1874 / 233 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Oct 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Art. 8. Die amtlichen, den Postdienst betreffenden Korrespon⸗ denzen sind portofrei. Außer dieser Ausnahme ist keine Portofreiheit oder Portoermäßigung zugelassen

Art. 9. Jede Administration behält die kraft der Art. 3, 4, 5, 6 und 7 erhobenen Summen vollständig für sich. In Folge dessen findet in dieser Beziehung unter den verschiedenen Unionsstaaten keine Abrechnung statt. 8

Die Briefe und übrigen .güeöseer ee⸗ können weder in dem Versendungs⸗ noch in dem Bestimmungslande auf Unkosten der Ver⸗ sender oder Adressaten mit einer andern Taxe oder Postabgabe belegt werden, außer mit den in den oben erwähnten Artikeln vorgesehenen.

(Fortsetzung folgt.)

Der General⸗Inspecteur der Artillerie, General der Kavallerie von Podbielski, der General⸗Major und Kom⸗ mandant von Berlin, von Neumann, sind von ihren resp. Urlaubsreisen hierher zurückgekehrt, desgleichen der General⸗Major

und Commandeur der 4. Garde⸗Infanterie⸗Brigade, von Dan⸗ nenberg, von Düsseldorf. 3

Der Kaiserlich österreichische Militär⸗Intendant von Hof⸗ mann, welcher sich hier einige Zeit zum Studium der preußi⸗ schen Militär⸗Verwaltungs⸗Einrichtungen aufhielt, ist nach Wien zurückgekehrt.

Der bisherige Spezial⸗Kommissarius zu Homberg, Re⸗ gierungs⸗Assessor Schaub, ist in Folge seiner Wahl zum zweiten Bürgermeister der Stadt Duisburg aus dem Staats⸗ dienst ausgeschieden, und an seine Stelle der seither beim Kol⸗

legium der General⸗Kommission zu Cassel beschäftigte Regie⸗ rungs⸗Assessor Blanke zum Spezial⸗Kommissarius in Homberg

Stettin, 5. Drrober. (W. T. B.) In Folge Gerichts⸗

beschlusses ist gestern durch den Untersuchungsrichter bei dem früheren Botschafter Grafen von Arnim in Nassenheide (bei Stettin) Haussuchung gehalten und derselbe verhaftet worden.

Posen, 2. Oktober. Der von dem 17. Posenschen Pro⸗ vinzial⸗Landtage am 24. und 26. Juni cr. beschlossene vierte Nachtrag zu dem revidirten Reglement für die Feuer⸗ Societät der Provinz Posen vom 9. September 1863 ist unterm 12. v. M. Allerhöchsten Orts bestätigt und jetzt im Amtsblatt publizirt worden.

5. Oktober. (W. T. B.) Der Vikar Bank in Fions, welcher der Anordnung des Landrathamtes, die Provinz Posen binnen 12 Stunden zu verlassen, nicht nachgekommen war, ist zwangsweise aus derselben entfernt worden.

Hannover, 3. Oktober. In seiner gestrigen 6. Sitzung begann der 8. Hannoversche Provinzial⸗Landtag unter Vorsitz des Grafen Münster die zweite Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Erweiterung der Statuten der Landes⸗Kreditanstalt zu Hannover. Der §. 1 bestimmt:

Die Landes⸗Kreditanstalt ist berechtigt, Darlehen außer gegen Bestellung einer Hypothek innerhalb der durch die Statuten ge⸗ gebenen Grenzen zu gewähren, 1) wenn der Eigenthümer zu Gunsten der Kreditanstalt eine Grundschuld in das Grundbuch eintragen läßt, 2) wenn der Eigenthümer oder ein Gläubiger des Eigenthümers mit dessen Einwilligung eine bereits ein⸗ getragene oder zu seiner Verfügung stehende Grundschuld oder Hypothek der Kreditanstalt abtritt.

Schatzrath Müller übernahm die Begründung des Gesetzes. Gegenüber der Bestimmung⸗ der Kreditanstalt, das Kreditbedürf⸗ miß des Grundbesitzes maglichst zu befriedigen, konnte für sie auch die Grundschuld nicht unbeachtet bleiben, welche in das Rechtssystem in der Absicht eingefügt ist, den Gläubigern höhere Sicherheit zu verschaffen und den Verkehr zu erleichtern. Es müßte der Anstalt gestattet werden, Grundstücke zu beleihen gegen die Bestellung, bezw. Uebertragung eben so wohl von

Grundschulden, wie von Hypotheken. Daraus motivirt sich kurz der §. 1 des Entwurfs, der vom Landtage ohne Debatte ange⸗ nommen wurde.

§. 2 bestimmt, daß den Forderungen der Landes⸗Kredit⸗ anstalt, welche durch die in Gemäßheit des §. 1 erworbenen Grundschulden und Hypotheken gesichert sind, die der Landes⸗ Kreditanstalt in den bisherigen Gesetzen und Statuten ein⸗ geräumten besonderen Rechte zustehen. Dasselbe gilt von den der Landes⸗Kreditanstalt abgetretenen Grundschulden und Hypo⸗ theken, sobald der Uebergang an die Kreditanstalt in das Grundbuch eingetragen ist, im Verhältnisse zu dem verhafte⸗ ten Grundstücke und zu den nach diesem Zeitpunkte eingetra⸗ genen Gläubigern des Eigenthümers. Der §. 2 stellt mithin das Prinzip der gleichen Bevorzugung aller Forderungen der Landes⸗Kreditanstalt auf und erklärt, daß die weitere ding⸗ liche Wirkung von der Umschreibung der Grundschuld oder Hypothek auf den Namen der Kreditanstalt abhängig ist. Der Paragraph stellt endlich klar, daß diejenigen Gläubiger, deren Grundschulden oder Hypotheken nach der Umschreibung der auf die Landes⸗Kreditanstalt übergegangenen Rechte eingetragen wor⸗ den, die Vorrechte der Kreditanstalt anerkennen müssen, während diejenigen Rechte, welche vorher eingetragen sind, durch den Uebergang nicht berührt werden. Müller⸗Verden bemerkt, daß der §. 2 seine jetzige Fassung in den Berathungen des Verwal⸗ tungs⸗Ausschusses erhalten habe. Die ursprüngliche Fassung des Landes⸗Direktoriums sei demselben vorzuziehen gewesen, aber auch diese sei nicht präcis genug. Der Redner schlägt deshalb eine neue Fassung vor, die vom Landtage und mit ihr der Pa⸗ ragraph angenommen wurde. §. 3 besagt: Die bislang geltende Vorschrift, nach welcher Güter und Höfe mit einem jährlichen Reinertrage von weniger als 60 Thlr. nicht beliehen werden dürfen, wird aufgehoben. Die bisherige Beschränkung hatte keinen inneren Grund und schließt den kleinen ländlichen Grundbesitzer von den Vortheilen der Anstalt aus. Die hannoverschen Stände beantragten des⸗ halb schon im Jahre 1852 ihre Aufhebung. Gestern fand sie keine Beanstandung. Der in der ersten Berathung von Borries zu §. 3 angekündigte Antrag, dahin gehend, eine Bestimmung aufzunehmen, nach welcher die Beleihung von Grundstücken bis zur Hälfte des Werthes derselben zwar als Regel beibehalten werden, als ausnahmsweise und nach dem Ermessen der Direk⸗ tion der Kreditanstalt die Beleihung bis des Werthes ge⸗ stattet sein soll, wurde nach kurzer Debatte mit 36 gegen 31 Stimmen abgelehnt.

§. 4 bestimmt, daß bei Beleihung von Grundstücken, für welche Grundbuchblätter oder Artikel angelegt sind, mit dem elften Tage nach der Bekanntmachung der geschehenen Anlegung das Ediktalverfahren wegfällt. 1

Nach §. 5 kann auch vor diesem Zeitpunkt die Direktion von einem Ediktalverfahren im einzelnen Falle absehen, wenn dieselbe die Ueberzeugung gewonnen hat, daß der Anleiher Eigen⸗ thümer bezw. erblicher Nutzungsberechtigter des zu verpfändenden Grundstückes ist, und daß unangezeigt gebliebene Lasten und dingliche Rechte auf demselben nicht haften. Beide Paragraphen wurden ohne Debatte angenommen.

8 6 lautet: 11“ ie Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Erweiterung der Statuten der Landes⸗Kreditanstalt vom 12. August 1846, werden unter Aufhebung §§. 1, 7 und 8 dahin erweitert: 1) Darlehen dürfen allen Gemeinden, Körperschaften und Verbänden, welche von ihren Theilneh⸗ mern nicht willkürlich aufgelöst werden können und deren Lasten gleich den Gemeinde⸗Abgaben unter Einwirkung der Behörden geordnet und aufgebracht werden, bewilligt werden. 2) Auch wenn die Abgabepflicht der Mitglieder der Gemeinde oder des Verbandes behufs des Zweckes, für welchen das Darlehn aufgenommen ist, nicht als eine den öffent⸗ lichen Hypotheken vorgehende Last auf Grundstücken ruht, kann von der Sicherstellung des Darlehns durch Verpfändung von Grundbesitz abgesehen werden. 3) Sofern es nach der Verfassung der Gemeinde u. s. w. der Genehmigung einer oberaufsehenden Behörde zur Auf⸗ nahme des Darlehns nicht bedarf, ist die Beibringung einer solchen auch der Landes⸗Kreditanstalt gegenüber nicht erforderlich.

Grumbrecht beantragte in Gemäßheit des von ihm in Bezug besonders auf Kirchengemeinden in erster Berathung hervor⸗ gehobenen Bedenkens in die Nr. 1 des §. 6 hinter „Gemeinden, Körperschaften und Verbänden“ die Worte einzuschalten: „welche weder durch Beschluß noch durch freiwilligen Austritt“ willkür⸗ lich aufgehoben ꝛc. Der §. 6 wurde mit der Grumbrechtschen Veränderung angenommen.

§. 7, der die Bestimmung, daß die Schuldurkunden der Kreditanstalt vom 1. Januar 1875 an auf Mark lauten sollen, enthält, ward ebenfalls genehmigt und ebenso darauf das Gesetz im Ganzen.

In der gestrigen 4. Sitzung der Außerordentlichen Landessynode, welcher v. Wangenheim präsidirte, erbat vor Eintritt in die Tagesordnung Ober⸗Gerichtsanwalt Struckmann das Wort und brachte folgenden Antrag ein:

„Die hochw. Landessynode wolle beschließen, den Absatz 3 des §. 71 der Kirchenvorstands⸗ und Synodalordnung aufzu⸗ heben und durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Vorläufig jedoch hat in Betreff der in eine Synode zuerst eintreten⸗ den Mitglieder darüber, ob dieselben zuzulassen oder nicht zu⸗ zulassen a die Kirchenregierung, und bei den Landessynoden deren Ausschuß zu bestimmen. Vergl. übrigens §. 59 Satz 5. Der Ersatz⸗ mann des vorläufig nicht zugelassenen Mitgliedes ist erst nach Be⸗ stätigung der Nichtzulassung durch die Synode selbst einzuberufen.“

Darauf ward die Debatte über den Ehe⸗Gesetzentwurf fortgesetzt. Ein Antrag des Ober⸗Konsistorial⸗Raths Uhlhorn, betref⸗ fend „Wahl einer Kommission von 14 Mitgliedern zur Vorberathung des Entwurfs“, wurde zur Debatte gestellt. Ober⸗Gerichts⸗An⸗ walt Struckmann stellte dazu den Verbesserungsantrag, „eine Kom⸗ mission von 14 Mitgliedern, zur Hälfte Geistliche, zur Hälfte Weltliche“, den sich Ober⸗Konsistorial⸗Rath Uhlhorn an⸗ eignete. Der Antrag wurde einstimmig angenommen, ebenso der Antrag des Geh. Regierungs⸗Rath a. D. Brüel, die Synode wolle bei dem Landes⸗Konsistorium eine Vertagung der Synode vom 3. bis zum 11. Oktober inkl. beantragen, damit die zu wählende Kommission Zeit zur Berathung habe. Die Ober⸗ Konsistorial⸗Räthe Uhlhorn und Niemann baten, sie nicht zu wählen, da sie zugleich Mitglieder der Kirchenregierung seien. Sämmtliche Gewählte nahmen die Wahl an. 8oIIIIIEEb“

Bayern. München, 3. Oktober. Auf Bef Königs sind, wie die „Allg. Ztg.“ meldet, die Mitglieder des diplomatischen Corps ꝛc. eingeladen worden, dem Oktoberfest am nächsten Sonntag Nachmittags im Königlichen Pavillon bei⸗ zuwohnen, ebenso die Königlichen Staats⸗Minister, die Staatsräthe, die Generalität ꝛc. Die landwirthschaftlichen Aufstellungen auf der Festwiese, und besonders jene im Glaspalast, sind sowohl in Bezug auf Maschinon und Geräthschaften, als bezüglich der verschieden⸗ sten landwirthschaftlichen Erzeugnisse des Landes in diesem Jahre weit zahlreicher und mannigfacher, als es bei früheren Oktober⸗ festen der Fall war. Mit der Exposition im Glaspalast ist auch eine Fisch⸗, Hühner⸗ und Kaninchenausstellung verbunden, welche, wie die gesammte Ausstellung überhaupt, das größte Interesse erregen werden.

Die Ankunft des Königs auf dem Festplatze des Oktober⸗ festes wird Sonntag Nachmittags 2 Uhr, erfolgen. Prinz Ludwig von Bayern trifft aus Lindau heute Abends hier ein, um als Ehrenpräsident des General⸗Comités des landwirth⸗ schaftlichen Vereins an der Spitze desselben den Monarchen im Königspavillon des Festplatzes zu empfangen.

Heute brachten die Festzüge bereits zahlreiche Festgäste, ins⸗ besondere Landleute. Die Frequenz ist der Einlieferung der Fahr⸗ billette nach gegen das im Jahre 1872 abgehaltene Fest um mehr als ein Drittel gestiegen. Heute Vormittag hat die Aus⸗ stellung der Renn⸗ und Schützenpreise zum diesjährigen Oktober⸗ feste im großen Rathhaussaale (im alten Gebäude) begonnen. Auch in diesem Jahre werden sechs mit Gemälden gezierte Fahnen gegeben. Es erhalten demnach nur die dritten und vierten Preise bei jedem der drei Rennen eine solche Fahne, während je die beiden ersten Preise, sowie die sämmtlichen Schützen⸗ preise silberne Pokale mit entsprechenden Inschriften erhalten. Solcher silberner Pokale sind 33 ausgestellt. Außerdem werden noch 44 seidene Fähnchen (hicrunter 29 für Schützen) zu den Preisen gegeben. Die Ausstellung war den ganzen Tag über lebhaft besucht.

Am 30. v. M. Nachts ist ein großer Theil des Markt⸗ fleckens Neuenkirchen b. hl. Blut, 12 Wohnhäuser nebst den dazu gehörigen Nebengebäuden mit Getreide und Futtervorräthen abgebrannt.

5. Oktober. (W. T. B.) Die Kaiserin von Oester⸗ reich ist Nachts 12 Uhr hier eingetroffen und hat im „Bayer⸗ schen Hofe“ Absteigequartier genommen. Die Kaiserin wird heute Vormittag um 10 Uhr die Reise nach Possenhofen fortsetzen, wo sie, wie es heißt, drei Tage bleiben wird. 1

Kaiserslautern, 4. Oktober. (W. T. B.) Der Guß der Kaiserglocke ist gestern Nachmittag von dem Glockengießer Hamm in Frankenthal glücklich vollendet. Der Guß ist als völlig gelungen zu betrachten.

Sachsen. Dresden, 3. Oktober. (Dr. J.) Die Erste Kammer trat in ihrer heutigen Vormittagssitzung in die Be⸗ rathung der Steuervorlagen ein. In der allgemeinen Dis⸗ kussion motivirten, außer dem Referenten, Seiler, Handelskam⸗ mer⸗Präsident Rülke, Graf Rex und Kammerherr v. d. Planitz ihre im Allgemeinen zustimmende Haltung zu der Vorlage. Wenn schon keiner der Redner sich für gänzlich befriedigt er⸗ klärte, so erkannten sie doch sämmtlich an, daß unter den gegen⸗ wärtigen Verhältnissen eine Ablehnung der Entwürfe einen vor⸗ aussichtlich langen Stillstand der Steuerreformbewegung bedeu⸗ ten würde. Gegenüber der Bemerkung des Referenten, daß die gegenwärtige Vorlage bereits vor 8 Jahren, beim Beginn der Re⸗ formbewegung, hätte gemacht werden sollen, betonte Staats⸗ Minister Freiherr von Friesen unter Zustimmung der Kammer, daß damals eine solche nach der zu jener Zeit herrschenden Meinung halbe Maßregel weder in dieser, noch in der Zweiten Kammer Anklang gefunden haben würde. Seitdem habe die

Erfahrung gelehrt, daß man in dieser Materie mit Vorsicht vorgehen müsse. Dem Präsidenten Fhüclte welcher in einer so

wichtigen und tiefeingreifenden Materie eine durchgreifende Reform anstatt eines bloßen Versuchs gewünscht hätte, erwi⸗ derte der Minister, eben weil die Angelegenheit so wichtig und tiefeingreifend sei, müsse man doch gewisse Ueber⸗ gangsmaßregeln ergreifen; auch trage die Vorlage nicht sowohl den Charakter eines Versuchs, als den einer vorbereitenden Maßregel für die desinitive Reform der Steuern. In der Spezialdebatte fanden die das Prinzip der subsidiären Einkommensteuer enthaltenden §§. 1 und 2 des Einkommen⸗ steuergesetzentwurfs die einstimmige Genehmigung der Kammer. Im weiteren Verlaufe der Sitzung genehmigte die Kammer den ersten Abschnitt des Entwurfs, allgemeine Bestimmungen ent⸗ haltend, bis mit §. 11b. fast ohne Diskussion nach den Vor⸗ schlägen der Deputation, welche, bis auf einige Abänderungen mehr redaktioneller Natur, mit den Beschlüssen der Zweiten Kam⸗ mer übereinstimmen. Die Berathung wird heute in einer Abendsitzung fortgesetzt werden.

Der Wirkliche Geheime Rath Dr. Gustav Ludwig Hübel hat die nachgesuchte Versetzung in den Ruhestand erhalten.

Württemberg. Stuttgart, 3. Oktober. (W. T. B.). Die Kaiserin von Oesterreich wird nach dem Besuche der Kaiserlich deutschen Majestäten morgen zum Besuche der König⸗ lichen Familie hier eintreffen. Die Kaiserin reist unter dem Namen einer Gräfin von Hohenems.

3. Oktober. (W. T. B.) Der Bischof zu Rotten⸗ burg, Dr. v. Hefele, hat, gutem Vernehmen nach, die ihm an⸗ getragene Würde eines Erzbischofs von Freiburg i. Br. abgelehnt.

Baden. Karlsruhe, 1. Oktober. Nach Abschluß der Verhandlungen der III. Hauptversammlung von Diri⸗ genten und Lehrenden der höheren Mädchenschulen Deutschlands, welche hier vom 28. bis 30. September getagt hat, machten etwa 90 Vereinsmitglieder heute einen gemein⸗ samen Ausflug nach Baden. Als dieselben das Großherzogliche Schloß besuchten, ließen der Großherzog und die Großher⸗ zogin den Präsidenten der Versammlung, Hrn. Direktor Moßdorff von Karlsruhe, und die Mitglieder des engeren Ausschusses, Direktor Dr. Haarbrücker von Berlin und Direktor Schorn⸗ stein von Elberfeld zu sich entbieten und unterhielten sich mit den Herren auf das Huldvollste über die Erfolge der Versamm⸗ lung und die Angelegenheiten des Vereins. Auch sprachen Ihre Königlichen Hoheiten den Wunsch aus, sämmtliche anwe⸗ sende Vereinsmitglieder begrüßen zu können, und ließen sich diese demnächst vorstellen. Nachdem Ihre Königlichen Hoheiten an die einzelnen Damen und Herren freundliche Worte gerichtet, schieden dieselben mit dem wärmsten Ausdruck des Wunsches, daß die wichtigen Angelegenheiten des Vereins eines segensvol⸗ len Gedeihens sich zu erfreuen haben möchten.

Mannheim, 1. Oktober. Heute wurde von dem Ober⸗ Hofgerichte das endgültige Urtheil in einer Streitsache der katho⸗ lischen Kirche gegen das Altkatholiken⸗Comité in Constanz wegen Besitzstörung eröffnet. Die katholische Kirche hatte wegen Einräumung der Spitalkirche in Constanz an die Altkatholiken und wegen Benutzung dieser Kirche durch dieselben eine Klage wegen Besitzstörung erhoben. Die beiden vorderen Instanzen hatten die Klage an und für sich für unbegründet erklärt; das Ober⸗Hofgericht bestätigte, wie die „N. B.⸗L.“ meldet, diese Urtheile, indem es aussprach, daß die bürgerlichen Gerichte nicht zuständig seien, die Handlungen der Verwaltungsbehörden, welche sie im Kreise ihrer gesetzlichen Zuständigkeit vornehmen, ihrer Beurthei⸗ lung zu unterziehen.

Hessen. Darmstadt, 2. Oktober. Die Zweite Kammer der Stände hat heute die Rechenschaftsablage der Militärverwaltung für 1868 und 1869 gerechtfertigt befunden. Bezüglich des Nachtragsbudgets wurde dem technischen Mitgliede der Kommission für Postangelegenheiten die früher verweigerte Besoldungsaufbesserung um ½ zu Theil, im Uebrigen dagegen meist auf den früheren Beschlüssen beharrt. Es folgte dann auf Antrag von je 10 Mitgliedern eine Besprechung über die gestern Seitens der Regierung erfolgte Beantwortung der Interpellation der Abgg. Schröder und Büchner über die Tarif⸗ erhöhung der Eisenbahnen, sowie der Abgg. Ellenberger und Wadsack über die Errichtung einer Landeskreditkasse. Bezüg⸗ lich des Gesetzentwurfs über das Civildiener⸗Wittweninstitut wurde

mit der Ersten Kammer Uebereinstimmung erzielt. Eine Petition

der Gemeinde Arheilgen auf Verlegung des dasigen Bahnhofs wurde abschläglich beschieden. Der Antrag der Abgeordneten Greim und Edinger auf Verwilligung eines Zuschusses zu den Kosten der Lokal⸗Polizeiverwaltung in Offenbach und Worms wurde, da die Regierung Prüfung der Frage zusagte, für er⸗ ledigt erklärt. Für Errichtung einer Remise an der Veterinär⸗ anstalt zu Gießen wurden 1000 Fl. bewilligt. Schließlich wurde auf Antrag des Abgeordneten Schröder die Rekommunikation der Ersten Kammer über Anträge und Petitionen von Straßen ꝛc. an den Ausschuß zurückoerwiesen, um gleichzeitig über die Vor⸗ lagen der Regierung über Erbauung von Straßen baldmöglichst Bericht zu erstatten.

Die nächste Sitzung findet morgen Vormittag 9 Uhr statt, und wird darin u. A. mit der Berathung der Kirchengesetz⸗ entwürfe begonnen werden.

Mecklenburg. Schwerin, 3. Oktober. Die heutigen „Meckl. Anzeigen“ enthalten folgende Mittheilung: „Da der Reichstag um die Mitte des laufenden Monates zusammentreten und voraussichtlich bis Weihnachten d. J. seine Berathungen fortsetzen wird, so würde der mecklenburgische Landtag, wenn derselbe in diesem Herbst zur gewöhnlichen Zeit ausge⸗ schrieben würde, in seiner ganzen Dauer der Zeit nach mit dem Reichstag zusammenfallen. Da aber von Reichswegen wieder⸗ holt der Wunsch ausgedrückt worden ist, daß die Bundesregie⸗ rungen ein solches Zusammentagen der Einzel⸗Landtage mit dem Reichstage möglichst vermeiden möchten, haben die mecklenburgi⸗ schen Regierungen sich veranlaßt gesehen, die Zusammenberufung des Landtages für diesen Herbst aufzugeben und als Zeit für das Zusammentreten desselben den Monat Februar k. J. festzu⸗ setzen, da der Monat Januar wegen des einfallenden Antoni⸗ Termins sich nicht zur Abhaltung des Landtages eignet.“

Auf Befehl der Großherzoglichen Hohen Landesregierung hat die Großherzogliche Landvoigtei in Schönberg unterm 24. d. Mts. das nachstehende Schreiben des kommandirenden Generals des IX. Armee⸗Corps von Treskow veröffentlicht:

„An die Großherzoglich mecklenburgische Landesregierung zu Neu⸗ Strelitz. Nachdem die diesjährigen Herbstübungen der 17. und 18. Division, sowie des vereinigten IX. Armee⸗Corps ihr Ende erreicht haben, ist es mir eine angenehme Pflicht, der Großherzoglichen Lande regierung im Namen des Armee⸗Corps meinen aufrichtigen Dank aus zusprechen für das bereitwillige Entgegenkommen und die Hülfeleistung welche den Truppen sowohl Seitens der Großherzoglichen Landesregie rung, als auch aller städtischen und ländlichen Behörden zu Theil worden ist. Die gastliche Aufnahme und die große Herzlichkeit, die überall den Truppen entgegengebracht wurde, wird bei Offizieren und

Mannschaften noch lange eine angenehme Erinnerung an die diesjäh⸗

rige Herbstübungen zurücklassen. Die Großherzogliche Landesregierung ersuche ich ganz ergebenst, Vorstehendes in angemessener Weise sehr gefälligst zur Kenntniß der Behörden und der Einwohner bringen zu wollen. Der kommandirende General M. F. B. von Treskow.“

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 2. Oktober. In

der heutigen 5. Sitzung der Synode wurde eine Anfrage des Abg.

Schwanitz und Genossen, ob es in der Absicht der Großherzog⸗ lichen Kirchenregierung liege, spätestens der nächsten ordentlichen Landessynode den Entwurf einer revidirten Kirchengemeinde⸗

DOrdnung, namentlich auch eines auf dem Prinzip der geheimen

Stimmgebung beruhenden Wahlgesetzes vorzulegen, vom Geheim⸗ rath Dr. Stichling sofort dahin beantwortet, daß hierüber noch kein Beschluß gefaßt sei, eine bestimmte Antwort also auch nicht

ertheilt werden könne. Eine zweite Anfrage des Abg. Pfarrer

Virnau und Genossen, wann und ob überhaupt nach Beginn der amtlichen Thätigkeit der Civilstandsbeamten in Preußen bei der unvermeidlichen Berührung zwischen diesen und den weima⸗ rischen Geistlichen ein desfallsiger Erlaß von Großherzoglicher Kirchenregierung zu erwarten stehe, wurde vom Geheimen Justiz⸗ Rath Vollert ebenfalls sofort dahin beantwortet, daß der Groß⸗

herzogliche Kirchenrath eine Instruktion hierüber demnächst erlassen

Ein Antrag der Abgg. Diakonus Förtsch und Genossen:

„Die Synode wolle beschließen, daß der von der Kirchenregie⸗ rung vorgelegte Entwurf eines Kirchengesetzes, den Konfirmanden⸗ unterricht betreffend, in folgender Gestalt angenommen werde: 5. 1. Der Konfirmandenunterricht im Großherzogthum wird in Zukunft ein volles Jahr hindurch ertheilt. §. 2. Es soll der Konfirman⸗ denunterricht der Regel nach und mit Ausnahme der Schulferien, in welchen derselbe ganz ausfallen darf, in wöchentlich zwei Stun⸗ den, in den letzten sechs Wochen vor der Konfirmation in wöchent⸗ lich vier Stunden ertheilt werden. §. 3. Der Großherzogliche Kirchenrath ist ermächtigt, wo die örtlichen oder persönlichen Ver⸗ hältnisse dies erfordern, von der Zeit und der Anzahl der Konfir⸗ manden stunden zu dispensiren.“ 1

wurde mit 19 von 33 Stimmen angenommen. 1.“

Anhalt. Dessau, 2. Oktober. Die Herzogin war am 28. September mit der jetzt zum Besuche bei Ihrer Hoheit weilenden Erbprinzessin von Sondershausen von Ballenstädt aus in Bernburg, um an einem Feste des dortigen St.⸗Johannis⸗Asyls theilzunehmen.

Wegen einiger dringlicher Vorlagen wird der hiesige Landtag am 17. d. zu einer kurzen Vordiät zusammen⸗ treten. Die eigentliche Session soll erst nach Schluß des Reichs⸗ tages ihren Anfang nehmen.

werde.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 3. Oktober. Der Kaiser trifft in Wien am 5. d. M ein.

Das ungarische Amtsblatt bringt die Mittheilung, der Kaiser habe gestattet, daß die im nördlichen Polarkreis durch die österreichische Nordpolexpedition neu entdeckten Gebiete „Franz⸗ Josefs⸗Land“ und „Kronprinz⸗Rudolf⸗Land“ genannt werden dürfen.

Der Erbgroßherzog von Sachsen⸗Weimar ist am 1. d. M. in Prag angekommen.

Wie das „Fremdenblatt“ berichtet, wird die Regierung gleich in einer der ersten Sitzungen des wieder zusammentreten⸗ den Reichsrathes den Staatsvoranschlag für das Jahr 1875 einbringen.

Der Handels⸗Minister Dr. Banhans ist heute zur Eröffnung der Eisenbahnbrücke der österreichischen Nordwestbahn bei Tetschen dahin abgereist.

In Betreff der Reform der Administration, welche ge⸗ genwärtig das ungarische Ministerium des Innern beschäftigt, schreibt „P. N.“:

„An den Konferenzen nehmen unter Vorsitz des Ministers des Innern mehrere aus den Kreisen der Munizipien berufene Mitglieder Theil. Die Konferenz diskutirt die durch die Neuner⸗ Kommission aufgestellten Prinzipien und die nothwendigen Fol⸗ gen derselben, welche die Abänderung des auf die Organisation der Munizipien bezüglichen Gesetzes nach sich ziehen. Die zur Berathung kommenden Punkte sind folgende: Vermehrung der unter das Selfgovernment fallenden administrativen Agenden. Inslebentreten des Selbstbesteuerungsrechtes. Verringerung der Anzahl der Angelegenheiten, worüber an das Ministerium zu appelliren ist. Die Annahme dieser Punkte zieht nothwendiger Weise nach sich, daß sowohl die auf die Kompetenz der General⸗ versammlung, des Obergespans, des ständigen Ausschusses, des Stuhlrichters als auch die auf das Disziplinarverfahren bezüg⸗ lichen Verfügungen modifizirt werden. Die Regierung beabsich⸗ tigt, den auf diese Angelegenheit bezüglichen Gesetzentwurf noch in dieser Reichstagssession vorzulegen.“

Brünn, 3. Oktober. Der Unterrichts⸗Minister Dr. Stre⸗ mayr ist hier eingetroffen um der Eröffnung der neuen Ge⸗ werbeschule beizuwohnen. Dieselbe fand um 12 Uhr statt.

Schweiz. Solothurn, 5. Oktober. (W. T. B.) Die

Verfügung, betreffend die Aufhebung des Klosters Maria⸗ stein und der Stifte Sanct Leodegar, Ursus und Schönwerd,

ist gestern in der Volksabstimmung mit 8356 gegen 5896 Stim⸗

men angenommen worden.

Frankreich. Paris, 4. Oktober. (W. . B.) Der „Agence Havas“ zufolge bestätigt es sich, daß zwischen dem Papst und dem Präsidenten Mac Mahon betreffs der Ab⸗ berufung des „Orénocque“ ein Briefw echsel stattgefunden hat. Dagegen ist nach derselben Quelle die von dem römischen Blatte „Libertà“ gebrachte Mittheilung, daß der Papst in seinem Antwortschreiben an Mac Mahon sich darüber geäußert habe, ob er in Rom verbleiben oder Italien verlassen wolle, unrichtig.

5. Oktober. (W. T. B.) Von den gestern vorge⸗ nommenen Generalrathswahlen sind bis jetzt die Resultate von etwa 170 Wahlen bekannt. So weit sich hiernach beurtheilen läßt, scheinen die Konservativen von den verschiedenen Schatti⸗ rungen dieser Partei den anderen Parteien gegenüber gegen⸗ wärtig noch in einigem Vortheile zu sein. Es sind mehrere Stichwahlen nothwendig. Die republikanischen Morgenblätter publiziren die fuͤr die republikanische Partei günstigen Wahl⸗ ergebnisse und heben namentlich hervor, daß in mehreren großen Städten wie: Nantes, Montpellier, Lyon, Lille und Bordeaux Republikaner gewählt worden sind. In der Gironde, im Depar⸗ tement Seine⸗inférieure und Haute⸗Garonne wurden hauptsächlich Konservative gewählt. Das Wahlergebniß in den ländlichen Kantonen ist noch gänzlich unbekannt.

Spanien. Madrid, 3. Oktober. (W. T. B.) Die Ge⸗ sandten Frankreichs und Englands, Graf Chaudordy und Mr. Layard sind heute vom Marschall Serrano⸗ empfangen worden. Graf Chaudordy gab in seiner Anrede an den Marschall dem Wunsche der französischen Regierung Aus⸗ druck, daß die gegenwärtigen guten Beziehungen zwischen Spa⸗ nien und Frankreich sich befestigen, und daß die vorübergehenden

Schwierigkeiten, durch welche eine Unterbrechung derselben herbeigeführt worden sei, ganz beseitigt werden möchten. Der Marschall erwiderte dem Gesandten, er wisse, von welcher Bedeutung für Spanien die Aufrechterhaltung und Weiter⸗ entwickelung des freundschaftlichen Verhältnisses zu Frankreich sei, das zwischen beiden Ländern stets bestanden habe, und er hoffe ebenfalls auf eine dauernde Beseitigung nur vorübergehen⸗ der Schwierigkeiten. Mr. Layard erklärte in seiner Ansprache, die englische Regierung habe durch die Anerkennung der spani⸗ schen Regierung den Sympathien Ausdruck zu geben beabsichtigt, welche die Königin und das englische Volk für Spanien hegten. England sei überzeugt, daß Spanien die Schwierigkeiten der ge⸗ genwärtigen Krisis überwinden werde.

Nach einem von carlistischer Seite kommenden Telegramm über Paris sind am 2. Oktober 16 Geschütze, 4000 Feuergewehre und 50,000 Stück Kartuschen für die Carlisten in Motrico gelandet worden.

Italien. Rom, 3. Oktober. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentlicht ein Königliches Dekret, durch welches die Kammer aufgelöst, die Vornahme der Neuwahlen für den 8. und 15. November d. J. angeordnet und das Parlament auf den 23. November d. J. einberufen wird. Dasselbe publizirt ferner die Ernennung Bonghis zum Unterrichts⸗Minister.

Legnago, 4. Oktober. (W. T. B.) Dem Minister⸗ Präsidenten Minghetti wurde heute von seinen Wählern hier ein Banket gegeben. Der Minister⸗Präsident hielt eine Rede, in welcher er, nachdem er, seinen Dank für den ihm gewor⸗ denen sympathischen Empfang ausgesprochen hatte, auf den Wunsch des Landes hinwies, nach der Vollendung der politischen Einheit auch zur Herstellung eines Gleichgewichts in den Finanzen zu gelangen. Minghetti knüpfte daran eine Mittheilung über die gegenwärtige sinanzielle Lage des Landes und erklärte, daß das Desizit für 1875, welches einschließlich der außerordentlichen Aus⸗ gaben zu 54 Millionen veranschlagt sei, folgendermaßen ge⸗ deckt werden werde: Durch den Abschluß der Eisenbahnkon⸗ vention werde der Ausfall um 20 und durch die bereits von dem Parlamente votirten Steuern um weitere 12 Millionen herab⸗ gemindert und der Rest von 22 Millionen durch die Konsum⸗ tionssteuer und die Einnahmen aus den Zöllen gedeckt werden. Die Auflage neuer Steuern erscheine daher nicht erforderlich. Der Minister⸗Präsident führte darauf aus, daß es geboten erscheine, die finanzielle Zukunft des Landes sicherzustellen, wozu die Steuerreform wesentlich beitragen werde, und hob hervor, daß der Zwangscours der Banknoten mit dem Gleichgewicht des Staatshaushalts in enger Beziehung stehe. Minghetti wies dann namentlich darauf hin, daß für die Herbeiführung geordneter Finanzzustände die Auf⸗ rechterhaltung der öffentlichen Sicherheit ein wesentliches Erfor⸗ derniß sei. Was die anomale Lage angehe, in der sich gegenwärtig einzelne Provinzen befänden, so fürchte er weder das rothe noch das schwarze Gespenst, zu deren Bekämpfung die bestehen⸗ den Gesetze ausreichend seien. Dieselben seien aber nicht genü⸗ gend, um den meuchlerischen Geheimbünden der Maffia und Camorra wirksam entgegen treten zu können. Er werde des⸗ halb dem Parlamente die erforderlichen neuen Gesetzesvorlagen zugehen lassen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 3. Oktober. Am 26. v. M. ist auf der St. Petersburger Seite die neue lutherische Kirche eingeweiht worden, die ihr Entstehen wesentlich der Initiative des General⸗Adjutanten Fürsten Barclay de Tolly⸗Weimarn verdankt. Die Kirche befindet sich unweit des Sytnoi⸗Marktes und bildet die Ecke zweier Straßen. Sie ist ein Holzbau auf steinernem Fundament, hat einen Thurm eben⸗ falls von Holz und bietet Raum für ca. 500 Personen. Der Kaiser bewilligte neun Gnadengeschenke von 5500 R., die Börsenkaufmannschaft gab 4000 R., die Hauptschulen spendeten 570 R. Ueber 26,000 R. wurden von verschiedenen Privaten und durch Sammlungen aufgebracht. Die Schulden der Ge⸗ meinde betrugen mit Abschluß des Baus etwa 20,000 R. Die Kollekte, welche am Einweihungstage beim Ausgange an den Kirchenthüren erzielt wurde, belief sich auf 1200 R.

Unterm 16. Juli 1873 erging der Allerhöchste Befehl, wonach die Kompletirung der Lösch⸗ und Polizeikommandos durch Untermilitärs mit dem laufenden Jahre aufzuhören hat. Mit Rücksicht darauf hat der St. Petersburger Stadt⸗ hauptmann den Etatsentwurf für eine frei angeworbene Feuerwehr aufstellen lassen, wonach sich der Unterhalt für eine solche Feuerwehr auf jährlich 452,371 Rubel 47 ½ Kop. belaufen würde. (Gegenwärtig fließen aus städtischen Mitteln für den Unterhalt der Feuerwehr ungefähr 162,816 Rbl. jährlich.) Jene Summe von mehr als 450,000 Rbl. soll in fol⸗ gender Weise vertheilt werden: auf das Hofressort 36,300 Rbl., auf die Stadtkasse 147,942 Rbl. 99 ½ Kop. und auf die Ver⸗ sicherungsgesellschaften 268,128 Rbl. 48 Kop.

Amerika. Pernambuco, 3. Oktoher. (W. T. B.) Hier eingegangene Meldungen aus Buenos⸗Ayres bestätigen, daß dort ein Aufstand unter der Führung des Generals Mitre aus⸗ gebrochen ist. Die Flotte hat sich für Mitre erklärt, der seine Streitkräfte bei Chivilcoy und San Martin konzentrirt hat. In Buenos⸗Ayres ist die Nationalgarde unter die Waffen getreten, die Kammern haben sich in Permanenz erklärt, das Erscheinen der Journale ist suspendirt. In den Provinzen Buenos⸗ Ayres, Santa Fé, Entre Rios, Rioja und Corrientes ist der Belagerungszustand erklärt worden.

Erwerbungen des Königlich landwirthschaftlichen Museums im 3. Quartal 1874. 1) Angekauft: 1) Modell einer Universal⸗Breitsäemaschine zum Quer⸗ und Lang⸗ fahren. Von der Aktiengesellschaft für den Bau landwirthschaftlicher

Maschinen ꝛc. H. F. Eckert, Berlin. 8

2) Modell einer Klee⸗Enthülsungsmaschine. do.

3) Modell eines Viehfutter⸗Kochapparats. 11“

4) Modell eines Selbsttränkers für im Stall gehaltene Thiere. Vom Direktor G. Liedke in Kappeln.

5) Aneroid⸗Barometer zum Höhenmessen von Naudet in Paris.

6) Wasserzufuhr⸗ und Berieselungsplan der Kanalwasser⸗Beriese⸗ lung in Schwintsch bei Danzig. Vom Civil⸗Ingenieur Fegebeutel in Danzig.

2) Geschenke.

1) Eine Kollektion fertiger Säcke, sowie 3 Albums mit Leinen⸗ proben aus den Landdrosteibezirken Hannover, Hildesheim und Lüne⸗ burg. Vom Legge⸗Inspektor Woltmann in Hann. Münden.

2) Eine größere Kollektion Getreideproben aus dem Königreich Sachsen. Vom General⸗Sekretär K. von Langsdorff in Dresden.

3) Landwirthschaftliche Reduktions⸗Uhr. Von demselben.

4) Reitpeitsche aus der Haut des Nilpferdes, aus Kairo. Vom

Zeichnungen, Kataloge, Bro⸗

Professor Dr. Ascherson, Berlin. 5) Diverse kleinere Gegenstände,

schüren ꝛc. von Dr. P. Magnus in Berlin, Dr. Petermann in Gem⸗

bloux, B. Hartgering in Bentheim, Magistrat der Stadt Spalt ꝛc.

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Die Sammlung von rohen und präparirten neueren Faser⸗ stoffen, welche auf der Ausstellung des Akklimatisationsvereins so sehr viel Aufmerksamkeit erregte und sich namentlich der ganz beson⸗ deren Anerkennung Sr. Kaiserlichen Hoheit des Kronprinzen zu er⸗ freuen hatte, ist jetzt im landwirthschaftlichen Museum (an der Potsdamer Brücke) ausgestellt. Die rohen Pflanzen rühren von dem Inspektor des botanischen Gartens, Herrn Bouché her, welcher sich seit 20 Jahren mit der Kultur von Faserstoffen, welche unseren Flachs und Hanf ersetzen koͤnnten, beschäftigt. Die Präparation ist ein Patent des Chemikers Herrn Deininger, welcher durch höheren Druck mit oder ohne Anwendung von Chemi⸗ kalien in 8 bis 12 Stunden dasselbe leistet, was bei dem alten Rött⸗ verfahren in mehreren Wochen erreicht wurde. Die Faser wird bei dem Deiningerschen Verfahren bei Weitem nicht so angegriffen, wie bei den bisher ausgeführten eg Felhhea heh und eignet sich die Methode besonders auch zur Herstellung von Papierstoff aus Holz, Stroh ꝛc.

Das Coursbuch der Deutschen Reichs⸗Post⸗Ver⸗ waltung, Oktober 1874, I. Abtheilung, enthaltend die Eisen⸗ bahnen in Deutschland und der österreichischꝛungarischen Monarchie und Uebersicht der bestehenden Rundreise⸗Touren mit Angabe der Bil⸗ letpreise, bearbeitet im Coursbureau des Kaiserlichen General⸗Post⸗ Amts, Verlag der Königlichen Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei (R. v. Decker), ist soeben ausgegeben und umfaßt die bis zum 1. Oktober eingetretenen resp. mit demselben Tage eintretenden Aenderungen in dem Gange der Eisenbahnzüge. Ferner bleibt gültig: Abthei⸗ lung II., September⸗Oktober, enthaltend die bedeutenderen Eisenbahnrouten in Europa, außer Deutschland und Oesterreich, ferner Postverbindungen in Deutschland und den angrenzenden Ländern, Dampfschiff⸗Course, Reisetouren zwischen mehreren Hauptorten Euro⸗ pas, Verzeichniß der Bade⸗ und Kurorte in Deutschland und den an⸗ grenzenden Ländern nebst Nachrichten über die Reiseverbindung dieser Orte, Reisetouren zwischen Berlin und den bedeutenderen Badeorten, Tarif für Courier⸗ und Extraposten, Wegemaße, Münzvergleichungs⸗ Tabelle, Zusammenstellung der Bestimmungen über Benutzung der Telegraphenlinien und Gebührentarif ꝛc. Beigegeben sind 2 Karten. 661öI Justiz⸗Ministerial⸗Blatts für die preu⸗ ßische Gesetzgebung und Rechtspflege, herausgegeben im Bureau des Justiz⸗Ministeriums, hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 30. September 1874 betreffend die Führung der Höferollen in der Provinz Hannover.

Nr. 20 des „Central⸗Blatts der Abgaben⸗, Gewerbe⸗ und Handels⸗Gesetzgebung und Verwaltung in den Kö⸗ niglich Preußischen Staaten“ hat folgenden Inhalt: Ver⸗ ordnung, betreffend die Einführung der Reichsmarkrechnung, vom 28. Juni 1874. Cirkular⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗Mini⸗ steriums, die Einführung der Reichsmarkrechnung betreffend, vom 27. August 1874. Cirkular⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗ Ministeriums, die Veröffentlichung der Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen betreffend, vom 3. September 1874. Verfügungen des Königlichen Finanz⸗Ministe⸗ riums, Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen betreffkend. Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, die Tarifirung von Schinken und Speck be⸗ treffend, vom 1. Juli 1874. Verfügung des Königlichen Finanz⸗ Ministeriums, die Tarifirung wollener Stränge zu Treibschnüren fůr Spulen betreffend, vom 7. Juli 1874. Personal⸗Chronik.

Das September⸗Heft des Centralblatts für die ge⸗ sammte Unterrichts⸗Verwaltung in Preußen, herausgegeben in dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗An⸗ gelegenheiten, Berlin, 1874, Verlag von Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung), hat folgenden Jahalt: Zusammenstellungen der Be⸗ stimmungen im Geschäftskreise der Kreisausschuüsse in Schulsachen. Behandlung der Schulbausachen mit Rücksicht auf die Vorschriften der Kreisordnung. Kompetenz der Schulaufsichtsbehörden in einigen Schulsachen nach Emanation der Kreisordnung. Bestätigung von Rektor⸗ und Dekanen⸗Wahlen. Doctorpromotion in der juristischen Fakultät der Universität zu Königsberg. Doktorpromotion nicht⸗ preußischer Kandidaten der Medizin. Statuten des juristischen Seminars der Universität zu Breslau. Neue Mitglieder der Aka⸗ demie der Künste zu Berlin. Preisbewerbungen bei der Akademie der Künste zu Berlin. Außerordentliche Preisbewerbung desgl. Ausschluß einer besonderen Ernennung des Direktors einer städtischen höheren Unterrichtsanstalt zum Königlichen Direktor bei der durch das Staatshaushalts⸗Gesetz genehmigten Uebernahme der Anstalt durch den Staat. Ausschluß der Bezeichnung einer bestimmten Stelle in den Vokationen für Lehrer an Königlichen Anstalten. Höhe des Schulgeldes in den Vorschulklassen. Verhütung des Gasthaus⸗

besuches Seitens der Schüler, Provinz Pommern. Nachrichten über

die Landesschule zu Pforta. Pädagogischer Kursus für Theologen am evangelischen Seminar zu Königsberg i. Pr. Ausstellung von Vokationen für Seminar⸗Huͤlfslehrer. Wahlfähigkeitszeugnisse für Zöglinge der Anstalten zu Droyßig. Unterstützung der Semina⸗ risten. Empfehlung des Werkes: Deutsche Jugend von Lohmeyer. Prüfungen für das Amt eines Hauptlehrers zu Berlin. Prü⸗ fungszeugnisse für Lehrerinnen: Ausschluß einer Bescheinigung Seitens der Regierung, Erwähnung der Mitgliedschaft der Lehrerin bei einem geistlichen Orden. Prüfung der Privatlehrerinnen in neueren Sprachen. Anerkennung der Prüfungszeugnisse für Lehrerinnen aus Sachsen⸗Meiningen in Preußen. Einstellung des Disziplinar⸗Ver⸗ fahrens gegen Lehrer mit Rücksicht auf den Ausfall der Vorunter⸗ suchung. Disziplinarische Aufsicht über suspendirte Lehrer. Ge⸗ haltszahlung bei Entfernung vom Amtssitze. Staatsfonds zu per⸗ sönlichen Zulagen an ältere Lehrer. Verstärkung und Verwendung des Fonds. Entziehung, Nachzahlung, Termin für Erhebung der Zulagen. Lehrer⸗Wittwenkassen: Besondere Verpflichtungen von Gemeinden, Zugehörigkeit aller öffentlichen Elementarlehrer zu einer Kasse. Militärdienstpflicht der aus dem Schulamt entlassenen Ele⸗ mentarlehrer. Lehrmittel für Volksschulen. Religionsunterricht in der Volksschule. Pflege des Sinnes für schonende Behandlung der Thiere bei der Volksjugend. Herstellung von Simultanschulen. Rechtsweg bei Beschwerden über Leistungen für Schulen. Verwal⸗ tung und Verwendung der Schulversäumniß⸗ Strafgelder in der Pro⸗ vinz Preußen. Ausschluß von Staatsbeihülfen zu Schulbanten nach erfolgter Bauausführung. Blinden⸗Unterrichtsanstalt zu Bres⸗ lau, Jahresbericht. Verleihung von Orden. Personalchronik.

Statistische Nachrichten.

Offiziellen Angaben zufolge betrug die Zahl der Depeschen in England während des Jahres 1872 14,858,000, während des Jahres 1873 17,346,000. Von diesen Depeschen war ein sehr großer Theil an Zeitungen gerichtet, die sich auf dem Wege des gewöhnlichen Telegraphen während des vorigen Jahres durch, ihre Korrespondenten 38 Millionen Worte telegraphiren ließen. Berücksichtigt man aber die Fälle, in denen dieselbe Depesche an mehrere Zeitungen gesendet wurde, so werden aus den 38 Millionen 214 Millionen Worte. An Brie⸗ fen wurden im Vereinigten Könisreich befördert: im Durchschnitt der Jahre 1841— 1845 227,000,000 Briefe, 1846 1850 327,000,000 Briefe, 1851 1855 410,000,000 Briefe, 1856 18860 523,000,000 Briefe, 1861 1865 648,000,000 Briefe, 1866 1870 800,000,000 Briefe, in dem Jahre 1871 867,000,000 Briefe, 1872 885,000,000 Briefe, 1873 907,000,000 Briefe. Die Zahl der von der englischen Post in den beiden letzten Jahren beförderten Bücherpackete, Zeitungen und Korrespond enzkarten ergiebt sich aus Folgen⸗ dem: Bücherpackete im Jahre 1872 114,000,000, im Jahre 1873 129,000,000; Zeitungen im Jahre 1872 109,000,000, im Jahre 1873 125,000,000; Postkarten im Jahre 1872 76,000,000, im Jahre 1873 72,000,000. Die Summen, welche durch die englische Post mittelst Postanweisungen versendet werden, d. in Folge der großen Verbreitung .