethet habe. Ueber die Frage, ob Bazaine das Gefängniß vermittelst eines Seiles oder auf an⸗
8
um den Herbstmanövern der deutschen
dere e verlassen habe, ist bisher durch das Verhör noch Nichts festgestellt worden.
In einer zweiten, heute Nachmittag abgehaltenen Sitzung führte das Zuchtpolizeigericht die Vernehmung der Zeugen zu Ende; hierbei wurde von dem Präfekten von Nizza u. A. zu⸗ gestanden, daß er die Herzogin de la Torre bei einem Besuche Bazaine's begleitet habe. Sodann folgte das Verhör der An⸗ geschuldigten Lefrancois, Leterme, Gigoux und Platin. Die Sitzung wurde Abends 7 Uhr auf morgen Nachmittag 2 Uhr
vertagt.
Spanien. Ueber den Vorfall bei Guetaria ist nunmehr ein Bericht des Geschwader⸗Kommandanten, Kapitän zur See Zembsch, eingegangen. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ theilt daraus Folgendes mit: 3
Am 3. und 4. September füllten „Nautilus“ und „Albatroß“ Wasser auf in Passages, und am 5. d. M. Morgens um 5 Uhr gingen die Schiffe in See, zuerst an der Küste entlang östlich bis vor den Bidassoafluß, um die Gegend kennen zu lernen, und dann ebenfalls dicht unter Land westlich zurück nach Santander zu. G
Als sie in der Nähe der kleinen befestigten Stadt Guetaria, welche von Regierungstruppen besetzt ist, kamen, hörte man Geschütz⸗ und Geweh feuer und sah, näher kommend, daß die Stadt Guetaria von den Cerlisten, die einen naheliegenden Bergri cken besetzt hatten, mit Gewehrfeuer beschossen wurde. Die Stadt hat nach dieser Seite hin eine alte Mauer, hinter welcher Infanteristen der Garnison stan⸗ den und auf die Carlisten, welche ihrerseits in niedrigem Gebüsch hinter Steinen gedeckt lagen, feuerten.
Eine hohe, auf dem Berge dominirend gelegene Batterie feuerte mit einem Geschütz nach den Carlisten, aber scheinbar ohne Erfolg. Die Letzteren hatten, wie es schien, kein Geschütz. 1
Die Schiffe gingen auf ihrem Kurse dicht an der Küste entlang unbeirrt weiter und hatten das Fort und die Stadt Guetaria längst
assirt, mochten aber etwa 800 Meter quer ab von den nächstliegenden
arlisten entfernt sein, als diese ihr Feuer auf sie richteten. Die Kugeln pfiffen der Mannschaft um die Köpfe und durch die Takelage, zum Theil schlugen sie dicht vor und hinter dem Schiff ins Wasser; glücklicherweise wurde Niemand getroffen. Ein Mißverständniß konnte hier gar nicht obwalten, die Flaggen wehten klar aus es war gegen 11 ½ Ühr Vormittags und heller Sonnenschein. Die Schußrichtungen von den Carlisten aus gegen die Stadt Guetaria und gegen „Albatroß und „Nautilus“ waren mehr als 90 Grad auseinander, so daß auch in dieser Beziehung ein Versehen der Carlisten unmöglich war. .
Als die Schiffe das Feuer bekamen und der Kapitän Zembsch merkte, daß die Gewehre der Carlisten bis an die Schiffe heran und über dieselben hinweg trugen, drehte er in einem Bogen langsam von Land ab und ließ Klar⸗Schiff schlagen, machte auch an „Albatroß“, der in diesem Augenblick etwas weit ab war, das Signal „Klar zum Gefecht“. Gleichzeitig bat er den Korvetten⸗Kapitän v Nostiz, an Bord zu kammen, und verabredete mit ihm, auf welch⸗ Weise sie den von den Carlisten besetzten Bergrücken beschießen wollten, und daß dafür zu sorgen sei, daß keines der in der Umgegend liegenden Bauern⸗ häuser getroffen werde. Nachdem dies geschehen, feuerten beide Schiffe einige Schuß mit dem vorderen Geschütz aus der Bugpforte, mit den mitt⸗ leren Geschützen aus den Seitenpforten und mit dem Heckgeschütz aus der Heckpforte, wahrend sie in einem Bogen langsam auf durchschnitt⸗ lich 1300 Meter Entfernung passirten. Der erste Schuß des „Nau⸗ tilus“ ging etwas zu niedrig, der zweite ging über den Berg hinweg, der dritte aber und der vierte saßen vortrefflich, und man konnte vom Schiffe aus sehen, daß die Carlisten theils nach dem Innern zu, theils nach dem Wasser in ein Seitenthal flohen. Da nach 3 weiteren Schüssen das Feuer der Carlisten aufhörte, so stellten die Schiffe auch das ihrige ein und nahmen ihren alten Kurs wieder auf. Auch „Albatroß“, der auf weitere Entfernung schoß, glaubt einige Treffer erzielt zu haben. „Nautilus“ verfeuerte 7, „Albatroß“ 8 Schuß.
Santander, 14. September. (W. T. B.) Der deutsche Konsul in Bayonne, Richard Lindau, ist gestern Abend hier eingetroffen und wird sich im Laufe des Tages mit den beiden deutschen Kanonenbooten nach Bilbao begeben.
Italien. Rom, 9. September. (It. N.) Mit dem Befinden der Herzogin von Aosta geht es nur langsam besser. Um die Rekonvalescenz zu beschleunigen, haben die Aerzte Ihrer Königlichen Hoheit gerathen, den Winteraufenthalt, statt in dem rauhen Piemont, an der milden ligurischen Küste zu nehmen, und Prinz Amadeus hat deshalb die Villen Zirio und Dufour an der Küste von San Remo miethen lassen.
— In dem Personal der Finanz⸗Verwaltung steht am 1. k. M. eine große Veränderung bevor; nach dem Gesetze vom 18. Dezember 1873 geht nämlich die Verwaltung der Staatsschuld, der Depositengelder und der Anleihen aus den Händen der Behörden, die sie jetzt unter sich haben, in die eigens dafür ernannte neue Verwaltung über.
— Wie die Zeitungen berichten, sind alle in der Villa Ruffi bei Rimini verhafteten Republikaner von Spoleto nach Perugia gebracht worden, wo sie vor Gericht gestellt werden sollen.
— Malländer Blätter melden die Ankunft Emilio Caste⸗ lar's daselbst.
— Von Tunis wird berichtet, daß die Dampfschiffahrts⸗ gesellschaft Rubattino regelmäßige Küstenfahrten zwischen den Häfen Tunis, Susa, Medhia, Monastier, Sfax und nach der Insel Irbah einrichten will.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. Sep⸗ tember. Die Allerhöchst bestätigte „Gesellschaft zur Hülfe⸗ leistung bei Schiffbrüchen“ hatte, wie die „Börsen⸗Zeitung“ meldet, ihren Präses, den General⸗Adjutanten Possiet, beauf⸗ tragt, bei der Staatsregierung um die Bildung einer Spezial⸗ kommission nachzusuchen, wie eine solche in Frankreich besteht, um diejenigen Maßregeln zu ermitteln, welche geeignet sind, Unglücks⸗ fällen mit Fahrzeugen, besonders mit Passagierdampfern vorzu⸗ beugen. Wie verlautet, soll bereits die Genehmigung zur Bil⸗ dung einer solchen Kommission aus Vertretern der Ministerien der Finanzen, der Marine und der Wegeverbindungen, sowie aus Deputirten der „Gesellschaft zur Hülfeleistung bei Schiff⸗ brüchen“ und einiger bedeutender Dampfschiffahrts⸗Gesellschaften erfolgt sein. Zum Präses dieser Kommission ist in diesen Tagen der Contre⸗Admiral von der Suite Sr. Majestät, Stezenko, er⸗ nannt worden, und wird die Kommission in nächster Zeit ihre Sitzungen eröffnen.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 9. Sep⸗ tember. Der Expeditionschef des Medizinalwesens in Norwegen, C. T. Kierulff, ist nach kurzem Krankenlager im Alter von 51 Jahren verstorben.
— Zum schwedisch⸗norwegischen Vizekonsul in Quebeck unter dem Konsulat daselbst ist der Freiherr Frederik Andreas Fal⸗ kenberg ernannt worden. — Der neuernannte schwedisch⸗ norwegische Konsul in Shanghai, Christiernson, hält sich zur Zeit in Christiania auf und gedenkt sich ebenfalls vor seiner Abreise nach China nach den übrigen Haupthandelsplätzen des Landes zu begeben. Sein Zweck ist dabei, den Geschäftsleuten Gelegenheit zu geben, Mittheilungen über Handelsinteressen in jenen Gegenden zu geben oder zu empfangen.
Dänemarr. Kopenhagen, 11. September. Der Prinz von Wales wird hier, wie bereits früher erwähnt,
zum Besuch am Königlichen Hofe erwartet. Gestern Morgen ging die englische Lusthacht „Osborne“ nach Kiel ab, um den Prinzen herüber zu führen.
— Es liegen jetzt genaue Angaben über die Theil⸗ nahme der Bevölkerung an den Wahlmannswahlen zum Landsthinge vor. Dieselbe war hier in der Stadt ganz
außerordentlich gering, in einem Kreise gaben nur etwas über 3 Proz. sämmtlicher Urwähler ihre Stimme ab. Im Ganze erfüllten von 24,972 Wählern nur 1316 ihre Bürgerpflicht.
Landtags⸗Angelegenheiten. Im 2. Stralsunder Wahlbezirk, Grimmen⸗Greifswald, ist der Kreisgerichts⸗Rath Wendorff zu Stralsund mit 483 gegen 111 Stimmen, welche Graf zu Solms⸗Altenhagen erhalten hat, zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten wieder gewählt worden.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Berlin. Professor C. Keil hat in seinem Atelier, im Heide⸗ priemschen Garten hinter den Zelten von gestern, den 14., bis Sonn⸗ tag, den 20. d. M., in den Stunden von früh 9 Uhr bis Nachmit⸗ tags 4 Uhr sein für die Stadt Bremen vollendetes Siegesdenk⸗ mal ausgestellt.
„— Ueber die Fahrt S. M. Schiff „Gazelle“, das bekanntlich die Mitglieder der zur Beobachtung des Venusdurchganges nach den Kerguelen entsendeten Reichs⸗Expedition an Bord hat, gehen der „Nordd. Allg. Ztg.“ folgende weitere Mittheilungen zu:
Am Nachmittag des 14. Juli war die Insel Madeira in Sicht. Am folgenden Morgen befand sich das Schiff in unmittelbarer Nähe der Nordwestseite der Insel, und beschäftigte man sich daselbst mit dem Fischen, in der Hoffnung, irgend etwas Interessantes für die Ge⸗ lehrten zu finden. Auch während des Lothens wurde stets mit dem Schleppnetze gefischt und ergatterte man alle möglichen kleinen Thiere und Pflänzchen, die dann schleunigst unter das Mikroskop gethan und mit wissenschaftlichem Eifer zerlegt wurden: Alles, was aufs Schiff gebracht wird, verfällt der Wissenschaft und wird in Spi⸗ ritus gesteckt. Mittags gegen 12 Uhr dampfte die „Ga⸗ zelle’“ an der schönen Insel in geringer Entfernung entlang nach Funchal. Bis an den steil emporsteigenden Felsen hat das Wasser hier eine Tiefe von etwa 100 Fuß, so daß eine An⸗ näherung an die Insel bei dem ruhigen Wetter vollständig gefahrlos geschehen konnte. An den Abhängen der Berge hängen hier und da kleine Städte und Dörfer, welche mit denjenigen Norwegens viele Aehnlichkeit haben sollen. Um 3 ½ Uhr Nachmittags ging die „Gazelle“ auf der Rhede von Funchal vor Anker. Die Mitglieder der Expedition machten einen Ausflug nach der Insel, wozu ihnen aber nur kurze Zeit gelassen wurde, da am nächsten Tage die Reise weiter gehen sollte. Die Mitglieder besahen sich die Stadt Funchal, welche ziemlich schmutzig ist und wenig Interessantes bietet. Den schönsten Anblick hatte man vom Schiff aus auf die Insel. Am Donnerstag, den 16., Abends 9 Uhr, verließ die „Gazelle“ Madeira und befand sich am 25. Juli zwischen den Cap⸗Verdischen Inseln. Wind und
Wetter begünstigten die Reise unausgesetzt. Auf der Reise von Ma⸗
deira bis nach den Cap⸗Verdischen Inseln gleicht so ziemlich ein Tag dem andern. Seit der Ankunft auf der Rhede von Madeira befand sich die Expedition in den eigentlichen Tropen, am 25. auf dem 15. Grad nördlicher Breite und 23 ½ Grad westlicher Länge von Greenwich. Die Hitze war eine recht bedeutende, und gingen daher Alle, sogar die Offiziere, weiß gekleidet und mit Strohhüten. Der Gesundheitszustand an Bord war ein recht befriedigender; schwere Erkrankungen sind noch gar nicht vorgekommen. Dem heißen Klima entsprechend, war die tägliche Beschäftigung der Schiffsmannschaft eingetheilt. Das Essen und der Wein wird sehr gelobt. In Madeira wurde vom Konsul und zweien anderen Deutschen ein sehr nobles Frühstück gegeben, zu welchem auch der Kommandant eingeladen war. — Am 27. Juli Morgens erreichte die „Gazelle“ die Insel San Jago. Zwei Tage hindurch beschäftigte man sich zwischen den Inseln mit Lothen, Strommessen, Fischen und Schleppen von Netzen, nicht einmal die Nächte machten eine Ausnahme, da der Kommandant unermüdlich im Forschen ist. Mit der Haiangel wurde ein 7 Fuß langer Hai gefan⸗ gen. Es waren ihrer 3, welche an dem ausgehängten Bissen umher schnoberten, der kleinste war der gierigste und biß an. Der Hai wurde unter freudiger Aufregung an Bord gebracht und gleich von der Wissenschaft in Beschlag genommen. Die Cap⸗Verdischen Inseln sind reich an kahlen, hohen Gebirgsmassen von oft wunderbarer Bil⸗ dung. Im Innern von San Jago soll es dagegen einige prachtvolle Thäler mit üppiger Vegetation geben, aber sie liegen zu entfernt von Porto Praya, als daß sie von den Expeditionsmitgliedern hätten aufgesucht werden können. Am 27. Nachmittags halb 2 Uhr warf die „Gazelle“ auf der Rhede von Porto Praya Anker, und am folgenden Vormittage beabsichtigte der Kommandant weiter zu gehen. Während die Offiziere an Bord blieben, begaben sich die Expeditionsmitglieder schleunigst ans Land. Die Stadt ist nur von Negern und einigen verkommenen Portugiesen bewohnt, der Strand und die dahinter liegenden Gebirge sind fast ganz kahl, dazu die glühende Hitze — das Alles konnte wenig zu einem Besuche des Lan⸗ des reizen. Monrovia hoffte man nun in acht Tagen zu erreichen und dort wieder Gelegenheit zu finden, Briefe nach der Heimath zu senden. Von Monrovia segelt die „Gazelle“ dann nach Banana und wird vielleicht auch die Insel St. Helena berühren.
— Die fünfte allgemeine Versammlung der „deut⸗ schen anthropologischen Gesellschaft“ wurde gestern im Hör⸗ saale des Zwingerpavillons zu Dresden von Hofrath Prof. Dr. Geinitz eröffnet, und es fand im Namen der Staatsregierung die Be⸗ grüßung der Versammelten durch Hofrath Dr. Roßmann statt. Das Hrcsiosun. führte Prof. Dr. Virchow. Gegen Mittag beehrte Se.
ajestät der König die Versammlung mit seiner hohen Gegenwart.
— Die deutsche geologische Gesellschaft ist am 10. d. M. in Dresden zu einer allgemeinen Versammlung zusammen⸗ etreten.
“ Die geographische Gesellschaft in Hamburg trifft Vorkehrungen zu einem festlichen Empfang der Mitglieder der öͤsterreichischen Nordpol⸗Expedition, welche am 22. d. M. ier erwartet werden. Weyprecht wird mit der Mannschaft auf dem eewege eintreffen; Payer kommt über Land von Stockholm. Es wird beabsichtigt, den Nordpolfahrern auf der Elbe mit einem Dampf⸗ schiffe entgegenzufahren und dieselben feierlich einzuholen. Abends soll eine außerordentliche Sitzung der geographischen Gesellschaft stattfin⸗ den, an welche sich ein Festmahl anschließen wird. Von auswärts sind als Ehrengäste zu den Festlichkeiten geladen: die Grafen Wilczek und Zichy, die Admirale Wuellerstorf und Fehr. v. Sterneck, ferner v. Hochstetter, Steinhäuser, Hoefer und Dr. Weyprecht aus Wien, Prof. Dove, v. Richthofen, Bastian und Neumayr aus Berlin, Dr. Petermann aus Gotha, Mosle, Breusing und Dyes aus Bremen, Prof. Bruhns aus Leipzig. 8 Landwirthschaft. Berlin. Mit dem 1. Oktober d. J. erscheint bei Wiegandt, empel & Parey in Berlin wöchentlich zwei Mal ein großes landwirthschaftliches illustrirtes unter dem Titel: Deutsche Landwirthschaftliche Pre⸗ se. Die Zeitung steht insofern im Mittelpunkt aller landwirthschaftlichen Bestrebungen, als sie von dem gemeinsamen General⸗Sekretär des Deutschen Landwirth⸗ schaftsrathes und des Kongresses Deutscher Landwirthe, Oekonomie⸗ Rath Hausburg redigirt wird. Ihr Programm ist zunächst die un⸗ parteiische freie Erörterung und Vertretung der wirthschaftlichen In⸗ teressen des deutschen Grundbesitzes. Wie diese Abtheilung, wird aber 2 die praktische Landwirthschaft und ihre Hülfswissenschaften, wird der Gartenbau, das Forstwesen, die Fischerei, die Hauswirthschaft, Jagd und der Sport von bedeutenden und als solche bekannten Fach⸗
erklären, daß die
männern in möglichst anziehender, und, wo es das Thema gestattet,
auch unterhaltender Form behandelt werden. Ein reiches Feuilleton
und gute Illustrationen dienen zur Unterstützung dieses Zwecks. Der
Abonnementspreis der Deutschen Landwirthschaftlichen Prefse beträgt
vierteljährlich 1 ½ Thlr. — Die uns vorliegende Nr. 1 hat einen sehr
mannigfaltigen Inhalt und eine recht ansprechende Ausstattung, gutes apier, klaren Druck ꝛc. — Im Laufe der Zeit werden wir Gelegen⸗ it finden, auf das Blatt zurückzukommen.
— Vom 1. bis 5. d. M. tagte in Freiburg i Br. die dritte Versammlung deutscher Forstwirthe. Dieselbe zählte nach einer Mittheilung der „Badischen Landes⸗Zeitung“ etwa 400 Mit⸗ glieder. Von den Gegenständen der Berathung kamen nur zwei zur Verhandlung, von denen das erste Thema: „Forstakademie oder all⸗ gemeine Hochschule?“ in einer 6stündigen Sitzung besprochen wurde. Dasselbe wurde eingeleitet durch Hrn. Ober⸗Forstmeister Danckel⸗ mann, Direktor der Forstakademie zu Neustadt⸗Eberswalde, welcher die Beibehaltung der isolirten forstlichen Fachschulen befür⸗ wortete. Diese Anstalten, meinte der Berichterstatter, seien allein geeignet, tüchtige Praktiker zu bilden, während man in dieser Beziehung auf den allgemeinen Hochschulen nur ungünstige Er⸗ folge erzielt habe. „Auf letzteren komme der Studirende zu wenig mit dem Wald in Berührung, die Lehrer der Hülfswissenschaften lehrten ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse des Faches, ihre Forschungen seien ge⸗ wissermaßen nur einseitiger Natur und von geringem Nutzen für die Forst⸗ wirthschaft. Hierauf ergriff Hr. Regierungs⸗Rath Prof. Dr. v. Secken⸗ dorff aus Wien das Wort. Er zeigte unter rauschendem Beifall der Versammlung, daß alle für die Isolirung des forstlichen Unterrichts vorgebrachten Gründe thatsächlich hinfällig seien, indem die meisten Hochschulen Deutschlands zum Walde noch weit günstiger gestellt seien, als die derzeitig bestehenden Forstakademien. Derjenige Grund, welcher es früher nöthig gemacht habe, für die Forstwirthe besondere Lehranstalten zu errichten, sei gegenwärtig in Wegfall gekommen. Während noch vor einigen wenigen Jahrzehnten in den meisten Staaten Deutschlands von den zukünftigen Forstver⸗ waltungsbeamten nur ein geringes Maß von Vorbildung verlangt wor⸗ den sei, werde heut überall die Reife gefordert. Von dem Augenblick an, in welchem die Forstwissenschaft die volle Ebenbürtigkeit mit den übrigen Wissenschaften erreicht habe, und in welchem von den Aspi⸗ ranten des Forstdienstes dieselbe Vorbildung verlangt werde, wie von den Aspiranten der übrigen Zweige des Staatsdienstes, hätten die isolirten Forstlehranstalten die Berechtigung ihrer Existenz verloren. Da dieser Augenblick aber schon gekommen sei, so erlaube sich Redner zu beantragen: „Die Versammlung der deutschen Forstwirthe wolle
für die Forstverwaltung bestimmten Beamten nicht mehr genügten, und daß es deshalb ein dringendes Bedürfniß sei, den forstlichen Unter⸗ richt an die allgemeinen Hochschulen zu übertragen.“ Dieser Antrag wurde mit etwa 385 gegen 15 Stimmen angenommen. Das zweite, am 4. verhandelte Thema lautete: „Welches ist die geeignetste Ein⸗ richtung der Gemeindeforstverwaltung?“ Dasselbe wurde eingeleitet durch Hrn. Forstmeister Bernhardt aus Neustadt⸗Eberswalde als Berichterstatter und Hrn. Forstmeister Ganghofer aus Würzburg als Mitberichterstatter. Nach einer kurzen Verhandlung wurde der An⸗ trag: „Die Versammlung erklärt, daß zur nachhaltigen guten Erhal⸗ tung der Gemeindewaldungen die Beförsterung nothwendig sei,“ mit Mehrheit angenommen. Die Ausflüge, welche in den Schwarzwald unternommen wurden, verliefen zu allgemeiner voller Befriedigung.
Gewerbe und Handel.
Die „Zeitschriftfür Gewerbe, Handel und Volks⸗ wirthschaft, Organ des Oberschlesischen berg⸗ und hüttenmännischen Vereins“, redigirt von Dr. Adolf Frantz zu Beuthen O./S., enthält in Nr. 35 vom 5. September d. J.: Die Schlesischen Eisenbahnen im Jahre 1873 mit einem Blicke auf die Tarifreform. — Gutachtliche Aeußerungen über den Antrag auf Er⸗ höhung der Tarife der Oberschlesischen (schmalspurigen) Zweigbahn. — Die Bessener Stahlwerke in Amerika. — Zum volkswirthschaft⸗ lichen Kongreß. — Produktion, Handel, Verkehr (vom Oberschlesischen Kohlenmarkt). — Kohlenverkehr der Sächs. Staatsbahnen. — Tarif⸗ klagen der Böhmischen Braunkohle — Galiziens Kohlenproduktion. — Kohlen und Eisen in Westfalen und Rheinland. — Aus Belgien. — Aus Frankreich. — Aus Großbritannien. — Anzeigen.
Nr. 36 vom 12. September cr.: Amtliches. — Die Schlesischen Eisenbahnen im Jahre 1873 mit einem Blicke auf die Tarifreform.
8
8
isolirten Forstlehranstalten zur Ausbildung der
— Eine Hüttenschule in Oberschlesien. — Parlamentarische Enguéte
über den Stand der Steinkohlenindustrie in Frankreich. — Produktion, Handel, Verkehr (Situation in Oberschlesien. — Aus Rußland. — Aus Belgien. — Aus Frankreich. — Der europäische Handel im Jahre 1874. — Zum Bankgesetz Entwurfe; das Breslauer Handels⸗ blatt als Dr. Eisenbart der Volkswirthschaft. — Eisenbahn⸗Tariffrage. — Zu den Darlehnskassen ci-devant) — 47. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Breslau. — Provinzial⸗Volksbildungs⸗ verein. — Anzeigen. — Extrabeilagen. — Etat und Jahres⸗ bericht der Oberschlesischen Steinkohlen⸗Bergbau⸗Hülfskasse pro 1875
resp. 1873 Verkehrs⸗Anstalten.
Die diesjährige Generalversammlung des Vereins deutscher Eisenbahn⸗Verwaltungen tritt am 28. September in Buda⸗Pest zusammen. Die Tagesordnung weist 19 einzelne Be⸗ rathungs⸗Gegenstände auf, welche zum größten Theile technischer Natur sind.
Southampton, 14. September. (W. T. B.) Der nord⸗ deutsche Llodddampfer „Minister Roon“ ist heute hier eingetroffen.
New⸗York, 14. September. (W. T. B.) Der Dampfer „Cimbria“ von der Hamburg⸗Amerikanischen Gesellschaft ist mit 260,000 Doll. Contanten hier eingetroffen.
Aus dem Wolff'schen Telegraphen⸗Büreau.
Prag, Dienstag, 15. September, Mittags. Bei der heuti gen Eröffnung des böhmischen Landtags waren Minister⸗Präsident Fürst Auersperg und die Minister Unger, von Pretis⸗Cagnodo und Banhans anwesend. Unter den erschienenen Abgeordneten befanden sich sieben czechische, welche theils im linken Centrum, theils auf der äußersten Linken ihre Sitze einnahmen. Vom Oberst⸗Landmarschall wurden in der Eröffnungsrede die czech schen Abgeordneten besonders willkommen geheißen.
Königliche Schauspiele.
Mittwoch, den 16. September. Opernhaus. (170. Vorstel⸗ lung.) Fantasca. Großes Zauber⸗Ballet in 4 Akten nebst einem Vorspiel (12 Bildern) von P. Taglioni. Musik von P. Hertel. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Schauspielhaus. (174. Vorstellung.) Der geheime Agent. Lustspiel in 4 Akten von Hackländer. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗
Preise.
Donnerstag, den 17. September. Opernhaus. stellung.) Das Nachtlager von Granada. Oper in 2 Abthei⸗ lungen nach dem Schauspiel gleichen Namens von Kind. Musik von Kreutzer. Hierauf: Tanz nach einer Melodie Ludwig XIII. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Schauspielhaus. Zum Besten der Abgebrannten in Mei⸗ ningen. Was ih Ult. Lustspiel in 4 Akten von Shakespeare. Anfang 7 Uhr. Mittel⸗Preise.
Sämmtliche freie Entrées (mit alleiniger Ausnahme für die Presse) sind ungültig, dagegen werden den Besitzern von Dienst⸗ und Freiplätzen die betreffenden Billets gegen Zahlung
bis Vormittags 12 Uhr an der Kasse reservirt. Die permanent
reservirten Billets haben für diese Vorstellung Gültigkeit.