1875 / 127 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Jun 1875 18:00:01 GMT) scan diff

niker werden in Zukunft die Provinzen hoffentlich ebenso gut wie der Staat und es wird auch nach dieser Seite hin die Wahr⸗

nehmung aller Interessen möglich sein. 8 G Es ist nun endlich darauf hingewiesen worven, daß es sich hier um eine Materie handele, die auch in rechtlicher Beziehung außer⸗ ordentlich zweifelhaft erschiene, und wenn man namentlich die Grund⸗ sätze der Cession in Anwendung bringe, so würden in Zukunft statt eines Verpflichteten zwei Verpflichtete vorhanden sein, nämlich auf Grund dieses Gesetzes die Provinz, auf Grund abgeschlossener Re⸗ zesse und Verträge der Staat. Ich wage meines Theils nicht eine Prophezeiung auszusprechen, wie, wenn ein derurtiger Pro⸗ zeß entstehen möchte, künftig der Richter entscheidet; ich vermag nur meine persönliche Auffassung hier zu konstatiren, und da glaube ich denn auch namentlich bei allen denjenigen Städten, in denen die Unterhaltungspflicht bezüglich der Straßen auf Grund des Gesetzes vom 16. Juni 1838 auf den Staat übergegangen ist, es als unzweifelhaft hinstellen zu dürfen, daß in Zukunft diesen Städten gegenüber nicht zwei Verpflichtete, sondern nur ein Verpflichteter gegenüberstehen wird, nämlich die Provinz. Ich kann deshalb auch den Antrag des Herrn von Voß 858 für begründet erachten; denn derselbe will im Zusammenhang mit den Motiven des Herrn Hassel⸗ bach die Sache so gestalten, daß bei denjenigen Straßen, welche der Staat auf Grund spezieller Rechtstitel unterhält, die Unterhaltungs⸗ pflicht dem Staate verbleiben soll. Bei denjenigen Straßen, welche der Staat auf Grund der Verordnung von 1838 in Unterhaltung ge⸗ nommen hat, existiren aber solche speziellen Rechtstitel für die Unter⸗ haltung nicht; denn das Gesetz von 1838 hat bestimmt, daß mit einem bestimmten Termin der Wegezoll fortfällt und mit diesem Termin die Unterhaltungepflicht der Straßen auf den Staat über⸗ geht. Der Staat ist also unterhaltungspflichtig auf Grund des Ge⸗ setzes, und dieses Gesetz wird jetzt insoweit modifizirt, als an Stelle des Staates die Provinz tritt. Allerdings sind Rezesse abgeschlossen worden, aber diese Rezesse mußten wegen der Entschädigungen abge⸗ schlossen werden, welchean die Städte wegen des Zolles Seitens des Staates zu zahlen waren. Die Pflicht des Staats zur Unterhaltung beruht dagegen auf dem Gesetz. Es ist dies, wie gesagt, meine Ueber⸗ zeugung, und ich glaube, die Königliche Staatsregierung kann, was etwaige Prozesse anbetrifft, mit einiger Ruhe dem künftigen Ausgang derselben entgegensehen. Es wird, wenn die Provinz ihre Schuldig⸗ keit den Städten gegenüber wider Erwarten nicht erfüllen sollte, im⸗ merhin den Städten unbenommen sein, den Weg Rechtens dem Staate gegenüber zu beschreiten. Ich möchte deshalb die Ansicht vertreten, daß das Amendement des Herrn von Voß, weil es auf pezielle Rechtstitel Bezug nimmt, überhaupt die Materie nicht trifft, so weit es aber mit dem Antrage Hasselbach deckend ist, ihm Alles das eutgegengestellt werden muß, was dem Antrage asselbach gegenüber anzuführen ist. Auch in Betreff der Frage der ntschädigung ist dieses Amendement nicht geeignet, eine besondere Klarheit in die Materie zu bringen. Ich will nur einfach darauf verweisen, daß bei der Abzweigung der Fonds zu Gunsten der Städte der Ausdruck gebraucht ist: „so wird der bezügliche Kostenbetrag bis zu anderweitiger Regelung der Sache von den vorgedachten Jahres⸗ renten in Abzug gebracht.“ Welcher bezügliche Kostenbetrag den Pro⸗ vinzen abgezogen werden soll, läßt das Amendement in der Schwebe. Allerdings wird die Feststellung dieses Kostenbetrages in dem Amende⸗ ment Hasselbach vorgesehen. Es ist dort ein Weg vorgeschlagen, aber ein solcher Weg, welchen ich nicht zu empfehlen vermag, und der nach meiner Meinung mit dem ganzen Organismus der Provinzial⸗ erfassung, wie er nunmehr geschaffen werden soll, nicht in Einklang

u bringen ist.

Meine Bitte, welche ich an das Hohe Haus zu richten habe, geht

daher dahin, einfach es bei der Vorlage zu belassen und sowohl die

Kommissions⸗, wie die verschiedenen Abänderungsbeschlüsse abzulehnen. 1 In der Sitzung des Hauses der Abgeordneten m 1. d. M. äußerte der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten, Dr. Friedenthal, über die Petitionen aus dem Regierungsbezirk Trier in Betreff des Schwarzwildes:

Dem abgeänderten Antrage der Agrarkommission des Hohen Hauses egenüber kann ich mich auf folgende Erklärungen beschränken: zu⸗ ächst ist es nicht richtig, daß die Staatsregierung nicht energisch für en Abschuß des Schwarzwildes in denjenigen Bezirken sorgt, in elchen dasselbe erheblichen Schaden für die Landeskultur herbei⸗

geführt hat. Ich kann in dieser Beziehung, gestützt auf die Berichte aus den Regierungsbezirken Trier, Aachen, Coblenz, Cassel, Arnsberg, mittheilen, daß im verflossenen Winter in den gedachten fünf Bezirken 861 Stück Schwarzwild abgeschossen sind, und dadurch eine starke Verringerung, zum Theil eine Vernichtung des Schwarzwildbestandes herbeigeführt ist, daß die Frage, welche Gegenstand der Verhandlun⸗ gen ist, mindestens viel von ihrer Dringlichkeit verloren hat. Dies vorausgesetzt, meine ich, ist der Standpunkt, den die Staatsregierung bei den Verhandlungen der Kommission durch ihren Kom⸗ missarius eingenommen hat, der Standpunkt, daß die Frage eines erhöhten Schutzes der Landeskultur gegenüber den Schäden des Schwarzwildes bei der allgemeinen Revision der Jagdpolizeigesetzzebung zum Antrag zu bringen, durchaus ge⸗ recht fertigt sein wird. Eine solche Revision ist, wie bereits mehrfach erklärt wurde, im Gange, und hoffentlich wird es gelingen, möglichst bald die Resultate in Form gesetzgeberischer Vorschläge dem Hohen Hause vorzulegen. Daß dabei für nothwendig erachtet werden wird, das Schwarzwild als wilde, dem freien Thierfange unterworfene Gattung zu erklären, ist mir allerdings zweifelhaft. Ich glaube, es würden sich Mittel und Wege finden lassen, alles das zu erreichen, was im Interesse der Landeskultur nöthig ist, ohne diesen Weg zu beschreiten, der, wie mir scheint, bedenklich wäre und andere erhebliche Uebelstände mit sich führen müßte.

Ferner:

Ich muß zu meinem Bedauern nur einige Worte hinzufügen, um die Staatsregierung zu verwahren gegen Folgerungen, die aus der letzten Darstellung des Herrn Referenten gezogen werden können. Der Herr Referent hat unleugbar vorhandene Schäden in Folge des vorhandenen Schwarzwildbestandes in der Rheinprovinz mit so lebhaften Farben geschildert, er hat von Hungersnoth gespro⸗ chen, daß darin indirekt ein Vorwurf der Pflichtverletzung gegen die Staatsregierung liegt, den ich zurückweisen muß. Die Petenten haben wie alle Petenten, ihre Beschwerden stark betont. Wenn die Farben hierbei schon sehr stark aufgetragen, so hat der Herr Referent eine noch lebhaftere Färbung hinzugefügt und den dortigen Zustand in einer Weise dargestellt, wie er in den Augen aller Behörden und vieler Betheiligten nicht erscheint. Es sind Wildschäden vorhanden, die in der That als mißlich anerkannt werden und die, wie ich hoffe, in der Zukunft durch eine bessere Gesetzgebung beseitigt werde. Es sind das Schäden, wie sie an vielen Stellen in Folge mangelhalfter Gesetze zu Tage treten, denen man aber nicht gleichzeitig übera folge in den Gesetzen eingehalten werden muß. Inzwischen kann nur auf dem Administrationswege das Mögliche geschehen. So wird ver⸗ fahren, daß die Sachlage eine solche ist, wie sie von dem Hrn. Refe⸗ renten dargestellt ist, kann ich nicht einräumen. Unrichtig ist es ferner, wenn der Hr. Referent den vbücha von zwischen 8 und 900 Stück Schwarzwild als etwas Unerhebliches bezeichnet. Im Gegentheil, dieser Abschuß ist außerordentlich bedeutend und ebenfalls nach dem Feugniß aller Betheiligten hat sich die Sachlage gegen das vorige

ahr sehr zum Guten geändert, was Cllerzng⸗, das erkenne ich an, weniger ein ausschließliches Verdienst der Behörden, als eine Folge des sehr schneereichen Winters ist, welcher das Abschießen viel mehr begünstigte, als in anderen Jahren.

Ueber den Antrag des Abg. Dr. Virchow, die Regie⸗ rung aufzufordern, dem Landtage in der nächsten Session einen Gesetzentwurf über die Aufhebung des konfessionellen Charakters der Kirchhöfe vorzulegen, erkärte der Minister der geistlichen Angelegenheiten, Dr. Falk, nach dem Antragsteller:

„Ich werde den verehrten Herrn Abgeordneten in seinen Aus⸗ führungen, die er zuletzt in Bezug auf die Leichenverbrennung gab,

begegnen kann, weil eine gewisse Reihen⸗

nicht folgen. Die Regierung hat ja, wie aus einer dem Hohen

Hause bekannt gewordenen Petition erhellt, in bestimmter Weise ihren Standpunkt zu erkennen gegeben, und es liegt für mich kein Anlaß vor, diesen Standpunkt zu verlassen. Der Herr Abgeordnete erkennt an, daß doch noch dieses oder jenes wohl vorangegangen sein nciht⸗ ehe die Frage der Leichenverbrennung etwas näher ins Auge gefaßt werden könnte. Er erinnerte dabei besonders an die Einführung von Leichenschau. Der Herr Abgeordnete selbst ist ja wie bekannt bei der Frage der Medizinalreform wesentlich betheiligt, und ich sehe deshalb mit einer gewissen Zuversicht dem betreffenden Vorschlage in dieser Beziehung entgegen. Der Herr Abgeordnete darf überzeugt sein, daß derselbe wie alle anderen gerechte Würdigung erfahren.

Indeß die Frage der Leichenverbrennung ist so aufgeworfen, daß der von ihm gestellte Antrag daneben bestehen bleibt. Was nun diese Anfrage betrifft, so möchte ich doch die Frage, ob das Hohe Haus im gegenwärtigen Augenblick Veranlassung habe, dem Antrage beizutreten, namentlich einen so formulirten Antrag verneinnehae.

Meine Herren! Beschwerden über die gepenwärtige Einrichtung des Kirchhofwesens sind sehr alt, ich habe dieselbe bei meinem Amts⸗ antritt in ziemtich umfangreichem Maße vorgefunden und reichliche Verhandlungen über Abstellung der betreffenden Beschwerden haben stattgefunden. Ich will auch nicht läugnen, daß manche dieser Be⸗ schwerden in der Entwicklung der letzten Jahre eine größere Schärfe erlangt haben, indessen die Uebelstände sind sicherlich älter wie eben die Vorgänge der letzten Jahre und die Frage, ob hier eine gesetz⸗ geberische Regelung eintreten muß oder nicht, wird sich weniger nach dem, was wir in den letzten Jahren erlebt haben, beantworten lassen, als überhaupt nach allen Erfahrungen, die in der Reihe der Jahre auf diesem Gebiete gemacht worden sind. Ich habe Veranlassung ge⸗ habt, über diese Angelegenheit die interessirenden Staatsbehörden ein⸗ gehend zu hören, und zwar sowohl über die faktischen Verhältnisse der einzelnen Landestheile, als die in Betracht kommenden rechtlichen Vorschriften oder rechtlichen Entwickelungen, als auch über die Vor⸗ schläge, wie eine Aenderung im Wege der Gesetzgebung zu machen sei. Die Berichte sind eingegangen. Das Material ist ein recht dickleibiges, das eine Buntheit der verschiedenen Verhält⸗ nisse und Anschauungen darstellt, wie sie etwa ähnlich sich bei dem bekannten Vermögensverwaltungsgesetz herausgestellt hat. Dieses Material unterliegt gegenwärtig der Sichtung und es wird, wenn sie abgeschlossen ist, das weitere beschlossen wer⸗ den. Wenn nun also der vorliegende Antrag den Zweck haben sollte, die Staatsregierung an diese Angelegenheit überhaupt zu erinnern, so halte ich ihn nach diesen abgegebenen Erklärungen für überflüssig.

Wenn ich mir aber den Wortlaut des Antrages ansehe, so kann ich doch nicht umhin, einige Bedenken seegen diesen Wortlaut zu hegen. Der betreffende Gesetzentwurf soll dem Landtage in der nächsten Session vorgelegt werden. Nun, meine Herren, wir haben eine sehr lange Landtagssession noch nicht ein⸗ mal hinter uns, wir schreiben heute den 1. Juni und wir wer⸗ den ja die Freude haben, noch einige Wochen an gemeinsamer Arbeit thätig zu sein. Meine Herren! Wenn Sie dann nach Hause gehen, so werde ich überzeugt sein, daß ich unter Ihnen kaum einen der nicht sagte: Gott sei Dank, nun habe ich etwas Ruhe! Meine Herren! Das geht anderen Leuten und meinen Herren Mitarbeitern genau ebenso wie Ihnen. Es ist eine absolute Noth⸗ wendigkeit, daß die vortrefflichen Männer, die ihre Kraft dem Mini⸗ sterium widmen, auch ihre Ruhezeit haben, und wie es natürlich ist, daß man die tüchtigsten Kräfte bei so wichtigen Arbeiten von den verschiedensten Gesichtspunkten aus zur Arbeit heranzieht, so geschieht es gewöhnlich, daß es genau dieselben Männer sind, die die Arbeit zu leisten haben. Nun liegt es in der Natur der Dinge, daß sie sich Alle ausruhen wollen, die Verwaltung kann aber nicht stillstehen, und die Folge davon ist die, daß ein Wechsel eintritt, daß der eine Herr die Arbeit des andern übernimmt während dessen Ruhe⸗ zeit und umgekehrt. Ich führe das an, um zu zeigen, daß auch beim allerbesten Willen in der That ein Zeitraum nach Schluß des Land⸗ tages hingehen muß, der etwa die Hälfte der Zeit, die bis zur Er⸗ öffnung der nächsten Sitzung vorhanden sein wird, konsumirt. Nun, meine Herren, muß ich ferner sagen, 92b leicht zu lösen ist die Auf⸗

abe nicht. Ich übersehe in keiner Weise, ob es nicht erforderlich sein wird, Rückfragen eintreten zu lassen auch nach Aufstellung eines Gesetzentwurfs im Ministerium.

Lassen Sie mich nur eines Punktes gedenken: Der Herr Ab⸗ geordnete hat Recht, wenn er vorhin darauf hinwies, daß die finan⸗ zielle Frage auf diesem Gebiete von einer ganz erheblichen Bedeutung ist, und die läßt sich denn doch nicht so vom grünen Tisch aus beant⸗ worten. Ich bin deshalb der Meinung, daß weitere Arbeiten auch zu weiteren Erörterungen führen können.

Dann aber, meine Herren, möchte ich fast glauben, daß, wenn die Kräfte des Kultus⸗Ministeriums auf gesetz⸗ geberische Arbeiten konzentrirt werden müssen, daß sich dann vielleicht die eine oder andere recht schwere Aufgabe noch als eine eher zu erledigende darstellen möchte als gerade diese. Ich erinnere beispielsweise an die Frage des Patronates, die hier so oft erörtert worden ist und die jetzt in einer weiteren Be⸗ arbeitung sich befindet; ob ich damit zu Ende komme bis zur nächsten Sitzung, weiß ich nicht; ich halte es aber für nöthiger, die vorhan⸗ denen Kräfte der Lösung dieser Aufgabe zu widmen. Also, meine Herren, einige Bedenken gegen die Worte „in der nächsten Session“ möchten wohl vorhanden sein.

Ich hatte auch Anfangs recht schwere Bedenken gegen die Worte „Aufhebung des konfessionellen Charakters der Kirchhöfe.“ Ich kann anerkennen, daß diese Bedenken milder geworden sind durch die Aus⸗ führungen des Hrn. Abg. Dr. Virchow von heute, ich kann auch an⸗ erkennen, daß die gesetzliche Entwickelung dieser Angelegenheit in der That nach der Seite des kommunalen Charakters der Kirchhöfe gra⸗ vitiren wird, aber, meine Hecren, das ist ganz sicher, mit einem ein⸗ zigen Federstrich durch den konfessionellen Charakter läßt sich die Sache ganz und gar nicht ausführen. Ich will auf die auch bei diesem Kapitel vorhandenen auscegenden konfessionellen Fragen nicht eingehen, sondern ganz allein noch an den erwähnten finanziellen Gesichtspunkt halten. Es ist nicht zu bestreiten, daß es eine Reihe Gemeinden beider großen christlichen Konfessionen giebt, welche ohne die Einnahmen aus den Kirchhöfen zunächst ruinirt sein würden, sie bedürfen dieser Mit.el, um ihre Existenz zu cehalten; es sind ja mancherlei Schritte geschehen, die die Einnahmen der Kirchengemein⸗ den auf anderen Gebieten verschränkt und verkürzt haben, es muß also hier doch unter allen Umständen in einer Weise ver⸗ fahren werden, die das Eigenthum nicht werthlos macht und die außerdem die Möglichkeit bietet, die erforderlichen Ueberleitungen eintreten zu lassen. Wenn in diesem Sinne die Aussährungen des Hrn. Abg. Virchow auszufassen sind, so wiederhole ich, es mildern sich meine Bedenken gegen diesen Satz, aber die Worte des Antrages ind etwas sehr nackt, und ich weiß doch auch nicht schließlich, ob nicht etwa dereinst ein größerer Ton gelegt werden möchte auf die Worte der Resolution, als auf die Ausführungen des Herrn Antrag⸗ stellers. So liegt die Sache, und wenn die Sache so liegt, so möchte ich glauben, fehlt es an einem ausreichenden Grunde, dem Antrage des Hru. Abg. Virchow die Zustimmung zu gewähren.

In der gestrigen Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten äußerte der Staats⸗Minister Dr. Falk nach der persönlichen Bemerkung des Abg. Roeckerath:

Ich habe nur zu bemerken, meine Herren, daß das Gespräch, welches der Hr. Abg. Roeckerath als zwischen ihm und mir gepflogen dargestellt hat, im Wesentlichen richtig vorgetragen ist, nur mit dem einen Unterschiede, daß ich ihm erklärt habe, ich wüte nichts davon, und würde mich überzeugen, ob solche Gutachten eingegangen seien. Inzwischen hatte ich mich überzeugt und habe jene Erklärung abgege⸗ ben. Im Uebrigen ist mir von seiner Erklärung in der „Dürener Zeitung“ nichts bekannt gewesen. Ich kann an Sie nur die Bitte richten, den stenographischen Bericht des Herrenhauses zu lesen und allenfalls noch den Artikel in der Perser⸗Jäans zur Hand zu nehmen und darnach Ihr Urtheil zu fällen.

vW 1

zur Darlegung ihrer

1

In der Diskussion über den Gesetzentwurf, die Pom

mersche Centralbahn und die Berliner Nordeisenbahn

betreffend, nahm der Handels⸗Minister Dr. Achenbach nach dem Abg. v. Benda das Wort: Meine Herren! Wenn die Königliche Staatsregierung bezüglich

des Ausbaues der Pommerschen Centralbahn und der Nordbahn die gegenwärtige Vorlage an dieses Hohe Haus gebracht hat, so ist ihr,

obwohl vielleicht der eine oder der andere der Herren Vorredner ein Anderes meint, ein solcher Entschluß keineswegs leicht geworden. Auch die Königliche Staatsregierung ist nach allen Seiten hin in die reif⸗ lichsten Erwägungen darüber eingetreten, welche Stellung sie diesem begonnenen und in Verfall gerathenen Unternehmungen gegenüber ein⸗ zunehmen hätte. 1

Nach eingehender Erörterung der verschiedenen dabei in Er⸗ wägung zu ziehenden Gesichtspunkte hat sich die Königliche Staats⸗ regierung zu dieser Vorlage entschlossen. Ich kann dabei auch nicht läugnen, daß auf die betreffende Entscheidung in gewisser Weise die Stimmung des Landes von Einfluß gewesen ist. Es hieße notorische Thatsachen läugnen, wenn man nicht annehmen und als wahr bestätigen wollte, daß die öffent⸗ liche Meinung im Lande von der Regierung verlangt hätte, daß diese Ruinen nicht Ruinen bleiben.

In der That, ganz abgesehen davon, daß es sich um die Herstel⸗ lung öffentlicher Wege handelt, möchte ich an das Hohe Haus die Frage richten, ob Zustände dieser Art nicht in Wahrheit in hohem Grade geeignet erscheinen, den Kredit des Landes und zwar nicht blos auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens dauernd zu schädigen. Welche Meinung wird man im In⸗ und Auslande schließlich von unseren Zu⸗ ständen haben, wenn Werthe von solchem Umfange nutzlos, ohne jeden Vortheil für das Land, verloren gehen sollten.

Im Uebrigen will ich dem Beispiele, welches fast durchweg die Herren Vorredner gegeben haben, meinerseits folgen, und auf die

Vorgeschichte dieser Unternehmungen“nccht vefter ingehenrnenf oam

mich deshalb auch enthalten, auf dasjenige, was der Hr. Abg. Richter bezüglich einzelner Personen erwähnt hat, hier zurückzukommen, und dies um so mehr, als ich bereits bei der Verhandlung im vorigen Jahre darauf hingewiesen habe, wie bei der ursprünglichen Fest⸗ stellung der thatsächlichen Verhältnisse jene Personen eine Gelegenheit persönlichen Stellung und Beziehungen meines Wissens nicht gehabt haben. Bei der vorjährigen Verhandlung in diesem Hohen Hause, als es sich darum handelte, eine Zinsgarantie für die Nordbahn zu gewähren, trat unläugbar der Gesichrspunkt in den Vordergrund, daß mit der bestehenden Aktiengesellschaft ein Pakt nicht abzuschließen sei. Ich brauche das Wort nicht zu wiederholen, welches damals mehrfach ausgesprocheen worden ist, es sei erst reiner Tisch zu machen. Nun, meine Herren, diese Auffassung prävalirte im

vorigen Jahre damit, daß trotz meines entgegenkommenden Wunsches das Hohe Haus es nicht einmal für nothwendig erachtete, die Regie-⸗

rungsvorlage in einer Kommission einer Vorberathung zu unter⸗

werfen; man wies die Vorlage vielmehr a limine zurück, weil mit der bestehenden Aktiengesellschaft nicht zu paktiren sei. Der reine Tisch ist nunmehr gemacht. bekanntlich schon vor längerer Zeit in Konkurs gerathen, und es ist ferner bekannt, daß auch die Nordbahngesellschaft in einen ähnlichen Zustand gerathen, daß nämlich die Liquidation angemeldet ist, was seinem Resultat nach ebenfalls zur Auflösung. der Aktiengesellschaft geführt hat, nachdem es ihr nicht gelungen war, in irgend einer Weise das Unternehmen wieder aufzurichten. Ich kann in dieser Beziehung nur das sir bern was Seitens des Hrn. Richter ausgesprochen ist, daß nämlich die Direktion und überhaupt diejenigen Iateressenten, welche mit der Nordbahn in Beziehung standen, wohl fast keinen Versuch unterlassen haben, um das Unternehmen wieder zu heben. Es sind auch Versuche sowohl von der Centralbahn als der Nordbahn gemacht worden, um die Provinzen, Kreise u. s. w. für die Eisenbahn zu interessiren; indessen, ich glaube, es liegt auf der Hand, daß es sich hier um so beträchtliche Summen handelte, daß eine Hülfe von dieser Seite, welche irgendwie beachtenswerth gewesen wäre, nicht erwartet werden konnte. In der That haben denn auch die gemachten Versuche erwiesen, daß man sich Verhältnissen gegenüber be⸗ fand, die durchaus nicht als leistungsfähige betrachtet werden konnten. Es trat nun die Frage an uns heran: was soll mit diesen Bahnen geschehen? Die Regierung faßte den eben besprochenen Beschluß, und fie hatte sich weiter zu fragen, welche Kaufpreise sind zu bieten? In dieser Beziehung hat der Hr. Abg. Richter dagegen plaidirt, daß der Bauwerth zu zahlen sei. Ich theile diesen Standpunkt, und die Re⸗ gierung hat ja ihrerseits durch die Vorlage bewiesen, daß sie nicht gewillt ist, dasjenige, was in der Bahn angelegt ist, wieder zu erstatten oder auch nur den Bauwerth zu zahlen. Man hat zunächst Ermittelungen darüber angestellt, wie hoch sich der Dismembrationswerth belaufe; es ist sodann die Bestimmung des Kaufpreises soweit über den Dis⸗ menbrationswerth hinausgegangen, um die Dismembration mit Erfolg verhindern zu können. Das ist die Grenze rücksichtlich der Feststel⸗ lung des Kaufreises für die Regierung gewesen, und ich glaube daher, daß sie sich vollständig auf demjenigen Boden bewegt, den der Hr. Abg. Richter soeben als richtig und nothwendig bezeichnete.

Einwendungen gegen die Vorlage sind im Laufe der heutigen Debatte namentlich aus dem Gesichtspunkte hergeleitet worden, daß beide Bahnen eine ausreichende Rentabilität nicht bieten würden. Meine Herren, ich glaube aussprechen zu dürfen, daß es eine außerordentlich mißliche Sache ist, über derartige Verhältnisse im Voraus ein bestimmtes Urtheil aussprechen zu wollen. Für und Wider läßt sich manches anführen; was aber in der Sache vollständig richtig sein mag, das ist im Voraus kaum anzugeben, ohne zugleich prophezeien zu wollen. Man muß deshalb von vorhandenen Thatsachen ausgehen, und die Regierung glaubt, daß sie ihrerseits mit gegebenen Ziffern gerechnet hat. Sie hat den beiden Bahnen einzelne Nachbarbahnen gegenüber gestellt und hat dann darauf hingewiesen, was ein der bisherigen Diskussion nicht speziell berücksichtigt worden ist, daß in Folge des billigen Ankaufs sich das Anlagekapital pro Meile wesentlich anders stellen werde, als bei den benachbarten Bah⸗ nen. Sie hat insbesondere ausgeführt, daß bei beiden Bahnen das Anlagekapital pro Meile ungefähr 250,000 Thlr. beträgt, während bei den in Vergleich gestellten Bahnen Stargard⸗Cöslin und Vor⸗ pommern das Anlagekapital 500,000 und 409,000 Thlr. pro Meile ausmacht. Wenn ein derartiger Unterschied zwischen dem Anlagekapital bei den angeführten Bahnen besteht, im Uebrigen aber die Verhältnisse als adäquat angenommen werden können, so glaube ich, irrt sich die Regierung nicht, wenn sie nach Ablauf einer angemessenen Zeit in der That eine bestimmte Rentabilität in Aussicht stellt. Ich sage nach Ablauf einer angemessenen Zeit, während für die Zwischenzeit eine gewisse Deckung der Zinsverluste in den Kautionen zu finden ist, welche die Re eingezggen hat. Ich bin deshalb kaum im Stande, auf dasjenige näher einzugehen, was ein einzelner Abgeordneter bezüglich des lokalen und des durch⸗

ehenden Verkehrs angeführt hat, nur das glaube ich konstatiren zu h daß beispielsweise die Nordbahn einen selbständigen lokalen

Verkehr bestzen wird und was den durchgehenden Verkehr betrifft,

letzterer ebenfalls nicht zu unterschätzen sein dürfte. Es ist dieser muthmaßliche durchgehende Verkehr wenigstens von solcher Bedeutung, daß er, wie ich versichern darf, bereits die Aufmerksamkeit des Aus⸗ landes auf sich gezogen hat, da dänischerseits wiederholt bei mir angefragt worden ist, ob die preußische Regierung nicht endlich zur Ausführung der Nordbahn übergehen werde, indem in Dänemark einzelne Eisenbahnunternehmungen von der Inangriffnahme der Nord⸗ bahn abhängig seien, so beispielsweise die Eisenbahn auf der Insel Falster. Es hat also dieses Unternehmen bereits die Aufmerkfamkeit

Die pommersche Centralbahn ist

des Auslandes in Betreff des durchgehenden Verkehrs auf sich gezogen.

Es liegt mir nun durchaus fern, hier irgendwie Uebertreibung auszu⸗ sprechen, ich lehne dies ab, bleibe absolut auf den nüchternen Stand⸗ punkt, welchen die Motive in dieser Beziehung einnehmen. Aber auch bezüglich der pommerschen Centralbahn muß ich, was den durch⸗ gehenden Verkehr anbetrifft, das Folgende e Wenn wir im vorigen Fühis den Bau einer Eisenbahn von Jablanowo nach Laskowitz

beschlossen haben, wenn wir ferner berücksichtigen, daß von Danzig 8 8 8

.

F eNNenvene

aus die Bahn von Marienburg nach Mlawa ausgefuͤhrt wird, so braucht nur ein Blick auf die Karte geworfen zu üeeag um zu 8 kennen, daß diese neuen Bahnanlagen mit Nothwendigkeit, sei es früh oder spät, zur Herstellung einer Linie wie die Centralbahn führen werden. Letztere, nachdem sie zu einem guten Theil der Vollendung nahe gebracht ist, liegen zu lassen, um sie vielleicht in späterer Zeit wieder in Angriff zu neh⸗ men, halte ich für keine gesunde Politik.

Wenn übrigens der Hr. Abg. Richter bei Gelegenheit der pommerschen Centralbahn eine abweichende Haltung der Königlichen Staatsregierung konstatiren zu können glaubte, so ist mir von dieser Nichts erinnerlich. Ich kenne keine Erklärung der Königlichen Staats⸗ regierung, welche dahin ausgefallen sei, daß sie es ablehne, sich mit der pommerschen Centralbahn irgendwie zu befassen. Eine solche Erklärung würde ich, was mich selbst anbetrifft, aufs Sorg⸗ fältigste vermieden haben, da ich schon bei den Verhandlungen im vorigen Jahre mich der Ueberzeugung nicht verschließen konnte, daß schließlich der Staat eintreten müsse. Mit dieser, meiner An⸗ schauung habe ich auch bei der vorigjährigen Debatte über die Nord⸗ bahn nicht im Geringsten zurückgehalten; schon damals erkannte ich, und sprach es offen aus, daß der ablehnende Beschluß des Hohen Hauses wahrscheinlich den Effekt haben würde, daß man auf kost⸗ spieligere Weise dieser Eisenbahnanlage demnächst zur Hülfe kommen müsse. Ich glaube demnach, daß der Hr. Abg. Richter in dieser Be⸗ ziehung irrt, und muß den außerdem an jene Bemerkung geknüpften Vorwurf der Systemlosigkeit bei Behandlung solcher Angelegenheiten meinerseits als wenigstens für den vorliegenden Punkt ich will sehr bescheiden sein nicht zutreffend erachten.

Meine Herren! Ich möchte aus den ange ebenen Gründen das Hohe Haus bitten, der e b seine Hülfe und Unterstützung nicht zu versagen; ich glaube, daß wir uns alsdann in Uebereinstimmung mit den Bedürfnissen des Landes be⸗ wesens die öffentliche Meinung sich vielfach in Schwankungen bewegt. Ich leugne nicht, was der 8 Aba. Richter seinerseits ausgesprochen hat, daß z. B. früher dieses Hohe Haus eine möglichst feste Anstellung der Eisenbahnbeamten von Seiten der Königlichen Staatsregierung verlangte, daß das Verlangen, eine thunlichste Abkürzung der Dienst⸗ zeit bei gewissen Eisenbahnbeamten eintreten zu lassen, vielfach in den Vordergrund gestellt worden ist und ich muß andererseits konstatiren, daß bei der letzten Budgetberathung entgegengesetzte Be⸗ Peehtben ziemlich einhellig hervorgetreten sind. Ich frage aber: Wem macht der Hr. Abg. Richter bei dieser Gelegenheit einen Vorwurf und ist überhaupt Ursache zu einem Vorwurf vorhan⸗ den, so frage ich weiter: warum hat Hr. Richter nicht Gelegenheit genommen, die ihm nicht zusagenden Anschauungen zu widerlegen und ihnen entgegenzutreten. Ich habe damals dem Hohen Hause das Versprechen gegeben, die Frage der Anstellung der Beamten einer wiederholten Erwägung zu unterziehen. Ich bin diesem Versprechen treu geblieben und in Folge dessen sind eine Reihe von Beamten, die vielleicht sonst fest angestellt werden wären, nicht zu einer solchen Stellung gelangt. Den mir gegebenen Anregungen entsprechend bin ich auf diesem Gebiete überhaupt mit Entschiedenheit vorgegangen und ich habe geglaubt, mich des Beifalls dieses Hohen Hauses erfreuen zu können. Es ist aber eine Aktion der Regierung überhaupt nicht möglich, wenn heute eine Maßnahme verlangt und morgen wegen der Ausführung der⸗ selben ein Angriff seden die Regierung gerichtet wird. Ich möchte daher lebhaft wünschen, daß man hierin konsequent sei. Wäre Hr. Richter anderer so würde es für mich bei dem hohen Gewicht, welches ich auf seine Meinung gerade in diesen An⸗ gelegenheiten lege, außerordentlich erwünscht gewesen sein, von seiner abweichenden Auffassung Kenntniß zu erhalten.

Nehmen wir sonach, meine Herren, in einer wohlwollenden Weise Stellung sn der Vorlage und lassen wir uns dadurch nicht behindern, daß man sagt, es handele sich nur um einige Rittergutsbesitzer. Es ist in der That eine allgemeine Landesangelegenheit in Frage, es han⸗ delt sich darum, Interessen einer Provinz zu unterstützen, die, man mag sagen, was man will, doch was ihre Verkehrsverhältnisse und die Begründung und Sicherstellung ihres Wohlstandes betrifft, im Allgemeinen zuruͤckgeblieben ist. Nehmen Sie die Vorlage daher an, Sie dienen damit dem Lande.

„— Vorgestern Abend haben innerhalb der Kreise der National⸗ liberalen, wie die „N. L. C.“ mittheilt, Besprechungen stattgefunden über die Aenderungen, welche das Herrenhaus an der Provinzial⸗ ordnung gemacht hat. Der Hauptgegenstand der Erörterung war selbstverständlich die Frage, ob es zulässig sei, auf der Basis eines natürlich zu verbessernden Provinzialraths für das Zustandekommen des Gesetzes zu wirken. Fast einstimmig erklärte man sich dahin: daß der Gedanke, statt des ganzen aus 12 22 Personen bestehenden Pro⸗ vinzialausschusses eine kleinere aus diesem Ausschuß zu wählende Bele⸗ gation an den staatlichen Aufgaben mitwirken zu lassen, weder den von der Partei bisher vertretenen Prinzipien, noch den Ideen des Gesetzes widerspreche, wenn nur dafür gesorgt werde, daß das bürgerliche Ele⸗ ment in dieser Delegation hinreichend vertreten sei, um ernstlich einen mitwirkenden Einfluß zu üben. Von diesem Standpunkt aus erklärte man einen aus 3 Beamten und 4 Laien, bei Beschlußfähigkeit mit 5 Stimmen, zusammengesetzten Provinzialrath, wie das Herrenhaus ihn will, für unannehmbar, hielt aber die Mitwirkung des Bürger⸗ thums hinreichend gewahrt, wenn das Berufsbeamtenthum nur durch den Ober⸗Präsidenten mit seinem Institiarius, das Bürgerthum da⸗ gegen durch 5 Mitglieder vertreten, also bei Beschlußfähigkeit mit 5 Stimmen jedenfalls in der Mehrheit sei. Von allen Seiten wurde wirthschastlichen und der staat⸗ lichen Aufgaben, in der Heranziehung der Bürger zu der Landesverwaltung der eigentliche Nerv des Gesetzes gefunden und ausdrücklich konstatirt, wie die liberale Partei, gerade um dieses wichtigste Ziel zu erreichen, die in der vorigen Session vorgelegte Pro⸗ vinzialordnung zurückgestellt und die Durchführung jenes Gedankens zu einer der Hauptbedingungen ihrer Zustimmung zu einer neuen Ordnung gemacht habe. Nachdem man sich über dieses Prinzip verständigt, wurden die einzelnen wichtigen Aenderungen durchgesprochen. Den §. 12. Vermehrung der Stimmenzahl für die größeren Städte, hat das Herrenhaus gestrichen, ohne daß von Seiten der Städte, die vielfach darin eine schädliche, und doch wenig durchschlagende Be⸗ günstigung der großen zu Ungunsten der kleineren Städte finden, besondere Opposition erhoben wurde; zumal auch die An⸗ sprüche der Magnaten auf Virilstimmen sich an jene Privile irung knüpften. Aus den angedeuteten Gründen wurde dann auch Seitens der versammelten Abgeordneten kein entscheidender Werth auf den Paragraphen gelegt. Im §. 46 ist der Landesdirektor von Amtswegen zum Mitglied des Provinzialausschusses gemacht. Da der Landesdirektor mit berathender Stimme im Ausschuß ja säben aura sein und fege Kenntniß der laufenden Verwaltung dem⸗

in der Verbindung der

elben zur Verfügung stellen kann, auf der anderen Seite der Aus⸗ chuß die Kontrolbehörde des Landesdirektors ist und gerade dessen Verwaltung zu kritisiren hat, so hien man die Mitgliedschaft im Ausschuß nicht für zulässig. Zu beachten ist auch die Aenderung in §. 79 „Polizeivorschriften“., Die von dem Regierungs⸗Präsiden⸗ ten unter Zuziehung des Bezirksausschusses („Rathes) erlassenen Polizei⸗ vorschriften treten nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses von selbst außer Kraft, wenn sie innerhalb 6 Monaten nicht die nach⸗ trägliche Zustimmung des Provinzialausschusses (Rathes) erhalten haben. Nach dem Herrenhausbeschlusse ist der Ober⸗ rästdent nur befugt, sie unter Zustimmung des Provinzialraths wieder aufzuheben. Man war der Ansicht, daß diese bloße Befugniß nicht genüge. In der Steuerfrage, §. 106 (117), war man einmüthig und ohne jede Diskussion gewillt, den Beschluß des Abgeordnetenhauses (Vertheilung nach den direkten Staatssteuern, statt Heranziehung der Grund⸗ und Gebäudesteuer nur zur Hälfte) festzuhalten. Sehr er⸗ heblich erschienen die Verschlechterungen, die das Herrenhaus

in Betreff der Aufsicht über die Provinzial⸗Selbstverwallung in das

Gesetz gebracht hat (§§. 114 u. folg., 125). Nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses ist die Aufsicht über die Verwaltung der An⸗ gelegenheiten der Prorinzialverbände nach Maßgabe dieses Gesetze

Fesrhes nfoncferen eei ere †es Elfenbahn?

zu führen, die Aufsichtsbehörden (§§. 118 resp. 126) haben nur mit den, in diesem Gesetz ihnen zugewiesenen c)bhen die Füh⸗ rung der Verwaltung der Provinzialorgane zu wachen. Die Anfech⸗ tung der Beschlüsse Seitens des Ober⸗Präsidenten hat keine auf⸗ schiebende Wirkung, die Beschlüsse gelten, bis das Ober⸗Verwal⸗ tungsgericht entschieden hat. Alles dies ist vom Herrenhaus beseitigt; nach den Beschlüssen desselben ist das Maß der Aufsicht un⸗ beschränkt, mindestens ist keine tlare Grenze gezogen; es bleibt im Dunkeln, welche Strafmittel die Aufsichtsbehörde gegen die Provinzial⸗Beamten anwenden darf. Dieser Punkt ist für die Freiheit und Selbstverwaltung im Grunde viel wichtiger als die Frage, ob bei den Staatsangelegenheiten der ganze Ausschuß oder ein Comité des Ausschusses mit thätig sein soll. Man war einmüthig der Ansicht, daß die vorsichtige Begrenzung des Aufsichts⸗ rechts wieder hergestellt werden müßte. Auch die „aufschiebende Wir⸗ kung“ der Einsprache des Ober⸗Präfidenten auf Grund angeblich ver⸗ letzten Gesetzes dürfe jedenfalls nur dann zuselassen werden, wenn der Ober⸗Präsident durch das Gesetz verpflichtet werde, sofort die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts einzuholen, jede Verschlep⸗ pung der Sache also gesetzlich untersat sei. Dies sind die wesent⸗ lichsten Punkte, welche zur Berathung kamen. Den weitaus größten Theil der Diskussion nahm, wie bereits erwähnt, die prinzipielle

rage ein, wie man sich zu dem Abschnitt V. Mitwirkung an der

erwaltung der staatlichen Angelegenheiten überhaupt zu stellen

Statistische Nachrichten.

Nach der Gebäudesteuer⸗Rolle pro 1875 ist

, der die Zahl der steuerpflichtigen Gebäude Berlins 8

im Jahre 1874 von

steuek serdst von 2,277,443 N auf 2,481,777 ℳ, also um 204,334 gestiegen. Die Zahl der steuerfreien Gebäude betrug Anfang Ja⸗ nuar d. J. 1339. Während in dieser Weise die Gebzudesteuer fort⸗ während in außerordentlicher Weise zunimmt, findet in Folge der Verwandlung von Aeckern, Gärten in Baustellen bei der Grundsteuer eine regelmäßige Abnahme statt; der Reinertrag aller hierher gehöͤ⸗ rigen Parzellen ist nämlich von 64,534 auf 62,006 ℳ, also um 2528 ℳ, und der Steuerbetrag von 16,136 auf 15,546 ℳ, mithin um 590 gesunken.

u“ Territorium und Bevölkerung Europas, nach der dritten Auflage der „Staaten Europas“ von Hofrath Dr. H. F. Brachelli. Europa ist aus 76 Staaten (45 Monarchien und 31 Republiken) zusammengesetzt, von welchen 52 in 2 Bundesstaaten ver⸗ einigt sind (im Deutschen Reich und in der schweizerischen Eidgenosfen⸗ schaft), 2 durch die Personal⸗ und Real⸗Union zusammenhängen (Oesterreich und Ungarn), 8 im Verhältnisse der Personal⸗Union stehen (Preußen und Lauenburg, Niederlande und Luxemburg, Schwe⸗ den und Norwegen, Rußland und Finnland) und 2 unter der Ober⸗ Shah eines andern Staats sich befinden (Rumänien und Serbien).

asselbe zählt auf einem Flächeninhalt von 178,747 geogr. Quadrat⸗ meilen oder 9,841,346 Quadratkilometer nach den neuesten Ausweisen 301,458,513 Bewohner. Außerdem weisen die in fremden Erdtheilen gelegenen Fe ungen der europäischen Staaten eine Volksmenge von 334,440,657 Bewohnern nach.

Der Flächeninhalt und die Bevölkerung Europas vertheilen sich auf die einzelnen Staaten in folgender Weise: Staaten Quadrat⸗ Volksmenge

Kilometer

Russisches Kaiserreich mit dem Großfürstenthum Ae“ Königreich Schweden und Nozwegen „.. Oesterreichisch⸗ungarische Monarchie.. Deutsches Reich .... Osmanisches Reich mit

71,196,679 (1868 1873) 6,010,412 (1872)

35,904,435 (31. Dez. 1869) 41,060,846 (1. Dez. 1871)

5,333,181,03 761,539,45

624,044,80 544,906,98

den Vasallenstaaten Republik Frankreich. Königreich Spanien. Vereinigtes Königreich Großbritannien und E“; Königreich Italien 8 Dänemark. 5 Portugal. Griechenland Schweizerische Eidge⸗ nossenschaft... Königreich der Nieder⸗ lande mit dem Groß⸗ herzogthum Luxem⸗

1“ Königreich Belgien ... Fürstenthum Monte⸗

EE“ Republik Andorra.. Fürstenthum Liechten⸗

stein Republik San Marino Fürstenthum Monaco

533,966,59 528,576,75 507,036,00

15,930,087 (1871 1873) 36,102,921 (1872) 16,798,925 (1. Januar 1871)

315,325,30 296,305,41 141,986,27 92,752,52 50,211,85

41,418,22

32,009,007 (3. April 1871) 26,801,154 (31, Dez. 1871) 1,864,496 (1. Febr. 1870) 4,367,882 (31. Dez. 1871) 1,457,894 (2. Mat 1870)

2,669,147 (1. Dez. 1870)

3,871,930 (1872 1873) 5,253,821 (1. Januar 1874)

130,000 . Schätz.

35,462,28 29,455, 16

4,427,06 495,86

178,40 61 ,67 14,86

8,320 (1872) 7,816 71874) 5,741 71873.

gendermaßen festgestellt werden:

Deutsche mit den Holländern und Vlämen 58,100,000, Eng⸗ länder 28,800,000, Skandinavier (Schweden, Norweger, Dänen, Is⸗ länder) 8,080,000, Franzosen und Wallonen 37,000,000, Italiener mit den Friaulern) 27,800,000, Spanier und Portugiesen 20,800,000 RKomanen (Rumänen, Moldauer und Walachen) 8,030,000, Russen und Ruthenen 55,000,000, Polen 9,700,000, Tschechen, Mährer und Slowaken 6,500,000, Sorbische Wenden 140,000, Kroaten, Serben und Bosniaken 5,800,000, Bulgaren 3,800,000, Slovenen 1,230,000, Kelten 4,100,000, Israeliten*) 3,000,000, Malteser, Moriscos und Araber 200,000, litthauische Völker 2,800,000, Albanesen und Ar⸗ nauten 1,300,000, Basken 700,000, Zigeuner 600,000, Circassier 400,000, Armenier 260,000, Magyaren 5,920,000, finnische Völker 4,710,000, tartarische Völker 2,500,000, osmanische Türken 1,200,000, Kalmücken 100,000.

Von der Gesammtbevölkerung Europas bekennen sich 96,1 % zum Christenthume und es entfallen auf die einzelnen Religionsbekenntnisse

in runden Ziffern: pCt,

Femisgh „katholische Kirche... 49,32 Griechisch⸗orientalische Kirche .. 22,75 Evangelische Kirche 22,40 Christliche Sekten. .. 1,54 Gregorianisch⸗armenische Kirche 0,07 111“*“ 6,370,000 2,u Ifraelitischer Kultus . . . . . . . . .. 5,110,000 1,00 Andere Religionsbekenntnisse und Konfessions⸗ 111AA4A64*“ʒ 369,000 0, Der offizielle Einwanderungsbericht giebt die Zahl der Einwanderer in den Vereinigten Staaten vom 1. Juli 1873 bis 30. Juni 1874 auf 313,339 an, die aus 103 verschiedenen Ländern kamen. 194,114 von denselben landeten in dem Hafen New⸗Yorks. Aus Deutschland kamen 87,291 der Einwanderer, aus Irland 53,707;

Menschen 148,700,000 68,580,000 67,500,000 4,630,000 200,000

*) Unter den an diesem Platze verzeichneten Israeliten sind blos die Israeliten im russischen Reiche, in der Türkei, Romänien, Ser⸗ bien und Griechenland begriffen, während die Israeliten in den übrigen Staaten im Hinblick auf die immer mehr schwindenden Racen⸗

verschiedenheiten jenen Volksstämmen zugezählt wurden, deren Sprache sie sich bedienen. 1G

8

24,239 auf 25,677, also um nicht weniger als 1428, und die Gebäude⸗.

Die verschiedenen Nationalitäten können annäherungsweise fol⸗

England 50,935; China 13,776; Schottland 10,429, Norwegen 10,384; Frankreich 9643; Italien 7596; Schweden 5572; Rußland 3960; Dänemark 3082; Polen 1795; von den Azoren 1551; von Australien 995; Cuba 980; den Sandwich⸗Inseln 154; aus der Türkei 67; Island 33; Marokko und Algier 7. Während der letzten fünf Finanzjahre, beginnend mit 1. Juli 1869 und endend mit 30. Juni 1874, sind in die Vereinigten Staaten 1,886,501 Personen einge⸗ wandert und zwar 1870: 387,203; 1871: 321,350; 1872: 404,806; 1873: 459,803; 1874: 313,339; hiervon kamen aus dem Vereinigten Königreich 579,052; 492,50] gehörten den Ländern deut⸗ scher Zunge an; dazu kommen 19,178 Skandinavier; 78,748 Roma⸗ nen; 14,502 Slaven; 48,991 Chinesen; 158,089 aus britisch Nord⸗ amerika: 6014 aus spanischen und portugiesischen Kolonien und 16,035 aus allen anderen Ländern. Außer den Einwanderern kamen im letzten Jahre 62,340 Persenen in den Vereinigten Staaten an; 47,730 hiervon waren amerikanische Bürger, di

Ländern zurückkehrten, der Rest Vergnügungs⸗

aus Europa ꝛc. Die Zahl der Passagiere, die im vergangenen Jahre die Vereinigten Staaten verließen, wird auf 134,686 angegeben, von de⸗ nen sich 93,478 in New⸗VYork einschifften. Die Ausfuhr von Pro⸗ dukten aus den Vereinigten Staaten erreichte im abgelaufenen Jahre einen Werth von 484,700,000 Dollars. Hauptausfuhrartikel sind Baumwolle, Getreide (besonders Weizen), Fleisch, Tabak und

Petroleum. Kunst, Wissenschaft und Literatur. Dem „Athenäum“ zufolge wird demnächst ein Band, be⸗ stehend aus der wichtigsten philosophischen Korrespondenz des ver⸗ storbenen Mr. John Stuart Mill, veröffentlicht werden. Dasselbe Blatt kündigt auch das baldige Erscheinen des „Lebens und

Briefwechsels von Lord Macaulay“, herausgegeben von dessen

Neffen, Mr. E. O. Trevelyan, M P., an.

= ueder eine neue gelehrke Exeditiön in“ Centiral⸗ Asien bringt die „Turkest. Ztg.“ folgende Nachrichten: Mitte April haben die Glieder einer Expedition in das Lanp Hissar, welche die⸗ ses bisher völlig unbekannte Land erforschen sollen, Taschkent verlassen. Hissar ist von dem Sarawschanschen Bezirk nur durch das Thal Schachrisjabs getrennt. Die Südgrenze dieses fruchtbaren Thales, der Heimath Tamerlans, ist der hohe Gebirgsrücken der Hissarschen Berge. Der ganze Raum südwärts von diesen Bergen bis zum Amu⸗Darja ist in so hohem Mahe unbekannt, daß man nicht einmal weiß, ob die Stadt Hissar wirklich existirt, oder ob Hissar nur die Bezeichnung für die gegenwärtig dem Emir von Bucharg gehörende Provinz ist. Die Expedition hat den Zweck, die ganze Strecke vom Berggürtel bis zum Amu⸗Darfa genau zu erforschen. Wenn die Umstände günstig sind, wird die Expedition auch Kul⸗Ob (Kuljat) besuchen. Die Marschroute ist annähernd folgende: aus Ssamarkand auf dem Saumpfad über den Paß Tachtakaratscha in das Thal Schachrisjabs und nach Karschi, wo die Expedition mit dem Emir von Buchara, der bald nach Karschi gehen wird, zusammen⸗ treffen soll, dann weiter über Schaar, Kitab und Jakko⸗Bak zur Hissarschen Bergkette, von dort über den Paß Kalta⸗Minar und den Tschartschakschen Engpaß in die Stadt Baissun in der Provinz Hissar. In Karschi soll die Expedition die nöthigen Erkundigungen uͤber den Weg von Karschi nach Baissun über Gusar einziehen. Dieser Weg ist auf allen Karten sehr ungenau angegeben. Nach dem Aufenthalt in Baissun wird die Expedition alle bedeutenderen Städte am Südrande des Hissarschen Gebirges besuchen und dann an die Mündung des Ssurch⸗Ob, eines des Amu⸗Darja, gehen. Von hier aus wird die Expedition sich bemühen, nach Kul⸗ Ob (Kuljat) durchzudringen und den Rückweg nach Ssamarkand durch das Hochland des oberen Sarawschan nehmen, wobei sie durch den Ansobschen oder einen anderen Paß das Thal Jagna⸗Oba zu erreichen suchen wird. Die Leitung der Expedition ist Hrn. N. A. Majew übertragen. Als Glieder derselben fungiren der Astronom Schwarz und die Seconde⸗Lieutenants Kriwzow und Wischnewskij, welche sich mit dem diplomatischen Beamten A. A. Weinberg bereits über Ssa⸗ markand nach Schachrisjabs und Karschi begeben haben.

Gewerbe und Handel. 1 Landau, 28. Mai. Der kürzlich hier abgehaltene Wein⸗

markt, zu dem sich über 600 Personen eingefunden hatten, hat hin-

sichtlich des Besuchs die gehegten Erwartungen übertroffen, so daß man sich genöthigt sehen wird, für den nächsten Markt (im Sep⸗ tember) ein geräumigeres Lokal auszumitteln. Es wurden etwa

60 Fuder (zu 1000 Liter) verkauft, alles 1874 er für ältere Jahr⸗

gänge stellten Eigner Preise, zu denen sich die Kauflustigen nicht ver-

stehen wollten. Gewöhnliche Sorten 1874 er wurden mit 140 bis 210 Fl. bezahlt, Traminer mit 240 bis 420 Fl. Im Allgemeinen 5 Käufer zurückhaltend in Folge des sehr gunstigen Standes der Keben.

Wien, 2. Juni. (W. T. B.) Das Börsenschiedsrichter⸗ Kollegium hat in einem speziellen Falle dahin entschieden, daß bei pr. Differenz geschlossenen Geschäften in Lombardenkoupons der volle Betrag von Null bis zum Kanufs⸗ resp. Verkaufspreise be⸗ zahlt wird.

In St. Petersburg tagte in den letzten Wochen ein Kon⸗ greß von Vertretern der Metallindestrie. Der Chrenpräsident Großfürst Konstantin schloß am 23. v. M. denselben mit einer Rede, in welcher er sagte: „Ich freue mich, konstatiren zu können, daß die Verhandlungen des Kongresses sehr lebhaft waren. Das ist der beste Beweis für die Nothwendigkeit eines Gedankenaustausches über eine so wichtige Frage wie die Entwicklung der Metallindustrie. Ihre Erörterungen haben vollständig bestätigt, 888 es in allen Theilen Rußlands unermeßliche Eisenerzlager giebt. ie Einen suchten zu beweisen, daß die 8 sich im Ural vorfinden, Andere ver⸗ sicherten, daß Süd⸗Rußland an Eisen und Steinkohlen reich sei; die Hüttenbesitzer aus dem Westen sprachen von dem Reichthume ihrer Heimath an Eisen und Kohlen; die aus dem Norden wiesen auf Finn⸗ land und die nördlichen Provinzen hin, wo sich sehr beträchtliche Mineral⸗ lager befinden und die ungeheuren Wälder Brennholz liefern könnten. In Bäüte Raßteas giebt es schon lange Schmelzhütten, und wenn der Süden wohlfeile Steinkohle dahin liefern kann, wird sich die Eisenproduktion verzehnfachen. Ich bin überzeugt, daß der Zeitpunkt für eine energische Thätigkeit in der Metallindustrie für uns gekommen ist, weil die Eisenbahnen, die Telegraphen, die Dampfschiffahrt, die Fabriken und auch die Landwirthschaft dringend Metall benöthigen. Die nationale Gewerbsthätigkeit erkennt die herrschenden Bedürfnisse und richtet sich darnach. Diejenigen, welche jetzt Hüttenwerke und Maschinenwerkstätten errichten, werden vor den ersten unvermeidlichen Schwierigkeiten nicht zurückschrecken, aber dafür auch den Grund eines gesicherten Wohlstandes für ihre Nachkommen legen. Anderthalb Jahrhunderte nach Peter dem Großen, dem Schöpfer der russischen Minenindustrie, eröffnet sich eine neue Aera für die Metallindustrie unter Alexander II., dem Erneuerer des bürgerlichen und ökonomischen Lebens Rußlands.

Schon jetzt ist der Eisenverbrauch in Rußland ungemein groß, wie wird er erst werden, wenn das Reich mit einem vollständigen Eisenbahnnetz überzogen ist, alle schiffbaren Flüsse von eisernen Dampfern befahren werden und der Landbebauer nur noch Maschinen⸗ geräthe benützt; wenn der Gebrauch von Maschinen in der Manufak⸗ turindustrie allgemein geworden sein wird, der Bau von Seeschiffen einen Aufschwung nimmt und unsere Handelsflagge auf fernen Meeren weht, mit einem Worte, wenn unser mit 80 Millionen fleißiger und fähiger Arbeiter bevölkertes Vaterland mit der Hülfe eines wohlfeilen Metalles und guter Maschinen arbeitet. Heute haben unsere Grenz⸗ länder, durch unermeßliche Räume von einander getrennt, alle ihr be⸗ sonderes Leben, ihre eigene Entwicklung. Ich bin aber fest überzeugt, daß das Metall die Entfernungen verringern und auch die Länder einander näher bringen wird. Es wird gemeinsame Interessen schaffen, mit einem Wort eine vollständige Aehnlichkeit in den skonomischen Verhältnissen und im ganzen Leben der ungeheuren russischen Volks⸗ familie herstellen. Ich werde mit dem lebhaftesten Interesse die Ent⸗ wicklung der Hüttenindustrie in Rußland verfolgen, und jeder ihrer Erfolge wird für mich eine nene Freude sein, da es eine solche für

land ist.“ 1

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