1875 / 126 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 Jun 1875 18:00:01 GMT) scan diff

isorischen Anhaltischen Bahnhof, von wo um 9 ⁄⅞ Uhr die Abreise Sr Majestät des Königs von Schweden nach Dresden erfolgte. Nach einer kurzen Spazierfahrt durch den Thiergarten kehrten Se. Majestät in das Palais zurück und nahmen um 11 Uhr im Beisein des Stadtkommandanten militärische Meldungen ent⸗ gegen. kabinets durch die bezüglichen Kabinets⸗Chefs.

2. Juni. Se. Majestät der König von Schwedenun Norwegen empfing gestern vor der Besichtigung der Truppen eine Deputation der in Berlin ansässigen Schweden und Nor⸗ weger. Der Sprecher derselben, der Kaufmann Storjohann, übermittelte Sr. Majestät den unterthänigsten Gruß und den Ausdruck treuer Ergebenheit. Die ihr zugefallene Ehre erfülle die Deputation mit Stolz, da sie auf deutschem Boden ständen, der einem großen Theile der hier lebenden Landsleute eine zweite Heimath geworden sei. Es gereiche der Deputation zu aufrichtiger Freude, Sr. Majestät die besten Wünsche für Allerhöchstsein und des König⸗ lichen Hauses Wohl überbringen zu dürfen.

Se. Majestät der König dankte der Deputation und betonte, welche Freude es Ihm bereite, gerade auf deutschem Boden einer so großen Anzahl von Landsleuten zu begegnen. Allerhöchst⸗ derselbe ließ Sich alsdann die Mitglieder der Deputation, der sich auch der schwedische Konsul in Stettin angeschlossen hatte, vorstellen und verweilte in längerem Gespräche mit denselben.

Nach der Truppenbesichtigung fuhren Ihre Majestäten der Kaiser und König und der König von Schweden, Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Se. Königliche Hoheit der Prinz August von Württemberg und das Gefolge nach der Kaserne des Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Regiments Nr. 2, in welcher Allerhöchst⸗ und Höchstdieselbeu am ersten Portal des Exer⸗ zierhauses vom Offizier⸗Corps ehrfurchtsvoll empfangen wurden. Unter Führung des Obersten Bogun von Wangenheim nahmen die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften zunächst das auf dem Kasernenhofe zum Gedächtniß der in den Jahren 1870/71 gefallenen Krieger errichtete Denkmal in Augenschein und betraten den hinter dem Exerzierhause gelegenen Raum, woselbst mehrere Abtheilungen an Gerüsten turnten, mehrere Contra⸗Fechter aufgestellt waren und eine Abtheilung die Hin⸗ dernißbahn passirte. Se. Majestät der König von Schweden besichtigte darauf die Kaserne III speziell, verweilte längere Zeit in den Mannschaftsstuben und nahm von vielen Einzelnheiten ein⸗

gehend Kenntniß. In der Küche geruhte Se. Majestät der König von der für die Mannschaften bereiteten Speise zu kosten. Die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften begaben Sich alsdann durch den Offiziersgarten nach der Ressource, wo die Regiments⸗ musik spielte. Bei dem vom Offtzier⸗Corps angebotenen Déjeuner dinatoire brachten Se. Majestät der Kaiser und König auf des

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Königs von Schweden Masestät folgenden Toast aus: . „Erlauken Mir Ew. Majestät, in diesem engeren militärischen Kreise Meinen Dank für das ersichtlich gnädige Interesse aus⸗ zusprechen, welches Sie für Meine Armee bewiesen haben, wie es sich besonders bei der Besichtigung der Truppen des Garde⸗Corps gezeigt. Im Namen Meiner Armee rufe ich: Es lebe Seine Majestät der König von Schweden und Norwegen! Hurrah!“

Se. Majestät der König von Schweden antwortete mit sehr herzlichen Worten, wie werth Ihm Sein hiesiger Aufenthalt durch die herzliche Aufnahme geworden sei, die Er überall ge⸗ funden, besonders aber durch die vielen Beweise der persönlichen Freundschaft Sr. Majestät des Kaisers seit dem ersten Zusam⸗ mmentreffen im Jahre 1846 in St. Petersburg bei Vermählung der Großfürstin Olga, und trank dann auf das dauernde Wohl

Er. Majestät des Deutschen Kaisers. Demnächst widmete des Königs non fycvaeoen Wcajestat auch dem Regimente einen

rin FFrnch ach fast einstündigem Aufenthalte fuhren die Allerhöchsten FFeslchhaan nach dem Centraldepot der Feuerwehr, 5 8 öchstdieselben vom Branddirektor, Geh. Regierungs⸗Rath Sca⸗ bHn. ehrfurchtsvoll empfangen wurden. Einer Lokalallarmirung folgte eine Paradeaufstellung der Feuerwehr⸗Mannschaften, ein Vorbeimarsch in Sektionen, Uebungen mit Spritzen und Hakenleitern ; den Schluß bildete eine Allarmirung der gefammten Feuerwehr, die aaus den verschiedensten Stadtgegenden in kürzester Zeit herbei⸗ eilte. Die Uebungen, denen auch der Minister des Innern, Graf zu Eulenburg, und der Polizei⸗Präsident v. Madai beiwohnten, erregten das lebhafte Interesse Beider Majestäten. Nach Beendi⸗ gung der Exerzitien begaben Sich Allerhöchstdieselben nach dem Zeughause, von wo Se. Majestät der Kaiser und König in Allerhöchstihr Palais und Se. Majestät der König von Schwe⸗ den in das Königliche Schloß veschetehrten.

Nach kurzem Aufenthalt im Schlosse stattete Se. Majestät der

König von Schweden dem Reichskanzler Fürsten von Bismarck einen Besuch ab, nachdem Se. Durchlaucht Tags zuvor die Ehre E“ bei des Königs von Schweden Majestät gehabt hatte.

Nachmittags um 5 Uhr nahm Se. Majestät der Köni von Schweden am Diner im Kaiserlichen Palais sen. zu dem Sn 60 Einladungen ergangen waren.

Abends 7 Uhr 50 Minuten besuchten Beide Majestäten die Vorstellung im Opernhause, der auch Ihre Kaiserlichen und Kö⸗ niglichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin bei⸗ wohnten, und fuhren nach Schluß der Vorstellung zur Soirée bei dem Minister des Königlichen Hauses, Frhrn. v. Schleinitz.

Heute Morgen um 9 Ühr 40 Minuten ist Se. Majestät der König von Schweden mit der Anhalter Bahn nach Dresden abgereist. Allerhöchstderselbe wurde von Sr. Ma jestät dem Kaiser Sund König, Sr. Kaiserlichen und Königlichen 89 dem Kronprinzen, Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen

riedrich Carl und Alexander und dem Prinzen August von nach dem Bahnhofe geleitet, woselbst sich zur Verabschiedung der schwedische Gesandte Baron von Bildt nebst Gemahlin und Tochter, der Gesandtschafts⸗Sekretär Graf de la Gardie, der General⸗Feldmarschall Freiherr von Manteuffel, der Kriegs⸗Minister General der Infanterie von Kameke, mehrere Generale, der Kommandant von Berlin, General⸗Major v. Neu⸗ mann, die Militärbevollmächtigten, die zur Zeit hierher komman⸗ dirten schwedischen Offiziere und der Polizei⸗Präsident v. Madai eingefunden hatten.

Um die hölzernen Träger der interimistischen Bahnhofshalle waren breite Bänder in schwedischen Farben geschlungen, ebenso war die Decke geschmackvoll durch aufgespannte Fahnen dekorirt. Zahlreiche Fahnen und Standarten in schwedischen, norwegischen, deutschen und preußischen Farben verliehen mit hochstämmigen Blattpflanzen und brünen Guirlanden, die sich von Säule zu Säule schlangen, der Halle ein festliches Aussehen; vor dem Königlichen Salonwagen lag ein prachtvoller Teppich, von dem eine

Württemberg

Hierauf folgten die Vorträge des Civil⸗ und Militär⸗

des Ober⸗Stallm entblößten Hauptes den Perron, auf welchem das zahlreich ver⸗ sammelte Publikum ein enthusiastisches Hoch ausbrachte.

Se. Majestät der Kaiser und König führten Ihren Königlichen Gast bis an den Salonwagen und nahmen hier unter wiederholten Küssen und herzlichem Fände⸗ druck von Allerhöchstdemselben Abschied; des Königs von Schweden Majestät reichte alsdann noch den anwesen⸗ den Höchsten Herrschaften die Hand, verneigte Sich vor den übrigen Herren und bestieg den Salonwagen. Aller⸗ höchstderselbe trat alsdann an das offene Fenster und reichte, als sich der Extrazug in Bewegung setzte, nochmals Sr. Majestät dem Kaiser und König die Hand zum Abschied.

Se. Majestät der Kaiser und König verweilten noch kurze Zeit auf dem Perron und beehrten die Gemahlin des schwedi⸗ schen Gesandten und die anwesenden schwedischen Offiziere mit einigen huldvollen Worten.

Ihre Majestät die Königin von Schweden und Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kron⸗ prinzessin besuchten am Sonntag Mittag das Augusta⸗Hospital in der Scharnhorststraße und das mit demselben verbundene Asyl für Krankenpflegerinnen. Unter Führung der Oberin Fräulein von Jena, der Asylvorsteherin Fräulein von Arnim, des technischen Kurators Charité⸗Direktors Spinola und der beiden dirigirenden Aerzte Dr. Küster und Dr. Senator besichtigten Allerhöchst⸗ und Höchstdieselben alle Räume, namentlich auch die Krankensäle. Damen, begleitet „Flora“.

Am Montag Mittag besuchten Beide Fürstliche vom Fürsten zu Putbus, die Charlottenburger

Der Ausschuß des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen trat heute zu einer Sitzung zusammen.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Herrenhauses wurden die §§. 8 und 10 des W“ betreffend die Ausführung der §§. 5 bis 6 des Gesetzes Lom 30. April 1873 wegen der Dotation der Provinzial⸗ und e e, ohne Diskussion genehmigt. Zu §. 11, welcher autet:

„Die in Ausführung des Gesetzes vom 30. Juni 1841 (Gesetz⸗ Sammlung S. 285) in der Provinz Schlesien angesammelten Fonds werden, unter Aufhebung der für die drei Regierungsbezirke dieser Provinz bestehenden Vieh⸗Versicherungsgesellschaften, dem Provinzial⸗ verbande von Schlesien zur Verwaltung und Verwendung im In⸗ teresse der Rindviehzucht derjenigen Bezirke, für welche diese Fonds angesammelt sind, überwiesen.“

stellte Herr v. Seydlitz den Zusatzantrag: auch dem Provinzial⸗ verbande von Schlesien den Fonds zur Unterstützung der Ueber⸗ schwemmten vom Jahre 1854 zu übergeben. Nachdem der An⸗ tragsteller diesen Antrag befürwortet, der Regierungs⸗Kommissar Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath Persius sich aber dngegen erklärt hatte, wurde derselbe vom Hause abgelehnt, der §. 11 aber an⸗ genommen. Ohne Diskussion wurden ferner die §§. 12 bis 17 nach den Vorschlägen der Kommission angenommen.

Die Diskussion über §. 20 wurde mit derjenigen über §. 2 zusammengefaßt. Der §. 2 lautet nach den Beschlüssen der Kommission und übereinstimmend mit den Beschlüssen des Ab⸗ geordnetenhauses:

„Die Vertheilung der im §. 1 gedachten Gesammtsumme von 13,440,000 erfolgt zu einer Hälfte nach dem Maßstabe des Flächen⸗ inhaltes, zur anderen Hälfte nach dem Maßstabe der Zahl der Civil⸗ bevölkerung, wie solche durch die Volkszählung im Dezember 1875 festgestellt wird. Die hicrnach auf die einzelnen Kommunalverbände entfallenden Jahresrentens worden durch Könialiche Verordnung fest⸗ oestellt. Bis zu der nach Maßgabe derselben zu bewirkenden Aus⸗ gleichung erhalten vorläufig an Jahresrenten: 1) der Provinzialver⸗ band von Preußen 2,465,166 ℳ, 2) der Provinzialverband von Bran⸗ denburg 1,539,531 ℳ, 3) der Provinzialverband von Pommern 1,131,114 ℳ, 4) der Provinzialverband von Pofen 1,160,073 ℳ, 5) der Provinzialverband von Schlesien 2,081,058 ℳ, 6) der Provinzial⸗ verband von Sachsen 1,229,319 ℳ, 7) der rovinzialverband von Schleswig⸗Holstein 730,581 ℳ, 8) der Provinzialverband von West⸗ falen 1,017,285 ℳ, 9) der Provinzialverband der Rheinprovinz 1,735,755 ℳ, 10) der Stadtkreis Berlin 264,897 ℳ, 11) der Stadt⸗ kreis Frankfurt a. M. 36,090 ℳ, 12) der Landeskommunalverband der Hohenzollernschen Lande 47,865 ℳ, 13) der Provinzialverband von Hannover für das demselben einverleibte Jadegebiet 1266 hauf 28 §. 20 lautet nach den Beschlüssen des Abgeordneten⸗

es:

Für die Uebernahme der Verwaltung und Unterhaltung der Staatschausseen einschließlich der Kosten der Ze ginterg sionirung des für die obere Leitung der Neu⸗ und Unterhaltungs⸗ bauten, sowie für die Beaufsichtigung der Chausseen neu anzustellen⸗ den, beziehungsweise schon vorhandenen Beamtenpersonals wird den im §. 18 genannten Kommunalverbänden eine Jahresrente von 19 Millionen Mark gewährt. Von dieser Rente erhalten: 1) der Pro⸗ vinzialverband von Preußen 1,581,840 ℳ, 2) der Provinzialverband von Brandenburg 940,400 ℳ, 3) der Provinzialverband vom Pom⸗ mern 656,540 ℳ, 4) der Provinzialverband von Posen 401,520 ℳ, 5) der Provinzialverband von Schlesten 1,522,170 ℳ, 6) der Pro⸗ vinzialverband von Sachsen 1,549,510 ℳ, 7) der Provinzialverband für Schleswig.Holstein 1,001,690 ℳ, 8) der Provinzialverband von Hannover (einschließlich des Jadegebiets) 1,896,890 ℳ, 9) der Pro⸗ vinzialverband von Westfalen 1,746,340 ℳ, 10) der Kommunal⸗ rerband des Regierungsbezirks Cassel 1,071,110 ℳ, 11) der Kom⸗ munalverband des Regierungsbezirks Wiesbaden 639,598 ℳ, 12) der Stadtkreis Frankfurt a. M. 114,072 ℳ, 13) der Provinzial⸗ verband der Rheinprovinz 1,605,850 ℳ, 14) der Stadtkreis Berlin 160,500 ℳ, 15) der Landes⸗Kommunalverband der Hohenzollernschen Lande 111,970 ℳ, Summa: 15,000,000

Der Rest der 4 Millionen Mark wird auf die vorgenannten Kommunalverbände nach dem Maßstabe und den Vorschriften im §. 2 dieses Gesetzes vertheilt; bis zu dem Erlaß der hierin vorgesehenen Königlichen Verordnung wird der Vertheilung vorläufig die Volks⸗ zählung vom Dezember 1871 zum Grunde gelegt.

„Die den Kommunalverbänden nach §. 2 dieses Gesetzes, beziehungs⸗ weise nach §. 1 des Gesetzes vom 7. März 1868 (Gesetz⸗Samml. S. 223) und des Gesetzes vom 11. März 1872 (Gesetz⸗Samml. S. 157) zu ge⸗ währenden Jahresrenten werden demgemäß um die angegebenen Fe⸗ träge erhöht.

Hiergegen beantragte die Kommission, den §. 20 folgender⸗ maßen zu fassen:

Für die Uebernahme der Verwaltung und Unterhaltung der Staatschausseen einschließlich der Kosten der Be nenenh und Per⸗ sionirung des für die obere Leitung der Neu⸗ und Unterhaltungsbau⸗ ten, wie für die Beaufsichtigung der Chausseen neu anzustellenden, Fes ehungenes säh F Seecse np Nonals wird den im §. unten Kommunalverbänden eine Jahre il⸗ lihneg Fagt gewährt. EETö“ Dieselbe wird unter diese Kommunalverhbände zur Hälfte na der Länge der in ihnen vorhandenen Staatsstraßen ve he in 8- nsere Rezbefänssbezsden 992 negesastung bieer verwandten costen, zur Hälfte nach dem Maßstabe der Vorschri . dier Fesotes Gektheitt 3 8 1 . Vis zum Erlasse der hierin vorgesehenen Koͤniglichen Verordnun wird der Vertheilung vorläufig die Volkszählung Ha 1. Hezemmber

1871 zu Grunde gelegt. Die den Kommunalverbänden nach §. 2 dieses Gesetzes, bezie⸗

purpurrothe Plüschdecke bis zum Keaiserlichen Abfahrtssalon reichte. Unter Vorantritt des Polizei⸗P äsid nten v Nhhnen

sters v. Rauch betraten Beide Majestäten

S., 223) und des Gesetzes vom 11. März 1872 (Gesetz⸗Samml. S. 157) zu gewährenden Jahresrenten werden demgemäß um die ange⸗ gebenen Beträge erhöht, und ist dabei der den Provinzialverbänden 18 dem Schlußsatze des §. 18 zu machende Abzug zu berücksich⸗ igen.

Hierzu lagen folgende Anträge vor: 1) vom Grafen Udo zu Stolberg⸗Wernigerode:

Für den Fall der Ablehnung der Kommisstonsvorschläge zu §. 20 den Paragraphen wie folgt zu fassen: 1) den ersten Absatz in der Fassung des Abgeordnetenhauses, 2) als zweiten Absatz: „Von dem Reste der 4 Millionen Mark wird vorweg 1 Million Mark auf die Provinzialverbände von Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesten und den Stadtkreis Berlin, die anderen 3 Millionen Mark werden auf die sämmtlichen vorgenannten Kommunalverbände nach dem Maßstabe und den Vorschriften im §. 2 dieses Gesetzes vertheilt; bis zu dem Erlaß der hierin vorgesehenen Königlichen Ver⸗ ordnung wird der Vertheilung vorläufig die Volkszählung vom De⸗ zember 1871 zum Grunde gelegt.“ Absatz nach den Kommissionsbeschlüssen;

2) von Herrn von Kleist⸗Retzow:

1) den zweiten Satz nach der Vorlage des anderen Hauses wieder⸗ herzustellen; 2) den zweiten Absatz derselben wie folgt zu fassen: Von dem Reste der 4 Millionen Mark wird vorweg 1 Million Mark auf die Provinzialverbände von Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und den Stadtkreis Berlin, die anderen 3 Millionen Mark werden auf die sämmtlichen vorgenannten Kommunalverbände nach dem Maßstabe und den Vorschriften im §. 2 dieses Gesetzes vertheilt; bis zu dem Erlaß der hierin vorgesehenen Königlichen Ver⸗ ordnung wird der Vertheilung vorläufig die Volkszählung vom De⸗ zember 1871 zum Grunde gelegt; 3) den letzten Absatz nach den Kommissionsbeschlüssen anzunehmen;

3) vom Freiherrn von Mirbach:

Den §. 20 nach den Beschlüssen des Hauses der Abgeordneten dem wird noch eine Million Mark jährlich den Kommunalverbänden von Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen und Schlesten über⸗ wiesen zu Chaussee Neubauten Behufs Ausgleichung dieser Kommunal⸗ verbände mit den übrigen betreffs der Staatschausseen. Diese eine Million Mark wird nach §. 2 dieses Gesetzes unter die 5 Kommmnnal⸗ verbände vertheilt“;

4) von Herrn von Voß:

.1) Algea 2 die Worte: „und Einnehmer“ zu streichen; 2) dem Alineg 2 folgendes neue Alinea folgen zu lassen: „Soweit Chaussee⸗ geld⸗Einneh merhäuser zugleich zu Wohnungen fuͤr Chausseewärter und Aufseher gedient haben, geht das Eigenthum an denselben auf die Provinzialverbände über. Bezüglich aller sonstigen Chausseegeld⸗ Einnehmerhäuser steht den Provinzialverbänden das Recht zu, die⸗ selben gegen deren Taxwerth zu übernehmen; 3) dem §. 20 als letztes Alinea folgenden Zusatz beizufügen: Soweit die im Schlußsatze des §. 18 gedachten Staatsstraßen aus dem Chaussee⸗Unterhaltungsfonds unterhalten sind, wird der bezügliche Kostenbetrag bis zu anderweitiger Rigeluns der Sache von den vorgedachten Jahresrenten in Abzug gebracht.

Nach längerer Diskussion, an der sich die Herren v. Mir⸗ bach, v. Kleist⸗ und der Referent Graf Zieten⸗ Schwerin sowie auch der Handels⸗ Minister Dr. Achenbach betheiligten, wurden sämmtliche Anträge, auch derjenige der Kommission der Antrag Graf Stolberg durch Namensauf⸗ ruf mit 67 gegen 32 Stimmen abgelehnt und der Beschluß des Abgeordnetenhauses angenommen. Dann wurde die Debatte um 4 ¼ Uhr vertagt.

In der heutigen (30.) Sitzung des Herrenhauses, welcher der Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt und mehrere Regierungs⸗Kommissare beiwohnten, und welche der Vize⸗ Präsident von Bernuth um 11¼ Uhr eröffnete, wurde so⸗ fort die Spezialdiskussion über das Gesetz, betreffend die Ausführung der §§. 5 und 6 des Gesetzes, betreffend die Dotation der Provinzial⸗ und Kreisverbände, begonnen. Die §§. 21 bis 26 wurden in der von der Kommission vorgeschla⸗ genen Fassung angenommen.

Den §. 27 empfiehlt die Kommission in folgender, von dem Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung zur Annahme: Schheidet gemäß §. 4 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 eine Stadt aus einem Landkreise aus, so ist derjenige Theil der dem letzteren auf Grund der §§. 3 und 4 des Gesetzes vom 30. April 1873 zur Durchführung der Kreisordnung überwiesenen Summe, welcher nach dem im §. 2 jenes Gesetzes vorgeschriebenen Maßstabe auf die Fes crth Stadt entfallen würde, nach eben diesem Maß⸗ stabe auf ämmtliche Landkreise der betreffenden Provinz zu ver⸗ theilen und um den hiernach auf jeden Landkreis entfallenden Betrag

die Dotation desselben zu erhöhen. Diese Bestimmung findet auch auf die seit Erlaß des Gesetzes

vom 30. April 1873 bereits ausgeschiedenen Städte Anwendung. Dagegen beantragte Herr Becker (Halberstadt), den §. 27 wie folgt zu fassen:

Die Stadtkreise erhalten vom 1. Januar 1873 ab aus den Ein⸗ nahmen des Staatshaushaltes eine Jahresrente nach denselben Grundsätzen, nach welchen die Jahresrenten der Landkreise zur Durch⸗ führung der Kreisordnung auf Grund des §. 1 Nr. 2 und 3 des Gesetzes vom 30. April 1873 bemessen und vertheilt sind. Die Fest⸗ stellung der Höhe dieser Jahresrenten, sowie deren Vertheilung auf die einzelnen Stadtkreise erfolgt durch Königliche Verordnung.

Bei der Debatte wurde dieser Antrag von dem Antrag⸗ steller, Herrn von Kleist⸗Retzow und Herrn Bredt zur Annahme empfohlen, während der Regierungs⸗Kommissar Geheimer Ober⸗ Regierungs⸗Rath Persius empfahl, ihn abzulehnen. Bei der Abstimmung wurde der Antrag Becker verworfen und der §. 27 nach den Anträgen der Kommission angenommen.

8 5185 Schiasione wurde seh auch 28 genehmigt und in der Schlußabstimmung das ganze Gesetz nach de . schlüssen der zweiten Sengh. dün Ebenso wurden die beiden anderen Anträge der Kommission an⸗ genommen: die Petitionen des Osteroder Kreises, des Kreises Heili⸗ genbeil in Ostpreußen, des Kreises Jüterbog⸗Luckenwalde durch den Beschluß ad 1 für erledigt zu erklären und die folgende Resolu⸗ tion anzunehmen: Die Kön liche Staatsregierung aufzufordern, den Verkauf von Chausseehäusern fortan zu sistiren, die Zu⸗ stimmung der Majorität des Hauses, obgleich der Regierungs⸗ kommissar sich gegen die Resolution aussprach.

Es folgte sodann als zweiter Gegenstand der Tagesordnung der Bericht der XII. Kommission über den Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Verfassung der Verwaltungs gerichte und das Ver⸗ waltungs⸗Streitverfahren. An der Generaldiskussion betheiligte sich neben dem Referenten der Kommission, Herrn von Winter⸗ feld, nur noch Graf zur Lippe; beide empfahlen die An⸗ nahme der Kommissionsvorschläge, welche das Gesetz Paragraphen Abänderungen unterworfen hat. Bei Schluß des Blattes begann die Spezialdiskassion.

Am Schlusse seiner gestrigen Sitzung beschäftigte das Haus der Abgeordneten nach Erre egunsc Kfstte sch Petitionen mit dem von den Abgg. Dr. Virchow, Dr. Petri und Windthorst (Bielefeld) eingebrachten Antrage „die Staats⸗ regierung aufzufordern, dem Landtage in der nächsten Session einen Gesetzentwurf über die Aufhebung des konfessio⸗ nellen Charakters der Kirchhöfe vorzulegen.“ Der Abg.

hungsweise nach §. 1 des Gesetzes vom 7. März 1868 (Geset⸗Samml.

Dr. Virchow empfahl, die Uebergabe der Kirchhöfe an die bürger⸗

3) Als letzten Absatz den letzten

wiederherzustellen, jedoch am Schlusse desselben hinzuzufügen: „Außer⸗.

in vielen

liche Gemeinde nicht mit einem Schlage zu vollziehen, sondern die Umwandlung der bestehenden Einrichtung schon mit Rücksicht auf das materielle Interesse mancher Kirchen schrittweise vorzu⸗ bereiten. Der Staats⸗Minister Dr. Falk erklärte, daß die Regie⸗ rung mit dem Gegenstande bereits beschäftigt sei, jedoch bei der außerordentlichen Ueberbürdung mit zum Theil noch dringenderen legislatorischen Arbeiten, sich unmöglich verpflichten könne, den gewünschten Gesetzentwurf, der die eingehendsten Vorarbeiten verlange, schon in der nächsten Session vorzulegen. Nachdem die Abgg. Goetting und Windthorst (Bielefeld) den Antrag warm befürwortet und der Abg. Frhr. v. Fürth ihn als einen Eingriff in die Gewissensfreiheit der an ihrem Glauben fest⸗ haltenden Gemeinden aller Konfessionen bezeichnet hatte, wurde er mit Weglassung der Worte „in der nächsten Session“, welche Abg. Jung beantragte, angenommen und die Sitzung um 3 4 Uhr geschlossen.

In der heutigen (71.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher am Ministertische die Staats⸗Minister Camphausen, Dr. Falk, Dr. Achenbach und Dr. Friedenthal, so⸗ wie mehrere Kommissarien beiwohnten, erhielt vor Eintritt in die Tagesordnung der Abg. Dr. Roeckerath das Wort, welcher sich gegen die von dem Staats⸗Minister Dr. Falk in der Sitzung des Herrenhauses vom 22. Mai gegen ihn gerichteten Angriffe zu ver⸗ theidigen suchte. Diese Angriffe waren durch verschiedene Ausfüh⸗ rungen des Abg. Dr. Roeckerath in der Sitzung des Abgeordneten⸗ hauses vom 10. Mai in Betreff mehrerer im Ministerium für die geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten eingegangener Gutachten über die Thätig⸗ keit der barmherzigen Schwestern, insbesondere in Düren, veranlaßt⸗ worden. Der Staats⸗Minister Dr. Falk beschränkte sich auf eine thatsächliche Berichtigung. Erster Gegenstand der Tagesord⸗ nung war die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend den Ankauf und die Vollendung der Pom⸗ merschen Centraleisenbahn und der Berliner Nord⸗ Eisenbahn, sowie die Verwendung der verfallenen Kautionen für die bezeichneten Eisenbahnunternehmungen. Zu §. 1, welcher den Handels⸗Minister ermächtigt, beide Eisenbahnen, jedoch die

erstere für höchstens 2,250,000 ℳ, die andere für höchstens 6,000,000 für Rechnung des Staates anzukaufen, waren 13 Redner zum Wort gemeldet und zwar 4 (Kieschke, Richter (Hagen), Schmidt (Reetz) und Hoppe) gegen, 9 für den §. 1. Bis zum Schluß des Blattes sprachen die Abgg. Kieschke und Richter (Hagen) gegen, Abg. v. Löper⸗Löpersdorf für §. 1. Der General⸗Major Dieterich, Inspecteur der 2. In⸗ genieur⸗Inspektion und der vereinigten Artillerie⸗ und Ingenieur⸗ Schule, hat sich zur Inspizirung eines Theils der Pionier⸗ Bataillone und der Fortifikationen des Inspektionsbereichs zu⸗ nächst nach Torgau, der Contre⸗Admiral Henk, Direktor der Kaiserlichen Admiralität, zur Uebernahme des Kommandos des Panzergeschwaders, und der Kapitän zur See von Blanc, Dezernent in der Kaiserlichen Admiralität, zum Antritt des Kom⸗ mandos als Chef des Stabes des Uebungsgeschwaders nach Kiel begeben. Aus Echternach wird der „Luxemburger Zeitung“ der am 27. d. erfolgte Tod des Großherzoglich luxemburgischen Geschäftsträgers am hiesigen Hofe, Dr. Föhr, gemeldet. S. M. S. „Augusta“ hat am 25. Mai cr. Vormit⸗ tags von Lissabon aus die Reise nach Brasilien angetreten.

Der Thierarzt Heinsen zu Ratzeburg ist zum kommissa⸗ rischen Kreisthierarzt für den Kreis Ploen ernannt worden.

Bayern. München, 31. Mai. (Allg. Ztg.) Der Priester J. B. Vittl, Inspektor und Professor an der König⸗ lichen Pagerie dahier, ist wegen Aeußerungen, die er vor einiger Zeit über das Dogma der Unfehlbarkeit gemacht haben soll, mit dem erzbischöflichen Ordinariat in Konflikt gerathen. Derselbe wurde wegen jener Aeußerung zur Rede gestellt und ihm eine Erklärung zur Unterzeichnung vorgelegt, die Unterschrift aber verweigert. In Folge dessen wurde Hr. Bittl durch den Vor⸗ and der Königlichen Pagerie sowohl der Professur als der nspektorstelle enthoben. Der Ober⸗Stabsarzt I. Klasse bei der Kommandantur der Residenzstadt, Dr. Stadelmeyer, ist im besten Mannesalter heute gestorben. Vor dem hiesigen Be⸗ zirksgerichte begann heute der Sozialistenprozeß. Den Vorsitz führt Hr. Bezirksgerichtsrath Freiherr v. Castell, während die Staatsbehörde Hr. Staatsanwalt Barsch vertritt. Es sind ur Durchführung der Verhandlung 3 Tage anberaumt, heute soll die Anklage gegen die erschienenen und abwesenden Mitglie⸗ der der hiesigen Sozialdemokratie, morgen die Vernehmung der (18) Zeugen durchgeführt und alsdann zur Begrün⸗ dung der Anklage und Vertheidigung geschritten wer⸗ den. Von den angeschuldigten Mitgliedern sind heute Morgen 24 anwesend gewesen. Die meisten derselben bezeichnen sich als konfessionslos. Der erste Anklagepunkt betrifft die Uebertretung des Vereinsgesetzes, indem der betreffende Vor⸗ stand, Michael Jung, den politischen Verein nicht vorschrifts⸗ mäßig anzeigte, und derselbe mit andern politischen Vereinen in Verbindung getreten ist. (Vergehen wider die Art. 14 und 17 des Ver.⸗Ges. v. 1850.) Der beschuldigte Vorstand stellt den Bestand eines politischen Vereins in Abrede, die einzelnen Mitglieder schließen sich dieser Anschauung an; sie wollen zwar der sozial⸗ demobkratischen Arbeiterpartei angehören, allein keinem der be⸗ schuldigten Vereine beigetreten sein. Die weiteren Anklagepunkte sind gerichtet gegen Ernst, Kiefer und Oehme (als Vorstand der I. Münchener Genossenschaftsbuchdruckerei) wegen Vergehens gegen das Reichsgenossenschaftsgesetz, gegen Böxrler, Mich und Konsorten wegen Uebertretung des Vereinsgesetzes und gegen Oehme wegen Vergehens der Unterschlagung.

Sachsen. Dresden, 1. Juni. Der offizielle Empfang Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von Schweden wird morgen (Mittwoch) auf dem Böhmischen Bahn⸗

hofe hierselbst stattfinden, woselbst Allerhöchstdieselben Mittags nach 12 Uhr eintreffen werden. Zum Ehrendienst sind bestimmt: bei Sr. Majestät dem König Oskar II. der Commandeur der Kavallerie⸗Division General⸗Lieutenant Senfft v. Pilsach und der Commandeur des 1. Jäger⸗Bataillons Nr. 12 Oberst⸗Lieutenant v. Cerrini, welche Beide Sr. Majestät bis Röderau entgegen⸗ reisen werden; bei Ihrer Majestät der Königin Sophie der Ober⸗ Kammerherr v. Gersdorff und der Kammerherr v. Wuthenau. In den Paradesälen des Königlichen Schlosses wird morgen Nachmittag 4 Uhr Galadiner und Abends Hofkonzert stattfinden.

Auf Allerhöchsten Befehl wird wegen erfolgten Ablebens

Ihrer Durchlaucht der Fürstin Luise, Prinzessin Reuß⸗Köstritz, geb. Prinzessin Reuß⸗Greiz, am Königlichen Hofe eine Trauer auf drei Tage, von heute bis mit 3. d. Mts., in Verbindung mit der bereits angeordneten, angelegt.

Württemberg. Stuttgart, 30. Mai. Se. Königliche

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Mecklenburg. Schwerin, 30. Mai. Der Groß⸗ herzog verweilt gegenwärtig zur Kur in Gräfenberg. Wenn im nächsten Monate der Hof wieder in Schwerin vereinigt ist, wird der Besuch der Königin von Württemberg erwartet.

Anhalt. Dessau, 31. Mai. Der Herzog, die Her⸗ zogin und die Prinzessin Elisabeth haben sich von Düssel⸗ dorf nach Wien begeben, um bei der Bestattung der zu Ernst⸗ brunn bei Wien verstorbenen Prinzessin von Reuß, geb. Prin⸗ zessin Reuß (früher vermählt mit dem Prinzen Eduard von Sachsen⸗Altenburg und somit Stiefmutter der Herzogin) zugegen zu sein. Die beiden jüngsten Kinder Sr. Hoheit sind von Sondershausen hier wieder eingetroffen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 1. Juni. Der Kaiser hat sich gestern nach Ischl begeben, woselbst derselbe heute früh eingetroffen ist.

Das ‚„Reichs⸗Gesetzblatt“ und die „Wien. 3.“ veröffent⸗ lichen den Erlaß des Ackerbau⸗Ministers vom 19. Mai 1875, be⸗ treffend das neue Statut für die Verwaltung der Bukowinaer griechisch⸗orientalischen Religionsfondsgüter.

Schweiz. Basel, 1. Juni. (W. T. B.) Die „Baseler Nachr.“ veröffentlichen den Gesetzentwurf überdie Störung des religiösen Friedens, welchen die Regierung des Kantons Bern demnächst in der Bundesversammlung einbringen wird. Der Entwurf untersagt die kirchlichen Ceremonien außerhalb der Kirchen und gestattet sie allein bei den Begräbnissen. Die Anfreizung zunr Haß ogegetr anbere Korfessiönen wird mit Strafe bis zu 1000 Frcs. oder bis zu einem Jahre Ge⸗ fängniß bedroht. Geistliche, welche bei Gelegenheit eines Gottesdienstes die Einrichtungen des Smnates in einer den Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstande ihrer Erörterungen machen, sollen mit einer Geldbbuße bis zu 1000 Frcs. oder mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft werden. Die Vornahme von Akten der bischöflichen Jurisdiktion soll den vom Staate nicht anerkannten kirchlichen Oberen nur mit aus⸗ drücklicher Bewilligung des Regierungsrathes gestattet werden. Das Zuwiderhandeln hiergegen soll mit einer Geldbuße bis zu 2000 Fres. oder Gefängniß bis zu 2 Jahren bestraft werden. Die Versammlungen von Religionsgesellschaften, welche die öffentliche DOrdnung stören, sollen aufgehoben werden und die Theilnehmer an diesen Versammlungen dem Richter überwiesen

werden.

Belgien. Antwerpen, 1. Juni. (W. T. B.) Als sich heute ein Priester zu Kranken begab, um denselben die Sterbesakramente zu spenden, waren die bei solcher Gelegenheit in den Fenstern der Häuser brennenden Kerzen von Zöglingen des Athenäums ausgelöscht worden. In Folge dessen hatten, besonders heute Abend, vor dem Athenäum und an mehreren anderen Punkten sich große Menschenmassen angesammelt; die Polizei wußte aber durch ihr Einschreiten größere Unordnungen zu verhindern.

Großbritannien und Irland. London, 31. Mai. Zu Ehren des Geburtstages der Königin fanden am Sonnabend bei sämmtlichen Staats⸗Ministern und den obersten Hof⸗Würdenträgern die üblichen Gala⸗Diners statt. Zu den Gästen des Premier⸗Ministers Disraeli gehörte auch der Prinz von Wales.

1. Juni. (W. T. B.) In der Sitzung des Unter⸗ hauses theilte der Deputirte Cochrane mit, daß er nach einigen Wochen die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Ausdehnung lenken werde, welche Rußland an Macht und Territorium in Centralasien gewonnen habe. 8 2. Juni. (W. T. B.) Der Unterstaatssekretär des Auswärtigen, Lord Derby, empfing eine Deputation, welche um die freundschaftliche Vermittelung Englands behufs Unter⸗ drückung des Aufstandes in Kuba und Abschaffung des Sklaven⸗ handels auf der Insel nachsuchte. Lord Derby erklärte in seiner Antwort jede Einmischung der englischen Regierung in die An⸗ gelegenheiten Kubas für inopportun, bemerkte aber, daß Eng⸗ land eine sich eventuell bietende Gelegenheit gern benutzen werde, um die gegenwärtig auf der Insel Kuba herrschenden Zustände zu beseitigen. Die bisherigen Versuche zur Unterdrückung des Aufstandes seien allerdings wenig erfolgreich gewesen. Dennoch könne man der Meinung der Deputation nicht beipflichten, daß der Aufstand zur Zeit Aussichten auf Erfolg habe.

Frankreich. Versailles, 1. Juni. (W. T. B.) In der heuti⸗ gen Sitzung der Nationalversammlung wurde der Herzog von Audiffret⸗Pasquier zum Präsidenten wiedergewählt. Es wurden 508 Stimmzettel abgegeben, von diesen lauteten 431 für den Herzog von Audiffret⸗Pasquier, 77 waren unbeschrieben. Zu Vize⸗Präsidenten wurden Martel, Duclerc, Kerdrel und Ricard wiedergewählt. Die Dreißiger⸗Kommission hat Laboulaye zum Berichterstatter über das Gesetz, betreffend die öffentlichen

Gewalten, gewählt.

Spanien. Madrid, 1. Juni. (W. T. B.) Dem Ver⸗ nehmen nach hat das Ministerium von dem Erlaß einer neuen EEEEE11““ durch den König abzusehen beschlossen, will es vielmehr den Cortes überlassen, eine neue Verfassung festzustellen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 2. Juni. (W. T. B.) Der „Regierungsanzeiger“ zeigt die EFröffnung des vierten internationalen Telegraphenkongresses durch den Minister des Innern, General⸗Adjutanten Timaschew an. Derselbe hielt eine längere Ansprache, welche von dem italienischen Delegirten D'Amico erwiedert wurde. Für heute Abend sind die Mitglieder des Kongresses von dem General⸗ direktor der Telegraphen, Lüders, zu einem großen Raout ein⸗ geladen worden. Bei dem Großfürsten Thronfolger wird morgen in Zarskoe⸗Selo den Kongreßmitgliedern zu Ehren ein größeres Diner stattfinden. -

Die Wiedervereinigung der Griechisch⸗Unirten im Königreich Polen mit der rechtgläubigen Kirche ist, einer neueren Nachricht des „Reg⸗Anz.“ zufolge, nunmehr an der gesammten Geistlichkeit und allen unirten Gemeinden des Gou⸗ vernements Lublin vollzogen worden.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 29. Mai. Beim ersten Zusammentreten der Interims⸗Regierung am vorigen Mittwoch wurde Justiz⸗Minister Freiherr de Geer für die erste Woche zum Vorsitzenden durch das Loos bestimmt. Die nächste Zusammenkunft wird am nächsten Montag stattfinden.

Christiania, 28. Mai. Das Storthing hat gestern Abend nach langen Debatten die Berathung über die neue Or⸗ ganisirung der Norwegischen Seekriegsschule been⸗ digt und sind die Grundzüge dafür, wie folgt, festgestellt worden:

Examen für die Mittelschulen bestanden und 21 Monate auf Kauf⸗ fahrteischiffen gefahren haben und außerdem noch ein besonderes Auf⸗ nahmeexamen in Sprachen und Mathematik ablegen. Der eigent⸗ liche Kursus dauert in der sogenannten unteren Abtheilun

2 ½ 3 ½ Jahr, während welcher Zeit die Schüler Unteroffiziers⸗ Löhnung erhalten. Darnach werden sie zu Seconde⸗Lieutenants ernannt und als solche bleiben sie entweder 2 Jahre im Dienst und scheiden dann zur Reserve aus, oder gehen in die höhere Abtheilung der Kriegsschule über und nachdem sie den zwei jährigen Kursus in dieser Abtheilung absolvirt haben und 1 Monate mit Kriegsschiffen gefahren sind, können sie als Lieute nants bei dem festen See⸗Offiziercorps eingestellt werden. J diese höhere Klasse werden jedoch nur so viele Eleven aufge⸗ nommen, als der Bedarf des festen Offiziercorps es erfordert.

Dänemark. Kopenhagen, 29. Mai. Prinz Wal⸗ demar ist, der „Berl. Tid.“ zufolge, vom König von Schwe⸗ den und Norwegen zum Ritter des Seraphinen⸗Ordens ernannt worden. Unterm 24. Mai ist eine Bekanntmachung über die Ausprägung schwedischer Münzen erlassen, welche mi Bezug auf das Münzgesetz vom 23. Mai 1873 und die unterm 27. Mai d. J. abgeschlossene Konvention zwischen Dänemark und Schweden, betreffend ein für beide Reiche gemeinschaftlich auf Gold basirtes Münzsystem Art. 9, in Dänemark als gesetz⸗ liches Zahlmittel gelten sollen.

Amerika. Wasfhington, 1. Juni. (W. T. B.) Die öffentliche Schuld hat sich im vergangenen Monat Mai um 41,18UoD He“*“¹”

Ueber die jüngste Revolte in Hayti liegen der „A

A. C.“ zufolge aus Jamaika vom 11. Mai folgende Einzel

heiten vor: 2

Seit geraumer Zeit circulirte das Gerücht, daß in Port⸗au

Prince eine Verschwörung zum Sturz der bestehenden Regierung be

stehe. Präsident Domingue sollte ermordet werden. Die Oppo

sitionspartei hatte indeß keine öffentliche Ruhestörung gewagt. Die

Bewegung ging von der Regierung aus. Am Vorabend der Erö

1. Mai wurde der kommandirende General des Platzes, St. Macary benachrichtigt, daß dem Präsidenten ein Komplott enthüllt worden se

In Macarys Hände wurden Verhaftsbefehle gegen eine große An⸗ zahl von Personen, darunter mehrere der einflußreichsten in der Stadt, gelegt.

sonen weigerten sich, unter Polizei⸗Eskorte in Gewahrsam genommen

Straße begegnete, wurde in dem Rencontre tödtlich verwundet, aber

starb. General Pierre vertheidigte sein Haus mit einer sechszehn⸗ läufigen Spencerbüchse. Nachdem er zwanzig Soldaten nieder⸗ geschossen, erschien er am Fenster mit der Büchse in seiner Hand und erschoß sich selbst. General Boisrond Carral entkam nach der Privatwohnung eines Konsuls. Mehrere der Proskribirten wurden verhaftet, aber eine große Menge suchte eine Zuflucht in den Konsulaten. Wie gerüchtsweise verlautet, werden dieselben im amerikanischen Konsulat ausgeliefert werden, da die Regierung der Vereinigten Staaten Rebellen keine Zuflucht gewährt. General Remeau, der wegen seiner Energie und Festigkeit, mit der er Domingue in dieser Angelegenheit unterstützte, sehr gelobt wird, ist mit der „Moselle“ als Gesandter Hayti'’s bei den europäischen Höfen abgereist. Präsident Domingue selber weilt gegenwärtig in Jamaika.

Afrika. Ueber Gibraltar wird vom 25. Mai gemeldet: Nach den neuesten Berichten aus Oran und Flemcen hatte der maurische General Muley Abbas mit 2000 Reitern und 1500 Mann Fußvolk den Fluß Mulonya überschritten und würfigkeit zu zwingen. Der Sultan von Marocco empfing am 14. April den britischen Gesandten Sir John Dru⸗ mond Hay in einer öffentlichen Audienz, wobei freundschaftliche Reden ausgetauscht wurden. Der Sultan Muley Hassan ver⸗ sicherte dem Gesandten, daß er höchst willkommen sei, und wies auf die alten Bande der Freundschaft hin, die seine Ahnherren mit den Monarchen Großbritanniens verknüpft hätten.

Vereinswesen.

Berlin. Bekanntlich besteht hier bereits ein Verein für Geflügel⸗ zucht, die „Cypria“, welcher sich lebhafter Theilnahme erfreut. Da aber in demselben nur die Liebhaberei für Tauben und Hühner vorzugsweise zur Geltung kommt, so erachtete es eine Anzahl der Vogelliebhaber und Züchter in Berlin für angemessen, daneben noch einen anderen Verein, „Aegintha“, zu bilden, welcher mit dem ersteren möglichst Hand in Hand gehen soll. Die „Aegintha“ hat sich folgende Auf⸗ gaben gestellt: IEde lun der Kenntniß des Vogels und des Vogel⸗ lebens nach allen Seiten hin, Verbreitung der Vogelliebhaberei und Vervollkommnung der Pflege und Züchtung aller Käfigvögel, sowie thatkräftiger Vogelschutz. Der Jahresbeitrag ist auf sechs Mark festgestellt und bis zum Ende Juni steht die Betheiligung ohne Ein⸗ trittsgeld Jedermann, auch auswärtigen Liebhabern, frei. Als Vor⸗ sitzender wurde Dr. Karl Ruß gewählt.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im Königlichen Kupferstich⸗Kabinet findet seit einigen Tagen für das größere Publikum eine Ausstellung der bedeutendsten Radirungen Rembrandts in den vorzüglichsten Drucken statt, sowie diejenigen Handzeichnungen, deren Originale dem Museum angehören. Unter den letzteren ist eine schöne Silberstiftzeichnung mit eigenhän⸗ diger Unterschrift des Meisters besonders hervorzuheben. Sie stellt die junge Frau des Künstlers dar, welche dieser zeichnete, kurz nach⸗ dem sie nach ihrer Trauung die Kirche verlassen hatten. Dem Ver⸗ nehmen nach beabsichtigt der Vorsteher der Kupferstichsammlung, Hr. Prof. Weiß, in solchen Kollektivausstellungen dem Publikum nach und nach die bedeutendsten Meister der Grabsticheltechnik vorzu⸗ ühren. 8 88 In Düsseldorf wird schon in den nächsten Wochen nach dem Plane Riffurths der Neubau der Kunst⸗Akademie be⸗ gonnen werden. Der Landtag hat dazu bekanntlich 1,200,000 be⸗ willigt. 1u 8 Wie der „Allg. Ztg.“ mitgetheilt wird, ist die seit dem Tode Liebigs erledigte Professur der Chemie an der Universität Mün⸗ chen nunmehr wieder besetzt, indem es, nach vielseitigen Verhandlun⸗ gen, gelungen ist, für diesen Lehrstuhl Hrn. Professor Baeyer von der Hochschule Straßburg zu gewinnen. Hr. Professor Baeyer ist gleichzeitig auch zum Vorstande des chemischen Laboratoriums ernannt, für dessen den Anforderungen der Wissenschaft vollständig entspre⸗ chende Erweiterungen im Budget der laufenden Finanzperiode bereits bedeutende Mittel bewilligt sind, und wird derselbe seine Thätiskeit an der Universität mit dem bevorstehenden Wintersemester beginnen.

Die Verbindung für historische Kunst fordert die Künst⸗ ler des historischen Faches auf, fertige Bilder oder Entwürfe mit Angabe der Größe und des Preises des auszuführenden Bildes gegen die zweite Hälfte September d. Js. nach Stuttgart einzusenden, da 50,000 zu Ankäufen oder Bestellungen dort in der Versamm⸗ lung zur Verwendung kommen. Nähere Adresse für die Einsendun⸗

Hoheit der Prinz Wilhelm von Württemberg ist gestern zum Gebrauch einer Brunnenkur nach Carlsbad abgereist.

Die Aspiranten werden auf der Seekriegsschule bis zu einem Alter von 19 Jahren aufgenommen. Sie müssen vorher das

gen wird Anfangs Juli bekannt gemacht werden.

8.

Am folgenden Morgen hielten Macary und die Polizei Haussuchungen bei vielen der Parteien ab. Mehrere Per⸗

zu werden, versprachen aber, sich der Polizeibehörde während des

Tages selber zu stellen. Zweihundert Soldaten wurden dann abge⸗ sandt, um sie festzunehmen. General Brice, dem die Polizei auf der

nähert sich Oudjdah zu dem Zwecke, diesen Platz zur Unter⸗

nung des großen landwirthschaftlichen Festes in Port⸗au⸗Prince

und daß eine orzanisirte Verschwörung bestehe, deren Zweck es sei, 8 ihn während der Festlichkeiten am folgenden Tage zu ermorden.

es gelang ihm, sich nach dem britischen Konsulat zu flüchten, wo er

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