1875 / 167 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Jul 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin wird mor⸗ gen von Coblenz nach Sigmaringen abreisen.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Carl traf am 14. d. M. bei dem seit Donnerstag, d. 8., vor Eckernförde ankernden Panzergeschwader ein. Nachdem das Ge⸗ schwader Landungsmanöver ausgeführt, hat dasselbe am 15. Vormittag die Föhrde wieder verlassen. Das Uebungsgeschwader wird am 20. d. M. von dort nach Kiel zurückkehren.

Seitens des in Detmold bestehenden Vereins für das Hermanns⸗Denkmal sind Se. Majestät der Kaiser und König zu der am 16. August stattfindenden Uebergabe des Denkmales an das deutsche Volk eingeladen worden. Aller⸗ höchstdieselben werden der Einladung sowohl des Vereins als auch derjenigen Sr. Durchlaucht des Fürsten von Lippe, in Höchstdessen Schloß zu wohnen, Folge leisten.

Am 15. d. M., als am Geburtstage des Prinzen Friedrich Heinrich, Sohnes Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht, fand in Camenz die Grundstein⸗ legung zu der evangelischen Kirche daselbst statt. Bei dem feierlichen Akte waren zugegen außer Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Albrecht, der Prinzessin Marianne der Niederlande, der Herzogin Wilhelm von Mecklenburg⸗Schwe⸗ rin, der Herzogin von Sachsen⸗Altenburg, dem Erbprinzen von Sachsen⸗Meiningen und dessen Schwester Prinzessin Maria der kommandirende General des VI. Armee⸗Corps von Tümp⸗ ling, der Ober⸗Präfident von Schlesien Graf Arnim und der Landrath Held. Nachdem die Höchsten Herrschaften, die Geist⸗ lichkeit, der Kirchenrath u. s. w. sich in der großen Halle des Schlosses versammelt hatten, wurde die Urkunde verlesen, unterschrieben und in eine kupferne Kapsel verschlossen. Hierauf begab man sich vom Schlosse aus nach dem Platze, wo der Grundstein ge⸗ legt werden sollte. Den Zug eröffnete die Geistlichkeit mit dem Kirchenrath. Hierauf kamen die Höchsten Herrschaften mit Ge⸗ folge, dann die übrigen Gäste und die höheren Beamten der Herrschaft. Unter den hohen alten Linden am Fuße des Schloß⸗ berges nahmen die Höchsten Herrschaften und deren Gäste Platz. Die Kapelle des Leib⸗Kürassier⸗Regiments (Schlesisches) Nr. 1 aus Breslau intonirte den Choral: „Lobet den Herren, den mächtigen König der Ehren.“ Nach Abfingung eines Verses dieses Liedes hielt der General⸗Superintendent Dr. Erdmann die Weiherede, worauf der Ortspastor Büttner noch einmal die Ab⸗ schrift der Stiftungsurkunde vorlas. Es wurde nun die Urkunde in den Stein verschlossen und von Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Marianne der Niederlande die üblichen 3 Hammerschläge gethan. Ihr folgte Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht und dessen Gemahlin sowie der Prinz Friedrich Heinrich und dann die anderen Anwesenden. Den Schluß des feierlichen Aktes bildete der Choral: „Nun danket alle Gott.“ Die Höchsten Herrschaften begaben Sich demnächst wieder nach dem Schloß, woselbst Nachmittags ein großes Diner stattfand, bei welchem die vorgenannte Kapelle die Tafelmusik ausführte. Bei der Pflanzung einer Stiftungs⸗Eiche hielt der Prinz Friedrich Heinrich das einzupflanzende Stämmchen.

Heute, am Todestage der Hochseligen Königin Luise, war das derselben gewidmete Denkmal im Thiergarten mit Blu⸗ men geschmückt.

Dem Fürsten Bismarck ist bei Gelegenheit des Jahres⸗ ages des Kissinger Attentats Seitens Sr. Majestät des aisers ein Telegramm zugegangen, in welchem Allerhöchst⸗ erselbe in den gnädigsten Ausdrücken Seine Glückwünsche zu jenem Tage ausspricht.

Das Gesetz, betreffend die Verwaltung des Stem⸗ pelwesens in Frankfurt a. M. ist am 27. Juni 1875 von r. Majestät dem Könige vollzogen worden.

Die Kommission für die Gewerbestatistik hat aus Gründen technischer Natur die statistischen Erhebun⸗ gen über Dampfkessel und Dampfmaschinen vom Bereich der Gewerbestatistik ausgeschlossen und bei dem Bun⸗ desrath beantragt, eine besondere Kommission zur Fest setzung der Grundsätze für eine über das Reich sich erstreckende allge⸗ meine deutsche Dampfkessel⸗ und Dampfmaschinen⸗Statistik zu

erufen.

Der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegen⸗ Dr. Friedenthal besuchte am Sonnabend, den 17. d. M., die am Wildpark bei Potsdam belegene Königliche Gärtner⸗Lehr⸗ anstalt unter Begleitung des Hof⸗Garten⸗Direktors Jühlke. Nach⸗

dem der Minister den Kulturen des Garten⸗Inspektors Lauche,

den Sammlungen, den Arbeiten der Eleven, dem reichen Inhalt

der Gewächshäuser ꝛc. ein ve Interesse gewidmet hatte,

folgte derselbe einer Einladung des Garten⸗Direktors Jühlke zur die Gärten, die mit dem Babelsberg erreichte.

8 Ueber die Herausgabe des „Jahresberichts über die historische Literatur des Deutschen Reichs und seiner Fürstenhäuser“ geht uns folgende weitere Mitthei⸗ ung zu: Das Manuskript ist auf Grund der eingegangenen Materialien zusammengestellt und dem Druck übergeben. Die Anordnung ist nach folgenden Rubriken geschehen: I. Werke zur

Geschichte des Deutschen Reiches in seiner Gesammtheit (deutsche Volksgeschichten; Schriften, die sich mit einzelnen Epochen der eutschen Geschichte beschäftigen; Biographien der Deutschen Kai⸗

ser und Könige; Darstellungen einzelner Ereignisse aus der

Geschichte Deutschlands von der frühesten Zeit an bis zur Gegen⸗ wart, in chronologischer Ordnung u. s. w.). II. Schriften zur Geschichte sämmtlicher einzelnen Staaten Deutschlands, in alpha⸗ betischer Drdnung. Außer den Werken zur Geschichte der einzel⸗ nen deutschen Territorien im Allgemeinen, den Regentengeschich⸗ ten und den historischen Darstellungen einzelner Ereignisse aus der Geschichte der einzelnen Staaten werden auch die Spezial⸗ studien zur Geschichte einzelner Provinzen, Landestheile, Städte

und Ortschaften zusammengestellt. III. Genealogie. IV. Bio⸗

ie. V. Kulturgeschichte, einschließlich Kunstgeschichte. VI. VIII. Numismatik. Die Schrift

8 Nach §§. 18 u. 19 II. 15 Allgemeines Landrecht kann der Staat zuͤr Anlegung, Verbreiterung und Geradeführung von Dammstraßen die Abtretung des erforderlichen Bodens gegen Entschädigung verlangen. Der §. 20 aber giebt ihm die besondere Befugniß, zu dieser Entschädigung den durch jene An⸗ lagen gewonnenen Boden bisheriger Wege zu verwenden. Hierunter sind, nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 7. Juni d. J., bisherige fiskalische Wege, nicht aber fremde (öffentliche oder Privat⸗) Wege zu verstehen. „Der §. 20 giebt

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schädigung statt der Geldzahlung bisheriges Wegeterrain zu überweisen, legt ihm also nur eine alternative Verpflichtung auf. Hieraus folgt aber nicht, daß ihm zugleich ein Verfügungsrecht üͤber bisheriges fremdes Wegeterrain zugestanden wäre, denn die Bestimmung über den Inhalt einer Verpflichtung und die Ein⸗ räumung eines Verfügungsrechts sind wesentlich verschieden und an sich ohne Zusammenhang. Um den Staat zur Verfügung über fremdes Wegeterrain zu berechtigen, hätte es daher noch einer besonderen Bestimmung bedurft, welche in dem §. 20 nicht zu finden ist. Die Ausübung des ihm zugestandenen Wahlrechts ist hiernach immer an die selbstverständliche Voraussetzung ge⸗ knüpft, daß es sich um das Terrain bisheriger fiskalischer Wege gehandelt.

Der Zeuge kann, nach einem Beschluß des Ober⸗ Tribunals vom 2. Juli d. J., ebenso wie über Thatsachen, auch über Schlüsse und Folgerungen aus den von ihm wahrgenommenen Thatsachen vom Richter befragt werden. §. 324 der Kriminal⸗Ordnung verordnet in dem Abschnitte „vom Verfahren des Richters bei Aufnahme der Beweise“ und unter dem Mariginale „Rücksicht auf den Grund der Wissenschaft

daß der Zeuge nur über eigentliche Thatsachen, die er mit seinen Sinnen erkannt oder erfahren hat, aussage, und nicht etwa die daraus sich gebildeten Schlüsse und Folgerungen mit dem Fakto selbst verwechsele. Diese Bestimmung enthält nicht entfernt ein Verbot, die Zeugen über Schlüsse und Folgerungen aus den von ihnen wahrgenommenen Thatsachen zu befragen, vielmehr bezweckt sie nur Die sorgfältige Scheidung der Bekundungen, welche auf unmittelbarer Sinnes⸗ Wahrnehmung, beruhen und der Schlüsse, welche der Zeuge aus seinen Wahrnehmungen gezogen hat, insbesondere will fie verhüten, daß solche Schlüsse und Folgerungen in dem Protokoll über die Vernehmung des Zeugen als Bekundungen gefaßt wer⸗ den, welche auf unmittelbarer Sinnes⸗Wahrnehmung beruhen. Das Gesetz stellt also nicht die unmögliche Anforderung, bei der Vernehmung der Zeugen ein Befragen derselben über ihre Fol⸗ gerungen aus den gemachten Wahrnehmungen auszuschließen, sondern will nur nach Möglichkeit dahin wirken, daß derjenige Theil der Bekundung, welcher ein Urtheil enthält, auch als solches erkennbar sei, damit nicht der Zeuge sein Urtheil an die Stelle der richterlichen Beurtheilung setze, daß also bei der Ver⸗ nehmung der Zeugen und der protokollarischen Redaktion ihrer Aussagen mit möglichster Genauigkeit und Sorgfalt verfahren und entschieden werde, inwieweit die einzelnen Bekundungen auf sinnlicher Wahrnehmung beruhen, inwieweit sie andererseits auf

führen sind.“

Der amerikanische Gesandte am Kaiserlich russischen Hofe, Boker, ist nach St. Petersburg abgereist.

Kaiserlich russische Finanz⸗Minister, v. Reutern ist gestern Abend aus St. Petersburg hier angekommen und im Hotel Royal abgestiegen.

„— Die mit dem Kurierzuge aus Wien gestern Vor⸗ ün 5 Uhr fällige Post hat den Anschluß in Oderberg nicht erreicht.

Bayern. München, 18. Juli. (W. T. B.) Nach den nun⸗

mehr vorliegenden Ergebnissen der Urwahlen dürften für die Abgeordnetenwahlen folgende Resultate mit annähernder Be⸗ stimmtheit zu erwarten sein: Oberbayern: Im ersten Münchener Wahlbezirk 5 liberale Abgeordnete, in den übrigen 5 oberbayerischen Wahlbezirken München r. J., Pfaffenhofen, Weilheim, Traun⸗ stein und Wasserburg zusammen 22 ultramontane Abgeordnete. Niederbayern: In den 6 Wahlbezirken Landshut, Straubing, Passau, Pfarrkirchen, Grafenau und Rottenburg zusammen 19 ultramontane Abgeordnete. Pfalz: In den 6 Wahlbezirken Speyer, Edenkoben, Kandel, Zweibrücken, Landstuhl und Kaisers⸗ lautern zusammen 20 liberale Abgeordnete. Oberpfalz und Regensburg: In Regensburg und Sulzbach zusammen 3 liberale und in Stadtamhof, Amberg, Kemnath und Cham zusammen 13 ultramontane Abgeordnete. Oberfranken: In den beiden Wahlbezirken Bambergs zusammen 3 ultramontane und in Bayreuth, Kronach und Hof zusammen 14 liberale Abgeordnete. Mittelfranken: In Ansbach, Dinkelsbühl, Erlangen, Weißenburg und Nürnberg und Neustadt a. A. zusammen 19 liberale Ab⸗ geordnete. Unterfranken und Aschaffenburg: In Kitzingen, Schweinfurt und dem ersten Würzburger Wahlbezirke zusammen 7 liberale, und in Aschaffenburg, Neustadt a. S. und dem zwei⸗ ten Würzburger Wahlbezirke zusammen 12 ultramontane Ab⸗ geordnete. Schwaben und Neuburg: In Augsburg, Günzburg, Nördlingen und Kempten zusammen 9 liberale und in Donau⸗ wörth und Mindelheim zusammen 10 ultramontane Abgeordnete. Als Gesammtresultat wäre demnach die Wahl von 77 liberalen und 79 ultramontanen Abgeordneten zu erwarten. Freising, 19. Juli. (W. T. B.) Das hiesige Bezirks⸗ gericht hat drei Geistliche wegen Verletzung des Vereinsgesetzes durch Abhaltung von Jubiläumsprozessionen zu Geldstrafen bis zu 12 Thalern verurtheilt.

Baden. Karlsruhe, 17. Juli. Ihre Majestäten der König und die Königin von Württemberg trafen am Freitag Abend um 5 Uhr auf dem Dampfboot zum Besuche der Großherzoglichen Herrschaften auf der Mainau ein und kehr⸗ ten nach zweistündigem Aufenthalt wieder nach Friedrichshafen zurück. Heute Abend erwarten die Höchsten Herrschaften den Besuch Sr. Majestät des Königs von Sachsen, welcher, aus der SgS kommend, sich auf der Rückreise nach Dresden efindet.

Oldenburg. Oldenburg, 16. Juli. Durch Bekannt⸗ machung des Großherzoglichen Staats⸗Ministeriums sind die Landtagsneuwahlen auf den 13. September ausgeschrieben. Zugleich sind die Wahlkommissäre für die einzelnen Wahlkreise ernannt worden.

Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 17. Juli. Zu der Mittheilung in Nr. 161 vom 12. Juli d. J. ist ergänzend bezüglich berichtigend zu bemerken, daß es Fort⸗ bildungsschulen schon seit Jahrzehnten im Herzogthum ge⸗ geben hat; durch das Gesetz vom 2. Februar 1870 wurde an⸗ schließend an die Bundes⸗Gewerbe⸗Ordnung bestimmt: „durch Ortsstatut können diejenigen, welche das 18. Lebensjahr nicht überschritten haben, oder einzelne Klassen derselben zum Besuch einer Fortbildungsschule des Orts, Arbeits⸗ und Lehrherrn aber, bezüglich die Eltern und deren Stellvertreter, zur Gewährung der für diesen Besuch erforderlichen Zeit verpflichtet, auch geeig⸗ 2ℳ Strafbestimmungen, sowie ein Stundengeld eingeführt werden.

In Folge dieses Gesetzes sind in allen Theilen des Herzog⸗

dem Staat das Wahlrecht, zu der im §. 19 bezeichneten Ent⸗

thums in sehr vielen Orten, in den Städten wie auf dem platten

des Zeugen“: Der Inquirent muß auch besonders dahin sehen,

2 Fortbildungsschulen mit Zwangsbesuch ins Leben gerufen worden.

Das Volksschulgesetz vom 22. März d. J. bestimmt er⸗ weiternd, daß für jede Schulgemeinde, nach Befinden für meh⸗ rere in Gemeinschaft eine Forbildungsschule bestehen soll, deren Unterhaltung wie bisher der bürgerlichen Gemeinde, be⸗ ziehungsweise mehreren an ihr betheiligten bürgerlichen Gemein⸗ den obliegt, und daß der Unterricht in denselben in mindestens zweiwöchentlichen Stunden ertheilt wird, jedoch in den Land⸗ gemeinden während des Sommers ausgesetzt werden kann.

Hamburg, 17. Juli. Die vom Bundesrath beschlossene, für Hamburg auf Grund einer am 12. April d. J. getroffenen Anordnung des Senats durch eine ad hoc niedergesetzte Kom⸗ mission in Ausführung gebrachte Enquste, betreffend die Ver⸗ hältnisse der Lehrlinge, Gesellen und Fabrikarbeiter, hat sich, nachdem 215 Gewerbtreibende (darunter 102 Arbeiter) vernom⸗ men worden, am 5. Juli vorläufig vertagt. Im August wird dieselbe wieder zusammentreten, um die inzwischen von den

Schriftführern besorgte Zusammenstellung und Verarbeitung der gewonnenen Resultate entgegenzunehmen.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 17. Juli. (W. T. B.) Die erste Session des elsaß⸗lothringischen Landes⸗ ausschusses wurde, nachdem derselbe seine Arbeiten beendigt, heute Abend im Namen Sr. Majestät des Kaisers durch den

Folgerungen des Zeugen aus diesen Wahrnehmungen zurückzng

Ober⸗Präsidenten geschlossen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 17. Juli. Die Erzherzogin Clotilde, Gemahlin des Erzherzogs Joseph, ist am 16. Juli d. J., um 11 Uhr Vormittags, zu Alecsuth von einem Prinzen glücklich entbunden worden.

Während der längeren Abwesenheit des Ministers Grafen Andrassy führt der Sektionschef Freiherr v. Orezy die Ge⸗ schäfte des Ministeriums des Kaiserlichen Hauses und des Aeußern.

Der Domprobst des Laibacher Kathedralkapitels Johann Pogacar, ist zum Fürstbischof von Laibach ernannt worden.

Frankreich. Paris, 17. Juli. (W. T. B.) Der Marschall Mac Mahon hat an den Minister Buffet ein Schreiben gerichtet, in welchem er demselben seinen Dank da⸗ für ausspricht, daß er in der Sitzung der Nationalversammlung vom 15. d. M. so energisch für die konservative Politik einge⸗ treten sei.

Der Minister des Innern hat an die Präfekten folgendes Rundschreiben gerichtet:

Versailles, 12. Juli 1875. Herr Präfekt! Ein topographi⸗ scher Dienst ist auf Befehl des Kriegs⸗Ministers in dem Generalstab eines jeden Armee⸗Corps errichtet worden. Ein unter die Leitung eines Generalstabs⸗Offiziers gestellter Dienst wird mit der Bewah⸗ rung der topographischen Archive der ArmeecCorps betraut werden und alle für die Manöͤver nothwendigen Skizzen und Karten her⸗ stellen, so wie die Blaͤtter der Karte von Frankreich richtig erhalten. Da diese letztere Arbeit ohne die Unterstützung der Civilverwaltungen nicht gut ausgeführt werden kann, so bitte ich Sie, dem wohlbegrün⸗ deten Wunsche des Kriegs⸗Ministers gemäß den unter Ihnen stehen⸗ den Beamten und Agenten die nothwendigen Instruktionen zu geben, damit sie den mit dem topographischen Dienst betrauten Offizieren eine gute Aufnahme bereiten und alle Dokumente und Mittheilungen, die ihnen nützlich sein können, zu ihrer Verfügung stellen. Die Offi⸗ ziere müssen übrigens alle Träger eines vom General⸗Kommandanten des Armee⸗Corps unterzeichneten Diensthefehls sein, und Sie wollen die Beamten und Agenten, deren vererhgng in Anspruch genom⸗ men wird, benachrichtigen, daß sie nur den; ffizieren, welche mit die⸗ sem Schriftstück versehen sind, Mittheilung von den Dokumenten in ihrem Besitz zu machen haben. Empfangen ꝛc. Der Vize⸗Präsident des Conseils. Buffet.

Versailles, 17. Juli. (W. T. B.) Die Nationalver⸗ sammlung nahm in ihrer heutigen Sitzung den Gesetzentwurf über die Besteuerung des Weinessigs mit 355 gegen 228 Stimmen an. Der Gesetzentwurf, betreffend die Erhöhung der Lehrergehälter wurde auf die Tagesordnung gesetzt.

Die Kommission zur Prüfung des vom Deputirten Ma⸗ latre gestellten Antrages auf Vertagung der National⸗ versammlung bis zum 30. November besteht aus 9 Mitglie⸗ dern, welche für, und aus 6 Mitgliedern, welche gegen den Antrag sind. Man glaubt in parlamentarischen Kreisen, daß die Nationalversammlung in Uebereinstimmung mit der Ansicht der Regierung, den Zeitpunkt ihres Wiederzusammentritts auf den Anfang des November anberaumen wird, um nicht den Schein zu erwecken, als ob sie in der Frage der Auflösung ein Präjudiz schaffen wolle. 1

18. Juli. (W. T. B.) In einer Versammlung von Deputirten der Linken ist heute beschlossen worden, daran festzuhalten, daß die Nationalversammlung, selbst wenn fie sich inzwischen auf einige Zeit vertagen sollte, im November aufgelöst werde und daß nur die nothwendigsten Gesetzentwürfe berathen werden, die übrigen aber unerledigt bleiben sollen.

Spanten. Madrid, 17. Juli. (W. T. B.) Rach den der Regierung zugegangenen Berichten ist die Nordarmee bis Penacerada vorgedrungen. Einige karlistische Trupps, welche sich diesem Vormarsche widersetzen wollten, wurden zurück⸗ geworfen. Die Carlisten im Norden geben die Vertheidi⸗ gung ihrer vorderen Linien auf, indem sie andere weiter zurück⸗ gelegene besetzen. In Folge der letzten Siege der Regierungs⸗ truppen hat sich eine große Anzahl carlistischer Offiziere behufs Unterwerfung bei den Behörden eingefunden; unter befindet sich der General Vallés und seine beiden

öhne.

Von der spanischen Grenze über Paris, 18. Juli,

Abends, eingetroffenen Nachrichten zufolge, haben die Carlisten angefangen, Puycerda zu beschießen. Von den Belagerten wird das Feuer recht lebhaft erwidert. 18. Juli. (W. T. B.) Wie die „Politica“ meldet, haben die Carlisten einen Eisenbahnzug zwischen Barce⸗ lona und Saragossa angehalten, 16 Reisende festgenommen, deren Gepäck mit Beschlag belegt und für die Freilassung ein bedeutendes Lösegeld verlangt.

San Sebastian, 17. Juli. (W. T. B.) Die Car⸗ listen haben auf den Mont Tratzain eine Batterie errichtet und das Feuer auf die Stadt eröffnet, ohne diese jedoch zu er⸗ reichen. Nach hier eingegangenen Nachrichten aus Fuen⸗ terrabia haben die Behörden 300 Carlisten aus der Stadt verwiesen.

Ein Telegramm aus Bourg Madame, 19. Juli, Morgens, meldet: Die Carlisten haben Puycerda gestern bis 7 Uhr Abends beschossen, ohne jedoch erheblichen Schaden anzurichten. Um 9 Uhr sind dieselben plötzlich abgezogen. Die

in Puycerda befindlichen Truppen sind zur Verfolgung der Car⸗ listen aufgebrochen. ““ 8

Kaiser auch nach der Krim zu reisen.

1““ e Italien. Rom, 15. Juli. Die Regierung hat zu Mit gliedern der Enquete⸗Kommission für Sicilien den Staatsrath Alafia, den Rath des Rechnungshofes Decesare und den Rath des Kassationshofes Deluca ernannt. Der Zusammen⸗ tritt der Kommission wird sofort erfolgen.

Türkei. Konstantinopel, 17. Juli. (W. T. B.) Einer Mittheilung des „Phare du Bosphore“ zufole hätte der Groß⸗ vezir zur Reduktion der Gehälter der höheren Staats⸗ beamten die Initiative ergriffen, indem er sein eigenes Gehalt von 2500 auf 600 Pfd. Sterl. monatlich herabsetzte.

Belgrad, 17. Juli. (W. T. B.) In Folge der Einladung des Dr. v. Döllinger wird die serbische Kirche den Archimandriten Sava zur Theilnahme am Altkatholiken⸗ Kongreß nach Bonn entsenden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 16. Juli. Se. Majestät der König von Schweden war gestern Vor⸗ mittag von Peterhof hierher gekommen. Auf dem Wege durch den Wosnessenski⸗Prospekt zum Winterpalais ließ Se. Majestät den Wagen am Nikolai⸗Denkmal halten, um sich das Monument vom Wagen aus näher zu betrachten. Im Winterpalais wurde das Dejeuner eingenommen und um 1 Uhr machte Se. Majestät eine Rundfahrt durch die Stadt. Zum Diner kehrte Se. Majestät nach Peterhof zurück. Der König empfing gestern im Winterpalais das diplomatische Corps und stattete später den hier beglaubigten Botschaftern Deutsch⸗ lands, Frankreichs, der Türkei, OesterreichUngarns und Spa⸗ niens Besuche ab. Der italienische General Bolegno di Carpenetto ist in Begleitung seines Adjutanten am 30. Juni hier eingetroffen, um im Aufrage seiner Regierung den großen Manbvern der russischen Truppen beizuwohnen. Die Revision der Justizbehörden im KönigreichsPolen, durch den Justiz⸗ Minister ist nach der „N. Z.“ beendet und die Beamten, welche den Grafen Pahlen begleitet haben, sind bereits nach St. Petersburg zurückgekehrt. Der Graf ist nach Kurland gereist, von wo er am 8. Juli zur Uebernahme des Ministeriums wieder hierher zurückerwartet wird. Die „Uralsche Heereszeitung“ veröffent⸗ licht ein Reskript vom Hetman locum tenens des Uralgebiets, datirt vom 4. Juni Nr. 283, nach welchem Se. Majestät der Kaiser als Belohnung für die Thaten des Muthes und der Tapferkeit, welche von der ersten und dritten Ssotnja der Ural⸗ schen Kosaken während des Feldzuges 1873 und in den Affairen mit den Turkmenen am 15. und 16. Juli desselben Jahres geschehen sind, ihnen als Auszeichnung eine Aufschrift an der Kopfbedeckung „Für Auszeichnung im Chiwaschen Feld⸗ zuge 1873“ verliehen hat.

18. Juli. (W. T. B.) Gestern hat zu Ehren des Königs von Schweden bei Kronstadt eine Flotten⸗ revue stattgefunden. Im Laufe des heutigen Vormittags be⸗ suchte der König die Peter⸗Pauls⸗Festung und wohnte später den Uebungen der vereinigten Löschkommandos auf dem Marsfelde bei. Das Déjeuner nahm der König im Winterpalais ein und besichtigte sodann die Isaak⸗Kathedrale, die Haupttelegraphen⸗ station, die Akademie der Künste, die Kasan⸗Kathedrale und die Kaiserliche öffentliche Bibliothek. Nach dem Diner in der Eremi⸗ tage begab sich der König nach Peterhof wo am Abend im Theater Galavorstellung und Ball stattfand. Während der An⸗ wesenheit des Königs in der Hauptstadt prangte dieselbe in vollem Flaggenschmuck. d 8

(Monatsübersicht für Juni.) Der Kaiser hat am 10. Juni seine Badekur in Ems beendet und sich demnächst zu einem mehrwöchigen Aufenthalte nach Jugen⸗ heim begeben. Nachdem derselbe dort am 25. noch den Be⸗ such des Deutschen Kaisers empfangen hatte, verließ Kaiser Alexander am 26. Juni Jugenheim, um die Rückkehr an⸗ zutreten. In Eger traf er am 28. Juni den Kaiser von Oester · reich. Von Eger fuhren am 28. Juni die beiden Kaiser nach Karlsbad und dann über Komotau nach Bodenbach, von wo der Kaiser Alexander seine Reise über Dresden nach Rußland fortsetzte. Der Kaiser von Rußland erreichte am 29. Juni, Morgens nach 9 Uhr, die Station Skiernewice in Polen, wo Se. Maäjestät den ganzen Tag blieb. Der Thronfolger war sei⸗ nem Kaiserlichen Vater dorthin entgegengefahren. Bald darauf, am 1. Juli, begannen unter den Augen des Kaisers und unter Betheiligung des Thronfolgers die militärischen Uebungen bei War⸗ schau. Der Sommer dürfte in St. Petersburg sich noch viel belebter gestalten als sonst. Es finden nicht blos die jährlichen Truppenübun⸗ gen und Flottenmanöver statt, wie sie gewöhnlich der Juli sieht: man erwartet den Besuch des Königs von Schweden und Norwegen, und des Herzogs und der Herzogin von Edinburgh. Der König von Schweden und Norwegen wird außer St. Petersburg auch Riga, Dünaburg, Smolensk, Moskau und Nishny⸗Now⸗ gorod besuchen. Der Herzog und die Herzogin von Edinburgh gedenken drei Monate in Rußland zuzubringen, und mit dem

1 Nach dem Ableben des Kaisers Ferdinand von Oesterreich begab sich der Thronfolger nach Wien, um dort der Bei⸗ setzungs⸗Ceremonie beizuwohnen. Die Sitzungen des Reichs⸗ raths haben zu Anfang Juni ihr Ende erreicht, worauf die meisten Minister nach und nach ihre Inspektionsreisen an⸗ Der General Ignatjew Vater, Präsident des Minister⸗ auf Urlaub gegangen, und statt sei⸗ annten hohen Reichsbehörde erst der Domäanen⸗Minister Herr von Walujew, und nach seiner Abreise der Finanz⸗Minister von Reutern. Herr von Walujew, der Domänen⸗Minister, begab sich am 21. Juni nach dem Ural, um die dortigen Bergwerke zu inspiziren. Der Justiz⸗Minister Graf Pahlen begiebt sich nach Polen, um die dortigen Justizbehörden, welche früher unter eigener Verwaltung standen, und erst neuer⸗ dings unter das Justiz⸗Ministerium gestellt wurden, zu revidiren. Der Kriegs⸗Minister General⸗Adjutant Miljutin reist nach der Wolga. Der Minister für Kommunikationswege und öffentliche Bauten General⸗⸗Adjutant Possjet will, dem Verneh⸗ men nach, mehrere schwebende Eisenbahnfragen erledi⸗ gen, und außerdem Spezial⸗Kommissionen abdelegiren zur Re⸗ vision der Kanalverbindungen, die Rußland besitzt, von denen manche aber in Verfall gerathen sind, und zur Anbahnung von Stromkorrektionen an der Wolga, am Dnieper, am Don und in Sibirien. 1 1 Das Domänen⸗Ministerium beschäftigt sich seit längerer Zeit mit der Frage der Austrocknung der größeren Sumpf⸗ strecken Rußlands. Zunächst handelt es sich um die Sümpfe an den Niederungen der Pripätj in den Gouvernements Minsk und Wolhynien wo 5 Millionen Dessätinen (unter 8 Millionen) unbrauchbar sind, ferner um die Sümpfe in den Gouver⸗ nements Nowgorod und St. Petersburg. Nach den Explora⸗ tionen des Obersten Schilinsky erscheint die allmähliche Aus⸗ trocknung der Pripätjsümpfe ausführbar nach Entfernung

Am 16. Juni fand in St. Petersburg die Ernennung und am 20. Juni die feierliche Einweihung des Prälaten Marcellus Popiel zum Coadjutor des Erzstifts Warschau⸗Chelm und zum Bischof von Lublin statt.

Der Weltpostvertrag vom 9. Oktober 1874 wurde im offiziellen Regiernngsblatte (Nr. 127) am 11./23. Juni in extenso publizirt. Kleinere Verordnungen, welche die gegen⸗ wärtige Ausführung des Weltpostvertrags vorbereiteten, erschienen schon früher und wurden ihrer Zeit erwähnt.

Die internationale Telegraphen⸗Konferenz setzt ihre am 1. Juni begonnenen Berathungen fort, und die ruffische und die auswärtige Presse nahmen davon regelmäßig Notiz. Zu Ende des Juni gelangte ein von der russischen Regierung eingebrachter Vorschlag, unter dem Namen der „avis télégra- phiques“ versuchsweise eine besondere und billigere Art des Telegraphirens zu ermöglichen, zur Berathung. Die vorgeschla⸗ genen „avis télégraphiques“ versuchen gleichzeitig zwischen ver⸗ .g.Sse. hier geäußerten Meinungen eine vermittelnde Brücke zu bilden. Am 6. Juni brannte die bedeutende Handelsstadt Morschansk im Gouvernement Tambow nieder. Die große Ausdehnung, welche dieses Brandunglück dort genommen, läßt diesen Fall unter den zahlreichen Bränden, welche alljährlich in Rußland zu registriren sind, besonders hervortreten. Es verbrannten in Morschansk 670 Häuser von 955.

Am 17. Juni versammelte sich in Moskau der erste russische Juristentag, an welchem 130 Personen Theil nahmen. Es wurden 16 verschiedene Fragen abgehandelt, und mehrere Resolutionen gefaßt, welche darauf abzielten, bei der Regierung zu gewissen Gegenständen des Civilrechts und des Handelsrechts die Aufstellung ergänzender Bestimmungen zu befürworten. Der nächste russische Juristentag findet 1877 in St. Petersburg statt. 1

Eine ländliche Steuer, die sogenannte Landesprä⸗ standensteuer, ist nicht bedeutend sie beträgt circa 7 ½⅞ Millionen Rubel aber sie giebt einen Nachweis über die Quantität urbaren Landes, welches sich in den Händen von Privaten, Bauern und im Besitz der Apanagegüter der Kaiser⸗ lichen Familie befindet. Im europäischen Rußland befinden sich im Ganzen 211,655,563 Dessätinen steuerpflichtigen Landes (1 Dessätine = 4 preußische Morgen). Von dieser Quantität gehören 117,162,255 Dessätinen Bauern und Bauergemeinden, 65,010,008 Dessätinen Privatgutsbesitzern, 22,834,939 verschie⸗ denen Ständen und besitzen keine Hofeinrichtungen, 6,648,361 Dessätinen dem Apanagenfonds. Davon zahlen Landesprästanden⸗ Steuern: die Bauerländereien 4,433,900 Rbl.; die gutsherrlichen Ländereien 2,034,668 Rbl.; die Ländereien ohne Hofeinrichtung 905,607 Rubel, die Apanagegüter 83,315 Rbl. Die Besteuerung schwankt zwischen 1 Kopeken und 3 ¾ Kopeken per Dessätine, und überdies zerfällt die ganze steuerpflichtige Landesmasse in 9 Gruppen nach der Ertragsfähigkeit des Bodens. Während die erste Gruppe die Gouvernements Kiew, Podolien, Wo⸗ ronesch, Tambow, Orel, Kaluga, Kursk fast 2 Millionen Rubel entrichtet, zahlt die neunte Gruppe Archangel und Olonetz nur 5700 Rbl.

Unsere neuen Gerichtshöfe, die auf Grund des Ukases vom 20. November 1874 mit Oeffentlichkeit und Münd⸗ lichkeit fungiren, zählen mit Ausnahme der Friedens⸗ richter⸗Aemter 1841 Personen, von welchen 1517 wie der „Gerichtsbote“ ausweist die höchsten Lehranstalten durchge⸗ macht haben; von diesen erhielten 12 ihre Ausbildung in geist⸗ lichen, 2 in militärischen Akademien. Von den 324 Personen, welche kein Diplom von den höchsten Lehranstalten besitzen, haben 191 Attestate über völlig absolvirte Gymnasialbildung, 56 Attestate über völlig absolvirte Kreisschulbildung, 34 erhielten blos häͤus⸗ liche Erziehung und 43 haben keine bestimmten Attestate. Ob⸗ wohl in Rußland die genügende Anzahl graduirter Juristen noch nicht vorhanden ist, sind die Stellen an den höheren Gerichts⸗ höfen sämmtlich mit graduirten Juristen besetzt; ebenso sind auch die Staatsanwälte an den höheren Gerichtshöfen, sowie auch die Untersuchungsrichter an allen Bezirken von Wichtigkeit im Be⸗ sitze der gehörigen juristischen Attestate. Dagegen hat man für manche Posten bei den Bezirksgerichten von den juristischen Gra⸗ den absehen und sich mit praktischer Geschäftskenntniß begnügen müssen. Von den 5875 Friedensrichtern haben nur 2373 die höchste Bildungsstufe dokumentirt.

Der Handels umsatz Rußlands nach und mit dem Aus⸗ lande hat sich während der letzten drei Dezennien außerordentlich rasch gesteigert. Nach offiziellen Publikationen des „Regierungs⸗ Anzeigers“ betrug der ausländische Handelsumsatz Rußlands von 1841 bis 1844 jährlich durchschnittlich 168 Millionen Rubel, von 1845 bis 1849 jährlich durchschnittlich 195 Millionen Rubel, von 1850 bis 1854 jährlich durchschnittlich 199 Millionen Rubel, von 1855 bis 1859 jährlich durchschnittlich 274 Millionen Rubel, von 1860 bis 1863 jährlich durchschnittlich 338 Millionen Rubel. Hierauf betrug der auswärtige Handelsumsatz Rußlands 1864: 362 Millionen; 1865: 373 Millionen; 1866: 428 Millionen; 1867: 510 Millionen; 1868: 586 Millionen; 1869: 606 Mil⸗ lionen; 1870: 696 Millionen; 1871: 741 Millionen; 1872: 762 Millionen; 1873: 808 Millionen Rubel.

Den Einfluß des Mißwachses auf die Getreideausfuhr des Jahres 1873 kann man am besten aus folgender Tabelle über die Ausfuhr des Weizens in den Jahren 1872 und 1873 beurtheilen.

Ausgeführt wurde Weizen:

im Jahre 1872: im Jahre 1873: nach England . für 58,965,000 Rbl., für 36,405,000 Rbl., nach Frankreich . für 12,817,000 für 16,733,000 nach Oesterreich. für 5,596,000 für 8,447,000 nach Italien. für 8,665,000 für 6,600,000 nach Preußen . für 4,539,000 für 2,853,000 nach der Türkei. für 2,276,000 für 1,116,000

Seit 1863 wurde körperliche Züchtigung aus dem russischen Militärkodex und aus dem Strafrecht überhaupt gestrichen. In Bezug darauf veröffentlicht der „Golos“ nach dem „Militär⸗ Archiv“ und nach einer Schrift von Lobko über „Militärische Administration“ Folgendes über die Statistik der Disziplinar⸗ vergehen im Militär: Vergehungen gegen die militärische Disziplin fielen vor: im Jahre 1866 1564, 1867 1879, 1868 1917, 1869 1922, 1870 1699, 1871 1666, 1872 1666. Das Jahr 1870 macht somit eine Epoche in der Wendung zum Besseren. Die Zahl der Offiziere mit höherer Bildung betrug in der Gesammtziffer des Offizier⸗Corps im Jahre 1866 45 Proz., 1867 gi; 1868 47 Proz., 1869 48 ¼ Proz., 1870 51 ¼ Proz., 1872 Proz.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 15. Juli. Aus Mailand hat „Post⸗och Inr. Tidn.“ folgendes Telegramm

Spazierfahrt gemacht und hofft in einigen Tagen ihre Reise fortsetzen zu können.“

Christiania, 14. Juli. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres haben die Zolleinnahmen zusammen 1,956,713 Species betragen oder 104,651 Species mehr als in der ent⸗ sprechenden Zeit des Vorjahres, wo dieselben wieder mit 207,567 Species den Betrag des Jahres 1873 überstiegen. In der ersten Hälfte dieses Jahres, verglichen mit 1874, zeigt sich eine Ver⸗ minderung im Holzwaarenzolle (Ausfuhrzoll) von ca. 27,300 Species und in den Last⸗ und Leuchtfeuerabgaben von 21,500 Species, wogegen die Vermehrung im Einfuhrzolle 152,000 Species gegen 1874 beträgt. Speziell haben die Zolleinnahmen im Juni dieses Jahres 203,677 Species, gegen 164,350 Species 1874 betragen, mithin eine Steigerung um 39,327 Species erfahren.

Statistische Nachrichten.

Die „Statistische Korrespondenz“ (herausgegeben von Dr. E. Engel, Berlin) enthält in Nr. 27: Das europäische Tele⸗ graphenwesen 1873. Der Unterricht der blingen und taubstummen Kinder im preußischen Staate. Die Tabaksfabrikation in Frankreich.

Das speben ausgegebene II. Heft der Zeitschrift des Königlich preußischen statistischen Bureaus, Jahrgang 1875, [(Verlag des Königlichen statistischen Bureaus (Dr. Engel) in Berlin] hat folgenden Inhalt: Durchschnittspreise der wichtigsten Lebensmittel für Menschen und Thiere in den bedeutendsten Markt⸗ städten der preußischen Monarchie. I. Monatsdurchschnitts⸗Markt⸗ preise für Getreide, Hülsenfrüchte, Kartoffeln und Rauchfutter in den Monaten August bis einschl. Dezember 1874, nebst einer Zusammen⸗ stellung der Durchschnittspreise im Kalenderjahre 1874. II. Detail⸗ preise in den Menaten August bis einschl. Dezember 1874, nebst einer 1““ der Durchschnittspreise im Kalenderjahre 1874. Der heutige Stand der Kolonisation im Westen der Ver⸗ einigten Staaten von Nordamerika und die Ursachen ibres schnellen Fortschreitens. Nach amtlichen Quellen und eigenen Wahrnehmun⸗ en; von L. Le Viseur. Die Geburten, Trauungen und Sterbe⸗ älle im preußischen Staate während des Jahres 1873, nebst einigen Bemerkungen über die durch das Gesetz vom 9. März 1874 veränderte Registrirung derselben. Statistische Korrespondenz. Als beson⸗ dere Beilage: Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen der Kreise nebst einem Auszuge aus der Uebersicht der Ausgaben und Einnah⸗ men der provinzialständischen und kommunalständischen Verbände des preußischen Staates für das Kalenderjahr 1869, sowie des Vermögens der Kreise und der Provinzial⸗ und Kommunalverbände am Jahres⸗ schlusse 1869.

Keunst, Wissenschaft und Literatur.

Mit den Ausgrabungen in Olympia wird sofort nach Schluß der heißen Jahreszeit, Ende August resp. Anfang September, begonnen werden. Die Vorbereitungen sind eifrig gefördert. Das Wohnhaus, welches für die Mitglieder der Expedition auf einem von der Reichsregierung erworbenen Grundstücke in dem Dorfe Druwa oberhalb des Alpheiosthales errichtet worden, ist vollendet und bereits übergeben. Im Bau begriffen ist noch eine Brücke über einen Nebenarm des Alpheios, so wie ein Holzschuppen, welcher zur Nieder⸗ lage des gewonnenen Materials bestimmt ist. Für die Ausführung de Erdarbeiten, welche sehr bedeutend sein werden, ist ein tüchtiger Ingenieur ewonnen. Mit den Ausgrabungen soll auf der östlichen Seite des

eustempels in einer Entfernung von etwa 30 bis 40 Meter auf einem Felde vorgegangen werden, welches jetzt noch mit Gerste bestellt ist. Von dem Tempel aus nach dem Alpheios wird betreffs Ab⸗ leitung des sich ansammelnden Wassers ein Graben mit einem doppelten Schienenstrange geführt werden, auf welchem die Erde bequem nach einem an dem Ufer des Flusses aufzuwerfenden Damme gefördert werden kann. 1

Eine auf Verminderung der kirchlichen Feiertage gerichtete Eingabe der oberbayerischen Handels⸗ und Ge⸗ werbekammer hat auch das Kreis⸗Comités des landwirth⸗ schaftlichen Vereins in Oberbayern gutgeheißen und mit dem Ersuchen um Vertretung bei dem Staats⸗Ministerium dem General⸗Comité vorgelegt. Letzteres beschloß nun in einer seiner letzten Sitzungen, dem Königlich bayerischen Staats⸗Ministerium den Wunsch auszusprechen, genaue und zuverlässige Nachrichten über die Zahl der kirchlichen Feiertage in andern vorherrschend katholischen Ländern, ins⸗ besondere in Oesterreich, Frankreich und Belgien einzuziehen und, im sich ergeben sollte, daß in diesen Ländern eine bedeutend geringere

nzahl von kirchlichen Feiertagen besteht, zugleich Aufschlüsse darüber zu erholen, in welcher Weise dieses Ergebniß erreicht worden ist.

Der Hofrath Dr. Freiherr v. Rokitansky nahm am 16. Vormittags im Höͤrsaale des pathologischen Institutes zu Wien Abschied von büa nachdem er gestern sein pathologisches Kollegium geschlossen hatte. 1

Das „Giornale di Padova“ berichtet, daß der Kardinal Silvestri der Gemeinde Padua das Haus Petrarca’s in Arquà zum Geschenke gemackt hat.

Am 6. d. M. starbrin Stockholm in Folge eines Schlag⸗ anfalles der Schriftsteller Johann Gabriel Carlén, fast 60 Jahre alt. In früherer Zeit in verschiedenen juristischen Aemtern thätig, war er in den letzten drei Jahrzehnten ausschließlich mit schriftstelle⸗ rischen Arbeiten beschäftigt, und zwar theils als selbständiger Dichter und Romanschreiber, theils als Herausgeber fremder Dichterarbeiten, theils als juristscher Schriftsteller. Seit 1841 war er mit der nicht minder bekannten Schriftstellerin Emilie Ievr verheirathet.

Zwei Lieder über den Diebskrieg oder Durchzug des navarrischen Kriegsvolkes im Elsaß (1587). Mit historischer Einleitung und ungedruckten Beilagen von Dr. Rud. Reuß. Straßburg, Verlag von J. Noiriel. 1 8 3

Um 1587 hatte König Heinrich von Navarra in Frankreich, Deutschland und der Schweiz ein Heer zur Unterstützung der refor⸗ mirten Sache in Frankreich geworben. Die weit über 25,000 Mann zählenden Truppen lagerten im Unterelsaß, und die damaligen Ereignisse schildern die in der oben angefüörten Schrift mitge⸗ theilten zwei Gedichte, von denen eines durch Georg Hohenbein, einen Schreiber zu Mummenheim im Kochersberg, abgefaßt sein soll, in lebendiger Weise. Sie bilden den Hauptinhalt des Buches. Ueber den Gegenstand der Lieder, welche die damalige Stimmung der Bevölkerung des Elsaßes deutlich verzegenwärtigen, sind von Reuß zur Erklärung alle Quellen benutzt und ein großer Theil der auf den Durchzug des navarrischen Kriegsvolkes bezüglichen Handschriften als Anhang beigefügt worden. 1b ;

hano bee b 6. Heft (4. Jahrg.) der Zeitschrift fürdeutsche Kulturgeschichte, herausgegeben von Dr. J. H. Müller, Stu⸗ dienrath, (Hannover, in Kommission bei Carl Mever) hat folgenden Inhalt: Zur Geschichte der ÜUniversität Münster in den Jahren 1802 1818. Nach archivalischen Quellen von R. Wilmans. —, Fried⸗ rich Karl von Moser. in deutscher Publizist und Patriot im

eitalter der französtichen Revolution. Von Julius Großmann.

erzog Julius von Braunschweig. Kulturbild deutschen ünd deüutscher Fürstenerziehung im 16. Jahrhundert. Von Exuard Bodemann. (II.) Eberhard Windek, der Geschichtschreiber Köndg Sigismunds. Von Theodor v. Kern. Haus und Hof zur Zeit Walthers von der Vogelweide. Von Professor K. Theodor von Inama⸗Sternegg. Bücherschau.

Land⸗ und Forstwirthschaft. Breslau, 17. Juli. (Schl. Z.) Die Ernte ist in der Provinz in

erhalten: „Ihre Majestät die verwittwete Königin,

zahlreicher künstlicher Eindämmungen der Pripätj und nach Kor⸗ rektion deren Nebenflüssen

welche jetzt schnell die Kräfte wiedergewinnt, hat heute (13.) eine

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vollem Gange; unmittelbar auf die Heuernte, welche im Allgemeinen einen gesunden, aber meistens geringen Ectrag gab, folgte die Rapsernte;