Nichtamtliches.
1 Deutsches Reich. 1
Preußen. Berlin, 17. Juni. Der Ausschuß des Bun⸗
desraths für Handel und Verkehr trat heute zu einer Sitzung zusammen.
— Die Reichstags⸗Kommission zur Vorberathung der Entwürfe eines Gerichtsverfassungs⸗Gesetzes, einer Strafprozeß⸗Ordnung und einer Civilprozeß⸗ Ordnung nebst Einführungsgesetzen beschloß in ihrer Sitzung vom 15. Juni, zunächst in Anschluß an den zum §. 32 ange⸗ nommenen Vorantrag des Abg. Reichensperger, eine Subkom⸗ mission zur Ausarbeitung der betreffenden Bestimmungen über das Verfahren bei Zustellungen in Strafsachen niederzusetzen. In dieselbe wurden die Abgg. Schwarze, Klotz und Hauck ge⸗ wählt. Bei der weiteren Berathung des von den Zeugen han⸗ delnden Abschnitts wurde §. 44 nicht beanstandet, dagegen ent⸗ stand bei §. 45 eine lebhafte Debatte darüber, ob Zeugen be⸗ rechtigt sein sollen, ihr Zeugniß auf Fragen zu verweigern, durch deren Beantwortung sie sich oder einem nahen Angehörigen Schande bereiten würden. Die Mehrheit der Kommission ent⸗ schied sich schließlich mit dem Entwurf zu Gunsten solcher⸗ Zeugen. agegen wurde auf den Antrag des Abg. Schwarze mit großer Mehrheit ein Zusatz zu §. 45 an⸗ genommen, wonach der Richter zum Nachweise der Gründe, aus welchen ein Zeuge sein Zeugniß ganz oder theilweise ver⸗ weigert, auch die eidliche Bestärkung der betrefsenden Thatsachen verlangen kann. Die §§. 46—48 erfuhren keinen Widerspruch. Bei §. 49 wurde von den Anhängern der Oeffentlichkeit der Voruntersuchung Absatz 2 beanstandet, wonach eine Gegenüber⸗ stellung mit anderen Zeugen, oder mit dem Beschuldigten im Vorverfahren nur dann stattfinden soll, wenn sie ohne Nachtheil für die Sache nicht bis zur Hauptverhandlung ausgesetzt bleiben kann, indem man behauptete, daß diese Bestimmung eine Re⸗ miniscenz an die inquisitorische Voruntersuchung bilde und mit dem wahren Zweck der Voruntersuchung, nach allen Seiten hin Aufklärung zu verschaffen, nicht vereinbar sei. Bei der Abstimmung wurde Abs. 2 mit der Abänderung angenom⸗ men, daß in dem Vorverfahren, soweit es nicht in einer gericht⸗ lichen Voruntersuchung bestehe, überhaupt keine Gegenüber⸗ stellung stattfinden solle. Bei den §§. 50 — 53 führte die Form des Eides zu längerer Verhandlung. Schließlich fanden jedoch die mit den betreffenden Vorschriften der Civilprozeß⸗Ordnung übereinstimmenden Sätze des Entwurfs den Beifall der Mehr⸗ heit. Nur wurde — mit dem Vorbehalt, dieses auch auf die Civilprozeß⸗Ordnung auszudehnen —, auf den Antrag der Abgg. Mayer und Herz, als äußeres Zeichen der Eidesleistung allgemein — sowohl für das männliche wie das weibliche Geschlecht — das Erheben der rechten Hand eingeführt. Die Frage des Vor⸗ oder Nacheides wurde gleichfalls im Ein⸗ klange mit den zur Civilprozeß⸗Ordnung gefaßten Beschlüssen im Sinne des Entwurfs gelöst. Den Schluß der Berathung bil⸗ dete der von der Verweisung öffentlicher Beamten auf den Diensteid handelnde §. 56. Derselbe wurde gestrichen, indem hervorgehoben wurde, der mit dieser Verweisung mitunter ge⸗ triebene Mißbrauch sei zu groß, als daß er länger geduldet werden könne. Vorbehalten wurde übrigens, für Forststrafsachen, für welche ein Bedürfniß der Zulassung der Verweisung auf den Diensteid anerkannt wurde, demnächst besondere Bestimmungen zu treffen.
— Eine Bezirksregierung hatte in einer Verfügung es für unzulässig erklärt, daß eine durch richterliches Erkenntniß auf Grund des §. 361 des Strafgesetzbuches bestrafte und nach §. 362 der Landes⸗Polizeibehörde überwiesene Person nach ihrer Entlassung aus der gerichtlichen Haft bis zu der noch aus⸗ stehenden Regierungsverfügung über ihre korrektionelle Nachhaft in polizeilicher Detention verwahrt werde. Diese Auffassung steht nach der Entscheidung, welche der Mi⸗ nister des Innern im Beschwerdewege unterm 8. v. M. getroffen hat, mit derjenigen, welche der Minister in dem Cirkular⸗Erlasse vom 27. April 1857 — Min⸗Bl. S. 92 — sub Nr. 8 aus⸗ drücklich ausgesprochen und seither festgehalten hat, im Widerspruche. Es sei ohne Zweifel wünschenswerth, daß es in allen Fällen, in denen die zur Ueberweisun, an die Landespolizeibehörde verurtheilten Personen unmittelbar nach ihrer Entla ung aus der gerichtlichen Haft der Ortspolizeibehörde zugeführt werden, zu ermöglichen wäre, dieselben zur weiteren Vollstreckung der über sie zu verhängenden Korrektionshaft so⸗ gleich in die betreffenden Anstalten zu bringen. Gleichwohl werde es vorkommen, daß in einzelnen Ausnahmefällen, insbe⸗ sondere bei sehr kurzer Dauer der eigentlichen Strafhaft, die Landespolizeibehörde außer Stande sei, über die Detention noch vor Eintritt der Entlassung zu befinden, und daß daher die so⸗ fortige Abführung des Ueberwiesenen in die Korrektionsanstalt nicht erfolgen könne. Für solche Fälle sei die Bestimmung zu Nr. 8 der Verfügung vom 27. April 1857 getroffen und die Innebehaltung des Ueberwiesenen in polizeilicher Haft für zu⸗ lässig erklärt. Daß eine derartige Detention mit der über den Schutz der persönlichen Freiheit bestehenden Gesetzgebung nicht vereinbar sei, könne nicht einge⸗ geräumt werden, da das Eene Erkenntniß, durch welches die Ueberweisung an die Landes⸗Polizeibehörde zum Zwecke der eventuellen Detention des Ueberwiesenen ausgesprochen sei, der Landes⸗Polizeibehörde die Befugniß zu einer längeren Freiheitsentziehung im Korrektionshause zuspreche und damit der Polizeibehörde unbedenklich auch die Befugniß gewährt sei, den Ueberwiesenen, soweit dies zur Erreichung des Zweckes un⸗ erläßlich erscheint, bis dahin, daß über seine Detention und
deren Dauer verfügt ist, in polizeilicher Haft zu behalten.
Diese polizeiliche Verwahrung sei in den hier in Rede stehenden Fällen meistens das alleinige Mittel, um die weitere Vollstreckung der Strafe (der Korrektionshaft) zu sichern, und es sei schon deshalb in der Anwendung dieses Mittels eine Rechtsverletzung gegen den Verurtheilten nicht zu finden; ab⸗ gesehen davon, daß bei längerer Dauer der polizeilichen Ver⸗ wahrung das anscheinend Beschwerende dieser Maßregel durch angemessene Berücksichtigung bei Bemessung der Dauer der
darauf folgenden Korrektionshaft ausgeglichen werden könne.
Im Uebrigen seien, was das Bedürfniß der Maßregel an⸗ betrifft, auch die Gefahren und Nachtheile nicht außer Betracht zu lassen, welche nothwendig daraus erwachsen müßten, wenn Personen, welche wegen Bettelns, Vagabondirens, Müßig⸗ gangs zc. bestraft sind, und eben deshalb für einige Zeit un⸗ schädlich gemacht und thunlichst gebessert werden sollen, lediglich um deshalb, weil die Detentionsordre um eine kurze Zeit ver⸗ zögert worden ist, sollten freigegeben und ihrer gemeingefähr⸗ lichen Lebensweise wieder überlassen werden.
— Schriftliche außergerichtliche Schenkungsver⸗
vom 8. März d. J., der Stempelsteuer nicht unterworfen. „Der Tarif zum Stempelgesetz vom 7. März 1822 unterwirft unter der Position „Erbschaften“ der Stempelsteuer: „Schenkungen unter Lebendigen, sofern dieselben durch schriftliche Willens⸗ erklärungen erfolgen, mit Einschluß der remuneratorischen Schenkungen“. Die Bestimmung, daß die Schenkung „er⸗ folgt“ sein muß, drückt nichts anderes aus, als daß sie perfekt geworden sein müsse. Nun sollen aber nach dem allgemeinen Landrecht Schenkungsversprechen gerichtlich abgeschlossen werden, und es kann aus einem außergerichtlichen, wenn auch schriftlichen Schenkungsvertrage in der Regel auf Erfüllung nicht geklagt werden. Dies entspricht den allge⸗ meinen Grundsätzen des Landrechts über die Form der Ver⸗ träge. Nur wenn die geschenkte bewegliche Sache oder Summe dem Geschenkgeber bereits übergeben worden, findet deren Rück⸗ forderung aus dem Grunde der Ermangelung eines gerichtlichen Vertrages nicht statt. Es ergiebt sich hieraus, daß die bloße Schriftform das Schenkungsversprechen (abgesehen von der remu⸗ neratorischen Schenkung) nicht perfekt macht, so, daß die einfache schriftliche Form für die Schenkung beweg⸗ licher Sachen oder einer Summe völlig bedeutungs⸗ los ist. Denn bei der Schenkung einer beweg⸗ lichen Sache oder Summe schließt die geschehene Uebergabe die Ruͤckforderung auch dann aus, wenn die Willensneigung auch nur mündlich ausgesprochen ist. Die Verpflichtung zum Ver⸗ tragsstempel hängt jedoch davon ab, daß ein zu Recht bestehen⸗ der klagbarer Vertrag zu Stande gekommen, d. h. perfekt ge⸗ worden ist. Nach der Kabinetsordre vom 19. Juni 1834 sind nur solche Punktationen dem Vertragsstempel unterworfen, „welche“, wie es daselbst wörtlich heißt, „die Kraft eines Ver⸗ trags haben und danach eine Klage auf Erfüllung begründen“. Anderen, als diesen Grundsätzen, unterliegt auch das Schen⸗ kungsversprechen nicht.“
— Der Kaiserlich Königlich österreichisch⸗ungarische Bot⸗ schafter am hiesigen Hofe, Graf Karolyi, ist mit längerem Urlaub nach Ungarn abgereist.
— Der Kaiserlich russische General⸗Adjutant, Graf Toll, welcher vorgestern aus Carlsbad hier eintraf, ist gestern Abend nach Warschau abgereist.
— Die Berlin⸗Dresdner Eisenbahn ist heut er⸗ öffnet worden. Der Fahrplan derselben liegt der heutigen Nummer d. Bl. bei.
Bayern. München, 15. Juni. Bezüglich der gestern mitgetheilten Nachricht der „Allg. Ztg.“, daß alsbald nach den Wahlen der Landtag einberufen werden solle, wird dem ge⸗ nannten Blatte versichert, daß eine Berufung der Kammern vor der zweiten Hälfte des September nicht beabsichtigt ist. In der That, fügt die „Allg. Ztg.“ hinzu, ist auch zu einer früheren Berufung der Kammern kein Anlaß vorhanden, wenigstens zur Zeit nicht, da das Budget für die nächste Finanzperiode, das bis zum 1. Oktober an die Kammern gelangt sein muß, auch kaum viel früher wird vorgelegt werden können.
Sachsen. Dresden, 16. Juni. Sicherm Vernehmen des „Dr. J.“ nach wird Se. Majestät der König diesen Sommer ein Seebad nicht gebrauchen, sondern mit Ihrer Majestät der Königin im Laufe der nächsten Woche eine gemeinschaftliche Reise nach Süddeutschland antreten. — Die zur Zeit hier an⸗ wesenden Comitémitglieder der in den Räumen des kur⸗ länder Palais eröffneten Ausstellung kunstgewerblicher Arbeiten sind auf heute zur Königlichen Tafel nach Pillnitz geladen.
Württemberg. Stuttgart, 16. Juni. Laut amtlicher Mittheilung des „St. A. f. Württ.“ ist der Königlich preußische Oberst Bronsart⸗ von Schellendorff, bisher à la suite des Generalstabs der Armee und behufs Verwendung als Chef des Generalstabs des XIII. Armee⸗Corps hierher kommandirt, von diesem Kommando entbunden und diese Stelle dem König⸗ lich preußischen Oberst⸗Lieutenant à la suite des Generalstabs der Armee von Sobbe übertragen worden.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 15. Juni. Ihre Majestät die Königin von Württemberg traf heute Abend 7 Uhr zum Besuch des Großherzoglichen Hofes hier ein und wurde von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog und den beiden Prinzessinnen am Bahnhofe empfangen, von wo die Hohen Herrschaften sich sofort nach Belvedere begaben. — Das „Regierungsblatt für das Großherzogthum Sachs en⸗Weimar⸗ Eisenach“ enthält in Nr. 20 das Gesetz, betreffend Einführung von Friedensrichtern, sowie die Ausführungsverordnung zu demselben.
Anhalt. Dessau, 14. Juni. Se. Hoheit der Herzog hat sich heute auf einen Tag nach Berlin, Se. Durchlaucht der Prinz Wilhelm von Schaumburg⸗Lippe gestern Abend nach Bückeburg begeben.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 17. Juni. (W. T. B.) Der Landesausschuß Elsaß⸗Lothringens ist heute Vor⸗ mittag 11 Uhr durch den Ober⸗Präsidenten v. Möller mit einer Ansprache eröffnet worden, in welcher derselbe die Aufgaben der Versammlung und deren Zielpunkte bezeichnete. Insbesondere wurde von dem Ober⸗Präsidenten hervorgehoben, daß der Einfluß des Landesausschusses auf die Zukunft Elsaß⸗Lothringens um so größer und wohlthätiger sein werde, je fester die Mitglieder desselben bei ihren Berathungen stets vor Augen hätten, daß die Interessen Elsaß⸗Lothringens unlösbar mit denen des Deutschen Reichs ver⸗ bunden seien. Der Alterspräsident Flurer dankte Namens der Versammlung dem Staatsoberhaupte, Sr. Majestät dem Kaiser, der die neue Institution ins Leben gerufen habe. Redner erklärte: Wir hegen die Hoffnung, daß das Reich uns bald würdig finden wird, unsere Angelegenheiten in nicht zu ferner Zukunft in unsere eigenen Hände zu nehmen. — Anwesend waren sämatliche Mit⸗ glieder des Landtagsausschusses bis auf den entschuldigten Baron Reinach, der erst an einem der nächsten Tage in die Versamm⸗ lung eintreten wird.
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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 15. Juni. Pester Blättern zufolge kommen die ungarischen Minister am 23. d. M. wieder nach Wien, wo sie einem am 24. d. M. stattfindenden Minister⸗
rathe beiwohnen sollen.
Lemberg, 15. Juni. Der armenische Erzbischof Gregor eeevee Mitglied des Herrenhauses und des galizischen Landtages, ist hier gestern gestorben.
Agram, 15. Juni. Das Königliche Reskript, mit welchem heute der Landtag durch den Banus geschlossen wurde, betont, daß der Landtag mit weiser Berücksichtigung der Staatsinteressen und des Wohles des Landes anerkennenswerth dahin gewirkt
periode geschaffenen Gesetze,
auf eine feste Grundlage zu stellen und hierdurch dem Lande die erwünschte Befriedigung der Gemüther zu verschaffen. Durch
dieses patriotische Wirken sei die Bahn szur Durchführung der nothwendigen inneren Reformen in der Verwaltung, der Auf⸗ klärung und der Rechtspflege geebnet.
Beweise dieser lobwürdigen Bestrebungen seien die mannigfaltigen, im Verlaufe dieser Landtags⸗ welche in allen Zweigen der autonomen Gesetzgebung den Weg zur verfassungsmäßigen Ent⸗ wickelung und Regelung einer guten Verwaltung, zum geistigen und materiellen Fortschritt und zur fruchtbringenden Thätigkeit der künftigen Landtage ebnen. Indem Se. Majestät dem Land⸗ tage Ihre Königliche Zufriedenheit ausspricht, erklärt Allerhöchst⸗ derselbe die dreijährige Sitzungsperiode des Landtages für ge⸗ schlossen und den Landtag für aufgelöst. Nach Verlesung des Reskriptes ertönten begeisterte Hochrufe auf den König, worauf sich die Abgeordneten zur Festmesse begaben.
Großbritannien und Irland. London, 15. Juni. Der Besuch des Prinzen und der Prinzessin Ludwig von Hessen am hiesigen Hofe erreichte heute nach mehrwöchent⸗ licher Dauer seine Endschaft. Ihre Königlichen Hoheiten ver⸗ ließen heute Nachmittag mit ihren Kindern London und begaben sich mittelst Separatzuges auf der Südostbahn nach Gravesend, wo sie sich an Bord der Königlichen Jacht „Victoria und Albert“ nach Antwerpen einschifften. Der Prinz und die Prinzessin von Wales gaben ihnen das Geleit bis zum Einschiffungshafen. — Der Sultan von Zanzibar stattete gestern in Be⸗ gleitung mehrerer Mitglieder seines Gefolges dem Prinzen von Wales in Marlborough⸗House einen Besuch ab. Er wurde von dem Prinzen und der Prinzessin in Gegenwart des Prinzen und der Prinzessin Ludwig von Hessen empfangen und unterhielt sich mit Ihren Königlichen Hoheiten geraume Zeit mit Hülfe seines Dolmetschers, Dr. Badger. Der Sultan lud den Prinzen von Wales ein, auf seiner Rückkehr von Indien auch nach Zanzibar zu kommen. Gegen Ende des Besuches erschienen auch die Kinder Ihrer Königlichen Hoheiten, um die Bekanntschaft des orien⸗ talischen Gastes zu machen. Bald nach seiner Rückkehr nach dem Alexandra⸗Hotel stattete ihm der Prinz von Wales in Begleitung des Prinzen von Hessen einen Gegenbesuch ab. Im Laufe des gestrigen Tages empfing Se. Hoheit Sir Henry Rawlinson, die Präsidenten der Geographischen Gesellschaft, den Minister des Innern, den Sprecher des Hauses der Gemeinen, Lord Lawrence und andere Personen von Distinction. Das für den Sultan entworfene Programm umfaßt Festlichkeiten im Krystallpalast und Brighton, Besuche beider Opernhäuser, sowie Bankette bei dem Earl von Derby, Sir Bartle Frere und der Fischhändlerzunft in der City. Heute stattete der Erzbischof von Canterbury als Primas von ganz England und Metropolitan in seinen vollen Amtsroben und begleitet von seinen Hausgeistlichen dem Sultan einen Besuch ab. Frankreich. Paris, 15. Juni. Der Tagesbefehl, welchen General Ladmirault, Gouverneur von Paris, nach der Heerschau an die Truppen, welche an derselben Theil genommen, richtete, lautet wie folgt: „Tagesbefehl. Der Marschall⸗Präsident der Republik beauftragt mich, an die Truppen, welche an der von ihm heute, 13. Juni, auf dem Terrain der Wettrennen von Longchamps abgehaltenen Revue Theil genommen haben, seine Besglückwünschungen zu richten; er be⸗ merkte mit Befriedigung ihre schöne Haltung und ihr treffliches Auf⸗ treten unter den Waffen. Ich fühle mich glücklich, bei dieser Ge⸗ legenheit der Dolmetscher des Staats⸗Oberhauptes sein zu dürfen. Paris, 13. Juni 1875. 8
Der General⸗Gouverneur von Paris
De Ladmirault. 1
— 16. Juni. (W. T. B.) Heute Morgen fand die Grundsteinlegung der Kirche „Zum heiligen Herzen Jesu“ auf dem Montmartre statt. Der Erzbischof von Paris leitete die Ceremonie, welcher viele Deputirte und eine zahlreiche Zu⸗ schauermenge beiwohnten. Die Feier verlief ohne besonderen Zwischenfall.
Versailles, 16. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung wurde die Diskussion über den Gesetzentwurf, betreffend den höheren Unterricht, fortgesetzt. Das Amendement des Deputirten Paris, welches zur Prüfung der Studirenden der verschiedenen Fakultäten eine gemischte Jury einsetzen will, wurde mit 385 gegen 312 Stim⸗ men angenommen.
Spanken. Madrid, 17. Juni. (W. T. B.) Wie die „Epoca“ meldet, haben die Carlisten von der Küste von Zarauz Guetaria aufs Neue zu bombardiren begonnen. Von Guetaria aus wird das Bombardement lebhaft erwidert.
Italien. Rom, 16. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde der von Garibaldi eingebrachte Gesetzentwurf, betreffend die Regulirung der Tiber, mit einigen unerheblichen Abänderungen angenommen. Darauf konstatirte der Minister⸗Präsident Minghetti die Unmöglichkeit, den Gesetzentwurf, betreffend die Verhältnisse der Gesellschaft der römischen Eisenbahnen, gegenwärtig durchzuberathen. Es erscheine aber dringend geboten, eine vorläufige Maßnahme zu treffen. Zu diesem Zwecke bringe er heute einen Gesetz⸗ entwurf ein, durch welchen die Aufnahme eijnes Kredites von 15 Millionen in das Budget des laufenden Jahres gefor⸗ dert werde. Der Minister⸗Präsident ersuchte die Kammer, diesen Gesetzentwurf noch heute in einer zweiten Sitzung berathen zu wollen. Die Kammer stimmte diesem Wunsche zu.
In der zweiten Sitzung der Deputirtenkammer wurde die Berathung des Sicherheitsgesetzes fortgesetzt. Der An⸗ trag Pisanelli's, welcher einige Aenderungen der Regierungs⸗ vorlage vorschlägt, wurde, nachdem das Ministerium sich für den⸗ selben erklärt hatte, angenommen. Ferner wurde der Be⸗ schluß gefaßt, über die von dem Deputirten Tajani gegen die öffentliche Verwaltung Siciliens vorgebrachten That⸗ sachen eine gerichtliche Untersuchung eintreten zu lassen. So⸗ dann wurde mit 195 gegen 48 Stimmen beschlossen, die Prä⸗ sidenten des Senates und der Deputirtenkammer zu ermächti⸗ gen, eine Kommission zu ernennen, welche mit der Prüfung des Zustandes der öffentlichen Sicherheit in Sicilien betraut werden soll. — Die oben gemeldete Annahme des Antrages Pisanelli's erfolgte mit 209 gegen 32 Stimmen. Die Ma⸗ jorität der Linken enthielt sich der Abstimmung. — Die Kam⸗ mer berieth sodann den heute eingebrachten Gesetzentwurf, be⸗ treffend den Ausbau der kalabrischen und sicilischen Eisenbahnen und den Austausch der Obligationen der Ge⸗ sellschaft der römischen Eisenbahnen mit Titeln von 15 Fres. Rente, deren Zinsgenuß mit dem 1. Januar 1875 beginnt.
— Der von dem Minister⸗Präsidenten Minghetti eingebrachte Gesetzentwurf, betreffend die Verhältnisse der Gesellschaft der römischen Eisenbahnen, schlägt in dem Artikel 1 den Austausch von Obligationen der Gesellschaft 8.
sp rechen sind, nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals
habe, das staatsrechtliche Verhältniß dieser Königreiche zu Ungarn 1 8 8 1 1“ “ .
Wüsschen Eisenbahnen mit Titeln von 15 Fres. Rente vor
8
ren Zinsgenuß mit dem 1. Januar 1875 beginnt. Der von der Regierung geforderte Kredit von 15 Millionen soll zur Fort⸗ setung der Arbeiten an den kalabrischen und sicilischen Bahnen ienen.
„— Der Papst empfing am heutigen dreißigsten Jahrestage seiner Erhebung auf den päpstlichen Stuhl das Kardinals⸗ Kollegium. Der Kardinal Patrizi verlas eine Ergebenheits⸗ und Glückwunsch ⸗Adresse des Kardinals⸗Kollegiums. Der Papft erörterte in seiner Antwort insbesondere die gegenwärtigen Ver⸗ hältnisse Roms.
Rumänien. Bukarest, 17. Juni. (W. T. B.) Der Fürst empfing Deputationen des Senates und der Deputirtenkammer, welche ihm ihre Glückwünsche anläßlich der Errettung des Für⸗ sten bei dem kürzlich bei Filaret erfolgten . der Eisen⸗ bahnzüge aussprachen. — Die Deputirtenkammer erieth in den letzten beiden Tagen die in Antwort auf die Thronrede an den Fürsten zu richtende Adresse. — Wie das amtliche Organ der Regierung mittheilt, fand bei Moniteor ein Zusammmen⸗ stoß eines Postzuges mit einem mit Petroleum beladenen Güter⸗ zuge statt. Bei dem entstandenen Feuer verbrannte ein Theil der Briefe des Postzuges. aa- esSt. Te2n x.ü-Hebiax d ea eee--¹¹];
Amerika. (A. A. C.) Die zwischen Brasilien und der Argentinischen Republik schwebenden Dif⸗ ferenzen behufs der Grenzen von Paraguay sind südamerika⸗ nischen Blättern zufolge auf folgender Basis geregelt worden: Das streitige Territorium Misiones wird nebst dem sich von der Insel Atajo nach Pilcomayo ausdehnenden Distrikt als Eigen⸗ thum der Argentinischen Repüblik anerkannt werden. Die Frage über den Besitz des Territoriums zwischen Pilcomayo und dem Ris Negro soll einem Schiedsrichter unterbreitet werden. Bra⸗ silien soll seine Truppen aus Paraguay zurückziehen, und die Argentinische Republik wird die ihrigen ebenfalls aus Villa Occidental abberufen. ½ ½
Asien. Der „A. A. C.“ vom 15. Junichliegeng folgende Nachrichten vor: Aegea fore Die Entscheidung der indischen Regierung in Bezug auf die hronfolge von Baroda zu Gunsten der Familie Khandeish wurde in Baroda am 23. Mai publizirt; aber der neue Guicowar war zur Zeit noch nicht bekannt. Ein Telegramm in der „Times of India“ aus Baroda vom 23. Mai meldet: „Als Mulharao, Bruder von Sadashivrao, hörte, daß der Anspruch seines Bruders auf den Thron ignorirt worden, erschoß er sich sofort mit einem Pistol. Die Wahl der Prinzen von Khandeish hat große Unzufriedenheit veranlaßt.“ Nach der „Bombay Gazette“ wird die Absetzung von Mulharao in Gwalior, Secindia's Hauptstadt, mit großer Zufriedenheit betrachtet. Es heißt in Madras, daß der frühere Guicowar daselbst einige Zeit bleiben wird.
Mandalay, 16. Juni. (W. T. B.) Der König von Birma hat gestern Sir Douglas Forsyth und die übrigen Mit⸗ glieder der birmaischen Expedition mit großen Feierlichkeiten empfangen.
Nr. 11 des „Marine⸗Verordnungs⸗Blatts“ hat folgen⸗ den Inhalt: Bestimmungen in Bezug auf die Einführung des In⸗ fanterie⸗Gewehres m/71. — Unkostenfonds. — Das Ankern von Kriegsschiffen ꝛc. im Hafen von Rio de Janeiro. — Patriotische Gabe. — Berechnung der Seefahrtzeit bei den zum Torpedowesen kommandirten Offizieren und Mannschaften. — Einreichung der Jahresrapporte über ehemalige Zöglinge der Schiffsjungen⸗Abtheilung. — Krankenverpflegung an Bord in Dienst gestellter Schiffe⸗ — Ent⸗ lassungspapiere der Deckofsiziere. — Die Militärpässe der auf der Kaiserlichen Steuermannsschule und der Maschinistenschule ausgebildeten Deckoffiziere, Unteroffiziere und Maschinisten⸗Applikanten. — Die Führungsbücher bei den Kaiserlichen Matrosen⸗Divisionen und die Qualifikationsbücher bei den Kaiserlichen Werft⸗Divisionen. — In⸗ haltsverzeichniß der Schiffsbücherkisten. — Verwendung von Petroleum⸗ lampen und Laternen in den Unterrichts⸗ ꝛc. Räumen an Bord S. M. S. „Renown“ während des Winterhalbjahrs.
Statistische Nachrichten.
Berlin. Im Jahre 1874 lmußte das städtische Steuer⸗Ein⸗ ziehungsamt, wie die „Nat.⸗Z.“ mittheilt, obwohl damals die Staatsklassensteuer noch ni t erhoben wurde, im Ganzen 755,306 Quittungen der Haus⸗ und Miethssteuer und 595,024 Quittungen der Gemeindeeinkommensteuer, also rund 1,350,000 Quittungen (110,000 mehr als 1873) durch die Steuererheber den Steuer⸗ pflichtigen präsentiren lassen. Im Jahre 1875 sind nahe an 2 ½ Millionen Quittungen zu präsentiren. An die Kasse wurden, obwohl erst wenige Steuerannahmestellen errichtet werden konnten, 1874 rund 123,000 Steuerposten eingezahlt. Die Zahl der Eingaben, Berichte ꝛc., auf welche verfügt werden mußte, betrug 144,370. Die Zahl der Exekutionsaufträge war 379,571, es kam indeß nur in 346 Fällen zur Abpfändung und nur in 244 zum Verkauf der abge⸗ pfändeten Sachen. Das Einziehungsamt ist nur eine Abtheilung, die dritte der Steuerdeputation, von den andern Abtheilungen hat namentlich diejenige für die Einkommen⸗ und Klassensteuer jetwa den gleichen Geschäͤftsumfang.
v2 Der braunschweigische Feuerwehr⸗Verband umfaßt 197 cS.; in 16 Städten (drei nichtbraunschweigische) und 437 Flecken und Dörfern. Den Feuerwehren gehören 9448 freiwillige und 1846 pflichtige Feuerwehrmänner an.
— Nach dem soeben erschienenen Verzeichnisse der Behörden, Lehrer, Institute, Beamten und adihenbecs d Universität Rostock für das laufende Sommersemester beträgt die Studentenzahl 161 (gegen 159 im vorigen Semester). Die theologische Fakultät zählt, wie im Wintersemester, 1874/75 31; die juristische 51 (gegen 3 im vorigen Semester), die medizinische 34 (gegen 38), die philo⸗ sophische zahlt 45 Studenten (gegen 47 im Wintersemester). Unter jenen 45 sind: Stud. phil. 20 (gegen 23), stud. oec. 18 (gegen 19), stud. pharm. 6 (gegen 4), sowie ein Dentist.
— Die siebente Auflage, Jahrgang 1875, des amerikanischen Ze tungs⸗Adreßkalenders (American’ Newspaper Directory) der Herren Geo. P. Rowell u. Co., Nr. 41 Park Row, New⸗Pork, ist erschienen. Sie enthält in prächtiger Ausstattung in übersichtlicher Anordnung eine Aufzählung sämmtlicher in den Vereinigten Staaten, den Territorien, dem Dominion von Canada und Neufundland er⸗ scheinenden Zeitungen und periodischen Zeitschriften. Es werden dem⸗ nach in den genannten Ländern 774 Zeitungen täglich, 100 dreimal wöchentlich, 121 zweimal woͤchentlich, 6287 wöchentlich, 27 zweiwöchent⸗ lich, 108 halbmonatlich, 850 monatlich, 10 zweimonatlich und 71 vier⸗ teljährlich veröffentlicht — zusammen 8348, ein Zuwachs von 564 über die Zahl der im Vorjahre (1874), von 1057 über die Zahl der im Jahre 1873, von 1426 über die Zahl der im Jahre 1872 und von 1910 über die Zahl der im Jahre 1871 erschienenen Zeitungen. Die Cirkulationen sind im Allgemeinen beträchtlich gesunken. Mit Ausnahme zweier Sonntagsschulzeitschriften erreicht die Cirkulation keines außerhalb der Stadt New⸗York erscheinenden Blattes die Ziffer 40,000. Auf jeden der 313 Arbeitstage des Jahres kommen beinahe sechs Zeitun⸗ gen, die im letzten Jahre neu erschienen; in Folge von Eingehen von Zeitungen und Verschmelzen zweier oder mehrerer Blätter zu einem einzigen beträgt jedoch die wirkliche Zunahme nicht ganz ein Drittel der Zahl der neu publizirten Zeitungen. 8 8 8 8
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Das 6. (Juni⸗) Heft des V. Bandes (III. Jahrgang 1875) der „Deutschen Monakshefte“, Zeitschrift für die gesammten adüe turinteressen des Deutschen Vaterlandes, im Auftrage der Redaktion des Deutschen Reichs⸗Anzeigers und Königlich Preußischen Staats⸗ Anzeigers herausgegeben (Berlin, Carl Heymanns Verlag), hat folgenden Inhalt: Die Denkmäler der deutschen Krieger aus den
von Heeren, Ukert und W. von Giesebrecht — Das deutsche Lese
— Die deutsche Handelsstotte im Jahre 1874. — Die 28 kirche in Stuttgart. — Das Erbpachtsystem in der preußischen Do⸗ mainenpolitik. — Zur Anbahnung einer einheitlichen deutschen Recht⸗ schreibung. II. — Schellings Forschungen auf dem Gebiete der Kunst. — Jahresbericht über die historische Literatur des Deutschen Reiches und seiner Fürstenhäuser für 1874. — Chronik des Denutschen Reichs. — Monatschronik für Februar und März 1875: England. Rußland und Polen. Amerika. Amerika. — Literatur. — Eingegangene lite⸗ rarische Neuigkeiten. “
— Das Reichgesetz über die Beurkundun des Per⸗ sonenstandes und die Eheschließung vom 6. peß Mit Kommentar in Anmerkungen herausgegeben von Dr. P. Hin⸗ schius, ord. Professor der Rechte an der Universität zu Berlin, Mitglied des Reichstages. (Verlag von J. Guttentag [D. Collin), Berlin.) Das kleine Werk enthält außer der Einleitung über die Entstehung und Bedeutung des Gesetzes einen fortlaufenden Kom⸗ mentar zu sämmtlichen 85 Parugraphen, welcher die erforderlichen Erläuterungen zu allen interpretationsfähigen Stellen zu geben be⸗ zweckt. Der Verfasser, dessen Ausgabe des preußischen Civilstands⸗ gesetzes wegen ihrer praktischen Brauchbarkeit in den Kreisen der Juristen sowohl wie der Standesbeamten weite Verbreitung gefunden, hat bekanntlich in Gemeinschaft mit dem Reichstags⸗Abgeordneten Dr. Völk durch Aufstellung eines selbständigen Entwurfs den ersten Anlaß zu dem Zustandekommen des vorliegenden Reichsgesetzes ge⸗ geben. Dieser erste Entwurf wurde vom Reichstage bereits am 28. März 1874 angenommen und auch vom Bundesrathe im Prinzip gebilligt; bei der weiteren, vom Justizausschuß des Bundesrathes erfolgten Ausarbeitung wurde der Herausgeber als Autorität auf dem Gebiete des Kirchenrechts wiederum zugezogen und ebenso nahm er an der Berathung im Reichstage Theil, so daß derselbe bei der Ab⸗ fassung des Gesetzes in allen Stadien seiner Entstehung mitgewirkt hat und demgemäß der kompetenteste Bearbeiter eines Kommentars zu diesem Gesetze sein dürfte. — Die Bearbeitung beschränkt sich nicht auf das Gebiet des preußischen Landrechtes, sondern es sind, um möglichste Vollständigkeit zu bieten, die Gesetzgebungen der anderen preußischen Provinzen und deutschen Staaten zur Erläuterung herangezogen worden.
— Die Versammlung der Juristischen Gesellschaft zu Berlin findet am 19. Juni, Abends 6 ½ Uhr, im Bekkerschen Saale zu Charlottenburg, Berlinerstraße 77, statt. Auf der Tagesordnung steht der Vortrag des Hrn. General⸗Staatsanwalt Dr. Schwarze über die Privatanklage vom Standpunkte der Wissenschaft und der Gesetzgebung.
— Ans Samter, 14. Juni, schreibt man der „Posener Ztg.“: Vor einigen Tagen stieß man zwischen Klein⸗Goy und Obersitzko beim Kiesgraben auf ein Urnenfeld von ziemlichem Umfange. Die mit Schalen zugedeckten Urnen sind zum größten Theile noch recht wohl erhalten. Ihr Inhalt besteht in Knochensplittern und Zierrathen. Sie finden sich in einer Tiefe von etwa drei Fuß. Unmittelbar über ihnen lagert eine Schicht Boden, der viele Kohlen⸗ und Aschentheile enthält. Form und Größe der aufgefundenen Aschenkrüge ist sehr verschieden. Die an denselben angebrachten Verzierungen bestehen in Kreisen und symmetrisch geordneten Punkten.
— Als ordentliche Professoren haben an der Universität Er⸗ langen in diesem Semester ihre Wirksamkeit begonnen: Dr. Gordan für Mathematik, Dr. Wölfflin für klassische Philologie, Dr. Kißner für neuere Sprachen, als außerordentlicher Professor Dr. Nither für Mathematik. Als Privatdozenten haben sich in der medizinischen Fa⸗ kultät Dr. Franz Pensoldt, in der philosophischen Dr. Ed. v. Gerich⸗ ten habilitirt.
„— Der ordentliche Professor an der theologischen Fakultät der Universität Gießen, Dr. A. Merx, ist aus seiner Stellung geschieden.
— Wie aus Sevilla, 3. Juni, geschrieben wird, haben in den letzten Tagen die Reparaturarbeiten an dem berühmten großen Bilde Murillo's begonnen, das vor einiger Zeit von diebischen Händen schmählich verstümmelt wurde. Das Bild stellt bekanntlich den h. Antonius in seiner Zelle vor, wie er, in brünstigem Gebet begriffen, den Himmel offen sieht und sich bereit hält, das auf Lichtwolken zu ihm heruntersteigende Christuskind in seinen Armen zu empfangen. Das Bild wurde durch einen sehr ungeschickten Schnitt der unteren rechten Ecke beraubt, soweit auf derselben die Gestalt des verzückten Heiligen dargestellt war. Da das große Gemälde — seine Höhe beträgt ungefähr 22 Fuß — außerdem vielfache Beschädigungen und Spuren des Alters aufweist, so hat man beschlossen, eine durch⸗ greifende Reparatur vorzunehmen. Das Bild ist bereits in eine der großen Sakristeien des Domes geschafft worden, in welcher nunmehr auch das entwendete und in Amerika wieder gefundene Stück zu sehen ist. Man darf immerhin hoffen, daß es den mit der Ausführung der Reparatur betrauten Künstlern gelingen wird, die noch vorhandenen Reste des alten Glanzes dieses Meisterwerkes vor dem gänzlichen Untergang zu schützen.
„— Am 13. Juni starb zu Kopenhagen der Professor Dr. d'Arrest, welcher, früher an der Universität Leipzig außerordentlicher Professor der Astronomie und der letzte Observator der alten dortigen Sternwarte, an der Seite des Professor Möbius seine Laufbahn er⸗ öffnete und sich durch glückliche Beoobachtungen des Himmels und Ent⸗ deckungen von Planeten auszeichnete.
—— In der Nacht vom 12. zum 13. d. M., um halb zwölf Uhr, ist im Wienerwalde ein Erdbeben verspürt worden. Es liegen dar⸗ über Meldungen aus Purkersdorf, Chorherrn bei Königstetten und aus Altenberg vor. Ein dumpfes Rollen ging der Erschütterung vor⸗ aus, die man an der Bewegung der auf Kästen und Tischen stehen⸗ den Gegenstände sichtbar wahrnahm. In Chorherrn war die Erschüt⸗ terung so stark, daß die Leute aus den Häusern eilten; die Wirkung des Erdbebens, das in seinen Bewegungen dem Gebirgszug von Süd nach Nord folgte, war in nöͤrdlicher Richtung bis Altenberg zu spüren, wo es im Gräflich Beustschen Schlosse beobachtet wurde.,
Am 7. d. M. fand, wie die „Tem. Ztg.“ meldet, in der Gegend von Sudovec, Kreutzer Komitat, um halb ein Uhr Mittags ein ziemlich bedeutendes Erdbeben statt. Das unterirdische Getöse war recht vernehmlich zu hören, und dauerte die von Süd nach Nord sich fortpflanzende Bewegung etwa zehn Sekunden.
. Land⸗ und Forstwirthschaft. Die Ernteaussichten in Elsaß⸗Lothringen sind, wie der „E. C.“ zufolge von allen Seiten her verlautet, die denkbar besten. In einigen Landestheilen, wie wohl überhaupt, vernimmt man zwar Klagen über zu große, anhaltende Trockenheit; an anderen Orten dagegen sind kräftige Gewitterregen und damit eine allgemeine Abkühlung der Atmosphäre eingetreten, welche dem Fortschritte der Fruchtbildung sehr zu statten kommt. Der Futterertrag, so weit der⸗ selbe bis jetzt zu übersehen ist, lieferte durchschnittlich nur mäßige, doch weit mehr als spärliche Ergebnisse, und auf zahlreichen Boden⸗ flächen mit besonders günstiger Lage oder wo die Eigenthümer dem Futterbaue ihre volle Sorgfant zuwendeten, hatte auch dieser einen reichlichen Ertrag. Neben den Kornfrüchten verspricht der Obstbau und ebenso der Weinbau eine Fülle des Erträgnisses, wie sie nach glaubwürdigen Versicherungen seit Menschengedenken nicht dagewesen sein soll, so daß nach möglicher Vorausberechnung zu vertrauen ist, es werde sich dem guten Weinjahre 1874 ein ansgezeichnetes Wein⸗
und Fruchtjahr 1875 anschließen.
Jahren 1870 und 1871. — Die Geschichte der europäischen Staaten
Deutschen Eisen bahnbau⸗Gesellschaft statt, in
Washington, 16. Juni. (W. T. B.) Nach des Departements für die Landwirthschaft sn den 1e,eS gs die Aussichten für die diesjährige Baumwollenernte so günstig wie es seit dem Jahre 1872 nicht der Fall war. Der Stand der Ueansen. ift Fererhche 9* Zunlität außerordeatlich gut. Die mit
anzte Boden f Eöö z che hat gegen das Vorjahr fast um
1“ Gewerbe und Handel.
Berliner Wollbericht vom 17. Juni. Die Zufuhren u Lagerungen der Wollen auf dem Pi hura de abdssenSuf an reits ihren Anfang genommen. Bis gestern Abend waren etwa 9000 Centner abgelagert worden, heute trafen im Laufe des Vormittags schon zahlreiche Posten ein, und wurden noch ferner für heute weitere Quantitäten erwartet. Die Hauptsendungen dürften jedoch erst morgen eintreffen, da man glaubt, daß von Stettin aus noch viel unverkauft gebliebene Waare hierher dirigirt werden wird Ueber Preise läßt sich noch gar nichts melden, da Käufer wie Verkäufer bis jetzt noch eine zurückhaltende Stellung einnehmen. Schon jetzt ist indeß mit Bestimmtheit anzunehmen, daß das zum Markt gebrachte Quantum von Wollen geringer ausfallen wird, als im Vorjahre. Thatsache ist, daß in diesem Jahre schon 20,000 Centner Wollen bei der Direktion der Viehmarktgesellschaft weniger zur Lagerung angemeldet sind, als im Vorjahre. Grund dafür glaubt man theils in schlechteren Schuren, theils in der allge⸗ meinen Geschäftskalamität suchen zu müssen.
— Am 16 Juni fand in Berlin die Generalversammlung der 1,160,000 Thlr. mit 580 Stimmen vertreten waren. b stande wurde mitgetheilt, daß seit dem Abschlusse des Geschäfts⸗ jahres 1874 ein kleines Grundstück in Berlin ohne Schaden verkauft sei und die Stadtbahn die ganz zu übernehmenden Grundstücke An⸗ dreasstr. 74, Stallstr. 7, Georgenstr. 17 (Cirkus Renz) und Fried⸗ richstr. 142 nunmehr aufgelassen erhalten habe und die nur anzu⸗ schneidenden Berliner Grundstuͤcke, und das in Charlottenburg erfor⸗ derliche Terrain nach Erledigung der vorgeschriebenen Formalien übernehmen werde. Dabei wurde die Erwartung ausgesprochen, daß nunmehr endlich auch der Bau der Stadtbahn in Angriff genommen werde Auf die Anfrage eines Aktionärs über die Hupotbe enverbältnisse und die zu deren Bezahlung zur Verfügung stehenden Mittel wurde die Auskunft ertheilt, daß nach Abnahme der sämmtlichen für die Stadt⸗ bahn erforderlichen Grundstück und nachdem dadurch 30 % Ein zahlung verrechnet sei, die Verzinsung circa 218,000 Thlr. jährl erfordere. Die Grundstücke brächten alsdann einen Ertrag von in Berlin cg. 135,000 Thlr., in Charlottenburg ca. 5000 Thlr., in Dortmund ꝛc. ca. 3000 Thlr, zusammen also von 143,000 Thlr., so daß sich ein Zuschuß ergebe von ca. 75,000 Thlr. Werden hiervon die 4 ½% Zinsen der 30 .%. Einzahlung auf die Stadtbahn⸗Aktien mit ca. 54,000 Thlr. abgezogen, so ergiebt sich ein Ausfall von ca. 21,000 Thlr. Demnächst wurde einstimmig ohne Debatte Decharge ertheilt. Der Antrag auf Statutenänderung wurde nach längerer Debatte zurückgezogen und bei der demnächst stattgefundenen Wahl von Auff chtsrathsmitgliedern wurden fast ein⸗ stimmig berufen die Herren: Bankier Dr. Eschwe, Banquier Julius Schiff, Wirkl. Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath a. D. Hartwich, Bau⸗ meister Friedrich Koch, sämmtlich in Berlin, Kaufmann Julius Wummenhof in Bad Oeynhausen und Oberst⸗Lieutenant v. Sanden in Görlitz. 1
— Auf Anfrage des Appellationsgerichts zu Glogau haben die Berliner Börsenältesten kürzlich konstatirt, ce 68 “ an der Berliner Börse Usance ist, zur Deckung für Differenzgeschäfte deponirte Effekten auch ohne vorher getroffenes Abkommen an der Börse zu veräußern und sich aus dem Erlöse derselben bezahlt zu machen, wie das Seitens eines Bankiers in einer schlesischen Pro⸗ vinzialstadt in einem Prozesse wegen Herausgabe eines Depots be⸗ hauptet worden ist. Spekulationsaufträge auf Zeit, werden von vor⸗ sichtigen Bankiers in der Regel nur nach erfolgter Hinterlegung eines Depots ausgeführt, zu dessen Verkauf behufs Deckung des En⸗ gagements es sich für den Fall, daß seiner Aufforderung, neuen Fenschaß zu machen, nicht entsprechen wird, schriftlich ermäch⸗ tigen läßt. In dem vorliegenden Falle war das nicht geschehen, und der auf Herausgabe des von ihm verkauften Depots verklagte Bankier hatte in zweiter Instanz geltend gemacht, daß seine Handlungsweise durch die Usance der Berliner Börse gerechtfertigt werde. Auf Grund der Erklärung der Börsenältesten, wonach eine derartige Usance nicht existirt, ist die Verurtheilung des Verklagten zur Herausgabe der Depots auch in zweiter Instanz erfolst. Wie mitgetheilt wird, ist übrigens die angebliche Berliner Usance in der Provinz öfter von Bankiers als geschäftliche Norm geltend gemacht, und die Privatspe⸗ kulanten haben sich dabei beruhigt. Es ist in beiderseitigem Interesse swigmabis, daß das Nichtvorhandensein der Usance offiziell festge⸗ ellt ist.
„— Der Aufsichtsrath der Schlesischen Aktiengesellschaft für Eisengießerei, Maschinen⸗ und Wagenbau (vormals C. Schmidt u. Co.) beruft auf den 30. d. M. eine außerordentliche Generalversammlung ein, in welcher über die Auflösung der Gesell⸗ schaft Beschluß gefaßt werden soll. Voraussichtlich wird dieser An⸗ trag angenommen werden; denn bereits in der am 31. Oktober 1874 abgehaltenen Generalversammlung wurde beschlossen, die vorhandenen Bestände aufarbeiten zu lassen und in der Zwischenzeit die Auflösun der Gesellschaft vorzubereiten. Das Unternehmen hat seinen Ak⸗ tionären nur einmal, und zwar für 1872, eine Dividende von 9 x% gewährt, wogegen für 1873 und 1874 keine Dividende zur Verthei⸗ lung gebracht werden konnte.
Cöln, 17. Juni. (W. T. B.) In der heutigen General⸗ versammlung der Aktionäre des A. Schaaffhausen schen Bankvereins wurde die Dividende für das verflossene Geschäfts⸗ jahr auf 5 ½ % festgesetzt. — Ueber die Rheinische Effektenbank ist vom Handelsgericht die Falliterklärung ausgesprochen worden.
— Dem Rechenschaftsbericht des Janus, Lebens⸗ und Pen⸗ sions⸗Versicherungsgesellschaft in Hamburg für 1874 entnehmen wir Folgendes: Die zur Vertheilung kommende Dividende beträgt (wie im Vorjahre) 16 ¾ auf die reine Prämie der am Schlusse des Jahres 1872 mit Anspruch auf Dividenden in Kraft gewesenen Versicherungen und 19 % auf die Aktieneinschüsse; ulzimo 1874 waren in Kraft 18,268 Lebensversicherungen mit 45,507,100 ℳ (gegen 17,769 Versicherungen mit 43,799,785 ℳ im Vorjahre). Die Einnahme in 1874 betrug an Prämien 1,380,638,48 ℳ und an Zinfen 374,446,19 ℳ Für Sterbefälle wurden bezahlt 747,220 ℳ Der Reservefonds betrug ultimo 1874 9,327,872,70 ℳ bei einem Grund⸗ kapitale von 1,500,000 ℳ Seit ihrer Gründung am 1. Februar 1848 zahlte die Gesellschaft überhaupt 9,523,535 ℳ an die Erben von 4123 Versicherten.
— Die Nr. 6. (Juni 1875) der Mittheilungen des Ver⸗ eins zur Wahrung der gemeinsamen wirthschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen in Düsseldorf enthält den Bericht der von dem Vereinsausschusse zur Anstellung näherer Erhebungen über das sogenannte natürliche oder Gewichts⸗ und Wagenraum⸗Tarif⸗System nach dem Elsaß entsendeten Kom⸗
mission. —
Wien, 17. Juni. (W. T. B.) In der heute stattgehabten Generalversammlung der Franz⸗Josefsbahn wurde der Geschäftsbericht vorgelegt. Nach demselben beträgt der Rein⸗ gewinn 2 324,652 Fl. und ist demnach die vom Staate ge⸗ währte Zinsgarantie mit 2,340,623 Fl. in Anspruch zu nehmen. Die schwebende Schuld der gedachten Bahn beträgt gegenwärtig 2,900,000 Fl. Auf eine bezügliche Anfrage erklärte der General⸗ Direktor Kogerer, daß durch die schwebende Schuld die Einlösung der Aktiencoupons nicht in Frage gestellt werden könnte. Hierauf wurde dem Verwaltungsrath Decharge ertheilt.
—Die am 14. abgebaltene Generalversammlung der Vorarl⸗
berger Bahn genehmigte den Geschäftsbericht, ertheilte Decharge