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3. Dezember, 2 Gegenwart Ihrer Kaiserlichen und K
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Ige hätte das Ministerium hestertt Abend dem Ptäsidenten ae Mahon ausgesprochen, daß s auf der gegebenen Entlassung beharren wolle und sei darauf Broglie zu letzterem berufen worden
und von ihm mit der Neubildung des Kabinets beauftragt. —
Die konstitutionelle Kommission wird noch heute zusam⸗ mentreten, um die veuen Vorschläge von Vautrain und Waddington für die Organisirung des Senats einer Prüfung zu unterziehen und wahrscheinlich noch heute seinen Bericht er⸗ tatten.
Spanien. Madrid, 12. Februar. (W. T. B.) König Alfons ist in Valladolid eingetroffen und sehr enthu⸗ siastisch empfangen worden. — Elduayen wurde zum Prä⸗ fekten von Madrid ernannt.
1 Rußland und Polen. St. Petersburg, 12 Fe⸗ bruar. (W. T. B.) Die unterm 20. v. Mts. an den hiesigen englischen Botschafter gerichtete Depesche, in welcher die englische Regierung es aͤblehnt, an einer Fort⸗
etzung der Brüsseler Konferenzen über Festsetzung von Kriegsregeln sich zu betheiligen, ist von der hiesigen Regierung beantwortet und ist diese Antwort sowohl, wie die englische De⸗ pesche vom 20. v. Mts. den Regierungen, welche an den Brüsseler Konferenzen theilgenommen haben, mitgetheilt worden.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 6. Februar. Die neue Heeresordnung mit den damit zusammenhängenden Vorschlägen der Regierung stand heute in der Ersten Kammer auf der Tagesordnung und wurde der erste dieser Vorschläge, betreffend Zusatz zu §. 80 der Regierungsform, ohne Diskussion dem Konstitutionsausschuß überwiesen. Dagegen machten sich bei der Frage, welcher Kommission die neue Heeresordnung selbst zu übergeben sei, verschiedene Ansichten geltend, und fand schließ⸗ lich der Antrag des Freiherrn Stjernblad, zu diesem Zweck einen separaten Ausschuß, bestehend aus je 7 Mitgliedern von beiden Kammern, zu wählen, allgemeinen Beifall.
— Der vorgeschlagene Zusatz zu dem §. 80 des Staats⸗ grundgesetzes lautet wörtlich:
„Findet der König und der Reichstag es erforderlich, in Ver⸗ bindung mit einer Abänderung oder Aufhebung des Eintheilungs⸗ wesens (der jetzigen Landwehrorganisation) neue Bestimmungen in Betreff der Organisation der Wehrkraft zu treffen, so sollen diese Bestimmungen so wie die zu ihrer Durchführung nothwendigen Be⸗ willigungen durch Gesetze festgestellt werden, welche nicht ohne über⸗ einstimmenden Beschluß des Königs und des Reichstags abgeändert oder aufgehoben werden können.“
Dieser Antrag ist bereits von dem vorigen Reichstage ab⸗ gelehnt worden, da letzterer in demselben eine Beschränkung seines Geldbewilligungsrechtes erblickt.
Amerika. New⸗York, 12. Februar. (W. T. B.) In Folge der großen Kälte ist in sämmtlichen Unionsstaaten der Verkehr vielfach unterbrochen und erinnert man sich in den letz⸗ ten 40 Jahren kaum eines Kältegrades, wie er in diesem Winter vorherrschend ist.
Asien. Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Shanghai vom 12. d., daß über den Nachfolger des verstorbenen Kai⸗ sers noch immer nichts endgültig entschieden sei. Obgleich Tsaeteen, der Sohn des Prinzen Chun, unter dem Namen Kwang⸗lew bereits zum Kaiser ausgerufen ist, so hält man es doch für möglich, daß dieses Arrangement umgeworfen wird, falls die Kaiserin noch einem Sohne das Leben schenken sollte. Alsdann würden die beiden verwittweten Kaiserinnen während der Minderjährigkeit des Prinzen zu Regentinnen ernannt wer⸗ den. Das Gerücht von dem Selbstmorde der Kaiserin bestätigt
sich nicht.
Nr. 7 des „Central⸗Blatts für das DeutscheReich“, herausgegeben im Reichskanzler⸗Amt (Berlin, Carl Heymanns Verlag), hat folgenden Inhalt: 1) Allgemeine Verwaltungssachen: Mitthei⸗ lungen über den Stand der Rinderpest; Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. — 2) Münzwesen: Uebersicht über die Aus⸗
prägung von Reichsmünzen. — 3) Handels⸗ und Gewerbewesen: Bekanntmachung der Bestimmungen zur Ausführung des Gesetzes über Markenschutz vom 30. November 1874. — 4) Zoll⸗ und Steuer⸗ wesen: Kompetenz einer Steuerstelle. — 5) Marine und Schiffahrt: Bekanntmachung, betreffend die Noth⸗ und Lootsen⸗Signalordnung für Schiffe auf See und auf den Küstengewässern; Einrichtung eines Schleppdampferdienstes auf der Barre von Maracaibo; Erscheinen der amtlichen ꝛc. Schiffsliste. — 6) Konsulatwesen: Ernennungen; Ertheilung der Kompetenz zu Eheschließungen ꝛc.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Aus dem letzten Sitzungsbericht der „Asiatischen Gesell⸗ schaft“ in London, welchen die „Academy“ vom 30. Januar ent⸗ hält, ist zu ersehen, daß unter Anderem die beiden deutschen Orienta⸗ listen, der Aegyptolog Richard Lepsius und der Sanskritforscher Theodor Benfey, zu Ehrenmitgliedern jener Gesellschaft ernannt wurden. Nach dem Vorbilde der 1823 von Colebrooke eröffneten „Asiatic Society“ in London wurde bekanntlich vor 30 Jahren zuerst die deutsche morgenländische Gesellschaft auf der ersten Orientalisten⸗ versammlung in Darmstadt unter dem Vorsitz Ernst Schleiermachers ins Leben gerufen. Seitdem sind die beiden Gesellschaften mit dem regsten Wetteifer thaͤtig, die geistigen Schätze des Orients der euro⸗ päischen Kultur zu vermitteln.
Aus München, 10. Februar, schreibt man: Seit einigen Tagen währt im Gebirg wie auch auf der bayerischen Hochebene ein Schneefall, wie sich die Leute in einem Jahrzehnt eines solchen nicht erinnern können. Am tiefsten verweht ist die bekannte Som⸗ merfrischstation Reut im Winkel, wo täglich ein paar Hundert Men⸗ schen beschäftigt sind, um nur die nothwendigste Kommunikation noch zu ermöglichen. Von einem Hause zum andern müssen in Gebirgs⸗ orten Gassen ausgeschaufelt werden. Die Erschöpfung des Wildes aus Hunger ist allgemein. Im bayerischen Walde sind ganze Dörfer eingeschneit und von jeder Kommunikation abgeschnitten.
Land⸗ und Forstwirthschaft. Mittheilungen über den Stand der Rinderpest. 1) Deutschland. Nachdem seit dem Auftreten der Rinderpest bezw.
seit dem letzten Seuchenfalle in Sawadden, Kreis Lyck, mehr als 3 Wochen verstrichen sind und die vollständige Desinfizirung der ver⸗ dächtigen Lokalitäten ꝛc. stattgefunden hat, ist die Rinderpest durch Bekanntmachung der Königlich preußischen Bezirksregierung zu Gum⸗ binnen vom 6. Februar auf Grund des §. 37 der Instruktion vom 9. Juni 1873 (Reichs⸗Gsetzblatt Seite 147) für erloschen er⸗ klärt worden. Deutschland ist somit wiederum frei von der
Rinderpest. 8 2) Oesterreich⸗Ungarn. Beim Beginne des Monats Fe⸗
bruar herrschte die Rinderpest in Galizien (Bezirke: Skalat, Borszezow,
Czortkow), Dalmatien, Kuüstenland und Krain (Bezirk: Dornegg). In Ungarn (Zalaer Komitat) war seit dem 3. Januar ein neuer Seuchenfall nicht vorgekommen. Dagegen waren Kroatien und Sla⸗ vonien und die Militärgrenze fortgesetzt von der Seuche heimgesucht.
Gewerbe und Handel.
Die Bewegung zur Hertze in beuns billigerer Fleisch⸗ preise im Wege der Selbsthülfe der Konsumenten nimmt in Berlin immer weitere Dimensionen an. Eine neue, von Privaten eingerichtete Fleischverkaufsstelle ist Mauerstraße 45 eröffnet worden. Das zu diesem Zweck zusammengetretene Comité hat sich zur Aufgabe gemacht, dem Publikum gesundes und kräftiges Fleisch von besten Mastochsen zu liefern und zwar zu verschiedenen Preisen, von 4 ½ Sgr. bis zu 8 Sgr. (Schabefleisch), um den Fleischern den Beweis zu liefern, daß das
ublikum nicht auf sie allein angewiesen ist. — Im Bezirksverein Alt⸗Cölln ist am Mittwoch ebenfalls die Fleischfrage besprochen wor⸗ den. Es ist innerhalb des Stadttheils Alt⸗Cölln ein Fleischkonsum⸗ verein projektirt, dessen Statut zur Mittheilung gelangte; die Be⸗ gründung des Vereins soll erfolgen, sobald sich 300 Mitglieder bereit erklärt haben, einen einmaligen Beitrag von 2 Thlr. zu zahlen; auch ein Verkaufslokal ist im Hause Fischerstraße 14 bereits in Aussicht genommen.
— Die Generalversammlung der Speicher⸗Aktien⸗Gesell⸗ schaft zu Berlin setzte die Dividende pro 1874 auf 9 ½ % fest und genehmigte einige von der Direktion vorgeschlagenen Statutenände⸗ rungen.
Frankfurt a. M, 12. Februar. (W. T. B.) In der gestri⸗ gen Versammlung der Aktionäre der Frankfurter Wechslerbank wurde der Antrag auf Liquidation der Gesellschaft genehmigt und zur weiteren Betreibung der Angelegenheit ein Comité ernannt.
— In der gestrigen Generalversammlung der Aktionäre des Schönheimerschen Bankvereins wurde nach langen Verhand⸗ lungen die Liquidation einstimmig beschlossen.
— In der bevorstehenden Gen eralversammlung des Hamburxr⸗ ger Bankvereins wird u. A. auch ein Antrag auf Liquidation des Gesellschaftsvermögens zur Verhandlung kommen.
Verkehrs⸗Anstalten.
— Wie die „Ztg. f. Lothr.“ hört, ist nunmehr der Bauplan für die ganze, auf reichsländischem Gebiet gelegene Strecke der Mosel⸗ bahn von Trier nach Metz genehmigt. Diese Bahn tritt bei Sierck in den Bezirk Lothringen ein und vereinigte sich über Königsmachern in Diedenhofen mit der Reichs⸗Eisenbahn Luxemburg⸗Metz. Die schwierige Frage über die Einmündung der Bahn in Diedenhofen ist u Gunsten des seiner Zeit von der Enquetekommission befürworteten
rojekts der Errichtung eines aroßen Centralbahnhofes in Dieden⸗ hofen auf der durch den Festungskanal und die Mosel gebildeten Insel entschieden. In diesen Centralbahnhof werden sodann die vier
Linien von Luxemburg, Metz, Sedan und Trier einmünden.
2₰
Der Lette⸗Verein.
Der unter dem Prolektorat Ihrer Kaiserlichen und König⸗ lichen Hoheit der Kronprinzessin stehende Lette⸗Verein zur Förderung höherer Bildung und Erwerbsfähigkeit des weiblichen ö hielt am Donnerstag seine diesjährige Generalversamm⸗ ung ab.
Das vergangene Jahr darf als eins der segens⸗ und ereignißreichsten bezeichnet werden. Den vorhandenen Instituten und Einrichtungen konnten neue Anstalten hinzugefügt werden, die Mittel und das An⸗ sehen des Vereins haben in erfreulicher Weise zugenommen, sodann ist durch den Besitz eines eigenen Vereinshauses ein lang empfundenes
Bedürfniß befriedigt und dem Verein eine wichtige Grundlage für sein Bestehen und seine Weiterentwicklung gegeben, schließlich hat der Verein von Sr. Majestät dem Kaiser und König laut Kabinetsordre vom 4. September 1874 die Rechte einer juristischen Person verliehen erhalten. — Das Bedürfniß nach einem eigenen Hause machte sich bereits im Jahre 1872 geltend; durch die Gönner des Vereins wurde bald ein Baufonds von 8000 ℳ aufgebracht und ein ein⸗ ziger Mann stellte unter den günstigsten Bedingungen ein Kapital von 25,000 ℳ zur Verfügung, von dem 20,000 ℳ zur Anzahlung auf das Königgrätzerstraße 90 belegene, zum Preise von 95,000 ℳ gekaufte Grundstück verwandt wurden, während der Rest von 5000 ℳ und die als Ertrag der verschiedenen Sammlungen zugeflossenen 8000 ℳ den Ausbau und die innere Einrichtung zu decken hatten. Diese 13,000 ℳ reichten jedoch nicht aus, weitere Sammlungen ergaben ein Resultat von 3200 ℳ Die bedeutendste Einnahme von 15,000 ℳ erzielte jedoch der Verein durch die Veranstaltung eines Bazar, der unter dem Protektorate und huldvoller persönlicher Betheiligung Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kron⸗ prinzessin vom 21. bis 28. März v. J. im großen Saale des Prinzessinnen⸗Palais abgehalten ward. Die auf dem Vereinshause lastende Hypothekenschuld beträgt 95,000 ℳ, deren Verzinsung durch den Betrag der Miethe der an Privatleute vermietheten Wohnungen des Vorderhauses, sowie durch den den eigenen Instituten angerechneten Miethzins gedeckt wird. Das Vereinshaus wurde im Sommer 1873 in entsprechender Weise um⸗ gebaut und erhielt als Schmuck über der Hausthür einen Abguß der vom Bildhauer Tondeur modellirten Büste des Präsidenten Lette. Das Ersgeschoß, die erste und zweite Etage sind noch an Private ver⸗ miethet, das dritte und vierte Stock enthält das Victoriastift, dessen Konversationszimmer ebenfalls im dritten Stock liegt. Außerdem be⸗ findet sich daselbst die Amtswohnung der Hausmutter, die zugleich Vorsteherin des Arbeiternachweisungsbureaus ist. Letzteres, sowie die Registratur liegen ebenfalls im dritten Stocke. Der erste und zweite Stock des Quergebäudes enthält Lehrerinnenwohnungen, einen Sitzungssaal, so⸗ wie Hörsäle für die Handels⸗ und Gewerbeschule. Im Quergebäude des Erdgeschosses liegt die Restauration, durch welche die im Bictoriastift wohnenden Damen ihre Beköstigung erhalten und in der auch andere
Damen für 75 Pf. (im Abonnement 60 Pf., ein guter kräftiger Mittagstisch verabreicht wird; der zahlreiche Besuch ist das beste Zeugniß für die Solidität der Bewirthung. Anfang Oktober 1873 siedelte der Verein in das neue Haus über, die feierliche Einweihung fand aber erst am
dem Todestage des verewigten Hrüsidenten Lette in öniglichen Hoheiten
des Kronprinzen und der Kronprinzessin statt. — Ueber die
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Bemühungen des Vereines, jungen Mädchen Anstellung im Eisenbahn⸗, Post⸗ und Telegraphendienst zu verschaffen, ist zu berichten,
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daß die
Kaiserliche General⸗Postdirektion für die Kassenkontrolle Zöglinge des Ierstituts engagirt hat und daß dieselben zu
1 3 1 voller Zufriedenheit ar⸗ In eine direktere Verbindung ist die Kaiserliche Telegraphen⸗
Direktion mit dem Lette⸗Verein getreten, indem die sich zu Telegra⸗ phistinnen ausbildenden jangen Mädchen unter dem Schutze und in
dem beamten Unterricht empfangen.
Lokale des Vereins von einem Hanserlichen Telegraphen⸗
Vom 1. Oktober 1873 bis Ende
Februar 1874 wurden 48 Gehülfinnen ausgebildet, denen sämmtlich
Mädchen hat der Verein
Apparate ihnen fast ausnahnislos schwer fällt. bildung am Morse⸗Aparat, sowie der theoretischen Ausbildung dauert
funden eins“ ist seit Anfang 1874 eine Druckerei begründet, welche nur weib⸗
leiß und Eifer nachgerühmt wurde, obschon das Reguliren der Die Zeit der Aus⸗
n der Regel je 3 Monate. — Ein ferneres Arbeitsfeld für junge in der Erlernung der Buchdruckerkunst ge⸗
Unter der Firma „Typographisches Institut des Lette⸗Ver⸗
iche Setzerinnen ausbildet und beschäftigt; nach manchen fehlgeschla⸗ men Versuchen, die in der Neubeit der Verhältnisse ihren Grund aben, partizipirt der Berein seit Kurzem an der Aktiengefellschaft,
welche die Buchdruckerei des Kommerzien⸗Rathes O. Janke erworben. Auch in dieses Fach haben sich die jungen Mädchen überraschend schnell eingearbeitet. Sodann hatte der Lette⸗Verein eine auch von aus⸗ wärtigen Frauenbildungs⸗ und Erwerbsvereinen unterzeichnete Petition an den Bundesrath gerichtet, auch Frauen und Mädchen den Eintriit in das Apotheker⸗Gewerbe zu ermöglichen. Die Petition warde, weil ein neues Apothekergesetz bearbeitet wird, zur Zeit für nicht geeignet zur Erörterung erachtet, doch soll sie unter Umständen nach Einvringung der Vorlage wiederholt werden. — Die Handels⸗ und Gewerbeschule des Vereins ist an Zahl der Theilnehmerinnen gewachsen und in Bezug auf die Aazahl der Kurse erweitert; von letzteren sei erwähnt der Unterricht im Handschuhmachen und Blumenmalen auf Porzellan; für das laufende Jahr ist die Errichtung einer selbständigen Zeichenschule, sowie der Unterricht in der Kunststickerei in Aussicht genommen. Für die Leistungen der Gewerbeschule hat der Verein von der Jury der Wiener Weltausstellung die Medaille für Mitarbeiter erhalten. Das Victoriastift des Vereines enthält 19 Zimmer für 38 Pen⸗ sionärinnen und ein mit einem Pianino und mit einem wohlgefüllten Bücherschrank versehenes Konversationszimmer. Der Pensionspreis beträgt für die Woche 15 Mark. Die Vorschußkasse des Victoria⸗ stiftes dient dazu, Damen, denen bei einem längeren Aufenthalte da⸗ selbst die Mittel ausgehen, den Pensionspreis auf einige Wochen zu stunden. — Das Arbeitsnachweisungsbureau des Vereins besorgt un⸗ entgeltlich die Vermittelung von Stellen; Arbeitsuchende, wie Arbeit⸗ bietende haben sich an die Vorsteherin, Frau Betty Lehmann, zu wenden. In die Listen des Bureaus sind im vergangenen Jahre ein⸗ getragen: 2403 Gesuche, darunter 1650 Stellensuchende und 950 Stellenbietende. Entsprechende Arbeit erhielten 416 Per⸗ sonen und zwar 190 Lehrerinnen für Sprachen, Schul⸗ wissenschaften, Musik und Zeichnen, 89 Bonnen und Kinder⸗ gärtnerinnen, 8 Gesellschafterinnen, 98 Handarbeiterinnen, 3 Direk⸗ tricen für Wäschegeschäfte, 9 Comtoiristinnen, 6 Verkäuferinnen, 11 Wirthschafterinnen und 2 Stenographinnen. — Die Darlehnskasse des Vereins gewährt Frauen und Mädchen, welche selbständige Ge⸗ schäfte einrichten wollen, Darlehen, die die Summe von 900 Mark nicht überschreiten dürfen; sie werden nur gegen Bürgschaft bewilligt und sind mit 5 % zu verzinsen. — In derselben Weise und unter denselben Bedingungen werden an unbemittelte Frauen ähmaschinen abgegeben.
Der Vorstand, der sich wegen der Statutenveränderung einer völligen Neuwahl unterziehen mußte, besteht zur Zeit aus Fr. Rosa Arons, Fr. Minister Dr. Falk, Frl. Jenny Hirsch, Fr. Ober⸗Tribu⸗ nals⸗Rath v. Holleben, Fr. Stadtgerichts⸗Rath Preß, Gräfin Re⸗ ventlou, Fr. Schepeler⸗Lette, Fr. M. Stetliner, Fr. A. Tondeur und Frl. P. Varast, sowie aus den HH. Kreisrichter Bergmann, Direktor Dr. Haarbrücker, Direktor E. Hecker, Justiz⸗Rath Hecker, Kommerzien⸗Rath Janke, Stadtrichter Lehfeldt, Jaques Meyer, Kam⸗ merherr v. Normann, M. Stettiner und Prediger Dr. Thomas.
Ueber den nach dem Entdecker bez. Erwerber benannten „Pa⸗ pyros Ebers“ hielt am 10. Abends in der Sitzung des „Vereins von Freunden der Erdkunde“ in Leipzig der dortige Professor der Aegyptologie, Dr. Georg Ebers, einen Vortrag, dessen Inhalt wir nach der „Leipz. Ztg.“ wiedergeben. Die Papyrosstaude wurde früher besonders reich gepflegt in Aegypten und hier vorzugsweise im Nildelta, jetzt hat sie sich mit einem großen Theile der Flora und Fauna nach dem Süden an den weißen Nil zurückgezogen. Auch in Sicilien, in der Umgegend von Syrakus, sind heute noch ganze Wälder davon vorhanden. Aus dem inneren Stoffe der Pflanze wurden die gewonnenen Stücke in Lamellen zerschnitten übereinander⸗ geklebt, mit Elephantenzähnen geglättet und so nach lhrer Güte in verschiedenen Sorten in den Handel gebracht; die feinsten und besten scheinen aus den in der Nähe von Sais gewonnenen verfertigt zu sein. Von den ungeheuren Papyrusmengen, welche in den alt⸗ ägyptischen Bibliotheken aufbewahrt wurden, ist nur ein verhältniß⸗ mäßig geringer Theil noch vorhanden. Man findet sie wohl erhalten in der Erde vergraben in hermetisch geschlossenen Töpfen, am häu⸗ figsten bei Mumien. Die größte Papyrusrolle ist der im britischen Museum aufbewahrte Papyrus Harris, der zweitgrößte der vom Redner in Theben entdeckte und erworbene; während jener 144 huß mißt, ist dieser 23 Meter lang. Ohne die außergewöhnliche Unkenntniß der Araber, die die Rollen oft in einzelne Stücke
zerschneden und so fragmentweise in den Handel bringen, würden wir viel mehr Papyrusrollen besitzen. Die darauf befindlichen
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Schriften sind fast allen Zweigen des Wissens gewidmet, mit Aus⸗ nahme des dramatischen Gebiets; am schönsten und reichsten ist die Dichtung vertreten. Der „Papyrus Ebers“ ist medizinischen Inhalts. Auch er ist bei einer Mumie, schon vor 13 Jahren in Theben gefun⸗ den, lange verborgen gehalten worden, weil die ägyptische Regierung derartige Denkmale selbst gegen geringe Preise von den Findern zu erwerben sucht. Die Verhandlungen mit dem Araber, in dessen Be⸗ sitze Redner den Papyrus entdeckte, waren sehr schwierig und hätten sich fast noch in letzter Stunde, weil auch gleichzeitig der Di⸗ rektor des britischen Museums darum handelte, zerschlagen, wenn nicht der Zufall dem Redner einen Leipziger, Max Günther (jetzt Geh. Kommerzien⸗Rath in Brüssel), zugeführt hätte, durch dessen Vermittelung er dem bestimmten Verlangen des Arabers, die Hälfte der Kaufsumme sofort in blankem Golde zu erlegen, entsprechen konnte. Köͤnig Johann erwarb ihn und schenkte ihn der hiesigen Un versität. Der Papyrus ist in 110 Seiten eingetheilt und pagi⸗ nirt; nur fehlen die Zahlen 28 und 29, weil „für den Kranken üble Zahlen“, obschon der Text ununterbrochen fortläuft; er ist außer⸗ ordentlich korrekt und grammatisch genau. Gleich den übrigen Rollen sind seine Anfangsbuchstaben mit rother Tinte, die übrige Schrift mit schwarzer Tinte ausgeführt. Seinem Inhalte nach ist er ein Handbuch der Arzneimittellehre. Als folches birgt er auch verschiedene Beschwörungsformeln (nicht zu verwechseln mit den streng verbotenen Zauberkünsten), weil das Anrufen der Götter zur Heilung der Kranken gestattet war. Die gegebenen Rezepte haben auf alle Theile des Körpers Bezug; auch enthält er kosmetische Mittel, Anweisungen zur Fertigung von Räucher⸗ und Mundpillen (für Männer und Frauen), zahlreiche Haarwuchsrezepte, selbst Mittel ur Vertilgung von Ratten und Ungeziefer nicht ausgenommen ac. Redner theilte wörtlich den Anfang der Einleitung des Papyrus mit und schloß mit der Bemerkung, daß die von ihm besorgte Veröffent⸗ lichung des Buches in einer dem Original täuschend ähnlichen Weise (durch Giesecke und Deprient in Leipzig) ihrer demnächstigen Vollendung entgegensehe, legte auch Druckproben zur Ansicht aus. Theater.
Am Sonntag debütirt im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater. Hr. Lips vom Königlichen Hoftheater. Der jugendliche, stimmbegabte und geschulte Tenor hat sich bereits an der Königlichen Hofbühne ausgezeichnet, vor Kurzem aber in Lecoqs Giroflé⸗Girofla die schwierige Aufgabe, den plötzlich erkrankten Hrn. C. Swoboda als „Marasquin“ zu vertreten, mit um so größeren Ehren bestanden, als der junge Künstler diese Rolle plötzlich zu übernehmen hatte. Das offizielle Debüt findet nunmehr am Sonntag statt.
— Hr. Siegwart Friedmann vom Stadttheater in Wien be⸗ ginnt heute sein Gastspiel am hiesigen Stadttheater. Der Künstler wird in Albert Lindners „Bluthechzeit“, Gutzkows „Königslieutenant“ und Shakespeare's „Richard III.“ auftreten.
— Woltersdorff⸗Theater. Nachdem verschiedene sehr geschickt angebrachte Aenderungen und Striche von Seiten der Regie in der Posse „Nachtfalter“ vorgenommen, erfreut sich dieselbe einer immer günstigeren Aufnahme von Seiten des Publikums und wird sich in dieser Gestalt wohl auf dem Repertoire erhalten, bis sie der Posse Emil Pohls „Wir Barbaren“ Platz machen müssen, welche demnächst neu einstudirt wieder in Scene gehen soll.
— Die Herzoglich Sachsen⸗Meiningensche Hofthea⸗ ter⸗Gesellschaft wird am 15. April im Friedrich⸗Wilhelms⸗ städtischen Theater ihre Vorstellungen mit Kleists „Herrmanns⸗ schlacht“ eröffnen. Auch Schillers „Fiesko“ gehört zu dem diesmali⸗ gen Repertoire der Gesellschaft.
Prozeß Ofenheim. 5 8 Wien, 12. Februar, Nachmittags. Der Staatsanwalt Graf Lamezan zog in der heutigen Sitzung die Anklagepunkte, betreffen die Ablösungssumme und das Betriebsmaterial sowie das Richtersche Anlehen zuruͤck. Die übrigen Anklagepunkte wurden vom Staatsan⸗ walt 8 den Ergebnissen der Schlußverhandlung nur unwesentli modifizirt.
Redacteur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kessel). Druckt W. Eloner. . Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage
Berlin:
Erste Beilage
s⸗-Anzeiger und Königlich Preufischen Staats⸗Anzeiger
Berlin, Sonnabend,
Königreich Preußen.
Privilegium, wegen eventueller Ausgabe auf jeden Inhaber lau⸗ tender Obligationen der Stadt Schrimm, Regierungsbezirks Posen, zum Betrage von 90,000 Reichsmark.
Vom 14. Dezember 1874
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc.
Nachdem der Magistrat der Stadt Schrimm im Einverständnisse mit den Stadtverordneten darauf angetragen hat, der Stadt zu ge⸗ statten, über ein zu Kasernenbauten und zur Bestreitung anderer noth⸗ wendiger Kommunalbedürfnisse im Betrage von Neunzig Tausend Reichs⸗ mark von dem Reichs⸗Invalidenfonds aufgenommenes Darlehn, auf Verlangen des Darleihers, auf jeden Inhaber lautende Stadt⸗Obli⸗ gationen nach Maßgabe der anliegenden Bedingungen ausgeben zu dürfen: ertheilen Wir in Gemäßheit des §. 2 des Gesetz 8 vom 17. Juni 1833 (Gesetz⸗Sammlung S. 75) durch gegenwärtiges Privi⸗ legium der Stadt Schrimm zur Ausgabe ven auf jeden Inhaber lau⸗ tenden Stadt⸗Obligationen bis zum Betrage von Neunzig Tausend Mark Reichsmünze, welche nach dem anliegenden Schema in Ab⸗ schnitten von 3000, 1500, 600 und 300 Mark auszufertigen, mit Vier und einem halben Prozent jährlich zu verzinsen und von Seiten der Gläubiger unkündbar, nach dem festgestellten Tilgungsplane durch Ausloosung bis spätestens im Jahre 1912 zu amortisiren sind, mit Vorbehalt der Rechte Dritter, Unsere landesherrliche Genehmigung, ohne jedoch dadurch den Inhabern der Obligationen in Ansehung ihrer Befriedigung eine Gewährleistung Seitens des Staates zu bewilligen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei⸗ gedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 14. Dezember 1874.
Wilhelm. Camphausen. Graf Eulenburg. Achenbach. en. Regierungsbezirk Posen.
Obligation der Stadt Schrimm. ü Reichsmark. 8
(Ausgefertigt in Gemäßheit des Landesherrlichen Privilegiums vom 14. Dezember 1874, Amtsblatt der Königlichen Regierung in Posen
8 vom. 18. 9 Wir, der Magistrat der Stadt Schrimm, urkunden und bekennen hierdurch, daß der Inhaber dieser Obligation die Summe von .. .. Mark Reichswährung, deren Empfang wir bescheinigen, als einen Theil der auf Grund des Allerhöchsten Privilegiums vom 14. Dezem⸗ ber 1874 aufgenommenen Anleihe von 90,000 Mark von der Stadt
Schrimm zu fordern hat.
Die auf Vier einhalb Prozent jährlich festgesetzten Zinsen sind am 1. Juli und am 2. Januar jeden Jahres fällig, und werden vom Tage der Fälligkeit ab, so lange sie nicht verjährt sind, bei der Kämmereikasse zu Schrimm, sowie in Berlin und Posen bei den vom Magistrate der Stadt Schrimm zu bestimmenden und öffentlich be⸗ kannt zu mwachenden Stellen, gegen Rückgabe der ausgefertigten halb⸗ jährlichen Zinscoupons gezahlt.
Der umstehend abgedruckte Plan enthält die näheren Be⸗ dingungen der Anleihe. Das Anleihekapital wird binnen längstens 38 Jahren amortisirt. 8 1“
Schrimm, den . . ten 8.. “
(L. S.)
1 „Der Magistrat. (Unterschrift des Dirigenten und eines Magistrats Eingetragen 8
Foh der Kontrole. 8
Bedingungen zu einer von der Stadtgemeinde Schrimm aufzuneh⸗ menden Anleihe von 90,000 Mark Reichswährung.
Von dem Magistrate und der Stadtverordneten⸗Versammlung
der Stadt Schrimm ist beschlossen worden, zur Bestreitung der Kosten
für Kasernenbauten und anderer nothwendiger Kommunalbedürfnisse
90,000 Reichsmark durch eine aus dem Reichs⸗Invalidenfonds zu entnehmende Anleihe der Stadt Schrimm zu beschaffen, welche mit
4 ½ Prozent jährlich verzinslich, von Seiten des Gläubigers wie der
Schuldnerin unkündbar ist und vom Jahre 1874 ab einer regel⸗ mäßigen Amortisation mit jährlich Eins vom Hundert des ur⸗ sprünglichen nominellen Schuldkapitals unter Hinzurechnung der erspar⸗ ten Zinsen unterliegt, so daß die Tilgung spätestens im Jahre 1912 beendigt ist. —
Ueber diese Anleihe ist eine auf den Reichs⸗Invalidenfonds lau⸗ tende Schuldverschreibung ausgefertigt worden, in welcher dem Gläu⸗ biger, beziehungsweise dessen Rechtsnachfolgern das Recht eingeräumt wird, diese Schuldverschreibung jederzeit ganz oder theilweise gegen auf den Inhaber lautende, mit Zinsscheinen versehene Anleihescheine der Stadt Schrimm von einem Gesammtnominalbetrage, welcher dem noch nicht getilgten Betrage der Schuld gleichkommt, umzu⸗
tauschen.
Für diese eventuell auszufertigenden, auf den Inhaber lautenden Stadtanleihescheine gelten die nachfolgendn Bestimmungen:
1) Die Stadtanleihescheine werden in Abschnitten von 3000, 1500, 600 und 300 ℳ Reichswährung ausgefertigt. Der Darleiher resp. dessen Rechtsnachfolger bestimmt, wie groß die Zahl der Anleihescheine jeder dieser Gattungen sein soll.
2) Die Zinsen werden mit jährlich vier einhalb vom Hundert am 1. Juli und 2. Januar gegen Rückgabe der ausgefertigten halb⸗ jährlichen Zinsscheine durch die Kämmereikasse in Schrimm, sowie in Berlin und Posen bei dem vom Magistrate der Stadt Schrimm zu bestimmenden und öffentlich bekannt zu machenden Stellen gezahlt.
Den Anleihescheinen werden Zinsscheine für einen fünfjährigen
Zeitraum und eine Anweisung zur Erneuerung der Zinsscheine bei⸗
gegeben.
Die Ausgabe neuer Zinsscheine ersolgt bei den mit der Zinsen⸗
zahlung betrauten Stellen gegen Ablieferung der den älteren Zins⸗ scheinen beigefügten Anweisung. Beim Verluste der Anweisung erfolgt die Aushändigung der neuen Zinsscheine auf rechtzeitige Vorzeigung an den Inhaber des Anleihescheines.
3) Durch den Umtausch der auf den Reichs⸗Invalidenfonds lau⸗
tenden Schuldverschreibung gegen auf den Inhaber lautende Stadt⸗
anleihescheine wird die gegenseitige Unkündbarkeit der Anleihe und der Tilgungsplan nicht berührt. Die Tilgung geschieht Ausloosung des zur Erfüllung der jährlichen Tilgungs⸗ guote erforderlichen Betrages von Anleihescheinen und Ein⸗ lösung derselben zum Nominalwerthe. Der Schuldnerin bleibt das Recht vorbehalten, den Tilgungsfonds um höchstens 5 Prozent des ursprünglichen nominellen Schuldkapitals für jedes Jahr zu verstärken. Die durch solche verstärkte Amortisation ersparten Zinsen wachsen dem Tilgungsfonds zu. Die Ausloosung erfolgt im Monate August jeden Jahres in öffentlicher Magistratssitzung. 1G Die Bekanntmachung der durch das Loos gezogenen Anleihescheine geschieht mindestens drei Monate vor dem Auszahlungstermine. 3 . Die Auszahlung des Nominalwerths der ausgeloosten Anleihe⸗ cheine erfolgt an dem auf die Ausloosung folgenden 2. Januar bei der Kämmereikasse in Schrimm und bei den durch den Magistrat zu Schrimm in Berlin und Posen zu bestimmenden Stellen gegen Aus⸗ lieferung des Anleihescheines und der nicht e. Zinsscheine. In Ermangelung der jetzteren wird der Werth derselben vom Kapital⸗
den 13. Februa
“ 1878.
betrage einbehalten. Mit dem Einlösungstermine hört die Verzinsung der ausgelooseten Anleihescheine auf.
4) Kapitalbeträge, welche innerhalb 30 Jahren nach dem Rück⸗ zahlungstermine nicht erhoben werden, sowie die innerhalb 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem sie fällig geworden, nicht erhobenen Zinsen verjähren zu Gunsten der Stadt.
5) Beim Verluste von Anleihescheinen kommen die Vorschriften der Verordnung vom 16. Juni 1819, betreffend das Aufgebot und die Amortisation verlorener oder vernichteter Staatspapiere §§. 1 bis 12. mit nachstehenden näheren Bestimmungen in Anwendung:
a. Die im §. 1 jener Verordnung vorgeschriebene Anzeige muß dem Magistrat zu Schrimm gemacht werden und werden diesem alle diejenigen Geschäfte und Befugnisse beigelegt, welche nach der ange⸗ führten Verordnung dem Schatz⸗Ministerium zukommen, während
egen seine Verfügungen der Rekurs an die Königliche Regierung zu Pöfen stattfindet,
b. das im §. 5 der Verordnung gedachte Aufgebot erfolgt beim Königlichen Kreisgerichte zu Schrimm,
c. die in den §§. 6, 9 und 12 vorgeschriebenen Bekanntmachungen sollen durch die unter 6 angeführten Blätter geschehen.
Zinsscheine können weder aufgeboten noch amortisirt werden; doch soll für den Fall, daß der Verlust der Zinsscheine vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist beim Magistrate angemeldet und der stattgehabte Besitz der Zinsscheine durch Vorzeigung der Anleihe⸗ scheine oder sonst in glaubhafter Weise dargethan wird, nach Ablauf der Verjährungsfrist der Betrag der angemeldeten und bis dahm nicht vorgekommenen Zinsscheine gegen Quittung ausgezahlt werden.
6. Sämmtliche diese Anleihe betreffenden Bekanntmachungen er⸗ folgen durch den in Berlin erscheinenden Reichs⸗Anzeiger oder das an dessen Stelle tretende Organ, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Posen oder das an dessen Stelle tretende Organ und 5 mindestens je ein in Berlin und Posen erscheinendes öffentliches
att.
Die letzteren Blätter wählt der Magistrat der Stadt Schrimm und macht die Namen der gewählten Blätter sowie etwaige Aenderun⸗ gen derselben im Reichs⸗Anzeiger bekannt.
7) Für die Sicherheit der Anleihescheine sowie für die pünktliche und unverkürzte Zahlung der Zinsen haftet die Stadtgemeinde Schrimm mit ihrem ganzen gegenwärtigen und zukünftigen Vermögen und ihrer Steuerkraft.
Schrimm, den
Der Magistrat.
Provinz Pose Regierungsbezirk Posen. Erster (bis ) Zinscoupon zu der Obligation der Stadt Schrimm 4*“ Reichsmark B einhalb Prozent Zinsen über .Reichsmark Pfennige.
Der Inhaber dieses Zinscoupons empfängt gegen dessen Rück⸗ habe aimn . ten und späterhin die Zinsen der vor⸗ bezeichneten Obligation für das Halbjahr vom.. bis . . . . .. mit (in Buchstaben) EE25. Pfennige bei der Kämmereikasse zu Schrimm und den, in dem Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger oder dem an dessen Stelle tretenden Organe, in dem Amtsblatte der Königlichen Regie⸗ rung zu Posen, oder dem an dessen Stelle tretenden Organe, in der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung in Berlin und der Ostdeutschen Fens zu Posen bekannt gemachten Einlösungsstellen in Berlin und
Schrimm, den
(Couponstempel.) 8 Eingetragen sub Nr. ... der Kontrole.
Anmerkung. Die Namensunterschriften des Magistrats⸗Diri⸗ genten und des zweiten Magistrats⸗Mitgliedes können mit Lettern oder Facsimilestempeln gedruckt werden, doch muß jeder Zinscoupon mit E1öu“ Namensunterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden.
Dieser Zinscoupon ist ungültig, wenn dessen Geldbetrag nicht innerhalb vier Jahren nach der Fälligkeit vom Schlusse des betreffen⸗ den Kalenderjahres an gerechnet, erhoben wird.
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Provinz Posen. Regierungsbezirk Posen. Talon
zur Obligation der Stadt Schrimm. 1
Der Inhaber dieses Talons empfängt gegen dessen Rückgabe zu der Obligation der Stadt Schrimm Litt. Nr... . über ͤ . . Reichsmark à 4 ½ Prozent Zinsen, die 1 Zinscoupons für die fünf Jahre 18..bis 18 bei der Kämmerei⸗ kasse zu Schrimm, sowie in Berlin und Posen bei den mit der Zins⸗ zahlung betrauten Stellen, sofern dagegen Seitens des als solcher legitimirten Inhabers der Obligation kein Widerspruch erhoben ist Schrimm, den . . ten. ( 88 Der Magistrat. .“ Anmerkung. 1) Die Namenzunterschriften des Magistrats⸗ Dirigenten und des zweiten Magistrats⸗Mitgliedes können mit Lettern oder mit Faecsimilestempeln gedruckt werden, doch muß jeder Talon mit der eigenhändigen Namensunterschrift eines Kontrolbeamten ver⸗ sehen werden. 1 Der Talon ist zum Unterschiede auf der ganzen Blattbreite unter den beiden letzten Zinscoupons mit davon abweichenden Lettern in nachstehender Art abzudrucken. 8 8 9. Zinscoupon. 10. Zinscoupeon.. 8 Talon.
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Landtags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 13. Februar. In der Sitzung des Hauses der Abgeordneten am 11. d. M. nahm in der Diskussion über den Antrag des Abg. Dr. Virchow, die Königliche Staatsregie⸗ rung aufzufordern, noch in der gegenwärtigen Session den Ent⸗ wurf eines Gesetzes über die Reform der Gemeinde⸗, Kreis⸗ und Provinzialordnung für Rheinland und Westfalen dem Landtage vorzulegen, der Minister des Innern Graf zu Eulenburg nach dem Abg. Reichensperger (Olpe) das Wort: 1
Wenn ich den Wunsch ausspreche, daß der Antrag des Hrn. Vir⸗ chow nicht angenommen werden möge, so geschieht das nicht, weil ich etwa erklären will, die Regierung sei gar nicht Willens, mit dieser Gesetzgebung, wie sie beantragt wird, sich in der nächsten Zeit zu beschäftigen, sondern es geschieht nur deshalb, weil ich die Form einer Aufforderung an die Regierung in diesem Augenblicke nicht für opportun halte, und zwar aus Gründen, die mit der Frage, die hier im Hause so heftig ventilirt wird, gar nicht zu⸗ sammenhängen. Zu dieser Frage steht die Regierung viel kühler, als die Herren vielleicht glauben. Schon neulich hatte ich die Ehre, Ihnen
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zu sagen — und ich glaube, Sie haben mir darin geglaubt — daß Niemand mehr den Trieb in sich hat, die kommunale Ge⸗ setzgebung, wie sie angefangen ist, weiter fortzuführen, als die Re⸗ gicrung selbst, daß sie nie aufgehört hat, sich bewußt zu sein, daß der erste Schritt die übrigen Schritte nach sich ziehe. Aber, meine Herren, zur Ausführung dieses Gedankens gehört ein ernstes Studium der Zustände derjenigen Landestheile, auf welche die Gesetzgebung ausgedehnt werden soll. Wir sind sehr fern davon, schablonen⸗ mäßig vorgehen zu wollen und es liegt der Regierung fern, die einzelnen Landestheile mit Gesetzen beglücken zu wollen, die ihnen nicht passen. Was in Nassau und Hessen gesagt ist und was in Schleswig Holstein und Hannover dereinst gesagt werden wird, geht ebensowenig als dasjenige, was aus Rheinland und Westfalen ver⸗ lautet, ungehört an der Regierung vorüber. Wir wollen die Organisation im Ganzen und Großen so durchführen, daß sie praktikabel wird, ohne daß wir uns sehr darum kümmern, ob im Kleinen, namentlich nach unten hin gewisse Gemeindever⸗ fassungsbestimmungen zur Anwendung kommen, die mit den Gewohn⸗ heiten und kommunalen Liebhabereien, wenn ich so sagen soll, in eklatanten Widerspruch stehen. Es wird sicherlich damit nichts ge⸗ wonnen, wenn man schablonenmäßig vorgeht. 8
Nun ist aber die Prüfung der provinziellen Zustände und die Ausarbeitung der Gesetzesparagraphen, welche dieselben darstellen und zur Geltung bringen sollen, eine außerordentlich langwierige, tief ein⸗ gehende und feine Arbeit, und ein Entwurf, der von irgend einem Minister gemacht wird, kann deshalb noch niemals als Entwurf der Regierung angesehen werden, weil es kaum einen Ressort giebt, was nicht gerade bei der Organisation der Gemeinde⸗, Kreis⸗ und Provinzialverwaltung das allerlebhafteste Interesse hätte.
Meinem Standtpunkt gemäß bin ich den ganz natürlichen Ver⸗ sprechungen, die ich zur Zeit habe geben können, mit diesen Sachen so schnell als möglich mich zu beschäftigen, pünktlich nachgekommen. Ich habe Entwürfe ausarbeiten lassen und sie theils in evidenter Weise, theils vertraulich mit Leuten und Korporationen besprochen, denen ich ein Urtheil über diese Dinge zutrauen konnte. Eine wirk⸗ liche Vorlage über eine Gemeinde⸗, Kreis⸗ und Provinzialordnung für Rheinland und Westfalen habe ich im Königlichen Staats⸗Mini⸗ sterium aber noch gar nicht gemacht, und die Behauptung, die Hr. Berger aufstellte, daß Alles fertig und zur Vorlage reif sei, ist nicht richtig. Die einzelnen Ministerien haben noch nicht Ge⸗ legenheit gehabt, sich mit diesen Vorlagen zu beschäftigen. Sie werden mir zugeben, daß es von äußerster Wichtigkeit ist, Ge setzesvorlagen, die Ihnen gemacht werden, wenigstens als solche Ihne geben zu können, mit denen das ganze Staats⸗Ministerium auch i seinen einzelnen Mitgliedern einverstanden ist. Es ist schon hin und wieder vorgekommen, daß im großen Drange der Geschäfte Vorlagen gemacht worden sind, gegen die hinterher im eigenen Schoße des Mi nisteriums sich Bedenken erhoben haben. Dies muß vermieden wer den. Eine Gesetzesvorlage darf nicht eher vor den Landtag kommen als bis das ganze Staats⸗Ministerium mit Genehmigung Sr. Ma jestät für das Ganze dieses Entwurfs einzutreten entschlossen ist. In denjenigen Vorlagen, die jetzt gewünscht werden, sind eine große Mast von Punkten, die erst zur Kognition des Kultus⸗Ministers des Handels⸗Ministers, des landwirthschaftlichen Ministers u. s. w. kommen müssen, noch nicht so reiflich erwogen, daß man 8 könnte, die Vorlagen wären fertig oder zur Vorlegung bereit. Dazu
edürfen wir Zeit und Sie werden uns den Vorwurf nicht machen, daß wir säumig gewesen seien Die Zeit nach jeder parlamentarischen Session, die von einem großen Theile der Herren als Ferien betrach tet wird, ist für die Regierung und das Ministerium die eigentlich Arbeitszeit, der Schluß einer parlamentarischen Session ist fü dasselbe der Anfangspunkt neuer Arbeit. „Denken Sie sich dazu die Beschäftigung der Minister im Reichstag, im Landtage und in ihren Ressorts, meine Herren, und Sie müssen sich sagen, daß diejenigen Vorlagen, welche wir Ihnen gebracht haben, beweisen, daß die Zeit nicht unbenutzt geblieben ist. .
Nun sage ich so: ich kann nicht garantiren, daß die Gemeinde⸗, Kreis⸗ und Provinzial⸗Ordnung für Rheinland und West⸗ falen in dieser Session noch vorgelegt werden wird, wodurch ich aber absolut nicht sage, daß die Regierung nicht Willens ist, mit dieser Gesetzgebung vorzugehen. Es fragt sich aber auch, ob es zweckmäßig wäre, die Vorlagen zu machen, selbst wenn sie noch wäh⸗ rend dieser Session fertig gestellt werden könnten. Durch die Masse von Gesetzentwürfen, die man zu gleicher Zeit vorlegt, erweitert sich das Feld der Erwägungen, selbst wenn die Entwürfe in der Haupt⸗ ache denselben Gegenstand betreffen. Man zaudert, den einen abzu⸗ chließen, ehe man sich über den anderen geeinigt hat. Man kommt in die Gefahr, durch Nichteinigung weniger erheblicher Punkte das Zustandekommen der Gesetze und die Verwirklichung großer Gesichts⸗ punkte und Grundsätze zu gefährden. Wir haben jetzt drei Tage im Allge⸗ meinen über zwei Gesetzentwürfe gesprochen, es sind Andentungen über diejenigen Punkte gegeben, die bei der näheren Berathung des Gesetzes zum Austrage kommen sollen. Nun haben wir drei Tage lang angedeutet — und nun denken Sie, meine Herren, was wird daraus, wenn jeder dieser Gesichtspunkte in die Kommission kommt, aus der Kommission ins Plenum, dann an das Herrenhaus und dann wieder zurück an Sie. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß, wenn das Maß des jenigen, was geboten ist, noch um ein Geringes über⸗ schritten wird, auch das ursprünglich Gebotene nicht zum Abschluß kommen kann. Was hilft Ihnen denn eine Vorlage, von der Sie zuvor wissen, Sie werden sie nicht erledigen? Ich glaube nicht, daß einer von den Herren wirklich die Ueberzeugung hat, daß, wenn eine Gemeinde⸗, Kreis⸗ und Provinzialordnung für Rheinland und West⸗ falen vorgelegt wird, diese in dieser Session fertig werde.
Was kann also dem in dem Antrage chenen Wunsche zum Grunde liegen? Soll er blos ein Zeichen, eine Mahnung für die Regierung sein, auf der vorgeschlagenen Bahn, nicht einzuhalten? Das ist ungefähr der Gedanke, den der Herr Graf Bethusy⸗Huc entwickelt hat; ich glaube, auch Herr Miquel giebt dem Antrage ungefähr diesen Sinn. Aber auch dann, meine Herren, frage ich: warum ein solcher Antrag 2 Daß bei einem großen Theile dieser Versammlung der lebhafte Wunsch herrscht, womöglich noch in diefer Sitzung die Entwürfe der Kreis⸗ und Provinzialordnung zu erhalten — das weiß jetzt Jeder. Wenn dieser Wunsch aber die Aufforderung an die Regierung enthält. die Entwürfe vorzulegen, so bekommt doch die mögliche Nichterfüllung dieses Wunsches den Anstrich einer Unwillfährigkeit, während diese Nichtausführung möchlicherweise durch) zwingende äußere und innere Gründe motivirt sein können. 1
Ich bitte Sie also, aus diesen Gründen den Antrag nicht anzu⸗ nehmen, sondern sich üͤberzeugt zu halten, daß der Gesetzgebung jeder Fortgang gegeben werden wird, der mit den Kräften der Regierung und den Kräften der Landesverteetung vereinbart ist. — Die Bilder, die Herr Lasker gestern beliebdt hat vorzuführen von den bleichen und nervösen Ministern, und von oen Abgeordneten, die so matt werden, daß sie nicht einmal einen freundlichen guten Morgen sagen können, — haben ihre große Wahrheit, und Bedeutung.
Nach einer Entgegnung des Abg. Dr. Virchow ergriff der Minister Graf zu Eulenburg noch einmal das Wort:
ch möchte die Debatte nicht verlängern, aber ich möchte das nicht so hingehen lacsen, was der Herr Abgeordnete so eben gesagt hat, indem er die Sache so darstellt, als schuüͤtzte ich Schwierigkeiten,
ausgespro⸗
die der Vorlage entgegenständen, vor, um dahinter andere Gesichts⸗ punkte zu versteae. Lch habe die Frage, welche zu lebhaften De⸗