1874 / 275 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 23 Nov 1874 18:00:01 GMT) scan diff

deutschen Pharmakopoe, als ein unter Nr. 5 h. des Tarifs fal⸗ lendes Präparat für den Medizinalgebrauch, einem Eingangs⸗ zolle nicht unterliege; daß Thee zur Theinfabrikation nach vor⸗ ausgegangener Denaturirung zollfrei abgelassen werden dürfe und daß die Wahl des zu verwendenden Denaturirungsmittels der obersten Landes⸗Finanzbehörde überlassen bleibe und die Bundesregierungen zu ersuchen, im Monat März jeden Jahres von den im Vorjahre denaturirten Theemengen und verwendeten Denaturirungsmitteln dem Reichskanzler⸗Amt zum Zweck der weiteren Mittheilung an die einzelnen Regierungen Kenntniß zu geben.

Im ferneren Verlaufe der Sitzung des Deutschen Reichstages am 21. d. M. ergriff, nachdem der Abg. Lieb⸗ knecht seinen Antrag auf Freilassung der Abgg. Bebel, Hasen⸗ clever und Most begründet hatte, der Abg. Träger das Wort, um gegen den Antrag zu sprechen; gegen denselben sprach der Abg. Windthorst, dem der Reichskanzler Fürst von Bismarck repli⸗ zirte. (S. unter Reichstagsangelegenheiten.) Gegen den Antrag sprachen noch die Abgg. Dr. Lasker und Dr. Reichensperger (Crefeld); vom letzteren wurde die Behauptung aufgestellt, daß einige Staatsgesetze gegen das Gewissen gingen, worauf der Reichskanzler Fürst von Bismarck erwiderte. (S. unter Reichstags⸗ angelegenheiten.) Nachdem dann noch der Abg. Hasselmann als Mitantragsteller die Annahme des Antrages empfohlen, wurde derselbe mit sehr großer Majorität abgelehnt. Der An⸗ trag der Abgg. von Taczanowski und Genossen:

„Der Reichstag wolle beschließen: 1) Auf Grund des Artikel 31

der Verfassung zu verlangen, daß das von dem Königlichen preußi⸗ schen Kommissarius für die erzbischöfliche Vermögensverwaltung in der Diözese Posen gegen den Abgeordneten Zietkiewicz eingeleitete Verfahren, in welchem Termin zum Freitag, den 20. November d. J. ansteht, für die Dauer der gegenwärtigen Sitzungsperiode aufgehoben werde; 2) daß der Reichskanzler ersucht werde, zur Aus⸗ führung dieses Beschlusses das Nöthige zu veranlassen,“ wurde auf Antrag des Abg. Struckmann der Geschäftsordnungs⸗ kommission überwiesen.

Die Zusammenstellung der von den betheiligten deutschen Staaten auf Grund der Bestimmungen im Art. V. Absatz 2 Ziffer 1—7 des Gesetzes vom 8. Juli 1872, betreffend die fran⸗ zösische Kriegskosten⸗Entschädigung, liquidirten und aus den be⸗ reitesten Mitteln der von Frankreich gezahlten Kriegskosten⸗Ent⸗ schädigung zu ersetzenden Beträge wurde hierauf ohne Diskussion der Rechnungskommission überwiesen. Hieran schloß sich die erste Berathung a. der Uebersicht von den, bis einschließlich 1873 verrechneten und innerhalb des Jahres 1874 voraussichtlich zur Ver⸗ rechnung gelangenden Ausgaben für das Retablissement des Heeres, b. der auf diese Ausgaben und auf die Verwendung des rechnungs⸗ mäßigen Bestandes von Ende 1874 bezüglichen Denkschrift mit den zugehörigen Erläuterungsnachweisen, die nach einigen Bemerkungen der Abgg. Richter (Hagen) und von Benda der Budgetkommission zur Berathung überwiesen wurden. Dann setzte das Haus die erste Berathung des Gesetzentwurfes, betreffend die Steuerfreiheit des Reichseinkommens, fort; an der Dis⸗ kussion betheiligten sich der Reichskanzler Fürst von Bismarck, der Präsident des Reichskanzler⸗Amtes, Staats⸗Minister Dr. Del⸗ brück (s. unter Reichstagsangelegenheiten), die Abgg. Stumm, Rickert, Frhr. von Wendt und Miquel. Die Verweisung des vE an eine Kommission wurde abgelehnt. Schluß

22

großartige protestantische Sympathie⸗Mee⸗ ting, welches am 7. v. M. in Glasgow stattfand, hatte wie aus Nachstehendem hervorgeht den Beschluß gefaßt, seine Resolution dem deutschen Botschafter in London zu übersenden, mit dem Ersuchen, sie zur Kenntniß Sr. Majestät des Deut⸗ schen Kaisers und des deutschen Volkes zu bringen. Das ist nun geschehen. Der Vorsitzende jener Versammlung, Colo⸗ nel Mac Donald, hat die Beschlüsse dem Grafen Münster übermittelt, und der Kaiserliche Botschafter hat nicht verfehlt, dieselben zur Kenntniß Sr. Majestät gelangen zu lassen. In wortgetreuer Uebersetzung lauten diese Beschlüsse von Glasgow wie folgt:

Auf einem öffentlichen Meeting, gehalten in der Stadthalle in Glasgow Mittwoch, den 7. Oktober 1874 Abends, unter dem Vorsitz des Obersten W. Mac Donald von St. Martins sind die nachstehen⸗ den Beschlüsse einstimmig angenommen worden:

1) Dies Meeting ist der Ansicht, daß die römische Kirche, gebaut auf Grundsätze oder Annahmen, welche politische Ansprüche der höchsten Ordnung enthalten und deshalb die oberste Gerichtsbarkeit in welt⸗ lichen sowohl als in geistlichen Dingen in Anspruch nehmen, wesent⸗ lich nicht weniger eine polilische als eine kirchliche Organisation ist, und daß daher, wenn man dieser Organisation eine unkontrollirte und eine uneingeschränkte Thätigkeit in irgend einem Lande gestatten wollte, man die ersten Grundsätze der Freiheit verletzen und die Unab⸗ hängigkeit und Selbstregieruug des Landes, in welchem eine solche uneingeschränkte Thätigkeit gestattet wäre, preisgeben würde.

2) Daß diese politische Organisation und, was daraus folgt, politische Aktion gegenwärtig in Deutschlaud zur Anschauung gebracht wird, wo die Kirche durch angeblich geistliche Censuren, welche in⸗ dessen weltliche Nachtheile und Strafen mit sich führen, versucht, die Menschen zu zwingen, an das Dogma der Unfehlbarkeit zu glauben, einen Theil der Bevölkerung den Volksschulen zu entziehen, faktisch die Regierung des Landes an sich zu reißen und das Reich aufzulösen. Aus diesen Gründen drückt das Meeting, ohne alle Einzelnheiten gutheißen zu wollen, seine Sympathie mit der deutschen Regierung in ihrem gegenwärtigen Konflikt mit den Ultramontanen aus.

3) In Erwägung, daß dieser Konflikt gegenwärtig mehr oder weniger offeu in allen europäischen Ländern mit Einschluß des unsrigen stattfindet, und in Erwägung, daß das neu vorgeschriebene Dogma der Unfehlbarkeit eine göttliche Kraft auf das Gewissen der Papisten ins Spiel bringt, iudem es die ganze Glaubensgenossenschaft in Ein⸗ heit verbinden und in Gehorsam unterdrücken will, fordert dies Mee⸗

e Regierung und Gesetzgebung auf, durch alle in ihrer

Mittel den Ansprüchen auf weltliche Herrschaft Wider⸗

stand zu leisten, welche jetzt von der päpstlichen Hierarchie in Groß⸗ tannien offen erhoben werden.

4) Wenn hinter der weltlichen Herrschaft, welche jet von der ömischen Hierarchie in Britannien und in der ganzen elt bean⸗ prucht wird, die Infallibilität steht, so ist es nicht weniger wahr, hinter der Infallibiltät die furchtbare Organisation der Jesuiten

steht; und es liegt deshalb der Gesetzgebung und der Nation um so mehr ob, einem Angriff zu widerstehen, der durch so mannigfache ubtile und mächtige Kräfte getragen und getrieben wird. G 5) Die vorstehenden Schlußfolgerungen in Betreff der natio⸗ nalen Pflicht und Thätigkeit werden in hohem Maße verstärkt durch die Betrachtung, daß die Erfahrung von Jahrhunderten bewie⸗ en hat, daß der Romanismus die Sittlichkeit zerstört, der Er⸗ enntniß des Wahren verderblich ist und die Freiheit, die Ordnung und das Gedeihen der Völker untergräbt, und daß daher, je mehr der Romanismus in einem Lande wächst, desto mehr die intellektuelle, die sittliche und die politische Kraft des Landes abnimmt.

6) Die vorstehenden Resolutionen sollen dem deutschen Botschafter in London übersandt werden mit dem Ersuchen, sie zur Kenntniß Sr. Majestät des Deutschen Kaisers und des deutschen Volkes zu bringen.

(gez.) M. Mac Donald Mac Donald von St. Martin, Vorsitzender.

A. M. Stewart, Schriftführer.

Seit Einführung des Reichspreßgesetzes darf, nach einem Ober⸗Tribunals⸗Erkenntniß vom 3. November cr., vom Richter bezüglich der durch die Presse verübten strafbaren Handlungen nicht mehr auf Vernich⸗ tung, sondern nur auf Unbrauchbarmachung der Druckformen und noch vorhandenen Exemplare der straf⸗ baren Druckschrift erkannt werden. In einem Preßprozesse des verantwortlichen Redakteurs der „Frankfurter Zeitung“ hatte der Appellationsrichter auf Vernichtung der Druckformen und noch vorhandenen Exemplare erkannt. Auf die hiergegen ein⸗ gelegte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten erkannte das Ober⸗ Tribunal, daß an Stelle der Vernichtung Unbrauchbar⸗ machung zu substituiren sei, indem es ausführte: denn wenn auch an⸗ zunehmen wäre, daß der §. 50 des preußischen Preßgesetzes (betref⸗ fend die Vernichtung der Druckformen) als eine weiter gehende Be⸗ stimmung des Landespreßgesetzes zu betrachten sei, welche zu⸗ folge des §. 2 des Einführungsgesetzes zum Reichs⸗Strafgesetz⸗ buche neben den Vorschriften des Letzteren noch fortbestanden hätte, so ist dch mit dem Inkrafttreten des Reichs⸗ preßgesetzes das ganze preußische Preßgesetz, soweit in Ersterem nicht gewisse Gegenstände der Regelung durch die Landesgesetzgebung vorbehalten sind, einschließlich seines §. 50 aufgehoben, es kann daher auch in Preußen seit dem 1. Juli 1874 bezüglich der durch die Presse verübten strafbaren Hand⸗ lungen nur der §. 41 des St.⸗G.⸗B. („Wenn der Inhalt einer Schrift ... strafbar ist, so ist im Urtheile ausgesprochen, daß alle Exemplare, sowie die zu ihrer Herstellung bestimmten Plat⸗ ten und Formen unbrauchbar zu machen sind.*) fernerhin zur Anwendung kommen.“

Die Unternehmung eines Krieges, also eine von der Staatsregierung angeordnete und ausgeführte Maßregel, ist als eine „Anordnung der Obrigkeit“ anzusehen. Diese vom Ober⸗Tribunal am 3. November cr. gefällte Entscheidung wurde durch folgenden Rechtsfall hervorgeru⸗ fen: In einem im Jahre 1873 veröffentlichen Flugblatt hatten der Journalist G. und Genossen unwahre Thatsachen behauptet, um die Unternehmung des Krieges der Jahre 1870/71 verächt⸗ lich zu machen. Auf Grund des §. 131 des Str. G. B., betreffkendd die Herabwürdigungen von Anordnungen der Obrigkeit, angeklagt, wurden sie sowohl in erster, als auch in zweiter Instanz verurtheilt. Zur Begründung, daß die von den Angeklagten behaupteten Thatsachen objektiv geeignet seien, obrigkeitliche Anordnungen verächtlich zu machen, führte das Erkenntniß des Appellationsgerichts (zu Breslau) unter Anderem aus, „daß eine Kriegserklärung, welche lediglich per⸗ sönliche Interessen eines Herrschers bezwecke, eine verachtungs⸗ würdige Anordnung der Obrigkeit sein würde, weil Herrscher, welche für ihre persönlichen Interessen Krieg führten, nicht die Achtung verdienten, welche ein Landesherr zu begehren habe.“ Die von dem Angeklagten gegen dieses Erkenntniß eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Ober⸗Tribunal zurückgewiesen.

Der Diskont der Preußischen Bank ist heute auf 6 Prozent und der Lombardzinsfuß für Waaren wie Effekten auf 7 Prozent erhöht worden.

Fürst Alexander Dolgoroucki ist gestern Abend nach St. Petersburg abgereist.

Der Kaiferlich russische Geschäftsträger in Hamburg, von Höltzke, welcher sich seit einer Woche hier aufgehalten hatte, ist heute auf seinen Posten zurückgekehrt.

Wie der ,Schles. Ztg.“ aus Groß⸗Strehlitz gemeldet wird, verschied daselbst am 21. d. M., Nachmittags, der König⸗ lich preußische Wirkl. Geh. Ruth und Kaiserlich österreichische Kammerherr, Ritter des Rothen Adler⸗Ordens 1. Klasse, Graf Andreas v. Renard, Vater des verstorbenen Grafen Jo⸗ hannes von Renard.

Die am 17., 18. und 19. d. Mts. stattgehabten Er⸗ gänzungs⸗ resp. Ersatzwahlen für die hiesige Stadt⸗ verordneten⸗Versammlung haben nachstehendes Ergebniß gehabt. Es sind gewählt worden:

A. Von der III. Abtheilung am 17. November cr.:

Im 1. Wahlbez: der bisherige Stadtverordnete, Hr. Professor Dr. Virchow, Schellingstraße 10; im 4. Wahlbez.: der Rentier Hr. Gömann, Metzer⸗ und Weißenburgerstraßen⸗Ecke; im 8. Wahlbez.: der Rentier Hr. Wittcke, Mittelstraße 60; im 13. Wahlbez.: der bisherige Sfadtverordnete, Hr. Medizinal⸗Assessor Dr. Goeschen, Friedrichstraße 105a.; im 14. Wahlbez.: der Reichstags Abgeordnete und Mitglied des preuß. Landtags, Hr. Regierungs⸗Afsessor a. D. Eugen Richter, Kommandantenstraße 43; im 15. Wahlbez.: der bisherige Stadtverordnete, Hr. Schriftsteller Dr. Pflug, Plan⸗ ufer 14; im 19. Wahlbez.: der bisherige Stadtverordnete, Hr. Schrift⸗ steller Dr. Pflug, Plan⸗Ufer 14; im 20. Wahlbez.: der bisherige Stadtverordnete Hr. Sanitäts⸗Rath Dr. Tapperit, Neu⸗ Kölln a. W. 19; im 23. Wahlbez.: hat keiner der Kandidaten die absolute Majorität erreicht. Die meisten Stimmen haben erhalten: der bisherige Stadtverordnete Hr. Fabrikant Grabé, Köpnicker⸗ straße 70 und der Fabrikant Hr. Adolf Behmer, Köpnicker⸗ straße 135; im 24. Wahlbez.: der Hr. Schulvorsteher Bohm, Louisenstraße 10;3 im 30. Wahlbez.: der bisherige Stadtverordnete Hr. Kaufmann Berlin, Landsbergerstraße 22; im 31. Wahlbez.: der bisherige Stadtverordnete Töpfermeister Hr. Rüthnick, Lands⸗ bergerstraße 95; im 32. Wahlbez.: der bisherige Stadt⸗ verordnete Hr. Dr. med. Straßmann, Wallnertheaterstraße 39;

B. von der II. Abtheilung am 18. November cr.

Im 2. Wahlbez.: der bisherige Stadtverordnete Hr. Kaufmann Bertheim, Victoriastraße 31; im 3. Wahlbez.: der Herr Schul⸗ vorsteher Dr. Kürten, Heiligegeiststraße 14; im 10. Wahlbez: der bisherige Stadtverordnete Hr. Hotelbesitzer Dreitzel, Jägerstraße 17 im 11. Wahlbez.: der bisherige Stadtver⸗ ordnete Hr. Verlagsbuchhändler Springer, Monbijouplatz 3; im 14. Wahlbez.: der Kaufmann Hr. Mathias Moses, Schöne⸗ bergerufer 37; im 15. Wahlbez.: der Buchhändler Hr. Ernst Reimer, Anhaltstraße 12; im 20. Wahlbez.: der Fabrikant Hr. Winsch, Feilnerstraße 6v; im 22. Wahlbez.: der Fabrikbesitzer Hr. A. Ehe⸗ städt, Sebastianstraße 84; im 25. Wahlbez.: der bisherige Stadtverord⸗ nete Hr. Verlagsbuchhändler Springer, Monbijouplatz 3; im 26 Wahlbez.: der Sberlehrer am Sophien⸗Gymnasium Hr. Dr. Dielitz, Weinmeister⸗ straße 15; im 27. Wahlbez.: der bisherige Stadtverordnete Hr. Dr. jur. Z im⸗ mermann, Königin Augustastraße 34; im 34. Wahlbez.: der Kauf⸗ mann Hr. C. Keilpflug, Elsasserstraße 8; im 35. Wahlbez.: der Reutier Hr. Gustav Bollmann, Bellealliancestraße 11 im 36. Wahlbez.: der bisherige Stadtverordnete Fabrikbesitzer Hr. Diersch, Grünthalerstraße 3/4;

C. von der I. Abtheilung am 19. November cr. 16

Im 6. Wahlbez.: der bisherige Stadtverordnete Hr. Kommerzien⸗Rath Vollgold, Kommandantenstraße 14; im 7. Wahlbez.: der bisherige Stadiverordnete Hr. Verlagsbuchhändler Springer, Monbijouplatz 3; im 8. Wahlbez.: der Baumeister 8* Böckmann, Knurfürsten⸗ damm im eigenen Hause; im 14. Wahlbez.: der bisherige Stadt⸗ verordnete Hr. General⸗Konsul Behrend, Victoriastraße 37; im 17. Wahlbez.: der Rentier Hr. Gründler, Friedrichstraße 194; im 18. Wahlbez.: der Rentier Hr. August Francke, Friedrichstraße 7; im 20. Wahlbez: der bisherige Stadtverordnete Hr. Kommerzien⸗

herzog hat sich gestern Vo

Rath Vollgold, Kommandantenstraße 14; im 21. Wahlbez.: der

Kaufmann Hr. August Scheiding, Stallschreiberstraße 23/23a.; im 24. Wahlbez.: der Baumeister Hr Ed. Schmidt, Karlstraße 202; im 28. Wahlbez.: der Bezirksvorsteher Hr. Marzahn, Schön⸗ hauser Allee 169; im 29. Wahlbezirk: der bisherige Stadtverordnete Hr. Kaufmann Berlin, Landsbergerstr. 22; im 30. Wahlbezirk: der bisherige Stadtverordnete Hr. Maurermeister Salge, Friedenstr. 17; im 31. Wahlbezirk: der Kunstgärtner Hr. Bezirksvorsteher Limprecht, Frankfurter Allee 47; im 32. Wahlbeziek: der bisherige Stadtverordnete Hr. Rentier Bartusch, Grüner Weg 103.

Es sind mithin in 21 Wahlbezirken (von 41) die bisherigen Stadtverordneten wiedergewählt worden. Von den 40,888 Wählern haben nur 5960, also 14 Prozent, ihr Wahlrecht ausgeübt. Am schwächsten war die Betheiligung in der dritten Abtheilung, wo von 32,363 Wahlberechtigten nur 2544 oder 76/77 Prozent zur Wahl erschienen; die Betheiligung in der zweiten Abtheilung stieg schon auf 38 Prozent (2700 von 7103) und in der ersten Abtheilung sogar auf 50 ½ Prozent (716 von 1417). Die Betheiligung der Wähler in den einzelnen Wahlbezirken war eine sehr verschiedene; in der dritten Abtheilung des 30. Wahlbezirkes übten nur 4 % Prozent der Wähler ihr Wahl⸗ recht aus; in der ersten Abtheilung des 31. Wahlbezirks da⸗ gegen 83 Prozent. 1

Die fälligen en glischen Posten aus London, den 21. d. Mts. früh und Abends, find ausgeblieben.

Bayern. München, 21. November. Der Botschafter des Deutschen Reichs in Paris, Fürst von Hohenlohe, kam am vergangenen Montag von Berlin hier an und begab sich Tags darauf nach Schillingsfürst, von wo der Fürst dem „Corr. v. u. f. D.“ zufolge Anfangs nächster Woche hierher zu⸗ rückkehrt, um mit seiner Familie, die bis dorthin von Aussee hier eingetroffen sein wird, nach Paris zu reisen.

Die „Allg. Ztg.“ schreibt: Bekanntlich wurde von der Königl. Staatsregierung eine Abänderung des Landraths⸗ gesetzes vom 28. Mai 1852 im Sinne der Selbstverwaltung angestrebt, und man hatte sich deshalb der Hoffnung hingegeben, daß bei Gelegenheit der neuesten Landrathsversammlungen diese Angelegenheit zur begutachtlichen Vorlage gebracht würde. Man ist jedoch von Seite der Regierung in Erwägung, daß unter den jetzigen Parteiverhältnissen durch die Abordnung von Vertretern zu den Landrathsversammlungen aus den unmittelbaren Städten, Universitäten im Wege der Wahl anstatt der bisherigen Personal⸗ vertretung nur eine Stärkung der klerikalen Partei erzielt werden könnte, vorläufig wieder davon abgegangen. Unter diesen Um⸗ ständen wird diese Reorganisation noch einige Jahre ausgesetzt bleiben; maßgebend für den Beschluß war vor Allem auch die Rücksicht, daß die gegenwärtig in der Durchführung begriffenen Schulreformen leicht im Falle einer Verstärkung des klerikalen innerhalb der Landräthe illusorisch gemacht werden önnten.

In Ansehung des den Ehrengerichten der Offi⸗ ziere nach den bisherigen Vorschriften zugleich übertragenen Schiedsrichteramtes bei Privatstreitigkeiten und Ehrenbeleidigun⸗ gen der Offiziere hat die jüngste Allerhöchste Verordnung keine Bestimmungen getroffen, und es ist demnach diese Aufgabe der militärischen Ehrengerichte in Wegfall gekommen. Gleichwohl bleibt es, wie die Vollzugsvorschriften bestimmen, Pflicht der Truppenbefehlshaber, auf solche die Ehre berührende Privat⸗ zwistigkeiten der Offiziere ihr besonderes Augenmerk zu richten, denselben mit Energie entgegenzutreten und vorkommenden Falles unter Beiziehung des Ehrenrathes des Truppentheiles, so weit es das Interesse und die Würde des Standes zuläßt, darauf hinzuwirken, daß ein ehrenhafter Ausgleich herbeigeführt werde. Gelingt der Sühneversuch nicht oder stellt sich nach Beschaffen⸗ heit des Falles eine Ausgleichung auf dem Vermittlungswege überhaupt als unthunlich dar, so ist von weiterem dienstlichen Singreifen Abstand zu nehmen und muß die standesmäßige öö der Sache den Betheiligten selbst anheimgestellt

leiben.

Die Direktoren Badhauser und Röckl, Ober⸗Ingenieur Fann und Bezirksingenieur Trient sind, wie man dem „Korr. v. u. f. D.“ aus München telegraphirt, heute nach Nürnberg gereist, behufs technischer Erhebungen über den Zustand der Ostbahnen.

Aus der Landesunterstützungskasse der baye⸗ rischen Feuerwehren, welche ihre Thätigkeit am 1. August 1873 begann, wurden bis zum 3. September 1874 unterstützt: 254 Mitglieder für 10,947 rankheitstage mit 9466 Fl., für Kurkosten mit 1723 Fl, sohin zusammen mit 11,389 Fl. Von diesen Mitgliedern gingen 12 mit Tod ab, wofür 1200 Fl. be⸗ zahlt wurden, sohin wurden für den eigentlichen Zweck veraus⸗ gabt 12,589 Fl. Die Verstorbenen hinterließen zusammen 4 Wittwen, 8 Kinder und 6 Elternpartien, welche für die Zukunft eine alljährlich wiederkehrende Unterstützung beanspruchen können.

Sachsen. Dresden, 21. November. Zu Ehren des heutigen Namensfestes des Königs fand früh eine Reveille der Militärmusik statt. Mittags nahm Se. Majestät im hiesigen Königlichen Palais die Glückwünsche des Ministers des König⸗ lichen Hauses, sowie der Ober⸗Hof⸗und Hofchargen, der Adjutanten ꝛc. entgegen. Am Montag werden der König und die Königin sich zu einem Besuche des Herzogs und der Herzogin von Sachsen⸗Altenburg nach Altenburg begeben.

Das „Dr. J.“ meldet: Infolge einer Einladung Sr. Majestät des Deutschen Kaisers werden Se. Majestät der König und Se. Königliche Hoheit der Prinz Georg sich am 4. De⸗ zember nach Berlin begeben, um an einer Jagd in der Grimnitz bei Neustadt⸗Eberswalde Theil zu nehmen.

Der Staats⸗Minister Abeken hat sich heute Vormittag auf einige Tage nach Berlin begeben⸗

Württemberg. Stuttgart, 21. November. Der „St. A. f. W.“ theilt Folgendes mit: Nachdem die durch die neue Organisation der Königlich württembergischen Truppen als XIII. Armee⸗Corps bedingte Aufstellung der dritten (Füsilier⸗) Bataillone der 8 Infanterie⸗Regimenter mit der Formation des Füsilier⸗Bataillons 7. Infanterie⸗Regiments Nr. 125 am 1. Ok⸗ tober d. J. ihren Abschluß gefunden hat, werden nunmehr Se. Majestät der König diesen acht Füsilier⸗Bataillonen F ahnen verleihen. (Die vormaligen drei Jäger⸗Bataillone, welche schon im Herbst 1871 als Füsilier⸗Bataillone zu dem 1., 5. und 8. Infanterie⸗Regiment übergetreten sind, führten früher keine Fahne.) Wie wir erfahren, wird der feierliche Akt dieser Verleihung durch Se. Majestät den König in Stuttgart am 2. Dezember d. N., dem Jahrestag der Schlacht bei Villiers⸗Champigny, vollzogen werden und sollen bei dieser Feier auch die Fahnen und Stand⸗ arten aller derjenigen Truppentheile des Königlichen Armee⸗ Corps, welche den Krieg gegen Frankreich mitgemacht haben, Dekorationen erhalten.

Baden. Karlsruhe, 21. November. Der Groß⸗ ittag nach Friedrichsthal begeben

Hofmann,

und daselbst der Einweihung der neugebauten dortigen Gemeinde⸗ schule angewohnt. Morgen erwartet die Großherzogliche Familie den Besuch des Eroßherzogs und der Großherzogin von Sachsen⸗ Weimar mit den Prinzessinnen Marie und Elisabeth, welche auf der Rückreise von Italien zum Besuche ihrer hohen Verwandten am Nachmittag hier einzutreffen gedenken.

Die „Karlsruher Ztg.“ bestätigt die von verschiedenen Blättern gebrachte Nachricht, daß auch die zweite von dem Dom⸗ kapitel in Freiburg vorgelegte Liste für die Wahl eines Erz⸗ bischofs von der Regierung abgelehnt worden ist. Nur sei Bi⸗ schof v. Hefele, wie dies übrigens von einzelnen Blättern bereits richtig bemerkt wurde, nicht abgelehnt worden, vielmehr habe derselbe bestimmt erklärt, eine Wahl in keinem Falle an⸗ zunehmen, so daß, nachdem er in dieser Weise aus der Liste ausgeschieden worden, die Regierung keinen Anlaß gehabt habe, sich über denselben jetzt zu äußern. Das genannte Blatt weist jedoch den Vorwurf zurück, daß die Großherzogliche Re⸗ gierung es an dem erforderlichen Entgegenkommen der römischen Kurie gegenüber habe fehlen lassen und erklärt: „Die Großher⸗ zogliche Regierung hat sich mit sämmtlichen, nach dem Rücktritt des Bischofs von Hefele übrig gebliebenen Kandidaten in Ver⸗ bindung gesetzt, und erst nachdem jeder einzelne derselben aus⸗ drücklich erklärt hatte, er könne sich nicht eidlich verpflichten, alle Gesetze des Staates zu befolgen, wurden sie abgelehnt. Es ist aber doch fürwahr kein Uebelwollen gegen die Kirche, sondern durchaus selbstverständlich, daß die Regierung nicht einen Mann zur erzbischöflichen Würde zulassen kann, welcher sich ausdrücklich weigert, der unbedingt allen Staatsangehörigen obliegenden Pflicht des Gehorsams gegen die Staatsgesetze sich zu fügen.“

Hessen. Darmstadt, 19. November. Der Großher⸗ og besuchte gestern Abend den Ball des Minister⸗Präsidenten dem auch der Prinz und die Prinzessin Carl, Prinz Alexander, Prinz und Prinzessin Ludwig, Prinz Wilhelm, die hier accreditirten Gesandten und viele Personen von Distinktion, anwohnten. Zur Feier des Namensfestes der Prinzessin Carl

fand heute eine Hoftafel im Großherzoglichen Schlosse statt.

Nachdem das Bureau der Zweiten Kammer vor in Gemäßheit einer Vorschrift der neuen Geschäfts⸗ eglement für die Kanzlei der Kammer erlassen

hat, ist man nach der „Main⸗Ztg.“ eben damit beschäftigt, eine neue Auflage, bezw. eine völlige Umarbeitung der in den Kam⸗

ern bisher gebrauchten Zusammenstellung der das öffentliche Recht des Großherzogthums betreffenden Gesetze, unter Bei⸗ fügung von entsprechenden Noten, wo Abänderungen stattge⸗ funden haben ꝛc., herauszugeben, die auch in den Buchhandel

kommen soll.

Wie die „N. H. V.“ mittheilt, liegt es in der Absicht er Regierung, die Kreistage, wenn nur irgend thunlich, im

Laufe des Januar zu versammeln.

Mecklenburg. Schwerin, 21. November. Der Fürst Carl Ernst von Schönburg⸗Waldenburg, welcher seit

Freitag voriger Woche zum Besuch am Großherzoglichen Hofe

ier verweilte, ist gestern Nachmittag wieder abgereist. Zu der am 2. k. M. bevorstehenden feierlichen

Einweihung des Kriegerdenkmals hierselbst werden um⸗

fassende Vorkehrungen getroffen. Dem „R. T.“ gehen darüber

folgende Mittheilungen zu:

8 Die Einweihungsfeier findet ihre Einleitung am Nachmittag des

im Waffensaale des Großherzeglichen Schlosses.

1. Dezember durch feierliche Benagelung der drei Landwehrfahnen Am Abend des

1. Dezember findet Freitheater für das Militär statt, soweit das

Räunion in den Sälen des Thalia⸗Cheaters.

Abends 8 Uhr ist Offiziers⸗

Die Kricger wer⸗

Schauspielhaus Raum enthält.

den in verschiedenen Lokalitäten, u. A. die Landwehrbataillone in

halle,

die Mitglieder von Kriegervereinen in der Ton⸗ Am 2. Dezember, Morgens 10 Uhr, findet die Fahnenweihe in der Schelfkirche statt. Mittags 12 Uhr die feierliche Einweihung des Kriegerdenkmals. Die Aufstellung der Festtheilnehmer wird die folgende sein. Die Allerhöchsten Herrschaf⸗ ten werden auf einer Tribüne zwischen der Schloßbrücke und dem Kriegerdenkmal Platz nehmen. Se. Königliche Hoheit der Groß⸗ herzog und Gefolge erscheinen zu Pferde. Auf dem Alten Garten, jenseits der Straße, dem Denkmale vis-à-vis erfolgt die Aufstellung des gesammten Militärs, und zwischen den Bäumen, welche

der Auktionshalle, festlich bewirthet.

ein Rondel um das Denkmal vilden, die Postirung der gesammten

Schuljugend Schwerins. Rechts und links vis-à-vis dem Denk⸗ mal nehmen Platz: 1) Das Großherzogliche Staats⸗Ministerium.

2) Der Engere Ausschuß. 3) Sämmtliche Großherzogliche Behörden von

Schwerin. 4) Magistrat und Bürgerausschuß von Schw rin. 5) Die

Veteranen aus den Jahren 1813/15. 6) Die Invaliden von 1870/71.

angewiesen erhalten.

Alten zurückkehrend und bis

stellung die ü Flammen und Brlllantfeuerwerk. Stadt eine glänzende Illumination veranstaltet.

7) Die Deputationen sämmtlicher Kriegervereine des Landes, aus je 5 Personen bestehend. 8) Eine Deputation der Landes⸗Universität Rostock. 9) Alle von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzeg besonders Eingeladenen, unter welchen die hinterbliebenen nähe⸗ ren Anverwandten der Gefallenen einen bevorzugten Platz ein⸗ nehmen werden. Die weiblichen Hinterbliebenen werden auf den Balkonen der nahe belegenen Großherzoglichen Gebäude ihre Plätze Die Festrede hält Pastor Lössel, welcher 1870/71 bei den mecklenburgischen Truppen Feldprediger war. Sowie die Rede beendet ist, fällt die Hülle des Denkmals, die Truppen prä⸗ sentiren das Gewehr, Kanonen werden gelöst und das Glockengeläute sämmtlicher Kirchen der Stadt bezeichnet den feierlichen Moment des Tages. Alsdann rücken die Truppen in die verschiedenen in den Garten mündenden Straßen, um, von der Schloßstraße zum Schlosse marschirend, vor den Allerhöchsten Herrschaften im Parademarsch zu defiliren. Von Mittags 2 Uhr an finden dann für alle Festtheilnehmer in verschiedenen Lokalen große Festtafeln statt, u. A. für die Bete⸗ ranen und Invaliden im Hotel de Paris, fuͤr die Landwehr in der Auktionshalle, für die Kriegervereine in der Centralhalle, für die 90er in der Tonhalle, für die Offiziere im Großherzoglichen Schlosse. 7 Uhr Abends ist große Festvorstellung im Theater. Nach der Vor⸗ Illumination des Kriegerdenkmals mit bengalischen Wahrscheinlich wird auch in der Die in Aussicht ge⸗ nommenen Feierlichkeiten sind also durchaus nicht lokaler Natur, son⸗ dern dieselben werden das Gepräge einer Landesfeier tragen.

Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meinin⸗ gen, 18. November. Der Meininger Landtag proponirt behufs Aufbesserung der Pfarrbesoldungen, daß das Ministerium 1400 Mark, nach 10 Dienstjahren 1500, nach 15 Jahren 1800 und nach 25 Jahren 2100 betragen soll; das Ruhegehalt soll mindestens 1400 Mark betragen, sonst aber nach weniger als 10 Dienstjahren F⅞, nach mehr %⅞ des Gehalts; bei längerer als 40jähriger Dienstzeit wird die ganze Besoldung als Pension gewährt.

Gestern stand das Dissidenten⸗Gesetz auf der Tages⸗ ordnung des Landtags. Nach einer eingehenden Debatte wurde jedoch beschlossen, die Beschlußfassung auszusetzen und die darauf bezügliche Reichsgesetzgebung abzuwarten. Ferner wurde noch ein Gesetz über die Grundstückszusammenlegung vereinbart und weiter die Bewilligung von 1500 Fl., welche schon srüher für die Vorsynode ausgesprochen war, auch für die nächste Finanz⸗ periode erneuert

Senates ist Des Ambrois di Nevacche, zu Vize⸗Präsidenten

Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, den 19. November. (Reg.⸗ u. Nachr.⸗Bl.) Nach einigen Zei⸗ tungen hätte die Regierung von Schwarzburg⸗Sondershausen mit den Regierungen einiger anderen Staaten die Anfrage an die Königlich preußische Regierung gerichtet, ob wohl Seitens der letzteren die Geneigtheit dazu vorhanden sei, daß bei Ein⸗ führuug der neuen Gerichtsorganisation ein preußisches Ober⸗ Appellationsgericht die oberste Gerichtsinstanz auch für jene Staaten bilde. Nach genauer Information muß diese Nachricht, so weit sie Schwarzburg⸗Sondershausen angeht, als nicht zu⸗ treffend bezeichnet werden. Da beabsichtigt wird, daß mit der neuen Gerichtsordnung ein Ober⸗Reichsgericht eingerichtet wird, so würde eine solche Anfrage als gegenstandlos erscheinen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 21. November. Der Kaiser hat dem Präsidenten des Evangelischen Ober⸗Kirchen⸗ raths der Augsburger und Helvetischen Konfession, Andreas Zimmermann, anläßlich der erbetenen Versetzung in den Ruhestand, das Komthurkreuz des Franz⸗Josefs⸗Ordens mit dem Stern verliehen. An Stelle Zimmermanns ist der ehemalige Komes der sächsischen Nation, Konrad Schmidt, zum Präsiden⸗ ten des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths ernannt und demselben gleichzeitig der Titel eines Sektionschefs beigelegt worden.

Für den verstorbenen Erzherzog Karl Ferdinand ist eine 16tägige Hoftrauer angeordnet worden. Das feierliche Leichen⸗ begängniß findet am 23. d. M., Nachmittags 4 Uhr, in der Kapuziner⸗Hofkirche hierselbst statt.

Das Namensfest der Kaiserin wurde vorgestern in Budapest in solenner Weise gefeiert.

Das Abgeordnetenhaus hat in der heutigen Sitzung die Spezialberathung des Akiengesetzes fortgesetzt und die Artikel 220 bis 224 in der von dem Ausschusse beantragten Fassung nach lebhaften Debatten angenommen. Nach Artikel 222 sind die Aktienzeichner zur Einzahlung des ganzen Nominalbetrages auch dann verpflichtet, wenn die Aktien wegen versäumter Ein⸗ zahlung vernichtet oder vor völliger Einzahlung weiter begeben wurden. ⸗Nach Artikel 224 ist den Aktionären, so bald sie 1/⁄10 des Kapitals repräsentiren, die Einsichtnahme der Bücher ge⸗ stattet. Artikel 190, welcher ebenfalls mit den vom Ausschusse beantragten Modifikationen angenommen wurde, bestimmt, daß in der Generalversammlung jede Aktie eine Stimme führt, soweit nicht im Gesellschaftsvertrage festgesetzt wurde, daß nur eine be⸗ stimmte Anzahl von Aktien zu einer Stimme berechtige. Die Stimmberechtigung kann durch männliche Bevollmächtigte aus⸗ zeübt werden. Zur Beschlußfähigkeit der Generalversammlung ist die Anwesenheit von Vertretern eines Sechstels des Aktien⸗ kapitals erforderlich.

Pest, 21. November. Im Abgeordnetenhause wurden gestern die Central⸗Ausschußberichte über die Oberhaus⸗Nuntien vorgelegt. Die Modifikationen des Wahlgesetzes wurden von sämmtlichen Sektionen, ebenso die Modifikationen des Inkompati⸗ bilitätsgesetzes bis auf die Modifikation, betreffend die Verwal⸗ tungsräthe, angenommen. Das Oberhaus wünscht nur die Aus⸗ schließung derjenigen Verwaltungsräthe, die vor der Konstituirung des Unternehmens mit der Regierung verhandelten. Sieben Sektionen verwarfen diese Modifikation. Diese Vorlagen werden Montag verhandelt werden. Der Minister des Innern legte Gesetzentwürfe über die Domestikalsteuer und Krankenpflege⸗ kosten vor.

Der Finanz⸗Minister wird nächstens vom Reichstage die Indemnität verlangen, da zur Erledigung des Budgets vor Neujahr keine Aussicht ist.

Die Steuerrückstände betragen nach Ghyezys An⸗ gabe im Finanzausschusse 32 Millionen, demnach ungefähr eben so viel, wie im Jahre 1867.

Mihailovits beantragte im Finanzausschusse die Auf⸗ lassung des kroatischen Ministeriums; dieser Antrag wurde mit allen Stimmen abgelehnt.

Rosza Sandor, welcher wegen neuerer Verbrechen zum Tode verurtheilt war, wurde zu lebenslänglichem Kerker begnadigt.

Agram, 20. November. Der Kaiser hat am 15. No⸗ vember d. J. die Gesetze über die Organisation der politischen Verwaltung und über die Regulirung des Sanitätswesens sanktionirt.

Großbritannien und Irland. London, 23. November. (W. T. B.) Die Kaiserin von Rußland wird morgen bei ihrer Ankunft in Calais von dem russischen Botschafter in Paris, Fürst Orloff, und dem Flügel⸗Adjutanten des Mar⸗ schalls Mac Mahon, Marquis von Abzac empfangen werden. Die Königin Victoria wird heute der Kaiserin einen Be⸗ such abstatten.

Frankreich. Paris, 20. November. Der Ober⸗Unter⸗

richtsrath nahm in seiner gestrigen Sitzung einen Antrag des Msgr. Freppel, Bischofs von Angers an, daß der oberste Unter⸗ richtsrath jedes Jahr dem Minister Bericht erstatte über die all⸗ gemeine Lage, über die Mißbräuche, welche sich einschleichen könnten und über die Mittel, ihnen abzuhelfen. 22. November. (W. T. B.) Der Kommandant des VIII. Armee⸗Corps, General Ducrot, hat mittelst eines (in Dijon öffentlich angeschlagenen) Generalbefehls die ihm unterstellten Militär⸗Kommandanten angewiesen, geeignete Maß⸗ regeln zu treffen, um jedweden öffentlichen Kundgebungen bei Gelegenheit der bevorstehenden Munizipalwahlen vorzu⸗ beugen.

Die Kaiserin von Rußland wird dem Vernehmen nach in Cannes ihren Winteraufenthalt nehmen.

23. November. (W. T. B.) Ueber das Ergebniß der gestern stattgehabten Munizipalwahlen liegen bis jetzt nur aus einer Anzahl Städte bestimmtere Nachrichten vor. In Lyon, Havre, Angers, Toulouse, Lille, Nantes, St. Etienne, Dijon, Therbourg, Boulogne, Brest, Arles, Limoges, Grenoble, Alby, Auch, Alais, Figeac, Cambrai, Valenciennes, Périgueux, Macon, Digne wurden die Kandidaten der republikanischen Partei gewählt. In Marseille haben die Kandidaten der radikalen Partei über diejenigen der gemäßigt republikanischen mit großer Majorität gesiegt. Auch in Montpellier scheint der Sieg der republikanischen Kandidaten zweifellos.

Spanien. Madrid, 21. November. (W. T. B.) Der „Imparcial“ veröffentlicht den Bericht der Kommission, welche damit beauftragt war, Grundlagen für die Reduktion der Staatsschuld vorzuschlagen. Derselbe gelangt zu dem Resultate, daß der Staatsschatz die Staatsschuld nur mit einem Prozent verzinsen könne. Aber auch diese Zahlung werde erst stattfinden können, wenn die Lage des Landes wieder eine nor⸗ male geworden.

Italien. Rom, 21. November. (W. T. B.) Zum Präsidenten des

8

desselben sind Serra, Scialoja, Manciani Arese ernannt worden. Ebenso wird die Ernennung von 14 neuen Senatoren in der amtlichen Zeitung veröffentlicht.

Messina, 22. November. (W. T. B.) In Folge der stürmischen Witterung der letzten Tage ist an der kalabrischen Küste ein italienisches Schiff mit der ganzen Mannschaft untergegangen. Ein amerikanisches Schiff verlor den Kapitän und zwei Matrosen, die übrige Mannschaft wurde gerettet; das österreichische Kriegsschiff „Saida“ scheiterte, büßte aber nur einen Mann ein.

Rumänien. Bukarest, 20. November. Heute fand die feierliche Enthüllung der Reiterstatue Michael des Helden auf dem Boulevard in Gegenwart des regierenden Fürstenpaares, aller Civil⸗ und Militärbehörden, des diploma⸗ tischen Corps und eines zahlreichen Publikums statt.

Türkei. Belgrad 22. November. (W. T. B.) Die Skupschtina ist heute eröffnet worden. In der Thronrede wird des ehrenden Empfanges gedacht, welcher dem Fürsten Milan in Konstantinopel zu Theil geworden sei, sowie seines Besuches bei dem ihm befreundeten Fürsten Carl von Rumänien und der Zusammenkünfte mit den Herrschern und Staatsmännern der europäischen Großmächte, welche für Serbien nicht ohne Vortheil sein würden. Der Fürst verheißt ferner viele Vorlagen, welche der Skupschtina zur Berathung zugehen würden, und stellt es derselben schließlich anheim, in Erwägung zu ziehen, ob es nicht gut und nützlich für das Land wäre, die bestehende Ver⸗ fassung in liberalem Sinne umzugestalten.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 20. November. Die Rückkehr des Kaisers nach St. Petersburg wird, wie die „Russ. Welt“ hört, nicht vor dem 25. November erwartet. Am 27. November soll eine große Parade aller hier und in der Umgegend stehenden Truppen stattfinden.

22. November. (W. T. B.) Das Budget pro 1875 wüud nach zuverlässigen Mittheilungen mit einem bedeu⸗ tenderen Ueberschuß, als bisher erwartet worden, abschließen. Dasselbe wird eine recht günstige Finanzlage konstatiren.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten hat gegenwärtig sein besonderes Augenmerk auf die Eisenbahnen und Eisen⸗ werke im Süden gerichtet und eine persönliche Inspektion vor⸗ genommen. Das Zustandekommen der Donnetzbahn wird mit Sicherheit ewartet.

(W. T. B.) Die auswärtigen Zeitungsmitthei⸗ lungen über eine angeblich entdeckte Verschwörung erregen hier Verwunderung; Niemand bis in die höchsten Gesellschaftsschichten hinauf weiß etwas, was solchen Nachrichten irgend zu Grunde liegen könnte; nirgends verlautete etwas von Verhaftungen aus derartigen politischen Anlässen. Die Widersetzlichkeiten der Zög⸗ linge der medizinischen Akademie haben aufgehört; aus dem tech⸗ nologischen Institut sind 20 Schüler ausgeschlossen und ist auch dort damit das für den Unterricht erforderliche Verhältniß hergestellt.

Amerika. Wie aus Rio de Janeiro über London telegraphisch gemeldet wird, enthalten die dortigen Zeitungen vom 20. d. Mel⸗ dungen aus Buenos⸗Ayres, nach denen sich das Kanonen⸗ boot der Insurgenten „Parana“ mit der gesammten Beman⸗ nung der Regierung ergeben hat. Der Kommandant des Schiffes hatte einen schriftlichen Befehl, die Mannschaft in Montevideo zu landen.

Reichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 23. November. In der Sftzung des Deutschen Reichstags am 21. d. Mts. nahm der Reichskanzler Fürst von Bismarck in der Diskussion über den Antrag des Abg. Liebknecht auf Beurlaubung der Abgg. Bebel u. s. w. nach dem Abg. Windthorst das Wort. Der Letzte hatte. nach dem Abg. Liebknecht als dritter Redner gesprochen und geäußert, die Regierungen thäten wohl, die inhaftirten Abgeordneten frei⸗ zulassen und sich einer Diskussion der von ihnen vertretenen Grundsätze nicht länger zu widersetzen:

Der Herr Vorredner veranlaßt mich, gegen meine ursprüngliche Absicht mich mit einigen Worten in die Debatte zu mischen, dadurch, daß er die Häufigkeit der Einsperrungen, die Thatsache, daß es sich sehr häufig wiederholt, daß Leute in das Gefängsniß kommen, in einer Art und Weise vortrug, als wenn sich daraus ein Vorwurf gegen einzelne Regierungen oder gegen die Reichsregie. ung begründen ließe; einer von diesen Vorwürfen, die nicht ausdrücklich ausgesprochen wor⸗ den, überläßt dem Leser, daß an all diesen Uebeln irgend eine Ungerechtigkeit, von Seiten des Reichs oder der Regierungen, Schuld wäre, zwischen den Zeilen zu lesen. Es genügt dazu der Vortrag mit dem Tone sittlicher Entrüstung. Ein Schuldiger muß doch sein, und als schuldig, sobald die Anklage von der Stelle des Vorredners und von der Stelle des Herrn ersten Redners ausgeht, denkt man sich natürlich die Regierung. Ich möchte diesem Eindruck doch mit weni⸗ gen Worten ent egentreten, indem ich sage: wenn sehr viele Beispiele vorliegen von ich wiederhole den Ausdruck von Einsperren denn ich finde kein entsprechendes Substantivum, was ich aus Ge⸗ fängniß bilden könnte wenn das also sehr häufig vorkommt, so ist das allerdings eine sehr bedauerliche Erscheinung, keineswegs aber ein Beweis, daß die Regierung nicht ihre Schuldigkeit thäte. Der würde dann erst geführt werden können, wenn man auch nur in irgend einem Beispiele nachweisen könnte, daß die Gefängnißhaft im Widerspruch mit den Gesetzen verfügt wäre. Das zu versuchen, hat sich der Herr Vorredner, der letzte sowohl wie der erste, sehr wohl gebütet; er hat dunkel ein Mißbehagen angedeutet, daß häufig Leute unerwartet ins Gefängniß geriethen, hat es dem

ublikum überlassen, den Missethäter zu errathen, der eigentlich daran chuld ist. Ja, meine Herren, das ist, wie bei der Abschaffung der Todesstrafe Jemand sagte: „laßt doch die Herren Verbrecher erst anfangen mit der Aufhebung des Mordes!“ Das häufige Einsperren liegt nicht an denen, die das Gesetz handhaben und es mit pflicht⸗ mäßiger Strenge und Gleichmäßigkeit handhaben; es liegt an denen, die das Gesetz übertreten.

Das, was der Herr Vorredner anführte, ist nur ein Beweis, daß die Gesetzesübertretungen in neuerer Zeit zahlreicher sind, wie früher, daß die Achtung vor den Gesetzen erheblich geschwunden ist. Fragen wir uns nun: Woran liegt das? An der übermäßig gestei⸗ gerten Strenge unserer Gesetzgebung? Das kann man doch nach un⸗ unferer neuen Gesetzgebung wahrlich nicht sagen; im Gegentheil, ich hörte sie vielfach zu großer Milde auklagen. Es liegt darin, daß die Tendenz der Kritik, die Tendenz der Auflehnung gegen die Gesetze über⸗ haupt Schichten der Gesellschaft ergriffen hat, in denen sie früher nicht heimisch war; es liegt in den hochstehenden Beispielen derer, die vor⸗ zugsweise auf die Achtung vor dem Gesetze halten sollten, die aber in erster Linie das Beispiel der Mißachtung, der Bekämpfung der Gesetze, der Auflehnung gegen die Gesetze geben. Diese Beispiele wirken sehr nachtheilig. Es liegt außerdem wahrscheinlich in den Grund⸗ sätzen, die auf die Erziehung unserer Jugend unter dem in den letzten 25 Jahren bestandenen Aufsichtswesen angewandt sind. Die Thatsache ist, daß unter diesen Einwirkungen eine Verwilderung in unseren sozialen Verhältnissen eingerissen ist, die in der neuesten Lossagung von der Pflicht, den Gesetzen zu ge⸗ horchen, die von hoher Stel⸗ ihre Bestätigung ge funden hat.