1875 / 135 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 12 Jun 1875 18:00:01 GMT) scan diff

begutvagten die

zahl von Regierungs⸗Kommissarien beiwohnten, erfolgte zunächst die erste Berathung über den Gesetzentwurf, betreffend das Hin⸗ terlegungswesen. An der Generaldiskussion betheiligten sich nur die Herren Graf Rittberg und Graf zur Lippe, sowie die Regierungs⸗Kommissare Geheimer Ober⸗Justiz⸗Rath Herzbruch und Geheimer Justiz⸗Rath Kurlbaum II. In der Spezialdiskussion wurden die §§. 1 bis 7 ohne Diskussion angenommen. Der . 8 lautet: 8 Im Fall der Hinterlegung von Werthpapieren sind die Deposital⸗ beamten nicht verpflichtet: 1) die Ausloosung oder Kündigung der Werth⸗ papiere zu überwachen; 2) für die Einziehung neuer Zins⸗ oder Dividendenscheine oder der Beträge fälliger Zins⸗ oder Dividenden⸗ scheine von Amtswegen zu sorgen. Die Herren Graf Rittberg, Graf zur Lippe und v. Kleist⸗ Retzow sprachen sich für die Streichung dieses Paragraphen aus, während die Herren Wever, Dr. v. Goßler und Dr. Dernburg, der Geheime Justiz⸗Rath Kurlbaum II. und der Finanz⸗Minister Camphausen sich für die Beibehaltung des §. 8, der auch bei der Abstimmung mit mäßiger Majorität angenommen wurde, aussprachen. Schließlich wurde das ganze Gesetz in der vor⸗ liegenden Fassung genehmigt. Es folgte als zweiter Gegenstand der Tagesordnung die einmalige Schlußberathung über den von dem Hause der Abge⸗ ordneten in abgeänderter Fassung zurückgekommenen Entwurf einer Provizialordnung für die Provinzen Preußen, Branden⸗ burg, Pommern, Schlesien und Sachsen. Die Referenten Dr. Elwanger und Brüning beantragten: den Entwurf in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses anzunehmen. Dagegen wes dan Kleis-Retzom und -Hassechsche =im demn ersten Abschnitt des §. 62 den fruͤüheren Beschluß des Herren⸗ hauses wieder herzustellen. An der Generaldiskussion bethei⸗ ligten sich bis zum Schluß des Blattes außer dem Referenten Dr. Elwanger die Herren von Kleist und Hasselbach gegen und Freiherr von Maltzahn und Graf Rittberg für den Antrag des Referenten.

Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung des Hauses

der Abgeordneten wurde der Antrag des Abg. v. Lys⸗ kowski auf Festsetzung der polnischen Sprache als Unterrichts⸗ sprache für den angehenden Unterricht der polnischen Schul⸗ jugend im Großherzogthum Posen und in Oberschlesien und auf Aufhebung der betreffenden in den letzten Jahren erlassenen Schulverordnungen mit allen Stimmen gegen die des Centrums und der polnischen Abgeordneten abgelehnt, nachdem die Ver⸗ treter der Staatsregierung, Ministerial⸗Direktor Greiff und Ge⸗ heimer Regierungs⸗Rath Schneider ausführlich nachgewiesen hatten, daß jene Verordnungen lediglich im pädagogischen wie im Interesse der Schuljugend erlassen seien und bereits ihren heilsamen Einfluß äußerten. Nachdem alsdann das Haus eine große Anzahl von Petitionen erledigt hatte, wurde die Sitzung 3 ½ Uhr geschlossen und die nächste auf heut 11 Uhr an⸗ gesetzt. 1 In der heutigen (79.) Sitzung des Abgeordneten⸗ hauses, welcher am Ministertische der Minister für die land⸗ wirthschaftichen Angelegenheiten Dr. Friedenthal und mehrere Kommissarien beiwohnten, wurde der Entwurf eines Gesetzes, betref⸗ fend die Ermächtigung der Staatsregierung zur Bestreitung der Aus⸗ gaben für das Ober⸗Verwaltungsgericht in dritter Berathung genehmigt und der von dem Herrenhause in veränderter Fassung zurückgelangte Entwurf eines Gesetzes über das Kostenwesen in Auseinandersetzungssachen ohne erhebliche Debatte angenommen.

. Namens der Rechnungskommission berichtete hierauf Abg. Dr. Hammacher über den Nachweis über die Verwendung des in dem Etat der Eisenbahnverwaltung für das Jahr 1873 zu unvorhergesehenen außerordentlichen Ausgaben für die Staats⸗ eisenbahnen ausgesetzten Dispositionsfonds von 150,000 Thlr. Das Haus genehmigte den Antrag der Kommission:

zu erklären: daß der im Staatshaushalts⸗Etat pro 1873 unter Titel 24 der einmaligen und außerordentlichen Ausgaben hinsichtlich

„Dispositionsfonds zu unvorhergesehenen außerordentlichen Aus⸗ gaben für die Staatseisenbahnen“ gemachte Vorbehalt durch die Ver⸗ wendungsnachweisung als erledigt anzusehen ist.

Es folgte der mündliche Bericht der Kommission für die Geschäftsordnung, betreffend die Uebersicht der von der Staats⸗ regierung auf Anträge und Resolutionen des Abgeordneten⸗ hauses aus der Session von 1873/74 gefaßten Entschließungen.

Das Haus genehmigte den Antrag der Kommission:

„I. Die Ueberschrift des Kapitels IV. der Geschäftsordnung dahin zu ändern: Behandlung der Interpellationen und der Ueber⸗ sichten der von der Regierung gefaßten Entschließungen auf Beschlüsse des Hauses.

II. Der Geschäftsordnung hinter §. 32 einen neuen §. 32 a. beizufügen, dahin lautend: Die Uebersicht der von der Regierung auf die Anträge und Resolutionen des Hauses gefaßten Ent⸗ slehungen wird zum Druck und zur Vertheilung be⸗

ördert. Binnen 14 Tagen nach erfolgter Vertheilung ist jedes Mitglied des Hauses berechtigt, die Uebersicht zum Gegen⸗ stande von Bemerkungen zu machen, welche sich jedoch zu beschränken haben: 1) auf den Mangel der Erledigung bestimmt anzuführender Punkte, 2) auf die Unvollständigkeit der gegebenen Auskunft. Diefe Bemerkungen sind dem Prästdenten schriftlich einzureichen. Diejenigen Be⸗ schlüsse des Hauses, welche durch Zustimmung oder Ablehnung der Regie⸗ rung ihre Erledigung gefunden haben, dürfen nicht zum Gegenstande der Bemerkungen gemacht werden. Sind innerhalb der vierzehntägigen Frist Bemerkungen eingegangen, so werden diese dem Staats⸗Ministerium mitgetheilt und sodann deren Verhandlung auf die Tagesordnung ge⸗ setzt. Bei der Verhandlung im Plenum ist die Stellung eines An⸗ trages unzulässig, es bleibt aber jedem Mitgliede des Hauses über⸗ lassen, den Gegenstand in den regelmäßigen Formen der Geschäfts⸗ ordnung weiter zu verfolgen.“

Auch folgender Antrag des Abg. Schmidt (Stettin) wurde angenommen:

„Unter Anerkennung des in der Mittheilung Seitens der Staats⸗ regierung bewiesenen Entgegenkommens die Uebersicht der auf An⸗ träge und Resolutionen des Abgeordnetenhauses aus der Session von 1873/74 gefaßten Entschließungen für erledigt zu erklären.“

Hierauf wurden verschiedene Petitionen nach den An⸗ trägen der Kommission erledigt und sodann über den Antrag der Abgeordneten v. Wierzbinski und Genossen berathen:

„Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, dem im Groß⸗ herzogthum Posen seit dem 21. Februar 1861 bestehenden polnischen v11“ Centralverein die staatliche Anerkennung zu er⸗

heilen.“

Der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten Dr. Friedenthal versicherte den Antragstellern, daß er frei von jedem Hasse und dankbar für die Bemühungen des in der Pro⸗ vinz Posen bestehenden polnischen Centralvereins um die Land⸗ wirthschaft sei; gleichwohl sei er nicht in der Lage, den Antrag zur Annahme zu empfehlen, da der Verein separatistische Ten⸗ denzen verfolge. Der Antrag wurde, nachdem der Abg. Hundt v. Hafften gegen, der Abg. Kantak für denselben gesprochen hatte, bei Schluß des Blatts vom Hause abgelehnt.

256,818,310 Kronen; an Silbermünzen: 20,134,075 5⸗Markstücke, 62,503,690 1⸗Markstücke, 14,816,168 40 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 7,478,274 4 10⸗Pfennigstücke, 3,645,433 95 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 2,727,071 2⸗Pfennigstücke; 1,326,865 65 1⸗Pfennigstücke. Gesammtausprägung: an Goldmünzen: 1,142,327,800 ℳ; an Silbermünzen: 97,453,933 40 ₰; an Nickelmünzen: 11,123,707 95 J.; an Kupfermünzen: 4,053,936 65 ₰.

Wilhelmshaven, 10. Juni. (Kieler Ztg.) Die Bauten für die zweite Hafeneinfahrt haben begonnen. Es wird zunächst von den Batterien bei Bandt bis zur südlichen Mole ein Fang⸗ deich angelegt. Hinter demselben kann dann bequem der jetzige Liegehafen des Handelsverkehrs zur Hafeneinfahrt ausgebaut werden. Ebenso wird demnächst an der nördlichen Seite des Hafenkanals mit dem Baue der Bassins begonnen werden, die, durch Quais verbunden, besonders eine bessere Gelegenheit zur Ausrüstung der in Dienst zu stellenden Schiffe gewähren sollen, so daß Liegehafen und Ausrüstungshafen getrennt werden.

Frankfurt a. M., 11. Juni. (W. T. B.) Den Redac⸗ teuren der „Frankfurter Zeitung“ ist heute das Erkenntniß der Anklagekammer des Appellationsgerichts publizirt worden. Auf Grund desselben wurde den Redacteuren ihre anderweite Vernehmung und, falls sie abermals die Zeugenaussage ver⸗ weigern sollten, die Vollstreckung der Zwangshaft in Aussicht gestellt. Die Vorgeladenen erklärten, daß sie die Nichtigkeitsbe⸗ schwechererhebege inzwichen aber bei⸗h uni eim Inhibitoͤruͤm gegen die Verfuͤguͤngen der Anklagekammer des Appellationsgerichts einkommen würden.

Bayern. München, 10. Juni. Se. Maäjestät der König hat durch Entschließung vom 4. d., und zwar mit rückwirkender Kraft, bestimmt, daß der Kriegs⸗Minister sowie die mit Divisions⸗Kommandos betrauten General⸗Lieutenants auch naͤch Enthebung von ihren Funktionen den Titel „Excellenz“ bei⸗ behalten. Erzherzog Albrecht von Oesterreich ist gestern Abends von Wien hier angekommen und im Hotel zu den „Vier Jahreszeiten“ abgestiegen. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit besuchte heute früh den Prinzen Luitpold in dessen Palais hier⸗ selbst, und begab sich Mittags zum Besuche des Prinzen Ludwig nach Leutstetten, von wo er Abends wieder hierher zurückkehrte. Gestern Nachmittags 3 Uhr wurde das vom hiesigen Be⸗ zirksgericht in Sachen gegen die Mitglieder der hiesigen Sozial⸗ demokratie auf Grund der unterm 31. v. M. bis 2. d. M. durchgeführten Verhandlung erlassene Urtheil publizirt. Das umfangreiche Aktenstück beanspruchte eine volle Stunde zur Ver⸗ lesung.

Nach demselben ward die Sache gegen den Michael Köstl, zur Zeit Soldat des 1. Artillerie⸗Regiments, zur Vereinigung der Kom⸗ petenzverhältnisse vertagt. Ferner wurden 1) 41 Genossen von dem Vergehen wider den Art. 17 des Vereinsgesetzes mittelst Affiliation freigesprochen: die Hafner Lommer, Keifel, La Roche und Konsorten von der Uebertretung und einem Vergehen gegen das Vereinsgesetz, ebenso Marschner und Konsorten von der Anschuldiung eines Ver⸗ gehens gegen das Vereinsgesetz durch Wiederversammlungen freige⸗ sprochen; weiters 5) der Handschuhmacher Oehme wegen eines Vergehens gegen das deutsche Genossenschaftsgesetz Art. 17 und 21 des Vereinsgesetzes und der Unterschlagung von Genossenschaftsgeldern für schuldig erkannt und in Gefängnißstrafe von 3 Monaten 3 Tagen, sowie in eine Geldbuße von 10 Thlrn.; ferner der Buchdrucker M. Ernst wegen eines Vergehens gegen das deutsche Genossenschaftsgesetz, Art, 17 und 21 des Vereinsgesetes, in eine Gefängnißstxafe von 17 Tagen und 10 Thlrn. Geldbuße, eben⸗ so in gleiche Strafe Aloys Kiefer, dagegen Franz Ernst zu 15 Tagen Gefängniß und 4 Fl. Geldbuße; Ellwanger, Martin und Konsorten wegen eines Vergehens wider Art. 17 und 21 des Vereinsgesetzes zu 12 Tagen Gefängniß, 6) Ludwig Berg und Genossen wegen Ver⸗ gehens gegen Art. 14 des Vereinsgesetzes und zwei Vergehen gegen Art. 17 des Vereinsgesetzes zu einer Gefängnißstrafe von 6 Tagen; Drechsler und Konsorten wegen zweier Vergehen gegen Art. 17 des Vereinsgesetzes in eine btägige, Barometer, Thusmann u. Konsorten wegen einer Uebertretung des Art. 14 und eines Vergehens gegen Art. 17 zu 3 Tagen Gefängniß und je 4 Fl. Geldstrafe; 9) Michael Jung wegen einer Uebertretung des Art. 14 des Vereinsgesetzes und eines Ver⸗ gehens gegen Art. 17 in eine 8tägige Gefängnißstrafe und 7 Fl. Geld⸗ buße; 10) Geiser, Rottmanner und Konsorten wegen eines Ver⸗ gehens gegen den Art. 17 des Vereinsgesetzes in eine Gefängnißstrafe von 4 Tagen verurtheilt. Ferner wurde ausgesprochen, daß die beim Handelsgericht München J. J. eingetragene I. Münchener Genossen⸗ schaftsbuchdruckerei, als Fortsetzung des aufgelösten Preßvereins, ge⸗ richtlich aufgelöst werde. Mehrere verurtheilte Mitglieder werden

die Berufung anmelden.

11. Juni. (W. T. B.) Das heute erschienene „Ver⸗ ordnungsblatt“ publizirt die Königliche Entschließung, die Auf⸗ lösung des gegenwärtigen SEashge⸗ betreffend, sowie eine Bekanntmachung, betreffend die Wahl der Abgeordneten zum nächsten Landtage. Durch letztere wird, wie bereits ge⸗ meldet, die Vornahme der Urwahlen auf den 15. Juli c., die

Wahl der Landtagsabgeordneten auf den 24. Juli c. anberaumt.

Württemberg. Stuttgart, 9. Juni. Ihre Majestät die Königin wird sich in den nächsten Tagen zugleich mit Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland nach Jugenheim und von dort zum Besuche der Hohen Verwandten nach Weimar und Schwerin begeben. Die Ruͤckkehr Ihrer Majestät nach Stuttgart ist vorerst auf den 21. d. M. festgesetzt.

Hessen. Darmstadt, 10. Juni. Se. Königliche Hoheit der Großherzog ist nach vierwöchentlichem Aufenthalt in Mainz heute Morgen in bestem Wohlsein wieder hier eingetroffen. Ueber die Feier des Geburtstages des Großherzogs ent⸗ nehmen wir der „Darmst. Ztg.“ Folgendes: Mainz, 9. Juni. Zur Feier des Geburtstages Sr. Königlichen Hoheit des Groß⸗ herzogs fand am Vorabend des Festtages in hiesigem Stadt⸗ theater die Aufführung der Oper „Der fliegende Holländer“ bei festlich beleuchtetem Hause statt. Als Se. Königliche Hoheit der Großherzog die Loge betrat, erhob sich das ganze Haus von den Sitzen, wobei die Casseler Hofkapelle, unter der Leitung des Kapellmeisters Reiß, einen dreifachen Tusch und die Hymne spielte. Der Großherzog verweilte bis zum Schlusse des Theaters und nahm in den Zwischenakten die Beleuchtung des Gutenberg⸗ Monuments und des Platzes in Augenschein.

Der 9. Juni selbst begann laut spezieller Anordnung des Gouvernements mit großer Tagreveille, unter Abfeuern von 101 Kanonenschüssen; um 8 Uhr brachte die hiesige Feuerwehrmusik eine Serenade im Palaishof, und dann war Gottesdienst in ver⸗ schiedenen Kirchen. Hierauf empfing Se. Königliche Hoheit der Großherzog die Gratulationen des Gouverneurs von Mainz, General der Infanterie von Boyen, der Generalität, des Gehei⸗ men Raths Dr. Goldmann, der beiden Adjunkten, sowie von vielen Militär⸗ und Civilpersonen der Stadt Mainz. Nach⸗ mittags 2 Uhr war eine größere Tafel im Großherzoglichen Palais, woran Ihre Großherzoglich⸗Königlichen Hoheiten Prinz und Prin⸗ zessin Carl, die Prinzen Alexander und Heinrich, Prinzessin von

In den . Münzstätten sind bis zum 29. Mai 1875 geprägt: an Goldmünzen: 885,509,460 Doppelkronen,

em Anpellozicgsgerichten

Schönberg, Prinz Wilhelm von Hessen (Sohn des Landgrafen Friedrich), der Gouverneur von Mainz General von Boyen mit Gemahlin, Geheime Rath Dr. Goldmann, sowie die Obersthof⸗ und Hofchargen Theil nahmen. Während der Tafel trank Se. Großherzogliche Hoheit der Prinz Carl auf das Wohl Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs unter Kanonendonner und unter den Klängen der Musik des 3. Infanterie⸗Regiments Nr. 117, welche die Hymne spielte. Um 5 Uhr fand in der neuen Anlage unter Leitung des Philharmonischen Verein unterstützt durch die Militärmusiken, ein Concert statt. Abends bildete ein militärischer Zapfenstreich den Schluß des Festes. Gestern verstarb hier nach längerem Leiden der pensio⸗ nirte Oberst Becker, im Jahre 1866 Chef des Generalstabes der hessischen Division. 11. Juni. (W. T. B.) Nach den bisher in Jugen⸗ heim getroffenen Dispositionen tritt Se. Majestät der Kaiser Alexander von Rußland am 22. d. M. über Weimar und Berlin die Rückreise an. Die Rückkehr des Prinzen Ludwig von Hessen mit seiner Familie aus England erfolgt am 27. d. 12. Juni. (W. T. B.) Der Kaiser von Rußland traf heute Vormittag 11 Uhr, nur vom Grafen Adlerberg be gleitet, zu einem Besuch des Großherzogs hier ein und kehrte 8 nach einstündigem Aufenthalt nach Jugenheim zurück.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 11. Juni. Nach einem Telegramm aus Konstantinopel vom 10. Juni wa Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog vom Sulta

empfangen worden und hottg. Mjerauf die Reise. noch. St. Meter vdürs uͤber Sbeshn⸗ des. Uvahk. ie Kec

d angetreten. 8

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 11. Juni. Se. Majestät der König von Schweden nahm im Laufe des vorgestrigen Tages in Begleitung des Großherzogs ver⸗ schjedene Sehenswürdigkeiten hiesiger Stadt, namentlich das Schillerhaus, Goethehaus, Museum dc. in Augenschein und wohnte am Abend der Festvorstellung im Theater bei. Gestern Vormittag 10 ½ Uhr ist derselbe von hier wieder abgereist und hat die Ruͤckreise nach Stockholm angetreten. Der Großherzog und die Prinzessinnen gaben ihrem Hohen Gaste das Geleit bis auf den Bahnhof, während die Großherzogin sich nach Dornburg zurückbegeben hatte. Bei der heute beendigten Wahl eines Bürgermeisters erhielt der General⸗Kommissions⸗Rat Pabst 570, Kreisgerichts⸗Assessor Dr. Slevogt 287 und Re⸗ gierungsrath von Fritsche 25 Stimmen.

Oldenburg. Oldenburg, 10. Juni. Die Großher⸗ zogin befindet sich augenblicklich noch zum Kurgebrauche in Wiesbaden. Die italienische Reise des Großherzogs ist durch

Griechenland unterbrochen worden. Am 17. d. M. werden die Hohen Herrschaften in ihrem gewöhnlichen Sommeraufenthalte 8 Rastede erwartet.

Lübeck, 11. Juni. Se. Majestät der König von

Schweden traf heute Abends 9 ½ Uhr hier ein, nahm in dem Empfangsalon des Bahnhofes das von dem Senat angebotene Souper ein und trat um 2 Uhr Morgens von Travemünde an Bord der Fregatte „Vanadis“, die von der Fregatte „St. Olaf“ begleitet wurde, die Rückreise an.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 11. Juni. ist gestern früh von Ischl nach Schönbrunn zurückgekehrt. Der Erzherzog Albrecht wird heut die Königin⸗Mutter von Bayern in Hohenschwangau besuchen. 8 Sr. Majestät Fregatte „Radetzky“, das Flaggenschiff des K. K. Contre⸗Admirals Freiherrn v. Sterneck (Kommandant Linienschiffs⸗Kapitän Freiherr v. Manfroni), wird nach den bis⸗ herigen Bestimmungen heute, den 10. d. M., Triest verlassen und sich mit den übrigen zur Escadre gehörigen Schiffen vor⸗ läufig in die Levante begeben.

Agram, 10. Juni. Im Landtage unterbreitete Ma⸗ kaner einen von zehn Abgeordneten unterstützten Dringlichkeits⸗ antrag, wonach der Landtag in einer. Adresse an Se. Majestät die Bitte um Einberufung von Vertretern der Militärgrenze in den Landtag und um die Entsendung von Landtagsausschüssen Seitens des kroatischen und dalmatinischen Landtages behufs Lösung der dalmatinischen Frage aussprechen soll. Hierauf wurde der Gesetzentwurf über die Regelung der Angelegenheiten der griechisch⸗orientalischen Kirche in der General⸗ und Spezial⸗ debatte und die Advokatursordnung in der Generaldebatte er⸗ ledigt und die Spezialdebatte derselben begonnen.

Zum Schlusse der Sitzung bekämpfte der Sektionschef Ziv⸗ kovie die Dringlichkeit des Antrages Makanec, welche von den Abgeordneten der extremen Partei befürwortet wurde. Der An⸗ trag Mrazovics, den Makaneeschen Dringlichkeitsantrag einer ad hoc zu ernennenden Kommission zuzuweisen, wurde an⸗ genommen.

Schweiz. Bern, 11. Juni. (W. T. B.) Der Große Rath des Kantons Bern hat mit 176 gegen 29 Stimmen beschlossen, in die Berathung des von dem Regierungsrathe vorgelegten Gesetzentwurfs, betreffend die Sicherstellung des konfessionellen Friedens, einzutreten und hat denselben mit unwesentlichen Abänderungen in erster Berathung mit 154 gegen 24 Stimmen angenommen. Den Rekurs der Berner Regie⸗ rung gegen den Beschluß des Bundesrathes auf Aufhebung des Ausweisungsbeschlusses wider die jurassischen Geistlichen hat der Große Rath in einer außerordentlichen Sitzung an eine Kommission von 7 Mitgliedern verwiesen, welche, wie bereits verlautet, sich für den Rekurs aussprechen wird.

Niederlande. Amsterdam, 11. Juni. (W. T. B.) Nach dem nunmehr vollständig bekannten Resultate der Wahlen zur Zweiten Kammer sind 20 Liberale, 3 Konservative, 6 Mitglieder der anti⸗revolutionären Partei und 8 Ultramontane gewählt worden. Bei vier Wahlen ist eine Stichwahl erforder⸗ lich, und konkurriren dabei in drei Fällen Kandidaten der libe⸗ ralen mit Kandidaten der konservativen Partei, bei der vierten Stichwahl steht ein Kandidat der liberalen Partei einem Kandi⸗ daten der antirevolutionären Partei gegenüber. Die vier enge⸗ ren Wahlen sind auf den 22. d. M. anberaumt. Bei der Wahl haben die Ultramontanen in mehreren Fällen für die Kandidaten der antirevolutionären Partei gestimmt.

Großbritannien und Irland. London, 10. Juni. (A. A. C.) Seyyed Barghash ben Said, der Sultan von Zanzibar, kam gestern in London als Gast der großbritannischen Regierung an. Er ist von Dr. Kirk, dem britischen Generalkonsuxl in Zanzibar, mehreren Mitgliedern seines Konseils, im Ganzen von einem Gefolge von 27 begleitet. Der ostindische Postdampfer „Canara“, von dessen

Battenberg, Prinz Ludwig von Battenberg, Graf und Gräfin Erbach⸗

Hauptmast die rothe arabische Flagge wehte, traf mit den

Aufenthalts in

und zwei Barbiere. Das in Sheerneß stationirte Flaggenschiff sa⸗

das unerwartete Ableben der Königin⸗Wittwe Amalie von

Der Kaiser

gfrikanischen Gästen an Bord um 9 Uhr Morgens in Gravesend ein. Dort wurde der Sultan von dem Rev. Dr.

P. Badger, der zum Begleiter Sr. Hoheit während seines England ernannt worden, sowie von zwei Direktoren der Ostindischen Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft empfangen. Dann begab er sich mit den Hauptpersonen seines Gefolges: Hammud ben Hamed, Hamed ben Salyman, Tarya, einem indischer Kaufmann, der mit Mohamad ben Hamis, früher Kapitän eines Kriegsschiffes von Zanzibar und nun Dolmetscher, die kommerziellen Interessen Zanzibars repräsentirt, an Bord des Themsedampfers „River Queen“, in welchem er die Themse hinauf bis nach Westminster fuhr. Im Gefolge des Sultans be⸗ fanden sich auch ein Sekretär, ein Schatzmeister, ein Maler, vier Köche

lutirte, als der „Canara“, vorüberfuhr, mit den üblichen 21 Schüssen. Die Seeleute und Marinesoldaten an Bord des „Fisgard präsentirten das Gewehr, und die Schiffsjungen des Uebungs⸗ schiffess „Warspite“ waren auf den Ragen aufgestellt. Das Uebungsschiff „Goliath“ bemannte zwar nicht seine Raaen, aber die Schiffsjungen ließen Cheers ertönen. Westminster wurde um 2 Uhr erreicht, und die Landung erfolgte an den Stufen auf der Westseite der Brücke. Sir Bartle Frere bewillkommnete Se. Hoheit zuerst, worauf der Seyyed von Mr. Bourke, dem Unter Staatssekretär für aus⸗ wärtige Angelegenheiten, der die diplomatische Uniform trug, feierlich empfangen wurde. Auf der Terrasse waren viele Par⸗ lamentsmitglieder und andere Personen von Distinktion zugegen, paͤhrend Tie-große erfesenmenge-der Landter von der efi⸗ minsterbrücke aus zusah. Nach den ersten Begrüßungen hielt Mr. Bourke folgende Ansprache an den Sultan: „Ich bin von Lord Derby beauftragt worden, Ew. Hoheit im Namen von Ihrer Majestät Regierung in England willkommen zu heißen. Ihrer Majestät Regierung hofft, daß der Besuch Ew. Hoheit in England ein angenehmer für Sie sein möge. Es ist der Wunsch Ihrer Majestät Regierung, daß Ew. Hoheit Alles in England sehen soll, was am interessantesten ist und Ihnen Vergnügen bereiten wird. Ihrer Majestät Regierung hat Dr. Kirk, Dr. Badger und Mr. Clement Hill zu Begleitern Ew. Hoheit während Ihres Aufenthaltes in diesem Lande ernannt, und wenn Ew. Hoheit die Guͤte haben wollen, Ihre Wünsche dem Dr. Kirk mit⸗ zutheilen, wird Ihrer Majestät Regierung versuchen, dieselben nach besten Kräften auszuführen“. Diese Rede, von Dr. Kirk ins Arabische verdolmetscht, beantwortete der Sultan mit einigen Dankesworten. Dann landete der Herrscher von Zanzibar unter den Klängen der englischen Nationalhymne, während die auf der Terrasse aufgestellte Ehrenwache der Coldstream⸗Garde das Gewehr präsentirte. Darauf fuhr der Hohe Gast, da ein Ge⸗ witter heraufzog, in geschlossenmm Wagen nach dem Alexandra⸗Hotel, Hydepark. Bald nach seiner Ankunft daselbst empfing der Sultan den Besuch des Earls von Derby und anderer Mitglieder der Regierung. Heute wohnt er den großen Rennen in Ascot bei, und in wenigen Tagen geben der Carl und die Gräfin von Derby ihm zu Ehren ein Diner und einen Empfang. Sein Aufenthalt in England wird sich über etwa einen Monat ausdehnen. Der Sultan ist ein Mann von etwa 40 Jahren, von stattlichem Aussehen und gefälligen Ge⸗ sichtssügen. Seine Kleidung ist die eines Arabers mit einem ge⸗ sticken Turban. In seinem Gürtel trägt er einen Vataghan oder Dolch, dessen Griff mit Juwelen bedeckt ist, und an seiner Seite hängt ein ebenfalls reich verzierter Scimitar oder Krummsäbel. 8

Die Admiralität hat gestattet, daß die von Samuda Brothers für Rechnung der deutschen Regierung gebaute neue Panzerfregatteñ „‚Deutschland“ in der Werfte von Chatham gedockt werden darf, damit ihre Ausrüstung vollendet wer⸗ den kann.

11. Juni. (W. T. B.) Unterhaus. Auf eine wei⸗ tere Anfrage Whalley's erklärte der Staatssekretär des Innern, Croß, es sei ihm nichts davon bekannt, daß eine große Anzahl aus anderen Ländern vertriebener Jesuiten nach England ge⸗ kommen sei, und daß dieselbe in der Absicht dahin gekommen sei, England zum Centrum ihrer Operationen zu machen und das britische Reich wieder zu der Politik des Papstthums zu be⸗ kehren. Sollten die Jesuiten in der That diesen Zweck im Auge haben, so könnten sich dieselben jede Muͤhe sparen, denn voraus⸗ sichtlich würde ein solches Beginnen ganz erfolglos sein.

(W. T. B.) Die Regierung hat dem Unter⸗ hause einen Gesetzentwurf zur Regelung der Verhält⸗ nisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorgelegt. Nach demselben sollen Kontraktsverletzungen, bei denen ein öffentliches Interesse konkurrirt, wie beispielsweise Kontrakts⸗ verletzungen Seitens der Beamten und Arbeiter von Wasser⸗ und Gasgesellschaften, unter das Strafgesetz fallen und strafrechtlich geahndet werden. Bei allen übrigen Kontraktsfragen soll die Kompetenz der ordentlichen Civilgerichte eintreten. Was Arbeits⸗ einstellungen anbetrifft, so soll eine Vereinbarung zum Zweck der Begehung von Handlungen, die an sich nicht strafbar find, künftig nicht strafbar sein, während solches bisher nach der Konspirationsbill der Fall war. . .

12. Juni. (W. T. B.) Der „Morning Post zufolge wird die Regierung der vorgerückten Zeit wegen den Gesetz⸗ entwurf über die Kauffahrteischiffahrt zurückziehen.

Frankreich. Versailles, 11. Juni. (W. T. B.) N. ational⸗ versammlung. Der Marine⸗Minister, Admiral de Montaignac, verlas einen Bericht des Gouverneurs der Besitzungen am Senegal, betreffend die vom Deputirten Lafon de Fon⸗ gaufier (von der Linken) zur Sprache gebrachten Vorgänge, bei denen mehrere Offiziere und Beamten sich angeblich eines Ge⸗ waltmißbrauchs schuldig gemacht haben sollen. Die in Folge dessen eingeleitete amtliche Untersuchung hat ergeben, daß die Offiziere nur ihre Schuldigkeit thaten, als sie den Aufstand der Eingeborenen mit Strenge unterdrückten. Im weiteren Ver⸗ laufe der Sitzung legte Savary den Bericht über die Wahl Bourgoings im Departement Nievre vor; die Versammlung vertagte die Berathung bis zum erfolgten Druck der bezüglichen Schriftstücke.

Der Bericht, welchen Herr Laboulaye Namens der Kommission der Nationalversammlung für die konstitutionellen Gesetze erstattete, ist am 7. d. unter die Mitglieder derselben wordene. Der Schluß desselben

nach der „Köln. Ztg.“, wie folgt: vnn uns väic. Verfassung ist keineswegs voll⸗ kommen; im Ganzen liefert sie aber dem Lande die Garan⸗ tien einer freien Regierung. Wenn das betreffs seiner theuer⸗ sten Rechte und Interessen beruhigte Frankreich Geschmack daran findet, sich selbst zu regieren, so wird die Verfassung sich nach und nach verbessern. Die Reform ist leicht. Wenn das Land im Gegentheil Furcht vor der Republik hat und sich von

lichen Meinung ihre ganze Kraft zieht. Wir haben das gethan, was uns die Verhältnisse gestatten; man kann von den Gesetz⸗ gebern nicht mehr verlangen. Nachdem ihr Werk beendet, ist es an Frankreich, das Uebrige zu thun. Um die Republik zu gründon, erlassen wir einen Aufruf an die Klugheit der Regie⸗ rung, an die Weisheit unserer Nachfolger, an den Patriotismus der Bürger, und wir möge es denen nicht mipfallen, die auf unsere Spaltungen zählen, Vertrauen in die Zukunft.“ 1

Dem Berichte ist der Entwurf des Gesetzes beigelegt. Derselbe bestimmt im Art. 1 den Termin der Zusammenkunft der beiden Kammern und die Dauer der Session. Art. 2 be⸗ stimmt die Rechte und die Verpflichtung des Präsidenten der Republik zur Einberufung der Kammer, Vertagung und Schließung der Session. Die Vertagung darf nicht einen Monat überschreiten, noch zweimal in derselben Session stattfinden. Art. 3 sieht den Fall des Ablebens oder des Rücktritts des Prä⸗ sidenten vor. Art. 4 bestimmt, daß die Sitzung einer Kammer außerhalb der Sessionszeit unzulässig und rechtlos ist. Art. 5 sagt, daß die Sitzungen beider Kammern öffentlich sind, daß jedoch auf Verlangen einer bestimmten Anzahl von Mitglie⸗ dern jede Kammer sich zum geheimen Comité konstituiren kann. Art. 6 bestimmt die Art und Weise des Verkehrs des Präsidenten und seiner Minister mit den Kammern. Art. 7 bestimmt, der Präsident müsse die definitiv angenommenen Ge⸗ setze im Laufe eines Monats nach der Annahme verkünden, im Falle aber, daß die Kammer die Dringlichkeit der Promulgation beschlossen habe, innerhalb drei Tagen. Innerhalb dieser Ter⸗ mine kann der Präsident durch eine motivirte Botschaft

emne- rnien Serrthong des Srfeges⸗ zuer Leiorn Kammern. rern Almerink

langen, und diese kann nicht versagt werden. Der Art. 8 bestimmt über die Verträge. Außerdem sind noch die Ver⸗ träge über den Handel und solche, welche die Finanzen des Staates binden, nur nach Anunahme durch beide Kammern gültig. Art. 9. Der Präsident der Republik kann keinen Krieg erklären ohne vorherige Zustimmung der beiden Kammern. Art. 10. Wahlbestätigung und alleiniges Recht der Kammer, die Entlassung ihrer Mitglieder zu genehmigen. Art. 11. Die der Bureaus der Kammern. Wenn beide Kammern als Nationalversammlung zusammentreten, so besteht das Bureau aus dem Präsidenten, dem Vize⸗Präsidenten und den Sekretären des Senats. Art. 12. „Der Präsident der Republik kann nur durch die Deputirtenkammer in Anklagestand versetzt und nur durch den Senat gerichtet werden. Die Minister können für in Aus⸗ übung ihres Amtes begangene Verbrechen von der Deputirten⸗ kammer angeklagt werden und werden dann vom Senate gerichtet. Der Senat kann durch ein im Ministerrath erlassenes Dekret des Präsidenten der Republik als Gerichtshof konstituirt werden, um jede Person zu richten, die eines gegen die Sicherheit des Staates gerichteten Attentates angeklagt ist.“ Ueber die Modalitäten wird ein besonderes Gesetz verfügen. Art. 13 und 14 bestimmen die Prärogativen der Mitglieder beider Kammern in Sachen ihrer Aeußerungen und Abstimmungen in den Kammern und während der Dauer der Sessionen. Ein Mitglied darf während dieser nicht verfolgt noch verhaftet werden in Kriminal⸗ oder Korrek⸗ tionelsachen, außer auf ertappter That. Die Verfolgung oder Verhaftung muß während der Dauer der Session unterbrochen werden, wenn die Kammer es verlangt.

Italien. Rom, 11. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde die Berathung über das Sicher⸗ heitsgesetz fortgesetzt. Minister⸗Präsident Minghetti erklärte von allen in Antrag gebrachten Tagesordnungen nur einen An⸗ trag Pisanelli's als annehmbar, durch welchen die Regierungs⸗ vorlage in einigen Stücken abgeändert wird. Im Fortgang der Sitzung kam es wegen des behaupteten Antagonismus der sici⸗ lianischen Behörden zu so lebhaften Auseinandersetzungen zwi⸗ schen den Deputirten Trojani und Lanza, daß die Sitzung vom Präsidenten geschlossen wurde.

12. Juni. (W. B. B.) Die gestern in der Depu⸗ tirtenkammer bei der Berathung über das Sicherheits⸗ gesetz stattgehabten, bereits kurz erwähnten tu multuarischen Vorgänge wurden durch den Deputirten Trojani veranlaßt. Derselbe erklärte, die Behörden Palermos hätten sich behufs Bekämpfung von Räubern mit einigen Räuberhäuptlingen in Verbindung gesetzt. Auch seien in mehreren Fällen Ver⸗ brechen von Individuen begangen worden, welche das Ver⸗ trauen der Regierung genossen hätten, sogar unter⸗ geordnete Polizeiorgane selbst hätten sich Verbrechen zu Schulden kommen lassen. Der frühere Minister⸗Präsident Lanza stellte darauf diese Angaben auf das Entschiedenste in Abrede und sprach das Verlangen aus, daß weitere Aufklärung geschaffen würde. Die Rechte begleitete Lanza’'s Rede mit leb⸗ haftem Beifall, während die Linke Trojani unterstützte. In Folge dessen entstand eine ganz außerordentliche Aufregung und eine tumultuarische Szene, welche, wie bereits bekannt, den Prä⸗ sidenten zur Aufhebung der Sitzung veranlaßte. Die Jour⸗ nale beklagen diese Auftritte lebhaft und konstatiren, daß solche Scenen in der italienischen Kammer bisher nicht vorgekommen eien. 8— 1 Die Rede, mit welcher am 3. d. der Minister⸗Präsi⸗ dent Minghetti die neue Fassung des Sicherheitsgesetzes

egte, lautet:

8 Der am 5. Dezember v. J. vorgelegte Gesetzentwurf gelangt mit vielen Abänderungen von Seite der Ausschußmehrheit an Sie. Die Regierung glaubt nicht, daß es zweckmäßig sei, über die Vorlage der Ausschußmehrheit zu verhandeln. An dem Sicherheitsgesetz ließen sich noch ganz andere Abänderungen als die, welche die Ausschuß⸗ mehrheit vorschlägt, anbringen. Die Minderheit des Ausschusses macht andere Vorschläge und berührt auch die Einrichtung der Schwur⸗ gerichte. Die Regierung hält diese Vorschläge nicht wenn sie dieselben für nothwendig erachtet hätte, so würde sie selter den Antrag gemacht haben. Es liegt noch ein Antrag auf Ein⸗ setzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission vor. Sie Regierung ersucht die Kammer, die Debatte über ihre 1 Bor⸗ lage zu cröffnen; aber Angesichts der nur noch urzen Dauer der Session hat sie geglaubt, den Gesetzentwurf in einen ein⸗ zigen Artikel zusammendrängen zu sollen. Der Artikel enthält den ursprünglichen Regierungsentwurf mit geringfügigen E Die Regierung hat dabei nicht einen Schatten von politischem Zwec im Auge, sondern nur die Bekämpfung des Verbrecherthums, 89 schlägt Maßregeln vor, die auch schon in England und Nordameri 8 zur Bekämpfung außerordentlicher Uebelstände ergriffen worden sind. Die Regierung muß neue Maßregeln vorschlagen; denn die ihr Gebote stehenden Mittel sind ihres rachtens unzureichen 1 wenn das Verbrecherthum während der Kammerferien einen noch größeren Aufschwung nähme. Die Verwerfung ihrer Vorlage wäre ein Akt der Schwäche, für den weder politische noch ökonomische Gründe abzusehen wären. Die Regierung weist den Antrag einer parlamentarischen Enqueète nicht gurae. L. nimmt den Vorschlag in der Fassung der Minderheit des Auss husse an, aber unter der Bedingung, daß sie während der Vertasgung der Kammern mit den Vollmachten ausgerüstet werde, welche sie e erläßlich hält. Glauben Sie, daß dem Uebel mit den gewöhnlichen

ihr zu Gebote stehenden Mittel nicht ausreichen und namentlich jetzt nicht, nachdem Sie diese Erklärung gegeben. Ich erkläre nochmals, daß das Gesetz keinen politischen Zweck hat, sondern nur zur Unter⸗ drückung der Räuber und Spitzbuben dienen soll. (Lärm auf der Linken.) Wir weisen jeden politischen Hintergedanken von uns, wir verlangen blos die Vollmachten, die wir für unerläßlich halten.

Griechenland. Athen, I11. Juni. (W. T. B.) Der Commandeur des in den griechischen Gewässern sich aufhaltenden,

aus 8 Panzerschiffen bestehenden französischen Geschwa⸗

ders, Admiral de la Ronciére le Noury, ist durch den fran⸗ zösischen Gesandten de Gabriac dem König und der Königin

vorgestellt worden.

Türkei. Belgrad, 10. Juni. (Wien. Ztg.) Fürst Milan, welcher gestern spät Abends hier eintraf, wurde von den Würden⸗ trägern und einer Deputation der Stadtrepräsentanz empfangen und von der seiner harrenden Bevölkerung enthusiastisch begrüßt. Heute, als am siebenten Jahrestage der Ermordung des Fürsten Michael, wurde in der Kathedrale ein Requiem abgehalten, wel⸗ chem der Fürst, die Minister und sonstigen Würdenträger und eine große Volksmenge beiwohnten.

Dänemark. Kopenhagen, 11. Juni. (W. T. B.) Die offizielle Ernennung Estrups zum Minister⸗Präsidenten und 1 Finanz⸗Minister, des Grafen Moltke⸗Bregentved zum Minister des Auswärtigen, Kammerherrn Skeel zum Minister des Innern, Ge⸗ neral Haffners zum Kriegs⸗ und Marine⸗Minister, Nellemanns zum Justiz⸗Minister, Fischers zum Kultus⸗Minister ist heute erfolgt.

die „Anglo Brazilian Times“, daß der brafilianische Finanz⸗ 1 Minister in Folge der Zahlungseinstellung der Nationalbank in Rio einen Gesetzentwurf in der Kammer einbrachte, welcher zur Ausgabe von kleinen Schatznoten und einer temporären Emission von kurrentem Gelde ermächtigt, um die Depositenbanken in den Stand zu setzen, ihre Wertheffekten verpfänden zu können. Diese Maßregel beschwichtigte die Furcht vor einer finanziellen 6 Krisis. Das brasilianische Budget veranschlag“ die ordentlichen Einnahmen in 1876/77 auf 106,000,000 Milreis, und die ordent⸗ lichen Ausgaben in demselben Zeitraum auf 105,378,913 Milreis. Der Kongreß der Argentinischen Republik wurde in Buenos Ayres am 2. Mai von dem Präsidenten Avellaneda mit den üblichen Ceremonien eröffnet.

Asien. Singapore, 11. Juni. (W. T. B.) Die öster⸗ reichische Korvette „Erzherzog Friedrich“ ist heute, vom östlichen Archipel kommend, hier eingetroffen. Dieselbe hatte am 1 7. Mai im Sibokuflusse (Borneo) ein Gefecht mit Piraten, in welchem zwei Matrosen getödtet und einer schwer verwundet

wurde. 1

Afrika. Aegypten. Alexandrien, 11. Juni (W. T. B.) 1 Riaz Pascha, an dessen Stelle als Minister des Auswärtigen Nubar Pascha getreten ist, wurde zum Minister für Land⸗ 8 wirthschaft ernannt. Das Wasser des Nil hat zu steigen begonnen. 8

Berichte aus der Kapstadt vom 15. Mai mel⸗ den, daß Sir Garnet Wolseley der Nachfolger Sir Henry-Barkly's zum Gouverneur der Kap⸗Kolonien ernannt werden soll. Sir H. E. Bulwer wird, dem Vernehmen nach, Sir Garnet in Natal ersetzen. Der Insurgentenverband in den Diamantenfeldern hat sich auf das Ansuchen der daselbst gebildeten gemäßigten Partei, sowie auf Grund des Briefes, den Sir Henry Barkly an Mr. Currie, den Sekretär für die Kolonie, gerichtet hat, aufgelöst. Der Gouverneur wird unmittelbar nach der Prorogation des gegenwärtigen Parlaments Kimberley besuchen, um die obwal⸗ tenden Schwierigkeiten lösen zu helfen. Eine allgemeine Amnestie ist gewährt worden, von der nur sechs der hervorragendsten Rädelsführer ausgenommen sind. Zur Unterstützung der Aktion der Regierung wurde eine Bürgerwehr gebildet, die einige natu⸗ ralisirte Kaffern umfaßte. Daraus erklärt sich die Klage, daß die Regierung im Begriff sei, die Eingeborenen gegen die Weißen zu bewaffnen. Der Marsch der Truppen nach Kimberley ist abe bestellt worden.

r. 24 des „Central⸗Blatts für das Deutsche Reich“ im Reichskanzler⸗Amt (Berlin, Carl Heymanns Verlag), het folgenden Inhalt: Allgemeine Verwaltungssachen: Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. 28⸗ Münzwesen: Bekannt⸗ machung, betreffend die Ausprägung von Reichsgoldmünzen auf den deutschen Münzstätten für Rechnung von Privatpersonen; Ueber⸗ 1 sicht üher die Ausprägung von Reichsmünzen. Heimathwesen: Er⸗ kenntniß des Bundesamts sür das Heimathwesen. Finanzwesen: Nachweisung uͤber die am 31. Mai 1875 im Umlaufe beziehungs⸗ weise im eigenen Bestande der deutschen Zettelbanken vorhanden ge⸗ wesenen, sowie auch der nach erfolgter Einlösung vernichteten Bank⸗ noten. Justizwesen: Bekanntmachung, betreffend das Verbot der ferneren Verbreitung der zu Baltimore erscheinenden „Katholischen Volkszeitung“’. Postwesen: Bekanntmachungen, betreffend: See⸗ Postverbindung mit Schweden auf der Linie Frederikshavn. Gothen⸗ burg; Postverbindung mit Helgoland. Eisenbahnwesen: Neigungs⸗ 8 zeiger auf den Eisenbahnen. Konsulatwesen: Ernennungen ꝛc.) 1

Vereinswesen. 8 Der „Darmst. Ztg.“ wird gemeldet: Zu der im Jahre 1875 abzuhaltenden 8 des Hauptvereins der Gustav⸗Adolf⸗Stiftung war in Oppenheim Hungen und Alsfeld eingeladen und ersteres als Versammlungsort bestimm 1 worden. Da nun die neue Kirche in Hungen zwar vollendet, aber noch keine Orgel vorhanden ist, so hat nunmehr der Kirchenvorstand zu Alsfeld zu dem Feste eingeladen, und soll dieses am 21. Juli daselbst abgehalten werden. 1

Kunst, Wissenschaft und Literatur. Aus Leipzig wird gemeldet: Professor Friedrich Ritschl ist vom König von Sachsen zum Geheimen Rath ernannt worden Der außerordentliche Professor an der juristischen v Heidelberg, Dr. Vering, hat einen Ruf als Professor der Ro manistik an die neugegründete Universität zu Czernowitz erhalten. Die philosophische Fakultät der Universität Halle hat dem Pfarrer Scartazzini, früherem Professor in Chur, gegenwärtigem Pfarrver weser in Walzenhausen im Kanton Appenzell, in Anerkennung seiner wissenschaftlichen und literarischen Verdienste Seeae; um Dante Literatur) honoris causa die Würde eines Doktors der Philo⸗ sophie ertheilt.

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etzten Tagen ist durch drei kurz aufeinander folgende

8 Zahl dnr kleinen Planeten von 143 auf 146 ge⸗ stiegen. Es liegen darüber folgende Nachrichten vor: b Aus Düsseldorf, 7. Juni, wird der „K. Z.“ geschrieben: Nach⸗ dem in diesem Jahre von den HHrn. Paul Henny in Paris und Joh. Palisa in Pola bereits 3 P.aneten entdeckt worden waren und Hr. Perrotin in Toulouse den bekannten französischen Planeten Lydia“ glücklich wieder aufgefunden hatte, bringt jetzt ein amerika⸗ nisches Telegramm vom 4. Juni die Entdeckung des 144. der kleinen Planeten, 11. Größe, durch Hrn. Professor Peters in Clinton, in 17 Uhr 21 Min. Rektascenston und 23 Grad 21‧ südlicher Dekli⸗

Mittelu begegnet werden könne? (Si! si! erschallt es von den

1 ü s ze g tlos sein ihr entfernt, so würde die beste der Verfassungen mach ein, eine Regierungsform aufrecht zu erhalten, welche aus der öffent⸗

Bänken der Linken.) Die Regierung hat die Ueberzeugung, daß die

nation. Wenn man annimmt, daß dieser Planet mit keinem der ver

a. —-hrs. RE28.9.JI a⸗.veir.dnom 180. n. W. meldet .