höheren Töchterschule Platz greife. Diese Annahme hat der Minister indeß nicht zutreffend erachtet, da die höheren Töchter⸗ schulen den höheren Lehranstalten im Sinne des Gesetzes nicht eingereiht sind. Es finden daher auf diese Anstalten die für Volksschulen bestehenden Bestimmungen Anwendung und diese setzen eine dreimonatliche Kündigungsfrist fest. Auch ist es von keiner Bedeutung, ob der einer solchen Schule angehörende Lehrer den Titel Oberlehrer führt oder nicht.
— Nach §. 186 des Reichs⸗Strafgesetzbuches ist Derjenige, welcher gegen einen Anderen eine Thatsache behauptet und verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, strafbar. In Beziehung auf diese Bestimmung entschied das Ober⸗Tribunal in seiner Sitzung vom 16. Oktober cr., daß diese Strafandrohung nicht nur dann Anwendung findet, wenn derartige Behauptun⸗ gen um ihrer selbst willen, sondern auch dann, wenn sie Begründung einer anderen Thatsache geäußert worden.
— Nur ein dauerndes Lohnverhältniß zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer macht nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 18. November cr. die Verfolgung des Diebstahls oder der Unterschlagung Seitens des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber von einem Strafantrage abhängig.
— Der Maschinenbauer M. hatte mehrere Wechselforde⸗ rungen gegen den Dampfmühlenbesitzer R., welcher an den Verfalltagen jedoch Zahlung verweigerte. Um jedoch dem Gläu⸗ biger die Realisirung seiner Forderungen unmöglich zu machen, hatte R. bereits vor den Verfalltagen sein Grundstück an seinen Schwager, den Rendant K. übertragen, welcher sodann das Grundstück weiter verkaufte, einen Theil des Kaufgeldes von dem neuen Erwerber sich zahlen und den Rest des Kaufgeldes auf das Grundstück hypothekarisch eintragen ließ. — Der Wech⸗ selgläubiger, Maschinenbauer M., stellte hierauf den Klageantrag, daß der Vertrag zwischen seinem Schuldner und dessen Schwa⸗ ger, durch welchen das Grundstück auf diesen überging, als un⸗ gültig zu betrachten und er als befugt zu erachten sei, seine Forde⸗ rungen aus den hypothekarisch eingetragenen Restkaufgeldern zu be⸗ friedigen (s. g. Anfechtungsklage). In zweiter Instanz wurde diesem Antrage gemäß auch erkannt, indem der Appella⸗ tionsrichter feststellte, daß der Vertrag zwischen dem Schuldner und seinem Schwager zum Scheine, also nicht in der ernst⸗ lichen Absicht der Eigenthumsübertragung, abgeschlossen worden sei. Auch die Nichtigkeitsbeschwerde des verklagten Rendanten K. vernichtete das Ober⸗Tribunal in seiner Sitzung vom 10. November cr. das Erkenntniß der zweiten Instanz, indem es ausführte, daß nach preußischem Recht die Anfechtungsklage im vorliegenden Falle keine Anwendung finde. Die Anfechtungs⸗ klage setzt als eine Klage auf die Erlangung einer Sache den Besitz der Sache auf Seiten des verklagten Scheinkäufers (Rendanten K.) voraus und ist gegenstandslos, wenn der Besitz der Sache, an welcher gleichsam der Exekutions⸗ anspruch des anfechtenden Gläubigers haftet, fehlt. Der Ver⸗ klagte ist nun aber thatsächlich nicht mehr im Besitz des frag⸗ lichen Grundstückes, denn er hat dasselbe weiter verkauft. Diese Weiterveräußerung stellt sich auch nicht als eine der An⸗ fechtungsklage des Klägers unterworfene Schein⸗ Uebertra⸗ gung dar und die durch die Veräußerung erworbene und für den Veräußerer eingetragene Kaufgelderforderung bildet nicht ohne Weiteres ein an die Stelle des Grundstückes tretendes, für den Kläger realisirendes Anfechtungs⸗ und Exekutionsobjekt. Der Wechsel⸗ gläubiger hätte seinen Anspruch auf Befriedigung aus der Kauf⸗ gelderforderung des Rendanten K. aus dem Fundamente der Schadenszufügung herleiten können, nicht aber aus den⸗ jenigen Momenten, aus welchen das exceptionelle Recht der An⸗ fechtung begründet wird.
— Se. Majestät der Kaiser und König haben ge⸗ nehmigt, daß das städtische Gymnasium zu Burg im Kreise Jerichow I. fortan den Namen Ihrer Kaiserlichen und König⸗ lichen Hoheit der Kronprinzessin in der Bezeichnung „Victoria⸗ Gymnafium“ führe.
— Von den bei den Kreisgerichten in Wittstock, Frank⸗ furt a. d. O., Landsberg a. d. W. und Neumarkt, sowie bei der Gerichts⸗Kommission in Schönfließ vakanten fünf Richterstellen sind vom 1. Januar 1875 ab drei auf das hiesige Kreisgericht, je eine auf die zu demselben gehörige Gerichts⸗
nission in Köpenick und auf das Kreisgericht in Löbau übertragen.
— Die Beerdigung des verstorbenen Generals der Infan⸗ terie zur Disposition, von Schlichting, findet morgen Vor⸗ mittag 10 Uhr vom Elisabeth⸗Krankenhause Lützowstraße Nr. 24 — 26 aus auf dem Invaliden⸗Kirchhofe statt.
— Der General⸗Lieutenant Freiherr von Puttkamer, Inspecteur der 2. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion, ist nach beendigtem Urlaub wieder abgereist.
— Die Stadtverordnetenversammlung genehmigte gestern den Antrag des Magistrats, nach dem Muster und aus dem Etat der Gemeindeschulen eine städtische Taub⸗ stummenschule einzurichten, unter dem Vorbehalt, die Ver⸗ hältnisse dieser Schule anderweit zu regeln, sobald die Provinzial⸗ verhältnisse der Stadt gesetzlich bestimmt sind.
Der in Nr. 284 dieser Zeitung mitgetheilte, in der Sitzung am 3. d. M. gefaßte Beschluß, die geschäftsordnungsmäßig der Vorberathung durch die Geldbewilligungs⸗Deputation unterliegenden Vorlagen des Magistrats fortan (probeweise auf 3 Monat) erst dann zur Berathung im Plenum der Versamm⸗ lung zu bringen, nachdem die bezüglichen Protokolle der Geld⸗ bewilligungs⸗Deputation vorher gedruckt worden und sämmt⸗ lichen Mitgliedern der Versammlung zugegangen sind, hat nicht die Zustimmung des Magistrats erhalten. Derselbe will dem Beschlusse nur dann zustimmen, wenn zugleich Ein⸗ richtungen getroffen werden, um den Nachtheilen vorzubeugen, die sonst den beabsichtigten Vortheil entwerthen müßten. Als solche Einrichtungen schlägt der Magistrat vor die Beschränkung der einer Vorberathung durch die Geldbewilligungs⸗Deputation zu unterbreitenden Angelegenheiten, etwa dahin, daß künftig nur diejenigen Vorlagen an die Geldbewilligungs⸗Deputation gehen, welche ihrer Wichtigkeit wegen vom Vorstande der Ver⸗ sammlung dazu geeignet erachtet werden, insofern sie nicht ge⸗ schäftsordnungsmäßig der Begutachtung einer andern Deputa⸗ tion unterliegen, und ferner diejenigen in §. 80 der Städte⸗ ordnung bezeichneten Magistratsvorlagen, denen nicht bereits das Gutachten einer gemischten Deputation beigefügt ist. Außerdem macht der Magistrat seine Zustimmung von der Zuziehung von Magistratskommissarien zu den Sitzungen der Geldbewilligungs⸗ Deputation abhängig. Der Stadtverordnete Professor Dr.
Gneist, welcher in der gestrigen Versammlung der Stadtverord⸗ neten hierüber referirte, hielt den vom Magistrat erhobenen Kom⸗ petenzkonflikt für durchaus unerheblich, da der Magistrat in Sachen der Ausübung der Geschäfte nicht mitzureden habe. Es bedürfe gar nicht der Zustimmung des Magistrats zum Druck der Protokolle der Geldbewilligungs⸗Deputations, ganz ebenso wenig, als wenn die Versammlung beschließen würde, einen auf der Tagesordnung stehenden Antrag bis nach der Druck⸗ legung der Protokolle zu vertagen. Der Wunsch des Magistrats, Kommissarien in die Sitzungen der Geld⸗ bewilligungs⸗Deputation zu entsenden, sei dagegen zu empfehlen und dessen Ausführung dringend wünschenswerth; denn dadurch werde die gegenseitige Information bedeutend erleichtert. Der Referent schlug schließlich vor, versuchsweise die Anträge des Magistrats anzunehmen, einen desinitiven Beschluß aber erst bei der bevorstehenden Revision der Geschäftsordnung zu fassen. — Die Versam nlung beschloß indessen nach längerer Debatte ein⸗ stimmig, auf dem gefaßten Beschluß zu verharren. Der Antrag des Referenten, die Frage wegen der Zulassung der Magistrats⸗ Kommissarien zur Geldbewilligungs⸗Deputation der Berathung der Geschäftsordnung vorzubehalten, wurde abgelehnt.
— Bei den am 9. d. M. stattgehabten Neuwahlen für die Stadtverordneten⸗Versammlung sind von der J. Abtheilung des 7. Wahlbezirks: der bisherige Stadt⸗ verordnete, Rechtsanwalt Dr. Horwitz; von der I. Ab⸗ theilung des 20. Wahlbezirks: der bisherige Stadtverordnete, Holzhändler Krause; von der I. Abtheilung des 29. Wahl⸗ bezirks: der bisherige Stadtverordnete, Rentier Brandt; von der III. Abtheilung des 19. Wahlbezirks: der Rentier A. Brock zu Mitgliedern der hiesigen Stadtverordneten⸗Ver⸗ sammlung gewählt worden.
— Die fälligen Englischen Posten aus London, vom 8. und 9. Abends und vom 9. früh, sind ausgeblieben.
Königsberg, 10. Dezember. (W. T. B.) Die erste Deputation des hiesigen Stadtgerichts hat heute auf Schlie⸗ ßung des hiesigen, „Sozialdemokratische Arbeiterpar⸗ tei“ genannten Ortsvereins wegen Gefährlichkeit desselben für den Staat und die Gesellschaft erkannt. Zwei Mitglieder des Vereins sind wegen Uebertretungen des Vereinsgesetzes zu Geld⸗ strafen verurtheilt worden.
Posen, 10. Dezember. (W. T. B.) Auf Verfügung des des Kreisgerichts in Kempen ist der Dekan Ponkowski wegen seiner Weigerung, über die Persönlichkeit des apostolischen Delegaten eine Aussage zu machen, heute verhaftet worden.
Rendsburg, 10. Dezember. In der heutigen 5. Sitzung des Provinzial⸗Landtags, welche von dem Landtags⸗ Marschall um 12 Uhr Mittags eröffnet ward, zeigte derselbe unter Anderm den Eingang zweier Propositionen resp. des Verbitters Grafen von Reventlow⸗Wittenberg und des Bürger⸗ meisters Grimm⸗Sonderburg an, von denen erstere darauf hin⸗ ausgeht, daß ein Ausschuß niedergesetzt wird, um zu prüfen, zu welchen Schritten die von den Herren Ministern des Innern und der Finanzen gemachte Eröffnung, durch welche der Provinz eine Summe von 1,200,000 M. zur Erledigung der Ansprüche aus den Jahren 1848/50 in Aussicht gestellt wird, Ver⸗ anlassung geben möchte, die zweite die Bewilligung einer Pauschalsumme aus der Staatskasse zur Vergütung der Kriegs⸗ schäden aus dem Jahre 1864 zu beantragen proponirt.
Dem Reglement über die innere Einrichtung und Verwal⸗ tung der provinzialständischen Korrektionsanstalt in Glückstadt ward ohne Diskussion die Zustimmung ertheilt.
Hierauf motivirte der Abg. Waeks⸗Hanerau seine Pro⸗ position:
In Erwägung, daß die Verwaltungsreformen, welche mit dem Erlaß der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 für die 6 östlichen Provinzen im preußischen Staat in Angriff genommen worden sind und gegenwärtig durch die Gesetzgebung weiter ausgebaut werden, naturgemäß auf das ganze Staatsgebiet ausgedehnt werden müssen und daher mit aller Sicherheit demnächst auch in der Provinz Schleswig⸗Holstein zur Einführung gelangen werden,
wolle der Provinzial⸗Landtag beschließen, den ständischen Ausschuß zu beauftragen:
1) die Frage wegen Einführung der Kreisordnung vom 13. De⸗ 1872 in der Provinz Schleswig⸗Holstein in Erwägung zu ziehen;
2) bei der Berathung über diesen Gegenstand seine Aufmerk⸗ samkeit vornehmlich dahin zu richten, in welchen Punkten die be⸗ sonderen Verhältnisse eine Modifikation oder eine Aenderung ein⸗ zelner Bestimmungen der Kreisorenung vom 13. Dezember 1872 im Interesse der Provinz wünschenswerth mache;
3) das Resultat seiner Arbeit dem Provinzial⸗Landtage in seiner nächsten Diät zur Prüfung und eventuellen Beschlußnahme vorzulegen.
Der Antrag fand mehrseitige Unterstützung, namentlich von dem Landesdirektor von Ahlefeld und von dem Abg. Lesser⸗ Altona, während der Abg. Freiherr von Hollen denselben noch um 1 Jahr ausgesetzt zu sehen wünschte und die Abgg. Grafen Rantzau⸗Oppendorf und Broekdorff⸗Ahlefeld sich nur in be⸗ schränkter Weise für denselben aussprachen. Schließlich ward die Proposition mit dem Zusatz, daß der ständische Ausschuß autorisirt sein solle, zur Bearbeitung dieser Angelegenheit geeig⸗ nete Kräfte heranzuziehen und dieselben nach eigenem Ermessen zu verwenden, mit erheblicher Majorität angenommen. Dagegen wurde die Proposition des Abg. Baron Hobe⸗Gelting, daß eine billige Ausgleichung der Einquartierungslast bei größeren Truppen⸗Uebungen innerhalb der ganzen Provinz herbeigeführt werde, mit großer Majorität abgelehnt. Schließlich fand noch eine Wahl von 3 einkommensteuerpflichtigen Stellvertretern zur Bezirkskommission für die klassifizirte Einkommensteuer statt, und ward die Sitzung darauf um 3 Uhr geschlossen. Die nächste
Sitzung wird erst Montag, den 14. d. M. stattfinden.
Bayern. München, 9. Dezember. Der Kronprinz Rudolf von Oesterreich ist gestern Nachmittag mit dem Salzburger Zug hier eingetroffen, von dem Prinzen Leopold und der Prinzessin Gisela am Bahnhof empfangen und sofort in deren Palais geleitet worden. Abends wohnte der Kronprinz der Vorstellung im Hoftheater an. Heute Vormittag erstattete derselbe der Königin⸗Mutter und den Prinzen Luitpold und Arnulph Besuch ab. Nachmittags war Familien⸗Diner beim Prinzen Leopold, an dem die Prinzen Luitpold, Arnulph und Adalbert, die Königin⸗Mutter und Prinzessin Therese Theil nahmen. Der Aufenthalt des Kronprinzen hierselbst wird 4 bis 5 Tage dauern.
— Der Finanz⸗Minister Berr hat sich heute Abend nach Berlin begeben; die Leitung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums während dessen Abwesenheit hat Staatsrath Dr. v. Fischer übernommen.
Mecklenburg. Schwerin, 10. Dezember. großherzog ist nach einer guten
Der Erb⸗ leberfahrt von Nizza aus
am 7. d. M. wohlbehalten in Algier gelandet. — Der Grofß⸗ herzogliche Hof hat wegen Ablebens des Erbgroßherzogs Carl -n n von Oesterreich vorgestern eine achttägige Trauer an⸗ gelegt.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 7. Dezember. (Fr. J.) Die Regierung publizirt eine Verordnung über die Zusammensetzung und den Geschäftskreis des Kirchenraths. Derselbe besteht schon seit 1849. Da aber durch die Synodal⸗ verfassung für gewisse Angelegenheiten der Synodalausschuß zum Kirchenrath gehört, so wurde eine neue Regulirung der Kompetenzen der obersten Kirchenbehörde nöthig. Der Kultus⸗ Minister ist auch ferner der Vorsitzende; außerdem ist noch ein rechtsgelehrtes weltliches Mitglied beigegeben. Dieses sowohl, als auch die geistlichen Mitglieder ernennt der Großherzog. Dem Kirchenrathe kompetirt die gesammte kirchliche Oberaufsicht in rein geistlichen Dingen, auch steht ihm eine Mitwirkung bei Ueberwachung des Religionsunterrichts zu.
— In dem Landesfürstlichen Bescheid auf die Synodal⸗ Beschlüsse findet sich folgende Bestimmung:
„Die seither von unserm Kirchenrathe durch Erlasse vem 15. November 1872 und 17. März 1873 gegebene Vorschrift, danaͤch die Ertheilung der Prädikate „Jungfrau“ und „Junggesell“ beim Auf⸗ gebote in den Fällen, wenn sie entweder nicht ausdrücklich verlangt wird oder notorisch mit Unrecht verlangt wird, unterbleiben und das Brautpaar einfach mit Namen, Stand und Amt genannt werden soll, hat sich bisher im Ganzen als dem Bedürfuisse und den gegebenen Verhältnissen entsprechend, insoweit erwiesen, daß wir wenigstens schon jetzt ein hinreichendes Motiv zur Aenderung jener Vorschrift zu er⸗ kennen nicht vermögen.“
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 9. Dezember. Dem seit dem 27. v. M. versammelten Landtag des Her⸗ zogsthums sind neben dem Finanz⸗Etat für die neue Finanz⸗ periode 1875 — 77 bis jetzt noch ein Postulat wegen Verlegung des Bahnhofs der Sächsisch⸗Bayerischen Bahn in Altenburg, ein Gesetzentwurf wegen Trennung der Justiz von der Verwal⸗ tung auch in der untersten Instanz, eine neue Dorfordnung und mehrere Nachpostulate wegen Vollendung einiger Landes⸗ bauten (Museum, Realschule, Leuchtenburg) vorgelegt worden. Ueber den Finanz⸗Haupt⸗Etat wird der „L. 3.“ ge⸗ schrieben:
Der Finanz⸗Hauptetat, welcher zum ersten Male in Reichsmark⸗ währung aufgestellt ist und wegen der Abtrennung des Domaniums in vielen Kapiteln gegen früher eine wesentlich veränderte Gestalt zeigt, schließt in Einnahme und Ausgabe mit 2,239,119 Mk. (746,373 Thlr.) ab. Aus den verschiedenen Kapiteln der Einnahme heben wir hervor, daß die Aktipzinsen mit 225,000 Mk. (22,000 Thlr. mehr, als in dem vorigen Etat), der Etat der Forsten und Jagden mit 326,085 Mk. (19,628 Thlr. mehr), die Grundsteuer mit 265,500 Mk. (1635 Thlr. mehr), die Klassen⸗ und klassifizirte Einkommensteuer mit 444,000 Mk. (13,252 Thlr. mehr), die Kollateralgelderabgabe mit 38,484 Mk. (1317 Thlr. mehr), die Kaufgroschenabgabe mit 18,141 Mk. (1089 Thlr. mehr), die Fleischsteuer mit 57,798 Mk. (1251 Thlr. mehr) Ertrag eingestellt ist. Der Gewinn des Staates aus den antheiligen Ueberschüssen der Landesbank ist mit 345,000 Mk. (30,716 Thlr. mehr) nach dem ungefähren Durch⸗ schnitt der letzten zwei Jahre etatisirt. Bei der Ausgabe ist als Exigenzsumme für Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld nur 88,483 Mk. eingestellt. Für die obere Verwaltung (Ministerium, Landeskollegien) sind 234,030 Mk., wegen des Deutschen Reichs 262,467 Mk., für die Landesuniversität zu Jena 32,706 Mk., für das Ober⸗Appellationsgericht das. 10,755 Mk., für die Untergerichts⸗ behörden 382,728 Mk., Kreis⸗Hauptmannschaften 13,200. Mk., für das Medizinalwesen 42,369 Mk., Armenwesen 38,190 Mk., Gensd'armerie 65,070 Mk. u. s. f. eingestellt. Im Unterrichtsressort sind für das bisher nur ein Progymnasium bildende Lyceum zu Eisenberg die Auf⸗ wände für Umgestaltung desselben in ein volles Gymnasium vor⸗ gesehen. Auch die Zuschüsse für die Landesuniversität zu Jena sind abermals erhöht und für die Beamten, außer der Verwandlung der im vorigen Jahre bereits bewilligten zehnprozentigen Theuerungs⸗ zulage in fixe Gehaltszuschläge, eine weitere mäßige Erhöhung der Besoldungen in allen Kategorien derselben in Ansatz gebracht.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 9. Dezember. Der Herzog von Sachsen⸗Meiningen ist gestern Abend hier eingetroffen und im Herzoglichen Residenzschloß abgestiegen. Ihm zu Ehren findet heute eine Jagd auf Schwarzwild im Mönchrödner Thiergarten statt. Morgen früh wird sich der Herzog nach Meiningen zurückbegeben.
Hamburg, 10. Dezember. In der gestrigen Sitzung des Senats wurden Bürgermeister Dr. Gustav Heinrich Kirchen⸗ pauer zum ersten Bürgermeister und Senator Dr. Nicolaus Ferdinand Haller zum zweiten Bürgermeister für das Jahr 1875 erwählt. 8
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8 8 Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. Dezember. Der Kaiser
hat vorgestern Nachmittag den apostolischen Nuntius Erzbischof Jacobini und sodann den Königlich niederländischen Gefandten Baron Heeckeren van Bewerwaard empfangen.
— Der Erzherzog Kronprinz Rudolf ist am 6. d. M. Abends von Wien in Salzburg angekommen. -
— 11. Dezember. (W. T. B.) Das Ministerium des Innern hat, wie die „Neue freie Presse“ meldet, im Einvernehmen mit den betheiligten Ministerien beschlossen, die staatliche Beaufsichtigung der Aktien⸗Erwerbsgesellschaften während der Liquidation durch landesfürstliche Kommissare auf⸗ zuheben.
Pest, 9. Dezember. In der heutigen Sitzung des Abge⸗ ordnetenhauses wurde die Debatte über die Indemnitäts⸗ vorlage durch Paul Moricz mit einem heftigen Angriffe gegen Ghyczy eröffnet, der seine früheren Prinzipien als Führer der Op⸗ position verläugnete und die auf ihn gesetzten Hoffnungen ge⸗ täuscht habe. Auch der zu Anfang des Jahres 1873 gefaßte Beschluß des Unterhauses wegen der Verwaltungsreform blieb bisher unausgeführt. Die Regierung könne auch heute keine Garantie dafür bieten, daß das Versprechen des Ka⸗ binetschefs, in zwei bis drei Jahren werde das Defizit getilgt sein, eingehalten werde; sie verdiene daher kein Vertrauen. Madaraß sprach Namens der Unabhängigkeitspartei ebenfalls gegen die Votirung der Indemnität; desgleichen Do⸗ mahidy Namens der Mittelpartei, trotz ihres Vertrauens zu Ghyczy, da die übrigen Mitglieder des Kabinets kein Vertrauens⸗ votum verdienen. In einer längeren Rede, die allseitig großen Eindruck machte, antwortete Ghyczy auf die erhobenen Anklagen. Er sagte, es sei sein ernstes Bestreben fortwährend auf die Her⸗ stellung des Gleichgewichts gerichtet; doch könne die Lösung dieser Aufgabe unmöglich in acht Monaten erwartet werden. Die gemein⸗ samen Ausgaben werden von der Delegation votirt; diese könne er nicht herabmindern. Unter steigender Bewegung auf der Linken kam Ghyczy auf die Stellung der Opposition zu sprechen, die sich jeder Verantwortlichkeit für die Fehler der letzten Jahre entledigt, thatsächlich aber mitgeholfen hat, die Lasten zu vermehren und durch ihre drohende Haltung, jederzeit staatsrechtliche Debatten heraufzubeschwören die damalige Regierung an zahlreichen Re⸗
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formen und Einschränkungen verhinderte. Als Oppositions⸗ mitglied habe er allerdings gegen die Schaffung der staatsrecht⸗ lichen Ausgleichsgesetze gewirkt. Nachdem dieselben aber gegen seinen Willen geschaffen wurden, halte er eine Aenderung der⸗ selben auf ordentlichem Wege nicht für möglich. Aus der Opposition sei er deshalb ausgetreten, um zu versuchen, ob der Staat im Rah⸗ men der bestehenden Gesetze nicht gerettet werden könne. Gegen die Opposition gewendet, die allen Maßregeln der Regierung feindselig entgegensteht, bemerkte er, wenn Sie der Majorität im Lande sicher zu sein glauben, mögen Sie Schritte zur Ueber⸗ nahme der Regierung thun; wenn aber nicht, so dürfen Sie nicht den Rest des Ansehens der Regierung untergraben. Wenn von der Regierung ein ausführliches Aktionsprogramm verlangt werde, so könne er auf seine früheren Aeußerungen verweisen. Darüber aber dürfte keine Täuschung bestehen, daß bei den jetzigen Partei⸗Konstellationen von dem gegenwärtigen Hause keinerlei radikale Reformen in der Verwaltung zu erwar⸗ ten sind. Dies müsse der Zukunft, den nächsten Wahlen überlassen werden. Bis dahin bleibe nichts übrig, als durch außerordentliche Maßregeln, wie die vorgelegten Steuergesetz⸗ entwürfe, über die nächsten Jahre hinwegzuhelfen. Erst dann könne an die Tilgung der Schulden gedacht werden. Alles das sei freilich ziemlich einfach und durchaus keine geniale Konzep⸗ tion, aber dafür vollständig ausführbar. Sollte das Haus an⸗ derer Ansicht sein, so sei er bereit, seinen Platz einem Besseren zu überlassen. 8 1
Ghyczys Rede, an zahlreichen Stellen von Widerspruch auf der Linken unterbrochen, wurde von der Rechten mit großem Beifall aufgenommen.
Nach ihm sprachen Nemet und Helfy von der äußersten Linken, ersterer unter heftig gereizten Ausfällen gegen Ghyezy. Koloman Tisza wendete sich gegen Ghyczys Aeußerung über die Ausgleichsgesetze. Dieselben seien ganz gewiß auf gesetzlichem Wege einer Aenderung fähig. Die Indemnität sei eine reine Vertrauensfrage; sie könne daher der jetzigen Regierung nicht bewilligt werden. Die Vorlagen dieser Regierung beweisen, daß sie unfähig zur Aenderung des bisherigen verderblichen Systems sei, daß sie eine Politik der Desperation treibe. Die Opposition könne daher nichts mit ihr gemein haben. Joseph Gull (säch⸗ sischer Abgeordnete) motivirte die Indemnität, weil die Ver⸗ trauensfrage damit nicht entschieden werde und der Staatshaus⸗ halt nicht stille stehen dürfe. 8
— 10. Dezember. (W. T. B.) In der Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde heute die Vorlage der Regie⸗ rung über die Indemnität für das erste Quartal 1875 in der Generaldebatte bei namentlicher Abstimmung mit 230 gegen 128 Stimmen angenommen.
Agram, 9. Dezember. Die „Agramer Zeitung“ meldet heute mit Bestimmtheit, daß der kroatische Landtag am
19. d. M. zusaͤmmentreten und seine Sitzungen fortsetzen werde. Der Na⸗
Schweiz. Bern, 10. Dezember. (W. T. B.) tionalrath hat in seiner heutigen Sitzung das Gesetz, be⸗ treffend die politische Stimmberechtigung der Schwei⸗ zerbürger, obgleich der Ständerath darauf nicht eingegangen war, wiederholt genehmigt.
Frankreich. Paris, 11. Dezember. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ veröffentlicht eine Verfügung der Regie⸗ rung über die Organisation der Unteroffizier⸗Schulen der Infanterie, welche die Bestimmung enthält, daß nur diejenigen Unteroffiziere, welche den vorgeschriebenen Kursus in einer Unter⸗ offizier⸗Schule absolvirt haben, zu Offizieren befördert werden sollen. “ 1 — Versailles, 10. Dezember. (W. T. B.) Die National⸗ versammlung nahm heute in zweiter Berathung den Gesetz⸗ entwurf über die Militärdienstpflicht der in Frankreich geborenen Söhne von Ausländern an. Der Minister des Innern brachte darauf den Gesetzentwurf, betreffend die Aufnahme einer Anleihe von 220 Millionen Francs Seitens der Stadt Paris zur Vor⸗ lage, welcher an eine Spezialkommission überwiesen wurde. — Die Abtheilung der Nationalversammlung, welche mit der Prüfung der Wahl des bonapartistischen Deputirten Bourgoing im Departement Niévre betraut ist, ersuchte den Justiz⸗Minister, ihr die Akten der Voruntersuchung, betreffend die Existenz eines bonapartiftischen Central⸗Comités, mitzutheilen. Der Minister hat darauf der Abtheilung die Erwiderung zugehen lassen, daß er nach Beendigung der Voruntersuchung die bezüg⸗ lichen Dokumente ihr ausantworten werde, falls die Angelegen⸗ heit zur Einleitung einer förmlichen Untersuchung geeignet be⸗ sunden werden sollte, andernfalls aber sich seine Entscheidung vorbehalten müsse. Die Abtheilung beschloß deshalb, ihre Erklärung über die Gültigkeit der Wahl im Departement Nisvre bis nach Beendigung der Voruntersuchung auszusetzen. — Die Mittheilung, daß die äußerste Rechte beabsichtige, eine Inter⸗ pellation uͤber die auswärtige Politik der Regierung einzu⸗ bringen, entbehrt, wie von gut unterrichteter Seite versichert wird, der Begründung.
Spanien. Wie über Paris telegraphisch gemeldet wird, hat der Marschall Serrano Madrid am 9. Dezember Nachmittags verlassen und sich nach dem Norden begeben, um den Oberbefehl über die Nordarmee zu übernehmen.
Italien. Rom, 5. Dezember. (It. N.) Vergangene Nacht ist der Präsident des Senats, Graf Ambrois de No⸗ vache, hier gestorben. Am 30. Oktober 1807 in Oul bei Susa geboren, trat er bei Zeiten in den Staatsdienst, wurde 1850 Präsident des Staatsraths und 1855 Vize⸗Präsident des Senats. Nach den Präliminarien von Villafranca bekam er den Auftrag, den Friedensvertrgg Italiens mit Oesterreich in Zürich abzuschließen.
— In jüngster Zeit hatte sich in der Umgegend von Sy⸗ rakus aus Resten von Räuberbanden, die in den Nachbar⸗ provinzen zerstreut worden waren, eine neue Bande gebildet, welche das Brigaatenthum auch in diese bisher beinahe ganz da⸗ von verschonte Provinz eingeführt hatte. In Folge der energi⸗ schen Maßregeln der Provinzialbehörden gegen die Manutengoli, die Hehler und Helfershelfer der Briganten, ist es aber gelun⸗ gen, beinahe die ganze Bande gefangen zu nehmen, vor allen ihren Hauptmann Salvatore Failla, auf dessen Kopf ein hoher Preis gesetzt war. Als er nämlich sah, daß er nicht mehr ent⸗ rinnen konnte, überlieferte er sich freiwillig den Händen der Ge⸗ rechtigkeit.
— 6. Dezember. Der Minister des Innern legte heute der Deputirtenkammer den die öffentliche Sicherheit be⸗ treffenden Gesetzentwurf vor und verlangte die Dringlichkeit für ihn, welche auch gewährt wurde. Hiernach setzte die Kammer ihre Beschäftigung mit Wahlprüfungen fort.
W1166 versammelte sich heute wegen des Ablebens seines Präsidenten zu außerordentlicher Sitzung. Nachdem der Vize⸗ präsident Serra dem Verstorbenen eine ehrende Lobrede gehalten hatte, theilte er dem Senate mit, daß der König die Deputationen
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des Senats und der Deputirtenkammer, welche ihm am 13. die Antworten auf die Thronrede überbringen sollten, wegen des Todes des Senats⸗Präsidenten erst am 20. empfangen will. Nachdem noch mehrere andere Senatoren ihren Schmerz über den Verlust des allgemein beliebten Kollegen ausgesprochen hatten, beschloß der Senat, zum Zeichen der Trauer seine Sitzun⸗ gen auf neun Tage auszusetzen.
— Auch nächstes Jahr soll das Affidavitsystem, wel⸗ ches sich bei der Zinsenzahlung von der italienischen Rente im Auslande so gut bewährt hat, in London und Paris wieder in Anwendung gebracht werden.
— 10. Dezember. (W. T. B.) Die Nachricht, daß ge⸗ fälschte Rentenscheine zum Betrage von mehreren Millionen sich im Umlaufe befinden, wird von der „Gazetta uffiziale“ als völlig unbegründet bezeichnet.
Rumänien. Bukarest, 11. Dezember. (W. T. B.) Der Senat hat einstimmig die als Antwort auf die Thronrede des Fürsten Karl vorgeschlagene Adresse als Vertrauensvotum für die Regierung angenommen.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 10. De⸗ zember. Kaiser Alexander und Prinz Albrecht sind gestern Abend von der Jagd aus Lissino hierher zurückgekehrt.
Die geschlossenen Lehrkurse am Berginstitut sind wieder eröffnet worden.
— Nach der „Russ. Welt“ kommt in einer der Spezial⸗ abtheilungen des Ministeriums der Volksaufklärung ein Projekt von Regeln über Einführung des obligatorischen Un⸗ terrichts in diesen Tagen zur Berathung. Diese Frage, welche vor ungefähr zehn Jahren im Comité für Elementarbildung an der freien ökonomischen Gesellschaft verhandelt und dort nach langen Verhandlungen entschieden verworfen wurde, taucht jetzt, durch die Gesuche einiger Landschaftsversammlungen getragen, wieder auf. Für das Projekt haben sich zwei Gouvernements⸗ Landschaftsversammlungen (in Olonez und Wladimir) mehrere Kreisversammlungen und die Gouvernementschefs von Ssmo⸗ lensk, Pensa, Jekaterinosslaw, Kasan, Olonez, Wladimir und Kostroma ausgesprochen. Dagegen haben sich erklärt die Land⸗ schaftsdeputirten Koschelew und Schilowsky und die Gouver⸗ neure von Nishny⸗Nowgorod und Rjasan.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 7. Dezember. (H. N.) Die Gesetzgebung, betreffend den Schutz der Waldungen, war häufig der Gegenstand ernster Berathungen in den Reichstagen. Die Frage wurde immer dringender, je mehr der Werth der Waldungen stieg, welcher jetzt auf einer nie ge⸗ ahnten Höhe angelangt ist. Außer der günstigen Konjunktur ist es die Anwendung der Dampfkraft, welche diese Branche ge⸗ hoben hat, indem durch Eisenbahn⸗ und Dampfschiffsverbindungen große Strecken Landes aufgeschlossen worden, und großartige Sägemühlen, Fabriken für Tischlereien, Holzstoffsmasse für Papierfabrikation ꝛc. entstanden sind. Die Regierung hat die im letzlen Reichstage ausgearbeiteten Gesetze dem höchsten Ge⸗ richte zur Prüfung übergeben, wo 6 oder 7 Mitglieder die Sanktion des Gesetzes in vorliegender Form zu geben, abgerathen haben, und soll die Regierung jetzt darauf bedacht sein, dem bevorstehenden Reichstage einen Gesetzvorschlag vorzulegen, der dem im vorigen Reichstage ausgesprochenen Wunsche Rech⸗ nung trägt.
Afrika. Aus der Capstadt wird der „A. A. C.“ unterm
10. November berichtet:
Der Besuch von Sir H. Barkly in Nomansland zu dem Behufe der Einverleibung dieses Gebiets mit der Kolvnie, damit eine Ver⸗ einigung der Grenzen von Natal und der Capkolonie bewirkt werden möge, findet in der kolonialen Presse angelegentliche Besprechung. Um den Erfolg der Annexion zu sichern, ist es nothwendig, daß die Regierung in den Besitz des St. Johns⸗Flusses gelange, aber dagegen er⸗ bebt der Ponds⸗Stamm Einwendungen. Der Stamm ist ein mächtiger und zählt 20,000 streitfähige Männer, und ein etwaiger Widerstand seiner⸗ seits dürfte zu beträchtlichen Verlegenheiten Anlaß geben. Die nun stattfindenden territorialen Bewegungen sind von großer Wichtigkeit. In den Diamentenfeldern wird das Wasser aus den Minen gepumpt. Von den Goldfeldern liegen keine neuen Berichte vor. Die Gräber scheinen im Ganzen zufrieden zu sein. Dem „Port Elizabeth Herald“ zufolge hat der Gouverneur Adam Koks Gebiet bereits annektirt. Der alte Häuptling soll einen Jahresgehalt von 1000 Pfd. Sterl. erhalten. 3
Bekanntmachung Für von Ihrer Majestät der Deutschen Kaiserin und Königin von Preußen aus Anlaß der Wiener Weltausstellung neben demjenigen, auf welchen sich unsere Bekanntmachung vom 18. Oktober d. Js. be⸗ zieht, weiter noch 1 „für die beste Arbeit über die Genfer Konvention⸗ gestifteten Preise von 2000 Thlr. waren bei uns 6 Konkurrenzschriften, sämmtlich in deutscher Sprache, eingegangen. Die von dem inter⸗ nationalen Comité zu Genf, beziehungsweise dem Oesterreichischen patriotischen Hülfsvereine und dem Central⸗Comité der deutschen Vereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger erwählten Preisrichter, Herren Gustav Moynier, Präsident des internationalen Comités zu Genf, Gencral⸗Major und Seknons⸗Chef im Kaiserlich Königlichen Reichs⸗Kriegs⸗Ministerium Baron von Vlasits in Wien, und Ober⸗Tribunals⸗Rath und Vor⸗ sitzender des Central⸗Comités der Deutschen Vereine, von Holleben in Berlin, haben diese Arbeiten einer sorgfältigen Prüfung unter⸗ worfen und sich nach demnächstiger gegenseitiger Mittheilung und Er⸗ örterung ihrer Vota zu der einstimmigen Erklärung vereinigt: „daß von den eingegangenen 6 Preisschriften derjenigen mit dem Motio „ne nimis“, obgleich sie nach der Erklärung des Verfassers noch nicht vollendet ist, derselbe sich vielmehr die Revision und Ver⸗ vollständigung seiner Arbeit noch vorbehalten hat, auch schon in ihrer gegenwärtigen Gestalt der Vorzug vor den übrigen zuzuer⸗ kennen und die Jury bereit sein würde, derselben den Preis zuzu⸗ sprechen, wenn der Verfasser bei deren bis zum 1. April k. Js. zu bewirkenden Vollendung den daran von der Jury geknüpften Er⸗ wartungen entsve richt.“ 18 Im Hinblick auf den in dieser Erklärung der Jury gemachten Vorbehalt ist auch das die Adresse des Verfassers der Konkurrenz⸗ schrift „ne nimis“ enthaltende versiegelte Couvert von uns noch nicht eröffnet worden. . ““ Indem wir den Ausspruch der Preisjury hierdurch zur öffentlichen Kenntniß bringen, ersuchen wir sowohl den Verfasser der Schrift „ne nimis“ als diejenigen der übrigen Konkurrenzschriften, ihre Ar⸗ beiten baldigst in unserem Bureau — Wilhelmstraße Nr. 73 — zu⸗ rückfordern zu wollen. Berlin, den 9. Dezember 1874. 1 8 Das Central⸗Comité der Deutschen Vereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger. 8 Fpon vliiehen.
Nachruf. In dem Zeitraum weniger Tage hat das unterzeichnete Central⸗ Comité durch das Dahinscheiden von zwei seiner ältesten und verdien⸗ testen Mitglieder neue schmerzliche Verluste erlitten. 6
8 . “ 1
Der Königliche General⸗Lieutenant und Gesandter a. D. Herr von Wildenbruch und der Königliche Geheime Regierungs⸗Rath Herr Dr. Esse gehörten, wie die ihnen im Laufe des Jahres vorangegangenen Generalarzt Dr. Löffler und General⸗Lieutenant von Derenthall, dem Central⸗Comité seit seinem frühesten Bestehen an. Sie widmeten sich den Aufgaben desselben mit der ernsten, im Dienste Sr. Majestät lang bewährten Hingebung sowohl während der drei Feldzüge des letzten Jahrzehnts, als auch auf dem Gebiete der Friedensthätigkeit. General⸗Lieutenant von Wildenbruch als stellvertretender Vorsitzender des Central⸗Comités, Geheimer Regierungs⸗Rath Esse durch Anre⸗ gung und Förderung praktischer Einrichtung der Krankenpflege, wozu ihn sein organisatorisches Talent vorzugsweise befähigte.
Das treue und ausdauernde Wirken Beider im Dienste der Humanität ist in weiten Kreisen anerkannt und von Ihren Majestäten ausgezeichnet worden. Den Mitgliedern des Central⸗Comités wird es stets gegenwärtig sein, und den dahingeschiedenen Kollegen ein ehren⸗ volles Andenken in ihrer Mitte sichern.
Das Central⸗Comité der deutschen Vereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger. von Holleben.
Reichstags⸗Angelegenheiten. Der Hauptetat für die “ des Reichsheeres.
(S. Nr. 288.)
8 . B. Sachsen.
Die Etats für Sachsen und Württemberg sind nach denselben Grundsätzen und Titeln aufgestellt wie der preußische. Sie weichen daher auch nur insofern von diesem ab, als Eigenthümlichkeiten der Organisation dieser Kontingente es bedingen.
Beim sächsischen Armee⸗Corps wird die oberste Instanz der Militärrechtspflege durch das Ober⸗Kriegsgericht wahrgenommen, welches dem preußischen General⸗Auditoriat entspricht. Es beneht aus einem Vorstande und einem Kriegsgerichts⸗Rath.
Eine Erhöhung der Pferderationen um ½ Pfund Hafer, von welcher in Preußen nur die leichte Garde⸗Kavallerie in Folge des dort bereits bestehenden höheren Rationssatzes ausgenommen ist, ist auch in Sachsen projektirt. Es erfordert dies für ein Armee⸗Corps die Summe von 80,892 Mark. Die Erhaltung der Kriegstüchtigkeit der Waffe bedingt diese Erhöhung, und die Militärverwaltung genügt damit einem schon lange für die Kavallerie bestehenden Bedürfniß.
In Folge der Formation von 2 Compagnien der Unteroffizier⸗ schule in Marienberg sind die Etatsstärken der Gemeinen der In⸗ fanterie⸗ und Jäger⸗Bataillone herabgesetzt worden. In Marienberg soll die alte städrische Kaserne retablirt und eine neue für die Unter⸗ offizierschule erbaut werden. Die Kosten der Erwerbung, des Reta⸗ blissements und resp. des Neubaues werden 225,000 Mark betragen.
C. Württemberg.
Der Etat konstatirt zunächst, daß das Armee⸗Corps nunmehr komplet formirt ist.
In der Intendantur sollen Offiziere, welche in Raths⸗ oder Assessorenstellen verwendet werden, das Gehalt ihrer Charge beziehen, und zwar der Hauptmann I. Klasse 3900 Mark, der Hauptmann II. Kl. 2520 Mark. In dem preußischen Etat wird dies nicht pro⸗ jektirt, solche Offiziere scheinen vielmehr das Gehalt der von ihnen bekleideten Stelle erhalten zu sollen. 1
Die Beschaffung einer reglementsmäßigen Wohnung für den kom⸗ mandirenden General nebst den für das General⸗Kommando erforder⸗ lichen Diensträumen ist vom Jahre 1875 ab in der Weise gesichert, dat durch Zahlung einer Annuität (31,600 Marh) das Gebäude nach Verlauf von 35 Jahren in das Eigenthum des Reiches übergehen wird.
Der Etat der württembergischen Artillerie⸗Brigade ist gegenüber dem preußischen etwas höher angesetzt, weil zu der württembergischen Brigade nicht nur 2 Feld⸗Artillerie⸗Regimenter, wie in Preußen, gehören, sondern derselben das Fuß⸗Artillerie⸗Bataillon und das Train⸗Batailion mit dem Traindepot, sowie das Artilleriedepot in personellen Beziehungen unterstellt sind. 1
In Folge der Neuorganisation der Artillerie sind die Etatsstärken der Inkanterie⸗Bataillone, Unteroffizierschule, Kavallerie⸗Rezimenter und des Pionier⸗Bataillons gleichfalls herabgesetzt worden. Eine be⸗ sondere Institution ist das Ehren⸗Invalidencorps in Comburg. Der für dasselbe berechnete Aufwand gründet sich auf das bei dem Ein⸗ tritt Württembergs in das Reich rechtlich und faktisch bestandene Ver⸗ hältniß. Neue Aufnahmen in dasselbe finden seitdem nicht mehr statt. — Im Uebrigen sind für Sachsen und Württembeig überall dieselben Erhöhungen der einzelnen Etats und Positionen in Aussicht genommen, wie sie bei Gelegenheit der Besprechung des preußischen Etats bereits einzeln aufgeführt sind.
Die Summe der Etatsstärke des Reichsheeres wird somir be⸗ tragen:
b 17,213 Offiziere, 401,659 Unteroffiziere und Gemeine, 1673 Aerzte, 746 Zahlmeister, 612 Roßärzte, 619 Büchsenmacher, 93 Sattler und 96,942 Pferde.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Da das Mandat des Landtags⸗Abgeordneten, Kreisgerichts⸗ Direktors von Bismarck zu Merseburg, in Folge der Ernennung desselben zum Mitgliede des Verwaltungsgerichts für den Regierungs⸗ bezirk Merseburg, und das Mandat des Landtags⸗Abgeordneten, seit⸗ herigen Landraths von Brauchitsch zu Berlin, in Folge der Er⸗ nennung desselben zum Geheimen Regierungs⸗ und vortragenden Rathe im Ministerium des Innern erloschen ist, so sind die betreffenden Neuwahlen auf den 14. Januar k. J. festgesetzt worden.
Statistische Nachrichten. 86 Berlin. Nach einer Zusammenstellung haben die hiesigen Standesämter im Monat Oktober 3821 Geburten, 2439 Todes⸗ fälle und 934 Eheschließungen in die Standesbücher eingetragen und 2120 Aufgebote veranlaßt. Die größte Zahl der Standesakte (1261) hat das Revier der östlichen Luisenstadt; er zählt 487 Gebnrten, 282 Todesfälle, 337 Aufgebote und 155 Eheschließungen, demnächst folgt das Stralauer Revier mit 1233 Standesakten, bei denen die Ehe⸗ schließungen 86 betragen, und dann erst das größte Revier der Stadt, die westliche Luisenstadt mit 1090 Akten. Die große Zahl der Ehe⸗ schließungen (155 d. h. ein Sechstel, aller Eheschließungen) fällt auf die östliche Luisenstadt und namentlich auf die dortige Arbeiterbevöl⸗ kerung. 1““ — Das soeben ausgegebene Personalverzeichniß der Uni⸗ versität Straßburg weist eine Totalziffer von 720 Hörern auf, wovon 654 immatrikulirte Studenten. Während aus dem Deutschen Reich insgesammt 570 aufgeführt sind, wovon auf Preußen 269, auf Bayern 36 kommen, ist Elsaß Lothringen mit 142 vertreten.
Kunst, Wissenschaft und Literatur. Berlin. Das Modell des Standbildes des ersten Kurfürsten von Brandenburg aus dem Hause Hohenzollern Friedrich I, welches in der linken Nische des Hauptportals des Rathhauses auf Kosten der Stadt aufgestellt werden soll, ist, wie die „Nat. Z.“ meldet, von dem Künstler, Bildhauer Encke, jetzt vollendet und wohlgelungen. Der Erzguß wird in der Bildgießerei von Gladenbeck ausgeführt werden. — Der „Cöln. Ztg.“ zufolge ist Dr. Paul Goldschmidt von der Universität Göttingen, ein Schüler von Benfey und A. Weber, von der ceyloner Regierung beauftragt worden, Felsen⸗Inschriften zu sammeln und zu ediren, sowie uͤber die Ruinenstädte von Ceylon einen Bericht zu erstatten. 1 — Der Direktor des germanischen Museums, Dr. Essen⸗ wein, hat, wie bayerische Blätter melden, vor einigen Monaten bei seiner Anwesenheit in Konstantinopel von dem Sultan drei aus dem 15. und 16. Jahrhunderte stammende, seiner Zeit von d