Baarvorrath beschränkt hat, während im vergangenen Jahre durch⸗ schnittlich immer 1,946,000 Crt.⸗ℳ Privatbanknoten im Umlauf waren. Die Bank ist übrigens an verschiedenen jüngeren Falliments betheiligt. hofft aber nicht dadurch gefährdet zu werden, setzt indeß dennoch 8791 Crt.⸗ℳ 11 Sch. für etwa entstehende Verluste ab. Der Gesammtumsatz betrug 177,564,994 Crt. ℳ 4 Sch., das ist 23 Millionen mehr als 1873.
— Die nordbrabantisch⸗deutsche Eisenbahn⸗Gesell⸗ schaft (Boxtel⸗Wesel) legt, wie aus Amsterdam gemeldet wird, behufs Ausbau der Linie bis Wesel eine neue fünfprozentige hypothekarische Anleihe von 4,500,000 Fl. zum Course von 78 ½ ¾ auf; davon kommen 1 ½ Million in Holland, 3 Millionen Fl. in Lon- don bei der consolidated Bank zur Subscription.
Antwerpen, 23. Februar. (W. T. B.) In der heute fort⸗ gesetzten Wollauktion waren 1778 B. angeboten, von denen 1564 B. verkauft wurden. Die Auktion war belebt, die gestrigen Preise wurden voll behauptet.
London, 23. Februar. (W. T. B.) Zu der Wollauktion, die heute begann, sind 213,405 B. inländischer und ausländischer Wollen angefahren. Der Markt ist bis jetzt ganz unbelebt. Für australische Wollen wurden die Preise von der letzten Maiauktion, für Kapwollen die Preise von letzter Novemberauktion erzielt.
Kopenhagen, 23. Februar. (W. T. B.) Die National⸗ bank wird von morgen ab den Diskont für Wechsel auf 4 ½ —5 %, den Lombardzinsfuß auf 4 ½ % herabsetzen.
Verkehrs⸗Anstalten.
Eine Sammlung aller auf das Postwesen des
Deutschen Reichs bezüglichen Gesetze, der Postord⸗
nung ꝛc. ist so eben unter dem Titel Posthandbuch im Verlage
den Königlichen Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei (R. v. Decker) er⸗ ienen.
— Ueber die Kettenschleppschiffahrt auf der Havel und Spree gehen der „N. Ztg.“ folgende weitere Mittheilungen zu: Die Thätigkeit der Kettenschleppschiffahrt auf der Havel und Spree kann im Laufe dieses Jahres noch nicht vollständig zur Ausführung kommen, hingegen hofft man, einen Theil der konzessionirten Strecken fertig zu stellen. Das Aktienkapital der Gesellschaft beziffert sich nur auf 405,000 Pfd. Sterl. gleich 8,100,000 Mark. Der Generalbevoll⸗ mächtigte der Berliner Kettenschleppschiffahrts⸗Gesellschast, Herr F. J. Meyer aus London, hat seinen dauernden Wohnsitz in Berlin ge⸗ nommen und ist alleiniger Vertreter derselben. Die Hauptbetheiligten find die Hamilton⸗Windsor Iron⸗Works, welche auch die erforder⸗ lichen Ketten und Dampfer fertig stellen.
— Nach der soeben ausgebenen „Betriebsnachweisung der Königlichen bayerischen Verkehrsanstalten pro 1873“ betrug der mittlere Jahresdurchschnitt der in Betrieb gestandenen Linien 277,54 Betriebsmeilen = 2057,996 Kilometer. Die Baukosten sämmtlicher Staatseisenbahnen beliefen sich Ende Dezember 1873 auf 236,395,066 Fl., auf die Bahnmeile 933,224 Fl. Der Fahr⸗ park umfaßte 11,035 Wagen und 555 Maschinen. Die Frequenz
weist aus 8,160,356 Personen und 92,127,859 Ctr. Güter (mehr 15,648,442 Ctr.); die Einnahmen ergaben 9,024,170 Fl. für Personen (mehr gegen 1872 962,675 Fl.), für Gepäck, Gü⸗ ter ꝛc. 29,037,721 Fl. (mehr 3,739,795 Fl.) Die Station München hat eine Einnahme von nahe 3,900 000 Fl., Nürnberg von über zwei Millionen Gulden, Augsburg von nahe 2 Mill. und Würzburg und Thalkirchen von je über eine Million Gulden erzielt. Das Anlaze⸗ kapital verzinste sich zu 5,05 %ℳ. Die sämmtlichen bayerischen Ver⸗ kehrsanstalten ergaben gegen den Budgetanschlag ein Plus von 2,314,607 Fl. Die Geleiseführung der Bahn von Augsburg nach Ingolstadt (66 Kilom. lang), an welcher seit vorigem Herbst von beiden Richtungen aus gearbeitet wird, erhielt ihre Vollendung durch de vor Kurzem erfolgten Anschluß der Schienenlage bei Schroben⸗ hausen. Vor einigen Tagen konnte schon die ganze Strecke durch Kommissäre der General⸗Direktion mittelst Lokomotive befahren wer⸗ den, so daß der Eröffnung der Bahn mit Einführung der Sommer⸗ Fahrordnung ein Hinderniß sicher nicht mehr entgegensteht. Die zwischen den Hauptstationen Augsburg und Ingolstadt zur Anlage gekommenen Zwischenstationen sind: Hochzoll (an der Abzweigung der neuen Bahn von der Ausgsburg⸗Münchener Bahn), Friedberg, Dasing, Obergries⸗ bach, Aichach, Radersdorf, Schrobenhausen, Niederarnbach und uchering.
New⸗York, 23. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer „Ho⸗ henzollern“ vom norddeutschen Lloyd ist gestern Morgen 5 Uhr hier eingetroffen.
Weltausstellung in Philadelphia 1876.
Mit Bezug auf ihre allgemeine, die Anmeldungen zur Welt⸗ ausstellung in Philadelphia betreffende Bekanntmachung vom 10. d. M., bringt die unterzeichnete Kommission zur öffentlichen Kenntniß, daß einem Erbieten des Hauptvorstandes der deutschen Kunstgenossenschaft zufolge, die Vorbereitung der deutschen Be⸗ theiligung in Gruppe X., plastische und graphische Künste, durch Vermittlung der gedachten Genossenschaft erfolgen wird.
Es wird daher ergebenst ersucht, die Anmeldungen für diese Gruppe nicht direkt bei der unterzeichneten Kommission, sondern bei den Vorständen der Lokalgenossenschaften zu machen, welche, auch rücksichtlich der ihrem Verbande nicht angehörigen Künstler, für die Weiterbeförderung derselben Sorge tragen werden. Die Anmeldungen haben unter Benutzung besonderer Formulare zu erfolgen, zu deren Mittheilung an die Betheiligten die Lokal⸗ genossenschaften in den Stand gesetzt sind.
Ueber die Zulassung der angemeldeten Kunstgegenstände wird demnächst durch innerhalb der Deutschen Kunstgenossen⸗ schaft gebildete Juries entschieden werden.
Hierüber, sowie über die noch zu erwartenden näheren Vor⸗ schriften der Centennial⸗Kommission bezüglich der Ausstellung in Gruppe IX. bleibt weitere Mittheilung vorbehalten.
Im Uebrigen bleiben auch für diese Gruppe die allgemeinen in der Bekanntmachung vom 10. d. Mts. enthaltenen Bestim⸗ mungen maßgebend. Es ist daher insbesondere der auf den 15. März d. J. festgestellte Anmeldungstermin auch für die An⸗ meldungen bei den Lokalkunstgenossenschaften einzuhalten.
Berlin, den 21. Februar 1875.
Die Reichskommission für die Weltausstellung in Philadelphia 1876. Dr. Jacobi. Dr. Stüve. Reither. v. Nostitz⸗Wallwitz. Frhr. v. Spitzemberg. Dr. Neidhardt. J. Kauffmann. Dr. Krüger. v. Holleben. Nieberding. v. Zedlitz.
Der VIJ. Kongreß Deutscher Landwirthe.
In der zweiten Sitzung, über deren Anfang wir bereits in gestriger Nummer berichteten, fuhr Graf Zedlitz⸗Trützschler in seinem Referate über Zweck und Wirkungskreis des Kongresses Deutscher Landwirthe fort und schloß mit der Bemerkung, daß der §. 3 aus⸗ drücken solle, daß der Kongreß nicht neben oder gar gegen den Deut⸗ schen Landwirthschaftsrath, sondern lediglich mit ihm arbeiten solle.
Der Korreferent Hr. v. Lenthe⸗Lenthe stimmte dem Referate voll⸗ ständig bei.
Der Stadtrichter Wilmanns referirte über des vom Ausschuß vorgelegten Statutenentwurfs.
In der sich an die Referate anschließenden Debatte wünschte zu⸗ nächst der Freiherr v. Ow⸗Wachendorf, daß der Kongreß abwechselnd seine Sitzungen in Nord⸗ und Süddeutschland halte, da andernfalls leicht aus dem Kongreß deutscher Landwirthe ein lediglich norddeutscher werde. — Hr. v. Wedemeyer⸗Schönrade wandte sich zunächst gegen das Verhalten und die letzten Auslassungen des Hrn. v. Benda und wiederlegte die von Hrn. v. Ow gehegten Befürchtungen. An der Debatte betheiligten sich noch die Hrrn. Könnemann, v. Langsdorff, v. Diest und Anders.
Der Vorsitzende verlas darauf ein soeben eingegangenes Schrei⸗ ben des zweiten Vorsitzenden v. Wedell⸗Vehlingsdorff, wonach derselbe wegen andauernden Unwohlseins sein Amt niederlegt. Der Kongreß wählte darauf Graf Zedlitz⸗Trützschler zum zweiten Vorsitzenden.
Bei der hierauf erfolgenden Abstimmung wird §. 1—5 unver⸗ ändert angenommen, ebenso Artikel 6 mit dem Amendement Karlowa, daß der Vorstand nicht von den „ständigen Mitgliedern“, sondern „von dem jedesmaligen Kongresse und zwar den ständigen Mitglie⸗ dern“, §. 7 und 8 unverändert, §. 9 mit dem Amendement Pabst zu Alinea 2 von Absatz 5: „Der Ausschuß hat sein Domizil in Berlin und hält daselbst seine ordentlichen Versammlungen ab, ist jedoch berechtigt, hierzu auch andere Orte zu bestimmen.“
Schluß der Sitzung: 4 Uhr.
Die dritte Sitzung des Kongresses wurde heute morgen um 111 Uhr durch den Vorsitzenden, Hrn. v. Rath⸗Lauersdorf eröffnet.
Das Wort erhielt zunächst Hr. v. Langsdorff ans Dresden, um über die Art und Weise zu referiren, wie eine Anzahl Anträge, die von Mitgliedern gestellt sind, geschäftlich zu behandeln seien.
Nach längerer Debatte entschied sich der Konzreß:
auf die Tagesordnung zu stellen: die Anträge unter: 1) die Justizreorganisation (Ref. Knebel⸗Döberitz), 2) den Eisenzoll (Ref. Niendorf), 3) das Freizügigkeitsgesetz (Knebel⸗Döberitz), 4) Stempel⸗ abgaben (v Diest⸗Daber);
dem Ausschuß zur Berichterstattung an den nächsten Kongreß zu überweisen: die Anträge 1) zur Lebensversicherungsfrage (Sucker⸗ Fauljoppe), 2) über Anschluß an den Fabrikantentag (Possart), über 3) die landwirthschaftlichen Schulen (Schulz⸗Brieg);
zur Tagesordnung überzugehen über den Antrag, bLetreffend die Kloakenfrage (Pieper⸗Dresden).
Der Antrag, betreffend die Justizreorganisation, wurde in folgen⸗ der Fassung angenommen:
Es erscheint dringend wünschenswerth, daß bei der bevorstehenden Justizreform auch den besonderen Interessen der Landwirthschaft gebührend Rechnung getragen werde und beauftragt der Kongreß seinen Ausschuß, die in dieser Beziehung erforderlichen Maßregeln zu er⸗ greifen. (Schluß des Blattes).
Das sechste Thüringische Infanterie⸗Regiment Nr. 95 im Feldzuge gegen Frankreich 1870 — 71 von August Niemann, Königlich Preußischer Hauptmann g. D., Ritter des Herzoglich Sachsen⸗
“
den übrigen Theil
Ernestinischen Hausordens I. Klasse ꝛc., während des Feldzuges kom⸗ mandirt zum Ersagbataillon des Regiments. Nebst einer Uebersichts⸗ karte des Kriegsschaup latzes vom Oktober 1870 bis Januar 1871, ge⸗ zeichnet von Otto Koffme hn, Lieutenant der Reserve 6. Thüringischen —— sowie mit Anlagen, enthaltend die Verlustlisten und Nachweisungen der dem Negimente verliehenen Ordensauszeich⸗ nungen. Gotha 1875. Verlag von E. F. Thienemanns Hofbuch⸗
Absicht des Verfassers sowohl dem Lande, aus welchem das Regiment hervorgegangen ist, als auch dem Resimente selbst dauernde Erinne⸗ rung an eine große Zeit sein.
In der Einleitung wird eine kurze Geschichte der das Regiment bildenden Kontingente von 1807 — 1870 gegeben. „Das Regiment der Herzoge von Sachsen“, wie es damals hieß, hat das Schicksal so vieler anderer deutscher Kontingente in den Zeiten der Erniedrigung unseres Vaterlandes getheilt, es hat den Fahnen Napoleon I. nach Tirol, nach Spanien und nach Rußland folgen müssen. Erst das Jahr 1814 vereinigte das Regiment mit den deutschen Heeren, mit welchen es nunmehr Sieg und Ruhm glänzend getheilt hat.
Unter persönlicher Führung des Herzegs Ernst von Coburg⸗Gotha gehörte es zu den Truppen, welchen mit ihren Batterien 1849 der Sieg von Eckernförde zu verdanken ift.
Am 1. Juli 1861 schloß dieser Fürst mit Preußen eine Militär⸗ konvention, wonach das Regiment zu 2 Bataillonen formirt wurde und als solches auch an den Ereignissen des Jahres 1866 auf preu⸗ ßischer Seite zuerst bei Langensalza und dann bei der Mainarmee Antheil nahm. Am 1. Oktober 1867 wurden dann die sachsen⸗mei⸗ ningischen und die sachsen⸗coburg⸗gothaischen Truppen zu einem unter preußischer Führung stehenden Regiment von drei Bataillonen, dem 6. Thüringischen Infanterie⸗Regiment Nr. 95, vereinigt. Im Feldzuge 1870/71 gehörte dasselbe zu der 22. Division, wohl derjenigen Truppe, welche auf den verschiedensten Schlachtfeldern Frankreichs gefochten hat. In seinen Reihen stand der Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen. Bei Wörth eroberte der Musketier Wickel die erste französische Fahne und erhielt dafür den gesammelten Ehrenpreis von 1619 Thlr. Weiter ging der Marsch nach Sedan und von dort in die Cernirungslinie von Paris. Aber eine dauernde Verwendung sollte dasl! Regiment auch hier nicht finden. Am 6. Oktober schon rückte dasselbe an die Loire ab und bereits am 11. desselben Monats bivouakirten seine Bataillone unter dem Standbild der Jungfrau von Orleans und in den Straßen der eroberten Stadt. Die wechselvollen Kämpfe der deutschen Truppen zwischen der Loire und dem cernirten Paris führten das Regiment unter den Oberbefehl des Großherzogs von Mecklenburg⸗ Schwerin und später unter den des Prinzen Friedrich Carl, an deren siegreichen Kämpfen es fast überall Antheil nahm. Schon war das Regiment nach dem Norden Frankreichs zur Verstärkung der I. Armee abgerückt, da traf die Division der Marschbefehl nach Versailles nnd damit die Verkündigung des Waffenstillstandes. Als Besatzung der Pariser Forts sahen diese Truppen auch noch die blutigen Kämpfe der Kommune sich vor ihren Augen abspielen und erst am 18. Sep⸗ tember 1871 konnten sie die Rückfahrt in die Heimath antreten.
Eine ausführliche Darstellung des Empfangs in den drei hei⸗ mathlichen Garnisonen: Gotha, Coburg und Hildburghausen, schließt das Buch, Kriegsranglisten, Verlustlisten, sowie Listen über die De⸗ korirten, geben ihm diejenige Vollständigkeit, welche von einer Regi⸗ mentsgeschichte, deren Rahmen immer ein begrenzter ist, gefordert werden muß.
Die außerordentlich sauber ausgeführte Operationskarte giebt in
Feldzuges gegen die französische Loire⸗Armee.
Das Comité des Cölnischen Dombauvereins hat jüngst den dritten Guß der Kaiserglocke begutachtet; das schöne, nunmehr vollendete Werk wird demnächst zu Frankenthal auf dem von König Ludwig erbauten Rheinkanal eine Schiffahrt nach der rheinischen Hauptstadt machen. Ueber den Guß der Glocke entnehmen wir der „Didaskalia“ u. A. Folgendes: Tief unten im Schooß der Erde ward zunächst der Kern, d. i. die innere Höhlung der Glocke, aufge⸗ mauert, hier in gewaltigen Dimensionen, wenn man bedenkt, daß vierzehn Männer unter dem Baldachin der schwebenden Glocke bequem Platz haben. Als der Kern fertig war, wurde eine Glocke aus Lehm darüber geformt im genauen Verhältniß, wie die Erzglocke werden sollte; die Wappen und Verzierungen modellirte der Meister, die In⸗ schriften wurden aus Wachsbuchstaben zusammengesetzt. Ueber diese falsche Glocke, die für die spätere Lösung mit Fett bestrichen war, formte man alsdann den Mantel. Zur Herstellung des letzteren wird der Lehm stark mit Kalbshaaren versetzt behufs größerer Festigkeit. Als der Mantel fertig war, hob man ihn ab, nahm die falsche Glocke unter ihm weg und setzte dann den Mantel wieder über den Kern. Wenn die Lücke zwischen Mantel und Kern nun durch das⸗ Erz ausgefüllt wurde, entstand die Glocke; oben in der Krone blieb u dem Ende ein Loch. Der Ofen, nicht mehr wie zu Schillers Beiten mit Holz vom Fichtenstamme, sondern mit Steinkohlen bester Qualität geheizt, verschlang 200 Centner derselben und brannte volle 12 Stunden. Zweiundzwanzig französische Kanonen im Gewichte von 570 bis zu 2570 Pfund wurden in den Ofen geschoben. Direkt über dem Kanonenmetall schlug die Flamme zusammen und als dasselbe in Fluß kam, schöpfte der Meister mit einem Löffel davon, ließ es er⸗ kalten, zerbrach es und beurtheilte nun, ob das richtize Verhältniß von Zinn und Kupfer vorhanden sei. Dann wurde der Zapfen aus⸗ gestoßen und die glühende Fluth strömte 29 Minuten lang in die Form. Erst nach fast 3 Wochen war das Metall erkaltet. Die Höhe der Glocke beträgt 3 Meter 70 C., der Durchmesser 3 Meter 50 C., der Umfang 10 Meter 80 C. und der Klöppel wiegt allein 16 Centner, indeß das Gewicht der Glocke 500 Centner beträgt. Die vier anderen Glocken des Cölner Domes sind zusammen nicht so schwer als die Kaiserglocke allein. Zum Läuten der Kaiser⸗ glocke werden mindestens dreißig Personen nöthig sein. Im Gießhäuschen betrachten wir nun den ehernen Riesen, der einige Fuß vom Boden frei schwebt, und hören den gewaltigen Klang, wenn der Klöppel geschwungen wird. In einer schöngeform⸗ ten Arabeske steht die Inschrift, unter derselben hüben das Reichswappen, drüben der heilige Petrus. Die lateinische Inschrift lautet zu Deutsch: „Wilhelm, der Allerdurchlauchtigste H“ Kaiser und König von Preußen, in frommer Erinnerung an die himmlische Hülfe, die ihm ber der so glücklichen Beendigung des jüngsten französischen Krieges zu Theil wurde, hat nach Wiederaufrichtung des deutschen Kaiserthums aus eroberten Geschützen im Gewicht von 5000 Pfund eine Glocke zu gießen befohlen, die auf diesem herr⸗ lichen, seinem Ausbau endlich nahegerückten Gotteshaus aufgehängt werden soll. Solchem frommen Willen des sieggekrönten Fürsten entsprechend, hat der zur Vollendung dieses Domes gegründete Verein dieselbe herstellen lassen unter dem 1hge Papst Pius IX. und dem Erzbischof Paul Melchers im Jahre des Herrn 1873“. Zwei lateinische Distichen lauten in freier deutscher Uebersetzung: „Künd
EEP’— Ujüurreweneg⸗ Zerzog Ern 8. Hon Sachsen⸗Coburg uad
Das Sr. Hoheit dem „. Gotha gewidmete Werk so
88
„der in der Vorrede ausgesprochenen
farbigen Linien die Marschrouten und Gefechtsfelder während des
Schwingen die Seelen sich auf, stimmen voll Eifer mit ein! — Der Du durch meine Stimme des Tempels Hallen eröffnest, — Oeffne des Himmels Thor, himmlischer Pförtner, zugleich!“ — Und eine deutsche Inschrift enthält die Verse: Die Kaiserglocke heiß' ich, — Des Kaisers Ehren preis' ich, — Auf heil'’ger Warte steh' ich, — Dem deutschen Reich erfleh' ich, — Daß Fried' und Wehr — Ihm Gott bescheer'! — So lange der Ausbau der Domthürme nicht vol⸗ lendet ist, wird die Kaiserglocke im Thurme rechts (dem älteren) unter dem alten, jetzt oben genannte vier Glocken enthaltenden Glocken⸗ stuhle aufgehängt werden. Künftig erhalten dann alle fünf Glocken Platz noch einige Meter höher, beiläufig 200 Fuß über dem oden.
Von den Reichs⸗Postbeamten haben die Stenographie erlernt: 548 nach dem Gabelsbergerschen, 451 nach dem Stolze'schen und 21 nach anderen Systemen. Zusammen also 1020, darunter 18, welche der Stenographie nach mehr als einem System kundig sind. Von der Gesammtzahl haben sich 274 in der, bei der Ste⸗ nographie bekanntlich vor Allem nöthigen Uebung erhalten und sind gegenwärtig völlig lese⸗ und schriftgewandt. Die Gabelsber⸗ gersche Stenographie ist besonders verbreitet unter den Postbeamten der Bezirke: Leipzig, Dresden, Darmstadt, Erfurt, Königsberg i. Pr., Halle a. S., Cöln, Frankfurt a. M. und Oldenburg; die Stolze’sche dagegen in den Bezirken: Berlin, Magdeburg, Breslau, Düsseldorf, Liegnitz, Oppeln, Potsdam und Stettin. Auf die einzelnen Beamtenklassen vertheilt sich die Kenntniß der Stenographie wie folgt: aus der Centralbehörde der General⸗Postdirektor Dr. Stephan (System Stolze) und vier der vortragenden Räthe; dann 53 höhere Postbeamte der Provinzial⸗ und Kassenverwaltung, 481 Peostmeister, Post⸗Sekretäre und Postamts⸗Assistenten, 263 im Vorbereitungsdienst begriffene Beamte, 85 Post⸗Expediteure und Postagenten und 115
Theater.
Obgleich das pekuniäre Resultat der ersten Sonntag⸗Mittags⸗ Vorstellung im Friedrich⸗Wilhelmsstädtischen Theater kein allzu erhebliches war, so gedenken die vereinigten Direk⸗ tionen dieses und des Residenztheaters, in Anbetracht des künstlerischen Erfolges, dessen sich die Aufführung des nach Reuter bearbeiteten Lebensbildes: „Ut de Franzosentied“ zu erfreuen hatte, dennoch mit diesen Vorstellungen fortzufahren; indem die er⸗ fahrenen Bühnenleiter nicht mit Unrecht voraussetzen, daß das seit einiger Zeit in weiten Kreisen rege gewordene Interesse für platt⸗ deutsche dramatische Produkte die Bedenken hinsichtlich, der ungewohn⸗ ten Theaterzeit bald in den Hintergrund drängen wird.
— Im Friedrich⸗Wilhelmsstädtischen Theater findet am Sonnabend die erste Aufführung der neu einstudirten Lortzingschen Oper: „Der Wildschütz“ statt. Die Damen: Frl. Meinhardt, Frl. Csepßanyi, M. Schulz und Tausch befinden sich im Be⸗ sitze der Hauptpartien.
— Im Stadttheater setzte Hr. Friedmann gestern sein Gast⸗ spiel in Shakespeare's gewaltiger Tragödie „Richard III.“ als Träger der Titelrolle fort. Das Stück ist ziemlich gekürzt (die Figur der finstern Königswittwe Margarethe z. B. wird ganz fortgelassen), aber dennoch ist eine im Ganzen (da man doch mit den Verhältnissen der Bühne rechnen muß), zweckmäßige Bearbeitung hergestellt worden, welche etwa eine Mittelstellung den Forderungen gegenüber ein⸗ nimmt, die Bodenstedt und Dingelstedt an Shakespeare’sche Dramen stellen. Jener verlangt die unveränderte und auch unverkürzte Wiedergabe des Originals, dieser will nicht nur Kürzun⸗ gen, sondern auch Abänderungen. Wer Hrn. Friedmann von seiner früheren Thätigkeit an unserer Königlichen Bühne kennt, wird ihm gern das Zeugniß ausstellen, daß er künstlerisch gewachsen ist. Wer aber seinen „Richard III.“ mit der Leistung vergleicht, welche wir von Hrn. Kahle oder gar von Hrn. Dessoir her kennen, — und diesen Vergleichen können wir uns nicht entziehen — der kann sich nur zum Theil mit seinem Spiel zufrieden gestellt erklären. Durch einzelne, zum Theil recht gelungene Züge, wirkt der Gast wohl, im Ganzen aber hat er seine Rolle noch nicht so erfaßt, um sie in ihrer ganzen Tiefe und in der nöthigen Kon⸗ sequenz zur Erscheinung zu bringen. Da, wo er nur sarkastisch zu sein braucht, so beim Segen der Mutter („Und laß als guten alten Mann mich sterben“*), da gelingt es ihm, bedeutende Wirkung her⸗ vorzubringen. Alles in Allem genommen, geht die Rolle Richards III., — allerdings die schwierigste Aufgabe der Schauspielkunst — augen⸗ blicklich noch über seine Kräfte. — Die Mitglieder unterstützten den Gast nach Vermögen. Frl. Veneta (Herzogin York) war indeß eine ausgezeichnete Vertreterin ihrer Rolle.
— Im Nationaltheater findet heute Abend zum Besten des Hrn. A. Wiedeke, welcher als Kapellmeister dieses Theaters seine Ver⸗ dienste hat, eine Vorstellung statt, in welcher das Benedixsche Lust⸗ spiel „Das Lügen“ und Lumbyes „Traumbilder“, Phantasie mit Ge⸗ dicht und lebenden Bildern, zur Aufführung gelaugen.
— Der Cirecus Renz wird zu dem bevorstehenden Schluß seiner Saison noch eine neue glänzende Ausstattungspantomime, ein afrikanisches Fest darstellend, zur Aufführung bringen, die alle ihre Vorgängerinnen an Pracht übertreffend geschildert wird und mor⸗ gen, Donnerstag, zum ersten Male in Scene gehen soll. Unter An⸗ derem erscheint darin ein imposanter Prunkwagen von Giraffen und Elephanten gezogen und wird die Schlußscene durch Vorführung des mit prächtigem Baldachin geschmückten, mit afrikanischen Tableaux besetzten dressirten Kameels El⸗Kahn des neu engagirten Mr. Schmock ausgefüllt. Die neue Pantomime wird hier nur drei Mal zur Auf⸗ führung kommen, um dann sofort in ihren gesammten Requisiten vor⸗ aus noch Wien befördert zu werden.
— Die durch hiesige und auswärtige Zeitungen laufende Notiz, Se. Durchlaucht der Fürst Heinrich XIV. wolle das Hoftheater in Gera als solches aufgeben und einem Direktor verpachten, ent⸗ behrt der Begründung. Der Intendant, Freiherr v. Cramm, wird dasselbe nach wie vor unter seiner tüchtigen Leitung behalten.
Berlin: Redacteur: F. Prehm. —Verlag der Expedition (Kessel). Druckt W. Elsner.
Drei Beilagen
ich mit meiner Stimme dem Volk die himmlische
otschaft, —
(einschließlich Börsen⸗Beilage).
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Regt. Nr. 85, in das Inf Regt. Nr. 43
Hohenschwangau, 17. Februar.
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Personal⸗Veränderungen. Königlich Preußische Armee. — Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ac. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im stehenden Heere. Berlin, 13. Februar. Johannes, Major, aggreg. dem Inf d einrangirt. v. Fi Hauptmann und Comp. Chef. im Inf. Regt. Nr. 45, 1 . unter Beförderung zum überzähligen Major, aggregirt. Bar. von Meerheimb, Oberst à la suite des Inf. Regts. Nr. 75 und vom Neben⸗Etat des Großen Generalstabes, ein “] seiner Charge ver⸗ liehen. v. Staszewski, Sec. Lt. vom Gren. Regt. Nr. 1, unter Beförderung zum Pr. Lt., in das Gren. Regt. Nr. 4 versetzt. Hardt, Sec. Lt. vom Gren. Regt. Nr. 4, zum Pr. Lt. befördert In der Reserve und Landwehr. Berlin, 13. Februar. Duncker, Rittmeister von der Kav Landw. Bats. Berlin Nr. 35, der Charakter als Major verliehen.
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Abschiedsbewilligungen. Im See; Heere. 8 erlin, 13. Februar. v. ormann, Oberst Lt. vom Regt. Nr. 43, mit Pension zur Disposition gestellt. ö Sec. Lt. vom Gren. Regt. Nr. 4, mit schlichtem Abschied entlassen. Kruge, Oberst⸗Lt. a. D., zuletzt Commandeur des Train⸗Bats⸗ 8 ö ver “ E11 bewilligten Uniform ats., die Erlaubniß zum Tr h Drag. Regts. Nr. 14 ertheilt. “ “
““ “ Landwehr. “ erlin, 13. Februar. Zander, invalid. Vize⸗Feldw., zul von der Res. des Inf. Regts. Nr. 85, der VFara te. 8 Sec. Hircht verliehen. J üncke, Sec. Lt. von der Kav. des 1. Bats. Landwehr⸗ Regts. Nr. 45, mit schlichtem Abschied entlassen. 8— “ “ Sec. Lt. a. D., zuletzt von der nf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 5, de 8 “ gts. N er Charakter als Pr. Lt. Beamte der Militär-Verwaltung. Durch Verfügung. des Kriegs⸗Ministeriums. Hülseeg28 c Eb“ mmann und Bütow, e roßen Gen. Stabe, äßi istra⸗
den enama e, zu etatsmäßig. Registra
en 5. Februar. Panthen, Garn. Verwaltungs⸗Ober⸗ Inspektor in Metz, zum Garn. Verwaltungs⸗Direktor, 8s “ in Gebweiler, zum Garn. Verwaltungs⸗Inspektor rnannt.
Den 10, Februar. Wittkamp, Zahlm. Aspirant, zum
Zahlm. beim 2. Bat. Inf. Regts. Nr. 70 ernannt.
Königlich Bayerische Armee. 1 Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im stehenden Heere. Durch Allerhöchste eegunc. 6 1— chinner, Major un 3vb ö1ö“ mit der der ion eines Chefs der Central⸗Abtheilu iegs ˖Mini⸗ steriums beauftragt. “ 8
Abschiedsbewilligungen. Im stehenden Heere. ohenschwangau, 12. Februar. eilmair, Pr. Lt. v
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Hohenschwangau, 13. Februar. Dürr, Hauptm. vom topo⸗ 88 Seen des hesis aga1 mit e verabschiedet.
Hohenschwangau, 14. Februar. Lidl, Major vom 6. 1 Regt., mit Pension verabschiedet. s
des Betrages der i 8 a09 alt ddscnen 8
es Betrages der in den acht altländischen preußischen Provinzen im
Jahre 11873 für evangelisch⸗kirchliche Zwecke vorgekommenen Geschenke
und Vermächtnisse einschließlich des Geldwerths geschenkter Gegen⸗ stände, soweit letzterer ermittelt worden ist.
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Preußen ... Brandenburg Pommern .. “] Schlesien.. 1ö 88 ießli der Stol⸗ bergischen Grafschaften estfalen.. heinprovinz einschließlich ohenzollern
17,354 6,808 20,941 2,486 17,726
37,890 1,728 3,952 79,194 35,774 15,175 47,557124,856
34,274 25,775
1,350 545 30
2* 27,166 52,081 “ Summa 181,222 18,268 7,387 185,225 86,205 180,600559,002
35,858 8,621 7,000
AAiichtamtliches.
1 Großbritannien und Irland. (Monatsüber⸗ 18 für Januar.) Die Königin, welche bereits Mitte . l Sonqis nach Windsor zurückzukehren beabsichtigte, ver⸗ 88 noch immer in Osborne, wo Prinz Leopold nicht zabedenklich erkrankt war. Bei dem schon seit längerer 9 eidenden Prinzen traten mehrfach Blutstürze ein, denen Ber ne ungemeine Abnahme der Körperkräfte zugesellte, so daß eine Zeit ang an seinem Aufkommen gezweifelt wurde. In neuester fer hat sich das 88 desselben in erfreulichster Weise gebes⸗
und scheint die drohende Gefahr als völlig beseitigt angesehen
Reichs⸗Anzeiger und Königlich
Berlin, Mittwoch, den 24. Februar.
Erste Beila
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werden zu können, nichtsdestoweniger hatte die Königin sich bewo⸗ gen gefunden, ihre Absicht aufzugeben, das Parlament in diesem Jahre in Person zu eröffnen. Der Premier⸗Minister, Herr Disraeli, dessen Gesundheit wieder vollständig hergestellt ist, er⸗ ließ ein Circular an die Mitglieder seiner Partei, worin er den⸗ selben mittheilte, daß die Eröffnung des Parlaments auf den 5. Februar festgesetzt sei und sich das Unterhaus sofort an die Erledigung wichtiger Geschäfte begeben werde, weshalb er die konservativen Mitglieder des Unterhauses ersuche, bei der Er⸗ öffnung anwesend zu sein. Der fruͤhere Premier⸗Minister Glad⸗ stone hatte am 13. in einem an den Earl of Granville ge⸗ richteten Schreiben die Führung der liberalen Partei nieder⸗ gelegt, und ist aus diesem Grunde der Erlaß einer ähn⸗ lichen Einladung an die Mitglieder der Opposition unterblieben. Die Wahl eines neuen Führers der Liberalen wurde auf den 3. Februar angesetzt, und fiel dieselbe auf den Marquis of Har⸗ tington, den ältesten Sohn des Herzogs von Devonshire. Die in Folge des Rücktritts Gladstone’'s eine Zeitlang drohende Spaltung der Liberalen, von denen der radikale Flügel den unter dem Ministerium Gladstone an der Spitze des Unterrichts⸗ wesens stehenden Herrn Foster zum Führer ausersehen hatte, ist namentlich durch die Bemühungen John Brights, glücklich ver⸗ mieden worden. Der Marquis of Hartington gehört, wie der Leiter der Liberalen im Oberhause, der Earl of Granville, der gemäßigten liberalen Partei, den früheren Whigs, an und hat die Wahl desselben in allen Theilen des Landes große Befriedigung hervorgerufen, da die Stimmung im Allgemeinen einen den gemäßig⸗ ten Liberalen entschieden günstigere ist, als den vorgeschrittenen, welche die Freunde aller möglichen neuen Reformen sind. Bezeichnend für diese Stimmung ist die geringe Beachtung, welche ein neuer⸗ dings von Manchester aus verbreitetes liberales Programm ge⸗ funden hat. Die Hauptpunkte desselben sind die Assimilirung des Wahlrechts der ländlichen Bezirke mit dem der städtischen, Neueintheilung der Wahlbezirke, Aufhebung der Staatskirche, Regelung des Verhältnisses zwischen Arbeitnehmern und Arbeit⸗ gebern und Reform der jetzt in Betreff des Erwerbs von Grund⸗ besitz bestehenden Gesetze. Die Aufnahme, welche diesem Pro⸗ gramm zu Theil geworden, ließ deutlich erkennen, daß das Land der fortwährenden Reformen müde ist und nichts als Ruhe verlangt.
Zum Vertreter der Universität Dublin im Parlamente wurde Herr Gibson, Q. C., erwählt. Derselbe gehört der kon⸗ servativen Partei an. Bei der Nachwahl in Öst⸗Kent wurde an Stelle des bisherigen konservativen Mitgliedes C. W. Miles, jetzt Lord Sondes, Sir Wyndham Knatchbull, ebenfalls konser⸗ vativ, gewählt. Gegen die Gültigkeit der im November stattge⸗ habten Wahl in St. Ives, bei welcher der konservative Herr Praed den Sieg davon getragen hatte, ist durch Sir Francis Lycett Protest eingelegt worden.
Im auswärtigen Amte überreichte der spanische Gesandte am 23. dem Earl of Derby ein eigenhändiges Schreiben König Alfons XII., in welchem derselbe der Königin seine Thron⸗ besteigung anzeigt und zugleich die Zusicherung ausspricht, daß er in dem Reiche, zu dessen Regierung er berufen worden, konstitutionelle, bürgerliche und religiöse Freiheit fördern werde.
Der sich seit einiger Zeit immer mehr fühlbar machende Mangel an Matrosen für die Königliche Marine hat den Marine⸗Minister bewogen, dem Minister des Innern einen Plan vorzulegen, behufs Benutzung der Polizei in den von der Küste entfernt gelegenen Städten als Agenten für die Anwer⸗ bung von geeigneten Knaben für die Flotte. Wenn das vor⸗ geschlagene System angenommen wird, so soll für jede der⸗ artige Anwerbung eine besondere Gratifikation gezahlt werden. In Folge des mangelhaften Zustandes, in welchem sich eine große Anzahl englischer Flottenstationen befindet, sind von dem Marine⸗ Ministerium besondere Anordnungen für die Bewaffnung von Malta, Bermuda und Halifax vermittelst Torpedos getroffen worden und soll demnächst auch Trincomale auf Ceylon mit Torpedos versehen werden. Bei der großen Bedeutung, welche der⸗ artige Kriegsgeräthe in neuerer Zeit in offensiver und defensiver Be⸗ ziehung gewonnen haben, ist eine besondere Kommission gebildet wor⸗ den, welche aus dem Direktor des Marine⸗Artillerie⸗Wesens, dem Ober⸗Flottenbaumeister, dem Kapitän der Marine⸗Artillerie⸗Schule und dem Kapitän des einzigen Torpedoschiffes der Marine be⸗ steht, und der alle dahin bezügliche Fragen zur Entscheidung vorzulegen sind. Auch die Beschaffenheit der britischen Armee im Vergleich zu den Armeen der kontinentalen Mächte fängt neuerdings die öffentliche veütneselamne mehr als bisher der Fall war in Anspruch zu nehmen und hat bereits eins der lei⸗ tenden konservativen Blätter, die Morning Post, die Einführung der allgemeinen Dienstpflicht als nothwendig bezeichnet.
Durch ein Königliches Dekret sind die bisher getrennt ver⸗ walteten Niederlassungen an der Sierra Leona und am Gambia zu einem gemeinsamen Verwaltungsbezirke, dem der Name west⸗ afrikanische Kolonien beigelegt ist, vereinigt worden. Zum Gou⸗ verneur des neuen Distrikts wurde Hr. Cornelius Hendericksen Kortright, bisher Verwalter der Niederlassungen am Gawtag ernanꝛa.
In Folge einer in letzter Zeit mehrfach ausgesprochenen Klage, daß die Bisthümer der annmnebffach n geaeeen. und daher zu schwer zu verwalten seien, beabsichtigt Lord Lyttelton im Oberhause eine Bill einzubringen, worin eine neue Eintheilung der Diözesen vorgeschlagen wird. Der Minister des Innern scheint einem solchen Vorhaben nicht abgeneigt zu sein, wie sein Verhalten dem Plane gegenüber, Liverpool von der Diözese Chester zu trennen und zu einem eigenen Bisthum zu erheben, andeutet. Auch der Bischof von Chester hat sich mit letzterem Vorschlage einverstanden erklärt.
Der Führer der Dissidenten, John Bright, hielt am 25., in Birmingham vor einer zahlreich Seeher Versammlung seiner Wähler eine Rede, worin er die von der Regierung getroffenen “ in Bezug auf das Patronatsrecht in Schottland und den Ritualismus in der anglikanischen Hochkirche entschieden tadelte und die Entstaatlichung der letzteren als eine Wohlthat für England und den Protestantismus hervorhob.
„Deerr seit dem Erscheinen der Gladstone'schen Brochure ge⸗ führte Krieg unter den Katholiken, welcher eine Zeitlang nach⸗ gelassen zu haben schien, ist in Folge des vom Bischofe von Salford, Dr. Vaughan, erlassenen Cirkulars, worin derselbe allen Geistlichen seiner Diözese bei Strafe der Suspendirung vom
Amte untersagt, Hrn. Henry Petre die Sakramente zu reichen,
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von neuem ausgebrochen. Dr. Newman, einer der angesehensten englischen Konvertiten, hat eine Gegenschrift gegen die Brochure Gladstone s erscheinen lassen, worin er sich bestrebt, der Ungefährlichkeit der Lehre an der päpstlichen Un⸗ fehlbarkeit und ihre Verträglichkeit mit der Geschichte und Vernunft nachzuweisen. Von Gladstone selbst ist ein neuer Artikel erschienen, in welche die vom Papste in den Jahren 1870 bis 1873 gehaltenen Reden einer Kritik unterzogen werden, und namentlich die Fußg in denselben vorkommende Entstellung von Thatsachen servorgehoben wird. Der Erzbischof von West⸗ minster, Dr. Manning, hat sofort eine Entgegnung auf diesen Artikel veröffentlicht, ohne indessen der ganzen Sache eine neue Seite abzugewinnen. Bei einer in Dublin abgehaltenen Ver⸗ sammlung der katholischen Union wurden in den gefaßten Re⸗ solutionen die den Lehren der katholischen Kirche antagonistischen Bestrebungen und Entdeckungen der modernen Wissenschaft ver⸗ worfen, die Anhänglichkeit der Versammlung an die von katho⸗ lischen Prälaten über Elementar⸗, Gymnasial⸗ und Universitäts⸗ Unterricht aufgestellten Grundsätze ausgesprochen, und die Ver⸗ träglichkeit der vatikanischen Dekrete mit der Pflicht und der Ausübung der Unterthanentreue hervorgehoben.
8 Das fortdauernde Darniederliegen des Handels und der Industrie, welche eine Herabsetzung der jetzigen übertrieben hohen Arbeitslöhne nothwendig machen, fangen an, die Arbeitgeber zu einem energischen gemeinsamen Vorgehen zu bringen. Wenn bisher die Arbeiter, sich auf die Stärke ihrer Vereine stützend, jeden billigen Anforderungen der Produzenten Hindernisse in den Weg legten und dadurch häufig ihre Forderungen geltend zu machen im Stande waren, so haben sich jetzt die Besitzer von Kohlengruben und Eisenwerken in Monmouthshire und Süd⸗ Wales veranlaßt gesehen, die gleiche Taktik zu verfolgen und am 29. in Cardiff einstimmig den Beschluß gefaßt, ihre sämmt⸗ lichen Werke zu schließen und die Arbeit auf denselben am 1. Februar vollständig einzustellen. Nicht weniger als 120,000 Arbeiter werden von dieser zwar überaus harten aber entschuld⸗ baren Maßregel betroffen werden, doch dürfte wohl ein baldiges kachgeben derselben zu erwarten sein, da es der Privatunter⸗ stützung nicht gelingen koͤnne, eine so große Menschenzahl auf längere Zeit zu „unterhalten. Ein allgemeines Herabgehen der Löhne in der nächsten Zeit erscheint, sofern die Arbeitgeber an ihren bisherigen Entschlüssen festhalten, unvermeidlich.
Spanien. Madrid, 20. Februar. Die amtliche „Gaceta I veröffentlicht unterm 10. Februar das nachstehende ekret: 8 „Das Gesetz vom 18. Juni 1870 setzt bei Seite, daß die Ehe unter Katholiken ein Sakrament ist und vb6 He nicht he daß 9 heilige (katholische) Religion, welche dies vorschreibt, mit wenigen Ausnahmen, die einzige ist, zu welcher sich die spanische Nation he⸗ kennt. Es machte die Gültigkeit des geheiligten Bandes der Ehe hinsichtlich seiner gesetzlichen Wirkungen nicht so sehr von den durch die Kirche vorgeschriebenen, als vielmehr von den neuerdings durch den Staat eingeführten Bedingungen abhängig. — Bi⸗ dahin hatte in Bezug auf diesen Hauptpunkt zwischen dem gemeine und dem kanonischen Rechte vollständige Uebereinstimmung geherrscht. — Unsere Monarchen, welche dem religiösen Glauben der Spanier volle Gerechtigkeit widerfahren ließen, hatten sich darauf beschränkt, mit ihrer Autorität innerhalb der weltlichen Gesetzgebung die von Gott eingesetzte und durch die Kirche regulirte Ehe zu sanktioniren. Neue Gesetze, entstanden inmitten der politischen Wirren, dieser heiligen Ein⸗ richtung jede Wirkungskraft absprechend und an ihre Stelle profane I und Verwaltungsformalitäten setzend, welche unserem erkommen zuwider sind, haben dieser gedeihlichen Harmonie zwischen beiden Gesetzgebungen ein Ende gemacht, die Würde der Ehe und der Familie erniedrigt. Wenn das Eingehen einer Verbin⸗ dung (consorcio) ohne geheiligten Charakter da nöthig sein kann, wo verschiedene religiöse Bekenntnisse vorhanden sind, welche in Bezug auf die Ehebestimmungen wesentlich auseinandergehen, so ist es dem Staate darum nicht erlaubt, sie als maßgebend in seine Gesetze aufzunehmen, so ist nicht das Gleiche in Spanien der Fall, wo trotz der in den letzten Jahren zugestandenen Freiheit glücklicher⸗ weise kaum eine andere Religion ausgeübt wird, als die katholische. Wenn bei der Vollziehung der Ehe die Vertretung des geistlichen durch den weltlichen Beamten unerläßlich sein kann für diejenigen, welche die Autorität der Kirche nicht anerkennen oder sich zu Religionen bekennen, deren Diener weder die Organisation noch die Vorbedingungen be⸗ sitzen, welche geeignet sind, daß der Staat sich an ihr Zeugniß halte, insofern dieses sich auf die Ausübung eines so wichtigen sozialen Aktes bezieht, so ist nicht dasselbe der Fall, wenn die Mehrheit oder beinahe die Gefammtheit der Unterthanen es vorzieht, diesen Akt dem Diener der (katholischen) Kirche anzuvertrauen und es ist kein Grund vorhanden, daß ver Staat ihm dies aus Mißtrauen verweigere. Daraus, daß man diesem wesentlichsten Umstande nicht gehörig Rechnuvg getragen hat, ist eine beklagenswerthe Uneinigkeit unter Der öffentlichen Meinung erwachsen, welch' letztere inspirirt ist
vacch den religissen Glauben, den Einflut ingewurzelter ewohnhei und durch die Vorschriften und Darlegungen den neuen Geseßes r die Civilehe, eine Uneinigkeit, welche die Bewissen beunruhict ehüche 4 8 b 8., 1 Vnter Schädigung der Rechte der⸗ iet un e schließlich die Wirkung desselben mi 1 barer Ungerecht: Leit auf unschuldige Opfer zurafeseben mi 8 fus viesen wichtigen Gruüͤnden glaubt die Negrerung die gebieterische Pflicht zu haben, sich zu beeilen, die erforderliche Harmonie zwischen der ge- meinen und der kanonischen Gesetzgebung in Bezug auf die Ehe⸗ schließung von Katholiken wieder herzustellen, indem sie diesem heiligen Sakramente alle die Wirkungen, welche ihm unsere alten Gesetze zuerkannten zurückerstattet, und es wieder unter die ausschließ⸗ liche Botmäßigkeit „(Jurisdiccion) der Kirche stellt. Wenn der sub⸗ alterne und mit Führung des Civilstandsregisters betraute Beamte des öffentlichen Vertrauens nicht würdiger ist, als der Priester, wel⸗ cher sein ganzes Leben der Ausübung seines heiligen Amtes widmet so ist kein ernstlicher Grund vorhanden, daß das Gesetz seine Sanktion dem feierlichen mit sakramentalen Charakter vollzogenen Kontrakte verweigere, welchen der Priester einsegnet und durch sein Zeugniß rechtfertigt. Da aber daraus nicht folgt, daß der Staat nicht recht⸗ Leitig alle bis ehhr ee. dieser Art kennen muß, denen er seinen chutz zu gewähren hat und da es anderen Theils offenbar für ihn von Werth ist, die Irrthümer und Fehler zu verhindern, welche be- gangen werden können, indem er sie konstatirt, so hat die egierung die Verpflichtung, in das Civilstandsregister unmittel⸗ 8 nach ihrer Vollziehung alle kanonischen Ehen ein- 1 ragen. Sie wird nicht wie bisher von den durch dieses heilige Band Vereinigten verlangen, daß sie vor dem Richter erscheinen, p⸗ ein anderes profanes zu knüpfen, dagegen aber wird sie darap⸗ daß sie die Sehttragne desselben nachsuchen, indem* bezüg! iche kirchliche Attest vorzeigen. Und wenn es, v te das nüakschnef 8 2 anerkannt ist, unter Henhelsbdem die hüch. 1 iltigkeit von einer nachherigen, durch das
a e Gesetz vorgeschriebenen Formalzt s sst es auch nicht nur zulässig, sondern 88 dachech ,
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