1875 / 75 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 31 Mar 1875 18:00:01 GMT) scan diff

silbernen Geräthen, nämlich zwei Schüsseln und einem kleinen Napf, die am 20. Januar d. J. am Abhange eines kleinen Berges bei dem Orte Arten nächst Fonzaso in der Provinz Belluno aus⸗ gegraben wurden. Die eine Schüssel hat einen Durchmesser von 20 ¾ Zoll und wiegt 5 Pfund 13 Loth; die zweite Schüs⸗ sel hat einen Durchmesser von 10 Zoll 10 Linien und wiegt etwa 48 Loth Wiener Gewicht. Der Napf ist nur etwa 3 Zoll hoch mit 4 Zoll im Durchmesser. In der Mitte der ersterwähnten großen Schüssel ist ein rosettenartiger Stern mit 28 Spitzen, dem Anscheine nach ein byzantinisches Ornament eingravirt, der von zwei Parallelkreisen eingeschlossen ist. In das Band zwischen den beiden Kreisen ist folgende Rundschrift in latei⸗ nischen Unicalbuchstaben eingravirt: GEILAMIR REX VANDA- LORVM ET ALANORVM. Sowohl die Form der Buchstahen als auch der Wortlaut des Titels entsprechen vollständig den Urkunden und sonstigen Denkmalen jener Zeit, z. B. Münzen, deren eine das Brusthild des Gelimer mit der Unterschrift D. N. (Dominus noster) REX GAILAMIIB zeigt. Es ist anzunehmen, daß die Schüssel ein Erzeugniß des römischen Kunstgewerbes ist, und daß, nachdem sie in vandalischen Besitz gelangt war, die Inschrift zur Bezeichnung des nunmehrigen Eigenthümers 8 wurde. Der Boden der zweiten kleineren Schüssel ist mit einem Relief ausgefüllt, welches offenbar Venus und Adonis mit Amor darstellt. Die Ausführung ist nur handwerk⸗ lich, aber nach guten klassischen Vorbildern, und das Werk kann auch

älteren Uͤrsprungs als die erste Schüssel, vielleicht aus dem fünften oder vierten Jahrhundert sein. Der Napf zeigt keine Schrift und

kein Bild, und hat, nur ein kleines Randornament. Man erinnert sich gelegentlich dieser drei Objekte daran, daß Belisar nach der Er⸗ oberung von Karthago das Siegesmahl mit den Silbergefäßen des vertriebenen Vandalenkönigs Gelimer hielt, und daß nach dessen voll⸗

des Bankstatuts zu verwenden: 10 % von 67,771 Thlr., zur Ver⸗

ständiger Besiegung in der Schlacht bei Trikameron die gesammte von Geiserich in Italien gemachte Beute in die Hände der Sie⸗

ger fiel. Gewerbe und Handel.

In der gestrigen Generalversammlung der Chemischen Fa⸗ brik Oranienburg waren 132,500 Thlr. Aktienkapital mit 131 Stimmen vertreten. Geschäftsbericht und Bilanz pro 1874 kamen nicht zur Verlesung. Die Letztere schließt mit 63,686 Thlr. Verlust ab, in welchem aus dem Jahre 1873 noch circa 20,000 Thlr. mit enthalten sind. Der Antrag auf Reduzirung des Aktienkapitals durch Zusammen⸗ legung von zwei Aktien zu einer (von 430,000 Thlr. auf 215,000 Thlr.) und dem entsprechende Statutenänderung wurde einstimmig genehmigt und schließlich Hr. Stadtrath Kunz zum Aufsichtsrathe einstimmig wiedergewählt, das inzwischen kooptirt gewesene Mitglied, Banquier Fränkel, aber ebenso bestätigt.

Der Geschäftsbericht der Weimarischen Bank führt an, daß trotz des dauernden Weichens der Course und der dadurch be⸗ dingten Verluste und obgleich die Vorsicht geboten habe, Abschreibun⸗ gen im Brtrage von 30,200 Thlrn. vorzunehmen, eine Dividende von 5 ½ % vertheilt werden könne. Nach der Gewinn⸗ und Verlustrechnung beträgt der Gewinn pro 1874 511,202 Thlr. gegen 593,256 Thlr. im Vorsahre. Davon kommen in Abzug: für Zinsen und Geldeinlagen 80,929 Thlr., für Kosten der Staatsaufsicht 1400 Thlr. für Verwal⸗ tungskosten 97,761 Thlr., als Dividende von 5,000,000 Thlru. Aktien⸗ kapital à 4 % 200,000 Thlr., als Verlust an Werthpapieren 17,951 Thlr., als Abschreibungen 39,000 Thlr., zusammen 437,042 Thlr., und es verbleibt ein Reingewinn von 74,160 Thlrn., gegen 61,931 Thlr. im Vorjahre. Von diesem Gewinne sind gemäß §. 27

stärkung des Reservefonds 6777 Thlr., 10 % Tantième an die Mit⸗

glieder des Verwaltungsraths und die Direktion 6777 Thlr. Von den dann noch verbleibenden 60,605 Thlrn. sind gemäß Beschlusses des Verwaltungsraths % als Superdividende pro 1874 von 4,690,000 Thlrn. Aktienkapital mit 58,625 Thlr. an die Aktionäre zu vertheilen. Der verbleibende Ueberschuß von 1980 Thlrn. wird auf das Jahr 1875 übernommen. * Der soeben veröffentlichten Bilanz der Ostpreußischen Süd⸗ bahngesellschaft sind die folgenden Daten Sen Akriva:

Bauwerth 15,000,132 Thlr., neu ausgeführte Arbeiten 439,902 Thlr.,

Güterwagen 245,561 Thlr., im Prozeß mit Atrobus gerichtlich depo⸗ nirt 375,874 Thlr. und Bestand in Uhien und Döligationen 339, 800 Thlr. Die Passiven bestehen aus dem Aktienkapital von 9 Millionen T-2 eeen Thlr., amortisirten Obligationen 420,755 Thlr. Die Einnahmen betrugen 1,506,806 Thlr. G Summe wird folgendermaßen vertheilt: Betriebs⸗Ausgaben 758,739 8 Thlr., Amortisation von Obligat onen 346,340 Thlrn. Rücklagen zum Reserve⸗ und Erneuerungsfonds 162,798 Thlr. und 46,614 Thlr., für neue Güterwagen 28,061 Thlr, Remunerationen und Vortrag per 1875 11,752 Thlr. Der Rest von 157,500 Thlrn. welcher als Dividende auf 4 ½ Millionen Thlr. Stamm⸗Prioritäts ö —2 * 1 dem Ausfall eines schwebenden Pro⸗ es vertheilt werden. Der Reserve⸗ und Erneue f ö siches,n Eais Ehih. E rungsfonds beläuft Die Lyoner Blätter sprechen von einem neu erfundenen Gewebe, einem aus dem Flaum von Hühnern, Enten u. s. w. ver⸗ fertigten Tuche, 700 750 Gramm Flaum geben einen Quadratmeter Tuch, das leichter und wärmer als Wolle sei. Dieses Tuch lasse sich sehr leicht walken, in allen Schattirungen färben und sei wasserdicht. Die angestellten Versuche hätten die besten Erfolge gehabt.

Ueber den nächsten internationalen medizinischen Kongreß,

der in diesem Jahre am 19. September, Mittags, unter den Auspizien der Königlich belgischen Regierung im großen Saal der Akademie zu Brüssel eröffnet werden soll, erhalten wir nach⸗ stehende Mittheilung, deren Verbreitung wir uns gern ange⸗ legen sein lassen: E1“ Programm. Erste Sektion. bö“ pathologische Anatomie, 8 erapie). Erste Frage. Ueber Prophylaxis der Cholera. Referent: Dr. Lefebvre, Professor an der Universität zu Löwen. Frage. Ueber Alkohol in der Therapie. Referent Dr. Desguin in Antwerpen. Dritte Frage. Ueber die Einimpfbarkeit des Tuberkels. Referent: Dr. Crocy, Professor an der Universität zu Brüssel. Zweite Sektion. Chirurgie (einschließlich der Chirurgie auf dem Schlachtfelde und der Syphilis).

Erste Frage. Ueber die Anästhesie in der Chirurgie.

Referent: Dr. de Neffe, Professor an der Universität zu Gent. Ueber den Verband von Wunden nach

Zweite Frage. Operationen.

Referent: Dr. de Baisieux, außerordentlicher Professor an der Universität zu Löwen. Dritte Sektion. Entbindungen eeinschließlich der Frauen⸗ und

Kinderkrankheiten). 8

Frage. Ueber Entbindungsanstalten. 2. Referent: Dr. E. Hubert, Professor an der Universität zu Löwen. Vierte Sektion. Biologie. (Anatomie, Phvysiologie, verglei⸗ chende Anatomie). Erste Frage. Ueber die vaso⸗motorischen Nerven und die Art ihrer Thätigkeit. Referenten: Dr. Masius und Dr. van Lair, Professoren an der Universität zu Lüttich. Zweite Frage. Ueber den Werth der Experimente über künstliche Circulation.

Referent: Herr Heger, Professor an der Universität zu Brüssel. ünfte Sektion. Oeffentliche Medizin. (Hygienik, gerichtliche Medizin, medizinische Statistik). rste Frage. Ueber die Mittel zur Verhütung der schädlichen Wirkungen des Phosphor bei der Herstel⸗

lung desselben.

Referent: Dr. Crocq, Professor an der Universität zu Brüssel. Zweite Frage. Ueber die Organisation der öffentlichen

1 Gesundheitspflege. Referent: Dr. L. Martin, Präsident der medizinischen Kom mission in Brüssel. 1 Dritte Frage. Ueber Bierbrauerei. Referent: Herr Depaire, Professor an der Universität

Brüssel. Sechste Sektion. Augenheilkunde. Frage. Ueber Defekte des Sehvermögens vom militäri⸗ schen Standpunkte. Referent: Dr. Duwez in Brüssel. 1 Siebente Sektion. Ohrenheilkunde. Erste Frage. Ueber die Mittel, die Hörweite zu bezeich⸗ nen und die Einführung einer gleichförmigen Art der Bezeichnung dafür in allen Ländern. . Referent: Dr. Delst anche, Vater, in Brüssel. Zweite Frage. Ueber die Defekte des Gehörorgans vom militärischen Standpunkte. Referent: Dr. Delst anche, Sohn, außerordentlicher Professor an der Universität zu Brüssel. Achte Sektion. Pharmakolo ie. Zweite Frage. Ist es rathsam, die Anwendung der chemisch genau bestimmten Radikale in der Medizin weiter auszudehnen und die Zahl der betreffenden Prä⸗ parate in den Pharmakopöen zu vermehren? Referent: Hr. van Bastelaer, Mitglied der medizinischen Kommission im Hennegau, Apotheker in Charleroi.

Sekrionen einschreiben lassen. Bureaux (einen Präsidenten und zwei Sekretäre), später nehmen die einzelnen Sektionen die definitiven Wahlen (ein Präsident, zwei Vize⸗ Präsidenten, zwei Sekretäre) vor.

§. 6. Der Kongreß hält täglich zwei Sitzungen: Vormittags treten die Sektionen zu ihren Arbeiten zusammen. Nachmittags fin⸗ den Plenarversammlungen statt.

§. 7. Die Referenten, welche im Voraus von dem Comité er⸗ nannt worden sind, berichten in den Sektionssitzungen über die ihnen überwiesenen Fragen. Diese Berichterstattungen schließen mit vor⸗ läufigen Feststellungen, welche innerhalb der Sektionen in der von 8e e e ee2eg Berichten gewählten Reihenfolge näher besprochen erden. „Nach Beendigung dieser Aufgabe benutzen die einzelnen Sektionen ihre Zeit dazu, auf ihre Spezialitäten bezügliche Mittheilungen ent⸗ gegen zu nehmen, welche nicht im Programm aufgeführt sind. Die in den Sektionssitzungen angenommenen Beschlüsse werden der Plenarversammlung durch besondere, zu diesem Zweck erwählte Referenten mitgetheilt. §. 8. Die Plenarversammlungen dienen:

1) zur Besprechung allgemein interessanter medizinischer

1 Fragen, welche nicht im Programm aufgeführt sind; 1 Falls auch zu Debatten über die Sektions⸗ erichte. §. 9. Diejenigen Mitglieder, welche Mittheilungen über Gegen⸗ stände zu machen beabsichtigen, welche nicht im Programm aufgeführt sind, müssen dem Comité spätestens einen Monat vor Eröffnung des Kongresses davon Mittheilung machen. Das Comits entscheidet über die Angemessenheit der beabsichtigten Mittheilungen und bestimmt die Reihenfolge, in der sie gemacht werden sollen.

Die einem jeden Redner gestattete Zeit beträgt höchstens zwanzig Minuten, doch findet diese Bestimmung auf die Berichte der Refe⸗ renten keine Anwendung.

§. 10. In der ersten Sitzung nimmt der Kongreß die definitive Wahl seines Bureaus vor, welches aus einem Präsidenten, zwei Vize⸗ Präsidenten, einer unbestimmten Anzahl von Ehren⸗Vize⸗Präsidenten, einem General⸗Sekretär und zwei Protokollführern besteht.

§. 11. Alle dem Kongresse, sowshl in den Sektionssitzungen als in den Plenarversammlungen gehaltenen Vorträge, müssen dem Bureau eingereicht werden. Das Organisationscomité, welches seine Funktionen nach Schluß der Session, behufs Publikation der Ver⸗ handlungen des Kongresses, wieder aufnimmt, entscheidet über die theilweise oder vollständige Aufnahme oder die Nichtaufnahme der⸗ selben in den Bericht. I 12. Obgleich die französische Sprache diejenige ist, in welch r die Verhandlungen geführt werden, so können sich die Mitglieder des Kongresses bei ihren Vorträgen auch einer anderen Sprache bedienen. Sollte ein derartiger Wunsch ausgesprochen werden, so wird der In⸗ halt des Vortrages von einem der anwesenden Mitglieder der Ver⸗ sammlung kurz mitgetheilt. §. 13. Der Präsident führt den Vorsitz in der Versammlung und leitet die Debatten in der bei berathenden Versammlungen her⸗ kömmlichen Weise. Derselbe setzt, im Einvernehmen mit dem Bureau, die Tagesordnung fest. E §. 14. Studirende der Medizin erhalten Eintrittskarten, dürfen sich aber an den Debatten nicht betheiligen. . Das Comité ersucht die Redacteure medizinischer Zeitschriften aller Länder, dieser Mittheilung die schnellste und größtmöglichste Verbreitung geben zu wollen. Brüssel, 15. Februar 1875.)

Das Comits. Herr Vleminckx, Präsident der Academie de Modicine. Mitglieder: Herr Deroubaix, Vize⸗Präsident der Academie de Mädicine, Herr Bellefroid, früher Vize⸗Präsident der Academie de Médicine, Herr Crocg, früher Vize⸗Präsident der Academie de Modicine. General⸗Sekretär: Herr Warlomont, Titularmitglied der Academie de Modicine.

Alle auf den Kongreß bezüglichen Mittheilungen müssen an das Gen eral⸗Sekretariat (Dr. Warlomont, Brüssel) gerichtet werden.

Ars

Präͤsident:

öeö EEeu

Erste Frage. Ueber die Herstellung einer allgemeinen B harmakopöe. Referent: Hr. Gille, Professor an der Thierarzneischule zu

Cureghem. Geschäftsordnung.

§. 1. Der internationale medizinische Kongreß für 1875 wird unter den Auspizien der belgischen Regierung am 19. September um 12 Uhr Mittags im großen akademischen Saale im Museum in Brüssel eröffnet werden. .2. Dieser ausschließlich wissenschaftlichem Inter⸗

esse gewidmete Kongreß wird während einer Woche tagen.

. . 3. Der Kongreß besteht aus fremden und einheimischen Me⸗ dizinern, welche dem Comité ihren Beitritt angezeigt haben. Ihnen llein steht das Recht zu, sich an den Debatten zu betheiligen.

Die Mitglieder des Kongresses tragen keinen Antheil an den Kosten desselben. Sie brauchen nur die Summe von 12 Francs 50 Centimes einzuzahlen, wofür ihnen ein Exemplar des Berichtes über die während der Session vorgenommenen Arbeiten zmgeftelt werden wird. Die Mitglieder zahlen diese Summe bei ihrer Anmeldung, die übrigen Theilnehmer bei Empfang der Eintrittskarte. Meldungen von Mitgliedern werden vom 1. Juli ab entgegengenommen.

Eintragung und die Ausgabe der Eintrittskarten erfolgt am 18. September von 12 bis 5 Uhr, und am 19. von 9 Uhr Morgens bis 12 Uhr Mittags in den Räumen der Akademie im Museum.

5. 4. Die Arbeiten des Kongresses werden in acht Sektionen vorgenommen. (Siehe das Programm.)

§. 5. Bei Empfang der Eintrittskarten lafsen sich die Mitglieder des Kongresses auch bei derjenigen Sektion einschreiben, welcher sie anzugehören wünschen. Dasselbe Mitglied kann sich bei mehreren

se städtischen Volks⸗Bibliotheken Berlins haben, nach dem soeben erstatteten Berichte der Verwaltungsdeputation pro 1874, auch im vorigen Jahre einen erfreulichen Aufschwung genom⸗ men, da nicht nur die Zahl der Leser sich gegen das Vorjahr erheb⸗ lich vermehrte, sondern auch der Bücherbestand sich wieder um 6620 Bände vermehrte, 136 Bände wurden den Bibliotheken gratis über⸗ wiesen und der wissenschaftliche Verein stellte nochmals der Verwal⸗ tung ein Geschenk von 1000 Thlrn. zu. Einschließlich der im Laufe des vorigen Jahres eingerichteten beiden neuen Birliotheken zählt die Stadt jetzt 15 Volksbibliotheken mit 63,205 Bänden, von denen frei⸗ lich mehrere Hundert als gänzlich Phssseen zurückgestellt und neu be⸗ schafft werden müssen, obwohl die Bücher von den Lesern im Allge⸗ meinen gut gehalten werden. Der Eifer der Leser bei Benutzung der Bibliotheken wird von sämmtlichen Bibliothekaren gerühmt. Im Ganzen wurden von 13,595 Personen (5471 Gewerbtreibende, Kaufleute und Handwerker, 2639 Frauen, 2046 Studenten und Gymn siasten, 1357 Beamten, 1345 Arbeiter, 699 Lehrer, 38 Soldaten), 252,524 Bücher entnommen, deren gröͤßere Mehrzahl die deutsche Literatur behandel⸗ ten; auf jeden Leser kamen mithin gegen 20. Bücher. Am stärksten dotirt ist die VIII. Bibliothek mit 28,170 Bänden während sie in der Benutzung (4341 Bände) erst die sechste Stelle einnimmt, wo⸗ egen die neu eröffnete XV. Bibliothek mit ihren 1539 Büchern 2484 sätze machte. Die Einnahmen betrugen einschließlich des schon erwähnten Geschenks des wissenschaftlichen Vereins 8055 Thlr. 5 Sgr. 9 Pf., die Ausgaben 8043 Thlr. 22 Sgr. 10 Pf., so daß ein Baar⸗ bestand von 11 Thlr. 12 Sgr. 11 Pf. verblieb. Das Vermögen der Volksbibliotheken beziffert sich auf 11,000 Thlr.

Das Comité ernennt vorläufig die

zum Besten Ber a- 8 M k

un mer unter Mitwirkung der Königlichen Hof⸗Opernsängerin Frl. Lammert und der 9HH. 8 P.Oxemnsüne Concert in der Aula des Wilhelms⸗Gymnastums (Bellevuestraße 15), auf welches wir im Interesse der Sache aufmerksam machen. Das Eintrittsgeld ist auf 3 Mark festgesetzt.

Theater

Der aus den General⸗Intendanten v. Hülsen, v. Perfall und

v. Losn, sowie aus den Direktoren Woltersdorff und Rösicke zusam mengesetzte Direktorialausschuß des deutschen Bühnen⸗ vereins berieth am Mittwoch und Donnerstag in Leipzig die Vorlagen für die nächste Generalversammlung, di 1 Juni nach och Eeeranes berufen werden soll.

onferenz nahmen auch der orsitzende des Bühnen⸗Schiedsgericht Geh. Kabinets⸗Rath Dr. Tempeltey, und der 1 des eins, 8 8

„— Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl besuchte a Dienstag das Friedrich⸗Wilbelmstädtische Theater A* wohnte der Vorstellung bis zum Schlusse bei.

m Stadttheater findet heute die statt.

In Anbetracht der Verdienste, welche sich der Regisseur Hr. August Paetsch um die Aufführungen an dieser Bühne —— 8 derselbe gehörte zu den besten Kräften des Theaters hat die Di⸗ rektion ihm die letzte Vorstellung als Benefiz bewilligt. Es wird di .“ ut Hr. Barnay wir ein vom glänzendsten Erfolge gekrönte

Gastspiel im National⸗Theater am mit Paxaies beschließen. Verhandlungen wegen eines neuen Gastspiels haben leider zu keinem Resultat geführt. 8 Die zum Besten des Unterstützungsfonds des Vereins „Ber⸗ liner Presse“ projektirte Vorstellung im National⸗Theater wird am Sonnabend, den 3. April cr. stattfinden, und in derselben, wie bereits früher gemeldet, Shakespeare's „Kaufmann von Ve⸗ nedig“ mit Friedrich Haase als „Shylok“ zur Aufführung kommen. Der „Shylok“ gehört zu den Partien, welche der berühmte Künstler hier noch nicht gespielt hat, und giebt dem Meister auf dem Gebiet des Fein⸗Komischen die beste Gelegenheit, dem Berliner

ublikum sein Können auch im Genre der ernsten, scharf gezeichneten

haraktere zu beweisen. Die beliebte Darstellerin Fr. Marie Swoboda hat mit anerkennenswerther Bereitwilligkeit ihre Mit⸗ wirkung in der Rolle der E zugesagt.

Am 29. März feierte die 75jährige Schauspielerin am Kaiser⸗

lichen Hofburgtheater in Wien, Fr. Haizinger, ihr 60 jähriges Künstlerjubiläum und zugleich ihre 30jährige Mitgliedschaft am

Burgtheater. Der Kaiser von Oesterreich hat der Künstlerin in An⸗ erkennung ihres „rühmlichen Wirkens“ das goldene Verdienstkreuz mit

der Krone verliehen (die goldene Medaille für Kunst und Wissenscha besitzt sie bereits), und der Großherzog von Baden hat der Badenserin ein Armband in Diamanten mit seinem Bildniß übersandt.

Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Carl be⸗

suchte am ersten Oster⸗Feiertage die instruktive Soirée des Physikers A. Böttcher im Konzertsaal des Königlichen Spirsß esash

Am Sonntag, den 4. April, Mittags 12 Uhr, veranstalten des Baufonds des Küustlerhauses in Königlichen Kammermusiker Gebrüder Rüdeil

Link und G. Edler ein

In der Nacht vom 17. auf den 18. ist in Mittelitalien

eine starke Erderschütterung verspürt worden, welche in einigen Ortschaften Unheil angerichtet hat. So wird von Cesenatico berichtet: Der Thurm, auf welchem die Stadtuhr aufgestellt war, und mehrere Häuser sind eingestürzt, und der Glockenthum ist so beschädigt, daß er den Einsturz dreht und abgebrochen werden muß. Auch die Stadt⸗ mauer ist an mehreren Stellen eingefallen. Beinahe alle Häuser der Stadt sind mehr oder weniger beschädigt und viele werden abge⸗ tragen werden müssen. Sechs Personen sind durch Einbrechen von Stubendecken verletzt worden. gerieth natürlich in die größte Aufregung. Die Noth ist groß und 8 ü9 sich sofort ein Comité zur Anregung von Subskriptionen zum esten der und viele Häuser haben gestützt werden müssen.

Die ganze Bevölkerung von Cesenatico

Hülfsbedürftigen gebildet. Auch Cervia hat stark gelitten

Aus Ravenna schreibt man u. A.: Am 17. d. fand in ganz

Mittelitalien ein heftiges Erdbeben statt, dessen Kreise in unserer Stadt ihren hab wurden zahlreiche Gebäude beschädigt nnd eine unzählige Menge von Schornsteinen stürzte in die Kanäle herab; Menschenleben waren hier indessen keine zu beklagen. seinem Platze geblieben und nach glaubwürdigen Berichten giebt es im ganzen Städtchen kein einziges Haus, dessen und Risse sich die Bewohner auf die Straße, kamen. Cesenatico sowohl, als ein, wobei mehrere erhebliche Verwundungen vorgekommen sein sollen. In Cesena und zu Rimini wurden Leute erschlagen und im letztge⸗ nannten Orte stürzte der Rathsthurm ein, während das Dach der Domkirche so schwere Sprünge davontrug, daß man seinem Einstürzen noch entgegensieht. Ravenna gleichzeitig zwölf kleine und längst baufällige Häuser einge⸗ stürzt, welche außerhalb der Stadt standen. trug indessen nicht welcher in den letzten Tagen in ungeheuren Massen gefallen war und dessen Wucht die Dächer Zum Glücke kündigte sich durch ein heftiges Krachen der Wände an, so daß die Famillien, welche die zwölf Häuschen bewohnten, retten konnten.

Mittelpunkt gehabt zu haben scheinen. In Venedig

In Castiglione ist kein Schornstein auf

auern nicht Sprünge unbeschreiblicher Bestürzung warfen 1 als die ersten Stöße groß war die Verwirrung in Mezzano. In in Savignano stürzten die Kirchthürme

zeigten.

Ebenso

In der Nacht vom 19. zum 20. d. sind hier in

An diesem Unglücksfalle das Erdbeben die Schuld, sondern der Schnee,

jener Häuser nicht widerstehen konnten. die Katastrophe schon eine Weile vorher

sich noch rechtzeitig ins Freie

Berlin:

Redackeur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kessel). Druck W. Elsner ꝗVier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),

Königreich Preußen.

4prozentiges vormals Nassauisches Staats⸗Anlehen von 4,000,000 Fl. d. d. 29. November 1858.

Bei der am 16. d. M. stattgehabten zwölften Verloosung der artial⸗Obligationen des unter Vermittelung des Bankhauses der erren M. A. von Rothschild & Söhne in Frankfurt a. M. nego⸗

clirten, 4prozentigen vormals Nassauischen Staatsanlehens von 4,000, Fl. d. d. 29. November 1858 sind nachverzeichnete Nummern gezogen worden:

A. Zur Rückzahlung auf den 30. Juni 1875.

Litt. F. à 100 Fl.: Nr. 30 148 150 186 198 380 720 830 1337 und 1473. 10 Stück über 1000 Fl. = 1714 29 ₰.

Litt. G. à 200 Fl.: Nr. 318 659 730 917 930 939 1406 1571 1677 und 1771. 10 Stück über 2000 Fl. = 3428 57 ₰.

Litt. H. à 300 Fl: Nr. 64 256 281 561 819 und 874. 6 Stück über 1800 Fl. = 3085 71 ₰.

Litt. J. à 500 Fl.: 169 183 317 816 1237 1378 1687 1726 1825 1978 2558 2793 2838 3040 3057 3170 3335 3418 3766 und 3836. 20 Stück über 10000 Fl. = 17142 86 ₰.

Litt. K. à 1000 Fl.: Nr. 228 506 523 680 und 866. 5 Stück über 5000 Fl. = 8571 43 ₰. 8

Summa 51 Stück über 19800 Fl. = 33942 86

B. Zur Rückzahlung auf den 31. Dezember 1875.

Litt. F. à 100 Fl.: Nr. 174 181 187 310 369 398 399 400. 1296 und 1470. 10 Stück über 1000 Fl. =— 1714 29 ₰.

Litt. G. à 200 Fl.: Nr. 260 574 647 926 1132 1777 1802 1919 1947 und 1988. 10 Stück über 2000 Fl. = 3428 57 ₰.

Litt. H. à 300 Fl.: Nr. 124 128 764 und 896. 4 Stück über

Fl. = 2057 14 ₰.

Litt. J. à 500 Fl.: Nr. 168 290 373 522 746 747 856 919 1732 1752 1811 3178 3378 3391 3423 3484 3644 3935 4006 4045 4083 und 4107. 22 Stück über 11000 Fl. = 18857 14 ₰.

Litt. K. à 1000 Fl.: Nr. 244 510 634 796 und 882. 5 Stück über 5000 Fl. = 8571 43 ₰.

Summa 51 Stück über 20200 Fl. oder 34628 57 ₰.

Die Inhaber dieser Partial⸗Obligationen werden hiervon mit dem Bemerken benachrichtigt, daß sie die Kapitalbeträge, deren Verzinsung nur bis zum betreffenden Rückzahlungstermin erfolgt, sowohl bei dem Bankhause der Herren M. A. von Rothschild & Söhne in Eö“ a. M., als auch bei der Königlichen Regierungs⸗

auptkasse in Wiesbaden, sowie bei jeder anderen König⸗ lichen Regierungs⸗Hauptkasse, bei der Königlichen Staatsschulden⸗Tilgungskassezm Perzrin, bei der Khe g⸗ lichen Kreiskasse in Frankfurt u. M. und bei den König⸗ lichen Bezirks⸗Hauptkassen in Hannover, Lüneburg und Osnabrück gegen Rückgabe der Partial⸗Obligationen mit den dazu gehörigen nach dem 30. Juni 1875 fälligen 3 Zinscoupons Ser. II. Nr. 6— 8, vep. nach dem 31. Dezember 1875 fälligen 2 Zins⸗ coupons Ser. II. Nr. 7 und 8 nebst den Talons erheben können.

Die Beträge der etwa fehlenden, unentgeldlich mit abzuliefernden Zinscoupons werden von dem zu zahlenden Kapitale zurückbehalten.

Soll die Einlösung von dergleichen Obligationen weder bei dem vorgenannten Bankhause, noch bei der Königlichen Regierungs⸗Haupt⸗ kasse hier oder der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., sondern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden, so sind die betreffenden Obligationen nebst Coupons und Talons 14 Tage vor dem Verfall⸗ termine bei diesen Kassen einzureichen, von welchen dieselben vor der

Auszahlung an den Unterzeichneten zur Prüfung einzusenden sind. Verzeichniß der in früheren Verloosungen gezogenen noch nicht eingelösten Obligationen.

Rückzahlbar am 31. Dezember 1866: Litt. F. Nr. 559.

Rückzahlbar am 30. Juni 1873: Litt. F. Nr. 288 1547, Litt. G. Nr. 286 447, Litt. H. Nr. 254 682, Litt. J. Nr. 2500.

Rückzahlbar am 31. Dezember 1873: Litt. F. Nr. 436 499, Litt. G. Nr. 193 1132 1737, Litt. J. Nr. 177.

Rückzahlbar am 30. Juni 1874: Litt. F. Nr. 115 212 537 1201 1204 1400 1867, Litt. G. Nr. 506 1885 1948, Litt. H. Nr. 306, Litt. J. Nr. 524 1686 2740 3913 3918 4015, Litt. K. Nr. 214 580.

Rückzahlbar am 31. Dezember 1874: Litt. F. Nr. 45 177 446 666 1353, Litt. G. Nr. 24 919 1006 1070 1568 1574, Litt. H. Nr. 536, Litt. J. Nr. 117 1315 1606 1760 2700 2997 4160, Litt. K. Nr. 205 206 691. 1

Wiesbaden, den 22. März 1875

Der Regierungs⸗Präsident. v. Wurmb.

Nichtamtliches.

Frankreich. (Monatsübersicht für Februar.) Die Sitzungen der Nation alversammlung in Versailles sind wäh⸗ rend des Monats Februar von außergewöhnlicher Bedeutung ge⸗ wesen. Nachdem am letzten Tage des Monats Januar ein Amende⸗ ment des Deputirten Wallon, welches den Chef des Staates als Präsident der Republik bezeichnete, mit 353 gegen 352 Stimmen angenommen, und damit der erste Schritt zur Anerkennung der Republik als der desinitiven Staatsform Frankreichs gemacht war, setzte die Kammer am 1. Februar die Berathungen über die konstitutionellen Gesetze fort, und nahm nach eingehender Diskussion, welche erst am 2. Februar beendet wurde, mit 429 gegen 229 Stimmen ein von dem bereits genannten Deputirten Wallon gestelltes Projekt an, welches wie folgt lautet: „Der Präsident der Republik kann mit Zustimmung des Senats die Deputirtenkammer vor dem Ablauf ihrer legalen Dauer auflösen. In diesem Falle müssen die Neuwahlen binnen 3 Monaten aus⸗ geschrieben werden.’“’ Sämmtliche Fraktionen der Linken, mit Ausnahme einiger Mitglieder der äußersten Linken, so wie die Mehrzahl der Mitglieder des rechten Centrums, darunter na⸗ mentlich auch der Prinz von Joinville, die drei Herzoge Broglie, Decazes und Audiffret⸗Pasquier und der Chef des Kabinets, General Cissey stimmten für das Projekt Wallon. Am 3. Februar setzte die Kammer die Debatten über die konstitutio⸗ nellen Gefetze fort, und nahm beinahe ohne Diskussion die folgenden Art. 4—8 der sogenannten Konstitution Wallon an; am selben Tage beschloß sie mit 508 gegen 174 Stimmen zur dritten Lesung des ganzen Gesetzes überzugehen. Die Mino⸗ rität war bei dieser Gelegenheit durch die Mitglieder der äußersten Rechten und der Gruppe des „Appel au peuple“ ge⸗ bildet. Die Sitzungen am 4. und 5. Februar waren ohne Interesse, vom 6. bis 10. Februar vertagte sich die Kammer, am 11. Februar ging sie zur zweiten Berathung über das Senatsgesetz über. Ein Mitglied der äußersten Linken, Hr. Pascal Duprat, legte an diesem Tage ein Amendement vor, welches wie folgt lautete: „Der Senat ist wählbar. Er wird durch dieselben Wähler wie die Deputirtenkammer gewählt.“ Das Amendement wurde mit 322 gegen 310 Stimmen ange⸗ nommen. Die äußerste Rechte enthielt sich der Abstimmung; die gemäßigte Rechte und das rechte Centrum stimmten dagegen; sämmtliche Fraktionen der Linken, zu denen sich die Bonapar⸗

Erste Beilage

zeiger und Königlich Preußischen S aats⸗Anzeiger

Berlin, Mittwoch, den 31. März

tisten gesellt hatten, bildeten die Majorität. Am 12. Februar setzte die Kammer die Berathung über das Senatsgesetz fort. Zu Anfang der Sitzung verlas der Minister⸗Präsident, General de Cissey, eine Erklärung der Regierung, welche gegen den von der Kammer am vorigen Tage gefaßten Beschluß prote⸗ stirte. Die einzelnen Artikel des Senatsgesetzes wurden darauf nach kurzen Debatten angenommen; bei der Hauptabstimmung über das ganze Gesetz wurde jedoch die dritte Lesung desselben mit 368 gegen 345 Stimmen verworfen. Sämmtliche Fraktionen der Rechten stimmten gegen die dritte Lesung. Die Minorität war durch die Fraktionen der Linken gebildet. Ein Mitglied der äußersten Linken, Hr. Brisson, beantragte darauf die Auflösung der Kammer. Sein Vorschlag, den Hr. Raoul Duval (Appel au peuple) und Hr. Gambetta in einer sehr bemerkten Rede unterstützten, wurde mit 390 gegen 257 Stimmen verworfen. Die äußerste und die republikanische Linke, einige wenige Mitglieder des linken Centrums und die Bona⸗ partisten stimmten allein für die Auflösung. Die Kammer ver⸗ tagte sich darauf bis zum 15., nachdem sie durch Verwerfen der dritten Lefung des Senatsgesetzes auch das Inkrafttreten der so⸗ genannten Konstitution Wallon suspendirt hatte. In der Ab⸗ sicht, eine Versöhnung herbeizuführen, stellten die . Vau⸗ train und Waddington, gemäßigte Mitglieder des n und linken Centrums, neue Amendements zu dem Senatsgesetze. Die Berathung derselben wurde an die Kommission überwiesen. Die Sitzung vom 15. Februar wurde durch Geschäftsdebatten über die Revision von Pensionen ausgefüllt. Am 16. Februar interpellirte Hr. Lorgeril (äußerste Rechte) den Präsidenten Hrn. Buffet über die Verweisung der Vorschläge Waddington und Vautrain an die Kommission, indem er behauptete, der Art. 70 der Geschäfts⸗ ordnung gestatte diese Verweisung nicht. Der Admiral Saisset sprach in demselben Sinne. Der Präfident Buffet hielt jedoch seine Meinung aufrecht, und die Kammer ging, nach Beendi⸗ gung des Zwischenfalls und ohne ein Votum abgegeben zu haben, zur Tagesordnung über. Nach kurzer Sitzung vertagte sich die Kammer darauf bis zum 19. Februar. Die Debatten am 19. Februar waren ohne Interesse. In Erwartung, daß der Kammer ein neues Senatsprojekt vorgelegt werden könne, wurde eine neue Vertagung bis zum 22. Februar beschlossen. Am 22. Februar nahm die Kammer die Berathung über das Senats⸗ gesetz wieder auf. Der Berichterstatter, Hr. Antonin Lefevre⸗ Pontalis, las den Bericht der Kommission über die neuen Pro⸗ jekte der Deputirten Vautrain, Waddington, Cezanne und Wallon vor. Die Kommission erklärte sich mit keinem derselben ein⸗ verstanden. Auf Antrag des Hrn. Wallon und r der Ein⸗ sprache der vß. Depeyre und Jannivet (äußerste echte und Kppel au peuple) beschloß die Kammer die sofortige Debatte über den Bericht. Der Marquis de Castellane (gemäßigte Rechte) sprach in langer und heftiger Rede gegen die Dringlichkeit; auch gr. Raoul Duval (Appel au peuple) erklärte sich dagegen. Die ammer nahm jedoch das Amendement Wallon, ohne daß das⸗ selbe vertheidigt worden wäre, mit 422 gegen 261 Stimmen an. Dasselbe lautet, wie folgt: „Der Senat besteht aus 300 Mit⸗ gliedern, von denen 225 durch die Departements und die Ko⸗ konien und 75 durch die Nationalversammlung erwählt werden.“ Die Minorität bestand aus den Mitgliedern der äußersten und gemäßigten Rechten, aus einigen wenigen konservativen Mit⸗ gliedern des rechten Centrums und aus sämmtlichen Mitgliedern der Gruppe des „Appel au peuple“. Am 23. Februar wurde die Debatte über das Senatsgesetz fortgesetzt. Hr. Raoul Duval brachte eine Reihe von Amendements ein, die jedoch sämmtlich verworfen wurden, ohne daß sich ein Mitglied der Majorität (Fraktionen der Linken und rechtes Centrum) ernsthaft an der Debatte betheiligt hätten. Die verschiedenen Artikel des Pro⸗ jektes Wallon wurden darauf mit Majoritäten von 60 200 Stimmen angenommen. Einige Amendements zu den letzten Artikeln nöthigten jedoch die Nationalversammlung, den Schluß der Debatte auf den folgenden Tag zu vertagen. Am 24. Februar wurde darauf das Senatsgesetz als ein Ganzes mit 448 gegen 241 Stimmen angenommen. Gleich nach dieser Abstimmung ging die Kammer zur dritten Lesung des Gesetzes, betreffend die ganisation der öffentlichen Gewakten über. Hr. Raoul Duval stellte auch bei dieser Ge⸗ legenheit wieder eine lange Reihe von Amendements, die jedoch beinahe ohne Debatte verworfen wurden. Der Marquis de Larochejaquelin protestirte Namens der Legitimisten gegen das Gesetz. Der Artikel 2 des Projektes Wallon wurde dessenungeachtet mit 433 gegen 262 Stimmen angenommen. Am 25. Februar wurde die Debatte fortgesetzt. Die legitimistische Partei, durch H9. de la Se und Belcastel vertreten, erhob sich noch einmal gegen das Gesetz. Die Reden blieben ohne Wider⸗ legung; aber die Kammer nahm gleich darauf das ganze Gesetz mit 436 gegen 262 Stimmen an. Die Majorität bei dieser Ab⸗ stimmung war wiederum durch die Mitglieder der republika⸗ nischen und orleanistischen Kammerfraktionen gebildet, während⸗ dem die Bonapartisten und Legitimisten in der Minorität waren. Nach dieser äußerst wichtigen Abstimmung, welche Frankreich eine neue republikanische Verfassung gegeben hatte, nahm darauf die Kammer noch einen Bericht des Hrn. Savaͤry entgegen, welcher die Wahl des Hrn. von Bourgoing im Departement der Nièvre prüfte, und eine Anklageakte gegen die bonaparti⸗ ische Propaganda zur Wiederherstellung des Kaiserthums ent⸗ jelt. Nachdem die Kammer diesen Bericht, der häufig und lei⸗ denschaftlich unterbrochen wurde, mit angehört hatte, vertagte sie sich bis zum 1. März. 5 Am 3. Februar fand ein Empfang beim deuts chen Bot⸗ schafter statt, zu dem sich die Königin Isabella von Spanien, die Gräfin Girgenti, der Herzog und die Herzogin von Mont⸗ pensier, der Herzog von Chartres, die Prinzen von Nemours und Joinville, der Präsident der Republik und die Herzogin von Magenta, die hervorragendsten Mitglieder des diplomatischen Corps, viele hohe französische Civil⸗ und Militärbeamten und Privatpersonen von Distinktion eingefunden hatten. 28 Die neue Anleihe der Stadt Paris von 220 Millio⸗ nen Franken, welche im Monat Februar aufgelegt wurde, hatte einen sehr großen Erfolg. Der verlangte Betrag wurde 42²2 Mal überzeichnet. Die Totalsumme der gezeichneten Beträge betrug 9,336,800,000 Francs. Bei den Ersatzwahlen, welche am 7. und 21. Februar stattfanden, wurde im Departement Cotes du Nord der legiti⸗

mistische Kandidat de Kerjégu und im Departement der Seine⸗

*

1875.

et⸗Oise der republikanische Kandidat Valentin gewählt. Die bonapartistischen Kandidaten, die Herzöge de Feltre und de Padoue, unterlagen nach heftigem Wahlkampfe einer Majorität von nur wenigen Tausend Stimmen.

Der General von Wimpffen, welcher gegen Hrn. Paul de Cassagnac, Redakteur des „Payse, eine Anklage wegen Ver⸗ 8 läumdung erhoben hatte, wurde von dem Schwurgericht mit seiner Klage abgewiesen. Eine große Anzahl von französischen Generalen, welche in der Schlacht von Sedan thätig gewesen waren, wurden als Zeugen vernommen. Der Prozeß erregte sehr bedeutendes Aufsehen, und der Ausgang desselben wurde von der bonapartistischen Presse als eine vollständige Rehabili⸗ tirung des Kaisers Napoleon III. bezeichnet.

Der neu ernannte spanische Botschafter in Paris, Marquis de Molins, übergab seine Kreditive am 27. Februar und wurde an diesem Tage vom Marschall Mae Mahon empfangen.

Der Prinz Jérome Napolson, welcher beim Staats rathe die Wiederaufnahme seines Namens in die Armeelisten mit dem Range eines Generals beantragt hatte, wurde mit diesem Antrage zurückgewiesen.

Hr. Dahirel, ein hervorragendes Mitglied de legitimistischen Partei und einer der vorzüglichsten Redner derselben, starb am 6. Februar.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Im Hause der Abgeordneten sind noch 33 Regierungs⸗ vorlagen unerledigt, 8 derselben befinden stch in den Kommissionen. Von Interpellationen, Anträgen und Petitionen sind noch 30, von sonstigen Gegenständen 5 zu erledigen. .

Dem Hause ist neuerdings noch ein Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Herstellung der Grundbücher des Grund⸗ buchsamts Stickhausen vorgelegt worden, ferner eine Zusam⸗ menstellung der unter der Verwaltung der einzelnen Ministerien und unter Beaufsichrigung desselben stehenden Grundstücke in Berlin; es sind deren nahe an 400.

Gewerbe und Handel.

Berlin, 31. März. Gestern Vormittag Vereinshause, Niederwallstr. 11, der erste Schuhmacher⸗ tag der Provinz Brandenburg eröffnet. Anwesend waren etwa 60 Delegirte aus allen Theilen der Mark und etwa dreimal so viel Schuhmacher aus Berlin. Hr. Aßmann, Vorsitzender des hiesigen Luisenstädtischen Schuhmachervereins, begrüßte die Versammlung mit einer kurzen Ansprache. Nach der Konstituirung des Bureaus und Feststellung der Geschäftsordnung trat die Versammlung in die Tages⸗ ordnung ein. 1) Gründung eines Verbandes der Provinz Branden⸗ burg und dessen Organisation. Bei der Abstimmung kam nach⸗ stehender Antrag zur einstimmigen Annahme: „Die heutige Delegirten⸗ versammlung beschließt die Gründung eines Verbandes der Provinz Brandenburg und beauftragt die Berliner Innung im Verein mit den Berliner Lokalvereinen mit der Vorlegung eines Organisations⸗ planes.“ Der zweite Gegenstand der Tagesordnung betraf die „Neue deutsche Schuhmacher⸗Zeitung“, das Organ des Vereins selbst⸗ ständiger Schuhmacher Deutschlands. Die Diskussion beschränkte sich auf die Empfehlung des neuen Organs. Auf der Tagesordnung standen ferner noch die Gründung von Sterbe⸗ und Krankenunter⸗ stützungskassen, Gesellen⸗ und Lehrlingsfrage, Rohstoff⸗, Magazin⸗ und Produktivgenossenschaften, Beschränkung der Borgfrist, Zuchthaus⸗ arbeit u. 1 w.

In Leipzig trat am 28. März d. J. der dritte ordent⸗ liche Verbandstag der deutschen Gewerkvereine zu seiner ersten Hauptversammlung zusammen. Vertreten waren auf dem Ver⸗ bandstage die Gewerkvereine der Maschinenbauer, Fabrikarbeiter, Tischler, Maurer, Zimmerer, Schiffszimmerer, Porzellan⸗, Cigarren⸗, Leder⸗ und Stuhlarbeiter, Töpfer, Schneider, Lithographen und meh⸗ rere selbständige Ortsvereine. 1

Dem Berichte des Verbandsanwalts Dr. Max Hirsch über die Thätigkeit und Entwickelung des Verbandes der deutschen Gewerk⸗ vereine seit dem letzten Verbandstage im April 1873 entnehmen wir Folgendes: Trotz der ungünstigen Konjunkturen auf allen Gebieten des industriellen Lebens ist ein Rückgang bei den deutschen Gewerkvereinen nicht eingetreten; im Gegentheilhat die Organisation äußerlich wie innerlich stetig an Boden gewonnen. Im letzten Jahre hat der Verband 12 selbst⸗ ständige Vereine mit 700 Mitgliedern neu gewonnen, so. daß er jetzt 14 Gewerkvereine mit 345 Ortsvereinen und 22,000 Mitgliedern in allen deutschen Gauen, hauptsächlich aber in den östlichen preu⸗ ßischen Provinzen umfaßt. Die Fortschritte der inneren Entwickelung und praktischen Bethätigung der rganisation waren zufriedenstellend. Die Hülfskassen anlangend, so hatten die Kranken⸗ und Begräbniß⸗ kassen nach den Rechnungsabschlüssen pro 1873 in 315 Ortsvereinen rund 20,000 Mitglieder und 30,000 Thlr. Vermögen; sie vereinnahmten 65,000 Thlr. an Beiträgen und verausgabten 45,000 Thlr. Kranken⸗ und 4000 Thlr. Begräbnißgeld. Für 1874 sind naturgemäß von den weitverzweigten Arbeiterkassen nur erst wenige Abschlüsse eingegan⸗ gen; die vorliegenden zeigen aber wieder eine nicht unbeträchtliche Zu⸗ nahme und vornehmlich die gesicherte Lebensfähigkeit der Kassen durch das richtige Verhältniß zwischen Beiträgen und Leistungen. Die Verbands⸗Invalidenkasse hatte in den beiden letzten Jahren einen reinen Zuwachs von 86 Vereinen, 2588 Mitgliedern und 24,421 Thlr.; ihr Bestand bezifferte sich ult. 1874 auf 270 Vereine, 9474 Mitglie⸗ der und 45,000 Thlr. Vermögen. Ge enwärtig werden 22. invalide Mitglieder unterstützt. Fast ämmtliche Ortsvereine haben sich der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung als körperschaftliche Mitglieder angeschlossen, außerdem sind ein vielen Vereinen Fort⸗ bildungsschulen, Unterrichtskurse, Leseabende ꝛc. eingerichtet worden. An Preßorganen besitzen die Gewerkvereine den „Gewerkverein“, die „Ameise“ und die „Süddentsche Arbeiter⸗Zeitung“ in Nürnberg.

Der erste Gegenstand der Tagesordnung war das Referat des Schlossermeisters und Reichstagsabgeordneten Eduard Schmidt (Ham⸗ burg) über „Neue Innungen und Lehrlingswesen.“’ Nach einem Ueberblick über die Bedeutung und Lage des Gewerbestandes wies Redner den Vorwurf der Sozialdemokratie zurück, daß die Arbeiter nicht selbständig werden könnten, beleuchtete die Mißstände im gegen⸗ wärtigen Lehrlingswesen und kam schließlich auf den Kriegszustand zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu sprechen, welchem er durch die „neuen Innungen“, durch eine neue Organisation der gewerblichen Arbeit ein Ende zu machen gedenkt. Nach dem vor⸗

elegten Entwurfe können in diese neuen Innungen sowohl selbst⸗“ tändige Gewerbtreibende als auch ülfsarbeiter als Mitglieder eintreten; solchen Innungen, in welchen rbeitgeber und Arbeitnehmer gleicher oder verwandter Gewerbe sich zur Verhandlung gemeinsamer Angelegenheiten verbunden haben, kann von der Verwaltungsbehörde die Befugniß zur Errichtung von Innungegerichten und selbstandige gewerblichen Hülferafsen ertheilt werden. Zu den obligatorischene g

11 Uhr wurde im

meinfamen Angelegenheiten ge⸗, zren außerdem die Bildung dee Eini⸗ gungsamtes, die Regelung und Beaufsichti gung des Lehrlengswesens