Berliner Kunstausstellungen.
(Vergl. Nr. 152 d. Bl.)
5 Besonders zahlreich sind wiederum die Landschaften der
Alusstellung. Eschke's schon bei einer früheren Gelegenheit besprochene Sireneninseln in zauberischer Beleuchtung, Dou⸗ zette's abendliche, schneebedeckte deutsche Waldpartie, Triebel's sorgfältig durchgeführte, nur im Ton etwas trockene Waldkapelle aus der Gegend von Wernigerode, Ruths Abendlandschaft aus Oberitalien, Hesse's große, poetisch empfundene Abendland⸗ schaft aus der Eifelgegend mit dem Blick über eine weite stille Haidefläche bis hin zur weiten, duftig verschwimmenden Ferne, die delikat und fleißig vollendeten Gebirgsbilder von Bauer und Bracht, namentlich letztere in Auffassung und Farbe von entschieden ausgesprochenem eigenartigen Charakter, Kühling's in feuchtduftiger Landschaft weidende Kühe, M. Schmidt's nur in den Lufttönen etwas kalte, im Uebrigen meisterliche, an prächtig gezeichneten Baumgruppen reiche Partie aus dem Park von Windsor mit der Staffage weidender Rinder und endlich noch zwei griechische Aquarellen von Ludwig Spangenberg mögen aus der Fülle der bemerkenswerthen Arbeiten an dieser Stelle wenigstens Erwähnung finden.
Eine dritte große Aquarelle des zuletzt genannten Künstlers, ein steiniger, von dichten Baumwipfeln beschatteter Waldweg, auf dem ein Kapuziner von dem hochgelegenen Kloster daher⸗ reitet, imponirt in noch höherem Grade durch die mit feiner Tonstimmung verbundene Schönheit der Linien, die schlichte
Größe der Formen und die meisterhafte Behandlung, die das
genau studirte reichste Detail der landschaftlichen Scenerie zu
voller Geltung bringt und es dabei doch unbedingt der ruhigen und noblen Gesammterscheinung unterordnet.
Eingehendere Beachtung verdient schließlich noch eine Reihe von Landschaften zumeist jüngerer Künstler, von denen Went⸗ scher mit einem im Widerschein der untergehenden Sonne röth⸗ lich erglühenden Kiefernwald, einem Bilde von vorzüglich ge⸗
schlossener Haltung und eminenter Wahrheit der geschilderten Lichtwirkung, die besten Fortschritte, Gertner in drei frischen, energisch farbigen Bildern von liebenswürdiger und gesunder Empfindung, einer Wassermühle, einer Frühlingslandschaft und einer von breiten Bäumen beschatteten und von den durchfallenden Lichtern gestreiften freundlichen westfälischen Dorfstraße, ein sich schnell und sicher entwickelndes anziehendes Talent bekundet.
Rettich's „Dampfschiffstation im Sogne⸗Fjord“, über dessen grünliches, rings von hohen Felsenufern umschlossenes Wasser die Sonne hinleuchtet, während den Himmel bereits dichtes graues Gewölk überzieht, kräftig, breit und wirksam in den effektvollen, geschickt vermittelten Kontrasten der Beleuchtung behandelt, zeigt den Künstler auf der Höhe, die er in seinen zu⸗ letzt besprochenen Arbeiten erreichte. Von A. Boehm ist hin⸗ gegen bisher auch in seinen besten Arbeiten kaum jemals die warme, über die Dinge hinflimmernde sommerliche Luft so fein und zart wiedergegeben, wie in der gegenwärtig von ihm aus⸗ gestellten Dorfstraße mit ihren simplen grünen Vorgärten und dem staubigen grausandigen Weg, auf dem ein Leierkastenmann, von der zahlreichen Dorfjugend umgeben, seine Drehorgel spielt. Durchweg meisterlich scharf beobachtet, bedürfte das mit feinen malerischen Reizen reich ausgestattete Bilo nur einer, namentlich in den zum Theil höchst charakteristisch angelegten Figuren minder skizzenhaften Behandlung, um nach jeder Seite hin des unbe⸗ dingtesten Beifalls sicher zu sein.
Callenberg's ländliches Gehöft am Wasser in abendlicher Stimmung mit dem rechts in ruhigem Halbschatten liegenden Vorplatz des Hauses, auf dessen seitliche Lehmwand, die der unter⸗ gehenden, das Gewölk röthlich säumenden Sonne zugekehrt ist, ein breiter goldiger Lichtstrahl auffällt, gewinnt durch diese Beleuch⸗ tung ein reiches Leben und ist bei ziemlich derbem, hier und da, wie besonders in der Luft, nahezu skizzenhaften Vortrag von kräftiger, wahrer Wirkung und von großer Energie des Tons. Dasselbe gilt in noch erhöhtem Maße von Rummels⸗ pacher's umfangreicher Landschaft aus dem Schwarzwald, einem Bilde, das mit seltener Frische und Unmittelbarkeit der künstlerischen Anschauung den individuellen Charakter des Ge⸗ birges in großen, wirkungsvollen Zügen lebendig und überzeu⸗ gend wiederspiegelt. Tief und kräftig in der Farbe, mit größter Breite des Vortrags, die allerdings einen fast überwiegend blos dekorativen Eindruck hervorruft, keck und sicher hingemalt, faßt es in der Schilderung des feuchten, sonnigen Wiesengrundes, der stumpferen Moosflächen, der schwärzlichen Baumpartien und des hell weischen ihnen hindurchleuchtenden braunen Bo⸗ dens eine Fülle interessanter Gegenfätze in der Form wie in Farbe und Licht zu einem durchaus einheitlich geschlossenen Ganzen zusammen, das in zwei trefflich gezeichneten, nahe bei einem Bauerngehöft weidenden Kühen und dem auf den Boden hingestreckten Hirtenbuben eine lebensvolle und charakteristische Staffage erhält.
„MNeben dieser stattlichen Anzahl erwähnenswerther Gemälde ist endlich noch einer von Ludwig Pietsch ausgestellten grö⸗ ßeren Kollektion von Zeichnungen und Holzschnittabdrücken zu gedenken. Unter den letzteren sind besonders die prächtigen, frisch erfundenen Illustrationen zu Reuters „Stromtid“ hervorzuheben, die jeder Leser des Dichters als ohne Ausnahme treu und echt im Charakter desselben gehaltene, wirklich ergötzliche Verbild⸗ lichungen des Erzählten schätzen und anerkennen wird. Die ausgestellten Handzeichnungen, von denen bisher nur wenige Blätter, und diese in ziemlich mangel⸗ hafter Reproduktion, gelegentlich durch illustrirte Jour⸗ male bekannt wurden, zerfallen in drei größere Gruppen, die ihre Entstehung der Orientreise gelegentlich der Eröff⸗ nung des Suez⸗Kanals, dem Aufenthalt und den Beob⸗ achtungen in Frankreich während des Krieges der Jahre 1870 und 1871 und endlich dem interessanten gesellschaftlichen Leben in der Villa Viardot in Baden⸗Baden verdanken. Der letzteren Gruppe gehören ausschließlich Porträts an, während sich in den beiden übrigen mit ihnen genreartige Stücke und landschaftliche Skizzen verbinden, Scenen vom Bord verschiedener Dampfer, Zeichnungen von Ruinen ägyptischer Vauten, malerische Inte⸗ rieurs ꝛc., sowie Motive des Kriegs⸗ und Lager⸗ lebens in Frankreich und der Verwüstungen, die der
jeg in Stadt und Land angerichtet. Wie die zahlreichen Porträts geistig hochstehender Persönlichkeiten, derber kriegerischer Gestalten, harter Seeleute und ägyptischer Führer und Eseljungen sich überall durch die lebendige und bestimmte Auffassung der individuellen Eigenart auszeichnen, die in ihnen unverkennbar zu Tage tritt, wie in ihnen stets das wirkliche, unverfälschte Wesen des Dargestellten in seinen bezeichnendsten Zügen festgehalten ist, so beweisen auch jene anderen Blätter durchgehends einen ebenso scharf eindringenden wie überraschend chn und sicher eine Fülle von Details zusammenfassenden
lick und dazu die Objektivität der Beobachtung, die das reale
In der plastischen Abtheilung der Ausstellung bieten Brunow und Reusch dem Beschauer zwei gefällig erfundene Fontänengruppen dar. Die des erstgenannten Künstlers setzt sich aus zwei in Zinkguß ausgeführten, mit einander um einen Weinschlauch ringenden, mit Weinlaub bekränzten Knaben zu⸗ sammen und erstrebt bei tüchtiger Durchbildung der derben, runden Körperformen und bei trefflich geschlossenem Aufbau mit bestem Erfolg eine frische dekorative Wirkung. Mit gutem Be⸗ dacht in breiten, massigen Umrissen angelegt, würde sie bei einer Aufstellung im Freien nur noch gewinnen können, während die Arbeit von Reusch in ihren weit zarteren Formen sich am besten für einen Gartensaal oder einen ähnlichen ge⸗ schlossenen Raum eignen dürfte. Sie zeigt einen zierlichen Tritonenknaben, der, auf einem Delphin reitend, mit zurück⸗ gebeugtem Oberkörper und munter lachend, das wasserspritzende Maul des Thieres mit seinen Händchen zusammenzudrücken sucht. Der muthwillige, reizend naive Ausdruck, die graziöse und lebendige Bewegung des Körpers, die fein abgemessene Liniengebung, die bei aller natürlichen Frische doch zugleich edle Auffassung des Motivs machen das anmuthige Werk zu einem der gelungensten seiner Gattung. Zwei kleine Bronzestatuetten, sitzende, als „Märzveilchen“ und „Kornblume’“ bezeichnete weibliche Figuren in keck und frisch be⸗ handelter Kleidung, sandte endlich noch Diez hierher. Die eine, ein junges Mädchen in sommerlicher Tracht, sitzt, den am Bande niederhängenden Sut am Arme tragend, einen Blumenstrauß in der Hand haltend, auf einem niedrigen Baumstumpf und läßt ihre sehnenden Blicke ins Weite schweifen. Die andere, in ihrer Bewegung und in ihren Formen noch origineller und feiner em⸗ pfunden, ist eine ländliche Dirne in dürftigem Röckchen, die, Aehren und Kornblumen im Schooße haltend, den schönen, mü⸗ den Kopf hat niedersinken lassen und in jeder Li.ie den stillen Frieden des Schlummers athmet.
Einige andere gegenwärtig im Salon des Künstlervereins ausgestellte plastische Arbeiten von Afinger, R. Begas, Hartzer u. A. stammen aus der Verloosung zum Bau eines Künstlerhauses, bei welcher sie Eigenthum des Vereins geblieben sind, und haben bereits bei früherer Gelegenheit Besprechung gefunden. Dasselbe gilt von den Bildern von Knaus, Menzel, A. v. Werner, Graf Harrach, Dielitz,
Gentz, den Aquarellen von L. Spangenberg, Knille, P. Meyerheim u. a. m., ziemlich ausnahmslos erlesenen, werthvollen Arbeiten, unter denen einige, wie der junge Raucher in einer oberbayrischen Bauernstube von Dielitz, zu⸗ gleich zu den allerbesten Schöpfungen ihrer Urheber zählen. Auch ein weiblicher Studienkopf auf Goldgrund von G. Graef gehört hierher, ein erst später dem Verein für den genannten Zweck übergebenes Bild von eigenartig reizvollem Kolorit, das in seiner farbenfreudigen Stimmung allerdings immerhin noch einer Steigerung fähig gewesen wäre.
In der 12. Sitzung der internationalen Telegraphen⸗
konferenz zu St. Petersburg am 28. Juni stand auf der Tages⸗ ordnung der Bericht der ersten Kommission (für Vorbereitung der Tariffragen) über den Antrag der Vertreter Deutschlands in Bezug auf Abänderung der für den Transit von Telegrammen bestehenden Taxen. Der Antrag geht von dem Gesichtspunkte aus, daß mit Rück⸗ sicht auf die außerordentliche Komplizirtheit der Tarife für die inter⸗ nationale telegraphische Korrespondenz, insbesondere der Transittaxen, die Annahme eines neuen möglichst unabänderlichen Prinzips geboten erscheint, das bei Feststellung der Zahlung für den Transit der Telegramme als Maßstab dienen könnte Die Vertreter Deutschlands nahmen als einen solchen Maßstab die Länge der vom Telegramm durchlaufenen Linie an und beantragten, der Berathung der Transittaxe eine bestimmte Länge zu Grunde zu legen. Die Kommission ließ den auf Vereinfachung des Tarifs gerichteten Bestrebungen der deutschen Bevollmächtigten volle Anerkennung zu Theil werden und sprach sich für die Nothwendigkeit aus, die Frage wegen ihrer großen Bedeutung noch weiter durchzu⸗ arbeiten. Nach Schluß der Berichterstattung entwickelte der erste Delegirte Deutschlands, Dr. Stephan, in einer oftmals durch Beifalls⸗ äußerungen unterbrochenen Rede vor der Konferenz seine Ansicht über die zur Prüfung vorliegende Frage. Auch die Konferenz stimmte der Idee einer Vereinfachung der Transittarife vollkommen bei, hielt je⸗ doch im Anschluß an die Ausführungen des Vertreters Belgiens, rn. Vinchent, das Prinzip, die vom Telegramm zurückgelegte trecke der Berechnung zu Grunde zu legen, für zur Zeit noch nicht durchführbar und beschloß, das Projekt dem internationalen Sekretariat der Telegraphenverwaltungen zu überweisen, so daß es der nächsten Konferenz zur definitiven Berathung vorgelegt werden könne. Es folgte sodann der Bericht der zweiten Kommission (für Aus⸗ arbeitung des Dienstreglements) und faßte die Konferenzbeschlüsse über die dienstlichen, auf die Uebergabe der Telegramme bezüglichen Mit⸗ theilungen, über Aufbewahrung der telegraphischen Dokumente und über die besonderen Rechte, welche die Telegraphenverwaltungen, namentlich benachbarter Staaten, in ihren privaten Vereinbarungen genießen können.
Ueber die Ueberschwemmung im Lot⸗et⸗Garonne⸗ Departement vernimmt man jetzt Näheres: Ein Privatschreiben aus Agen meldet vom 29. Juni darüber, wie folgt: „Man muß auf das Jahr 1434 zurückgehen, um eine solche furchtbare Ueber⸗ schwemmung wieder zu finden, wie die letzte war. Die Wasser stiegen 11 Meter 70. Centimeter, d. h. einen Meter höher als 1855, welche die größte während der letzten vier Jahrhunderte war. Es war Donnerstag Nachmittag 3 ½ Uhr, als die Garonne, trotz aller Hindernisse, die man ihrer Wuth entgegengestellt, die Stadt überfiel. In weniger denn 20 Mi⸗ nuten stand ganz Asen mit Ausnahme des kleinen Hügels, auf dem sich die Eglise des Jacobins und das Lyceum befindet, unter Wasser. Dieses plötzliche Eindringen der Garonne verursachte dem Handel ungeheuern Schaden; derselbe muß nach Millionen berechnet wer⸗ den. An der steinernen Brücke stürzten 16 Häuser ein. Die Leute retteten sich auf die Dächer, aber man konnte ihnen keine Hülfe bringen. Bis jetzt fand man 12 Leichen. Alle Kirchen und Tempel und die 12 heiligen Stätten, welche die Stadt besitzt, standen zwei Tage lange unter Wasser. Die Kathedrale hatte 3 Meter Waffer und am Sonntag konnte nirgends Gottesdienst stattfinden. Die Präfektur und der Justizpalast waren derart mit Wasser angefüllt, daß man die Richter und Beamten mit Kähnen abholen mußte. In dem Weichbild der Stadt ist die Lage nicht weniger beklagenswerth. Tausende von Leuten warteten während zweier Tage und Nächte auf den Dächern ihrer Häuser in Todesangst das Ablaufen des Wassers ab. Die in der Nähe des Flusses liegenden Dörfer litten furchtbar.“ 6
Dem „Braunschw. Tobl.“ wird aus Blankenstein, 27. Juni geschrieben: Heute nach schwerem Gewitter löste sich das Fundament der alten Burgruine und gleich darauf fiel der ganze Thurm mit fürchterlichem Geprassel den hohen Abhang hinter. Menschen⸗ leben sind nicht zu beklagen, nur ist das Ueberbleibsel aus den frü⸗ heren Jahrhunderten für immer verschwunden.
Aus Dillenburg 30. Juni, wird gemeldet: Die gestrige Einweihung des zum S Wilhelms von Oranien hiesigen Schloßruine erbauten Wilhelms⸗Thurms verlief, ob⸗ gleich vom Wetter nicht sonderlich begünstigt, in der befriedigendsten Weise. Die Theilnahme an der Feier war, wie zu erwarten, eine sehr große. Von Fürstlichen Personen waren erschienen Se. König⸗
liche Hoheit der Priuz Albrecht von Preußen und Se. Dur
1“““
batte sich eine große Zahl von Festgästen eingefunden ie Dillenburg prangte im reichsten Fef chmucke. 6
Theater.
Bei der im Laufe des vorigen Monats im Königlichen Schauspielhause zum Besten der Unterstützungskasse des Vereins „Berliner Presse
somit für die genannte Kasse als Reingewinn ein Betrag von 1600,38 ℳ
— Im Wallnertheater debütirten am Sonnabend in den „Räubern“ drei Gäͤste in den Rollen des Franz, Hr. Josef Lewinsky vom Hofburgtheater in Wien; des Karl, Hr. Hilmar Knorr, König⸗ lich bayerischer Hofschauspieler, der Amalia von Edelreich, Frl. Louise Eppner, Herzoglich sächsische Hofschauspielerin. Das Interesse der Vorstellung neigte sich beinahe ausschließlich der Gestaltung der Rolle des Franz zu, die eine fast unübertreffliche Leistung Lewinsky's ist. Die dämonische Kraft seiner Stimme und, wo es am Platze ist, die weichsten Klänge heuchlerischer Treue, Liebe und eines reinen Gemüths im Verein mit einem Geberdenspiel, wie es selten gleich ausgebildet gefunden wird, rissen das Auditorium zu dem lautesten Beifall fort. Der Künstler mußte nach einigen Scenen vier Mal und öfter vor die Scene treten. — Hr. Knorr ist ein Dar⸗ steller des Karl, dem man Talent und Verständniß der Rolle nicht absprechen kann; er hätte eine entschieden günstigere Aufnahme ge⸗ funden, wenn er seine Stimme durchschnittlich etwas leidenschaftlicher erhoben hätte. Frl. Eppner verstand die Amalia mit tiefem Gefühl und edler Würde zu geben, die namentlich in den Scenen mit Franz zu entschiedener Wirkung kamen. — Neben diesen Gästen verdient nur die Rolle des Schweizer, die von Hrn. Kurz mit Kühnheit und Wärme gespielt wurde, besondere Erwähnung.
— Am Sonnabend ging im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater die neue, lange angekündigte Buffo⸗Oper von Jakob Offen⸗ bach: „Madame Herzog“ („Madame l1'Archiduc“) oder „die Ver⸗ schwörung zu Montefiascone“ vor pöllig ausverkauftem Hause in Scene und fand Seitens des der Hitze zum Trotz recht animirten Publikums eine sehr beifällige Aufnahme. Es ist nicht zu verkennen, daß der Kompovist, dessen letzte Werke, besonders Schön⸗Röschen (La jolie parfumense), gegenüber den frischen Operetten von Joh. und Lecog einen unverkennbaren Marasmus zeigten, sich zu neuen Anstrengungen aufgerafft hat. Indessen ist es doch nur künstlicher Galvanismns, der diesen Gestalten und Weisen Leben gab. Die Reminiscenzen brechen, wie vorsichtig immer vermieden, doch überall durch, und erstrecken sich selbst auf die Werke der Schüler und Nachahmer. Dagegen bietet das Textbuch von Millaud eine Menge komischer und pikanter Situationen, welche die beabsichtigte Wirkung nicht verfehlen. So haben um die drastische Wirkung des Quartetts der Verschwore⸗ nen zu Anfang des 1. Akts Dichter und Komponist gleiches Verdienst
und der folgende Chor der Burschen und Mägde in der Herberge bietet ebenfalls Gelegenheit zu einer recht komischen Scene. Die Duetts zwischen dem Grafen und der Gräfin von Castelardo und Marietta und Giletti nebst anschließendem Quartett, das Couplet des Kapitäns Fortunato und das englische Lied des Grafen und der Gräfin sind die gelungensten Nummern des 1. Akts. Das Letztere wurde da capo verlangt. Im 2. Akt erfreute sich ein Sextett der Verschworenen nebst Giletti und Marietta, und darin besonders das ABC⸗Lied der Letzteren, allgemeinen Beifalls. Außerdem verdient das humorvolle Couplet des Herzogs Er⸗ wähnunzg. Der letzte Akt gipfelt in musikalischer Beziehung in einem sehr gelungenen Ensemble der Gensd'armen, Marietta's und Fortunato’'s, mit wirkungsvollem Crescendo, sowie einem recht hübschen Couplet der Marietta, mit dem das Ganze schließt. Die Aufführung, deren Inscenirung Hr. E. Neumann geleitet hatte, und in der Solo⸗ und Chorkräfte präcis zusammenwirkten, war eine vortreffliche. Den Mittelpunkt des Interesses bildete Frl. Geistinger als Marietta, welche wiederholt mit Beifall ausgezeichnet wurde. Neben der ihrigen sind jedoch auch die Leistungen der Damen Preuß (Fortunato), Welly (Gräfin) und der Herren Schulz (Herzog), Swoboda (Giletti), Brandt (Graf), Bollmann (Scaevola, erster Verschworener) mit An⸗ erkennung zu nennen.
Die Oper ist mit neuen prächtigen Dekorationen und Kostümen auf das Reichste ausgestattet und dürfte auf längere Zeit ihren Platz auf dem Repertoire der Bühne behalten.
— Das Woltersdorff⸗Theater ist am Sonnabend unter den 1e. n Aussichten wieder eröffnet worden. Ein gewähltes Publi⸗ um hatte die Räume des Hauses bis auf den letzten Platz gefüllt. Unter den Klängen eines von dem Kapellmeister Hrn. Adolph NMohr komponirten einleitenden Festmarsches hob sich die alte Gardine des Woltersdorff⸗Theaters und enthüllte den neuen, in dem Lütkemeyerschen Etablissement in Coburg gefertigten geschmackvollen grünen Vorhang, der sich bald vor einem neuen prächtigen rothen Salon öffnete, in dem Hr. Direktor Emil Thomas 82. um das Publikum durch einen halb launigen, halb ernsten Prolog zu begrüßen. Er erinnerte daran, daß er an derselben Stelle vor 20 Jahren sich von Berlin verabschiedet habe. Sich immer erneuernder, lebhafter Beifall und reiche Blumenspenden bewiesen dem Künstler die Freude des Publikums, daß er nun auf die Dauer und in einer hervorragenden Stellung Berlin wiedergewonnen ist. Das erste der aufgeführten Stücke, ein RSgg. Schwank, „In Hemdsärmeln“ von A. Günther, dem ekannten Pseudonym, wurde freundlich aufgenommen, obwohl einige Kürzungen erwünscht gewesen wären. Hr. Otto spielte den nervösen Dr. Feldner mit Gewandtheit und auch der Eugen Pachting, der durch einen Zufall sich in Feldners Wohnung in Hemdsärmeln befindet, war durch Hrn. Hänseler gut vertreten.
Die Operette „Leichte Cavallerie“, von Suppé, war für den Erfolg des Abends durchgreifend. Lebhafter anhaltender Beifall wurde sowohl den einzelnen Darstellern der Hauptpartien, wie dem Ensemble und der glänzenden Ausstattung gezollt. Unter den ersteren wurden besonders die treffliche Sopranistin FrIl. Rosa Berger (Vilma) und der lyrische Tenor Hr. Brakl, die fast sämmtliche ihrer Num⸗ mern da capo singen mußten, Hr. Gustav Schultze als Wachtmeister Janos und Frl. Grosse als Husar ausgezeichnet. Aus den Ensembles sind vorzugsweise das komische Magistrats⸗ oktet unter Führung des Hrn. Schmitz (Bürgermeister) und der ebenso stattliche wie elegante (weibliche) Husarenchor hervorzu⸗ heben. Nächst den sämmtlichen Darstellern wurde auch Hrn. Thomas, der die Regie der Oper wahrgenommen hatte, die Ehre des Hervorrufs.
Den Schluß des Abends und den Glanzpunkt desselben bildeie der Gelegenheitsschwank „Der neue Direktor“ von H. Wilken und Ed. Jacobson, das zwar keinen Theaterdirektor vorführt, aber doch reich an Bezüglichkeiten auf das Ereigniß des Abends war und in dem „Lerche“ eine prächtige neue Rolle für Hrn. Thomas komisches Talent geschaffen hat. Sein köstlicher Humor ließ die späte Stunde und die Hitze im Saale vergessen und seinem Couplet „Wenig, aber mit Liebe“ mußte er auf Verlangen des Publikums drei oder viermal neue Verse hinzufügen. Den Höhepunkt erreichte die Heiterkeit bei der Darstellung einer Scene aus dem Faust, in welcher Hr. Thomas sich als Mephistopheles in sehr bekannter Maske vHease Frl. Grosse bewährte sich in diesem Schwank als eine im Spiel und Gesang sehr Soubrette. Daß Hrn. Thomas als „Lerche“ die reichsten Beifallsspenden zu Theil wurden, ist selbstverständlich. Wenn man brrücksichtigt, daß eine nach den verschiedensten Rich⸗ tungen so vortreffliche Vorstellung, wie die am Sonnabend war, mit einem ganz neu zusammengesetzten Personal und in wenig Tagen er⸗ möglicht war, so läßt sich von der neuen Direktion und den Kräften des Woltersdorffschen Theaters allerdings recht Tüchtiges erwarten, zumal wenn . “ wie ja in Aussicht steht, sich nicht auf die Direktion beschränkt, sondern gleichzeitig das erste Mitglied seiner eigenen Bühne bleibt.
68 Redacteur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kesseh. Drns M. Elsner. Drei Beilagen
Bild der angeschauten Dinge ungetrübt und ungeschminkt in aufzunehmen und ugeben vermag, Peiche 8
laucht der Fürst zu Solms⸗Braunfels. Aus den Niederlanden
(einschließlich Börsen⸗Beilage).
stattgehabten Vorstellung gingen an Eintritts⸗ geldern 2239 ℳ ein; nach Abzus der Kosten von 638,84 ℳ verbleibt
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich
Erste Beilage
Berlin, Montag, den 5. Juli
Nco. 155.
Königreich Preußen. Privilegium wegen Ausgabe auf den Inhaber lautender Obli⸗ gationen der Stadt Cöln im Betrage von sechs Millionen Mark
1 Reichsmünze.
8 Bom 2 un 1875. 11“ Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc., ertheilen, nachdem der Ober⸗Bürgermeister und die Stadtverordneten⸗ Versammlung zu Cöln behufs Verbesserung und Erweiterung der Gasbeleuchtungsanstalt und der Wasserwerke genannter Stadt, zur Aufnahme einer Anleihe von sechs Millionen Mark gegen Ausstellung auf den Inhaber lautender, mit Zinscoupons und Talons versehener Obligationen Unsere landesherrliche Genehmigung nachgesucht haben und bei diesem Antrage im Interesse der Stadtgemeinde sowohl als der Gläubiger sich nichts zu erinnern gefunden hat, in Gemäßheit des Gesetzes vom 17. Juni 1833 wegen Ausstellung von Papieren, welche eine Zahlungsverpflichtung an jeden Inhaber enthalten, durch gegen⸗ wärtiges Privilegium Unsere landesherrliche Genehmigung zur Aus⸗
gabe gedachter Obligationen unter nachstehenden Bedingungen:
1. Es werden ausgegeben 4 02 Obligationen und zwar 1336 Stück zu 500 ℳ, 1333 Stück zu 1000 ℳ und 1333 Stück zu 3000 ℳ, in Summa sechs Millionen Mark. Die Obligationen werden jähr⸗ lich mit vier und ein halb Prozent verzinst und die Zinsen werden in halbjährlichen Raten am 1. April und 1. Oktober von der Stadt⸗ kasse in Cöln und einer in Berlin befindlichen Stelle gegen Rückgabe der betreffenden Coupons gezahlt. Die Stadtgemeinde Cöln verzichtet für die ersten fünf Jahre auf jede Konvertirung der Anleihe, behält sich aber vor, nach Ablauf dieser Frist eine Konvertirung vorzunehmen, bei deren Eintritt es den Inhabern freisteht, die Rückzahlung des Kapitals zu verlangen. Den Inhabern der Obligationen steht kein Kündigungsrecht gegen die Stadtgemeinde Cöln zu.
§. 2. Zur Tilgung der Schuld werden jährlich ein und ein halbes Prozent von dem Kapitalbetrage der ausgegebenen Obliga⸗ tionen nebst den Zinsen der ausgeloosten Obligationen verwendet, so daß die ganze Schuld längstens binnen zwei und dreißig Jahren, gom Jahre nach der Kapitalaufnahme an, getilgt sein wird.
Sobald aber der Betrieb der Gasanstalt und der Wasserwerke
“
einen Reingewinn nach Abzug der zur Verzinsung und Tilgung erfor⸗
derlichen Beträge abwirft, ist derselbe zur Verstärkung des Tilgungs⸗ fonds zu verwenden. Auch behält sich die Stadt Cöln das Recht vor, eine größere Tilgung eintreten zu lassen. 1
§. 3. Zur Leitung der, die Ausstellung, Verzinsung und Tilgung der ausgegebenen Obligationen betreffenden Geschäfte wird eine be⸗ sondere Kommission gebildet, bestehend aus dem Ober⸗Bürgermeister oder dem von ihm beauftragten Beigeordneten und wenigstens drei Mitgliedern der Stadtverordneten⸗Versammlung, welche von dieser letzteren zu wählen sind. 1
g. 4. Die fortlaufend mit Nr. 1 bis 4002 bezeichneten Obliga⸗ tionen werden nach dem beigefügten Schema ausgestellt und mit dem ö“ der Unterschriften der Kommissionsmitglieder und dem Stempel der Stadt Cöln versehen und von dem Stadt⸗Empfänger ausgefertigt. Denselben ist ein Abdruck des Privilegiums auf der Rückseite der Obligationen beizufügen.
§. 5. Den e werden für die nächsten fünf Jahre Zinscoupons und Talons nach dem beigefügten Schema beigegeben. Mit Ablauf dieser und jeder folgenden ünsiährigen Periode werden nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung 8 13) neue Zinscoupons und Talons durch die Stadtkasse in Cöln gegen Abgabe der älteren Talons oder, wenn letztere abhanden gekommen sein sollten, dem recht⸗ Fahe Vorzeiger der Obligationen ausgereicht, sofern nicht schon der
usta sch der betreffenden neueren gegen die älteren Talons vollzogen sein möchte. Im Falle des Abhandenseins der älteren Talons wird hiervon auf der Obligation Vermerk gemacht. Die Coupons und Talons werden mit dem Facsimile der Unterschriften der Kommissions⸗ mitglieder (§. 3) und des Stadt⸗Empfängers, sowie mit dem Stempel der Stadtgemeinde Cöln versehen.
§. 6. Von dem Verfalltage ab wird, gegen Ablieferung der Zinscoupons der Betrag derselben an den Vorzeiger durch die Stadt⸗ kasse und die durch öffentliche Bekanntmachung zu bezeichnende Stelle in Berlin (§. 13) gezahlt, auch nimmt die g. in Cöln die fälligen Coupons bei allen Zahlungen, namenrlich bei Entrichtung der Kommunalsteuern, in Zahlung an.
§. 7. Die Zinscoupons werden ungültig und werthlos, wenn sie binnen fünf Jahren nach der Verfallzeit zur Zahlung nicht präsentirt 5 Die verjährten Zinsen verfallen zum Vortheil der Stadtkasse in Cöln.
§. 8. Die Nummern der zu tilgenden Obligationen werden jährlich durch das Loos bestimmt und wenigstens drei Monate vor dem Sahle g eeer öffentlich bekannt gemacht.
§. 9. ie Verloosung geschieht unter dem Vorsitz des Ober⸗ ee oder des von ihm beauftragten Beigeordneten durch die Kommission (§. 3) in einem wenigstens 14 Tage vorher durch die in §. 13 angeführten Blätter zur öffentlichen Kenntniß zu bringenden Termine, zu welchem Jeder Zutritt hat. Ueber die Ver⸗ loosung wird ein von den Kommissionsmitgliedern zu unterzeichnendes Protokoll aufgenommen.
§. 10. Die Auszahlung der ausgeloosten Obligationen erfolgt nach dem Nennwerthe durch die Stadtkasse in Cöln an den Vor⸗ zeiger der Obligationen gegen Auslieferung derselben und der Talons. Mit dem zur Auszahlung bestimmten Tage hört die Verzinsung der ausgeloosten Obligationen auf. Mit leßzicen sind zugleich die aus⸗ gereichten, nach dem Zahlungstermine fälligen Zinscoupons einzu⸗ liefern, geschieht dies nicht, so wird der Betrag der fehlenden Coupons von dem Kapital gekürzt und zur Einlösung dieser Coupons benutzt.
§. 11. Die Nummern der ausgelsosten, nicht zur Einlösung 8 igten Obligationen werden in der nach der Bestimmung in §. r rlich zu erlassenden Bekanntmachung wieder in Erinnerung gebracht. Werden die Obligationen, ungeachtet der öffentlichen Be⸗ kanntmachung, nicht binnen 30 Jahren nach dem Zahlungstermine zur Einlösung vorgezeigt, auch nicht als verloren oder vernichtet zum Behufe der Ertheilung neuer Obligationen binnen dieser Frist ange⸗ meldet, so sollen nach deren Ablauf die Obligationen als getilgt an⸗ gesehen werden. 1
§. 12. Für die — und Tilgung haftet die Stadt⸗ gemeinde Cöln mit ihrem Vermögen und ihren gesammten Einkünf⸗ ten, insbesondere mit dem Reingewinn der Gasanstalt und der Wasserwerke, für deren Verbesserung und Erweiterung die Anleihe bestimmt ist. Wenn die Zinsen oder die ausgeloosten Obligationen nicht zur rechten Zeit gezahlt werden, so kann die Zahlung von den Gläubigern gerichtlich verfolgt werden. 8
§. 13. Die in den §§. 5, 6, 8, 9 und 11 vorgeschriebenen Be⸗ kanntmachungen erfolgen durch —2* in Cöln erscheinende Fritungen⸗ durch das Amtsblatt oder den öffentlichen 27 der Königlichen Regierung in Cöln und durch den Deutschen Reichs⸗ und König⸗ lich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
§. 14. In Ansehung der verloren gegangenen oder vernichteten Obligationen oder Zinscoupons finden die auf die Staatsschuldscheine und deren Zinscoupons Bezug habenden Vorschriften der Verordnung vom 16. Juni 1819, wegen des Aufgebots und der Amortisation ver⸗ lorener oder vernichteter Staatspapiere, §. 1 bis 13 mit nachstehen⸗ den näheren Bestimmungen Anwendung.
a. Die im §. 1 jener Verordnung vorgeschriebene Anzeige muß der im §. 3 dieses Privilegiums genannten 1 268* 82 wer⸗ den. Dieser werden alle jene Geschäfte und B vüse bäelen welche nach der angeführten Verordnung dem Schatz⸗Ministerium
zukommen, gegen die Verfügungen der Kommission findet jedoch der Rekurs an die Regierung in Cöln statt, 3 b. das im §. 5 der Verordnung gedachte Aufgebot erfolgt bei dem Landgericht in Cöln, 8 c. die in den §§. 6, 9 und 12 derselben vorgeschriebenen Bekannt⸗ machungen sollen durch die in §. 13 dieses Privilegiums angeführten
Blätter geschehen,
d. an Stelle der im §. 7 der Verordnung erwähnten sechs Zins⸗
zahlungstermine sollen vier und an Stelle des im 8. 8 erwähnten
achten Zinszahlungstermins soll der fünfte treten. .
Zur Urkunde dieses und zur Sicherheit der Gläubiger haben Wir das gegenwärtige, mit Rücksicht auf das Gesetz vom 10. April 1872 durch das Amtsblatt der Regierung in Cöln zur öffentlichen Kenntniß zu bringende landesherrliche Privilegium Allerhöchst eigenhändig voll⸗ zogen und unter Unserem Königlichen Insiegel ausfertigen lassen, ohne jedoch dadurch den Inhabern der Obligationen in Ansehung ihrer Befriedigung eine Gewährleistung von Seiten des Staates zu bewilligen oder Rechten Dritter zu eeseStg.
Gegeben Berlin, den 2. Juni 1875. Wilhelm. Gr. Eulenburg. Achenbach.
8 Regierungsbezirk Cöln. Cölner “ nleihe zur Verbesserung und Erweiterung der Gasbeleuchtungsanstalt un der Wasserwerke der Stadt Cöln. 1 (Stadt Stempel.) ... Mark Reichsmünze
*
. 2 090 2 .99u8980.
Die Endes⸗Unterzeichneten, durch das Allerhöchste Privilegium vom 2. Juni 1875 hierzu ausdrücklich ermächtigt, bekunden und bekennen hiermit, daß der Inhaber dieser Obligation von. . .. Mark Reichs⸗ münze, deren Empfang als Darlehn sie bescheinigen an die Stadtgemeinde Cöln zu fordern hat. Die auf vier und ein halbes Prozent jährlich festgesetzten Zinsen sind in halbjährlichen Raten am lsten... .. und lsten.. jeden Jahres fällig, werden aber nur gegen Rückgabe der betreffenden Zinscoupons gezahlt. Die näheren Bedingungen sind in dem umstehend abgedruckten Allerhöchsten Privilegium enthalten. Cöln, den.. 1 Die städtische Kommission. Der Ober⸗Bürgermeister. Die Kommittirten der Stadtverordneten⸗ 8 Versammlung. 3 Ausgefertigt: Der Stadt⸗Empfänger
(Auf der Rückseite.)
Privilegium zur S auf den Inhaber lautender Obligationen
der Stadt Cöln zum Betrage von sechs Millionen Mark Reichsmünze vom 2. Juni 1875.
(Abdruck des Privilegiums.)
Anleihe für die Gasanstalt und Laufende Nr. die Wasserwerke. des Zinscoupons. Zinscoupon zur Cölner Stadt⸗Obli⸗ gation Nr. über ℳ Reichsmünze.
Inhaber dieses empfängt um. ten . ddie Zinsen der obengenannten Obligation für die Zeit vom.. ten. bis zum ten. aus der Stadtkasse in Cöln oder an einer bekannt zu machenden Zahlstelle in Berlin mit Mark .. Pfennigen, buchstäblich Mark Pfennigen Reichsmünze. 8
Cöln, den b 6 81ö15 “
Der Ober⸗Bürgermeister. Die Komittirten der Stadtverordneten⸗ Versammlung. Der Stadt⸗Empfänger.
(Auf der Rückseite) Dieser Coupon wird ungültig und werthlos, wenn dessen Betrag fünf Jahre nach Verfall nicht eingelöst ist.
Talon. (Stempel der Stadt Cöln.) Anleihe zur Verbesserung und Erweiterung der Gasbeleuchtungs⸗ anstalt und der Wasserwerke der Stadt Cöln.
Inhaber dieses Talons empfängt gegen dessen — zu der Cölner Stadt⸗Obligation NAr. über ℳ Reichsmünze die. . Serie Zinscoupons für die Zeit vom. .ten. bis zum ten. bei der Stadtkasse in Cöln.
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Der Ober⸗Bürgermeister. Die Kommittirten der Stadtverordneten⸗ 2 “ Versammlung. Der Stadt⸗Empfänger. 6
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Laufende Nr. des Zinscoupons.
DOesterreich⸗Ungarn. (Monatsübersicht für Mai.)
Am 15. Mai traf Se. Majestät der Kaiser Franz Josef nach sechswöchentlicher Abwesenheit wieder in Wien ein. Mit dem Besuche der Hafenstadt Cisleithaniens, Triest, hatte die Kaiserfahrt begonnen; mit dem der ungarischen, Fiume, fand sie ihren Abschluß. Ein Hauptpunkt des Reiseprogramms war die Entrevue des Kaisers mit dem Könige von Italien in Venedig. Ein großer Theil der Kaiserreise war der Marine, ihrer militärischen Inspektion und dem Besuche der durch sie historisch gewordenen Stätten
gewidmet.
Den eigentlichen Zweck der sechswöchentlichen Reise des Kaisers bildete aber die Erforschung Dalmatiens. Die größten Strapazen und Mühen wurden von dem Souverän nicht ge⸗ scheut; Städte und Binnenland, sowie die ganze langgestreckte Küste wurden besucht. Von Zara ging die Fahrt aus, und sie fand ihren Abschluß nach fünfwöchentlichem Zuge durch das Land und an der Küste in dem Alpenlande der Crivoscie, wel⸗ ches vom November 1869 bis zum Januar 1870 den Heerd des Bocchesen⸗Aufstandes gebildet hat.
Die dritte Landtagssession seit der Durchführung der Wahlreform ist abgelaufen, die Wirkung der direkten Wahlen hat sich nach doppelter Richtung hin geäußert: in der Stärkung und Selbständigkeit des Reichsrathes auf der einen Seite und in der ruhigen Entfaltung der eigentlichen Landtagsthätigkeit auf der anhens. h die Opposition auch in dieser Sessio
erdings hat es die Opposition auch in dieser n nicht an Versuchen fehlen lassen, der vorgezeichneten Entwicke⸗
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u“ Preußischen Staats⸗Anzeiger.
1875.
lung der Landtagsthätigkeit entgegen zu treten. Zunächst hat die altezechische Fraktion auf dem böhmischen Landtage auch dies⸗ mal ihre Mitwirkung verweigert, und von den Petrinoten in der Bukowina wurde ihr Gefolgschaft geleistet. Sodann wurde in Mähren, Oberösterreich, Salzburg und Krain mit Anträgen auf Abänderung der Landtags⸗Wahlordnung die Wirksamkeit des Landtages zu unterbrechen versucht. In den Landtagen von Linz, Innsbruck und Bregenz wurde die vor⸗ kommende Schulfrage als willkommener Anlaß ergriffen, um gegen die Reichsschulgesetze zu demonstriren.
Abgesehen von den zahlreichen Angelegenheiten des Straßen⸗ und Gemeindewesens, der Landeskultur, Sanitätspflege und öffentlichen Sicherheit, welche unter Mitwirkung der Landtage geregelt wurden, war auch diesmal ihre Fürsorge der Hebung der Schule zugewendet. Böhmen namentlich hat mit nicht un⸗ bedeutenden Opfern seine Landes⸗Schulgesetzgebung reformirt und mit der Verbesserung der materiellen Lage der Volksschul⸗ lehrer dem Beispiele, welches zuerst von dem niederösterreichischen Landtage gegeben wurde, nachgeeifert.
Durch die Kaiserlichen Handschreiben vom 19. Mai wurde der Handels⸗Minister Dr. Banhans in den zeitlichen Ruhestand versetzt, der bisherige Ackerbau⸗Minister Ritter von Chlumecky zum Handels⸗Minister und der Graf Hieronymus Mannsfeld zum Ackerbau⸗Minister ernannt.
Am 24. Mai wurde der ungarische Reichstag aufge⸗ löst, noch ehe er das letzte Quartal der dreijährigen Mandats⸗ dauer erreicht hatte. In der abgelaufenen Periode sind größere Reformen nicht durchgeführt, die Diagnose der ungünstigen Finanz⸗ lage hat erfolgreiche Schritte auf dem Wege der Heilung nicht ergeben. Die Bildung einer neuen Majorität konnte unter solchen Umständen nicht umgangen werden, indessen dürften die wohlthuenden Folgen der vollzogenen Fusion erst im zukünftigen Reichstage, der nach der Allerhöchsten Entschließung vom 25. Mai am 28. August d. J. in Pest zusammentreten soll, zum Aus⸗ druck gelangen.
In dem am 26. Mai abgehaltenen Ministerrathe hat die ungarische Regierung die Vorarbeiten für den künftigen Reichs⸗ tag begonnen und auch einige wichtige Fragen der Verwaltung erledigt. Das Hauptinteresse jenseits der Leitha konzentrirt sich auf die Wahlbewegung, die nunmehr in allen Theilen des Lan⸗ des begonnen hat.
Gleich nach dem Schlusse des ungarischen Reichstages be⸗ gaben sich Vertreter der ungarischen Regierung nach Wien, um über die Bankfrage, sowie auch über die Feststellung des gemein⸗ samen Budgets für das Jahr 1876 mit der cisleithanischen Re⸗ gierung zu konferiren.
Das Reichsgesetzblatt vom 8. Mai veröffentlichte die öster⸗ reichisch⸗russische Konvention zum wechselseitigen Schutze der
andelsmarken und das Gesetz, betreffend die Organisirung er Börsen. Zu dem letztgenannten Gesetze ist zugleich eine Mi⸗ nißtrrial⸗Verordnung erschienen, welche für die Börsen von Wien, Triest und Prag elne Frist bis Ende des Jahres 1875 stellt, binnen welcher diese Börsen die dem neuen Börsengesetze ent⸗ Abänderungen an ihren Einrichtungen zzu treffen aben.
Das „Militär⸗statistische Jahrbuch’, wovon soeben der 3. Jahrgang erschienen ist, wird von der dritten Sektion des technischen und administrativen Militär⸗Comités herausgegeben. Die soeben erschienenen zwei Hefte enthalten: Die Sanitätsver⸗ hältnisse des K. K. Heeres im 5 1871 (zweiter Theil des Jahrgangs 1871) und die regelmäßige Stellung im Jahre 1872 (erster Theil des Jahrganges 1872).
Aus der letztgenannten Arbeit sind folgende interessante Notizen bemerkenswerth: Die regelmäßige Stellung des Jahres 1872 wurde im ungarischen Grenzlande im August und September, somit noch nach der Wehrvorschrift für die Militär⸗ grenze vorgenommen, in den übrigen Ländern der ungarischen Krone in der Zeit vom 15. Februar bis 15. April, in den im Reichsrathe vertretenen Königreichen und Ländern aber vom 1. April bis Ende Mai 1872 durchgeführt. Zur regelmäßigen Stellung in den drei Altersklassen waren in beiden Reichshälften in Allem 712,089 Wehrpflichtige berufen. Von diesen wurden aber 110,715 zeitlich befreit, 78,446 waren mit oder ohne Ent⸗ schuldigung bei der Stellung nicht erschienen; 367,748 wurden wegen körperlicher Gebrechen zurückgestellt oder gelöscht; 152,119 wurden kriegsdiensttauglich befunden und gegen 3061. Mann waren am chug⸗ der Stellungsperiode Er⸗ hebungen der Stellungsbehörden oder aber ärztliche Beobachtungen im Zuge. Werden die Wehrpflichtigen der Grenzgebiete, welche neu hinzukamen, ausgeschieden, somit ein und dasselbe Reichsgebiet in Betracht gezogen, so beträgt die Vermehrung der Wehrpflichtigen vom Jahre 1870 auf 1871 1415 Mann oder 2,2 Proz., vom Jahre 1871 zu 1872 4161 Mann oder 5,9 Proz. Von je 1000 zur Stellung be⸗ rufenen Se. urn wurden kriegsdiensttauglich befunden in der Monarchie im Durchschnitte im Jahre 1870 211 Mann, 1871 222 Mann, 1872 214 Mann. Von den zum stehenden Heere assentirten Rekruten waren 44,747 schreibkundig. Zuge⸗ nommen hat die Zahl derselben nur in Salzburg, Tirol, Böhmen, Mähren, Galizien, Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien und Slavonien; in den uͤbrigen Ländern hat die Zahl derselben abgenommen, am bedeutendsten in Kärnten, nämlich um 112 Proz. Unter den zum stehenden Heere ausgehobenen Rekruten befanden sich 19,133 Professionisten, darunter 3748 Schuster, 1767 Schmiede, 1687 Schneider, 332 Sattler und Riemer, ferner Tischler, Maurer u. s. w.
Der ungarische Handels⸗Minister Simonyi hat an die transleithanischen Verwaltungen einen Erlaß gerichtet, in wel⸗ chem er dieselben mit Rücksicht auf die Einführung des mit Beginn des künftigen Jahres ausschließlich zu benutzenden Metermaßes ersucht, in jedem Wartesaale an geeigneten und leicht zugänglichen Orten je eine Metermaß⸗Tabelle zur allgemeinen Besichtigung zu afsichiren. Die zu diesem Zwecke erforderlichen Tabellen wurden den Bahnen zugeste Gleich⸗
eitig übersendete der Minister den betreffenden Direktionen eine
nzahl kur 4— Handbücher über den Gebrauch der Meter⸗ maße sowohl in ungarischer als deutscher Sprache, mit der Auf⸗ dieselben den in den verschiedenen Stationen be⸗ iensteten Beamten einhändigen lassen und sie ersuchen zu wollen, daß sie die Leitfäden auch in ihrem eigenen I studiren und den Inhalt derselben möglichst verbreiten.
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