1875 / 55 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Mar 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Wund Bauwesen: 600,000 zum Umbau des Welfenschlosses für die polytechnische Schule in Hannover fortgesetzt. Gegen den Titel sprach sich der Abg. Windthorst (Meppen) aus, während die Abgg. Windthorst (Bielefeld) und Lauenstein zwar den Titel zur Annahme empfahlen und die Behauptung des Abg. Windt⸗ horst (Meppen), daß das Welfenschloß dem Könige Georg ge⸗ höre, bestritten, jedoch zur näheren Untersuchung der Frage die Zurückweisung an die Budgetkommission wünschten. Gegen diesen letzten Vorschlag erklärten sich der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Ministeriums Finanz⸗Minister Camphausen und der Handels⸗ Minister Dr. Achenbach (S. unter Landtagsangelegenheiten), worauf das Haus den Titel genehmigte. Die übrigen Titel des Extraordinariums dieses Etats wurden anstandslos bewilligt.

Ohne erhebliche Debatten erledigte das Haus den Etat der Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenverwaltung in seinem Or⸗ dinarium. Zu Kap. 16: Hüttenwerke, wurde folgender Antrag der Kommissarien des Haufes angenommen:

„dem nächsten Etat eine Zusammenstellung anzufügen, woraus die zum Betriebe der einzelnen Staatshüttenwerke erforderlichen Betriebsfonds ersichtlich.“

Schluß 4 Uhr. Nächste Sitzung heut Abends 7 Uhr.

Die zwischen dem Deutschen Reich und Rußland am 12. November 31. Oktober 1874 abgeschlossene Konvention über die Regulirung von Hinterlassenschaften und der Konsularvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Ruß⸗ land vom 8. Dezember 26. November 1874 sind ratifizirt und die Ratifikations⸗Urkunden vom 8. v. M. zu St. Peters⸗ burg ausgewechselt worden.

Der Minister des Innern hat in einem Sp zialerlaß vom 31. Januar d. J. die Frage I. ob die Beamten einer Strafanstalt, welche einen selbständigen Gutsbezirk bildet, verpflichtet sind, Kreisabgaben zu entrichten, bejaht, dagegen die Frage II., ob dieselbe zu den Kosten der Amtsverwal⸗ tung beizutragen haben, verneint. Die Motivirung dieser Ent⸗ scheidung lautet wie folgt:

I. Die Kreisabgaben sind ihrem Wesen nach Indivi⸗ dualsteuern, welche nur in der Form von Kontigenten insofern erhoben werden, als die Gemeinden und Gutsbezirke zur Unter⸗ vertheilung, Einziehung und Abführung im Ganzen, d. h. ohne Rücksicht auf Ausfälle, Ab⸗ und Zugänge verbunden sind.

Der Wortlaut des ersten Absatzes des §. 11:

„Unter Anwendung des nach diesen Grundsätzen (§. 10) vom Kreistage beschlossenen Vertheilungsmaßstabes wird das Kreisabgaben⸗Soll für die einzelnen Gemeinden und selbst⸗ ständigen Gutsbezirke im Ganzen berechnet und denselben zur Untervertheilung auf die einzelnen Steuerpflichtigen nach dem⸗ selben Maßstabe zur Einziehung, sowie zur Abführung im Gan⸗ zen an die Kreis⸗Kommunalkasse überwiesen“, läßt nicht wohl

eine andere Auslegung zu und führt zu dem Ergebniß, daß eine Untervertheilung der Kreisabgaben sowohl innerhalb der Gemeinden, als auch innerhalb der Gutsbezirke stattfindet. Die Motive zu ordnungs⸗Entwurfes Vorlagen von 1871 und 1872 und als

von 1869, welcher unverändert in die §. 11 in die Kreisord⸗

nung selbst übergegangen ist, begründen die Nothwendigkeit der Einführung eines allgemeinen Individual⸗Besteuerungsmaßstabes für das platte Land, wie folgt: „Das diesen Vorschriften zu Grunde liegende System, wie es sich in der Praxis der meisten Kreise heraus, bildet hat, hält

gewissermaßen die Mitte zwischen den Systemen der sogenannten Kontingentirung und der Individual⸗Besteuerung. Indem das Kreis⸗Abgaben⸗Soll für die einzelnen Gemeinden und selbst⸗ ständigen Gutsbezirke im Ganzen berechnet und denselben zur Einziehung und Abführung an die Kreis⸗Kommunalkasse im Ganzen überwiesen werden soll, folgt daraus, daß, wie den einzelnen Gemeinden und Gutsbezirken die gegen das Soll ent⸗ a ‚ihnen andererseits dem gegenüber auch die Deckung der Abgänge und Ausfälle Den einzelnen Gemeinden ist jedoch die Unter⸗ vertheilung des auf sie im Ganzen entfallenden Kreis⸗ abgaben⸗Solls auf die Steuerpflichtigen nicht nach einem selbständig zu beschließenden, beziehungsweise nach dem für die Aufbringung der Gemeinde⸗Abgaben bestehen⸗ den Maßstabe überlassen; sie haben vielmehr für die Un⸗ ervertheilung wieder um denselben Maßstab anzuwen⸗ den, welcher vom Kreistage für die Vertheilung der Kreisabgaben allgemein beschlossen ist. Im Hinblick auf die in noch vielen Landgemeinden bestehenden unvollkommenen und unentwickelten Gemeinde⸗Abgaben⸗Systeme, so wie auf die eigen⸗ thümlichen kommunalen Verhältnisse der selbständigen Gutsbe⸗ zirke erscheint in der That die Festsetzung eines solchen allgemei⸗ nen Individual⸗Besteuerungsmaßstabes wenigstens für das platte Land unentbehrlich, wenn anders eine gerechte und gleichmäßige Kreisbesteuerung nicht nur für die einzelnen Kommunalverbände als solche, sondern auch für alle denselben angehörige Steuerpflich⸗ tigen erzielt werden soll.“

Für die entgegengesetzte Ansicht läßt sich auch der Absatz 1 des §. 31 der Kreisordnung nicht geltend machen, nach welchem der Besitzer des Guts zu den Pflichten und Lei⸗ stungen verbunden ist, welche den Gemeinden im öffentlichen Interesse obliegen. Denn aus dieser Bestimmung kann nicht die Verbindlichkeit des Gutsbesitzers abgeleitet werden, die auf das Gut vertheilten Kreisabgaben allein zu tragen, sondern nur seine Verpflichtung, dieselben ebenso, wie die Gemeinde, d. i. nach dem von dem Kreistage festgesetzten Maßstabe zu subregar⸗ tiren, von den einzelnen Steuerpflichtigen einzuziehen und im Ganzen an die Kreis⸗Kommunalkasse abzuführen.

II. Im Gegensatze zu den Kreissteuern haben die Kosten der Amtsverwaltung im Verhältniß zu den einen Amts⸗ bezirk bildenden Gemeinden und Gutsbezirken die Natur von Orts⸗Kommunalabgaben fallen mithin in Gutsbezirken dem Gutsbesitzer allein zur Last. Ausdrücklich ist dieses Prinzip in der Kreisordnung für diejenigen Gemeinden und Gutsbezirke, welche einen Amtsbezirk für sich bil⸗ den, zum Ausdruck gelangt, da nach §. 71 der Kreis⸗ Ordnung in ihnen die Verwaltungskosten gleich den übrigen Kommunalbedürfnissen aufgebracht werden sollen. Für die An⸗ wendung desselben Grundsatzes auf die zusammengesetzten Amts⸗ bezirke spricht nicht allein die Gleichheit des Rechtsgrundes, son⸗ dern auch die Erwägung, daß nach den Vorschriften, welche für die Bildung der Amtsbezirke und Amtsausschüsse, sowie für die Uebernahme von Orts⸗Kommunalangelegenheiten auf das Amt ge⸗ geben sind (§§. 48, 51, 53, 55), nur die Gemeinden und Guts⸗ bezirke als die Träger des Amtsverbandes und als die Be⸗ theiligten betrachtet werden können, von deren Vereinbarung zu⸗ nächst die Vertheilung der Amtsverwaltungskosten abhängt. (cf. Art. 3 Nr. 2 der Instr. vom 18. Juni 1873.) Wenn nach §. 70 Abs. 5 der Kreisordnung, bei dem Mangel einer Einigung unter den Betheiligten, für die Aufbringung der Amtsver⸗

dem ersten Absatze des §. 10 des Kreis⸗

waltungskosten der im Kreise für die Kreisabgaben festgestellte Maßstab gelten soll, so folgt hieraus nicht, daß auch die im §. 11 porgesehene Untervertheilung der Kreisabgaben innerhalb der Gemeinden und Gutsbezirke auf die Kosten der Amtsver⸗ waltung analoge Anwendung zu finden hat.

Aus den §§. 11 und 12 ergiebt sich vielmehr, daß unter dem Kreisabgaben⸗Vertheilungsmaßstabe nur der betreffende Maßstab an sich, also nur insoweit zu verstehen ist, als derselbe nach §. 10 und den daselbst allegirten §§. 14 und 15 der Beschlußfassung des Kreistages unterliegt.

S. M. S. „Elisabeth“ ist am 3. d. Mts. in Port Said angekommen und wird am Freitag, den 5. d. Mts., die Reise nach Plymouth fortsetzen.

8 Bayern. München, 1. März. Im Staats⸗Ministerium des Innern haben heute die offiziellen Verhandlungen bezüglich der Neugestaltung des Verhältnisses der bayerischen Hypo⸗ theken⸗ und Wechselbank begonnen.

In der heutigen Sitzung der Abgeordneten⸗ kammer, bei welcher am Ministertische anwesend waren die Herren Staats⸗Minister v. Pfretzschner, v. Berr, Frhr. v. Prankh und v. Fäustle, beantwortete zuerst der Finanz⸗Minister v. Berr sehr eingehend die Interpellationen der Herren Jacob und Frhr. v. Hafenbrädl bezüglich der Einlösung der süddeutschen Münzen und inesbesondere der Scheidemünzen. Nach Erledi⸗ gung dieser Sache faßte die Kammer Beschluß über eine Reihe von Petitionen und Anträgen, meist den Bau von Eisenbahn⸗ linien betreffend. Der Abg. Stenglein hatte dem Minister des Aeußern die geringe Beförderung der Sache bezüglich des An⸗ schlusses an die Nachbarstaaten vorgeworfen, welchen Vorwurf aber der Minister durch aktenmäßige Darstellung des ganzen Ver⸗ laufs der Sache als unbegründet widerlegte, die Mittheilung bei⸗ fügend, daß Staatsverträge mit den Regierungen der Für⸗ stenthümer Reuß und Schwarzburg⸗Sondershausen bereits abge⸗ schlossen seien. Der Antrag des Abg. Stockbauer und Gen., die Frage des Bahnbaues durch den unteren bayerischen Wald über Passau, Neuhaus und Pocking an die bayerisch⸗ öster⸗ reichische Grenze beruhen zu lassen bis nach Entscheidung der Frage der Ostbahnen, wurde angenommen, und der Antrag des Abg. Eckart und Gen. auf Bau einer Eisenbahn durch das Aischthal an den Eisenbahn⸗Ausschuß verwiesen. Der Antrag des Abg. Frickhinger, die Tax⸗ und Stempelgebühren bei Berufungen im Gebiete der freiwilligen Rechtspflege betreffend, wurde, nachdem der Regierungs⸗Kommissar v. Aichberger Be⸗ denken dagegen geäußert, abgelehnt. Morgen stehen einige In⸗ terpellationen und dann Fortsetzung der Berathung über den Gesetzentwurf, die Rechtsverhältnisse der Beamten der Militär⸗ verwaltung betreffend, auf der Tagesordnung.

Sachsen. Dresden, 1. März. Das Kultus⸗Ministerium läßt, dem „Fr. J.“ zufolge, gegenwärtig im ganzen Königreich Erhebungen über die Stolgebühren der evangelischen Geistlichen machen. Dieselben haben ihre Einkünfte in den letzten 6 Jahren zu berechnen, und der Durchschnitts⸗Ertrag soll als Maßstab für die ihnen von der Gemeinde oder vom Staate zu gewährende Entschädigung bei der Einführung der bürger⸗ lichen Eheschließung gelten.

Württemberg. Stuttgart, 4. März. (W. T. B.) Der „Staatsanzeiger“ publizirt ein Königliches Dekret, dem zu⸗ folge die Ständeversammlung auf den 15. d. Mts. ein⸗ berufen wird.

Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghaus⸗ en. Meiningen, 2. März. Der Ausschuß des Landtags hat die vorgelegte Kreisordnung wesentlich amendirt. Prinzipiell kommt dabei hauptächlich in Betracht, daß die Befugnisse des Kreisausschusses erweitert, die des Landraths aber eingeschränkt werden, daß ferner als oberste Instanz ein Verwaltungs⸗Gerichtshof besteht, zu welchem auch die Kreisausschüsse einige Mitglieder wählen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 3. März. ist heute früh von Budapest zurückgekehrt.

In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde der Gesetzentwurf über die Umwandlung der gegenwär⸗ tigen Maß⸗ und Gewichtssätze in metrisches Maß und Gewicht dem Budgetausschusse, der Gesetzentwurf, betreffend die durch die Einführung der neuen Maße und Gewichte nothwendigen Aenderungen in den Bestimmungen über die Verzehrungssteuern dem für die Verzehrungssteuer von Fleisch niedergesetzten Aus⸗ schusse zugewiesen. Hierauf wurde die Generaldebatte über die Gebäudesteuer fortgesetzt und, nachdem eine Reihe von Rednern gesprochen, beendet.

Schweiz. Bern, 4. März. (W. T. B.) Der Bundes⸗ rath beabsichtigt, bei der Bundesversammlung den Erlaß eines Bundesgesetzes betreffend die Bildung oder die Trennung von Religionsgesellschaften zu beantragen.

Niederlande. Haag, 1. März. Die Postberichte aus Batavia reichen bis zum 21. Januar. Der „Indiér“ hatte aus Atchin nachstehende Meldungen neuesten Datums erhalten:

„Endlich beginnt hier der Gesundheitszustand sich merklich zu bessern. Die meisten Erkrankungsfälle kommen an Gallenfieber vor. Die Kranken genesen jedoch rasch und ihre Zahl ist lange nicht mehr so schreckbar groß. In militärischer Hinsicht ist unsere Stellung hier weit besser geworden durch die Eroberung der bedeutendsten befestigten Punkte Longbatta's. Seit Oberst Pel hier das Kommando führt, hat kein so heftiger Kampf stattgefunden, wie dieser war. Es wurden diese Positionen nicht ohne Verlust erobert. Doch waren im Ver⸗ hältnisse zu der Hartnäckigkeit und Heftigkeit des Kampfes unsere Verluste nicht groß. Es wurde aber herrlich manövrirt, und Oberst Pel hat Grund dazu, zufrieden zu sein. Der Feind ist indeß noch weit entfernt von Entmuthigung. Unsere Konvois müssen uo fortwährend von starken Eskorten begleitet werden.“

Großbritannien und Irland. London, 3. März. Die Königin stattete gestern, begleitet von der Prinzessin Beatrice, der verwittweten Herzogin von Cambridge in Kew einen Besuch ab. Anfangs nächster Woche kommt der Hof auf einige Tage nach London. Am 10. ds. geben der Prinz und die Prinzessin von Wales in Marlborough⸗House einen großen Ball. Prinz Leopold hat dem University College Fepiig⸗ in Oxford durch Sir William Jenner ein Geschenk von 50 L. überreichen lassen.

Großbritanniens Staats⸗Einnahmen während der bis jetzt verflossenen elf Monate des Finanzjahres betrugen amtlichen Ausweisen zufolge 67,188,835 L. gegen 68,411,419 L. in der Parallelperiode des Vorjahres. Das letzte Budget ver⸗ anschlagte die Einkünfte für das ganze Jahr auf 74,425,000 L. und es zeigt sich nun, daß die Voranschläge zu hoch gegriffen

¹ 66,944,976 L.

haben des Staatsschatzes in letzten Sonnabend 5,321,624 L. 4. März. (W. T. B.) Die Anglo⸗ägyptische Bankgesellschaft veröffentlicht eine Erklärung, von der ägyptischen Regierung ermächtigt ist, die Nachricht, daß

det zu bezeichnen.

die Aufforderung erhalten, sich in Rom einzufinden und seine Abreise dorthin auf morgen festgesetzt.

5. März. (W. T. B.) Der Erzbischof Manning wird heute seine Reise nach Rom definitiv antreten. Man er⸗ wartet, daß seine Ernennung zum Kardinal gleich nach seiner Ankunft in Rom erfolgen wird.

Frankreich. Paris, 4. März. (W. T. B.) Die heutige Sitzung der Nationalversammlung in Versailles verlief ohne erwähnenswerthen Zwischenfall. Zwischen Buffet und Dufaure ist, wie die „Agence Havas“ in Berichtigung ihrer gestrigen Meldung erfährt, über das Programm und die Zu⸗ sammensetzung des künftigen Ministeriums noch kein voll⸗ ständiges Einverständniß erzielt.

4. März. (W. T. B.) In Betreff der jetzigen Lage der Ministerkrisis erfährt die „Agence Havas“, daß über das Programm des neuen Ministeriums Buffet und Dufaure völlig im Einvernehmen befinden. Differenzen bestehen aber noch über die Ernennung des Ministers des Innern und über die Frage, ob auch die gemäßigte Rechte im Kabinet vertreten sein soll. Es scheint, als ob das linke Centrum geneigt ist, den Eintritt eines der gemäßigten Rechten angehörigen Deputirten in das Ministerium zu acceptiren. Die Fraktionen der eigent⸗ lichen Linken haben sich aber bisher geweigert, dieser Kombination ihre Zustimmung zu geben und finden mit denselben gegen⸗ wärtig noch Verhandlungen statt. Falls letztere zu keinem Resultat führen sollten, würde der Marschall⸗Präsident, dem Vernehmen nach, zur Bildung eines Ministeriums schreiten, dessen Mitglieder nicht der Nationalversammlung angehören. Von anderer Seite verlautet, daß der Marschall für diesen Fall ein Ministerium Depeyre⸗Fourtou in Aussicht genommen habe.

(Monatsübersicht für Januar.) Die National⸗ versammlung eröffnete ihre Sitzungen wieder am 5. Januar. Bereits am folgenden Tage erlitt das Ministerium, welches die Priorität für die Berathung des Senatsgesetzes gefordert hatte, eine Niederlage. Der Minister des Innern, General Chabaud Latour, vertheidigte das Regierungsprojekt; dasselbe wurde von Hrn. Laboulaye (linkes Centrum), Castellane (Rechte) und Jules Simon (republikanische Linke) angegriffen und unterlag einer aus Legitimisten, Bonapartisten und Republikanern gebildeten starken Majorität. Die Niederlage wurde in Regierungskreisen um so schmerzlicher empfunden, als der Präsident der Republik selbst Veranlassung genommen hatte, die Kammer durch eine im Beginn der Sitzung verlesene Botschaftsrede aufzufordern, zur Diskussion der konstitutionellen Gesetze zu schreiten. Der Minister⸗Präsident, General Cissey, sowie sämmtliche andere Mitglieder des Kabinets reichten in Folge des ungünstigen Kam⸗ mervotums ihre Entlassung ein, die jedoch vom Marschall Mac Mahon vorläufig nicht angenommen wurde. Die Sitzungen vom 7.—10. Januar waren ohne Interesse. Die Ministerkrisis dauerte fort, und es verlautete bereits damals, daß der Marschall Mac Mahon gesonnen sei, erst dann zur Bildung eines neuen Kabinets zu schreiten, wenn die Kammer ein ent⸗ scheidendes Votum über die konstitutionellen Gesetze gegeben habe. Der Monat Januar hat diese Entscheidung nicht gebracht und das Ministerium Cissey ist deshalb während dieser ganzen Zeit provisorisch mit der Leitung der Regierungsgeschäfte betraut geblieben. Vom 11.— 20. Januar beschäftigte sich die Versamm⸗ lung mit Berathungen über das Militärgesetz. Von besonderem Interesse war die Sitzung vom 14. Januar, in der die Kammer mit 345 gegen 332 Stimmen die Formation des Bataillons in 4 Compagnien feststellte. Der Kriegs⸗Minister, General von Cissey hatte ausdrücklich verlangt, 6 Compagnien beibehalten werde. nach durch die Abstimmung der Kammer eine zweite Niederlage.

seit dem 6. Januar bereits aufgehört hatte, der Kammer gegen⸗ über eine verantwortliche Stellung einzunehmen. Kammer den Vorschlag machen werde, die Ernennung von 2 genehmigen. Die Kammer erklärte sich am 18. Januar mit dieser Reform einverstanden. Am 21. Januar begann die Na⸗ tionalversammlung die Berathung über die konstitutionellen Ge⸗ setze, und beschäftigte sich zunächst mit den Artikeln, welche auf die Uebertragung der Regierungsgewalt Bezug haben. Die Debatten waren sehr leidenschaftlich. Verschiedene Mitglieder der äußersten Rechten, unter andern die Herren Carrayon⸗Latour Lucien Brun und du Temple sprachen sich energisch gegen das von der Regierung adoptirte Projekt des Dreißiger⸗Ausschusses aus. Dasselbe wurde von hervorragenden Mitgliedern des rech⸗ ten und des linken Centrums, sowie der republikanischen Linken vertheidigt. Bemerkenswerth war besonders die von Hrn. Jules Favre am 22. Januar gehaltene längere Rede, in welcher die äußerste Rechte heftig angegriffen wurde und welche große Er⸗ regung hervorrief. Die Kammer beschloß am Ende dieser De⸗ batten (22. Januar) mit einer Majorität von 557 gegen 146 Stimmen die zweite Lesung des Gesetzes über die Uebertragung der Regierungsgewalten. Die beiden Centrumsparteien, sowie die Fraktionen der Linken stimmten für die zweite Lesung. Die Minorität bestand aus den legitimistischen Mitgliedern der äußer⸗ sten und gemäßigten Rechten und aus der Gruppe der Bona⸗ partisten.

Am 23. und 24. Januar fand keine Sitzung statt. Am 25. Januar ging die Kammer zur ersten Berathung des Senats⸗ gesetzes über. Nach längerer Debatte, bei der sich namentlich Hr. Jules Simon (republikanische Linke) in entscheidender Weise betheiligte, nahm die Kammer die zweite Lesung mit 512 gegen 188 Stimmen an. Die Majorität bestand, wie am 22. Januar, aus den vereinigten Fraktionen der Linken und des rechten Centrums. Die Sitzungen vom 26. und 27. Januar waren ohne Interesse. Am 28. Januar begann die zweite Berathung des Gesetzes über die Uebertragung der Regierungs⸗ gewalten. Die Debatten hierüber dauerten 3 Tage (28., 29., 30. Januar) und endeten mit der Annahme des aus 4 Para⸗ graphen bestehenden ersten Artikels der konstitutionellen Gesetze. Derselbe lautet: „Die gesetzgebende Gewalt wird durch zwei Versammlungen ausgeübt, die Deputirtenkammer und den Senat. Die Deputirtenkammer wird durch allgemeine direkte Wahlen ernannt, und unter Bedingungen, welche durch ein neues Wahl⸗

waren. Die Ausgaben im gleichen Zeitraum beliefen sich auf 043,897 L. im Vorjahre. Das Gut⸗

gesetz festzustellen sind. Die Zusammensetzung des Senats, die

““

erBank von England betrug am

wonach sie

über die Aufnahme einer neuen ägyptischen Anleihe von 15 Mill. Pfd. Sterl. Verhandlungen stattfänden, als durchaus unbegrün⸗

Erzbischof Manning hat von der päpstlichen Kurie

daß die alte Formation in Das Ministerium erlitt dem⸗

Dies änderte jedoch an der Lage Nichts, da das Ministerium

Der General von Cissey kündigte am Schluß der Debatte an, daß er der

Hauptleuten für jede Compagnie, also 8 für jedes Bataillon, zu 8

Attribute dieses Staatskörpers, sowie die Ernennungen zu dem⸗

selben werden durch ein besonderes Gesetz regulirt werden. Der Präsident der Republik wird von den unter dem Namen Nationalversammlung zusammengetretenen vereinigten Mitgliedern des Senats und der Deputirtenkammer durch Stimmenmehrheit erwählt. Er wird für sieben Jahre ernannt und kann wieder⸗ erwählt werden.“ Dieser letzte Paragraph, der unter dem Namen Amendement Wallon bekannt geworden ist, wurde mit einer Majorität von nur einer Stimme, nämlich von 353 gegen 352 Stimmen angenommen. Die Majorität bestand aus sämmtlichen Fraktionen der Linken, aus einigen wenigen Mit⸗ gliedern des rechten Centrums und aus den Mitgliedern der sogenannten Gruppe Wallon⸗Lavergne, welche Stellung an der Grenze zwischen dem rechten und linken Centrum einge⸗ nommen hat und dadurch besonders geeignet ist, die viel besprochene Vereinigung der Centrumsparteien zu Stande zu bringen. Die legitimistischen und bonapartistischen Kammer⸗

mitglieder, sowie eine größere Anzahl des orleanistischen rechten

Centrums stimmten gegen das Amendement Wallon.

Die Ersatzwahlen für das Departement des Hautes⸗ Pyrénées fanden am 3. und 17. Januar statt. Am ersten Wahltage wurde kein Resultat erzielt. Bei der Stichwahl wurde der bonapartistische Kandidat Cazeaux mit 29,796 Stimmen er⸗ wählt. Der orleanistische Kandidat Herr Alicot, für den in letzter Instanz auch die Republikaner gestimmt hatten, erhielt 23,115 Stimmen.

Ledru Rollin, gestorben am 31. Dezember v. J., wurde am 4. Januar beerdigt. Eine ungeheuere Menschenmenge hatte sich versammelt, um dem alten Volksvertreter die letzte Ehre zu erweisen. Die Regierung hatte jedoch umfassende Maßregeln er⸗ griffen, um Störungen der Ruhe zu vermeiden und das Be⸗ gräbniß konnte ohne erheblichen Zwischenfall stattfinden.

Der Todestag des Kaisers Napoleon III. wurde am 9. Januar in vielen Pariser Kirchen mit großer Feierlichkeit be⸗ gangen. Die Führer der vonapartistischen Partei hatten sich zu dem Zweck in der Kirche St. Augustin versammelt.

Der Pariser Munizipalrath ernannte im Monat Januar sein neues Bureau. Herr Thulié wurde zum Präsiden⸗ ten, die Herren Floquet und Herold Burden zu Vize⸗Präsidenten erwählt. Die Genannten gehören der repubeikanischen und der radikalen Partei an.

Das neue Operngebäude wurde am 5. Januar mit einer Galavorstellung eröffnet, zu der der Präsident der Republik, die hervorragendsten Mitglieder des diplomatischen Corps, die höchsten Civil⸗ und Militärbeamten, die Mitglieder der National⸗ Versammlung, sowie den Lordmayor von London und den Bür⸗ germeister von Amsterdam eingeladen hatte.

Der Munizipalrath von Marseille, dessen Mitglie⸗ der größtentheils der radikalen Partei angehören, wurde suspen⸗ dirt und in seinen Funktionen durch eine sogenannte Munizipal⸗ Kommission ersetzt. Am 26. Januar interpellirte der Deputirte Rouvier die Regierung über diese Maßregel. Der Unter⸗Staats⸗ Sekretär de Witt und der Minister des Innern, General Chabaud Latour, vertheidigten dieselbe und die Kammer ging, ohne ein Votum abgegeben zu haben, das den Zwischenfall erledigt hätte, nach einer kurzen und lebhaften Debatte zur Tagesordnung über.

Die Kommission zur Prüfung der Wahl im De⸗ partement der Niövre hat ihre Arbeiten noch nicht beendet. Die vom Polizei⸗Präfekten, Herrn Leon Rénault, gemachte Deposition, welche für die bonapartistische Partei sehr gravirend sein, und das Dasein geheimer Comités des Appel au peuple außer Frage stellen soll, wird im Monat Februar erscheinen. Sie ist bereits in Druck gegeben worden. 1

Der Marschall Canrobert, dem von mehreren Wäh⸗ lern der Vorschlag gemacht war, seine Kandidatur für einen leeren Sitz in der Nationalversammlung aufzustellen, veröffent⸗ lichte einen Brief in den Zeitungen, in dem er sagte, daß er der Sache der Ordnung an der Spitze der Armee und unter dem Befehl des Marschall Mac Mahon mehr nützen zu können glaube, als in der Nationalversammlung. Er lehnte deshalb das ihm gemachte Anerbieten ab. Der Brief hat ein gewisses Aufsehen erregt und ist vielfach kommentirt worden.

Italien. Rom, 1. März. Der Minister des öffentlichen Unterrichts legte am 26. der Deputirtenkammer einen Gesetz⸗ entwurf zur Verbesserung der materiellen Lage der Elementar⸗ schullehrer vor, und nachdem die Dringlichkeit desselben aner⸗ kannt worden war, wurde er derselben Kommission zur Prü⸗ fung und Berichterstattung überwiesen, welche mit der eines ähnlichen aus parlamentarischer Initiative hervorgegangenen Gesetzentwurfs beschäftigt ist.

Nußland und Polen. Die telegraphisch im Auszuge mitgetheilten Aeußerungen des russischen amtlichen „Regierungs⸗ Anzeigers“ vom 16./28. Februar lauten vollständig wie folgt:

„Die zwischen dem Kaiserlich russischen Kabinet und der eng⸗ lischen Regierung ausgetauschten Dokumente, betreffend die Konferenz über die Gesetze und Bräuche des Krieges, sind abseiten der Presse zum Gegensrande von Erörterungen gemacht worden, welche weder den Gefühlen, die Se. Majestät zur Inangriffnahme dieses hochherzigen Werkes der Menschenfreundlichkeit bestimmten, noch dem wirklichen Charakter unserer Beziehungen zu dem Londoner Kabinet entsprechen,

Wir halten es für unsere Pflicht, daran zu erinnern, daß der Wunsch, die Schrecknisse des Krieges weniger fühlbar zu machen, keine ausschließlich russische Idee ist und keineswegs lediglich russische In⸗ teressen im Auge hat.

Zu verschiedenen Zeiten hat die Einzel⸗Initiative zahlreiche und als wirkliche Fortschritte anerkannte Versuche zur Erreichung dieses Zieles unternommen. b

Die Vereinigten Staaten von Nordamerika haben die Veröffent⸗

lichung eines Reglements für nöthig befunden, welches den Heeren der Union während des Sezessionskrieges zur Richtschnur diente, um dem ganzen Lande die Last dieses unglückseligen inneren Kampfes zu er⸗ leichtern. G Nach dem Kriege von 1870 und in Erwägung der umfassenden Rüstungen, die überall vorgenommen wurden, empfand man allent⸗ halben die Nothwendigkeit, den Gesetzen und Bräuchen des Krieges genaue Grenzen zu geben, so zwar, daß in eben dem Augenblicke, als die Kaiserliche Regierung diese Sache in Anregung brachte, philanthropische Privatgesellschaften schon in Diskussion darüber getreten waren und eine von ihnen, welche ihr Augenmerk auf die Milderung des Looses der Kriegsgefangenen richtete, sogar die Einberufung einer Konferenz nach Paris vorgeschlagen hatte. Der Entwurf dieser Gesellschaft ward veröffentlicht, und was den besten Beweis für die allgemein empfundene Nothwendigkeit, aus den unklaren Bestimmungen des Völkerrechts herauszukommen, lieferte, war die Thatsache, daß dieser Entwurf fast alle auf Gesetze und Bräuche der Kriegführung bezüg⸗ lichen Fragen berührte. . 1 8

Das Kaiserliche Kabinet war nicht der Meinung, daß man füg⸗ licher Weise Privatgesellschaften die Untersuchung dieser wichtigen Fragen anheimgeben könne, da selbige sich auf unmittelbare Inter⸗ essen der Regierungen beziehen und folglich nur von letzteren eine praktische Lösung erwarten können.

Ferner war das Kaiserliche Kabinet der Ansicht,

daß die

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Initiative zur Einberufung einer offiziellen Versammlung von Delegirten der verschiedenen Staaten behufs Untersuchung allgemein wichtiger Fragen in erster Linie Sr. Kaiserlichen Majestät gehöre, wegen des hohen moralischen Ansehens, welches Europa dem Kaiser entgegenträgt, der Dank seiner durch zwanzig Jahre befolgten inneren und auswärtigen Politik das Uaterpfand friedlicher, menschenfreund⸗ licher und einsichtsvoller Tendenzen gegeben hat, welche Sr Majestät den Respekt und die Sympathie der ganzen Welt verschafft haben.

Aber wir wiederholen es: Se. Majestät der Kaiser beabsichtigte einzig und allein, durch seine Initiative zu der Erreichung eines Ziels beizutragen, dessen Nutzen der ganzen Menschheit zu Gute kommt. Rußland speziell ist dabei nur insoweit interessirt, als es einen Theil der Familiengemeinschaft der großen civilisirten Völker ausmacht. Keinerlei private oder persönliche Erwägung veranlaßt es, auf diesem oder S Mittel zur Lösung von Fragen zu bestehen, welche es der Begutachtung der europäischen Regierungen unterbreitet hat.

Wie auch die schließliche Entscheidung ausfallen möge, so wird Rußland ihr mit Eifer beitreten, vorausgesetzt, daß sie thatsächlich der Humanität zu Nutz und Frommen gereicht. Das Kaiserliche Kabinet strebt nichts an, als eine ruhige, wohlwollende und von er⸗ habenen Gesichtspunkten ausgehende Berathung, welche auf diese höchst bedeutsamen und alle Welt interessirenden Fragen einen Strahl des Lichtes und der Wahrheit werfen könnte.

Vernünftigerweise geht daraus hervor, daß in Untersuchung dieser Fragen alle aufrichtigen Meinungen, alle loyalen Einwürfe Gehör und Berücksichtigung finden müssen, und daß nur Eines zu bedauern bleibt, nämlich eine Weigerung, die eine große Nation der Mög⸗ L berauben würde, ihre Stimme in den Berathungen zu erheben.

Schweden und Norwegen. Stock holm, 26. Februar. (H. N.) Für die Zukunft des nördlichen Schwedens ist es von außerordentlich großer Bedeutung, daß die im Amte Norrbotten, namentlich in den Kirchspielen Gellivare und Jukkas⸗ järri, vorhandenen Reichthümer an Erz gehoben werden kön⸗ nen, welches bisher nicht geschehen ist, wenigstens nur in sehr geringem Umfang, und zwar, weil die geeigneten Kommuni⸗ kationsmittel fehlten. Es sind bekanntlich Pläne zur Anlage einer Eisenbahn von diesen Erzlagern theils nach dem botnischen Meerbusen, theils nach einem eisfreien Hafen an der Westküste von Norwegen ausgefertigt worden, aher bevor diese Pläne rea⸗ lisirt werden können, ist es nothwendig, daß die Ausdehnung und Beschaffenheit der Erzlager einer gründlichen, wissenschaft⸗ lichen Untersuchung unterworfen werden. Eine solche Unter⸗ suchung ist jetzt beschlossen und soll unter Aufsicht des Chefs der geologischen Untersuchungen Schwedens und durch die von ihm dazu ausersehenen Personen ausgeführt werden.

Dänemark. Kopenhagen, 3. März. (Hamb. Nachr.) Das Folkething verweigerte mit 73 gegen 14 Stimmen in zweiter Behandlung die Nachbewilligung der Mehrausgabe von 165,000 Rdlr. für das Theater.

Amerika. Washington, 3. März. (W. T. B.) Das Repräsentantenhaus nahm die Bill an, durch welche das Territorium Colorado als Staat zum Kongresse zugelassen wird. Der beantragte Eintritt des Territoriums Neu⸗Mexiko als Staat in den Kongreß wurde abgelehnt.

4. März. (W. T. B.) Beide Häuser des Kon⸗ gresses haben sich heute vertagt.

Montevideo, 1. März. (W. T. B.) Bei den in Buenos⸗Ayres gegen den Klerus gerichteten Kundgebungen ist es zu Ruhestörungen gekommen, bei denen die Missions⸗ häuser der Jesuiten in Brand gesteckt und der Palast des Erz⸗ bischofs geplündert wurde.

Aus Philadelphia wird der „Times“ vom 1. ds. per Kabel gemeldet: Dem üblichen Monatsausweise des Schatz⸗ sekretärs zufolge hat sich die Nationalschuld während des Monats Februar um 6,680,183 Dollars verringert und stellt sich gegen⸗ wärtig auf 2,137,315,989 Dollars. Der Schatzsekretär hat Bonds im Betrage von 5,000,000 Dollars zur Einlösung am 1. Juni einberufen. Das Zwangsgesetz lag heute dem Senat vor, aber da die Demokraten gegen dessen Erörterung pro⸗ testirten, wurde die Debatte bis zum Dienstag vertagt. Im Repräsentantenhaus ist eine Resolution zur einstim⸗ migen Annahme gelangt, welche die Legislatur von Louistana ersucht, die Mitglieder, die von dem Wahlamte gesetz⸗ widrig ihrer Sitze beraubt wurden, wieder zu installiren und mit

163 gegen 89 Stimmen wurde auch ein Beschluß gefaßt, wel⸗

cher die Kellogg⸗Regierung anerkannt. Die Initiative zu diesen Beschlüssen gab das vom Kongreß niedergeseßte Comité zur Untersuchung der Zustände in Louisiana. Eine Kabeldepesche aus Washington vom 1. ds. meldet: Der Senat hat die Revenue⸗Bill mit 30 gegen 29 Stimmen acd acta gelegt (tabled).

Aus Buenos Ayres meldet eine vom 27. v. Mts. datirte Kabeldepesche: Die Regierung von Montevideo hat mehrere Personen, die sich an einer Verschwörung zum Sturz der gegenwärtigen Regierung betheiligt hatten, verhaften lassen. Ein Dekret ist erlassen worden, welches die Verschwörer zum Aufenthalt in einem Gefängniß verurtheilt, bis die Ausdehnung der Verschwörung entdeckt worden ist. Es ist alles ruhig ge⸗ blieben und man erwartet, die Regierung werde im Stande sein, irgend einen Revolutionsausbruch zu verhüten.

Asien. Aus Pokohama wird vom 1. d. per Kabeldepesche gemeldet, daß die früher daselbst stationirten europäischen Truppen abberufen worden sind. Das britische Marinebataillon geht nach Natal; die französischen Truppen kehren nach Frankreich zurück.

Afrika. r . richtet: Lord Carnarvons Depeschen über die Angelegenheit des Kaffernhäuptlings Langalibalele haben hier beträchtliche Auf⸗ regung hervorgerufen. In Natal, Durban und Moritzburg wurden Volksversammlungen abgehalten, in welchen das Ver⸗ fahren des Gouverneurs gebilligt und Bedauern über seine Ab⸗ berufung ausgedrückt wurde. Die drohende Rückkehr Langali⸗ balele’'s nach Natal wird in dieser Colonie gemißbilligt.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilungon des städtischen statistischen Bureaus sind bei den Standesämtern Berlins in der Woche vom 21. bis 27. Februar zur Anmeldung gekommen: 228 Eheschließungen, 857 Lebendiggeburten, 41 Todtgeburten und 537 Sterbefälle.

Die „Austria“ veröffentlicht die Tabellen über den Waaren⸗ verkehr des allgemeinen öst erreichisch⸗ungarischen Zoll⸗

ebiets mit dem Auslande und den Zollausschüssen, sowie über den

Verkehr von Dalmatien im Jahre 1874. Nach denselben beziffert sich der Gesammtwerth des ganzen Waarenverkehrs im Jahre 1874 in der Einfuhr mit 565,615,888 Fl, in der Ausfuhr mit 452,257,103 Fl., im Jahre 1873 in der Einfuhr mit 582,736,218 Fl., in der Ausfuhr mit 418,467,535 Fl, was also für 1874 in der Einfuhr ein Weniger von 17,140,330 Fl., in der Ausfuhr ein Mehr von 33,789,586 Fl. ergiebt. Der Gesammtwerth des Verkehrs betrug demnach 1,017,872,991 Fl., im Jahre 1873 nur 1,001,223,753 Fl., woraus also ein Mehr von 16,649,238 Fl. resultirt.

Aus der Capstadt wird vom 5. Februar be⸗

Inhalts, vernichtet wurden.

Diese Summen repräsentiren jedoch nicht den Gesammtwerth der sämmtlichen im Jahre 1874 aus dem Auslande und den Zoll⸗ ausschlüssen ein⸗ und dahin ausgeführten Waaren, sondern nur die Ein⸗ und Ausfuhrwerthe der wichtigeren Handelsgegenstände. Bei ben e des Gesammtwerthes der Waareneinfuhr mit jenem der Ausfuhr stellt sich im Jahre 1874 rücksichtlich der Einfuhr ein Mehr⸗ werth von 113,358,785 Fl. heraus. Wie oben nachgewiesen wurde, zeigt sich beim Gesammtwerthe der eingeführten Waaren gegen das Vorjahr ein Ausfall von 17,140,330 Fl. Di ses mindere Ergebniß wurde vorzugsweije veranlaßt: durch den geringen Import an rohen und halbverarbeiteten Metallen (17,3 Mill.), an Maschinen und Kurz⸗ waaren (11,2 Mill.), an Webe⸗ und Wirkwaaren (8,3 Mill.), an Holz⸗, Glas⸗ und Steinwaaren (48 Mill.), an Metallwaaren (4,/4 Mill), an Landfahrzeugen 2,9 Mill.), dann an Thieren (2,s Mill.). Der Ausfall würde noch bedeutend größer sein, wenn nicht die Einfuhr an Webe⸗ und Wirkstoffen, an Tabak und Tabakfabrikaten, an Feld⸗ früchten, an Garnen und an Fettwaaren nm 40,5 Mill. Fl. zuge⸗ nommen hätte. 8

Dagegen hat sich die Waarenausfuhr sehr günstig gestaltet, da bei der Mehrzahl der Tarifklassen sich ein größerer Export ergeben hat, welcher im Ganzen die beträchtliche Summe von 33,7 Mill. Fl. im Werthe übersteigt. An diesem günstigen Resultate partizipiren hauptsächlich: die Holz⸗, Glas⸗, Stein⸗ und Thonwaaren mit 13,4 Mill., die Brenn⸗, Bau⸗ und Werkstoffe, dann die Land⸗ und Wasserfahrzeuge mit je 5, Mill., die Metallwaaren mit 5,7 Mill., die Maschinen und Kurzwaaren mit 5,8 Mill., die Webe⸗ und Wirk⸗ waaren mit 5,4 Mill., die roben und halbverarbeiteten Metalle mit 3,5 Mill., die Garne mit 2,8 Mill. und die Getränke mit 2,3 Mill. Fl.

Der Werth der ein⸗ und ausgeführten edlen Metalle, dann der Gold⸗ und Silbermünzen, insoweit solche der Zollbehandlung unter⸗ zogen wurden, betrug im Jahre 1873 in der Einfuhr 38,006,116 Fl., in der Ausfuhr 23,056,981 Fl., im Jahre 1874 in der Einfuhr 19,349,268 Fl., in der Ausfuhr 19,528,932 Fl.; was mithin ein Minus in der Einfuhr mit 18,656,848 Fl., in der Ausfuhr mit 3,528,049 Fl. zeigt. Der Werth des Gesammtverkehrs bezifferte sich im Jahre 1873 mit 61,063,097 Fl., im Jahre 1874 auf 38,878,200 Fl., also im letzteren Jahre mit 22,184,897 Fl. weniger. Der be⸗ rechnete Zollbetrag belief sich für Ein⸗ und Ausfuhr im Jahre 1874 auf 20,723,901 Fl., um 5,483,850 Fl. weniger als im Vorjahre.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Berlin. Das Bestreben, in weiteren Kreisen der Stadt das Interesse an der Geschichte Berlins von seinem Uranfange an zu wecken und lebendig zu erhalten, dem seit über 10 Jahren der Ver⸗ ein für die Geschichte Berlins seine erfolgreiche Thätigkeit wid⸗ met, wird demnächst ein neues publizistisches Unternehmen in's Leben rufen. Unter dem alten Zeichen der Stadt wird vom April ab „Der Bär, Berlinische Blätter für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde“ erscheinen, herausgegeben von George Hiltl und Ferdinand Meyer und unter Mitwirkung von Dr. Brecht, Stadtarchivar Fidicin, Theodor Fontane, Geh. Reg.⸗Rath Frhr. Dr. v. Ledebur, Geh. Hofrath Lonis Schneider u. A. m. Die Namen dieser Männer, deren erfolgreiche Bestrebungen auf dem historischen Gebiete bekannt sind, bieten eine Bürgschaft für das Gedeihen des Unternehmens. „Der Bär“ wird in vierzehntägigen Zwischenräu⸗ in Starke von 1— 1 ½ Bogen erscheinen und für das Vierteljahr 1 M.

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Nachdem die Kgl. bayerische Regierung den Abbruch des Petersthores in Regensburg genehmigt hat, soll mit der Demolirung desselren schon in den näͤchsten agen begonnen wer⸗ den. Zwei bemerkenswerthe Steirne vom Petersthor sollen nach einer vom Bürgermeister Stobäus in der Magistratssitzung abgege⸗ benen Erklärung dem historischen Vereine zugestellt werden, auch wird der Magistrat das Thor photographiren und die Photographie genanntem Verein zukommen lassen.

In der Nr. 2 des „Correspondenzblattes“ der deutschen Geschichts⸗ und Alterthumsvereine macht der Verwaltungs⸗ ausschuß derselben bekannt, daß als Ort der diesjährigen General⸗ versammlung Detmold definitiv bestimmt wurde. Schon auf der Generalversammlung zu Speier im vorigen Herbst war jene Stadt in Folge einer von dort ergangenen Eintadung an erster Stelle in Aussicht genommen worden, doch wurde die Beschlußfassung hier⸗ über von Seiten des Verwaltungsausschusses verschoben bis der Magistrat von Detmold die Bereitwilligkeit zur Aufnahme der Generalversammlung unlängst durch ein Einladungsschreiben kundgab.

Der ordentliche Honorarprofessor Dr. Nobbe in Leipzig feierte am 2. März sein 60 jähriges Doktorjubiläum und empfing von der F kultät durch eine Deputation, die Professoren der Phil. Zarncke, derzeitiger Dekan, Dr. Fleischer und Geheimer Rath Roscher die Glückwünsche zur Feier des im 84. Lebensjahre erlebten Festes.

Dr. Emil Tietze aus Wien macht eine wissenschaftliche Forschungsreise in Persten. Ein anderer Deutscher aus Hester⸗ reich, Dr. Richard v Drasche, wird im Sommer 1875 eine Reise nach Ostasien antreten; sein spezielles Reiseziel bilden Kamtschatka und Japan. Zuvor will er die vulkanischen Inseln Mauritius und Réunion im indischen Ocean geologisch erforschen und späterhin na⸗ mentlich den Vulkanreihen auf Kamtschatka seine besondere Aufmerk⸗ samkeit zuwenden.

Der Senat der Universität Cambridge hat ein Syn⸗ dikat ernannt, welches in zahlreichen bevölkerten Orten nach einem ge⸗ wissen Systeme wissenschaftliche Vorlesungen organisiren sollte. Dieser Plan hat allgemein Anklang gefunden. In dem ersten Se⸗ mester, im Jahre 1873 74, zogen nur drei Städte, Nottingham, Derby und Leicester, Vortheil aus diesem Plane, in dem darauf fol⸗ genden schon sieben und in dem letzten Semester folgende sechszehn Centralplätze: Nottingham, Derby, Leicester, Lincoln, Chesterfield, Leeds, Bradford, Reighly, Halifax, Sheffield, Stoke⸗on⸗Trent, Han⸗ ley, Newcastle, Burslem, Liverpool und Birkenhead. Es wurden an diesen Orten Vorlesungen gehalten über Nationalökonomie, englische Verfassungsgeschichte, englische Literatur, Logik, physische Geographie, Geologie, Astronomie, Optik und Spektralanalyse.

Aus Rom vom 19. Februar wird geschrieben: „Vor einiger Zeit ist in Pisa eine angebliche neue Statue von Michel An⸗ gelo's Hand aufgetaucht. Dieselbe befindet sich im Besitze des Grafen Rosselmini⸗Gualandi und wurde bisher durchwegs dem Dona⸗ tello zugeschrieben. Da aber der Professor Salvini von der dortigen Akademie, nachdem er die Statue genauer untersucht hatte, sie mit Entschiedenheit als ein Werk Michel Angelo's bezeichnete, so hat der Besitzer eine Kommission aus sieben Mitgliedern, und zwar aus sechs Professoren und Sachverständigen aus Florenz und dem Direktor der Accademia di Belle Arti in Pisa bestehend, zur Untersuchung der Sache berufen. Das Urtheil dieser Kommission ist der Uebertragung auf Michel Angelo als Urheber günstig. Die Statue stellt den Täufer Johannes dar und hat eine Höhe von 1 Meter und 35 Centimeter. Die Gestalt stützt sich auf das linke Bein und wendet auch den Kopf etwas nach links; in der linken Hand hält sie eine Honigwabe, wäh⸗ rend die rechte den auslaufenden Honig mit einer Schale auffängt und zum Munde führt. Ein von der Schulter herabhängender Le⸗ derriemen hält das bekannte Schaaffell, welches die Hüften des Jüng⸗ lings umgürtet und den Baumstamm berührt, an den das Bein sich lehnt. Ueber die in Betracht kommende Frage drückt das Gutachten der Kommission sich in folgender Weise aus: Man schreibt seit lan⸗ ger Zeit die Statue dem Donatello zu, dem ja auch Michel Angelo in seiner ersten Zeit gefolgt ist. Die weichere Art der Behandlung, die genaueste anatomische Durchführung, die Eleganz der Contouren, Eigenschaften, welche so lebhaft an den „Bacchus“ und an den „Da⸗ vid“ erinnern, zeigen jenen speziellen Charakter, der uns veranlaßt, das Werk einstimmig dem Michel Angelo zuzuschreiben.“

Im wesftlichen Flügel der Advokaten⸗Bibliothek in Edinburgh brach am Dienstag ein Feuer aus, durch welches ca. 1000 Bände, hauptsächlich geographischen, historischen und heraldischen