1874 / 288 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Dec 1874 18:00:01 GMT) scan diff

zweiter Berathung wurde das Gesetz, betreffend die Stempel⸗ pflichtigkeit der Rechnungen und Quittungen in Elsaß⸗Lothringen, in erster Lesung das Gesetz, betreffend ie ENWN68 von Reichsgesetzen in Elsaß⸗Lothringen, erledigt. Schluß 4 ½ Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 11 Uhr.

Die von dem Bureaudirektor des Hauses der Abgeord⸗

eten, Geheimen Rechnungs⸗Rath Kleinschmidt verfaßte Uebersicht über die Geschäftsthätigkeit des Hauses der Abgeordneten in der Session 1873/74 ist soeben er⸗ schienen. Dieselbe ist von den gleichen Gesichtspunkten, wie die Uebersichten pro 1871/72 und 1872/73, angefertigt und zerfällt, wie diese, in drei Theile, nämlich: die Rednerliste, die Ueber⸗ . über die Etatsverhandlungen, die Hauptüber⸗ icht. Die nach dem Alphabet geordnete Rednerliste ergiebt nicht nur den Tag, an welchem, sondern auch den Gegenstand, über welchen jeder einzelne Redner gesprochen hat, unter Hinweis auf die betreffenden Seiten der stenographischen Berichte. Die Ueber⸗ icht über die Etatsverhandlungen enthält eine vollstän⸗ ige Darstellung der Anträge und Verhandlungen zu dem Etatsgesetz und dem Hauptetat, sowie zu den verschiedenen Spezialetats. Sie bildet einen integrirenden Theil der Hauptübersicht und ist nur der bequemeren Benutzung wegen besonders gedruckt worden. Die Hauptübersicht selbst ist alphabetisch nach Materien geordnet; sie enthält die Regierungsvorlagen und alle Anträge u denselben dem Wortlaute nach und macht die Verhandlungen und die Beschlüsse nicht nur des Ab⸗ geordnetenhauses, sondern auch des Herrenhauses ersichtlich. Sie gewährt daher an sich einen genauen Ueberblick über das Zu⸗ standekommen der Gesetze u. s. w., ohne daß die Einsscht der Drucksachen des Hauses nothwendig ist. Sämmtliche zur Berathung gelangte Petitionen, alle selbständigen Anträge und Interpellationen von Abgeordneten, die namentlichen Abstim⸗ mungen, so wie die von dem Hause angenommenen Anträge und Resolutionen sind hintereinander verzeichnet, und bei den Verhandlungen über die Prüfung von Ab⸗ geordnetenwahlen ist der Inhalt der Proteste und Ein⸗ sprachen kurz angegeben. Sorgfältige Hinweise bei den in Betracht kommenden Materien, auch aus den gehal⸗ tenen Reden, sichern eine vollständige Kenntniß der statt⸗ gefundenen Verhandlungen, und ein spezielles Sachregister er⸗ leichtert die Benutzung des Werkes, in welchem bei den Gesetzen sowohl das Datum, unter welchem dieselben publizirt sind, als die Seite der Gesetzsammlung, wo dies geschehen, angegeben ist. Die Uebersicht ist an die Mitglieder des Hauses vertheilt, und kann auch anderweit gegen einen mäßigen Preis aus der Verlags⸗Buchhandlung von W. Moeser in Berlin, Stallschrei⸗ berstraße 34, bezogen werden. †. 28,

Die Ausübung eines in dem verliehenen Bergwerks⸗

eigenthum enthaltenen Rechts enthält nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 30. Oktober cr. keine Turbation, wenn diese Ausübung auch daneben einen Zweck verfolgen sollte, der außerhalb dieser Berechtigung liegt. Die Bergbau⸗Aktiengesell⸗ chaft Uellnitz betrieb mit Erlaubniß der Bergbehörde einen Stollen unter dem Acker und der Eisenbahn des Kaufmanns H. in Magdeburg zu bergbaulichen Zwecken und benutzte denselben nach der Behauptung des Kaufmanns H. auch noch zu anderen Zwecken. Auf die dagegen von dem Kaufmann H. ange⸗ strengte Klage wurde jedoch Kläger sowohl in zweiter Instanz als auch vom Ober⸗Tribunal mit seinem Klageantrage auf Beseitigung des Stollens zurückgewiesen, weil die Thatsache, daß der Stollen auch zu nicht bergbaulichen Zwecken dienen soll, unerheblich ist. „Bei der thatsächlichen Feststellung des Vorder⸗ richters,“ führt das Ober⸗Tribunal aus, „würde die Beweis⸗ erhebung über die Absicht bei der Errichtung des Stollens nicht weiter geführt haben, als zu der Annahme, daß neben dem bergbaulichen Zwecke, der die Anlegung des Stollens schon allein genügend rechtfertigt, noch ein anderer nebensächlicher Zweck, der an sich unerheblich für die Annahme einer Turbation ist, ver⸗ folgt wird.“ 1

In der Schloßkirche fand heute die feierliche Einweihung der vier Gedenktafeln statt, auf welchen die Namen der in den beiden Kriegen von 1866 und 1870 71 von den beiden ersten Bataillonen des 3. Bran⸗ denburgischen Infanterie⸗Regiments Nr. 20 und der ersten schwe⸗ ren und ersten leichten Batterie des Brandenburgischen Feld⸗ Artillerie Regimentes Nr. 3 gefallenen Offiziere und Mann⸗

Wittenberg, 6. Dezember.

schaften verzeichnet stehen. Die drei ersten Tafeln tragen die Namen der 218 in den beiden Kriegen Gefallenen der beiden Musketier⸗Bataillone des 20. Regiments (1866: 9; 1870 71: 209), während auf der vierten die Namen der 24 Gefallenen der bezeichneten beiden Batterien verzeichnet sind (1866: 5; 1870 71: 19).

Coblenz, 6. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und

1 König haben genehmigt, daß der dem Landtags⸗Marschalle der Rheinprovinz beigeordnete obere Beamte den Titel „Provin⸗ zial⸗Rath“ führen darf.

8 Hessen. Darmstadt, 7. Dezember. Der Großherzog hat unter dem 18. v. Mts. den Ministerial⸗Direktor in dem Minsisterium der Finanzen, August Schleiermacher, auf sein Nachsuchen von der Stelle eines Präsidenten für die Gewerbe und den Landesgewerbverein enthooben und am 27. November den Ministerial⸗Rath bei dem Ministerium der Finanzen, Franz Fink, zum Präsidenten der Centralstelle für die Gewerbe und den Landesgewerbverein ernannt. Das am 4. ausgegebene Großherzog iche Regierungs⸗ blatt Nr. 57 enthält das Gesetz vom 25. November, die Ein⸗ führung der Reichsmarkrechnung im Großherzogthum be⸗ treffend. Danach können bei der Umrechnung Pfennigbeträge, welche nicht Vielfache der Zahl zehn sind, bis höchstens zu dem nächst höheren Vielfachen von zehn abgerundet werden. Auf die in dem §. 1 des Finanzgesetzes vom 30. November 1873 ausgedrückten dbsäbe, sowie auf Geldbeträge von 3 Kreuzern und weniger, sindet diese Bestimmung jedoch keine Anwendung. Dasselbe Blatt veröffentlicht auch ein Gesetz, die Sterb⸗ quartale der Civilbeamten betreffend.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 5. Dezember. Der Herzog ist in voriger Nacht aus dem Elsaß hierher zurückgekehrt. „— Dem Geheimen Rath von Pawel⸗Rammingen hierselbst ist das Großkreuz und den Staatsräthen Braun und Brückner zu Gotha das Komthurkreuz I. Klasse des sachsen⸗ernestinischen Haus ⸗Ordens von Sr. Hoheit dem Herzog verliehen, und sind die beiden letztgenannten Staatsräthe Braun und Brückner gleichzeitig zu „Geheimen Staatsräthen“ ernannt worden.

Gotha, 3. Dezember. Die Berathung über den vom Her⸗

zoglichen Kirchenregimente der hier tagenden Vorsynode vor⸗ gelegten Entwurf der Verfassung der evangelischen Kirche der Herzogthümer Coburg und Gotha wurde heute fortgesetzt.

Die Debatte erstreckte sich, nach der „Weim. Zts.“ zunächst auf das Alinea 2 des §. 1 des von der Kirche im Allgemeinen han⸗ delnden Abschnittes I. dieser Verfassung. Es wurde schließlich der vom Herzoglichen Kirchenregimente modifizirte Schwerdtsche Kom⸗ missions⸗Minoritätsantrag gegen drei Stimmen angenommen. Es hat dieses Alinea somit folgende Fassung erhalten: Sie (näm⸗ lich die evangelischee Kirche der beiden Herzogthümer) steht demnach auf dem Grunde des Ervangeliums Christi und in Uebereinstimmung mit den Grundsätzen der Reformation, welche in den Bekenntnißschriften ihren ersten anerkannten Ausdruck gefunden haben, aber eine Fortentwickelung im Geiste evangelischer Freiheit zulassen und fordern. Es sind in ihr alle Glaubens⸗ richtungen, welche von dieser Grundlage nicht abweichen, gleichberech⸗ tigt.“ Einstimmig angenommen wurde zuvor das Alinea 1 dieses Paragraphen, welches dahin lautet: „Die evangelische Kirche der Herzogthümer Coburg und Gotha ist ein Theil der evangelischen Kirche Deutschlands und mit dieser ein Glied der evangelischen Ge⸗ sammtkirche.“ Auch der §. 2 dieses Abschnitts, welcher dahin geht, daß die evangelische Kirche der beiden Herzogthümer ihre Angelegen⸗ heiten selbständig ordnen und verwalten soll, unbeschadet der ge⸗ setzlich festgestellten Rechte des Staates, wurde einstimmig genehmigt; desgleichen §. 3 desselben Abschnitts, welcher bestimmt, daß der evan⸗ gelische Herzog Inhaber des Kirchenregiments sei und daffelbe nach den Bestimmungen dieser Verfassung ausüben solle. Nur gegen Eine Stimme wurde der von der Kommission hierzu gestellte Antrag an⸗ genommen, nämlich, daß bei eintretendem Regierungswechsel der Herzog in einer schriftlichen Urkunde die Zusicherung zu ertheilen habe, daß er das ihm zustehende Kirchenregiment, der Kirchenverfas⸗ sung gemäß, zum Besten der Kirche treulich ausüben wolle, und daß diese Urkunde an das Landessynode abgegeben werde. Fast durchweg einstimmig genehmigt wurden die sämmtlichen Paragraphen des von den Kirchengemeinden handelnden II. Abschnitts.

Anhalt. Dessau, 5. Dezember. Nach der in der Ge⸗ setz⸗Sammlung für Anhalt veröffentlichten höchsten Verordnung wird die Leitung der Landes⸗Schulangelegenheiten vom 1. Ja⸗ nuar 1875 auf die Herzogliche Regierung übergehen. Die „Ab⸗ theilung für das Schulwesen“ besteht aus dem Vorsitzen⸗ den, zwei Schulräthen, einem oder nach Befinden mehreren Räthen, welchen die Bearbeitung der juristischen, der Kassen⸗ und Bau⸗ Angelegenheiten, soweit letztere nicht technischer Natur sind, ob⸗ liegt, einem von dem Herzoge zu ernennenden Mitgliede des Konsistoriums zur Wahrnehmung der Interessen der evange⸗ lischen Landeskirche in Beziehung auf den Religionsunterricht, sowie die gemeinschaftlichen Beamten⸗ und Vermögensangelegen⸗ heiten, endlich einem Baurathe mit Stimmrecht in den bautech⸗ nischen Angelegenheiten.

Bremen, 3. Dezember. In der gestrigen Bürger⸗ sschafts⸗Sitzung wurde der noch übrige Theil des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Beamten erledigt. Der von den Nebenbeschäftigungen der Beamten handelnde Satz er⸗ hielt folgende Fassung: „Ein Beamter darf ohne Erlaubniß des Senats weder ein Nebenamt bekleiden, noch eine Nebenbeschäf⸗ tigung, mit welcher eine fortlaufende Renumeration verbunden ist, oder ein sonstiges Erwerbsgeschäft betreiben, noch auch dem Vorstande, Verwaltungs⸗ oder Aufsichtsrath einer auf Erwerb gerichteten Gesellschaft angehören. Diese Erlaubniß darf nicht er⸗ theilt werden, wenn die fraglichen Geschäfte mit der gehörigen Wahrnehmung des Amtes unverträglich sind oder die Vornahme derselben mit Rücksicht auf die Natur des Amts oder die Stel⸗ lung oder die Verhältnisse der Beamten für unstatthaft zu achten ist. Die Erlaubniß ist jederzeit widerruflich. Sonstige Privatarbeiten sind den Beamten von der vorgesetzten Behörde zu untersagen, wenn sie die Erfüllung der amtlichen Pflichten beeinträchtigen; sie können ihm außerdem dann untersagt werden, wenn sie gegen Vergütung geschehen.“ Bei der Berechnung des Ruhegehalts wurde ein Antrag, Lehrern an konzessionirten bre⸗ mischen Volksschulen beim Uebertritt in den Staatsdienst eine mehr als fünfjährige Dienstzeit an jenen mitzurechnen, abgelehnt, angenommen dagegen der Antrag, zeitweilige Unterbrechungen der Staatsdienstzeit nicht zu berücksichtigen. Schließlich sprach die Bürgerschaft den Wunsch aus, das Gesetz möge bald in Kraft treten.

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Niederlande. Haag, 3. Dezember. Der österreichisch⸗ ungarische Gesandte am hiesigen Hofe, Ritter v. Haymerle, wurde vor einigen Tagen von dem Prinzen Alexander in Audienz empfangen und überreichte demselben das Großkreuz des St. Stephans⸗Ordens, welches der Kaiser dem Prinzen bei Gelegenheit der Mündigkeit desselben verliehen hat.

Großbritannien und Irland. London, 6. De⸗ zember. Dem Hofjournal zufolge wird die Königin mit ihrem Hofstaate am 17. ds. von Windsor nach Osborne auf der Insel Wight für das Weihnachtsfest übersiedeln. Prinz Arthur, Herzog von Connaught, tritt am 1. Januar eine Reise nach dem Orient an.

Der Premier⸗Minister Disraeli hat London verlassen, 8- sich zu einer Kur nach dem Seebadeorte Bornemouth zu be⸗ geben.

Die amtliche „London Gazette“ notifizirt die Ernennung von Lord Lytton, bisherigen Botschafts⸗Sekretär in Paris, zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am portugiesischen Hofe. Der „Times“ zufolge hat die Regierung Sir Arthur Gordon, den ehemaligen Gouverneur von Mauritius und Trinidad, zum Gourverneur der Fidschi⸗ Inseln ernannt.

Aus dem Ministerium für die Kolonien wird nachstehende Mittheilung veröffentlicht:

„Lord Carnarvon hält es zur Vermeidung von Mißverständnissen betreffs der genauen Lage der Maßregeln, die nun für die Abschaf⸗ fung der Sklaverei an der Goldküste adoptirt werden, für recht, daß es bekannt werde, daß dem mit der letzten Post eingetrof⸗ fenen Bericht des Gouverneurs Strahan zufolge die Könige und Häuptlinge, nachdem sie sich Erläuterungen erbeten und dieselben er⸗ halten hatten, völlig zufrieden mit der Anzeige waren, daß jedweder Sklave, der nicht wünschen mag, fortzufahren mit seinem Herrn zu leben, künftighin durch keinen Gerichtshof, sei er englisch oder eingeboren, gezwungen werden soll, zu ihm zurückzukehren. Es ist demnach un⸗ nöthig, daß Grausamkeit oder irgend eine andere Ursache festgestellt werde, und Lord Carnarvon hegt keine Zweifel, daß es Sklaven in Gemäßheit dieser Erklärung gänzlich freistehen wird, bei ihren Herren zu bleiben oder sie zu verlassen, und daß jeder Versuch, seine Freiheit zu beeinträchtigen, wirksam bestraft werden wird. Die neu gemelde⸗ ten Prozeduren müssen indeß als der erste Schritt einer Politik, die nothwendigerweise allmählich in ihrer Entwickelung sein muß, ange⸗ sehen werden.“

7. Dezember. (W. T. B.) Auf die von einer Ver⸗ sammlung nonconformistischer Geistlichen in Lancaster (Cornwales) an Gladstone aus Veranlassung seiner Broschüre über die

vatikanischen Dekrete gerichtete Dankadresse hat Lehterer unter

1“

3 * 8

dem 2. d. ein Erwiderungsschreiben erlassen. Gladstone spricht in demselben den Unterzeichnern der Adresse seinen Dank für das Vertrauen aus, welches ihm betreffs der Aufrichtigkeit seiner Meinungsäußerung kundgegeben worden sei, und ver⸗ sichert, daß er an den von ihm in der Broschüre aufgestellten Grundsätzen über die Unvereinbarkeit der vatikanischen Dekrete mit der Unterthanentreue unbedingt festhalte.

Frankreich. Paris, 7. Dezember. (W. T. B.) Der „Moni⸗ teur“ schreibt, daß der Kriegs⸗Minister de Cissey sein Amt nie⸗ derzulegen beabsichtige, falls der Gesetzentwurf über die Organisation der Cadres der Armee nicht die Genehmigung der Nationalversamm⸗ lung erhalten sollte. Die Antwortnote auf das letzte spa⸗ nische Memorandum dürfte, gutem Vernehmen nach, erst morgen offiziell in Madrid überreicht werden. Die „Agence Havas“ bestätigt, daß die Regierung einen Vertrag mit Deutschland über den Schutz des literarischen Eigenthums vorbereite. Die Grundlagen, auf denen die Konvention abgeschlossen werden solle, seien indessen im Einzelnen noch nicht festgestellt.

8. Dezember. (W. T. B.) Heute Abend findet der erste offizielle Emfang bei dem Deutschen Botschafter, Fürsten Hohenlohe, statt, wozu die sämmtlichen Mitglieder des diplomatischen Corps Einladungen erhalten haben.

In der gestrigen Sitzung des Ober⸗Handelsraths wurde von Grivart der Entwurf einer neuen Regulirung der Zuckerzölle eingebracht, wobei der Antragsteller darauf auf⸗ merksam machte, daß, bevor der Entwurf der Nationalversamm⸗ lung zur Berathung unterbreitet werden könne, sich die Einlei⸗ tung neuer Unterhandlungen mit den auswärtigen Staaten, von denen die Konvention vom Jahre 1864 unterzeichnet worden sei, erforderlich mache.

Die französischen Streitkräfte sollen in drei Ar⸗ meen, in eine Süd⸗, West⸗ und Ost⸗Armee eingetheilt werden. Herzog von Aumale soll den Oberbefehl über die Ost⸗Armee erhalten.

Versailles, 7. Dezember. (W. T. B.) Die heutige Sitzung der Nationalversammlung war ohne erhebliches Interesse. Ein Antrag, betreffend den Schutz der in dem Hausir⸗ handel und anderen umherziehenden Gewerben beschäftigten Kinder wurde genehmigt.

Spanien. Madrid, 7. Dezember. (W. T. B.) Die Journale veröffentlichen ein Schreiben des Bischofs von Seu de Urgel, in welchem dieser ausspricht, daß er die car⸗ listische Partei verlasse, und Don Alphons von Bourbon auf⸗ fordert, sich ebenfalls von der Sache des Carlismus loszusagen. Der Bischof erklärt zugleich, daß er in Seu de Urgel bleiben werde, auch wenn die Stadt von den Regierungstruppen besetzt werden sollte.

Nach in Paris eingegangenen carlistischen Meldungen ist Tristany zum Oberbefehlshaber der carlistischen Armee im Norden und Dorregaray zum Kommandan⸗ ten des Centrums der carlistischen Streitkräfte ernannt worden.

Italien. Rom, 3. Dezember. (It. N.) In der Depu⸗ tirtenkammer wurden gestern zwei die Beschenkung des Ge⸗ nerals Garibaldi betreffende Gesetzentwüafe vorgelesen. Der eine, von 106 Oppositionsdeputirten unterschrieben, schlägt eine Jahres⸗ rente von 100,000, und der andere, welchen der Abg. Caranti eingebracht hat, ein Jahresgehalt von 20,000 Frcs. vor. Der Minister⸗Präsident erklärte, daß die Regierung gegen den von den Oppositionsdeputirten gestellten Antrag nicht allein nichts einzuwenden hat, sondern daß sie ihn auch selber gern eingebracht hätte. Die Versammlung beschloß, daß die Antragsteller nur heute ihre Anträge begründen sollten. In der heutigen Sitzung der Kammer begründete der Abgeordnete Mancini den Vorschlag der 106 Oppositionsdepu⸗ tirten, dem General Garibaldi eine Jahresrente von 100,000 Franken zu bewilligen, indem er hervorhob, daß es ihm vor Allem darauf anzukommen scheine, diesem Akte der Dankbarkeit und Anerkennung der Verdienste um das Vaterland den Cha⸗ rakter einer Parteidemonstration zu benehmen. Der Minister⸗ Präsident erklärte aufs Neue, daß die Regierung den Vorschlag mit Freuden annimmt und daß sie sich vorbehält, der Kommission einige unbedeutende Modifikationen des Antrages zu empfehlen.

Der Marine⸗Minister legte im Laufe der gestrigen Kammersitzung den Gesetzentwurf von Neuem vor, der den Ver⸗ kauf eines Theiles der Kriegsflotte betrifft. Bekanntlich wurde diese Vorlage dem Parlamente schon am 1. Dezember. v. J. unterbreitet, sie kam aber nicht zur Verhandlung in der Kammer. Die Vorlage ist dahin motivirt, daß sie jetzt nicht den Verkauf von 25, sondern von 32 Kriegsschiffen vorschlägt, nämlich der Panzerschiffe: „Re di Portogallo“, „Principe di Carignano“, „Audace“, „Alfredo Cappellini“, „Faa di Bruno“, „Guerriera“ und „Voragine“, der Schraubendampfer „Re Galantuomo“, „Duca di Genova“, „Italia“, „Principe Umberto“, „Gaeta“, „Magenta“, Principessa Clotilde“, „San Giovanni“, „Etna“, „Carlo Alberio“, „Regina“, „Curtatone“ und „Montebello“, und der Raddampfer: „Constituzione“, „Monzambano“, „Tri⸗ poli“, „Aquila“, „Peloro“, „Guluara“, „Cambria“, „Plebiscito“, „Ercole“, „Tuckery“ und der beiden Segelschiffe „S. Michele“ und „Euridice“.

In der vergangenen Nacht wurde der Hauptmann und letzte Ueberrest einer Räuberbande, welche die Umgegend von Bologna unsicher gemacht hatte, Andreoli, nach kurzem Kampfe gefangen genommen und mit ihm sein Hehler und einige andere Mitschuldige.

Nach dem Voranschlage der Einnahmen und Aus⸗ gaben des Staatshaushaltes für das Jahr 1875 be⸗ laufen sich die Einnahmen auf 1,266,555,061 Fr., die Ausgaben auf 1,320,701,519 Fr., das Defizit also auf 54,146,458 Fr.

Türkei.

geändert, daß das Finanz⸗Ministerium von Koljevic und das Ministerium für Kommunikationen von Ivanovics über⸗ nommen wird.

Dänemark. Kopenhagen, 4. Dezember. Nach §. 2, 3 und 4 des vom Kriegs⸗Minister General Steinmann ein⸗ gebrachten Gesetzentwurfs, die Ordnung des Heeres betref⸗ fend, besteht die Armee aus 4 Brigaden, von denen 2 aus 3, 2 aus 2 Regimentern, à 3 Linien⸗Bataillonen und 1 Reserve⸗ Bataillon Fußvolk, wozu noch die Leibgarde und 1 Regiment der Kopenhagener Bewaffnung kommen (ca. 31,000 Kombat⸗ tanten). Die Reiterei besteht aus 4 Regimentern à 4 Escadro⸗ nen, die Feld⸗Artillerie aus 1 Brigade (4 Regimentern à 3 Linien⸗Batterien, 1 Resveer⸗Batterie und 1 Regimentspark), ca. 128 Kanonen. Die wahrscheinlichen Ausgaben für das Heer nach dem vorgelegten Gesetze werden auf ca. 8,550,000 Kronen für 1 Jahr angegeben, während sie nach dem früheren Gesetze

8,100,000 Kronen betragen würden. Die Mehrausgabe ist die⸗

selbe,

Belgrad, 7. Dezember. (W. T. B.) Die gestern mitgetheilte Ministerliste ist nachträglich dahin ab⸗

wie beim früheren Revisionsvorschlage. Indessen enthält das neue Gesetz durch seine zweckmäßige Einrichtung eine Be⸗ schränkung der persönlichen Leistungen der Bevölkerung, insofern die Anzahl der Diensttage über 200,000 weniger ist, als nach dem bisherigen Gesetze.

5. Dezember. (H. N.) Nach dem heute im Folke⸗ thing vorgelegten Nachbewilligungsgesetz ist die Bau⸗ summe für das neue Königliche Theater mit 165,049 Rd. über⸗ chritten. In den Motiven heißt es, daß der Minister vor den unberechenbaren Folgen einer Sistirung des Baues keine Wahl gehabt habe.

Amerika. Washington, 6. Dezember. (W. T. B.) Von der morgen im Kongreß zur Verlesung gelangenden Botschaft des Präsidenten Grant liegt bereits in den hiesigen Journalen eine ausführliche, als authentisch bezeichnete Analyse vor, nach welcher der Präsident auf das Entschiedenste die baldige Wiederaufnahme der Baarzahlungen empfiehlt, die allerdings nicht vor dem Januar 1876 möglich sein werde. Den Zeitpunkt für diese Maßregel, sowie die einzelnen Mittel und Wege zur Erreichung des Zweckes möge der Kongreß festsetzen, dem eine besondere Berücksichtigung der durch den Uebergang zur Metallwährung in hohem Grade berührten Rechtsansprüche aus allen seit längerer Zeit abgeschlossenen Privatkontrakten an⸗ empfohlen wird. Aus diesem Grunde werde der Termin für die Einzahlung des Papiergeldes geändert werden müssen. Die Bot⸗ schaft schlägt vor, das Schatzdepartement zu ermächtigen, bei Wieder⸗ aufnahme der Baarzahlungen ausreichende Goldankäufe vermittelst Verkaufs von Bonds zu bewirken. In allen Zweigen der Verwal⸗ tung müsse gleichzeitig zur Erleichterung der Maßregel die größte Sparsamkeit durchgeführt werden. Ebenso sei eine Reform des Zoll⸗ und Steuergesetzes ins Auge zu fassen, um einen höheren Steuerertrag zu erzielen. Ferner sollten die Staatsbanken zur selben Zeit von bisherigen Beschränkungen bezüglich der Aus⸗ gabe ihrer Noten befreit werden, indem es der gemeinsamen Ver⸗ tretung derselben freigestellt werden würde, den Minimalbetrag des Notenumlaufs festzustellen. Die bisherigen Schutzmaßregeln für die Inhaber der Bondsnoten hätten jedoch in Kraft zu bleiben. Die näheren Bestimmungen über die Freiheit der Banken und die Vorbedingungen ihrer Organisation müsse der Kon⸗ greß feststellen.

In Betreff der Beziehungen der Vereinigten Staaten zum Auslande konstatirt die Botschaft die ungestörte Fortdauer des freundschaftlichen Verkehrs mit allen auswärtigen Mächten. Eine Ausnahme hiervon bildeten nur die Beziehungen zu Vene⸗ zuela, das die aus dem Vertrage von 1866 resultirenden Ent⸗ schädigungssummen noch immer nicht bezahlt habe, und außer⸗ dem diejenigen zu Spanien. Die Unionsregierung hätte sich wegen der Fortdauer der Insurrektion auf der Insel Kuba zu beklagen, wodurch dem amerikanischen Handel ganz beträchtliche Verluste zugefügt würden. Die Botschaft erklärt, daß es für Amerika nothwendig werden könne, im Verein mit den anderen Mächten der kubanischen Insurrektion ein Ende zu machen, da Spanien sich vergeblich bemüht habe, dieses Ziel zu erreichen. Der Präsident giebt der Hoffnung Ausdruck, daß die mit Spanien schwebenden Verhandlungen in der Vir⸗ ginius⸗Angelegenheit bald zum Abschluß gebracht werden möch⸗ ten, wenngleich die Lage derselben zur Zeit keine sehr günstige sei, indem er gleichzeitig ankündigt, daß die Höhe der Entschädi⸗ gungsforderungen den Gegenstand einer besonderen Botschaft bilden solle. Alsdann wird noch die Indianerfrage besprochen. Der Präsident hofft, daß die den Eingeborenen gegenüber be⸗ folgte friedfertige Politik gute Früchte tragen werde, indem sie die Grenzgebiete endlich vor der Wiederkehr der indianischen Auf⸗ stände bewahre. Die Botschaft schließt mit dem Versprechen, daß die Regierung mit Energie an den Verwaltungsreformen weiter arbeiten werde, und empfiehlt die Einsetzung eines Gerichts⸗ hofes, dem die Erledigung der von Ausländern erhobenen Re⸗ klamationen, sowie die Regelung der Einwanderung aus China zur besonderen Aufgabe gemacht werden solle.

7. Dezember (W. T. B.) Der Bericht des Schatz⸗

Sekretärs Bristow liegt nunmehr gleichfalls vor. In dem⸗

selben werden die Einnahmen des Finanzjahres 1873 auf 322 Millionen, die Ausgaben auf 302 Millionen Dollars angege⸗ ben; pro 1874 belaufen sich die Einnahmen auf 293, die Aus⸗ gaben auf 273 Millionen. Die zur Schuldentilgung erforderlichen 32 Millionen werden dabei nicht mitge⸗ rechnet. Die Nothwendigkeit, neues Papiergeld auszu⸗ geben, habe aufgehört. sei gekommen. Als wünschenswerth wird bezeichnet, daß zu einem nahen und fest bestimmten Zeittermine der Zwangs⸗ cours für das Papiergeld aufhöre. Dieser Zeitpunkt werde in 3 Jahren, wenn nicht früher, eintreten. Der Bericht knüpft daran Vorschläge, die die Durchführung dieses Projektes erleich⸗ tern und jede etwaige Krisis fern halten sollen. Derselbe hält fest an der Erwartung, daß der Goldzufluß sich vermehren werde, sobald die Zahlungen in Metall wieder aufgenommen seien. Es würde das System freier Banken zur Einführung gelangen und bei etwaigem Mangel an baarem Gelde der Cirkulation durch in Gold zahlbare Banknoten zu Hülfe gekommen werden können. Die gegenwärtige ungünstige Lage von Börse und Handel sei die Folge der Ueberspekulation. Wenn an Stelle des gegenwär⸗ tigen Systems ein solches trete, das gutes Geld an die Stelle nicht einlöslichen Pagiergeldes setze, so werde auch in den in⸗ dustriellen Kreisen das Vertrauen zurückkehren. Der Bericht empfiehlt endlich die Aufhebung der Taxen auf Tratten der Banken, auf Schwefelhölzer, wohlriechende und kosmetische Mittel, sowie Droguen. Es wird vorgeschlagen, dieselben durch einen Zu⸗ schlag von 10 Cents auf Spirituosen zu ersetzen; die Zölle auf Thee und Kaffee, deren Ertrag sich ohne jeden Vortheil für die Konsumenten wesentlich verringert hat, sollen gleichfalls gänzlich aufgehoben werden. Die Einsetzung einer Kommission, die die Tariffrage überhaupt einer neuen Prüfung unterzöge, wird als äußerst wünschenswerth bezeichnet.

Dem ‚Reuterschen Bureau“ geht unter dem 7. Dezember die Meldung aus Washington zu, der Staatssekretär des Auswärtigen, Sir H. Fish, habe den Unions⸗Gesandten in Madrid, Caleb Cushing, bereits im Februar d. J. dahin instruirt, daß die Unionsregierung die Unabhängigkeit von Cuba und die Emanzipation der Sklaven als die allein mögliche und noth⸗ wendige Lösung der cubanischen Frage betrachte; der Staats⸗ sekretär habe dabei indeß ausdrücklich betont, daß der Unions⸗ regierung jede Absicht, Cuba zu annektiren, vollständig fern liege.

Asien. Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Hong⸗ kong vom 6. d. gemeldet, daß die Insel Formosa am 3. d. von den japanischen Truppen geräumt und somit die Eventualität eines Krieges zwischen Japan und China be⸗

Der Zeitpunkt zur Amortisirung

Afrika. Aegypten. Die „Times“ veröffentlicht die folgende Mittheilung der Regierung des Khedive:

„Die in der „Times“ und französischen Zeitungen veröffent⸗ lichte telegraphische Nachricht aus Aden, welche meldete, daß drei ägyptische Regierungs⸗Kriegsschiffe nach Berbera gesandt worden seien, um diesen Hafen zu blokiren, somit die Kommunikation mit Aden abschneidend, entbehrt gänzlich der Begründung. Thatsache ist, dah dieses Jahr wie früher ein ägyptischer Regierungsdampfer, der „Bakif“, nach Berbera als eine einfache Vorsichtsmaßregel wäh⸗ rend der großen Messe, und auch zu dem Behufe, die Salaire u. s. w. der Regierungsbeamten in diesem Hafen, der einen Theil des unter der Verwaltung der ägyptischen Regierung stehenden Gebiets bildet, zu überbringen, abgesandt wurde.“

Reichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 8. Dezember. In der gestrigen Sitzung des Deutschen Reichstags erklärte der Bundesbevollmächtigte General⸗Postdirektor Dr. Stephan in der Diskussion über den Postetat rücksichtlich des Antrags des Abg. Ackermann in Betreff der Revision der gesetzlichen Bestimmungen über die Zeitungs provision:

Meine Herren! Die Gründe, welche die geehrten Herren Vor⸗ redner angeführt haben für die Zweckmäßigkeit, ja für die Nothwen⸗ digkeit einer Revision der Bestimmungen über die Zeitungsprovision, Gründe, welchen sich noch einige andere hinzugesellen, die aber auszu⸗ führen bei der Etatsberathung zu weitläufig sein würde, setzen die Regierung in die Lage, sich dahin zu erklären, daß sie bereit ist, auf die Resolution im Siane einer richtigeren Ausgleichung zwischen Leistung und Bezahlung einzugehen. Die Differenzen, welche nament⸗ lich bei den Wochenblättern obwalten, sind in der That von ganz eminenter Bedeutung. Ein Wocheublatt, welches sich „Aktionär“ nennt und in Frankfurt a./M. wöchentlich ein Mal erscheint, also 52 Mal jährlich von der Post versendet wird, zahlt dafür eine Pro⸗ vision von 2 Thalern, die ich als eine sehr ansehnliche bezeichnen muß gegenüber der Leistung der Post. Dagegen giebt es andere Wochen⸗ schriften ich nenne z. B. die Sonntagsblätter —, die ebenfalls 52 Mal jährlich befördert werden und welche für dieselbe Leistung, für die das in Frankfurt erscheinende Blatt 2 Thlr. bezahlt, nur 4 Sgr. Provision entrichten. Es werden namentlich durch die jetzigen Pro⸗ visionsbestimmungen die wissenschaftlichen Zeitschriften unverhältniß⸗ mäßig betroffen. Die „Zeitschrift für klassische Alterthumswissen⸗ schaft“, welche monatlich ein Mal erscheint und die also von der Post 12 Mal jährlich zu befördern ist, zahlt dafür eine Provision von 2 Thlr. 7 ½ Sgr.; die „Vierteljahrsschrift für praktische Heil⸗ kunde“, welche nur vier Mal jährlich befördert wird, zahlt eine Pro⸗ vision von 1 Thlr. 15 Sgr. Diese wenigen Beispiele werden ge⸗ nügen.

Nun, meine Herren, das sind Differenzen, welche die Behaup⸗ tung gerechtfertigt erscheinen lassen, daß die jetzige Regelung der Zei⸗ tungsprovision nicht den Vorzug einer besonders rationellen besitzt, und ich kann daher nur wiederholen, daß die Regierung geneigt ist, auf die vorgeschlagene Resolution einzugehen und die Aenderung der Provisionsbestimmungen in Erwägung zu ziehen.

Beim Etat der Telegraphenverwaltung war zu Tit. 1 der Einnahme (Gebühren) von den Kommissarien des Hauses der Antrag gestellt, die Erwartung auszusprechen, daß es der Telegraphenverwaltung gelingen werde, in dem Etat für 1876 die Einnahmen mit den Ausgaben möglichst ins Gleich⸗ gewicht zu bringen.

Der Bundeskommissar General Meydam über nach dem Abg. v. Behr:

Meine Herren! Der Reichs⸗Telegraphenverwaltung ist, wie auch der Hr. Abg. Sonnemann bereits in dem Eingange seiner Rede be⸗ merkte, von dem Bundesrath die Aufgabe geworden, möglichst auf ein Gleichgewicht zwischen den Einnahmen und Ausgaben im Etat dieser Verwaltung hinzuwirken. Die Verwaltung muß natür⸗ lich ihr Augenmerk darauf richten, die Tarife so bemessen zu lassen, daß die eigenen Ausgaben der Verwaltung durch die aufkommenden Gebühren hinreichend gedeckt werden. Inwieweit das durch eine Ausgleichung der jetzt bestehenden verschiedenen Tarifsätze, die sich nach Zonen klassifiziren, thunlich ist, muß den statistischen Erörterungen, die eingeleitet sind, überlassen bleiben. Es wird natürlich die größte Mühwaltung in der Richtung eingeschlagen werden, und die Ansicht, welche dem Antrage des Abg. Ackermann und Genossen zu Grunde gelegen hat, findet darin bereits ihre Befriedigunz. Den Vertretern der Verwaltung ist es natürlich von großem Nutzen und Interesse gewesen, die Ansichten der Reichstagsmitglieder, welche in der Gruppe thätig waren, zu vernehmen und damit Wünsche und Ansichten kennen zu lernen, die bei den verschiedenen Kreisen und Persönlichkeiten vor⸗ handen waren.

Ein weiterer Punkt, der von dem Hma. Abg. Sonnemann angeregt worden ist, betrifft die herbeizuführende Erleichterung der telegraphischen Zeitungskorrespondenz in der Nacht. Meine Herren! An solchen Orten, wo bereits Nachtdienst besteht, wo es ohne erheb⸗ liche Mehraufmwendung von Betriebsmaterial und Personal möglich ist, wird die Telegraphenverwaltung sehr gern den Wünschen größerer Zeitungen in dieser Beziehung entgegenkommen. In der That ruht des Nachts der telegraphische Verkehr in erheblicher Weise, und es ist deshalb möglich, die Leitungen für die telegraphische Zeitungskor⸗ respondenz zur Verfügung zu stellen, um diesen Organen der öffent⸗ lichen einung Erleichterungen zu verschaffen. Natürlich ist ein dabei die Vergütigung der eigenen Kosten der Telegraphen⸗

erwaltung.

In der Diskussion über die Rübenzuckersteuer ant⸗ wortete der Bundesbevollmächtigte, Staats⸗Minister Dr. Delbrück, auf eine Anfrage des Abg. v. Behr in Betreff des Scheibler⸗ schen Verfahrens:

Meine Herren! Ich beschränke mich auf die Beantwortung der eben vom Herrn Vorredner gestellten Frage.

Ich kann im Augenblicke nicht eine Auskunft darüber geben, ob eine Forderung für die zur Prüfung des Scheiblerschen Verfahrens anzustellenden Versuche noch im Laufe der Budgetberathung wird ein⸗ gebracht werden. Wenn sie aber nicht eingebracht wird, so möchte ich den Herrn Vorredner sowohl wie das Haus darum bitten, nicht daraus zu folgern, daß die Versuche etwa nicht werden angestellt werden. Die Summen, um die es sich handelt, sind an sich nicht so bedeutend, und das Interesse, welches die Frage in Anspruch nimmt, ist auf der anderen Seite so bedeutend, daß die verbündeten Regierungen kein Bedenken tragen werden, in dem Verhoffen auf die demnächstige Zu⸗ stimmung des Reichstags die Ausgaben zu leisten, auch wenn sie nicht durch das Budget bewilligt sind.

Gegen den Abg. Dr. Websky bemerkte der genannte Bundesbevollmächtigte in Betreff der Branntweinsteuer:

Meine Herren! Es ist unmöglich, von hier aus den Berechnun⸗ en, die der Herr Vorredner mitgetheilt hat, zu folgen, da man ihre Ee nicht kontroliren kann. Ich mache ihm meinerseits daraus keinen Vorwurf; denn wenn er seine Berechnungen so vorgetragen hätte, daß man die Elemente kontroliren könnte, so würde er damit vielleicht zu viel Zeit in Anspruch genommen haben.

Ich möchte nun, was die Branntweinsteuer betrifft, seinen Zahlen zwei andere gegenüberstellen, die ich für ganz unumstößlich richtig halte. Es ist im Etat für den Norddeutschen Bund für 1868 be⸗ rechnet und zwar nach der Wirklichkeit, was in den 3 Jahren 1864, 1865 und 1866 in den damaligen Branntweinsteuergebieten auf den Kopf wirklich aufgekommen war Nach Abzug der Exportbonifikation kamen damals an Branntweinsteuern und an Uebergangs⸗ abgabe 9 Sgr. 10 Pf. auf den Kopf. In dem jetzt Ihnen vorliegenden Etat ist ebenso genau aus den Durchschnikten

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der 3 Jahre 1871, 1872 und 1873, auch nach nses der Exportboni⸗ fikation, für die jetzige Branntweinsteuergemeinschaft 1,0023 Mark, also 10 Sgr. ½ Pf. gegenüber 9 Sgr. 10 %⁄0%% Pf. im Durchschnitt der 3 Jahre 1864 bis 1866 pro Kopf berechnet.

Ich glaube, daß sich hieraus ergiebt, daß der Verbrauch des Brannt⸗ weins innerhalb der Grenzen des Branntweinsteuergebietes sich nicht in einer Weise vermehrt hat, so daß dies irgendwie zu bedenklicheren Folgerungen Anlaß geben könnte, wobei ich ganz außer Acht lasse, daß von Jahr zu Jahr mehr Branntwein für gewerbliche Zwecke verbraucht wird, daß man also selbst aus einer sehr viel größeren Steigerung der Ein⸗ nahme von der Branntweinsteuer und folgeweise aus der Erzeugung von Branntwein nicht im allermindesten herleiten könnte, daß meh Branntwein getrunken wird.

In der Diskussion über die Brausteuer entgegnete der Staats⸗Minister Dr. Delbrück dem Abg. Dr. Loewe:

Meine Herren! Ich kann mich auf die technischen Fragen, die hier berührt worden find, als Nichttechniker nicht einlassen. Ich kann indessen anführen, daß für die verbündeten Regierungen in dem vor Kurzem bekannt gewordenen Ergebniß der Besteuerung der Malz⸗ Surrogate im Jahre 1873, dem ersten Jahre, wo das neue Gesetz in Kraft stand, die dringende Veranlassung gegeben ist, sich zu über⸗ legen, ob nicht das Gesetz zu ändern sein möchte. Denn das Ergeb⸗ niß, daß im Jahre 1873 überhaupt nur 63,000 Ctr. Malz⸗ Surrogate versteuert worden sind, fordert hinlänglich dazu auf.

Bei der Position Wechselstempelsteuer erwiderte Derselbe auf eine Anfrage des Abg. Dr. Reichensperger:

Meine Herren! Der Augenblick, in den Sätzen des Wechsel stempelsteuergesetzes eine Aenderung vorzunehmen, wird meiner Ansicht nach erst dann eintreten, wenn die Markwährung in ganz Deutsch⸗ land eingeführt sein wird, unabhängig von der ja jetzt nur in einem 5 von Deutschland bevorstehenden Einführung der Mark⸗ rechnung. 8

Die Petition, welche der Herr Vorredner erwähnte, ist viel⸗ leicht nicht von derselben Handelskammer, indeß solche Petitionen pflegen identisch zu sein von mehreren Handelskammern an den Bundesrath gebracht und wird der Erwägung unterliegen. Bemerken will ich nur, daß das praktische Resultat dieser Petition eine recht erhebliche Steuerermäßigung für die niedrigeren Stufen sein würde.

In der Diskussion über den Münzetat bemerkte der genannte Bundesbevollmächtigte nach dem f Siemens:

Meine Herren! Da wohl nicht darauf zu hoffen ist, bis zum 31. Dezember d. Js. die Bankgesetzgebung abgeschlossen zu sehen, so sehe ich es als vollkommen selbstverständlich an, daß eine Verlänge⸗ rung des Gesetzes vom Jahre 1870 noch im Laufe dieses Monats sowohl die Zustimmung des Bundesraths als auch des Reichstages finden wird. In Verbindung mit einer solchen Vorlage ist es die Absicht des Reichskanzler⸗Amtes, weitere Bestimmungen zu byingen, welche darauf abzielen, die raschere Einziehung der kleineren Noten⸗ appoints innerhalb des nächsten Jahres anzuordnen.

Rücksichtlich des Gesetzentwurfs, betreffend die Einführung von Reichsgesetzen in Elsaß⸗Lothringen, erklärte der Staats⸗M nister Dr. Delbrück auf eine Anfrage des Abg. Dr. Lasker wegen der Justizgesetze:

Meine Herren! Das Gesetz, welches der Herr Vorredner er⸗ wähnt hat, ist nicht vergessen worden bei der Aufstellung dieses Ent⸗ wurfs. Wir sind aber der Meinung gewesen, daß es nicht nothwen⸗ dig sei, es hier ausdrücklich mit auszuführen, weil bei dieser Aende⸗ rung der Verfassung, wo es sich um das Verhältniß der Souveränetät der Einzelstaaten zur Gesammtheit handelte, Rücksichten in Betracht gekommen sind und in Betracht kommen, die bei Elsaß⸗Lothringen überall nicht zutreffen, und daß es bei Elsaß Lathringen einfach ge⸗ nügen wird, die Reichsgesetze, die auf Grund dieses von mir erwähn⸗ ten Gesetzes erlassen werden, ohne daß Elsaß⸗Lothringen in der Ein⸗ gangsformel aufgenommen wird, anzunehmen und zu verkündigen.

Statistische Nachrichten.

Das Königliche württembergische Ministerium des Innern hat im vorigen Monat von den Oberamts Physikaten Verzeichnisse über die in ihren Bezirken in beruflicher Thäti keit stehenden appro birten deutschen Aerzte eingefordert und eine Zusammenstellung des Inhalts dieses Verzeichnisses bearbeiten lassen. Hiernach befinden sich in Württemberg gegenwärtig bei 254 Apotheken 504 approbirte Aerzte, wovon im Neckarkreis 193, im Schwarzwaldkreis 108, im Jagstkreis 77, im Donaukreis 126 wohnen.

Ueber den ersten allgemeinen Beamtenverein der österreichisch⸗ungarischen Monarchie theilt die „Wien. Z. Folgendes mit: Die Lebensversicherungsabtheilung nahm im Monate November d. J. 556 Anträge über 607,828 Fl. Kapital und 1740 Fl. Rente entgegen, wovon 428 Versicherungsanträge mit 420,800 Fl. Kapital und 40 Fl. Rente angenommen worden. Der Gesammtstand der Ende v. M. in Kraft befindlichen Versicherungen bezifferte sich nach Abzug aller Erlöschungen mit 23,699 Verträgen über eine Kapi⸗ talsumme von 21,609 600 Fl. und jährliche Renten per 46,900 Fl. Hiervon ist ein Kapitalsbetrag von 700,000 Fl. in Rückversicherung

egeben. Durch Ableben der Versicherten sind seit Beginn dieses

aahres 252 Verträge erloschen und mit diesen 175,600 Fl. Kapita und 300 Fl. Rente fällig geworden. Die Prämieneinnahme für den veflasenen Monat war mit 48,342 Fl. 64 Kr. in Vorschreibung. In Wr.⸗Neustadt ist ein Spar⸗ und Vorschußconsortium des Beam tenvereins ins Leben getreten.

Die Auswanderung über Liverpool ist, amtlichen Sta⸗ tistiken zufolge, noch immer im Abnehmen begriffen. Während des verwichenen Monats (November) segelten von der Mersey 35 Schiffe mit 5893 Auswanderern nach transatlantischen Häfen ab, d. i. 1868 weniger als im korrespondirenden Monat des Vorjahres, während die Abnahme in dem mit November endenden Jahre sich auf 66,9 Passagiere beziffert. Von den 5893 Auswanderern im vorigen Mo⸗ nat gingen 5585 nach den Vereinigten Staaten, 75 nach Nova Sco⸗ tia, 88 nach Victoria, 20 nach China, 32 nach Ostindien, 30 nach Westindien und 113 nach Südamerika.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Berlin. In der Versammlung der Juristischen Gesellschaft am Mittwoch den 9. d. M., wird der Königlich sächsische General⸗ Staatsanwalt Dr. Schwartze einen Vortrag über den österreichischen Entwurf eines Strafgesetzbuches halten.

Nach einer Bekanntmachung des Vorstandes des Evangelischen Vereins für kirchliche Zwecke wird auch im nächsten Jahre zwische Neujahr und Ostern wieder ein Cyklus wissenschaftlich er Vor⸗ träge an den Montagabenden von 7 bis 8 Uhr im Saale des Evangelischen Vereinshauses, Oranienstraße 106 hierselbst, gehalten werden. Es werden sprechen: 4. Januar. Reichard, Kon sistorial⸗Rath in Posen: Die religiösen⸗Bewegungen in Frankreich in den letzten 50 Jahren. 11. Januar. Stahn, Konsistorial⸗Rath: Di Freiheitsleiden der Gegenwart. 18. Januar. Liz. Gerlach, Pfarrer in Garz: Der Sozialismus und das Christenthum. 25. Januar. Fürer, Pfarrer in Friesdorf: Vergleichung von Scheffels Ekkehard und Freitags Ahnen. 1. Februar. Liz. Dr. Dibelius, S prim. in Dresden: Das Gesangbuch. 8. Februar. Dr. Schian, Archidigkonns in Liegnitz: Das Wunder. 15. Februar. w Superintendent in Schneidemühl: Die Selbstzersetzung des Christenthums und die Religion der Zukunft nach Eduard von Hartmann. 22. Februar. Pank, Pfarter: (Das Thema ist noch vorbehalten.) 1. März. Liz. Tauscher, Direktor des Stiftsgymnasiums in Zeitz: Die kirchenpolitischen Be⸗ wezungen der Gegenwart im Lichte der Hohenstaufenzeit. 8. Maͤrz. Freiherr von Meerheimb, Oberst im Großen Generalstab: D fluß der Volksbildung auf die Kriegsführung. 15. März. misch, Konsistorial⸗Rath und Professor: Das christliche Märtyrerthum nach seinem Wesen und seiner Bedeutung für die Kirche.