setzes vom 21. Mai 1856 festgestellten Pauschbeträge der in den hohenzollernschen Landen zur Erhebung gelangenden Wirth⸗ schaftsabgaben passirte olzne Diskussion die dritte Berathung. Der Gesetzentwurf, betreffen⸗ die Anlegung und Bebauung von Straßen und Plätzen in Stadten und ländlichen Ortschaften, dessen erste „Berathung heut „auf der Tagesordnung stand, rief eine lebhafte Diskussion herwor, an welcher sich die Abgg. Haken, Miquel, Dr. Baehr (Cassel), Graf v. Wintzingerode, Dr. Loewe, Dr. Lasker urd der Handels⸗Minister Dr. Achenbach betheiligten. Die sämentlichen Redner sprachen sich für Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission aus; auch der Handels⸗Minister Dr. Achen⸗ bach hatte dagegen nichts zu erinnern. Das Haus beschloß hierauf, die Vorlage an eine Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen und trat bei Schluß des Blatts in die erste Be⸗ rathung des Gesetzentwurfs, betreffend den standesherrlichen Rechtszustand des Herzogs von Arenberg wegen“ des Herzog⸗ thums Arenberg⸗Meppen ein, für welchen zunächst der Abg. Dr. Windthorst das Wort erhielt.
— Von dem Werke Statistische Nachrichten von den Preußischen Eisenbahnen, bearbeitet auf Anordnung Sr. Egrcellenz des Herrn Ministers für Handel, Gewerbe und öffent⸗ liche Arbeiten von dem technischen Eisenbahnbureau des Ministe⸗ riums ist der XXI. Band (Berlin 1874, Verlag von Ernst u. Korn, Gropiussche Buch⸗ und Kunsthandlung) erschienen. Der⸗ selbe enthält die Ergebnisse des Jahres 1873. Wir werden auf den Inhalt dieses Bandes noch näher eingehen.
— Im Allgemeinen gilt der Grundsatz, daß eine auch nur theilweise Wiederholung der Beweisaufnahme den Appellationsrichter zum Herrn der Sache macht, und ihm die Befugniß gewährt, nach seinem freien Ermessen abweichende thatsächliche Feststellungen zu treffen, auch in Bezug auf Punkte, welche durch die Beweisaufnahme nicht unmittelbar berührt werden. Dieser Satz muß jedoch nach einem Erkenntniß des
Ober⸗Tribunals vom 14. Januar cr. dann eine Modifikation erleiden, wenn der Appellationsrichter aus drücklich erklärt, daß die von ihm verfügte Beweisaufnahme sich nur auf einen eeinzelnen der bei ber Schlußfeststellung in Betracht kommenden 8 Punkte beziehen solle. „Denn alsdann erkennt der Appellations⸗ richter selbst an, daß die Beweisaufnahme für die übrigen ent⸗ scheidenden Punkte keine Bedeutung habe, und daß er mithin rücksichtlich dieser in der nämlichen Lage sich befinde, als ob gar keine Beweisaufnahme erfolgt wäre.“
— Die Vereinigung mehrerer Personen zu gemeinsa⸗ mem Lotteriespiel bedarf, als ein Gesellschaftsvertrag, nach dem Allgemeinen Landrecht (§. 170, Thl. 1, Tit. 17) der schrift⸗ lichen Form. In Beziehung auf diese Bestimmung ist vor Kur⸗ zem ein Rechtsstreit zwischen zwei Parteien wegen Antheils an dem großen Loose vom Ober⸗Tribunal entschieden worden.
süss Bei dem Gesammtstrafe für
Erkennen auf eine mehrere von einer Person begangene Verbrechen oder Vergehen reale Konkurrenz) ist, nach einem Erkenntniß des Ober⸗ Tribunals vom 8. Januar cr., der Richter verpflichtet, er⸗ sichtlich zu machen, wie er zu dieser Straffestsetzung gelangt ist. „Nach §. 74 des Strafgesetzbuches (betreffend die reale Kon⸗ kurrenz) war der Avppellationsrichter verpflichtet, sich zunächst darüber auszusprechen, für welches der von ihm festgesetzten Ver⸗ gehen er die relativ schwerste Strafe angemessen erachte und diese Strafe demnächst, sofern er auch hinsichtlich derjenigen fest⸗ gestellten Vergehen, welche das Gesetz wahlweise mit Gefängniß oder Geldstrafe bedroht, überall für Gefängniß sich entschied, an⸗ gemessen zu erhöhen, und hierdurch dem Richter der Nichtigkeits⸗ instanz möglich zu machen, nachzuprüfen, ob er bei Abmessung der hiernach zu verhängenden Gesammtstrafe dem Gesetze gemäß verfahren sei.*
— Bekanntlich ist Prof. R. v. Raumer in Erlangen von dem Minister Dr. Falk unter Zustimmung der übrigen deutschen Staatsregierungen mittels Zuschrift vom 14. Oktober 1874 er⸗ sucht worden, eine Denkschrift auszuarbeiten, welche zur An⸗ bahnung einer größeren Gleichmäßigkeit in der deutschen Recht⸗ schreibung zunächst im Bereiche der höheren Schulen die erforder⸗ lichen Unterlagen gewähre. Ueberzeugt, welche Wichtigkeit eine Einigung in der Rechtschreibung namentlich für Redacteure, die Faktoren von Buchdruckereien und für Korrektoren habe, ist das Kuratorium des „Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeigers“ auf diesem Wege bereits vorangegangen. Dasselbe ist schon vor längerer Zeit mit einem hiesigen sachverständigen Gymnasiallehrer in Verbindung getreten, um auf Grund des von dem Vereine der Berliner Lehrer herausgegebenen orthographi⸗ schen Wegweisers eine desfallsige allmähliche Vereinigung der Berliner Zeitungen und periodischen Zeitschriften zur Herbeiführung einer einheitlichen deutschen Recht⸗ schreibung anzubahnen. Zu diesem Behufe sind mit den Re⸗ daktionen des Handbuchs des Königlich preußischen Hofs und Staates, des „Deutschen Postarchivs“, der „Zeitschrift für preußische Geschichte und Landeskunde“, der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ und den Verlagsbuchhandlungen von Carl Heymann und Otto Janke bereits Besprechungen gepflogen wor⸗ den, welche zur Ausführung des Planes als Grundlage dienen sollen. Die Redaktionen solcher deutschen Zeitungen und Zeit⸗ schriften, sowie diejenigen Verlagsbuchhandlungen, welche diesen Bestrebungen sich anzuschließen wünschen, werden um gefällige Mittheilung an das Kuratorium des Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers gebeten.
— Der General der Infanterie von der Armee, von Kummer, hat sich nach Cöln zurückbegeben. — Der General⸗ Lieutenant v. Tresckow, kommandirender General des IX. Ar⸗ mee⸗Corps und General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, ist gestern Nachmittag nach Altona zurückgekehrt. — Der General⸗Lieutenant z. D. von Bothmer, zuletzt General⸗Major und Commandeur der 17. Infanterie⸗Brigade, ist zur Abstattung persönlicher Meldung von Coburg, der General⸗Major von Krenski à la suite der Armee und Commandeur der 13. (Königlich Württembergischen) Artillerie⸗Brigade, mit Urlaub von Ludwigsburg hier eingetroffen.
— S. M. S. „Hertha“ ist am 22. Dezember 1874 in den Hafen von Rio de Janeiro eingetroffen. 8
gestrige dritte Sitzung der Provinzial⸗Synode wurde durch den Vorsitzenden,
Königsberg, 3. Februar. Die Provinzialschulrath Dr. Schrader, um 11 Uhr Vormittags er⸗ öffnet. Für die Geschäftsordnungs⸗Kommission sind nach dem angenommenen Antrage 7 Mitglieder gewählt, von denen Dr. v. Goßler, Kanzier und Tribunals⸗Chefpräsident, als Vorsitzen⸗ der, v. Oven, Landrath in Schlochau, als dessen Stellvertreter,
Danzig und Kleffel, Ober⸗Bürgermeister in Tilsit, als Beisitzer in Funktion treten. b 1 Die vom Gesetz der Provinzial⸗Synode bewilligte Vergün⸗ stigung, 2 bis 3 ihrer Mitglieder bei den Prüfungen von Kan⸗ didaten der Theologie mit Sitz und Stimme in das Examinations⸗ Kollegium zu entsenden, wurde angenommen und zwar die Zahl von 3 Deputirten beliebt. Dazu stellte Schmalz, Landrath in Pillkallen, den Antrag, daß zu den Deputirten 2 Laien gewählt werden möchten, da der geistliche Stand dabei hinreichend zahl⸗ reich vertreten wäre, worauf Ballhorn, Konsistorial⸗Präsident und Königlicher Kommissarius bei der Synode, erwiderte, daß im Gesetz eine unbeschränkte Wahl ausgesprochen und kein Grund vorhanden sei, dieselbe zu beschränken. Aus der Wahl gingen Dr. Schrader, Provinzial⸗Schulrath in Königsberg und Kahle, Pfarrer Lic. in Königsberg, mit bedeutender Stimmen⸗ majorität hervor, beim dritten Deputirten mußte gesetzlicher Weise zwischen Dr. v. Goßler ꝛc. und Roquette, Prediger in Königs⸗ berg, das Loos entscheiden, das auf Hrn. Roquette fiel.
Als über den Antrag von Dr. Bercio, Superintendent in Ortelsburg, und Genossen: die Abgabe der Geistlichen von Taufen und Trauungen an das Hebammen⸗Institut aufzuheben, in die Debatte eingetreten werden sollte, ergriff Dr. v. Horn, Wirklicher Geheimer Rath und Ober⸗Präsident in Königsberg, das Wort und erklärte, daß eine Mittheilung, welche er zu machen habe, den Fall erledigen möchte. Nur im Regierungs⸗ bezirk Königsberg bestehe diese Abgabe, in Gumbinnen, Marien⸗ werder und Danzig würde zu diesem Zwecke aus den Landarmen⸗ beiträgen eine Summe bewilligt. Ihm komme nun aus Berlin die Nachricht zu, daß die Regierung selbst beim Ab⸗ geordnetenhause den Antrag zur Abstellung dieser kleinen Gebühren gestellt habe, und es sei zweifellos, daß dieser Antrag angenommen würde. Wenn Dr. Bercio nach dieser Erklärung den ersten Theil seines Antrages zurück⸗ zog, so hielt er an dem zweiten Theil desselben fest, daß kirchliche Gebühren für Taufen und Trauungen nicht ferner in die Orts⸗ schulkassen zur Unterstützung von Schullehrern fließen sollen, da dieselben in neuester Zeit durch die Regierung selbst in ihrem Einkommen besser gestellt seien. Dr. Gebauer, Superintendent in Medenau, wendete dagegen ein, daß diese Beiträge nicht den Lehrern, sondern armen Schulgemeinden, zumal zur Förderung von Schulbauten zu Gute kämen. Der Antrag Dr. Bercio's ward zum Beschluß erhoben, jedoch ohne ein Amendement von Bolle, Pfarrer in Liebemühl, daß diese Gebühren für Organisten und Kirchendiener Verwendung finden möchten.
Ein Antrag von Seydel, Gutsbesitzer auf Chelchen, gab eben⸗ falls Anlaß zu einer umfangreichen Debatte. Der Antrag lau⸗ tete dahin, daß Beamten, welche zur Synode erwählt seien, von der ihnen vorgesetzten Behörde der Urlaub dazu nicht verweigert werden dürfe. Zu diesem Antrage habe ihm folgender Fall An⸗ laß gegeben: der Kreisgerichts⸗Direktor in Kaukehmen wäre zum Synodalmitgliede erwählt und sein Beitritt zur Synode seinen Wählern sehr erwünscht gewesen, er hätte aber von seiner vorgesetzten Behörde den erbetenen Urlaub nicht erhalten und sein Stellvertreter hätte einberufen werden müssen. Darauf erwiderte der Königliche Kommissarius Ballhorn, Konsistorial⸗Präsident: In seiner Stel⸗ lung liege es ihm ob, nicht nur die kirchlichen, sondern auch die staat⸗ lichen Rechte zu wahren. Es sei bei der Wahl zur Synode nicht so, wie beim Abgeordnetenhause, wo kein Urlaub nöthig wäre, daher würden für vorkommende Fälle ja Stellvertreter gewählt, auch ward von ihm das Schreiben des betreffenden Direktors an das Konsistorium vorgelesen. Kanzler Dr. v. Goßler bemerkte, daß auch er von dem angeführten Falle Kunde erhalten und darüber Er⸗ mittelungen angestellt habe. Dem Gerichtsdirektor sei eigentlich nicht der Urlaub verweigert, sondern die vorgesetzte Behörde hätte ihm zu überlegen gegeben, ob er unter den jetzigen Verhält⸗ nissen acht Tage seine Stelle verlassen könne, ohne den Dienst zu schädigen. Diese Erwägung sei nun Verlassung gewesen, daß er um Einberufung seines Stellvertreters angetragen hätte. Auch Ober⸗Präsident Dr. v. Horn sprach seine Ansicht dahin aus, daß das Gesetz jedem Beamten gebiete, um Urlaub zur Theilnahme an den Synodalverhandlungen einzukommen, daß derselbe aber nur in ganz besonderen Fällen versagt werden dürfte. Es wurde darauf zur Tagesordnung übergegangen. .
Hr. Krah, Superintendent in Laggarben, erhielt zur Be⸗ gründung eines von ihm gestellten Antrages auf eine Staats⸗ dotation für Zwecke der evangelischen Kirche das Wort.
Der Schluß der Sitzung erfolgte um 1 Uhr Mittags.
Posen, 2. Februar. Auf der Tagesordnung der 5. Sitzung der Provinzialsynode standen die Wahlen zur General⸗ synode und die gestern nicht erledigten Anträge. Nach den all⸗ gemeinen Bestimmungen ist die Provinzialkirche auf der General⸗ synode durch neun Mitglieder zu vertreten, von denen ein Drittel aus den geistlichen, das zweite Drittel aus den weltlichen Mitgliedern der gegenwärtigen oder der früheren Provinzial⸗ synode, der Kreissynoden, Gemeindekirchenräthen oder Gemeinde⸗ vertretungen der Provinz, das letzte Drittel aus kirchlich ver⸗ dienten Männern aus allen acht alten Provinzen des Staats zu wählen sind. Nach längerer Debatte wurde beschlossen, die Wahl nicht einzeln, sondern gruppenweise zu vollziehen. Da bei der Wahl der drei geistlichen Abgeordneten eine absolute Majorität sich nicht ergab, fand die engere Wahl zwischen denjenigen 6 Synodalen, welche die meisten Stimmen erhalten haben, statt, wobei auf Superintendent Grützmacher 28, Klette 30, Pfeiffer 36, Konsistorial⸗Rath Taube 20, Superintendent Schmidt 20. und Schönfeld 19 Stimmen fielen. Die ersten 3 sind mithin gewählt. Als weltliche Deputirte gingen gleich aus dem ersten Wahlgange hervor: Rechtsanwalt Hänschke mit 41, Kreisgerichts⸗ Rath Kuntze mit 27, Geheimer Regierungs⸗Rath Suthinger 26 Stimmen.
Bei der Wahl des letzten Drittheils war eine engere Wahl erforderlich, weil im ersten Wahlgange nur der Ober⸗Präsident Günther die Majorität erhielt. In der engeren Wahl erhielten: Konsistorial⸗Rath Taube 30, Rittergutsbesitzer v. Klitzing 30, Pastor Schlecht 28 und Landrath Schopis 14 Stimmen. Die beiden zuerst Genannten sind gewählt.
Nunmehr wurde über den Antrag des Synodalvorstandes: Synode wolle sich darüber entscheiden, ob sie von dem nach §. 65 der Kirchen⸗Gemeinde⸗Ordnung ihr zustehendem Rechte, zwei oder drei Mitglieder mit vollem Stimmrechte zu den Prüfungen der Kandidaten abzuordnen, Gebrauch machen, eventuell die Wahl vor⸗ nehmen wolle .
berathen. 8 1
Wiewohl von mehreren Seiten darauf aufmerksam gemacht wurde, daß die Synode bereits 3 der Prüfungs⸗ Kommissionsmitglieder in ihrer Mitte gbe, von anderer Seite her empfohlen wurde, unter Wahrung des Rechtes vorläufig die Sache auf sich beruhen zu lassen, beschloß die Synode, von dem ihr zustehenden Rechte Gebrauch zu machen, lehnte den Vorschlag,
Klebs, Staatsanwalt in Wehlau, als Schriftführer, und v. Behr, Superintendent in Schnellwalde, Reinecke, Konsistorial⸗Rath in
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3 Mitglieder zu deputiren, ab, und erwählte, indem erst im dritten Wahlgang eine absolute Majorität erzielt, werden konnte, den
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Ober⸗Regierungs⸗Rath v. d. Gröben und den Provinzial⸗Schul⸗ rath Polte zu ihren Abgeordneten.
Der Antrag Hänschke: den Synodalvorstand zu beauftragen, eine Geschäftsordnung für die Verhandlungen der Synode zu entwerfen und der nächsten Synode in ihrer Eröffnungssitzung vorzulegen,
wurde ohne Debatte angenommen.
Der Antrag v. Tiedemann: 1 die Genehmigung des Evangelischen Ober⸗Kirchenrathes dazu zu erwirken, daß zu §. 13 der Geschäftsordnung als Absatz 2 hin⸗ zugefügt werde: Beides gilt als von der Synode genehmigt, falls nicht sogleich anderweitige Anträge gestellt und zum Beschluß er⸗ hoben werden,
wurde genehmigt, dagegen ein zweiter Antrag desselben: zu §. 8 hinzuzufügen: „vorbehaltlich der Bestimmungen des §. 13, Ab⸗ satz 2“„ vor der Abstimmung zurückgezogen.
Das Gesuch des Comités der Diakonissenanstalt in Posen,
um Zustimmung zur Bewilligung einer alljährlich wiederkehren⸗ den Kirchenkollekte in der Provinz, wird aufsden Antrag Goebel mit dem Zusatze Hänschke: „bis auf Weiteres“ genehmigt, nach⸗
dem von mehreren Seiten dem Wunsche für das weitere Ge⸗ deihen der Anstalt Ausdruck gegeben worden war.
Dagegen ward der Antrag Hänschke, die nach §. 65, 8 de der K. G. O. verstattete Kirchen⸗Hauskollekte für arine Gemein⸗ den der Provinz jährlich einzusammeln, abgelehnt.
Der Präses schloß um 3 Uhr die Sitzung mit dem Segens wunsche.
— 3. Februar. 6. (Schluß⸗) Sitzung. Heute stand der Bericht der zur Prüfung der vorhandenen kirchlichen Fonds und Stiftungen eingesetzten Kommission und die Berathung der sämmtlichen noch ruͤckständigen Anträge auf der Tagesordnung
Aus dem vom Superintendenten Klette über die Fonds und Stiftungen erstatteten Berichte sind folgende Einzelheiten her⸗ vorzuheben: 3
Das Kapital der im Jahre 1867 ins Leben 3 Emeriten⸗Fonds, welches ursprünglich in einem Gnadengeschenke von ca. 11,000 ℳ bestand, ist gegenwärtig auf 48,000 ℳ an⸗ gewachsen, die jährlichen Beiträge der Pastoren belaufen sich auf ca. 5000 ℳ Gegenwärtig erhalten 9 Emeriten Pensionen, die um Theil 390 ℳ betragen. — Die Pfarrlands⸗Stiftung hat den
weck, dürftig, oder gar unauskömmlich dotirte Pfarrstellen mit Grundbesitz auszustatten, indem für dieselben Land angekauft wird, dessen Ertrag zur Hälfte sofort dem betreffenden Pfarrer, zur andern Hälfte der Stiftung bis zur zinsfreien Abtragung des Kapitals zu⸗ flteßt. Statutenmäßig darf für die einzelne Pfarre nur der Betrag von 3000 ℳ. verwendet werden. Das 1868 an⸗ gelegte Grundkapital beträgt 60,000 ℳ Bis Ende 1873 sind für zusammen neunzehn Pfarren mit einem Kosteu⸗ aufwande von ca. 60,000 Mk. 311 Morgen Land angekauft worden. — Die Graf Sedlnitzki⸗Stiftung (mit einem Grundkapital von 6000 M.) hat die Bestimmung, für tüchtige nud strebsame Geist⸗ liche, welche wegen ihres geringen Einkommens nicht im Stande sind, werthvolle Werke zu erwerben, solche anzukaufen, welche für alle Zeiten Eigenthum der betr. Pfarre bleiben. Bisher hat die Stiftung die Mittel zur Anschaffung von 68 dergleichen Werken gewährt. — Für die Wittwen und Waisen evangelisch⸗lutherischer und für die evangelisch⸗reformirter Pastoren bestehen von pol⸗ nischen Zeiten her zwei von der Königlichen Regierung ver⸗ waltete Fonds, deren Zinsen zu den aus der Staatskasse gewährten Summen geschlagen und mit diesen vertheilt werden. Doch werden davon zwei Freistellen auf dem Ivachimsthalschen Gymnasium, deren Verleihung in den Händen des Senior ditigens der Unität liegt, und zwei Stipendien und 180 Thlr. für Studirende der Theologie überhaupt unterhalten. Die reformirte Prediger⸗Wittwenkasse für die Wittwen der Unitäts⸗Geistlichen und der drei ersten Lehrer des Lis sjaͤer Gym⸗ nasiums bestimmt, besitzt ein Vermögen von ca. 25,000 ℳ. — Die luthe⸗ rische Prediger⸗Wittwenkasse, zu welcher der Zutritt freisteht und die gegenwärtig nur 20 Mitglieder zählt, hat ein Kapitalvermögen von 56,000 ℳ und vertheilt die statutenmäßigen Ueberschüsse von circa 2500 ℳ gegenwärtig an 17 Wittwen. — Endlich die Kaulfuß⸗ Dinnsche Stiftung, welcher das Rittergut Bodzewo gehört, hat seit 1867 an 158 Wittwen und Kinder verstorbener Pastoren des Departements Posen circa 17,000 ℳ an Unterstützungen vertheilt.
Ueber sämmtliche Stiftungen wurden der Kommission die Akten mitgetheilt, sowie jede Auskunft gegeben. Die Kommission hat keinen Anlaß zu irgend welchen Erinnerungen gefunden.
Im Anschluß an diesen Bericht wurde über den Antrag des Superintendenten Fischer: “
„Synode wolle der Ermittelung jener Fonds, welche bei Einver⸗ leibung der Provinz in Preußen der evangelischen Kirche A. C. eigen waren, näher treten“, ““ verhandelt und ohne Debatte fast einstimmig angenommen. — Aus Anlaß des Antrages des Prof. Geß:
1) Synode wolle den Interessen der inneren Mission in der Provinz Posen in ihren jedesmaligen Berathungen den entsprechenden Raum geben, 6
2) den S.⸗Vorstand ersuchen, ihr bei ihrem jedesmaligen Zu⸗ sammentreten das erforderliche Material vorzulegen, .
wurde vom Antragsteller darauf hingewiesen, daß die soeben herausgekommene Schrift des Pastors Schlecht in Posen: Der Antheil der evangelischen Kirche Posens an den Arbeiten der inneren Mission, das erforderliche Material vollständig enthalte. Der Antrag wurde, nachdem Konsistorial⸗Kath Haendler den Gustav⸗Adolf⸗Verein der Theilnahme der Synode warm empfohlen hatte, seinem ersten Theile nach pure, seinem zweiten Theile nach unter Hinweis und Empfehlung der Schlechtschen Schrift ein⸗ stimmig angenommen. Dagegen lehnte Synode den Antrag Kaiser auf Vertretung der Militärgemeinden als solche auf der Provinzial⸗ resp. der General⸗Synode mit großer Majorität ab.
Der Antrag Böttcher (Pinne) um Aufhebung der Verpflich⸗
tung der Geistlichen zur Einziehung der Hebeammengelder wurde, nachdem er seinem materiellen Inhalte nach von dem Antrag⸗ steller eingehend begründet worden war, zu Gunsten eines An⸗ trages v. Massenbach, welcher lautet:
Synode erklärt: 1
1) daß die Einziehung der Hebammengelder durch die Pfarrer das kirchliche Iuterisse schädigt, b
2) daß die Pfarrer nicht verpflichtet seien, die Erhebung nach Aufhebung ihrer Eigenschaft als Standesbeamter weiter zu besorgen,
3) bittet den Evargelischen Ober⸗Kirchenrath auf schleunige aus⸗ drückliche Aufhebung der Verpflichtung nachdrücklich hinzuwirken,
zurückgezogen, Theil 1 und 3 des letzteren angenommen, dagegen Theil 2 abgelehnt. 8
Ohne Debatte wurden der Antrag Böttcher: die Anordnung zu treffen, daß die Duplikate der Kirchenbücher den Königlichen Konsistorien eingereicht werden, und der Antrag Studt: nes als im kirchlichen Interesse geboten zu erklären, daß die Staats⸗Central⸗ behörden die staatliche Kreis⸗ und Gemeindebehörde anweise, den Pfarrgeistlichen von allen ihnen bekannt gewordenen Fällen der Unterlassung der Taufe und kirchlichen Trauung Mittheilung zu machen“, fast einstimmig angenommen.
Den letzten Gegenstand der Berathung bildete der Antrag
Pfeiffer:
Den Synodalvorstand zu ersuchen, das Zustandekommen eines gegen die Verächter des Sakraments der Taufe und der kirchlichen Trauung anzuwendenden Disziplinargesetzes zu fördern und den be⸗ treffenden Entwurf der nächsten Synode vorzulegen. 8
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Nach kurzer Diskussion, in welcher auch auf die große Uebereinstimmung der 22 Kreissynoden der Provinz in dieser Frage aufmerksam gemacht wurde, nahm die Synode den Antrag an, und brachte damit ihre Arbeiten zum Abschluß.
Der Königliche Kommissarius, General⸗Superintendent Dr. Crantz, drückte seine zuversichtliche Erwartung aus, daß die Beschlüsse der Synode der Kirche der Provinz zum reichen Se⸗ gen gereichen würden. Der Präses gab einen kurzen Rückblick auf die Thätigkeit der Synode, sprach dem Königlichen Kom⸗ missarius den Dank der Synode aus und dankte gleicherweise den Mitgliedern des Konsistoriums, des Vorstandes der Kom⸗ missionen und dem Sekretariate, während Pastor Praetorius dem Dank der Synode dem Präses gegenüber Ausdruck gab.
Magdeburg, 3. Februar. Die vierte Sitzung der Pro⸗ vinzialsynode der Provinz Sachsen wurde heute Vor⸗ mittags 10 ¼ Uhr von dem Präses, Regierungs⸗Präsidenten Rothe, nach Verlesung des Protokolls mit geschäftlichen Mitthei⸗ lungen eröffnet. Auf gegebene Veranlassung konstatirte der Re⸗ ferent der Stolgebühren⸗Kommission von Voß, daß die gestern beschlossene Abschaffung der Konfirmationsgelder sich nur auf die feststehende Gebühr, nicht aber auf die freiwilligen Gaben beziehe. General⸗Superintendent Schultze fragte an, ob der Kö⸗ nigliche Kommissar ermächtigt sei, erforderlichen Falls in die Verlängerung der Synode um einen Tag zu willigen, und stellte, als der Kommissar dies verneinte, einen darauf bezüg⸗ lichen Antrag in Aussicht.
Es folgte die Berathung über den ersten Gegenstand der Tagesordnung, betreffend die Vorlage wegen Aufhebung der Stolgebühren. Bei der Spezialdebatte über den §. 4 der Kommissionsvorschläge, betonte der Referent von Voß, wie die Kommission es für durchaus nöthig halte, daß die bis zum Er⸗ lasse eines Entschädigungsgesetzes interimistisch zu gewährende Entschädigung nicht lediglich den im Amte befindlichen Geistlichen und Kirchendienern, sondern den betreffenden Stellen bezie⸗ hungsweise Kirchenkassen gewährt, zund daß ferner bei Ermittlung der Gebührenausfälle nicht die Soll⸗Einnahme, sondern die Ist⸗Einnahme zu Grunde gelegt werde, Letzteres schon deshalb, weil seit Erlaß des Civilehegesetzes die Geistlichen vielfach genö⸗ thigt seien, auf die ihnen zustehenden Gebühren zu verzichten, um dadurch auf die Vornahme der Amtshandlung hin zu wirken. Nachdem mehrere Redner sich in demselben Sinne geäußert, kon⸗ statirt der Königliche Kommissarius, daß die Staatsregierung die Gewährung einer Entschädigung an die Stellen nicht beab⸗ sichtige. Er erklärte ferner, daß die Kirchenbehörde für die Zugrundelegung der Ist⸗ Einnahme, der Minister dagegen für die Zugrundelegung der Soll⸗Einnahme sei. Der §. 4 der Kommissionsvorschläge wurde hierauf mit großer Majorität angenommen.
Bei der Berathung über den §. 5 des Kommissionsberichtes, welcher die Gewährung einer ausreichenden Dotation als eine im höchsten Staatsinteresse begründete Forderung der evangelischen Kirche an den Staat bezeichnet, warnte Referent v. Voß dringend vor der Annahme aller weitergehenden Amendements, während Superintendent Fabarius und Konsistorial⸗Rath Räck die Do⸗ tirung der evangelischen Kirche als eine Ehrenschuld des Staates bezeichnet wissen wollten und Ersterer in längerer Rede die Annahme seines Amendements empfahl, welches die Ueberweisung der Einkünfte der eingezogenen Stifter an die evangelische Kirche bezweckt. Nachdem Ober⸗Prä⸗ sident von Patow die gegen die aus der Einziehung der Kirchengüter hergeleitete rechtliche Verpflichtung des Staates sprechenden Bedenken hervorgehoben und darum die Annahme der Kommissionsvorschläge befürwortet, Geheimerath Roedenbeck dagegen die Existenz einer zwar nicht im Wege der Klage gel⸗ tend zu machenden Rechtspflicht des Staates nachzuweisen ver⸗ sucht hatte, wurde der Kommissionsantrag, nachdem zuvor alle Amendements abgelehnt worden, schließlich einstimmig ange⸗ nommen.
Auf den Antrag des Synodalen Kanngießer die Gesammtabstimmung über die Kommissionsvorschläge mit den dazu beschlossenen Zusätzen und Aenderungen, welche die nahezu einstimmige Annahme der verbesserten Kommissionsvor⸗ schläge ergab. Ein Antrag des Königlichen Kommissars, daß der Synodalvorstand oder die Stolgebühren⸗Kommission eine Denkschrift ausarbeite, welche die Motive zu den Beschlüssen der Synode über die Aufbringung der durch den Staat nicht ge⸗ leisteten Entschädigung für die Aufhebung der Stolgebühren ent⸗ halte, wurde zunächst der Stolgebühren⸗Kommission zur Be⸗ schlußfassung überwiesen. Hierauf wurde die Sttzung um 1 Uhr auf 20 Minuten vertagt.
Bei Wiederaufnahme der Verhandlungen erfolgt die Be⸗ rathung des Proponendums des Konsistoriums, betreffend die Abänderung des Reglements für den Emeritenfonds, wor⸗ über Superintendent Pinkernelle referirt. Nach längerer Debatte, an welcher sich Namens des Konsistoriums der betreffende Decernent, Konsistorial⸗Rath Nitze und der Konsistorial⸗Präsident Nöldechen betheiligten, erfolgte die Annahme der Kommissionsanträge, welche im Wesentlichen auf die unveränderte Annahme der kon⸗ sistorialen Vorschläge gerichtet sind. Aus den Verhandlungen ist mitzutheilen, daß der gegenwärtige Bestand des Fonds 160,000 Thlr. beträgt und daß das Konsistorium zunächst denselben bis auf 200,000 Thlr. anwachsen zu lassen wünscht, bevor es eine Erhöhung der jetzt nur 130 Thlr. betragenden Pensionszuschüsse für räthlich er⸗ erachtet. Da dieser Zeitpunkt voraussichtlich bereits im Laufe des Jahres 1876 eintreten wird, so hat die Kommission davon abgesehen, die sonst vielfach gewünschte Erhöhung der Zuschüsse, vor welcher auch der Königliche Kommissarius warnen zu müssen glaubte, schon jetzt in Antrag zu bringen. Auch hat die Kommission von der zweifelhaften Frage, ob die Synode nach den Bestimmungen der Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung zur Stellung von Anträgen auf Abänderung des Reglements des Emeritenfonds legitimirt sei, absehen zu dürfen geglaubt. Die Vorschläge des Konsistoriums betreffen im Wesentlichen rein technische Fragen ohne allgemeineres Interesse. Die Sitzung schloß um 3 Uhr Nachmittags.
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Sachsen. Dresden, 4. Februar. lichen Majestäten gestern Abend stattgefundenen Hofballe (Kammerball) haben der Großherzog und die Großherzogin von Toskanag mit der Erzherzogin Antoinette, der Prinz und die Prinzessin Georg, der regierende Herzog von Sachsen⸗Altenburg, der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg⸗Schwerin und Prinz Reuß Heinrich IV. beigewohnt. Einladungen zu diesem Balle waren an das gesammte diplomatische Corps, die Staats⸗ Minister ꝛc., im Ganzen an ca. 300 Personen ergangen. — Der Herzog von Sachsen⸗Altenburg ist heute Mittag 12 Uhr über Chemnitz nach Altenburg zurückgereist. Der König geleitete denselben zum Bahnhofe.
Dem bei den König⸗
Württemberg. Stuttgart, 30. Januar.
mandirende General, General der Infanterie von Schwartz⸗ koppen, gab gestern ein glänzendes Ballfest. Der König hatte dem General, dessen jetzige Dienstwohnung sich zu größeren ge⸗ selligen Festlichkeiten nicht eignet, die Räume des Königsbaues zur Verfügung gestellt. Um 8 Uhr Abends waren in dem de⸗ korirten Hauptsaale des Königsbaues die Hofgesellschaft, sowie Offiziere, Aerzte und Beamte fast sämmtlicher Garnisonen des Landes, gegen 400 Personen, versammelt. Gegen 8 ½ Uhr er⸗ schienen der König und die Königin, sowie die Prinzessin Friedrich von Württemberg und die Prinzessin von. Sachsen⸗ Weimar auf dem Feste. Die hohen Herrschaften unterhielten
Der kom
sich huldvoll mit den Versammelten und nahmen gegen 11 Uhr ein Souper ein, bei welchem der Generalin von Schwartzkoppen die Auszeichnung zu Theil wurde, von Sr. Majestät zur Tafel geführt zu werden. Nachdem die hohen Herrschaften das Fest verlassen hatten, dauerte der Tanz noch bis gegen 2 Uhr früh fort.
— Der Beginn des fünften deutschen Bu ndesschießens in Stuttgart ist nunmehr auf Sonntag, den 1. August d. J. festgesetzt. —
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 3. Februar. Der Finanz⸗Hauptetat des Herzogthums auf die neue Finanz⸗ periode 1875 — 1877, wie er nach den Beschlüssen des letztver⸗ sammelten Landtages nunmehr als festgestellt vorliegt, schließt in Einnahme und Ausgabe mit jährlich 2,223,561 Mk. ab. Nominell enthält demnach der Voranschlag eine völlige Deckung der letzteren durch die erstere; faktisch aber ist die Ausgabe um jährlich 58,983 Mk. höher etatisirt als die laufende Einnahme, indem die letztgedachte Summe zur Ergänzung als „Einnahme aus den Ueberschüssen der früheren Finanzperioden“, also aus den allmählich angesammelten Beständen eingestellt worden ist. Die Grundsteuer wurde von 3 auf 2 ½ Termine, die Klassen⸗ und Einkommensteuer, von welcher schon bisher nur 9 Monats⸗ beiträge statt 12 erhoben wurden, auf 8 Monatsbeiträge er⸗ mäßigt und hiernach der Jahresertrag der Grundsteuer mit 221,250 Mk. (statt 265,500 Mk. Vorschlag der Regierung), die Klassen⸗ und Einkommensteuer mit 395,829 Mk. (statt 444,800 Mk.) eingestellt. Der damalige Bestand an Aktiven des Staatssiskus wurde bei den landschaftlichen Berathungen auf 2,028,274 Thlr., der Bestand an Passiven auf 540,414 Thlr., der Aktivüberschuß demnach auf 1,287,860 Thlr., die seit dem Jahre 1832 eingetretene Vermögensbesserung aber auf im Ganzen 2,274,319 Thlr. berechnet. Die französische Kriegsentschädigung hat dem Lande eine Einnahme von 547,052 Thlr. gebracht. Die Ausgaben wegen des Deutschen Reichs betragen nach dem Etat jährlich 262,467 Mk., darunter 259,992 Mk. Matrikular⸗ beiträge und 2400 Mk. Reisekosten und Diäten des Bundes⸗ kommissars.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 3. Februar. Der Prinz Philipp v. Coburg wird am 10. d. M. mit seiner Gemahlin seine stänoige Wohnung in Budapest im Coburgschen Palais am Franz⸗Josephs⸗Platz nehmen.
— Im Abgeordnetenhause legte der Finanz⸗Minister heut eine Nachtragsforderung von 71,803 Fl. für 1874 für die Errichtung einer ÜUniversität in Czernowitz vor. Zu den Aus⸗ schußanträgen, betreffend die Rinderpest, sind 8 Redner vorge⸗ merkt. Dagegen sprach Grocholski, indem er betonte, daß das Verbot der Vieheinfuhr aus Rußland den volks⸗ wirthschaftlichen Ruin Galiziens herbeiführen und den Schmuggel begünstigen würde. Das Haus beschloß, in die Spezialdebatte der Ausschußanträge einzugehen. Der Minister Lasser erklärte, man könne der ungarischen Regierung nicht zu⸗ muthen, ohne Weiteres dieselben Maßregeln einzuführen, welche hier angenommen werden; man könne sie nur ersuchen, das Ihrige zur Verhütung der Rinderpest zu thun. Der Minister konstatirte das Entgegenkommen der ungarischen Regierung bei ähnlichen Anlässen. Das Haus beschloß, die Regierung aufzu⸗ fordern, Verhandlungen mit der ungarischen Regierung einzu⸗ leiten, daß die hier beschlossenen Maßregeln auch dort ergriffen werden. Die Debatte der übrigen Punkte des Ausschußantrages wurde auf Freitag vertagt.
Pest, 3. Februar. In der heutigen Sitzung des Abge⸗ ordnetenhauses ergriff, nachdem der Referent des Steuer⸗ ausschusses, Abg. Daniel, mehrere Berichte über erledigte Steuer⸗ gesetzentwürfe eingereicht hatte, als erster Redner in der Budget⸗ debatte Koloman Tisza das Wort. Er erklärte, daß er sich ent⸗ schlossen habe, sich der Rekriminationen und Polemiken zu enthalten, da er überzeugt sei, daß heute nicht eine Aufregung der Ge⸗ müther, sondern die Bezeichnung der Mittel zur Regelung des Staatshaushaltes nothwendig sei. Unrichtig sei es, den Reichs⸗ tag für die begangenen Fehler verantwortlich zu machen. Er acceptire die Budgetvorlage nicht, da das jetzige Ministerium gar keine Garantie dafür biete, daß der Staatshaushalt geregelt werde. Im weiteren Verlaufe seiner Rede kam Tisza auf die staatsrechtliche Frage und erklärte unter großem Beifalle der Majorität, daß heute diese Frage nicht brennend sei, sondern be⸗ züglich der inneren Reformfragen die einzelnen Parteifraktionen Stellung nehmen sollen. Hierauf fuührte er seine Ansichten be⸗ züglich dieser Fragen aus. Er hält eine gründliche Reform der Administration für nothwendig, ist aber gegen die Ernennung der Beamten und für die Wahl derselben. Er ist für eine Er⸗ weiterung des Wirkungskreises der Obergespäne, und bezüglich der Justizpflege für Zuweisung der Bagatellsachen an die Ver⸗ waltungsorgane. Tisza hält es für nothwendig, daß zur Lösung der dringendsten Fragen diejenigen Mitglieder aller Par⸗ teien, welche darin einer Ansicht sind, sich vereinigen, wobei man von keinem Einzigen ein Aufgeben seiner Prinzipien for⸗ dern dürfte. Zur Deak⸗Partei gewendet, sagte Redner: Die rasche Regelung der Finanzen liege in ihrem eigenen Interesse, denn sonst werde sie selbst den Art. XII. 1867 nicht erfüllen können. Ebenso möge auch die Opposition bedenken, daß an eine Modifikation dieser Bestimmung nur dann gedacht werden kann, wenn Ungarn über geordnete Finanzen verfügt. Alles das möge auch die Nation erwägen, wenn sie zur Wahlurne tritt. Redner reichte schließlich einen Beschlußantrag ein, dem⸗ zufolge das Budget abgelehnt werden soll.
Die Rede Tisza's wurde auch Seitens der Rechten mit lebhaftem Beifalle aufgenommen. Zahlreiche Abgeordnete, dar⸗ 289 Sennyey, Somssich und Lonyay beglückwünschten den Redner.
Nach einer Pause sprachen August Pulszky, der besonders Tisza's Rede lobte, Geza Luekoe (linkes Zentrum) und Andreas Tavaszi. Letzterer erklärte, nur dann für das Budget zu votiren, wenn die Regierung bestimmt verspr che, noch in diesem Jahre die Bank zu errichten. Kallay sprach für den Iranyi'schen Beschlußantrag. Dann ergriff Ignaz Helfy das Wort. Er erklärte gleich anfangs, heute mit seiner Rede nicht fertig zu werden, und polemisirte so⸗
dann gegen Sennyey.
Schweiz. Bern, 4. Februar. (W. T. B.) Der Bun⸗ desrath hat den Staatsrath des Kantons Genf zur Auskunft über das agitatorische Treiben des vormaligen Bischofs Mer⸗ millod in den Grenzorten des Kantons Genf aufgefordert.
Belgien. Brüssel, 4. Februar. (W. T. B.) Die Feier der Vermählung des Prinzen von Sachsen⸗ Coburg⸗Cohary mit der Prinzessin Louise hat heute Vormittag stattgefunden. Bei dem Civilakt vor dem Bürger⸗ meister von Brüssel, Anspach, fungirten der Senats⸗Präsident Fürst von Ligne, der Präsident der Deputirtenkammer, Thibaut, der Minister⸗Präsident Malou und der Justiz⸗Minister de Lantsheere als Zeugen. Die kirchliche Trauung wurde in der Kapelle des Königlichen Palais durch den Erzbischof Dechamps von Mecheln vollzogen.
Großbritannien und Irland. London, 5. Februar. (W. T. B.) Die Regierung hat die unterm 20. v. M. vom Staatssekretär des Auswärtigen, Earl of Derby, an den englischen Botschafter in St. Petersburg, Lord Loftus, ge⸗ richtete Depesche über eine Fortsetzung der Brüsseler Kon⸗ ferenzen veröffentlichen lassen. In derselben wird ausgeführt, England habe aus dem Verlauf der Brüsseler Konferenzen die Ueberzeugung gewonnen, daß es unmöglich sei, über die wichtigsten Punkte in der der Brüsseler Konferenz ge⸗ machten Vorlage ein Einverständniß unter den betheilig⸗ ten Mächten zu erzielen. Ferner seien die Interessen des Angreifers in einem Kriege mit denen des Angegriffenen voll⸗ ständig unvereinbar und endlich sei es vollkommen unmöglich, eine strikte Einhaltung der aufgestellten Kriegsregeln zu er⸗ zwingen. Auf Grund dieser Erwägungen müsse England die Theilnahme an einer zweiten Konferenz ablehnen. England werde den seither von ihm beobachteten völkerrechtlichen Grund⸗ sätzen auch ferner treu bleiben und von jedem Uebereinkommen sich fern halten, das die Führung von Angriffskriegen erleichtern
und den patriotischen Widerstand von mit Krieg überzogene
Völkern lähmende Fesseln auferlegen könnte.
— Das konservative Journal „Hour“ stellt die von mehreren Blättern verbreitete Nachricht, daß Disraeli von seinem Ministerposten zurücktreten und der Herzog von Richmond di “ der konservativen Partei übernehmen werde, forme in Abrede.
Frankreich. Versailles, 4. Februar. ( I. 9) Die Nationalversammlung berieth heute über die Vorlage, welche bezweckt, der Privatindustrie die Fabrikation von Pulver Wund Dynamit freizugeben. Der Finanz⸗Minister sprach sich gegen die Vorlage aus. Die Berathung gedieh nicht zu Ende und soll morgen fortgesetzt werden. 8
Von den Mitgliedern der Kommission, welche von den Abtheilungen der Nationalversammlung zur Vorberathung der Vorlage über die Justizreform in Aegypten gewählt wor⸗ den ist, haben sich 6, wiewvhl unter Vorbehalt der gutacht!ichen Meinungsäußerung Seijens der in Aegyten sich aufhaltenden Franzosen, für die Vorlage ausgesprochen; die übrigen 9 Mit⸗ glieder haben sich gegen die Vorlage erklärt. Die zur Prüfung der Vorlage über Verbindung Englands und Frankreichs 8 eine unterseeische Eisenbahn niedergesetzte Kommission ist durchweg dem Prsjekte zugeneigt.
Spanien. Madrid, 4. Februar. (W. T. B.) General Loma hat Zumaya (im Westen von Guypuzcoa) besetzt und die Straße nach Cestona (Guypuzcoa, rechts am Uroia) gewon⸗ nen. Die Carlisten befinden sich auf dem Rückzuge in der Richtung nach Cestona. Aus Oteiza liegen von heute Mor⸗ gen Nachrichten vor, wonach die Truppen sich einer großen Anzahl von carlistischen Verschanzungen ohne sonderlichen Wi⸗ derstand bemächtigt haben. Die Carlisten wurden meist durch die strategischen Bewegungen der Königlichen Truppen genöthigt, ihre Stellungen aufzugeben. Das Resultat der Operationen ist bis jetzt ein unausgesetzt günstiges.
— Ueber Paris, 4. Februar Abends, meldet „W. T. B.“: Nach aus carlistischer Quelle kommenden telegraphischen Mel⸗ dungen hat zwischen den Carlisten und den Königlichen Truppen gestern Morgen ein Gefecht bei San Cristobal stattgefunden, in welchem die Carlisten sich den Sieg zuschreiben. Sie be⸗ haupten, die Königlichen Truppen aus ihren Stellungen ge⸗ worfen, 2 Kanonen erbeutet und auch Gefangene gemacht zu haben. Ebenso wollen sie an demselben Tage bei einem Ge⸗ fechte in Guypuzcoa Sieger gewesen sein. — Die frühere Kö⸗ nigin Ifabella hat dagegen eine Depesche aus Orteiza vom gestrigen Tage erhalten, wonach die Königlichen Truppen einen Angriff der Carlisten auf San Cristobal siegreich abgeschlagen haben. König Alfons hatte dem Gefechte beigewohnt.
— 4. Februar. (W. T. B.) Nach weiteren Meldungen, welche hier über das gestrige Gefecht bei San Cristobal eingegangen sind, ging der König Alfons bis in die Feuer⸗ linie vor und zog sich erst auf Bitten des Generals Jovellar aus derselben zurück, nachdem mehrere Soldaten in seiner un⸗ mittelbaren Nähe verwundet worden waren. Gestern Abend befand sich der König in Oteiza. Die Truppen hatten die in dem Thal des Rio Santo belegenen Ortschaften Lorca, Murillo und Lacar besetzt. Sobald Meldungen vom General Moriones eingegangen sind, wird ein gleichzeitiger Angriff auf die feind⸗ lichen Stellungen erfolgen.
— Aus Tafalla, 4. Februar, Abends, wird gemeldet:
Moriones und Despujols haben Puenta la Reyna (bei Pampelona) durch einen Sturmangriff genommen und den Carlisten eine völlige Niederlage beigebracht. Puenta la Reyna ist von den Truppen besetzt. Der König Alfons, welcher sich mit seinem Hauptquartier noch in Oteiza befindet, wird gegen die feindlichen Stellungen bei Santa Barberina vorgehen und sich darauf in Moys mit dem von Moriones geführten Truppen⸗ theil zu vereinigen suchen. General Moriones ist bereits in Pampelona eingerückt. — Aus Hendaye, 4. Februar, Abends, ist folgendes Te⸗ legramm des „W. T. B.“ eingegangen: General Loma hat die Carlisten von den von ihnen besetzten Höhen, welche Cestona und Zumaya beherrschen, vertrieben. — In dem gestrigen Ge⸗ fechte bei Meagas hatten die Königlichen Truppen einen Verlust von 150 Mann. Ein Oberst und zwei Hauptleute der Carlisten, sowie eine Anzahl Soldaten wurden gefangen. .
Portugal. Lissa bon, 23. Januar. Nach der Konsti⸗ tuirung der Kammer hat der Finanz⸗Minister de Serpa⸗Pimentel sein Budget vorgelegt. Die Einnahmen des Finanzjahres 1875 bis 1876 (das portugiesische Budgetjahr läuft vom 1. Juli bis 30. Juni) sind darin auf 23,152 Contos Reis und die Aus⸗ gaben auf 24,129 Contos veranschlagt, was ein Desizit von 967 Contos oder von 5,422,000 Fr. ergiebt. — Der Handel mit dem Auslande befindet sich in erfreulicher Zunahme. Der
Werth der Ausfuhren ist von 20,293 Contos Reis im Jahre 1870 u.