des Feld⸗Art. Regts. Nr. 28, zum Pr. Lt. befördert. 8 Abschiedsbewilligungen. Dres „ 27. Oktober. Richter, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 107, mit der Erlaubniß zum Forttragen der Regts. Uniform mit den Abzeichen für Verabschiedete, v. Bünau, Pr. Lt. vom Jäger⸗ Bat. Nr. 12, Rau, See. Lt. der Res. vom Garde⸗Reiter⸗Regt., 5 Pensiousgewährung, aus Allerh. Kriegsdiensten der Abschied willigt.
1 Im Sanitäts-Corps. Dresden, 27. Oktober. Dr. Oehme, Dr. Bruck, Dr. Lüt⸗ tich, Dr. Schauschor, Unterärzte der Res. des Sanitätscorps, zu Assist. Aerzten 2. Kl. der Res. befördert.
In der Kaiserlichen Marine. 1— Offiziere ac. v Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen zc. Berlin, 24. Oktober. Pirner, Korv. Kapt., zum Ausrüstungs⸗ Dir. der Werft in Kiel ernannt. Paschen, Korv. Kapt., als 1. Adjut., und Grf. v. Reichenbach, Kapt. Lt., als 2. Adjut. zur Marine⸗Stat. der Nordsee ernannt. Kupfer, Korv. Kapt., von dem Kommdo., als Führer der 3. Abth. der 2. Matr. Div. entbunden. v. Hippel, Korv. Kapt, zum Führer der 4. Abth. der 2. Matr. Div., Schroeder, Kapt. Lt., zum Fuüͤhrer der 3. Abth. der 1. Matr. Div., v. Pawels;z, Kapt. Lt., zum Führer der 1. Abth. der 1. Matr. Div., v. Zitze⸗ witz, Kapt. Lt., zum Führer der 2. Abth. der 1. Werft⸗Div., er⸗ nannt. Dr. Buchner, Mar. Assist. Arzt 1. Kl., aus jedem Milit. Verhältniß entlassen.
Nr. 44 des „Central⸗Blatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichskanzler⸗Amt (Berlin, Carl Heymanns Verlag), hat folgenden Inhalt: 1) Allgemeine Verwaltungssachen: Statut der Charlotten⸗Stiftung für Philologie: Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete. 2) Münzwesen: Uebersicht über die Aus⸗
prägung von Reichsmünzen. 3) Zoll⸗ und Steuerwesen: Kompetenz von Zoll⸗ ꝛc. Aemtern. 4) Marine und Schiffahrt: Nachtrag zum Verzeichnisse der Kommissionen für die Prüfung der Seeschiffer für roße Fahrt; Beginn der Seesteuermanns⸗Prüfung ꝛc. in Leer; Er⸗ schelnen des Verzeichnisses der deutschen Kauffahrteischiffe für 1874. 5) Heimathwesen: Erkenntniß des Bundesamts für das Heimath⸗ wesen. 6) Postwesen: Bekanntmachungen, betreffend: Postverbindung mit Konstantinopel; Korrespondenzverkehr mit Ostindien.
8
Prozeß Kullmann.
1 .“ 29. Oktober. (Fortsetzung.) Die Anklageschrift autet: „Das Königliche Appellationsgericht zu Bamberg hat am 14. September 1874 gegen Eduard Franz Ludwig Kullmann, 21 Jahre alt, ledigen Böttchergesellen aus Neustadt⸗Magdeburg, wegen Ver⸗ brechens des Mordversuchs auf eine Klage erkannt, denselben vor das Schwurgericht verwiesen und die Abfassung einer Anklageschrift ver⸗ ordnet. Demgemäß erklärt der unterzeichnete Königliche Staates⸗ anwalt, daß aus der geführten Voruntersuchung folgende Thatsachen hervorgehen: 8 ““ 3 §. 1. Am 4. Juli d. J. traf der deutsche Reichskanzler, Fürst v. Bismarck, zum Kurgebrauche in Kissingen ein und nahm dann seine Wohnung in dem am rechten Ufer der Saale, nördlich von der über diesen Fluß führenden Brücke gelegenen Hause des praktischen Arztes Dr. Edmund Diruf jun. In den zu diesem Hanse gehörigen Hofraum gelangt man von der Straße durch eine Einfahrt. Mittags zwischen 1 und 2 Uhr fuhr der Fürst regelmäßig nach dem Salinenbade, und zu dieser Zeit versammelte sich vor dem Hause täglich eine große Menge von Kurgästen und anderen Leuten, um den Fürsten zu sehen und zu begrüßen. Dies war auch am Montag, den 13. Juli der Fall. An diesem Tage verließ Fürst Bismarck gegen ½2 Uhr in offenem Wagen seine Wohnung. Der Wagen war eben durch die Einfahrt auf die Straße gelangt und hatte in der Richtung nach rechts gegen die Brücke eingebogen, als aus dem versammelten Publikum heraus ein junger Mann links an den Wagen hinsprang und aus einer Entfernung von 1— 1 ⅞ Schritten, nach dem Kopfe des Fürsten zielend, eine Pistole abschoß. Glücklicherweise verfehlte zwar der Schuß sein Ziel, der Fürst hatte jedoch in äußerster Lebensgefahr geschwebt, denn die zweifellos scharfe Ladung war hart an dessen Kopf vorübergefahren und hatte seine zum Gruße erhobene, nach dem Hute greifende rechte Hand gestreift. An dieser, und zwar an der inneren Fläche der Hand⸗ wurzel, zwei bis drei Centimeter von einander entfernt, fan⸗ den sich bei der im Verlaufe des Nachmittags vorgenommenen Wund⸗ beschau zwei Verletzungen, von denen die eine nach überein⸗ stimmendem ärztlichen Gutachten offenbar von einem Pro⸗ jektil herrührte, und es darf nicht unerwähnt bleiben, daß selbst diese Streifwunde, sofern sie nur ¼ bis ½ Linie tiefer eingedrungen, für den Ferln sehr verhängnißvoll geworden wäre, daß in diesem Falle eine erletzung der Pulsader stattgefunden hätte. Die andere Wunde war durch den Anprall des brennenden Schießpfropfens verursacht. dem zeigte sich noch vermuthlich durch Streifen eines Propfens her⸗ vorgebracht, eine leichte Verletzung an der linken Seite der Nasenspitze des Fürsten und weiter im Gesichte waren an einigen Stellen schwarze 88 tchen — Pulverkörner — bemerkbar. Die beiden erstbezeichneten erletzungen machten eine mehrwöchentliche wundärztliche Behandlung nöthig und von deren Folgen war der Fürst selbst bei seiner Abreise von Kissingen am 12. August noch nicht völlig wieder hergestellt. 3 §. 2. Nach abgegebenem Schusse eilte der Attentäter rückwärts um den Wagen herum und suchte auf der rechten Seite desselben zu entkommen, wobei er die Pistole von sich warf. Während er an dem auf dem Bocke gebliebenen Heitschn⸗ Sebastian Schmid vorüber⸗ sprang, versetzte ihm dieser einen derben Peitschenhieb. Darauf wurde er von mehren der in hohem Grade entrüsteten und erbittertsten Augen⸗ zeugen des ruchlosen Attentats festgehalten und durch die herbei⸗ gekommenen Sicherheitsorgane in das landgerichtliche Gefängniß 7 Keissingen abgeführt. Dort gab er sich sofort als der Bottchergeselle Eduard Franz Ludwig Kullmann aus Neustadt⸗Magdeburg zu erken⸗ nen. Er ist am 14. Juli 1853 geboren und der Sohn eines ganz unbemittelten Fischhändlers. Nach seiner Entlassung aus der Volks⸗ schule erlernte er bei dem Meister August Welsch zu Neustadt⸗Magde⸗ burg das Böttcherhandwerk. Im Januar 1872 begab er sich in die Fremde und arbeitete an verschiedenen Orten, namentlich in Tanger⸗ münde, Berlin, Charlottenburg, Lüneburg, Salzwedel und in Suden⸗ Purg⸗Madeburg. Der Aufenthalt in Salzwedel insbesondere fiel in die Zeit von Mitte März bis 9. Juli 1873, jener in Sudenburg in die Zeit von August 1873 bis 26. Mai 1874. Der Leumund des Angeklas⸗ ten ist keineswegs ungetrübt. Schon von Jugend auf zeigte er sich roh, frech, trotzig, widerspenstig, heimtückisch, rachsuͤchtig und ohne Sinn für Religion. Schon als Lehrling ging er gern mit Schieß⸗ waffen um, kaufte sich damals schon ein Terzerol und schoß häufig mit solchem. Dasselbe wurde ihm später von seinem Messter ab⸗ 5 1 genommen. Als Geselle fäpet⸗ er ein Dolchmesser, sogenannten Ge⸗ nickfang; er bediente sich dessen bei seinen häufigen Raufereien. Dieses urde später gerichtlich eingezogen. Seine rachsüchtige Gemüthsart gab Kullmann schon als Lehrling kund, indem er im Zorn nach sei⸗
nem Nebenzesellen Gustav Welsch einen scharfen Böttcherschnitzer
warf. Zu Charlottenburg versetzte Kullmann im Juli 1872 seinem Nebengesellen Karl Otto aus eringfügigem Anlasse mit seinem Paschenmesser zwei beträchtliche Stiche in den Ruͤcken. Seine Bestrafung deswegen unterblieb, weil Otto den von ihm H stellten . noch in der Gerichtsverhandlung zurückzog. In Salzwedel griff Kullmann den Böttchergesellen Friedrich Günther ebenfalls mit seinem Messer an und Letzterer wurde nur durch das Seeee n eines Ulanen aus der drohenden Gefahr befreit, worau 8 Kullmann den Ulanen mit seinem Messer am Munde erwundete. Im September 1873 überfiel Kullmann zu Neustadt⸗ Magde⸗ urg den Bruder seines früheren Lehrmeisters, Philipp Welsch,
aus reiner Rachsucht und brachte dies mit wähnten Dolchmesser verschiedene Stiche bei, weshalb er nach dem Urtheile des Stadt⸗ und Kreisgerichtes vom 7. Oktober v. J. mit dreimonatlichem Gefängniß bestraft wurde. Sein Rache⸗ gefuͤhl gegen die Brüder Welsch wurde durch diese Strafe nur gestei⸗ gert. Noch im Februar 1874 iusultirte er auf einem Balle der Böttcher gesellen zu Neustadt⸗Magdeburg seinen Lehrmeister Ausust Welsch. Er wurde deshalb von den Gesellen Schüle und Jerich mit Gewalt aus dem Lokale entfernt, wobei bemerkte, daß Kullmann in seiner Tasche eine Pistole führte. päter nahm Kullmann dafür an dem Gesellen Jerich dadurch Rache, daß er denselben in der Wirth⸗ schaft zur „Tonhalle“ ebenfalls mißhandelte.
§. 3. Während seines Aufenthalts zu Salzwedel wurde Kull⸗ mann Mitglied des dortigen katholischen Männervereins. Es könnte auffallen, wie Kullmann bei seinem schon geschilderten Mangel an Religion nun plötzlich in diese anscheinend religiöse Strömung gerieth. Den ersten Reiz, dem genannten Vereine beizutreten, mag für Kull⸗ mann wohl der Umstand zeübt haben, daß man dort billiges Bier und wohlfeile Cigarren haben konnte. Nachdem er aber einmal Mit⸗ glied des Vereins geworden, lebte er sich mehr und mehr in diese scheinbar religiöse Richtung hinein, der indessen jeder sittliche Ernst um so mehr gebrach, als gerade von seinem Aufenthalte in Salzwedel an seine Rachsucht und Rauflust in verstärktem Maße zu Tage trat. Die aufreizenden Vorträge des Pfarrers Störmann, welche Kullmann im Vereine gehört haben mochte, die dort zur Verbreitung gelangten Flugblätter, das Lesen von Zeitungen verschiedener Richtung und Tendenz mit ihrer absprechenden Polemik über das Jesuitengesetz und die späteren preu⸗ ßischen Kirchengesetze, dazu die Regierungsmaßregeln gegen einzelne Bischöfe und Geistliche riefen aber nach und nach in Kullmann eine Stimmung hervor, die ihn gegen alle Akte der Staatsgewalt in der verbissensten Weise Partei nehmen ließ. Bon solchen Gesinnungen er⸗ füllt, betrachtete er mit der Zeit den Reichskanzler Fürsten Bismarck als den ärgsten Feind der katholischen Kirche, er schimpfte über den⸗ selben, wo er Gelegenheit dazu hatte und es sind insbesondere fol⸗ gende Aeußerungen aktenmäßig: „Bismarck ist ein liberaler Schuft, ein liberaler Phtlister; von oben herab wird gewühlt und Bismarck ist der Wühler; Bismarck mit seinen drei Haaren hat die Jesuiten aus dem Lande vertrieben, wenn er sich noch drei Haare wachsen läßt, wird er sie wie⸗ der hereinholen; das nützt ihm Alles nichts.“ Allmählig wurde Kullmann mit dem Gedanken an Mord vertraut. So äußerte er zu seinem Mitgesellen Pieper in Sudenburg: „Wenn es einmal dahin käme, daß ihr Pastor ein Wort zu viel sagte, und er abgeführt wer⸗ den sollte, dann würde der, welcher ihn abführe, fallen und er mit.“ Schon in Salzwedel hatte Kullmann sich eine neue einläufige Pistole gekauft, dieselbe, welche ihm bei dem Attentate gegen den Fürsten Bismarck als Mordwaffe diente, und mit solcher übte er sich zum Oeftern im Schießen nach Vögeln und anderen Gegenständen. Von dem h in Salzwedel datirten ferner auch die vorn aufge⸗ führten Aeußerungen Kullmanns, die sich im weiteren Verlaufe zu be⸗ stimmten Mordgedanken gegen den Fürsten Bismarck ausprägten. Er
gesteht selbst zu, daß er bereits um Ostern d. J. den Entschluß gefaßt
habe, den Fürsten zu tödten. Um jene Zeit äußerte er denn auch zu dem Zeugen Ernst Meisner mit Bezug auf seine Pistole: „Das Ding hat seinen Zweck und wird ihn auch erreichen.“ ö Karl Dörr: „Ehe ich sterbe, wird noch ein Anderer allen.
§. 4. Um sein Vorhaben, den Fürsten Bismarck sn tödten, aus⸗ zuführen, reiste Kullmann, mit der in Salzwedel gekauften Pistole versehen, am 29. Mai d. J. von Sudenburg auf der Eisenbahn nach Berlin ab. Vor der Wegfahrt schoß er seine Pistole nochmals im Garten seines Meisters Wick ab, um sich u vergewissern, ob dieselbe nicht versage. Im Bahnhofe ließ er sich damals gegen den Böttcher⸗ gesellen Bruskorius verlauten: z, er wolle nach Berlin, um den Bis⸗ marck aufzusuchen.“ In Berlin kaufte sich Kullmann bald nach seiner Ankunft die nöthige Schießmunition für die Ausführung des geplanten Mordes, insbesondere sechs Rehposten. Allein damals verfehlte Kull⸗ mann seinen Reisezweck, denn Fürst Bismarck reiste wenige Tage später, am 31. Mai, Morgens nach Varzin ab. Eine Begeg⸗ nung mit dem Fuͤrsten war hierdurch für Kullmann vereitelt. Er trat nun, ohne übrigens seine Mordgedanken aufzu⸗ geben und um einigen Verdienst zu haben, zunächst bei dem Böttcher⸗ meister Geisler in Berlin und dann bei dem Meister Danehl zu Potsdam in Arbeit. In letzterer Stadt, auf der sogenannten christ⸗ lichen Herberge, ließ Kullmann nach Angabe des Zeugen Kannebei im Gespräch die Aeußerung fallen: „Meine Hand ist zu etwas Anderem bestimmt und ich führe es auch aus.“ Mit dem Böttchergesellen August Schulze wanderte Kullmann am 19. Juni von Potsdam weg nach Sangershausen, wo Beide vom 23. Juni an bei dem Boͤttcher Daseler in Arbeit traten. Bei dem Besuche der am Johannistage dort üblichen Johannisfeier schg er mit Schulze auch aus seiner Pistole, erwiderte aber auf das Verlangen des Schulze, nochmals zu schießen, daß er das Pulver zu anderen Zwecken gebrauchen könne. In einem Tischkasten in der Schlafkammerz welche Kull⸗ mann mit Schulze und dem Sohne des Böttchers Da⸗ seler gemeinsam benutzte, lagen einige größere Rehposten, Ueber diese im Vergleiche zu den von Berlin mitgebrachten äußerte Kullmann, jene seien schon groß genug, um Einem damit das Lebenslicht auszublasen; übrigens nahm Kullmann die in dem Tischkasten vor⸗ gefundenen Rehposten alle oder wenigstens theilweise ebenfalls zu sich. Beim oben erwähnten Gespräch bat sich Kullmann vom jungen Da⸗ seler auch eine Spitzkugel aus, welches Verlangen Letzterer aber mit der Ausrede abschlug, daß sein Vater die Spitzkugeln eingeschlossen habe. Bei einer andern Gelegenheit, als Kullmann in der Wohnung des Meisters Daseler in dem Kreisblatte einen Artikel über des Für⸗ sten Bismarck Gesundheit las,g lachte er darüber höhnisch mit dem Bemerken: „Wenn man so etwas liest!“ 8
§. 5. In Kullmanns Absicht lag es im Voraus nicht, längere Zeit zu Sangershausen in Arbeit zu bleiben. Er hatte im Sinne, zunächst nach Westfalen und nach dem Rhein zu wandern, änderte aber ploͤtzlich dieses Vorhaben, als er im Sangershausener Kreis⸗ blatte die Beschreibung über die Reise des Fürsten Bismarck nach Kissingen las. Sofort 8b er seine Reisekarte hervor, maß den Weg nach Kissingen ab und sagte, daß er dorthin gehen wolle. Am Mon⸗ tag, den 6. Juli, verließ Kullmann Sangershausen mit dem von ihm gefaßten festen Entschluß, den Fürsten Bismarck in Kissingen um das Leben zu bringen. Die Reise dahin machte Kull⸗ mann nach seinen Angaben über Nordhausen, Sondershausen, Langensasza, Gotha und Meiningen, und zwar großentheils zu Fuß. Am Sonnabend, den 11. Juli, Abends, traf er in dem eine Stunde von Kissingen entfernten Dorfe Nüdlingen ein und übernachtete dort nochmals bei dem Gastwirth Johann Schnaus. Am nachfolgenden Morgen brach Kullmann nach Kissingen auf und traf dort gegen 9 Uhr Vormittags ein. Auf dem Wege von Nüdlingen nach Kissingen lud er seine Pistole, und zwar, wie er selbst angiebt, mit entsprechender Pulverladung, darauf einen Papierpfropf, dann zwei Rehposten und auf diese wieder einen Papierpfropf. Nach den im Laufe der Unter⸗ suchung angestellten Proben und den hierauf gestützten Thatsachen war die Pistole Kullmanns wohl geeignet, mit der beschriebenen Ladung den Tod eines Menschen herbeizuführen. Erwähnung mag hier finden, daß solche Rehposten, wie Kullmann sie zum Schusse verwendete, ihm bei seiner Verhaftung noch drei Stück abgenommen wurden.
.6. Den Sonntag, den 12. Juli, verbrachte Kullmann zu Kissingen, ohne zur Ausführung der beabsichtigten That zu schreiten, weil, wie er sich nach seiner Verhaftung ausdrückte, der Sonntag ein heiliger Tag fuͤr die Katholiken sei. Er trieb sich während des Tages in der Stadt und in den sie umgebenden Anlagen herum, erkundigte sich nach des Fürsten Bismarck Wohnung und nach der Zeit, wann derselbe auszufahren fteg. Die nächste Nacht brachte Kullmann im Freien zu und auch am Vormittage des 13. Juli hielt er sich an ver⸗ schiedenen Orten in Kissingen auf, bis er sich um halb 12 Uhr, seine geladene Pistole in der inneren Brusttasche seines Rockes bereit haltend, vor die Wohnung des Fürsten Bismarck begab, um dessen Ausfahrt nach dem Salinenbade abzuwarten. — Um 1 ⅛ Uhr Nachmittags er⸗ folgte das Attentat auf den Fürsten. 8
seinem er⸗
Ferner gegen den
„S. 7. Sogleich in den ersten kurz nach seiner Verhaftung mi ihm gehaltenen Verhören und späterhin wiederholt legte Kullmann das unumwundene Geständniß ab, daß er die bestimmte Absicht gehabt habe, den Fürsten zu ermorden. Er habe, so lauten seine Aussagen, nach dem Kopfe des Fürsten gezielt, es thue ihm leid, den Fürsten nicht ordentlich, nicht bester getroffen zu haben. Er habe sich einexerzirt, schon öfter, ja hundertmal aus der Pistole geschossen, und gut gezielt, aber der „Kerl“ habe eine Bewegung gemacht und so habe er ihn gefehlt. Er hätte einen Posten mehr hineinthun sollen; ein Zündhütchen habe er beim Schusse in der Hand gehalten, damit, wenn das aufgesetzte ver⸗ sagen sollte, noch ein anderes bereit sei. Er fühle nicht die geringste Reue über seine That und sei auch bei deren Verübung nicht im min⸗ desten erregt gewesen. Er habe gewußt, daß er seiner That wegen um einen Kopf kürzer gemacht, daß er gestraft werde, ob mit dem Tode oder mit Zuchthaus, sei ihm ganz gleich. Er hätte es auch ausgeführt, wenn ein Gensd'arm in Uniform dabeigestanden haben würde. Eine Anstiftung zu dem Attentate oder auch nur Mittwissenschaft Dritter stellt Kullmann entschieden in Abrede, er hält vielntehr daran fest, daß die That ausschließlich sein Werk gewesen. Als Motiv be⸗ zeichnete er zunächst die Kirchengesetze und ließ sich dann noch weiter dahin aus, daß ihn auch die Einsperrung der Bischöfe tief gekränkt habe. Einen persönlichen Haß gegen den Fürsten hege er nicht. Aus politischen Gründen hasse er ihn; übrigens auch noch um deßwillen, weil derselbe seine — des Kullmann — Partei im Reichstage als reichsfeindlich dargestellt habe. Ebensowenig wie im Moment seiner Verhaftung gab Kullmann später auch nur die leiseste Spur von Reue über seine Unthat kund.
Auf Grund der vorgetragenen Thatsachen ist Eduard Franz Ludwig Kullmann angeklagt, am 13. Juli 1874, Mittags nach 1 Uhr, in der Stadt Kissingen auf den dortselbst zum Kurgebrauch weilen⸗ den Kanzler des Deutschen Reiches, Fürsten Bismarck, während dieser eben im offenen Wagen ausfuhr, in der Absicht, ihn zu tödten, vor⸗ sätzlich und mit Ueberlegung eine mit zwei Rehposten geladene Pistole aus einer Entfernung von nur 1— 1 ½ Schritten abgefeuert zu haben, wodurch Fürst Bismarck in der Mitte der rechten Handwurzel, ebenso am rechten Handgelenk und im Gesicht je eine Verletzung erlitt, von denen die erste eine mehrwöchentliche wundärztliche Behandlung er⸗
forderte.“ Ich ersuche den Hrn. Staatsanwalt die Beweismittel
Präs.: zu benennen.
Staatsanwalt: Meine Herren Geschworenen! Wie Sie soeben vernommen haben, hat der Angeklagte bis jetzt die ihm zur Last gelegte That unumwunden und rückhaltlos mit allen ihren Einzelheiten einbekannt. Gleichwohl gestattete dies Geständniß des Angklagten durchaus keine Abkürzung der Beweisfuüͤhrung in heutiger öffentlicher Verhandlung. Bei der Besonderheit und Wichtigkeit des Falles erschien es vielmehr unabweislich geboten, alle auf die That, deren Vorbereitung und Ausführung bezüglicher Momente hier vor Ihnen auf das Sorgfäl⸗ tigste zu erheben, um Ihnen ein möglichst getreues Bild des Vorgan⸗ ges zu bieten und Sie auf diese Weise in den Stand zu setzen, mit voller Ueberzeugung und Berichtigung Ihr Urtheil fällen und einen durch keine einseitige Parteiäußerung beirrten Wahrspruch abgeben zu können. Ich mußte zu diesem Behufe in die öffentliche Verhandlung nicht weniger als 30 Zeugen und Sachverständige vorrufen lassen, um deren eidliche Vernehmung, soweit sie heute erschienen sind, ich bitte.
Die Herren Geschworenen müssen aber auch über die in Frage kommenden Oertlichkeiten verständigt werden und zu diesem Behufe bitte ich, den Herren im Laufe der Verhandlung den vom K. Bauamte ge⸗ fertigten Situationsplan vorzulegen, ebenso die photograpbischen Abbil⸗ dungen des Hauses und der Nachbarhäuser, in dem der Hr. Fürst Reichskanzler in Kissingen gewohnt hat.
Sie haben ferner, meine Herren Geschworenen gehört, daß der Angekl. eine weite Reise machte, um nach Kissingen zu Sefr et. Es wird Ihnen die Karte vorgelegt werden, auf der Sie zu Ihrer In⸗ formation diese Reise verfolgen können.
Schließlich bitte ich dann noch bekannt zu geben, was über die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten und dessen Vergangenheit erhoben worden ist, was auch bereits in der Anklageschrift erwähnt wurde. Ich muß mir natürlich vorbehalten, wenn der Gang der Verhandlung es erheischen sollte, auch noch die Verlesung ein⸗ schlägiger Aktenstuͤcke hier zu beantragen; ich kann in dieser Be⸗ ziehung schon jetzt die Erklärung abgeben, daß ich selbstverständ⸗ lich hine Aktenstücke zur Verlesung bringen lassen werde, welche nach dem Gesetze nicht bekannt gegeben werden dürfen. Noch sehe ich mich leider veranlaßt, hier eine öffentliche Erklärung abzu⸗ geben. Die Anklageschrift, die Sie eben vernommen haben, ist bereits gestern und schon vorgestern in einigen öffentlichen Blättern abgedruckt und so zur W“ des Publikums gebracht worden. Nach den von mir darauf hin sofort gepflogenen Erhebungen hat sich heraus⸗ gestellt, daß diese Veröffentlichung durch eine Pflichtwidrigkeit eines Kanzlei⸗Individuums ermöglicht wurde, welches sich auf illegale Weise eine Abschrift der Anklageschrift zu verschaffen wußte. Die Maß⸗ nahmen, welche diese Pflichtverletzung veranlaßt hat, sind auf meinen Antrag hin bereits eingeleitet worden. (Fortsetzung folgt.)
Neichstags⸗Angelegenheiten.
Der dem Reichstage vorgelegte Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ausuͤbung der militärischen Kontrole über die Personen des Beurlaubtenstandes, die
Uebungen derselben, sowie die gegen sie zulässigen
Disziplinarstrafmittel, hat folgenden Wortlaut: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. 1 B 1
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustim⸗ mung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
§. 1. Die Mannschaften der Landwehr koöͤnnen alljährlich ein⸗ mal, die übrigen Personen des Beurlaubtenstandes zwelmal zu Kontrol⸗ versammlungen zusammenberufen werden. Letztere sind mit Bezug auf Zeit und Ort so einzurichten, daß die betheiligten Mannschaften in der Regel nicht länger als einen Tag, eirschließlich des Hinweges zum Versammlungsorte und des Rückweges, ihren bürgerlichen Geschäften entzogen werden. ’“ 1
§. 2. Die zur Ausübung der militärischen Kontrole erforderlichen Meldungen sind von den Mannschaften des Beurlaubtenstandes münd⸗ lich oder schriftlich im Stationsorte der Landwehr⸗Compagnie zu er⸗ statten. Bedürfen schriftliche Meldungen weiterer Erläuterungen, so kann die persönliche Gestellung im Stationsorte gefordert werden. Dasselbe gilt für die Anbringuns von Gesuchen und Beschwerden in militärischen Dienstangelegenheiten, sowie für Rechtfertigungen wegen militärischer Pflichten. In diesen Fällen dürfen Mann⸗ schaften des Beurlaubtenstandes auch in das Stabsquartier des Land⸗ wehrbezirks⸗Kommandos beordert werden, wenn ihre persönliche Ver⸗ nehmung daselbst erforderlich ist. 3
§. 3. Die Gestellung zu den Kontrolversammlungen und im Statlonsorte der Landwehr⸗Compagnie begründet keinen Anspruch auf Gebühren. Mannschaften, welche auf Grund des §./2 in das Stabs⸗ quartier des Landwehrbezirks⸗Kom mandos beordert werden, haben An⸗ spruch auf die reglementarischen Gebüͤhren, wenn das Stabsquartier nicht mit dem Stationsorte der Landwehr⸗Compagnie zusammenfällt.
§. 4. Landwehr⸗Mannschaften, welche das 32. Lebensjahr über⸗ schrilten haben, können nur ausnahmsweise auf Grund besonderer Kaiserlicher Verordnung zu Uebungen einberufen werden. Diese Be⸗ schränkung findet jedoch keine Anwendung auf diejenigen, welche
a. in Folge eigenen Verschuldens verspätet in den aktiven Dienst getreten find, 1
b. wegen Kontrol⸗Entziehung, oder in Folge einer erlittenen Frei⸗ heitsstrafe von mehr als sechswöchentlicher Dauer — §. 18 des Mi⸗ litär⸗Strafgesetzbuchs — nachdienen müssen, oder
c. 19 ihren Antrag von der zuletzt vorhergegangenen Landwehr⸗ übung befreit worden sind.
Die Schiffahrt treibenden Mannschaften der Reserve des Heeres Landwehr sollen zu Uebungen im Sommer nicht eingezogen
18013]
§. 5. Als Disziplinarstrafmittel dürfen gegen Personen des Beurlaubtenstandes, außerhalb der Zeit, während welcher sie zum ak⸗ tiven Heere gehören, abgesehen von den nach §. 3 des Einführungs⸗ gesetzes zum o“ vom 20. Juni 1872 zulässigen Arreststrafen, nur Geldstrafen bis zu 60 Mark und Haft bis zu acht Tagen zur Anweudung gebracht werden.
§. 6. Die im Disziplinarwege über Personen des Beurlaubten⸗ standes verhängten Arreststrafen werden durch die Militärbehörde vollstreckt. Ist innerhalb drei Meilen vom Aufenthaltsorte des zu Bestrafenden ein Militär⸗Arrestlokal nicht vorhanden, so sind Arrest⸗ strafen von geringerer als achttägigen Dauer auf Requisition der Militärbehörde durch die Civilbehörde zu vollstrecken. Die Voll⸗ streckung von Haft⸗ und Geldstrafen erfolgt stets durch die Civil⸗ behörde. Die Kosten werden aus Militärfonds erstattet.
I1I1 8 Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Be⸗ stimmungen erläßt der Kaiser.
S. 8. Gegenwärtiges Gesetz kommt in Bayern nach näherer Be⸗ stimmung des Bündnißvertrages vom 23. November 1870 (Bundes⸗ Gesetzbl. 1871 S. 9) unter III. §. 5 zur Anwendung.
Urkundlich ꝛc. Gegeben ꝛc.
— Dem Reichstag liegt ferner folgender Gesetzentwurf wegen Einführung der Reichs⸗Münzgesetze in Elsaß⸗ Lothringen vor:
Wir W 84 elm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preußen ꝛc.,
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
§. 1. Die Wirksamkeit der anliegenden Reichsgesetze, nämlich des Gesetzes, betreffend die Ausprägung von Reichsgoldmünzen, vom 4. Dezember 1871 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 404) und des Mürzgesetzes vom 9. Juli 1873 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 233) wird mit den aus den folgenden Paragraphen sich ergebenden Maßgaben auf Elsaß⸗Lothringen ausgedehnt.
§. 2. Eine Einziehung von Münzen der Frankenwährung auf Rechnung des Reiches findet nicht statt.
§. 3. Der letzte Satz des Artikels 8 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873, welcher lautet:
„Eine Außerkurssetzung darf erst eintreten, wenn eine Ein⸗ lösungspflicht von mindestens vier Wochen festgesetzt und mindestens drei Monate vor ihrem Ablaufe durch die vorbezeichneten Blätter
bekannt gemacht worden ist.“ e Sehcen
bleibt in Betreff der Münzen der Frankenwährung außer Anwendung.
§. 4. Bei der Umrechnung von Münzen der Frankenwährung (§. 8 des Gesetzes vom 4. Dezember 1871, Artikel 14 §. 2 und Ar⸗ tikel 17 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873) werden der Frank zum Werthe von 0,8 Mark, die übrigen Münzen der Frankenwährung zu entsprechenden Werthen nach ihrem Verhältniß zum Frank berechnet.
§. 5. Dem Artikel 15 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873 tritt folgende Bestimmung hinzu: An Stelle der Reichsmünzen sind in Elsaß⸗Lothringen folgende Münzen der Frankenwährung bis zur Außerkurssetzung zu den daueben bezeichneten Werthen bis zu den im Artikel 9 Absatz 1 bestimmten Beträgen in Zahlung zu nehmen:
a. an Stelle der Reichs⸗Nickel⸗ und Kupfermünzen: Fünfcentimen⸗
8 Pf., Zwanzigcentimenstücke zum Werthe von 16 Pf.,
b. an Stelle der Reichs⸗Silbermünzen: Fünfzigcentimenstücke zum Werthe von 40 Pf., ein Frankstücke zum Werthe von 80 Pf., zwei Frankenstücke zum Werthe von 1 Mk. 60 Pf.
Auch die Reichs⸗ und die Landeskassen sind nicht verpflichtet, die vorstehend bezeichneten Münzen der Frankenwährung in höheren als des im Artikel 9 Absatz 1 bestimmten Beträgen in Zahlung zu nehmen.
Urkundlich ꝛc. Gegeben ꝛc.
— Ferner folgendes Gesetz, betreffend Abänderung des Gesetzes über das Posttaxwesen: Wir Wilhelm, von Gottes Gunaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: 3 Einziger Artikel.
Der im §. 1 des Gesetzes über das Posttaxwesen im Gebiete des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 358 ff.) festgesetzte Portosatz von 1 Silbergroschen, gleich 10 Pfennigen Reichs⸗ münze, für den frankirten gewöhnlichen Brief bis zum Gewichte von 15 Grammen einschließlich tritt in den Gebieten der süddeutschen Währung an dem Tage in Wirksamkeit, an welchem in diesen Ge⸗ bieten in Gemäßheit des §. 1 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 233) die Reichsmarkrechnung eingeführt wird.
Urkundlich ꝛc. Gegeben ꝛc.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Am 28. Oktober starb zu Königsberg i. Pr. Gustav Dietrich Graf v. Schlieben⸗Sanditten, seit 1855 auf Präsentation des Verbandes des alten und des befestigten Grundbesitzes im Landschaftsbezirk Samland mit Natangen Mitglied des Herrenhauses. Durch Königliche Urkunde vom 19. Mai 1862 wurde dem Rittmeister a. D. Grafen von Schlie⸗ ben das erbliche Recht auf Sitz und Stimme im Herrenhause verlie⸗ hen, welches nunmehr auf des Verstorbenen ältesten Sohn, den Gra⸗ fen Georg, Königlich preußischen Major a. D. und Erbherrn auf Götzendorf ꝛc. ꝛc. bei Wehlau, übergeht.
— Im 2. Düsseldorfer Wahlbezirk (Esberfeld, Barmen) ist für den ausgeschiedenen Abgeordneten Landgerichts⸗Präsidenten Dr. Phi⸗ lippi der Justiz⸗Rath Stader in Berlin einstimmig zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Berlin. Unter Vorsitz des Chef⸗Redacteur Dr. Zabel fand am 29. d. im Saale der Königin⸗Augusta⸗Schule (Schützenstr. 8) die Jahres⸗ versammlung des Berliner Zweigvereins der deutschen Schillerstiftung statt. Dem erstatteten Geschäftsbericht war zu entnehmen: Se. Majfestät der Kaiser hatten dem Berliner Zweigverein im vergangenen Jahre 1000 Mark und Ihre S die Kaiserin 150 Mark überwiesen. Der Vermögensbestand der Berliner Zweigstiftung
betrug: Ende 1873: 10,967 Thlr. 27 Sgr. 9 Pf. Die Einnahmen
stůcke zum Werthe von 4 Pf., Zehncentimenstücke zum Werthe von
im verflossenen Jahre betrugen 766 Thlr., die Ausgaben 550 Thlr., der gegenwärtige Vermögensstand 1156 Thlr. 9 Sgr. 10 Pf. Der Berliner Zweigverein zählt gegenwärtig 163 Mitglieder, die 540 Thlr. Beiträge zahlen. In den Vorstand wurden gewählt: die HH. Chef⸗ Redacteure Dr. Zabel, Geh. Regierungs⸗Rath Bormann, Scheffelberg, Stadtgerichts⸗Rath Dr. Zöllner, Hauptmann von Löpel, Professor Dr. Lazarus und Theodor Fontane.
— Das Dach des Kaiserhauss in Goslar ist jetzt voll⸗ ständig gerichtet, und die Verschalung desselben zur Bedachung nahezu vollendet. Am 27. Oktober Abends wurde von den Bautechnikern, den Bauleuten und eingeladenen Freunden ein sogenanntes Richtefest ge⸗ feiert. Das Kaiserhaus wurde bengalisch erleuchtet, der Bauinspektor hielt eine Anrede und etwa 30 Herren vereinigten sich nachher zu einem Souper auf dem Forsthause. In 6—8 Wochen wird das ganze Dach mit Schiefer beschlagen sein, die alte Pfalz wird dann schon ein ziemlich getreues Bild von ihrer demnächstigen Vollendung geben.
— Am 9. November wird Professor Friedrich in München, dem an ihn ergangenen Rufe folgend, sich nach Bern begeben, um die an der dortigen Hochschule zu gründende altkatholische Fakultät einzurichten, sowie daselbst während des bevorstehenden Wintersemesters ein Kollegium über Kirchengeschichte zu lesen. Nach Ablauf des Wintersemesters wird derselbe wieder in seine hiesige Stellung zurück⸗ kehren. Dr. Hirschwälder dagegen, welcher gleichfalls einen Ruf nach Bern und zwar für die Professur über Moral⸗ und Pastoral⸗ Theologie erhalten und angenommen hat, wird daselbst bleibenden Wohnsitz nehmen.
— Aus Ulm, 17. Oktober, wird dem „St. A. f. W.“ Folgen des mitgetheilt: Auf der Konsole am ersten Pfeiler im Mittelschiff des Münsters vom Orgelchor aus betrachtet ist die Kolossalstatue des Apostels Paulus aufgestellt — einstweilen als Gipsmodell. Sie ist eine Arbeit Heybergers und soll, nachdem die Münsterbau⸗Beiräthe ihr Gutachten dgarüber abgegeben haben werden, in Sandstein h gestellt werden. Die Konsolen sind sämmtlich dazu bestimmt, gleichen Statuen aufzunehmen.
Gewerbe und Handel.
In der am 30. Oktober abgehaltenen Generalversammlung der Berlin⸗Anhaltischen Maschinenbau -⸗Aktiengesell schaft wurde die Dividende auf 7 ½ * (25,312 Thlr.) festgesetzt, nach⸗ dem 16,244 Thlr. abgeschrieben und 10 % mit 2991 Thlr. zum Re⸗ servefond gebracht worden sind. Zu bemerken ist, daß sich die Haupt⸗ spezialität des Geschäfts, die Anfertigung der Lehmannschen Luft⸗ expansions⸗Maschinen in erfreulichster Weise fortentwickelt, so daß gegenwärtig etwa täglich eine Maschine abgesetzt und ein ferneres Steigen dieses Absatzes erwartet wird. Bereits sind über 500 dieser Maschinen in Betrieb, davon über 200 in Berlin selbst.
— Für das mit dem 1. September abgeschlossene Geschäftsjahr der Schlesischen 111“ ergiebt die Bilanz, welche dem Aufsichtsrathe am 29. Oktober vor⸗ gelegt wurde, einen Ueberschuß von 379,338 Thlr. bei einem Aktien⸗ kapital von 3,600,000 Tylr. Die Dividende wurde nach Abschreibun⸗ gen von 65,898 Thlr. und Dotirung des Reservefonds mit 16,000
Thlr. auf 7 ½ festgestellt.
Namen der Bahnen.
Zusammenstellung der Betriebs⸗Ergebnisse der dentschen, außerpreußischen Eisenbahnen im Monat September 1874.
Befördert wurden ersonen Centner Güter
1874 1873 1874 1873
Betriebslänge in Kilometer
1874 1873
Differenz
8 Differenz Einnahme
gegen b denselben d Monat im Septemb Vorjahre eptemker
innahmen
aus dem in Summa Güter⸗ inkl. Extra⸗ verkehr ordinaria.
aus dem Personen⸗ verkehr
Reichs⸗Eisenbahnen in Elsaß⸗Lothringen Wilhelm⸗Luxemburg⸗Eisenbahn
Leipzig⸗Dresdener Eisenbahn.. 8
Braunschweigische Eisenbahnen) 1““ Lübeck⸗Büchener “ öA16“ . Lübeck⸗Hamburger Eisenbahn ²) ²) 1 Mecklenburg⸗Friedrich⸗Franz⸗Eisenb. (früh. Mecklenb. Eisenb.⸗Ges.) *) ³) Oldenburgische Eisenbähn ²) )⁴) .
Wernshausen⸗Schmalkalden (Zweigbahn der Werrabahn) ²)è
Bayerische Staats⸗Eisenbahn .. Bayeri e Ostbahnen ⁹) “ ““ Hessische a) Alte Strecke (nicht garantirte Linie) ³²) Ludwigsbahn b) Neue Strecke (garantirte Linie) ²) . T “ 8 erhessische Eisenbahnhn... bergehs coe ennenbega JJ erra⸗Eisenbahn ...
Königlich Sächsische Staats⸗Eisenbahnen (in Thalern) 88 8 do. A“ G do. Zittau⸗Reichenbererrgg. .. Greiz⸗Brunn ... Gößnitz⸗Gera... “ ““ 1
1 Hainichen⸗Roßwein 1) Badische Staats⸗Eisenbahnen (in Fl.) 1 8— Königlich Württembergische Staats⸗Eisenbahnen (in Fl.) Ludwigsbahn (Nürnberg⸗Fürth)
¹) Die Betriebslänge der Bahn betrug bis 31. März 1873 825 Kilo⸗ meter; bis 14. Juni 1873 840 Kilometer und vom 15 Juni 1873 ab 862 Kilometer, also durchschnittlich poo Fanuar bis September 1873 843,86 Kilom. ²) Die Betriebslänge der Bahn ist in Meilen angegeben. ²) Vorbehaltlich definitiver Feststellung. *) Davon kommen auf die Strecke Wilhelmshaven⸗Oldenburg 6,98 Meilen mit einer Einnahme
„ „ „ 2„ „ „ „ 4 83
867 169 261,1
843,56 ¹) — 391,164
169 261,1 43,38 8 6,90 — — 8,45 — — 42,61 — — — 25,34 103,520 87,139 1,002,139
—
2,078 764 295 295 171 168 87,5 87,5 176 176 56,86 56,28 172 172
1,005 —
27,0 27,0 12,0 12,0 34,5 34,5 26,25 26,25 20,0 — 1,102,47 1001,83 1,224,8 1,140,8 6,04 6,524
5,094,430
1,205,689
826,365
477,930 145,716 161,506
7,248,743
3,686,375 2.813,024 934,868
7,590,610
3,540,284 735,618 852,247
49,598 ) 43,039 ) 282,809 246,732
456,578 421,483 4,843,829 5,077,433
Betriebs⸗Ergebnisse pro August 1874 1,233,666] 1,124,775 s12,556,429 11,778,644 ⁰)
36,770 32,935 532,458 484,157 10,919 10,993 109,433 103,659 29,166 27,449 471,661 501, 977 18,533 17,172 787,425 405,437 “ W“ 816,156 791,232 6,654,046 6.,299,315 747,243 911,621 3,800,546 3,288,298 105,169 104,058 18,920 15,520
910,117
413,652 151,996 169,568
pro September 1874 für den Personenverkehr von 10,668 Thlr. und für den Güterverkehr von 9752 Thlr., zusammen 20,420 Thlr. Gegen Septem⸗
ber 1873 mit einer Mehreinnahme von 3670 Thlr. Bis ult. September
1874 betrug die Gesammteinnahme dieser Strecke 158,220 Thlr. gegen ult. September 1873 mehr 20,757 Thlr. ³b) Die Bahn ist seit dem 1. April 1874 in Betrieb zgesetzt. *) Die Nachweisung ist noch nicht ein⸗
Fl. 1,236,315 179590
Thlr. 339,220 27,569 157,145 94,731 5,899 24,261 56,647
Thlr. Thlr. 562,464 941,684 100,777 132,846 290,794 447,939 227,016 324,096 13,9900°% y94,219
42,769 62,025 122,954] + 23,434 1,029,764 42,535 83,705
41,170 8,903. 6615,511 416 600 1,016 —
1 1 Fl Fl g 3,034,7081 + 181,004] 22,161,622
633,814 — 17,987 4,695,045 78,563 5,817 561,781 302,647 4,861] 1,912,992 47,872 6,885 383,493 638,698 + 62,789 4,864,871 162,067 5,936 1.234,756
August 1,280,394 116,860
9,051,009 22,192 3,711 151,003 4,592 178 32,773 21,945] 686 161,068 21,839 + 11,457 159,030 308 8 308 1,615,654 +% 76,816] 10,078,172 1,445,534 + 153,234 9,635,780 11,973 248 88,263
Thlr. Thlr. 78,278 6,621,863 9,347]/ ß1,051,976 23,176 3,057,558 8,662]/ 2,626,229
7,206 807,325
149,916 104,103
86,108 71,132
F.. 676,401
456,291 28,646 17,966 36,363
136,432 52,912
730,295
8,485 4,629 10,185 80,036
89,948 490,774 3,42)
—
+
371,051 36,656 126,640 22,956 436,990 111,414
841,902
14,054 2,960 6,225 15,720 2,783 19,056 213 95 817,633 798,021 629,768 815,766 11,500 473
257,268 40,044 160,850 24,157 201,708 50,653
438,492
8,138 1,632
EnE
egangen. ¼) Inkl. 11 Monats⸗Abonnements. ) Inkl. 6 Monats⸗
bonnements. ⁹) Inkl. eines Kohlen⸗Transports pro September 1874 von 1,771,926 Ctr. mit einer Einnahme für denselben von 172,102 Fl. 56 Kr.; gegen September 1873 ein Mehr⸗Transport von 76,242 Ctr. mit einer Mehr⸗Einnahme von 26,995 Fl. 38 Kr. ¹⁰) Exkl. Thier⸗Transporte. ¹1) Die Betriebseröffnung hat am 28. August 1874 stattgefunden.
N* X8 Inserate für den Deutschen Reichs⸗ u. Kgl. Preuß. Staats⸗Anzeiger, das Central⸗Handelsregister und das Postblatt nimmt an: die Inseraten⸗Expedition des HNeutschen Rrichs-Anzeigers und Königlich Frenßischen Ktaats⸗Anzeigers: n. Berlin, S. W. Wilhelm⸗Straße Nr. 32.
Verkäufe, Verpachtungen, ubmisstonen ꝛc.
S Nassauische Eisenbahn.
„Offerten zur
EIT12 . bis zum Bekanntmachung.
Die Lieferung der für die Nassauische Eisenbahn im Jahre 1875 erforderlichen Betriebs⸗ und Werk⸗ stätten⸗Materialien und Geräthe, als:
diverses Walz⸗ und Gußeisen, Blei und andere Metallsorten, Gummi⸗ und Lederwaaren, Ellen⸗, Seiler⸗ und Bürstenwaaren, Stiften, Nieten, Schrauben und Muttern, Putz⸗, Verpackungs⸗, Beleuchtungs⸗ und Schmier⸗Materialien, Glas, Kohlenkörbe, Kies⸗ und Kohlenschaufeln, Cylin⸗ rglaser, Reiserw d Hoszkohl
im Bureau der
1. Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen. 2. Sudhastationen,
8. Verkäufe, Veryachtungen, Submissionen ꝛc. 4. Verlossung, Amortisation, Zinszahlung u. s. w. von öffentlichen Papieren.
Lohkuchen, verschiedenes Werk⸗ und Brennholz, Wagenwinden, Ketten, Siederohre, Schmelztiegel, Spiralfeder, Wagendecken zc., soll im Wege der öffentlichen Submission vergeben werden. Die Lieferungsofferten sind versisgelt und portofrei mit der Aufschrift:
Werkstätten⸗Materialien und Geräthen
ubmissionstermin, welcher
Freitag, den 20. November d. J., Vormittags 10 Uhr.
Bahnhofe zu Limburg abgehalten werden wird, an die Materialien⸗Verwaltung der Nassauischen Eisen⸗ bahn zu Limburg g. d. Lahn einzusenden. 1 Die Eröͤffnung der Offerten wird in dem bezeich⸗ neten Termine von einem Mitgliede der unterzeich⸗ neten Eisenbahn⸗Direktion in Gegenwart der etwa erschienenen Submittenten vorgenommen werden. Später eingehende oder den Bedingungen nicht ent⸗ de Offerten bleiben unberücksichtigt
effentlicher Anzeiger.
5. Industrielle Ctablisfements, Fabriken u. Großhandel.
Aufzebyte, Vorladunzen 6. Verschiedene Bekanntmachungen. dergl. 1. Literarische Anzeigen. 8. Familien⸗Nachrichten.
Erscheint in separater Beilage.
Schraubstöcke, Kuppelungen, in dem Direktionsgebäude
sowie
Lieferung von Betriebs⸗ und
burg bezogen werden.
der Aufschrift:
Betriebs⸗ Geräthen“
9. Central⸗Handels⸗Register (einschl. Konkurse).
Die Lieferungsbedingungen nebst Bedarfsliste sind u Wiesbaden, Bureau der Hauptmagazin⸗Verwaltung zu Limburg, bei den Stationsvorstehern zu Frankfurt, Castel, Oberlahnstein und Wetzlar zur Einsicht auf⸗ gelegt, auch können dieselben gegen Erstattung der Druckkosten von der Registratur der unterzeichneten Direktion und der Materialien⸗Verwaltung zu Lim⸗
Die betreffenden Muster können auf dem Bureau der Materialien⸗Berwaltung zu Limburg ein⸗ “ werden, wohin auch die zu den Offerten ge⸗
Materialien⸗Verwaltung auf dem hörigen Probestücke, von den Offerten getrennt, mit
„Proben zur 2ns. für die Lieferung von und
vor dem Schlußtermine franko einzusenden sind. Wiesbaden, den 16. Oktober 1874. (à c. 164/10)
Königliche Eisenbahn⸗Direktion.
— Inserate nehmen an: die autorisirte Annoncen⸗Expedition von Rudolf Mosse in Berlin, Breslau, Cöln, Dresden, Dortmund, Frankfurt a. M., Halle a. S., amburg, Leipzig, München, Nürnberg, Prag, Straß⸗ urg i. C., Stuttgart, Wien, Zürich und deren Agenten, I owie alle übrigen größeren dereteeer Hnsrn.
8 1e6e Bekanntmachung. 8 Submission auf Pulver⸗Lieferung. Der Bedarf von eirca 833,000 Kilogramm Spreng⸗ pulver der Königlichen Steinkohlengruben bei Saar⸗ brücken für das Jahr 1875 soll im Wege der öffent⸗ lichen Submission vergeben werden. Die Offerten nebst den gehoͤrig bezeichneten Pro⸗ ben sind mit der Aufschrift: „Submission auf Lieferung von Sprengpulver“ an die unterzeichnete Stelle bis zum 16. November cr., Morgens 10 Uhr, und frankirt einzureichhn. päter eingehende Offerten können nicht berüch⸗
in dem
v erkstätten⸗Materialien und sichtigt werden.
Die Lieferungsbedingungen liegen im Bureau der Unterzeichneten zur Einsicht offen, können auch von da, auf frankirte Anfragen, as . werden. à. C. 217/10)
St. Johaun⸗Saarbrücken, den 26. Oktober 1874. Königliche Bergfaktorei.
1““