Budgetkommission im Uebrigen unverändert zu genehmigen empfiehlt, soll den einmaligen Ausgaben folgender neuer Titel hinzugefügt werden: „Zu Bauten im Geschäftshause des Hauses der Abgeordneten und zwar zu einem Anbau an die Bibliothek und zur neuen Einrichtung der Glaseindeckung des Sitzungs⸗ saales: 69,500 ℳ“
Das Haus trat diesem Vorschlage bei. — Dann trat das Haus in die Berathung des Etats der Eisenbahnverwaltung ein; auf eine Anfrage des Abg. Dr. Hammacher erklärte der Handels⸗ Minister Dr. Achenbach, daß eine Uebersicht über die Betriebs⸗ resultate der Staatsbahnen für 1873 baldigst vorgelegt werden solle. — Ueber die Ausschließung des nichtreisenden Publikums von den Wartesälen und Perrons beschwerte sich der Abg. Windthorst (Bielefeld) und wurde darin von dem Abg. Windt⸗ horst (Meppen) unterstützt; die Abgg. Rickert und Dr. Ham⸗ macher, sowie der Ministerial⸗Direktor Weishaupt traten jedoch für die Nothwendigkeit dieser Maßregel ein. Im Uebrigen wur⸗ den die Einnahmen und Ausgaben anstandslos bewilligt; doch wurde die Berathung der Ausgaben nicht beendet.
1 — In der heutigen (24.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher am Ministertische der Vizepräsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗ und Finanz⸗Minister Camp⸗ hausen, der Handels⸗Minister Dr. Achenbach, der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Falk und mehrere Kommis⸗ sarien beiwohnten, wurde die zweite Berathung des Staats⸗ haushalts⸗Etats für 1875 und zwar zunächst die des Eisenbahn⸗Etats fortgesetzt. Der Abg. Schmidt (Sagan) beschwerte sich über die ungleichmäßigen Vorschriften, welche hin⸗ sichtlich der Retourbillets bei den verschiedenen Bahnen bestehen. Der Abg. Miqcquel erklärte sich gegen die von dem Abg. Schmidt gewünschten Erleichterungen bezw. der Retourbillets, weil dadurch die Einnahmen der Bahnen noch mehr verringert würden. Auch der Ministerial⸗Direktor Weishaupthielt die Vorschläge des Abg. Schmidt für nicht durchführbar. Abg. Dr. Hammacher richtete die Auf⸗ merksamkeit auf die Stellung des Staates zu den Privatbahnen, für welche er die Zinsgarantie übernommen hat und brachte in dieser Hinsicht verschiedene Beschwerden vor. Von dem Abg. von Benda wurde der Ausbau der Nordbahn durch den Staat empfohlen. Die Initiative in dieser Angelegenheit müßte noth⸗ wendigerweise die Regierung ergreifen und dem Hause eine Vor⸗ lage machen. Der Handels⸗Minister Dr. Achenbach erklärte, die Regierung sei mit der Erwägung beschäftigt, ob sie bei dem Verkaufe der Nordbahn als Käufer auftreten solle, und ant⸗ wortete sodann dem Abg. Dr. Hammacher, gegen dessen Aus⸗ führungen namentlich in Bezug auf die Berlin⸗Stettiner Bahn sich auch Abg. Schmidt (Stettin) wandte. In Angelegenheiten der Nordbahn sprachen noch die Abgg. Kieschke, Dr. Loewe, Dr. Petri, Richter (Sangerhausen) und Windthorst (Meppen). Bei Kap. 33 der dauernden Ausgaben (Centralverwaltung und Eisenbahn⸗Kommissariate) befürwortete der Abg. Lipke die Beaufsichtigung der sämmtlichen Eisenbahnen durch das Reich und die Annahme folgenden Antrages: 1 Kap. 33 der dauernden Ausgaben zwar zu bewilligen, zugleich aber auszusprechen: a. daß die weitere gesetzliche Regulirung und Beaufsichtigung des gesammten Eisenbahnwesens durch das Reich ein dringendes Bedürfniß ist, b. daß die Verbindung des Amtes eines Eisenbahn⸗Kommissars mit dem eines Eisenbahn⸗Direktors nicht ver⸗ räglich erscheint. Der Handels⸗Minister Dr. Achenbach erklärte sich gegen diese Resolution. Der Abg. Donalies wünschte die Herstellung eines direkten Güterverkehrs mit Rußland, und richtete die Aufmerksamkeit auf die in dieser Hinsicht seitens des Vorstandes der Königsberger Kaufmannschaft längst geäußerten Wünsche. Der Re⸗ gierungs⸗Kommissar, Geh. Regierungs⸗Rath Rapmund, versprach, daß die Regierung die von dem Abg. Donalies angeregten Fra⸗ gen im Auge behalten werde. Der Abg. Windthorst (Meppen) erklärte sich gegen die von dem Abg. Lipke befürwortete Resolution hauptsächlich aus dem Grunde, weil sie zu allge⸗ mein gehalten sei. Nachdem hierauf noch die Abgg. Miquel und Lipke für die Resolution eingetreten waren und der Han⸗ dels⸗Minister Dr. Achenbach sich nochmals gegen dieselbe erklärt hatte, wurde dieselbe bei Schluß des Blatts in ihrem ersten Theile (Punkt a.) abgelehnt, in ihrem zweiten Theile (b.) an⸗ genommen.
6 — In der Woche vom 14. bis 20. Februar 1875 sind geprägt worden an Goldmünzen: — Mark Doppel⸗ ronen, 3,182,800 Mark Kronen; an Silbermünzen: 1,423,775 Mark 5⸗Markstücke, 1,067,095 Mark 1⸗Markstücke, 212,260 Mark 60 Pf. 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 133,751 Mark 5 Pf. 10⸗Pfennigstücke, 107,487 Mark 80 Pf. 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 29,741 Mark 95 Pf. 2⸗Pfennigstücke, 27,741 Mark 60 Pf. 1⸗Pfennigstücke. Vorher waren geprägt: Goldmünzen: 884,540,800 Mark Doppelkronen, 232,986,870 Mark Kronen; an Silbermünzen: 14,314,085 Mark 5⸗Mark⸗ stücke, 38,306,709 Mark 1⸗Markstücke, 11,226,323 Mark 40 Pf. 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 5,401,683 Mark 43 Pf. 0⸗Pfennigstücke, 2,334,712 Mark 65 Pf. 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 2,149,473 Mark 47 Pf. 2⸗Pfennigstücke, 874,065 Mark 9 Pf. 1⸗Pfennigsücke. Mithin sind im Ganzen geprägt: ünzen: 884,540,800 Mark Doppelkronen, 236,169,670 1 onen; an Silbermünzen: 15,737,860 Mark 5⸗Mark⸗ stücke, 39,373,804 Mark 1⸗Markstücke, 11,438,584 Mark — Pf. 20⸗ Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 5,535,434 Mark 68 Pf. 10⸗Pfen⸗ nigstücke, 2,442,200 Mark 45 Pf. 5⸗Pfennigstücke; an Kupfer⸗ münzen: 2,179,215 Mark 42 Pf. 2⸗Pfennigstücke, 901,806 Mark 69 Pf. 1⸗Pfennigstücke. Gesammtausprägung: an Goldmünzen: 120,710,470 Mark; an Silbermünzen: 66,550,248 Mark — Pf.; an Nickelmünzen: 7,977,635 Mark 13 Pf.; an Kupfermünzen: 3,081,022 Mark 11 Pf.
— Durch den Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr 1875 ist ie Errichtung von 21 neuen Richterstellen — und zwar 18 beim Stadtgericht in Berlin, 2 beim Kreisgericht in Posen, 1 beim Kreisgericht in Schroda — sowie von 3 neuen Gehülfen⸗ stellen bei den Staatsanwaltschaften in Breslau, Danzig und Altona in Aussicht genommen. Es liegt, wie das Justiz⸗Mini⸗ sterialblatt mittheilt, im dienstlichen Interesse, diese Stellen, sobald dieselben durch den Etat definitiv genehmigt sind, alsbald zu besetzen und wird deshalb denjenigen Justizbeamten, welche sich um dieselben bewerben wollen, die schleunige Ein⸗ reichung ihrer Gesuche nach Maßgabe der allgemeinen Ver⸗ fügung vom 20. März 1874 (Just. Minist. Bl. S. 86) anheim⸗ gegeben.
— Zur Beglückwünschung des in St. Petersburg garniso⸗ nirenden Kaiserlich russischen Leib⸗Husaren⸗Regi⸗ ments, welches am 3. d. M. das hundertjährige Jubi⸗ läum seines Bestehens beging, war vom Garde⸗Husaren⸗Regi⸗ ment in Potsdam der Masor v. Krosigk nach St. Petersburg
1— gesandt worden. Am Festtage langte an das Offizier⸗Corps
stellt sei, werden könnten, die „Jahrtage“ aber an und für sich in Bälde
“ .
des Garde⸗Husaren⸗Regiments folgende Depesche des Comman⸗
deurs des russischen Leib⸗Husaren⸗Regiments an: St. Petersburg, den 3. März 1875. Potsdam, Garde⸗Husaren!
Das Leib⸗Husaren⸗Regiment sendet seinen innigsten Dank den braven Kameraden aus den tapferen Garde⸗Husaren für ihre herz⸗ lichen Glückwünsche zum heutigen Fest. Wir freuen uns, heute Abend bei unserer Husaren⸗Zusammenkunft mit Major v. Krosigk auf das Wohl unserer preußischen Kameraden trinken zu können.
Baron von Mayendorff.
— Der General⸗Major von Kloeden, Inspecteur der Infanterie⸗Schulen, hat sich behufs Inspizirung der Unteroffizier⸗ Schulen zu Jülich und Ettlingen auf Dienstreisen begeben.
— Der Sitz des Königlich preußischen Untersteueramts zu Herbern im Haupt⸗Amtsbezirke Münster wird vom 1. April d. Is. ab nach Drensteinfurt verlegt.
Der Königlich bayerischen Aufschlag⸗Einnehmerei Schil⸗ lingsfürst, Hauptamtsbezirks Nürnberg, ist die Funktion einer Uebergangssteuerstelle mit den unbeschränkten Befugnissen einer solchen übertragen worden.
Die Großherzoglich hessischen Uebergangsstraßen von Offstein nach Obrigheim, sowie von Offstein nach Groß
Niedesheim sind aufgehoben worden. e
— Die Hafengesellschaft (barbour company) in Blyth hat in den letzten Jahren wesentliche Verbesserungen in der Hafen⸗ einrichtung des Ortes veranlaßt, so daß da, wo vor 12 Jahren Schiffe von nicht über 300 Tonnen Größe kaum anzulegen ver⸗ mochten, gegenwärtig Segelschiffe von 600 bis 700 Tonnen Größe und von 15 bis 16 Fuß Tiefgang, sowie Dampfer bis zu 1000 Tonnen Größe bequem laden und löschen können. Auch Kohlenschiffe finden jetzt in Blyth zu Verfrachtungen nach den verschiedensten Gegenden Gelegenheit.
Bayern. München, 4. März. Se. Majestät der Kö⸗ nig ließ am 1. d. den Stiftsprobst Dr. v. Döllinger zu sei⸗ nem 76. Geburtstag, welchen derselbe an diesem Tage feierte, beglückwünschen.
— Die Kammer der Abgeordneten hat heute die erste Lesung des 168 Artikel umfassenden Gesetzentwurfs bezüg⸗ lich der Rechtsverhältnisse der Militärbeamten vollendet und be⸗ schlossen, daß am kommenden Montag zur zweiten Lesung ge⸗ schritten werden solle. Der Abgeordnete Freiherr von Fuchs hat sein Referat an den Finanzausschuß über den Hauptetat der Militärverwaltung für 1875 vollendet, ebenso der Abgeordnete Edel jenes über den Gesetzentwurf, Ausscheidung der Zuständig⸗ keiten der Polizei⸗Direktion und des Magistrates München bezüg⸗ lich der Polizei⸗ und Distriktsverwaltung. Auf die unter Lärm und anhaltendem Gelächter der rechten Seite verlesene Interpellation Dr. Sepps wegen Entlastung der Kirche von den unausführ⸗ baren ferneren Stiftungen (s. unten) auf dem Wege der Administration wird der Kultus⸗Minister Lutz nächste Woche antworten. Auf die Interpellation Ponschabs wegen Erhaltung des Lokal⸗Cen⸗ tralbahnhofes in Ingolstabt wird der Minister⸗Präsident von Pfretzschner in nächster Sitzung Antwort ertheilen. Die nächste Sitzuug wird am künftigen Montag stattfinden.
Die Interpellation des Abg. Dr. Sepp geht, nach der „Allg. Ztg.“ dahin: ob die Staatsregierung auch ferner allen Meß⸗, Jahrtags⸗ und ähnlichen frommen Stiftungen so ohne weiteres die Genehmigung ertheilen wolle, nachdem festge⸗ daß die gestifteten Messen bei weitem nicht gelesen
einschlafen. In der Motivirung wird hervorgehoben, daß sogar eine päpstliche Bulle bestehe, welche gestattet, von 100 (bezahlten) Messen nur 10, von 10 nur eine zu lesen. Der Interpellant will wissen, ob die Staatsregierung die nöthige Entlastung der Kirche nicht lieber auf administrativem Weg vornehmen wolle.
Württemberg. Stuttgart, 2. März. Der evan⸗ gelische Synodus, das durch die 6 Generalsuper⸗ intendenten des Landes verstärkte Königliche Konsistorium, hat heute seine Berathungen über die Vorlagen für die Landes⸗ synode geschlossen. Seine Berathungen galten zunächst einigen Aenderungen, vornehmlich liturgischer Art, die durch die Einfüh⸗ rung der Civilehe nothwendig geworden sind, sodann aber der großen organischen Gesetzesarbeit, durch welche eine Reform der evangelischen Kirchenverfassung beabsichtigt wird. Zwei Gesetze sind diesem Zwecke gewidmet, das eine beabsichtigt die Bildung selbständiger Kirchengemeinden, deren Organe gewisse finanzielle Befugnisse, wie die Umlage von Steuern, Verwal⸗ tung der kirchlichen Stiftungen u. s. w. in die Hand bekommen sollen, das andere geht auf die Ausgestaltung der Synodalver⸗
fassung.
Baden. Karlsruhe, 3. März. Schweizer Blätter lassen die Großherzogin von Baden auf ihrer Durchreise nach Rom mit Gefolge in Genf ankommen und im „Hotel de la Métropole“ absteigen. Es ist dies eine Verwechselung mit der Prinzessin Elisabeth, welche, wie gemeldet, am 23. v. M. eine Reise nach Italien zum Besuch der Städte Florenz, Rom und Neapel angetreten hat.
Mecklenburg. Schwerin, 5. März. Der Groß⸗ herzogliche Hof feiert heute den Geburtstag des Herzogs Wilhelm.
Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat an seinem Geburtstage sämmtlichen Kriegervereinen des Landes nachfolgendes Reskript zugehen lassen: „Friedrich Franz, von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg u. s. w. Wir haben Uns zur Förderung der von den Kriegervereinen Unseres Großherzogthums verfolgten Zwecke bewogen gefunden, jedem dieser Vereine aus dem von Uns gestifteten Invaliden⸗Unter⸗ stützungsfonds ein Kapital von 300 ℳ zu überweisen mit der Bestimmung, daß dies Kapital als eiserner Fonds des Vereins erhalten bleibe und ist den Ortsbehörden von Uns der Auftrag ertheilt, über die Innehaltung dieser Bestimmung zu wachen. Die Kommission zur Verwaltung des Invaliden⸗Unterstützungs⸗ Fonds hieselbst ist angewiesen, nach Maßgabe ihrer verfügbaren Mittel dem Kriegerverein zu N. N. die Summe von 300 ℳ durch Vermittelung der Ortsbehörde auszuzahlen. Gegeben durch Unser Ministerium des Innern. Gez. Friedrich Franz. — von Müller.“
Malchin, 2. März. Bei Eröffnung der heutigen Land⸗ tags⸗Sitzung bemerkt Landrath v. Rieben, daß die gestern abgebrochene Generaldebatte über die Stolgebühren wieder auf⸗ zunehmen sei, worauf v. Oertzen⸗Kotelow erwiderte, daß dieselbe bei den divergirenden Ansichten resultatlos bleiben werde, man möge die Vorlage an ein Comité geben. v. Oertzen⸗Roggow: Ob Stände nicht die Erwartung aussprechen wollten, daß die Regierungen noch auf diesem Landtage ein Einführungsgesetz zu dem Civilstandsgesetz vorlegen. Stegemann⸗Parchim: Man müsse abwarten, ob der Bundesrath nicht selbst die erforderlichen
da er sie in Aussicht ge
8 8
Ausführungsbestimmungen erlasse, stellt habe.
Nunmehr entspann sich eine lange Debatte, an welches Comité die Vorlage über die Stolgebühren gegeben werden solle. Schließlich wurde dieselbe an das zur Verwendung der Kriegs⸗ kosten⸗Entschädigung gewählte und durch 6 Personen verstärkte Comité gegeben.
Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 4. März. (L. Z.) Dem proponirten Entwurf des Straßen⸗ baugesetzes ist mit mehreren Modifikationen vom Landtage die verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt worden. Nach diesem Entwurfe gehen die zeither noch nicht überwiesenen Staatsstraßen im Allgemeinen auf die betreffenden Gemeinden über. Es haben jedoch die Kreise, so weit die Gemeinde zur Tragung der Last unvermögend ist, angemessene Beiträge zu leisten. Auch der Staat hat, jedoch nur nach Maßgabe der verfüglichen Mittel, eine desfallsige Verpflichtung bei Neubauten nach den seither bei dem Bau wichtiger Vicinalstraßen beobachteten Grundsätzen. See Aufhebung des einstweilen noch beibehaltenen Wegegeldes werden vorerst weitere Erörterungen angestellt. — Die landstän⸗ dische Berathung des Volksschul⸗Gesetzentwurfs, der 87 Artikel in sechs Abschnitten enthält, ist beendigt und solcher mit nicht unwesentlichen Modifikationen angenommen; die Publikation wird baldigst erwartet, so daß das Gesetz schon mit dem 1. April d. J. in Kraft treten kann. Die Organisation nach diesem Entwurf ist ähnlich, wie die in Weimar und Gotha. Die Schulgemeinde wird durch einen Ortsschulvorstand vertreten, welcher einen Vorsitzenden aus seiner Mitte wählt. Geistliche sind nicht gesetzlich geordnete Mitglieder des Schulvorstandes, können
2.
aber als solche gewählt werden. Die zweite Instanz wird durch das —
aus dem Landrath und dem Kreisschul⸗Inspektor bestehende Kreis
schulamt gebildet. In den größeren Städten tritt an Stelle des
Landraths der erste Bürgermeister und bildet mit dem Kreisschul
gehoben, die Wahl⸗ und Präsentationsrechte der Stadtgemein⸗ den aber erhalten. erweitert. Ein Antrag auf Revision des Lehrplanes für da Landesschullehrer⸗Seminar ist von dem Landtage angenommen
Inspektor den Stadtschulvorstand. Die Schulpatronate sind auf⸗ Die Einrichtung der Fortbildungsschulen . 1
Durch ein Gesetz vom 3. Februar 1875 sind die Gebühren der Zeugen und Sachverständigen erhöht und ist bei der Erhöhung
wesentlich auf den Zeitaufwand Rücksicht genommen. — Nach dem soeben veröffentlichten Rechenschaftsbericht des provisorische Vorstandes des Meiningenschen Landesvereins der Kaiser Wilhelms⸗Stiftung besteht dessen Vermögen in 47,307 Fl 35 Kr. Se. Hoheit der Erbprinz ist Protektor und Präsiden des Vereins. Es erhielten im Jahre 1872 71 Invaliden und
29 Hinterbliebene von Invaliden 3712 Fl. 4 Kr. und im Jahre
1873 80 Personen, unter ihnen 25 Wittwen, Unterstützungen.
Bremen, 3. März. (H. N.) Der Senat hat den Staatshaushaltsplan für 1875 der vielen vorgenommenen
Aenderungen halber nochmals übersichtlich zusammenstellen lassen,
und es ergiebt sich daraus ein Desizit. von nicht ganz einer halben Million ℳ, das durch den Rest der Ueberschüsse früherer
Jahre von 555,000 ℳ gedeckt wird. Eine höhere Abgabe von
Lustfuhrwerken und Pferden, meint der Senat,
wogen werden, werde aber nicht leicht 60,000 ℳ aufbringen ohne den Verkehr noch schlimmer zu belästigen, als das Weg geld. Ueber die von der Bürgerschaft gewünschte Verdoppelung der Hundesteuer ist die Steuerdeputation angewiesen, zu berich⸗ ten; ebenso über die Erhöhung der Wirthschaftsabgabe zum Be⸗ huf der Verminderung der Schenken, über welche der Senat schon vor dem Bürgerschaftsbeschluß eine Berathung angeord⸗ net hatte.
In der nämlichen Mittheilung an die Bürgerschaft kommt der Senat auf eine gegen die Generalschätzer gerichtete Anzeige des Dr. Adami in der Bürgerschaft zurück, wonach dieselben von Grundeigenthum gesetzwidriger Weise sich zu Privatschätzun⸗ gen hergegeben haben sollten. Die Sache ist untersucht worden, und es hat sich herausgestellt, daß die genannten beiden Beam⸗ ten lediglich auf gerichtliche Requisition, wie sie nicht anders konnten, die gemeinte Schätzung vorgenommen haben. Der Senat fügt hinzu, er habe sich „für verpflichtet erachtet, zur
Genugthuung für die Gekränkten durch Mittheilung an die
Bürgerschaft dem wahren Sachverhalt dieselbe Oeffentlichkeit zu
geben, welche der Anschuldigung gegeben worden ist.“)
1
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 4. März. In der heu⸗
tigen Sitzung des Abge ordnetenhauses wurde der Antrag Neu⸗ wirths, allen Abgeordneten zu gestatten, den Verhandlungen des Eisenbahn⸗Ausschusses beizuwohnen, angenommen. Der Antrag Czajkovsky’'s auf Erbauung von Sekundärbahnen in Nordost⸗Galizien wurde nach dessen Begründung dem Eisenbahn⸗ Ausschusse zugewiesen.
brachten Bedenken. Nachdem noch Plener gesprochen, wurde der beantragte Uebergang zur Tagesordnung abgelehnt, wodurch auch die Anträge der Minorität abgelehnt erscheinen, und wurde das Eingehen in die Spezialdebatte beschlossen.
— 5. März. (W. T. B.) Der Kaiser wird, wie das „Neue Fremdenblatt“ meldet, unmittelbar nach Ostern mit dem Erzherzoge Rudolf die Reise nach Dalmatien antreten. Seine Ankunft in Triest ist für den 31. d. in Aussicht genommen, die Zusammenkunft mit dem König Victor Emanuel soll in Brindisi stattfinden.
8
8 8
8
In der Fortsetzung der Debatte der Gebäudesteuer richtete der Finanz⸗Minister in längerer Rede einen dringenden Appell an das Haus, in die Spezialdebatte einzugehen und entkräftete alle gegen den Gesetzentwurf vorge-
8
mit großer Majorität
— Wie das „Tageblatt“ meldet, ist der Vertheidiger Ofen⸗
heims, Dr. Neuda, wegen seines Verhaltens gegen den Han⸗
dels⸗Minister Banhans von der Advokatenkammer zur Diszi⸗ plinaruntersuchung gezogen worden.
Pest, 4. März. Das Kaiserliche Handschreiben an den Finanz⸗Minister v. Ghyczy hat folgenden Wortlaut:
Lieber v. Ghyczy! In Folge der Dienstesresignation Meines un⸗ garischen Ministeriums und über Ihr eigenes Ansuchen enthebe Ich Sie hiermit von der Stelle des Landes⸗Finanz⸗Ministers.
Vor einem. Jahre haben Sie diese Stelle mit selbstverläugnender Opferwilligkeit übernommen. 8
Indem Sie nun mit dem erhebenden Bewußtsein, Ihre patrio⸗ tische Pflicht treu erfüllt zu haben, ins Privatleb en zurücktreten,
wünsche Ich vom Herzen, daß Sie diesen schönsten Lohn ihrer treuen
und ausgezeichneten Dienste noch durch eine Reihe von Jahren ge⸗ nießen mögen; gleichwie es Mein lebhafter Wunsch ist, daß, soferne es die öffentlichen Angelegenheiten erfordern, Sie denselben im In⸗ teresse des Thrones und Vaterlandes Ihre weise Unterstützung und Mitwirkung auch fernerhin nicht gänzlich entziehen wollen. Budapest, am 2. März 1875. Franz Joseph m. p.
— Das in den Sitzungen des ungarischen Reichsraths am 3. d. M. von dem Minister⸗Präsidenten Baron Wenckheim ver⸗
lesene Programm lautet vollständig:
„Die Regierung hält es für ihre erste Aufgabe, den Staatshaus⸗ halt und in Verbindung damit die Landesverwaltung zu regeln. 1) Mit Rücksicht auf die Erreichung dieses Zieles hält sie es vor
Allem für nothwendig, zuerst auch innerhalb des Rahmens des gegen⸗
wärtigen Systems die möglich 2 Sparsamkeit ohne Gefährdung der Aufgaben des Staates durchzuführen;
2) vom Centrum angefangen bis zur Gemeinde hinab, die im engeren Sinne genommene Administration zu regeln und in Verbin⸗ dung damit die Finanzverwaltung und einige Agenden der Instiz⸗ pflege innerhalb gewisser Grenzen und betreffs bestimmter Angelegen⸗ Lene zu regeln, damit die Harmonie in der Verwaltung zu Stande omme, und die Reduktionen in größerem Maßstabe durchgeführt wer⸗ den können;
3) die Modifikation der Prvsr Fordeung. des Konkursverfahrens, der Exekutoreninstitution, die Regelung des Disziplinarverfahrens und andere ähnliche Verfügungen, um dahin zu wirken, daß die Justiz⸗ pflege im Allgemeinen rascher und besser werde und auch den Stuats⸗ schatz in geringerem Maße belaste;
14) die Regelung des Eisenbahnwesens im Allgemeinen, die zweck⸗ mäßigere Eintheilung unserer Eisenbahnen, die Vereinigung der kleineren, die Ordnung der Tariffrage und eine zweckmäßigere Kon⸗ trole, damit dadurch die Zinsengarantiesumme kleiner werde;
5) die Regelung der Frage der öffentlichen Arbeiten, damit der Staatsschatz auch auf diesem Wege von einem Theile seiner Aus⸗ gaben entlastet werde; 1
6) die Steigerung der Einnahmen ohne Erhöhung der Steuersätze
a. durch Verfügungen, welche die Schädigung des Aerars bei den bestehenden Steuern und Gefällen verhindern;
b. durch die Steigerung der Rentabilität der Staatsbahnen — wenn nicht anders möglich — durch theilweise oder ganze Verpach⸗ tung derselben; 8
c. durch eine zweckmäßigere Verwaltung der Staatsforsten;
d. durch eine derartige Verwaltung der Bergwerke, der bei ein⸗ tretender Möglichkeit zu verkaufenden oder zu verpachtenden Eisen⸗ werke, der Kohlenbergwerke und Fabriksunternehmungen, daß sie den Staatsschatz wenigstens nicht belasten.
Außerdem betrachtet es die Regierung als ihre Aufgabe, daß sie
7) die Domestikalkassen ins Leben rufe die, wenn sie auch bei
dem gegenwärtigen Stande der Staatskasse den Staatsbürgern neue Lasten auferlegen, gleichzeitig den Anforderungen der Autonomie entsprechen und der so nothwendigen Sparsamkeitsrichtung bis in die untersten Verwaltungsschichten Geltung verschaffen; 8) indem sie das bezüglich des Zoll⸗ und Handelsbündnisses ge⸗ setzlich gegebene Recht unverzüglich zur Geltung bringt, dahin zu wirken, daß auch insolaage, bis die verwickelte und binnen Kurzem nicht zu lösende Frage des allgemeinen Zollsystems erledigt werden könnte, die auf die Verzehrungssteuern bezüglichen, im Interesse des ungarischen Staatsschatzes gelegenen und der Billigkeit und Gerechtigkeit ent⸗ sprechenden Verfügungen getroffen werden;
9) indem sie die Bankfrage sofert in die Hand nimmt, dieselbe, dem von Niemandem in Zweifel gezogenen Rechte und den Interessen des Landes entsprechend, möglichst bald zu lösen;
10) zur Refundirung, resp. zur Tilgung des 153⸗Millionen⸗ Anlehens einen Vorschlag betreffs Verwerthung der Staatsgüter vor⸗ zubereiten.
— „Hon“ theilt über die neuen Minister ausführliche biographische Angaben mit, denen wir Folgendes entnehmen:
Koloman Tisza, der neue Minister des Innern, ist am 10. Dezember 1830 zu Geszt im Biharer Komitat geboren als Sohn des Obergespans⸗Stellvertreters Ladislaus Tisza, der ihm und seinen drei Brüdern eine sorgfältige Erziehung zu Theil werden ließ. Im Jahre 1848 wurde Koloman Tisza, welcher der reformirten Konfession angehört, im Kultus⸗Ministerium verwendet. Hierauf reiste er auf andert⸗ halb Jahre ins Ausland und kehrte nach Geszt zurück, wo er sich in gänz⸗ licher Zurückgezogenheit seinen Studien widmete. Seine öffentliche Wirk⸗ samkeit begann er auf konfessionellem Gebiete, wo er als Hülfskurator des Groß⸗Szalontaer Kirchendistriktes eine Rede gegen das Patent vom 1. September 1859 hielt, welche von entscheidender Wirkung war. Im Jahre 1861 wurde er mit Akklamation zum Reichstagsabgeord⸗ neten der Stadt Debreczin gewählt und als solcher auch zum Vize⸗ Präsidenten des Hauses. Nach dem Ableben des Grafen Ladislaus Teleki übernahm er und Ghyczy die Führerschaft der „Beschlußpartei“. Während des Provisoriums nahm er an dem öffentlichen Leben nur auf publizistischem Gebiete Theil. 1865, wie seither stets, sendete ihn die Stadt Debreczin einstimmig als ihren Repräsentanten in den Reichstag. Seit 1867 ist er auch Oberkurator des reformirten Kirchendistrikts jenseits der Donau.
Der Präsident des Abgeordnerenhauses Béla Perczel, der das Justizportefeuille übernimmt, wurde am 15. Juni 1819 zu Börzsöny im Tolnaer Komitat geboren. Er war seit 1840 in verschiedenen richterlichen und Vecwaltungsämtern thätig und wurde zuerst 1863, und darauf 1867, 1869 und 1872 in das Unterhaus gewählt, welches ihn 1872 zum ersten Vize⸗Präsidenten und darauf, als Bitto Minister wurde, zum Präsidenten wählte; er hat auch eine Zeit lang dem Deak⸗Klub präsidirt.
Thomas Pechy, der neue Minister für Kommunikation, ist 1829 zu Räsmark geboren, wurde 1867 Vizegespan des Abaujer Ko⸗ mitats und 1868 ins Unterhaus gewählt.
Baron Ludwig Simonyi, der neue Minister für Handel und Ackerbau, ist 1824 zu Tarnopal in Galizien geboren, wo sein Vater als Oberst in Garnison stand; kaum 24 Jahre alt, wurde er 1848 im Kis⸗Jenöer Bezirk zum Abgeordneten gewählt, der ihn auch 1862 wieder in den Reichstag schickte.
Koloman Szell, der neue Finanz⸗Minister, ist am 8. Juni 1843 zu Goßtony im Eisenburger Komitat geboren; seit 1868 hat ihn der St. Gottharder Wahlbezirk ins Unterhaus geschickt.
— Die „Pester Korrespondenz“ schreibt: Die Wirkung der gestrigen gemeinsamen Konferenz beider großen Parteien und der so imposant vollzogen Fusion und Konstituirung der libe⸗ ralen Partei ist eine außerordentliche und allseitig fühlbare. Unter dem Eindrucke dieser Konferenz hielten heute die Anhänger des Grafen Lonyay eine Berathung, welcher, auf An⸗ suchen der Partei, Lonyay beiwohnte. Einige dreißig Abgeord⸗ nete waren erschienen, ebenso viele abwesende Abgeordnete er⸗ klärten brieflich, den Beschlüssen der Partei sich in jeder Hinsicht anzuschließen. 3
Graf Lonyay führte aus, daß er zwar das Finanzprogramm der neuen Regierung nicht billigen könne, sowie er die von der Regierung bezüglich der nächsten Agenden aufgestellte Reihen⸗ folge nicht für richtig hält. Er halte es aber deshalb nicht für nothwendig, eine besondere Partei zu bilden. Er werde der neuen Partei zwar nicht beitreten und einen unabhängigen Standpunkt einnehmen, er könne aber keineswegs sich der Sennyey⸗Partei anschließen, da er seine dreißigjährige Vergangen⸗ heit, die ein ununterbrochener Kampf für den Liberalismus ge⸗ wesen, nicht verläugnen könne. Er ersuche seine Freunde, nach ihrer eigenen Ueberzeugung vorzugehen, er wolle Niemanden binden. Lebhafte Zustimmung folgte diesen Worten. Die Anwesenden, mit Ausnahme eines Abgeordneten, beschlossen hierauf, sich der liberalen Partei anzuschließen.
Es ist außer Zweifel, daß auch jene Mitglieder der früheren Majorität, welche eine zuwartende Stellung einnahmen, sich un⸗ bedingt anschließen werden, und die Regierung sodann von einer imposanten, kompakten einheitlichen Partei von 330 bis 350 Mit⸗ gliedern unterstützt wird. 1 3
— 5. März. In der heutigen Sitzung des Unterhauses wurde der ehemalige Finanz⸗Minister Ghyczu zum Präsidenten gewählt.
Belgien. Brüssel, 5. März. (W. T. B.) Der Erz⸗ bischof Deschamps von Mecheln würde, wie das „Jour⸗
nal de Bruxelles“ wissen will, in dem am 15. d. M. in Rom stattfindenden Konsistorium zum Kardinal ernannt werden.
. Großbritannien und Irland. London, 4. März. Die Königin empfing gestern auf Windsor den japanischen Gesandten, der seine Akkreditive überreichte. Dann wurde der Monarchin der Major Robert Stuart anläßlich seiner Ernennung zum Agenten und General⸗Konsul bei Hayti und St. Domingo vorgestellt. — Der Prinz von Wales gab gestern in Marl⸗ borough House ein Diner, bei welchem Graf Beust, Mr. Disraeli, Graf und Gräfin Sydney, sowie mehrere andere Mitglieder der hohen Aristokratie zugegen waren. — In Prussia House, dem deutschen Botschaftshotel, fand gestern ein diplomatisches Diner statt, bei welchem der französische Botschafter, Graf Jarnac, mit seiner Gemahlin, der Earl von Roßlyn, Viscount und Viscounteß Torrington, Viscounteß Combermere, Lady Malesworth, Lord Colville und andere Personen von Distinktion die Gäste des Grafen Münster waren.
— Die „Times“ meldet die Ernennung von Mr. Pope Hennessy, dem bisherigen Gouverneur der Bahama⸗Inseln, zum Gouverneur en chef der windwärtsgelegenen Inseln (Barbadoes, St. Lucca, St. Vincent, Grenada und Tabago) an Stelle von Mr. Rawson, dessen Amtszeit am 20. April abläuft.
— 5. März. (W. T. B.) Unterhaus. Der Präsident des Handelsamtes, Adderley, erklärte auf eine bezügliche Anfrage Price's, er werde demnächst die diplomatische Korrespondenz mit den auswärtigen Mächten über Einführung einer inter⸗ nationalen Schonzeit für den Seehundsfang im ark⸗ tischen Meere vorlegen. Er bezweifele, daß im Laufe dieses Jahres noch die Schonzeit allgemein eingeführt werde und hoffe vorläufig nur auf deren Einführung für Grönland. — Göschen stellte zu der Bill über den Stellentausch in den Regi⸗ mentern der Armee ein Amendement, wonach im Falle eines Stellentausches keinerlei Entschädigung gezahlt werden soll. Das Amendement wurde nach langer Berathung mit 282 gegen 186 Stimmen abgelehnt. — Von Smyth wurde eine auf Aufhebung 28 8 zwischen England und Irland gerichtete Vorlage ein⸗ gebracht.
— 6. März. (W. T. B.) Bei der Nachwahl zum Parlament in Norwich wurde der liberale Kandidat Tillette gewählt. In Saint Ives hat die konservative Partei ihren Kandidaten Praed durchgebracht.
Frankreich. Paris, 5. März, Mittags. (W. T. B.) (Telegramm der „Agence Havas“.) Die Verhandlungen mit dem linken Centrum darüber, daß auch ein Mitglied der Mi⸗ norität in dem neuen Kabinet Platz finde, sind gestern abgebrochen worden. Buffet soll in diesem Punkt sowohl, wie auch in Betreff der anderen auf die Zusammensetzung des neuen Ministeriums be⸗ züglichen Fragen sich neuerdings mit dem Marschall⸗Präsidenten in Einverständniß befinden, hat aber auf die Durchführung des Auftrages zur Bildung des neuen Kabinets verzichtet und mit dem Marschall⸗Präsidenten seit gestern keine weitere Unterredung Unter den verschiedenen Gruppen der Linken finden
esprechungen statt, um zu einer Einigung betreffs der Minister⸗ frage zu gelangen.
— 5. März, Abends. (Telegramm der „Agence Havas“.) Buffet und Dufaure sind, nachdem der Letztere prinzipiell zu⸗ gestanden hat, daß auch die Minorität der Nationalversammlung in dem neuen Kabinet vertreten sei, aufs Neue mit ein⸗ ander in Verhandlung getreten, um sich definitiv über ein politisches Programm, namentlich in Bezug auf die Maires und den Personenwechsel im Verwaltungspersonal zu verständigen. Der Marschall⸗Präsident hat heute Nachmittag mit Buffet und später auch mit Dufaure eine Unterredung gehabt. Dem Ver⸗ nehmen nach will Buffet dem ihm ertheilten Auftrage zur Bil⸗ dung eines neuen Kabinets sich nur dann aufs Neue unter⸗ ziehen, wenn er mit Dufaure über das Programm zu einem vollständigen Einverständniß gelangt ist. Ueber die für das neue Ministerium in Aussicht genommenen Persönlichkeiten hat bis jetzt noch keine Erörterung stattgefunden.
Versailles, 5. März. (W. T. B.) Die National⸗ Versammlung setzte die Berathung über das Gesetz, be⸗ treffend die Freigebung der Fabrikation und des Handels mit Dynamitpulver fort, vertagte die Weiterberathung desselben aber dann auf Montag.
Dänemark. Kopenhagen, 5. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Folkething wurde der An⸗ trag der Linken berathen, daß die Regierung in geheimer Sitzung über ihr Verhalten gegenüber dem Aus⸗ lande Aufklärung geben solle. Der Führer der Linken, J. A. Hansen, begründete den Antrag und stellte denselben als von einem Entgegenkommen gegen die Regierung zeu⸗ gend dar. Der Konseils⸗Präsident Fonnesbech erblickte in dem Antrage hingegen einen regierungsfeindlichen Eingriff in die Administrative und erklärte sich zu der gewünschten Aufklärung nur dann bereit, wenn die Form des Antrages geändert werde. Seitens des Ministeriums wurde ferner darauf hingewiesen, daß die beantragte Aufklärung in geheimer Sitzung so aufgefaßt werden könne, als ob die Regierung die Oeffentlichkeit und das Tageslicht zu scheuen Ursache habe; dies sei aber durchaus nicht der Fall, die Beziehungen der Regierung zum Auslande könn⸗ ten nur als durchaus gute und freundliche bezeichnet werden und auch für die Zukunft scheine der politische Horizont von keinerlei Gewitterwolken bedroht. Nach längerer, zum Theil heftiger Diskussion, wurde dann einstimmig ein vermittelnder Antrag an⸗ genommen, wonach, um die ursprüngliche Form des Antrages zu ändern, eine aus 9 Mitgliedern bestehende Kommission nieder⸗ gesetzt werden soll.
Amerika. Mit Bezug auf die Revolution in Monte⸗ video theilt der „Buenos Ayres Standard“ vom 1. Februar mit:
„Den blutigen Wahlen für den Stadt⸗Sherif am 10. Januar folgte in der Nacht des 14. ein Pronunciannento auf Seiten von acht Majoren, die Bataillone der Garnison befehligen. Am nächsten Morgen fanden die Bürger den großen Platz von Truppen und Ar⸗ tillerie besetzt; Präsident Ellauri floh und suchte eine Zuflucht an Bord eines britischen Kriegsdampfers. Don Pedro Varela wurde unverzüglich zum provisorischen Präsitdenten gewählt. Die Affaire verlief ohne Unordnung oder Blutvergießen. Die Stadt Plieb indeß einige Tage in großer Furcht, bis man sah, daß der neue Präsident fest etablirt war, worauf die Banken und Läden wieder geöffnet wurden. Der 29. Januar wurde zu einem allgemeinen Feiertage dekretirt. Der erste Akt der neuen Regierung war, die Emission von 3,000,000 Dollars in 10⸗Cent⸗ oder 20⸗Centnoten zu sanktioniren, da der Mangel an Kleingeld seit einiger Zeit große Unbequemlichkeit in der Argentinischen Republik verursachte. Sonst trug sich nichts von Wichtigkeit zu. — Nach Berichten aus Buenos⸗ Ayres haben daselbst anti⸗religiöse Kundgebungen stattgefunden.
— Aus Jamaika wird dem „Globe“ gemeldet, daß auf die Nachricht von der Verhaftung und Einkerkerung des Dr. Pigott, eines britischen Unterthanen in Colon, die dortige Marinebehörde
sofort die Schrauben⸗Korvette „Dryad“ dahin absandte, um den Fall zu untersuchen und die Freilassung von Dr. Pigott zu erwirken. Afrika. Aegypten. Alexandrien, 5. März. (W. T. B.)
Die aegyptische Regierung läßt erklären, daß es sich bei
der neuerdings erfolgten Aufnahme von 5 Millionen Pfd. Sterl.
nicht um den Abschluß einer neuen Anleihe handle. Diese Ope⸗
ration bezwecke nur eine Erneuerung der verfallenen Bonds und
Tratten zu bewerkstelligen, so daß die Bestimmung des Ver⸗
trages von 1873, nach welchem der gegyptischen Regierung die
Aufnahme einer neuen n ersagt werde, durch dieselbe nicht verletzt werde. “
Das Kursbuch der Deutschen Reichs⸗Postver⸗ waltung. März 1875, ist soeben im Verlage der Königlichen Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei (R. v. Decker) in vier Theilen erschienen. Dieselben umfassen die bis zum 1. März resp. mit dem⸗ selben Tage eintretenden Aenderungen in dem Gange der Eisenbahn⸗, Post⸗ und Dampfschiff⸗Verbindungen Der Gesammtinhalt ist fol⸗ gender: 1. Theil: Nordöstliches Deutschland, Dänemark, Schweden, Norwegen und Rußland; 2. Theil: Südöstliches Deutschland, Oesterreich⸗Ungarn, Türkei und der Orient; 3. Theil: Nordwestliches Deutschland, Niederlande, Belgien, Luxemburg und England; 4. Theil: Südwestliches Deutschland, Tirol, Schweiz, Italien, Frankreich, Spanien und Portugal. Jedem dieser Theile ist eine Zusammen⸗ stellung beigefügt, in welcher die Fahrpläne der von Berlin ausgehenden Eisenbahnen, die Rundreise⸗Touren, sowie Tabellen über Wegemaßze, Münzen und Zeitunterschiede enthalten sind. Durch das neue Format in 4 to wird einerseits der Vor⸗ theil erreicht, daß die Eisenbahn⸗Fahrpläne größerer Routen möglichst übersichtlich auf einer Seite dargestellt werden können, was bei dem bisherigen kleinen Format nicht thunlich war, so gewährt andererserts das bei Darstellung der Fahrpläne beobachtete System, wonach die Namen der Stationen nur einmal aufgeführt, links derselben die Abgangszeiten für die Tonrreise und rechts solche für die Retourreise (von unten nach oben zu lesen) angegeben sind, außer der Raumersparniß eine wünschenswerthe Uebersicht der An⸗ kunft und der Rückfahrt der Züge für jede Station. Für die so dar⸗ gestellten Fahrpläne ist außerdem eine größere Klarheit dadurch erreicht, daß die Nachtstunden (von 6 Uhr 2 Min. Abends bis 528 früh) überall durch einen starken Strich unter den Minutenzahlen bezeichnet sind. Jeder Theil des Kursbuches wird auf dem farbigen Titel⸗ blatte eine Skizze der Eisenbahnlinien enthalten, deren Pläne den Inhalt bilden. Außerdem sind auch an geeigneten Stellen der vier Theile des Werkes Slizzen eingefügt, welche die Lage der Bahnhöfe bei bedeutenderen Städten, wie Berlin, Hamburg, Frankfurt a. M., Wien ꝛc., anschaulich machen. Man braucht sich nur immer denjenigen Theil zu kaufen, dessen man bei der Richtung der Reise bedarf.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Die im Verlage von Mitscher und Röstell hierselbst er⸗ schienene interessante Sammlung von „Stammbuchblättern des norddeutschen Adels“ von Ad. M. Hildebrandt ist mit der soeben ausgegebenen 2. Lieferung, enthaltend die Namen von „Ko⸗ now“ bis „Wolpen“, vollständig geworden. Wir gedenken auf das Werk später ausführlicher zurückzukommen.
— Zu Blüssen bei Schönberg ward eine kleine, seltene Streitaxt auf dem Felde beim Pflügen gefunden. Die sonst wohl geformte und erhaltene Streitaxt ist aus jungem, grauen Sandstein, ein sehr sel⸗ tener Fall. Das Schaftloch ist noch nicht ganz fertig; es ist von beiden Seiten kegelförmig angebohrt.
— In der Bibliothek des Kreisgerichts zu Branden⸗ burg a. d. H. befinden sich 109 Foliobände von den Akten des ehemaligen Brandenburger Schöppenstuhles aus der Zeit von 1450 — 1806. Diese alterthümlichen Schriftdenkmäler enthalten neben manchem Unbedeuten⸗ den vieles der Beachtung Werthe. Zunächst sind sie die beste Quelle zur Geschichte des Schöppenstuhles selbst, in jenen Zeiten namentlich, wo derselbe, als der höchste Gerichtshof im Lande, eines hohen Ansehens genossen hat. Ferner kamen bei demselben interessante Rechtsfälle vor, wie z. B. viele Hexen⸗ und Zauberei⸗Prozesse, die Tödtung eines Hamburgers durch einen Hamburger auf der Insel Island, die Erbtheilung der beiden Töchter des Feldmarschalls von Derfflinger gemäß des in Abschrift beigefügten Testamentes desselben, die vielen Verbrechen zur Zeit des dreißigjährigen Krieges u. s. w. Ueberdies vermag manche adelige Familie ihren Stammbaum daraus zu er⸗ gänzen oder durch weitere Zeugnisse zu erhärten.
— Der bisherige Professor am Polytechnikum in Darmstadt Dr. Fr. Kohlrausch ist zum ordentlichen Professor der Physik in der philosophischen Fakultät der Universität Würzburg ernannt worden.
— Eine Beilage unserer heutigen Nummer bringt nähere Mit⸗ theilung über die neue (dritte) Auflage von Meyers Konversa⸗ tions⸗Lexikon in 15 Bänden. Wir benutzen diese Gelegenheit, unsere Leser auf das anerkannt gute Werk aufmerksam zu machen. Das heftweise Erscheinen erleichtert auch weiteren Kreisen die An⸗ schaffung bei allmählicher Zahlung. .
— Am 2. d. M. starb in London der Bildhauer Birnie Philip im Alter von 48 Jahren. Zu seinen Hauptwerken gehören das Podium des Prinz Albert⸗Denkmals im Hydepark, Architektur und Skulptur darstellend und aus 87 lebensgroßen Figuren bestehend, ferner die Geologie, Geometrie, Rhetorik und Philosophie repräsen⸗ tirenden Figuren des Denkmals, der Baldachin der St. Georgskapelle in Windsor, das Krim⸗Monument in Westminster und acht der Sta⸗ tuen in der Königlichen Gallerie des Westminsterpalastes. Der Ver⸗ storbene lieferte auch eine große Anzahl der Skulpturen für die Aus⸗ schmückung des neuen Foreign Office, darunter die kolossale Statue der Königin auf der Fagçade.
Am 3., Nachmittags 4 ½ Uhr, haben in; Kufstein heftige Erderschütterungen stattgefunden.
8 Land⸗ und Forstwirthschaft.
Die diesjährige große internationale Pferdeausstel lung, welche in den Tagen vom 23. bis 25. Mai in Stettin ab⸗ gehalten werden wird, versprichtlihre Vorgängerinnen an Betheiligung Sei tens der Pferdezüchter ꝛc. in hohem Maße zu übertreffen. Die An⸗ meldungen zu derselben sind bereits so zahlreich eingegangen, daß schon jetzt angenommen werden kann, daß das werthvollste Materig in diesemn Jahre sich dort vereinigen wird. Mit der Ausstellung ist auch gleichzeitig wiederum eine große Pferdeverloosung verbunden.
— In Belgien ist unterm 20. Februar d. J. ein Gesetz pu- blizirt worden, „urch welches die Regierung ermächtigt ist, durch König⸗ lichen Beschluß die Ein⸗ und Durchfuhr der Kartoffeln derjeni 8 gen Herkunft und über diejenigen Grenzen, welche sie bezeichnen wird, zu verbieten, um die Einschleppung der dem Anbau jener Knollen⸗ frucht schädlichen Insekten zu verhindern. Sie ist gleicherweise er⸗ mächtigt, durch Königlichen Beschluß die Maßregeln anzuordnen, welche die Befürchtung dieser Einschleppung durch Stoffe oder Gegen⸗ stände, die mit den Kartoffeln verdächtiger Herkunft in Berührung gekommen sind, nöthig machen kann.
Verkehrs⸗ 3 8
Dem Geschäftsbericht der Weser⸗Dampfschleppschiff⸗ fahrts⸗Gesellschaft ist zu entnehmen, daß die Einnahmen im vergangenen Jahre 22,165 Thlr., die Ausgaben 21,436 Thlr., der Reingewinn also 729 Thlr. betrugen. Die Aktionäre erhalten nichts⸗ destoweniger 5 % Dividende aus früheren Ersparnissen und dem Re⸗ servevonds herrührend. In den 19 Jahren des Bestehens der Gesell⸗ schaft Fbet das Geschäft eine Durchschnittsdividende von 4 ¾⅜ % ab⸗ geworfen. ö11“ 114“