1875 / 200 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Aug 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Anmeldungsfrist a lief Eigenthümer oder Nutznießer des Neu⸗ baues war nicht aber derjenige, welcher das Haus, sei es früher oder später, während eines Zeitraums besessen hat, für wechen die Unterlassung der Anzeige nicht mit Strafe be⸗ woht ist.

Der Evangelische Ober⸗Kirchenrath hat soeben eine einge⸗ hende „Statistische Nachweisung der in den Jahren 1815 1870 im Bereiche der evangelischen Landes⸗ kirche Preußens (umfaßt bekanntlich die acht älteren preu⸗ ßischen Provinzen) neugegründeten oder restituirten und der eingezogenen Kirchspiele und geistlichen Stellen“ veröffentlicht. Wir theilen den wesentlichen Inhalt dieser statistischen Nachweisung, der daran geknüpften Folgerun⸗ gen, sowie der sonstigen Angaben in der heutigen Nummer unter der Rubrik „Statistische Nachrichten“ mit.

Das lebhafte Interesse, welches der in Nr. 30 der Besonderen Beilage des Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers publizirte Artikel über Ozonmessungen und die periodische Aenderung des Ozongehaltes in der Atmosphäre in vielen Kreisen hervorgerufen, sowie die allgemein wissenschaftliche und humanitäre Bedeutung des Gegenstandes haben uns Veranlassung gegeben, Einleitungen zu treffen, durch welche eine regelmäßige Veröffentlichung monatlicher Zusammenstellungen der auf den verschiedenen Stationen gemachten Beobachtungen ermöglicht wird.

Indem wir diese Publikationen mit der ersten derartigen Zusammenstellung für den Monat Juli d. J. in der heutigen Börsenbeilage des Reichs⸗ und Staats⸗ Anzeigers im Anschluß an die dort mitgetheilten telegraphischen Witterungs⸗ berichte beginnen, bemerken wir, daß die Veröffentlichung in Zukunft möglichst am 15. jedes nächsten Monats erfolgen wird. Zugleich machen wir auf den in der heutigen Nr. d. Bl. abge⸗ druckten einleitenden Artikel: „Zum atmosphärischen Ozon“ aufmerksam.

Es steht zu hoffen, daß die folgenden monatlichen ozono⸗ metrischen Uebersichten recht bald eine größere Ausdehnung ge⸗ winnen werden, da uns die betreffenden Gelehrten, zum Theil wissenschaftliche Autoritäten, die auf diesem Gebiete schon lange thätig gewesen sind u. A. die Herren Professor der Chemie Gintl in Prag, Professor der Agrikulturchemie Ebermayer in Aschaffenburg, Professor Prestel in Emden, Dr. Jelinik und Dr. Haller in Wien, Dr. Hornstein in Prag, Professor von Gabl in Trautenau, Dr. Pröll in Gastein in entgegen⸗ kommendster Weise ihre Mitwirkung zugesichert haben.

Von den „Höhenbestimmungen der Königlich preußischen Landesaufnahme“ ist soeben Heft 1, Schles⸗ wig⸗Holstein nebst Hamburg (enthaltend 1067 Nivellements⸗ punkte) erschienen und von dem Ingenieur Müller⸗Köpen hier⸗ felbst, Saarbrückerstraße 13, zu beziehen.

Der Kaiserlich deutsche Gesandte in Brüssel, Gr af Perponcher, ist gestern wieder abgereist. . Der Kaiserlich türkische Gesandte in St. Petersburg, Kiamil Pascha, hat sich heute früh auf seinen Posten zurück⸗ begeben.

8 Der frühere österreichische Botschafter beim päpstlichen Stuhl, Wirklicher Geheimer Rath Graf Trautmannsdorff, ist gestern nach Dresden abgereist.

Der Kaiserlich russische Ober⸗Stallmeister Graf Gregor Stroganoff kam gestern Abend aus St. Petersburg hier an, übernachtete im Hotel Royal und reiste heute Mittag nach Paris weiter. Ebendahin reiste zu gleicher Zeit der gestern hier an⸗ gekommene Kaiserlich russische Staatssekretär von Nobakoff ab

S. M. S. „Medusa“ ist am 21. d. M. von Plym outh nach Madeira in See gegangen.

Bayern. München, 24. August. Se. Majestät der König hat dem Vorsitzenden des Ministerrathes, Staats⸗ Minister v. Pfretzschner, das Großkreuz des Kronordens, dem Erzbischof von Bamberg, Friedrich Schreiber, und Ober⸗

Baurath Neureuther in München das Ricterkreuz des Kron⸗ Ordens, dem Vorstande der Königlichen Hof⸗Apotheke, Ober⸗ Medizinalrath und Universitäts⸗Professor Dr. von Petten kofer das Comthurkreuz des Verdienst⸗Ordens vom heiligen Michael, dem Dekan am Hof⸗ und Kollegiatstift St. Cajetan, König⸗ lich geistlicher Rath Enzler, dem Königlichen Hof⸗Stabs⸗ arzte Dr. Wilhelm Brattler, dem ersten Bürgermeister von Nürn⸗ berg Freiherrn v. Stromer, dem Landrichter v. Schab in Starn⸗ berg, dem Hofrath Dr. v. Heuß in Bodenheim (Hessen), dem Historienmaler Ed. Schwoiser und dem Bildhauer Mich. Wag⸗ müller das Ritterkreuz erster Klasse des Verdienstordens vom heiligen Michael verliehen. Ferner hat Se. Majestät die Ludwigs⸗ medaille in der Abtheilung für Wissenschaft und Kunst dem Professor an der Industrieschule Dr. Gust. Winkler, dem Bildhauer Phil. Perron, in der Abtheilung für Industrie dem Thonwaarenfabrikanten Aloys Klammerth zu Znaim (Oester⸗ reich), Hofschreinermeister Ant. Pössenbacher und der Inhaberin einer Stickerei⸗Anstalt Mathilde Jörres in München, sodann dem Hofbau⸗ und Intendanz⸗Rath Georg Dollmann den Titel eines Königlichen Hof⸗Baudirektors mit dem Rang eines Ober⸗ Baurathes und dem Kunstschriftsteller Dr. Ernst Förster den Tcitel eines Hofrathes unterm heutigen verliehen. Se. Majestät der König hat den Herzog Max Emanuel in Bayern zum Rittmeister à la suite des Ulanen⸗Regiments ernannt. Se. Königliche Hoheit der Prinz Leopold begiebt sich, einer Ein⸗ ladung Sr. Majestät des Deutschen Kaisers folgend, am künf⸗ tigen Sonntag nach Berlin, um den am 1. und 2. September in Gegenwart des Kaisers stattfindenden Manövern des Garde⸗ Corps beizuwohnen. Hierauf wird sich der Prinz zu den vom 9. bis 18. September stattfindenden Manövern der Garde⸗ Kavallerie nach Neuruppin begeben und erst nach Schluß der⸗ selben hierher zurückkehren. Von der bayerischen Armee werden der „Allg. Ztg.“ zufolge ferner zu den Manövern der preußischen Truppen abgeordnet: zu den Manövern in Schlesien der Commandeur der 4. Infanterie⸗Brigade, General⸗Major v. Schmidt, der Oberst des 1. Feld⸗Artillerie⸗ Regiments Frhr. v. Schlettheim und der Rittmeister vom 4. Chevauxlegers⸗Regiment Fürst! v. Oettingen⸗Wallerstein; zu den Uebungen der Kavallerie General⸗Major Adolph Baumüller, Commandeur der 4. Kavallerie⸗Brigade. Den bei Coblenz statt⸗ findenden größeren Belagerungsübungen wohnen bereits je zwei Offiziere der Artillerie und des Ingenieur⸗Corps bei. Der Stab des General⸗Kommandos des J. Armee⸗Corps (v. d. Tann) geht morgen Vormittag 10 Uhr auf der Bahn nach Friedberg ab. Derselbe wird dort bis 30. August verweilen, von da ab bis 4. September seinen Sitz im Schloß Weihern und von dieser Zeit bis 10. September in Aichach nehmen. Mit dem heutigen Tage haben die am 15. begonnenen

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Brigade⸗Uebungen der Abtheilungen des I. Armee⸗Corps bei München (1. Infanterie⸗ und 1. Kavalleriebrigade), Lands⸗ hut (2. Brigade), auf dem Lechfeld (3. Infanterie⸗ und 2. Ka⸗ valleriebrigade), bei Ingolstadt (4. Infanteriebrigade), ferner der 1. Feld⸗Artilleriebrigade bei München ihr Ende genommen. Morgen haben alle Truppen zur Feier des Geburts⸗ und Namensfestes Sr. Majestät des Königs Rasttag. Am Donnerstag, den 26. d., beginnen die Detachementsübungen der 1. Infanterie⸗ und 1. Kavalleriebrigade bei Dachau, der 2. In⸗ fanteriebrigade bei Moosburg, der 3. Infanterie⸗ und 2. Ka⸗ valleriebrigade bei Affing, der 4. Infanteriebrigade bei Pöttmes, des 1. Feldartillerie⸗Regiments bei Dachau und Affing, des 3. Feld⸗ artillerie⸗Regiments bei Moosburg und Pöttmes. Die Detache⸗ mentsübungen mit 3 Bivouaks der Vorposten dauern bis zum 28. d. Abends. Der Namens⸗ und Geburtstag Sr. Majestät des Königs wird morgen von der gesammten 1. Infanterie⸗Brigade feierlich begangen werden. Nach dem solennen Gottesdienst in der Michaels⸗Hofkirche, in welcher die vereinigten Musikcorps spielen werden, nimmt General v. d. Tann in Begleitung der Generalität das Défilé des Infanterie⸗Leib⸗Regiments, des 1. Infanterie⸗ Regiments, des 2. und 9. Jäger⸗ Bataillons, des 1. Kürassier⸗ Regiments und 3. Chevauxlegers⸗Regiments und der Artillerie auf dem Maximiliansplatze ab. Heut Abends findet großer Zapfenstreich, morgen große Reveille sämmtlicher Musikcorps statt. Ueber den Inhalt des am 21. d. Vormittags eröffneten Testamentes weiland Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Karl von Bayern entnehmen wir der „A. Abdztg.“ Folgen⸗ des Das ganze Personal seiner Beamten und Dienerschaft behält den am Sterbetage innegehabten Gehalt lebenslänglich als Pension, und erhält jeder noch, je nach dem Alter seines Diensteintrittes, Legate, welche von 100 2000 Fl. reichen und am 1. k. M. ausbezahlt werden. Nach dem Ableben der Män⸗ ner gehen die Pensionen auf die Frauen über, und nach dem Ableben dieser, wenn Kinder vorhanden, auf diese bis zum 20. Lebensjahre. Ferner bleibt den Bediensteten auch noch ein Jahr die Theuerungs⸗ und Wohnungszulagen. Bei der Sorgfalt des Prinzen für Alles, was mit ihm in Berührung kam, vergaß er auch die Vögel und Eichkätzchen nicht, die seinen Schloßgarten belebten. Für diese wurde ein Kapital von 400 Fl. ausgefetzt, aus deren Zinsen sie gefüttert werden müssen. Die Zinsen von 2 Millionen bestimmte er jährlich für die Hülfsbe⸗ dürftigen, welchen die gleichen Gaben, wie zu Lebzeiten des Prinzen, gereicht werden müssen. Der Magistrat der Stadt Bamberg hat zur Feier des Sedan⸗ tages beschlossen: 1) Beflaggung deutschen Reichs⸗, bayerischen und städtischen Fahnen, 2) Salut⸗ schießen auf dem Michaelsberg mit den französischen Beute⸗ geschützen, 3) gemeinschaftliche roduktion der Sängergesellschaf⸗ ten Liederkranz und Cäcilia mit Zuziehung des Theaterorchesters von 4—7 Uhr auf dem Michaelsberge, wobei während des Nach⸗ mittags die Terassenfontaine angelassen werden soll, 4) Bekrän⸗ zung der Gedenktafel in der Michaelskirche. Der Zutritt zur Produktion der Gesangvereine ist für Jedermann frei, jedoch soll dem Publikum durch aufgestellte Sammelbüchsen Gelegenheit gegeben werden, freiwillige milde Beiträge für die durch Ueber⸗ schwemmung beschädigten Nahebewohner zu Kirn und Hahnenbach einzulegen.

Baden. Mainau, 25. August. (W. T. B.) Se. König⸗ liche Hoheit der Prinz Arthur von Großbritannien, Herzog von Connaught, ist zum Besuch der Fürstlich hohen⸗ zollernschen Familie nach Krauchenwies abgereist und begiebt sich von dort nach Darmstadt.

Hessen. Darmstadt, 24. August. Während früherhin die Forstämter regelmäßige Jahresberichte über die Führung des Forstpersonals, insbesondere auch der Oberförster, zu erstat⸗ ten hatten, ist im Zusammenhang mit den in der Forst⸗Organi⸗ sation und Verwaltung neuerlich eingeführten Aenderungen von nun an diese periodische Berichterstattung aufgehoben worden. Die Ober⸗Forst⸗ und Domänen⸗Direktion wünscht jedoch, in Kenntniß derjenigen Oberförster erhalten zu werden, welche sich durch ihre schriftlichen Arbeiten, fleißigen Waldbesuch, durch sachgemäße und vorschriftsmäßige Ausführung der Wirth⸗ schaftsoperationen und genaue Ueberwachung des Forstschutz⸗ Personals auszeichnen. Wie das „Fr. J.“ vernimmt, ist dem Ausschuß der evangelischen Landessynode eine Vorlage zugegan⸗ gen, welche eine neue Klassifikation der evangelischen Pfarr stellen in Aussicht nimmt. Demnach würden 7 Klassen von 1750 bis 3600 geschaffen werden. Aus Griesheim, 25. August, schreibt man der „Darmst. Ztg.“: Auf Befehl des Commandeurs des Brandenburgischen Fuß⸗ Artillerie⸗Regiments Nr. 3, General⸗Feldzeugmeister Oberst Ulrtich, sind dem Publikum gegenwärtig sämmtliche Räumlichkeiten der Restauration des Griesheimer Schießplatzes, welche zur Zeit, als die Württemberger den Schießplatz bezogen hatten, geschlossen waren, geöffnet, und ist demselben Gelegenheit geboten, den mindestens zweimal wöchentlich, Mittwoch und Sonnabend, statt⸗ findenden Konzerten anzuwohnen. Außerdem findet jeden Sonn⸗ tag Vormittag ein Früh⸗Konzert statt. Zur Feier des Sedan⸗ tages wird der Saal des neuen Offizier⸗Kasinos eingeweiht, dessen Dekoration Hr. Hofschauspieler Mendel übernommen hat. Das Siegesfest wird mit großer Feierlichkeit begangen und namentlich ein Feuerwerk abgebrannt werden, welches an Groß⸗ artigkeit alles bisher in Darmstadt Gesehene überbieten wird. Das Offiziers⸗Kasino wird glänzend illuminirt sein. An das Feuerwerk wird sich das Nachtschießen anschließen. Ein Ball wird die Feierlichkeit beschließen.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Aus Heinrichau, 23. August, wird geschrieben: In Veranlassung der Gefahr, welche am 19. d. M. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin bedrohte, und der glücklichen Errettung Höchstderselben gestaltete sich der Vor⸗ mittagsgottesdienst am 22. in hiesiger Schloßkapelle zu einem er⸗ hebenden Dankgottesdienste. Mehrere Damen hatten durch sinnige Ausschmückung mit Blumen der Kapelle ein noch fest⸗ licheres Sen verliehen. Die Räume waren nicht nur von den Mitgliedern der Gemeinde, sondern auch von sämmt⸗ lichen Beamten Ihrer Königlichen Hoheit und Orts⸗ bewohnern wie Nachbarn, auch anderer Konfession, dicht gefüllt. Der Schloßprediger Liz. Pastor Gottwald knüpfte in seiner Predigt an den Text Psalm 121, 1— 4, „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von welchen mir Hülfe kommt“, an und fuͤhrte in erhebenden Worten aus, wie die Gnade des

öchsten heute besonders zu preisen sei im Hinblick auf die glück⸗ liche Errettung der von allen geliebten und verehrten Fürstin, deren Wirken ein gesegnetes sei und noch lange zum Wohle ihres Hohen Hauses, deren Unterthanen und der ziefigen Be⸗ völkerung bleiben möge. Mit dem Absingen des Liedes „Nun danket alle Gott ꝛc.“ schloß diese erhebende Feier.

Detmold, 25. August. Ihre Durchlauchten der ssin Pauline haben sich heute in B

des Rathhauses mit

gleitung des Hofrath Dr. Eschenburg und des Hauptmann und Flügel⸗Adjutant von Donop zum Kurgebrauch nach Karlsbad begeben. Gleichzeitig reist Ihre Durchlaucht die Fürstin in Begleitung der Frau Gräfin Solms zum mehrwöchentlichen Aufenthalt nach Schwarzburg ab. Bis Gera werden die Hohen Herrschaften die Reise gemeinschaftlich zurücklegen. Gestern war Herr und Frau von Bandel und deren Sohn Roderich von Bandel zur Fürstlichen Tafel nach Schieder eingeladen.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 23. August. Ein für Elsaß und Baden gleich wichtiges Werk, die Erbauung von acht neuen Schiffbrücken über den Rhein auf dessen Laufe von Basel bis Lauterburg, erhielt gestern durch die feierliche Eröffnung der Brücke bei Gambsheim⸗ Freystett seinen Abschluß. Auf einer am elsässischen Ufer er⸗ richteten blumen⸗ und bannergeschmückten Tribüne versammelten sich die Ehrengäste, unter ihnen die Herren Bezirks⸗Präsident Ledderhose, Regierungs⸗Rath v. Sybel, Bürgermeisterei⸗Verwalter Back von Straßburg und die Bürgermeister der Umgegend. Nachdem der Kreis⸗Direktor Hasse aus Straßburg die badischen Nachbarn mit herzlichem Willkomm begrüßt hatte, gab Ober⸗ Amtmann Sontag von Kork Namens der badischen Nachbarn dem Danke und der Freude über das vollzogene Einigungs⸗ werk beredten Ausdruck. Gesangsvorträge des Liederkranzes von Gambsheim wie des Sängerbundes von Alt⸗ und Neu⸗ Freystett, sowie der von den Freystetter Festjungfrauen kredenzte Willkommtrunk erhöhten von da ab die festliche Stimmung, welche sich beiden Ufern entlang in einer Reihe von Wirthschafts⸗ zelten und Buden den ganzen Tag bis spät in die Nacht hinein fortpflanzte. Gegen Mittag nahm der Festzug seinen Weg über die neue Brücke nach dem badischen Ufer, wo abermals eine zahlreiche fröhliche Menge der Kommenden harrte. Eine halbe Stunde später marschirte der Festzug unter Vorantritt der Straß⸗ burger Kapelle des Sächsischen Infanterie⸗Regiments Nr. 105 in dem reich beflaßgten Freystett ein, wo im Gasthaus zum „Salmen“ unter einem improvisirten Zeltbaue das Festmahl be⸗ reitet war, an dem sich ca. 200 Festtheilnehmer beiderlei Ge⸗ schlechtes betheiligten. Aus der Reihe der mit Begeisterung auf⸗ genommenen Reden und Toaste sei hervorgehoben: das von dem Großherzoglich badischen Direktor des Wasser⸗ und Straßen⸗ baues, Baer, ausgebrachte Hoch auf Se. Majestät den Kaiser, dem der Bezirks⸗Präsident des Unterelsaß Ledderhose, den Toast auf Se. Königliche Hoheit den Großherzog von Baden anreihte. Bürgermeister Durban von Freystett feierte die vollzogene Vereinigung der beiden Uferstaaten, wobei Bürger⸗ meister Schohn von Gambsheim die ihm von seinem badischen Kollegen dargebotene Rechte mit Wärme erfaßte und ihn seiner gleichen Gesinnung versicherte.

Mülhausen, 23. August. Gestern Abend halb 10 Uhr ist General v. Werder hier eingetroffen und im Hotel Romann abgestiegen. Derselbe wird die zur Uebung hierher beorderten Truppen inspiziren.

Wien, 24. August. Se.

Oesterreich⸗Ungarn. gestern mittelst Separat⸗

Majestät der Kaiser ist hofzuges um à¾7 Uhr Morgens in Bruck an der Leitha eingetroffen. In seiner Suite befanden sich die General⸗Adjutanten Feldmarschall⸗Lieutenant Baron Mondel, General⸗Major Ritter v. Beck, ferner mehrere ausländische Offiziere. Vor dem Bahnhofe wurde der Monarch von dem Lager⸗Ober⸗Kommandanten Erzherzog Albrecht mit zahlreichem Gefolge empfangen. Der Kaiser bestieg das für ihn bereitgehaltene Pferd und ritt, den Feldmarschall Erzherzog Albrecht an der Seite, nach dem Manẽöver⸗ feld nächst Steinbruch, wo die kombinirte Kavallexie⸗Division, von Baron Appel befehligt, aufgestellt war. Eine zweite kom⸗ binirte Kavallerie⸗Division unter dem Kommando des Feld⸗ marschall⸗Lieutenants Grafen Pejaesevies manövrirte bei Höflein. Nach den bisherigen Dispositionen verbleibt Se. Majestät der Kaiser bis zum 30. August in Bruck und fährt von dort nach Ofen zur feierlichen Eröffnung des ungarischen Reichs⸗ tags. Während der Anwesenheit des Kaisers wird, außer den Erzherzogen Kronprinz Rudolf und Karl Ludwig, auch Erzherzog Wilhelm dort eintreffen. Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten die Erzherzoginnen Elisabeth und Marie Christine sind gestern von Gmunden nach München abgereist. Erzherzog Leopold ist vorgestern Nachmittags in Olmütz eingetroffen. Erzherzog Rainer ist vorgestern Abends in Brünn angekommen und besichtigte gestern Vormittags die in Brünn befindlichen Landwehrtruppen auf dem Egxerzierplatze. Mittags besichtigte derselbe das Gewerbemuseum und setzte Nachmittags die Reise nach Iglau fort. Der Königlich ungarische Minister des Innern, Koloman v. Tisza, ist gestern in Budapest ein⸗ getroffen. Der Statthalter von Tirol Graf Taaffe hat sich von Innsbruck nach Wien begeben. Der Beotschafter des Deutschen Reiches in Paris, Fürst zu Hohenlohe ist in Aussee angekommen. In dem Befinden Franz Deaks ist, wie der „P. Ll.“ mittheilt, eine entschiedene Wendung zur Besserung eingetreten, und seine Genesung hat in der letzten Zeit über⸗ raschende Fortschritte gemacht. Nach Wiener Blättern ist die Einberufung der Delegationen für die zweite Hälfte des nächsten Monats in Aussicht genommen. Man hofft, daß die Session derselben kaum mehr als vier Wochen in Anspruch nehmen werde, so daß die Einberufung des Reichsrathes alsbald erfolgen könnte. Wie aus Pest gemeldet wird, haben im ungari⸗ schen Justiz⸗Ministerium die Berathungen über die Vor⸗ arbeiten begonnen, auf Grund deren die Regierung die Aufhe⸗ bung noch weiterer dreiundzwanzig Gerichtshöfe erster Instanz durchzuführen gedenkt.

Lemberg, 24. August. Zufolge einer Kaiserlichen Ent⸗ schließung wird künftighin bei jedem polnischen Gymnasium die Stelle eines Lehrers für den deutschen Spra ch⸗ unterricht systemifirt. 1 8

Pest, 26. August. (W. T. B.) Wie „Pesti Naplo“ erfährt, wird die Regierung sofort nach Eröffnung des Reichstages eine Vorlage, berreffend die Konvertirung von Staats⸗ schuldverschreibungen bis zum Betrage von 153 Mill. Fl., einbringen.

Schweiz. Bern, 23. August. Der Bundesrath hat in seiner heutigen Sitzung die Traktandenliste für die auf den 6. September nächsthin außerordentlich einberufene Bun⸗ desversammlung berathen und festgestellt. Dieselbe ent⸗ hält im Ganzen nur 23 Nummern, darunter einige sehr wich⸗ tige, wie das Militärsteuergesetz, das beim Nationalrathe, und das Banknotengesetz, das beim Ständerath anhängig ist. Fer⸗ ner sind zu erwähnen das Gesetz, betreffend Jagd⸗ und Vogelschutz, anhängig beim Ständerath, das Fischerei⸗ gesetz, eine Botschaft, betreffend Zusammenstellung einer

Civilstands⸗ und Chestatistik, ein Bericht des Bundes⸗ rathes über schweizerische Banknoten⸗Emission, der Be⸗ schlußentwurf, betreffend Einziehung der 20⸗Rappenstücke, das Postregal⸗ und Posttaxengesetz, die Botschaft des Bundesrathes über Verschmelzung des Post⸗ und Telegraphendienstes, die Botschaft, betreffend Organisation der Postverwaltung, und die Motive Stämpfli, betreffend den Modus der Berathung der eidgenössischen Gesetze. Eisenbahnkonzessionen liegen nur zwei vor, Rekurse drei, darunter einer aus dem Kanton Freiburg, betreffend Bestrafung wegen Heiligthums⸗Entweihung. Muth⸗ maßlich wird die Bundesversammlung nur zwei Wochen zu⸗ sammenbleiben, um dann nach der Neuwahl des National⸗ rathes, welche bekanntlich im Oktober stattfindet, 3: wie gewöhnlich zu ihrer ordentlichen Wintersession am ersten Montag des Monats Dezember wieder zusammenzukommen. Die ständeräthliche Kommission für Berathung des Banknotengesetzes ist heute hier zusammengetreten. Nach dem unter die Mitglieder der deutschen Hülfs⸗ vereine in der Schweiz vom seitherigen Vorort Genf eben ver⸗ theilten Centralbericht über das Jahr 1874 zählten Ende des Jahres sämmtliche sieben bestehende Sektionen (Aarau, Basel, Bern, Chur, Genf, Lausanne und Zürich) 1286 gegen 1269 Mitglieder Ende 1873. Ihre Einnahmen an Mitgliederbeiträgen betrugen im Jahre 1874 13,343 gegen 12,870 Fr., ihre Aus⸗ gaben 23,242 gegen 22,252 Fr. im Vorjahre. In den Aus⸗ gaben sind die 5 pCt. Beisteuern an die Centralkasse nicht in⸗ begriffen, welche mit den Beiträgen der Regierungen im Jahre 1874 im Ganzen 13,801 Fr. einnahm. Letztere verausgabte 2379 gegen 1502 Fr. im Jahre 1873. Aus der Centralkasse erhielten die einzelnen Sektionen zusammen 10,341 Fr. Aus Genf wird über die brasunschweigische Erbschaft gemeldet: Von der dem Staate zugefallenen Summe von 2,400,000 Fres. aus der braunschweigischen Erbschaft soll an die verschiedenen Landgemeinden des Kantons nach einem dem Großen Rath vorgelegten Kommissionalantrag ein Betrag von 15 Fres. pro Einwohner und 10 Fres. pro Hektare vertheilt werden, behufs Tilgung etwaiger Schulden oder Anlage eines Reservefonds.

Großbritannien und Irland. London, 24. August. Ibrahim Pascha, der Neffe des Vizekönigs von Aegypten, hat mit seinem Gefolge London verlassen und sich nach Paris begeben. Das in Southampton liegende Vereinigte⸗ Staaten⸗Geschwader verläßt am nächsten Donnerstag die englischen Gewässer auf der Reise nach dem Mittelländischen Meere. Der „Times of India“ zufolge erhielt das Auswär⸗ tige Amt in Peking vor einiger Zeit eine Denkschrift von dem Gouverneur von Bunan, worin derselbe jede Kennt⸗ niß von der Ermordung des Engländers Margary oder dem Angriff auf Oberst Browne’'s Forschungs⸗Expedition in Abrede stellt. Gleichzeitig richtete der Gouverneur ein Schreiben an den Kaiser von China, worin er sich rühmt, Oberst Browne’s Expe⸗ dition zurückgeschlagen zu haben, und sich erbietet, die Grenze von allen Ausländern, gleichviel welcher Nation sie angehören mögen, gesäubert zu halten. Die Behörden von Punan haben zwei Kommissäre ernannt, welche die Untersuchung der mit der Ermordung Margarz's verknüpften Umstände leiten sollen.

Frankreich. Paris, 23. August. Die Sessionen der Generalräthe gaben bisher zu keinerlei irgendwie erheblichen Zwischenfällen Anlaß; mehrere Generalräthe, z. B. in den Landes, in den Departements der Seine und Marne, der Oise und des Tarn und der Garonne, haben ihre Session bereits wieder geschlossen, und auch die übrigen Generalräthe sind dem Schlusse ihrer Arbeiten nahe. Der katholische Kongreß von Poitiers hat auf einen von dem P. Sanbin erstatteten Bericht folgende drei „Wünsche“ einstimmig angenommen: 1) es sei von der höchsten Wichtigkeit und müsse der Gegenstand allgemeinen Bemühens sein, möglichst bald und möglichst viele katholische Rechtsfakultäten zu gründen; 2) es sei darauf hinzuwirken, daß sich in der fran⸗ zösischen Rechtswissenschaft eine Schule bilde, deren Dok⸗ trinen wahrhaft katholisch und allen Vorschriften der Kirche und des heiligen Stuhls ergeben wären; 3) die Mitglieder des Kongresses sollten sich in ihrer Gegend nach jungen Doctores juris umsehen und dieselben bezeichnen, welche sich zu dem Pro⸗ fessorat in den katholischen Rechts⸗Fakultäten eigneten und heran⸗ bilden wollten. Ferner nahm der Kongreß einen Bericht des Jesuitenpaters Taupin über die Presse entgegen, der im Sinne der Lehrsätze des Syllabus abgefaßt war, und den Wunsch an, daß „die katholische Presse einen regeren Anstoß und eine wei⸗ tere Verbreitung erhalte.“

Rheims, 25. August. (W. T. B.) Se. Majestät der König von Bayern wird morgen über Chalons und Avri⸗ court die Rückreise nach München antreten.

Griechenland. Athen, 23. August. (Ag. Bord.) Großfürst Konstantin von Rußland ist hier eingetroffen.

Türkei. Konstantinopel, 25. August. (W. T. B.) Der Großvezir Essad Pascha hat seine Entlassung er⸗ halten. Sein Nachfolger wird zwar erst morgen offiziell ernannt werden, doch gilt es als bestimmt, daß die Wahl des Sultans auf den Präsidenten des Staatsraths, Mahmud Pascha, fallen wird. Zum Präsidenten des Staatsraths dürfte Ruschdi Pascha, zum Finanz⸗Minister Sadic Effendi und zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten der bisherige Großvezir, Essad Pascha, ernannt werden.

Aus Ragusa, 25. August, Nachmittags, meldet „W. T. B.“: Gestern hat bei Woinitza (zwischen Nevesinje und Gaschko) ein heftiger Kampf zwischen den türkischen Truppen und den Insurgenten stattgefunden. Der Ausgang desselben ist noch nicht bekannt.

Von ebendort berichtet ein Telegramm vom 25. August, Abends: Die Insurgenten haben die Beschießung des Forts Drien begonnen. Die in einem Gefecht bei Stolatz zu Gefan⸗ genen gemachten 400 Türken wurden entwaffnet und alsdann in Freiheit gesetzt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 24. August. Der Finanz⸗Minister Staats⸗Sekretär von Reutern wird nach der russischen „St. P. Ztg.“ in diesen Tagen Karlsbad verlassen und dann nach Teplitz gehen, um seine Kur zu been⸗ den. Von Teplitz aus wird der Finanz⸗Minister, auf dessen Gesundheitszustand Karlsbad sehr günstig eingewirkt haben soll, in die Ostseeprovinzen gehen und in der zweiten Hälfte des Februar nach St. Petersburg zurückkehren. Auch der Hof⸗ Minister General⸗Adjutant Graf Adlerberg und der Ge⸗ sandte in London, Graf Peter Schuwalow, halten sich augen⸗ blicklich in Karlsbad auf. Die Dienstzeit im General⸗ soll nach der „M. 3.“ bei Einfüh⸗ rung der allgemeinen Wehrpflicht auf 9 Jahre festgesetzt werden,

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7 Jahre aktiven Dienstes und 2 Jahre Reserve. Aus Tasch⸗ kent ist dem „Russ. Inv.“ die folgende telegraphische Nachricht zugegangen: „Im Chanat Kokand ist eine Revolution aus⸗ gebrochen; die Truppen des Chan sind zu den Meuterern über⸗ gegangen. Unsere Gesandtschaft, die sich in Kokand befand, deckte den Abzug des Chans mit seiner Familie und seinem Gefolge nach Chodsent mit Hülfe von 15 Kosaken und einigen Dschigiten; die In⸗ surgenten verfolgten die Abziehenden, wobei die Gesandtschaft und die Kosaken dem Gewehr⸗ und Artilleriefeuer ausgesetzt waren. Auf unserer Seite wurden zwei Dschigiten getödtet. An der Spitze des Aufstandes steht der Abdurrahman⸗Awtobatschi, welcher den Glaubenskrieg proklamirt hat, sich zum Feldzuge rüstet und in die unter unserer Botmäßigkeit stehenden Ort⸗ schaften Emissäre abgesandt hat“. Die Schulden der Reichsrentei belaufen sich, wie die „Mosk. Ztg.“ erfährt, zum Jahre 1876 auf 91,868,000 holländische Gulden, 101,678,409 Pfd. Sterl., 570,412,000 Francs und 918,677,316 Rubel. Gegen 1875 steigt die Schuld um 14,352,020 Pfd. Sterl., 570,412,000 Francs und sinkt um 1,685,000 Gulden und 9,307,049 Rubel. Außerdem befanden sich am 1. Juli 1875 Kreditbillete für 797,313,480 Rubel und an Billeten der Reichs⸗ rentei 72 Serien von CXXVIII.— CXCIX., im Ganzen für 216,000,900 Rubel im Verkehr. Im Laufe dieses Jahres sind weder neue Serien der Reichsrentei in Umlauf gesetzt worden, noch hat ein Umtausch alter Serien gegen neue stattgefunden.

Dänemark. Kopenhagen, 25. August. Am Montag Nachmittag kamen von Helsingör Sr. Kaiserlichen Hoheit des Großfürst⸗Thronfolgers Lustyacht „Czarewna“ und die dieselbe eskortirende Dampf⸗Korvette „Olaf“ hier an und gingen auf der inneren Rhede zu Anker. Die Schiffe hatten daselbst nur einige Stunden gelegen, als um 8 ¾ Uhr Abends in dem Hintertheil der Korvette Feuer entdeckt wurde; die Bestrebun⸗ gen, durch die an Bord befindlichen Mittel desselben Herr zu werden, erwiesen sich fruchtlos. Die Dampfspritze des Hafenwesens wurde sogleich zum Beistand hinausge⸗ sandt, und von der Batterie Dreikronen und dem Holme eilten Mannschaften zur Hülfe herbei. Das an Bord befindliche Pulver wurde fortgeschafft, um einer Explosion vorzubeugen. Da es trotz aller Anstrengungen dennoch nicht glückte, das Feuer voll⸗ ständig zu beherrschen, so wurden die Bodenventile der Corvette geöffnet und dieselbe mit Wasser gefüllt, worauf sie bei der Batterie Dreikronen auf den Grund gesetzt wurde. Man will jetzt versuchen, das Schiff durch Dampfkrähne und andere Ver⸗ anstaltungen wieder zu heben.

Afrika. Aegyten. Nach einer in dem City⸗Artikel der „Times“ vom 26. enthaltenen Mittheilung v der Khedive von Aegypten eine Privatanleihe über Millionen Pfund Ster⸗ ling mit der anglo⸗ägyptischen Bank abgeschlossen.

Die Nr. 67 des „Amts⸗Blatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügung vom 24. August 1875. Behandlung der Werthsendungen im Wechselverkehr zwischen dem Reichs⸗Postgebiet, Bayern und Württemberg. Verfügung vom 18. August 1875. Wiederholte Anmahnung zur Vorsicht bei Annahme von Unterbeamten. Verfügung vom 20. August 1875. Erneute Aufforderung zur ordnungsmäßigen Behandlung der Packet⸗ adressen nach Bayern und Württemberg. Verfügung vom 24. August 1875. Post⸗Dampfschiffverbindung Stettin⸗Kopenhagen. 1

Statistische Nachrichten.

Ueber die Gesundheitsverhältnisse in der am 14. Auzust beendeten Woche wird berichtet, daß von je 10,000 Ein⸗ wohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, starben: in Berlin 409, in Breslau 343, in Hamburg 272, in Wien 192, in Pest 335, in Paris 233, in Brüssel 266, in Amsterdam 260, in Rotterdam 283, im Haag 342, in Rom 289, in Turin 247, in Florenz 312, in Lon⸗ don 225 und in den 18 größeren Städten Englands 242. In der hiesigen Gegend ist die Epidemie des Keuchhustens, die sich besonders in den westlichen Vororten zeigte, jetzt im Verschwinden begriffen. Wie aber aus den Mittheilungen des Registral general aus London hervorgeht, wendet sich jetzt die Krankheit anscheinend nach Nordwesten; ebensowohl aus Hamburg wie aus den Niederlanden werden Berichte hierüber mitgetheilt. Als interessante Thatsache sei angeführt, daß auch in Aegypten (Allessandria) sich der Keuchhusten auszubreiten beginnt. Die Nachrichten über schwerere Epidemien vermindern sich; wenigstens sind die ein⸗ getroffenen Meldungen über die Verbreitung der Cholera einander sehr widersprechend. Fest steht übrigens, daß die Krankheit den euro⸗ päischen Boden noch nicht berührt hat. Als hervorragende Krankheit, die im Augenblicke in Berlin herrscht, sei erwähnt, daß die Fälle von Nervenfieber in unserer Stadt sich jetzt häufen. Sie stellen in den Krankenhäusern das wesentlichste Kontingent dar. Nach den uns vor⸗ liegenden statistischen Berichten sind es vorzugsweise jüngere Patienten, die davon gefährdet werden.

Die Gesammtzahl der in den acht altländischen preußi⸗ schen Provinzen von 1815 bis 1870 neugegründeten oder restituirten geistlichen Stellen beläuft sich nach der soeben vom Evanelischen Ober⸗Kirchenrath veröffentlichten einschlägigen statistischen Uebersicht auf 814, es sind also durchschnittlich in jedem Jahre dieses 55jährigen Zeitraums 15 Stellen Erschaffen worden. Eingezogen sind dagegen in derselben Periode 227 tellen; der Ueber⸗ schuß von 614 geistlichen Stellen ist, als Ganzes betrachtet, eine kirch⸗ liche Organisation, welche an Umfang etwa der in der Rheinprovinz (594 Stellen) gegenwärtig bestehenden, oder derjenigen in dem ehema⸗ ligen Kurfürstenthum Hessen und dem Großherzogthum Oldenburg (490 und 127 Stellen) gleichkommt. Gegenüber der Summe der in den acht alten preußischen Provinzen gegenwärtig überhaupt vorhan⸗ denen geistlichen Stellen bildet diese Zahl den 1I1. Theil. Von den angeführten 841 Stellen sind 162 von 1815 40 (eingezogen 205), 137 von 1841—50 (eingezogen 7), 274 von 1851 60 (eing. 8) und 268 von 1861—70 (eing. 7) neu eingerichtet worden; und zwar fallen 417 auf neu gegründete oder restituirte Kirchspiele, 161 auf bereits vorhandene Kirchspiele, 89 sind neugegründete Mili⸗ tär⸗ oder Anstaltspfarrstellen und 174 Pfarrvikariate oder Hülfs⸗ predigerstellen. Nach Provinzen geordnet, kommen auf Preußen 115 (26 eing.), Brandenburg 143 (51 eing.), Pommern 89 (32 eing.), Posen 102, Schlesten 96 (15 eing.), Sachsen 65 (51. eing.), Westfalen 75 (20 eing.) und Rheinland 156 (32 eing.). Da nun die Gesammt⸗ zahl der geistlichen Stellen sich beläuft in Sachsen auf 1674, in Branden burg auf 1352, Schlesien 854, Pommern 782, Preußen 682, Rheinland 594, Westfalen 422 und Pele 221, hat also ihre Zahl zugenommen in Posen um die Hälfte, in Rheinland um ⅛, in Westfalen und Preußen um ½⅛, in Schlesien um 11, in Pommern um ¼⁄4., in Brandenburg um 116, in Sachsen endlich nur um ¼½10. Während der Jahre 1815 40. sind mehr Stellen eingezogen als geschaffen: in Sachsen (50: 15), Brandenburg (44: 14), Pommern (32: 10) und Westfalen (13: 10); dagegen überwogen schon in dieser Periode die errichteten Stellen in Posen, wo überhaupt in dem ganzen 55jährigen Zeitraum keine einzige Pebllch⸗ Stelle wieder eingezogen wurde, in der Rheinprovinz (43: 28),

chlesien (19: 12), Preußen (31: 26). Hierbei ist übrigens zu be⸗ merken, daß die meisten Stellen schon in den Jahren 1815 30 ein⸗ gezogen worden sind. Die meisten Kirchspiele wurden neugegründet

oder restituirt in der Provinz Preußen (80), dann folgen Posen mit

78, Brandenburg mit 71, Schlesien und Rheinland je 54, Pommern 34

Westfalen 31 und Sachsen mit 15. In bereits Kirch⸗ spielen wurden Stellen geschaffen in der Rheinprovinz 55, Pommern und Brandenburg je 23, Westfalen 15, Schlesien 14, Preußen 12, Posen und Sachsen je 7. Neue Pfarrvikariate u. s. w. wurden ein⸗ gerichtet in der Mark Brandenburg 35, in Sachsen 29, in Rheinland 26, Pommern 25, Westfalen 22, Schlesien 15, Posen 12 und Preußen 10. In Berlin sind seit 1815 gerade 60 neue Stellen gegründet worden, so 8. sich, da am Schlusse des Jahres 1874 daselbst 118 Geistliche in Wirksamkeit waren, die Zahl derselben seit jener Zeit verdoppelt hat. Von den in der Provinz Posen gegenwärtig vorhandenen 206 evangelischen Pfarr⸗ stellen sind noch unter polnischer Herrschaft, und zwar vor 1772 ge⸗ gründet worden 65 (eine weitere Anzahl der früher in Posen gegrün⸗ deten evangelischen Pfarrstellen ist unter polnischer Herrschaft wieder unterdrückt und bei dem Uebergange des Landes an Preußen nicht mehr vorhanden gewesen), von 1772 1793 in den während dieser Zeit polnisch gebliebenen Theilen der Provinz 29; dagegen unter preußi⸗ scher Herrschaft von 1772 1815: 20, von 1816—40: 19, von 1841 bis 50: 13, von 1851 60: 35, von 1861 70: 23, von 1871 723: 2 Stellen. In dem Diasporagebiete der Provinz Schlesien, dem Regierungsbezirke Oppeln, sind jetzt, mit Einrechnung der Pfarr⸗ vikariate, im Ganzen 76 geistliche Stellen vorhanden. Hiervon sind gegründet, und zwar bis 1763: 28, von 1763 1815: 16, von ““ bis 73: 20 und in letzterem Zeitraum außerdem 12 Pfarrvikariate. 8

Kunst, Wissenschaft und Literatur. b

Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich hat angeordnet, daß zur Feier des 400 jährigen Jubiläums der eburt Michelangelo's ein Vertreter der Kaiserlichen Gemäldegalerie im Belvedere nach Florenz gesendet werde. Demzufolge begiebt sich der Direktor dieser Hofsammlung als Kaiserlicher Abgeordneter dahin. Auch die Kaiserliche Akademie der bildenden Künste Wiens wird bei dieser Feier durch ihren Rektor und zwei Professoren vertreten sein.

In Brixton starb dieser Tage der Naturforscher Dr. Alexander Fleming, dessen Forschungen über „Aconite“ ihm einen europäischen Ruf gewannen.

Die „Gaz. Tor.“ meldet, daß der Archivar am Thorner Stadtgericht drei auf Kopernikus bezügliche Dokumente entdeckt und dieselben dem deutschen Kopernikusverein in Thorn über⸗ sandt habe. Die Dokumente sollen sich auf Legate zu Gunsten der Kinder einer Nichte des Kopernikus beziehen.

Im Verlage von Franz Vahlen hierselbst ist soeben er⸗ schienen: „Die Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 nebst den mit derselben in Verbindung stehenden Ge⸗ setzen, a. Gesetz, betreffend die Kosten, Stempel und Gebühren in Vormundschaftssachen, b. Gesetz, betr. die Geschäftsfähigkeit Minder⸗ jähriger und die Aufhebung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Minderjährigkeit, c. Gesetz, betr. das Hinterlegungs⸗ wesen“, mit einem Kommentar (und genauem Sachregister), heraus-⸗ gegeben von O. Philler, Avppellationsgerichts⸗Rath. 8

In Athen macht die Entdeckung großes und nachhaltiges Aufsehen, daß der Nationalbibliothek zwischen 14,000 bis 15,000 Bände abhanden gekommen sind. Eine eigene zu diesem Behufe eingesetzte Untersuchun skommissson macht den bisherigen Bibliothekar Komnos, unter Hervar elang schwerer Inzichten gegen ihn, für diese Schädigung kostbaren Nationalgutes verantwortlich.

1 Land⸗ und Forstwirthschaft. 3

Zu dem internationalen Saatenmarkt in Wien hat ten sich an 4000 Personen aus allen Theilen Europas eingefunden deren hauptsächlichster Zweck war, sich über die nunmehr größtentheil zum Abschluß gelangten Ernteverhältnisse der wichtigsten Staaten, die auf den Getreidehandel von Einfluß sind, in unmittelbarster Weise zu orientiren. Im Nachstehenden geben wir die wesentlichste Daten wieder, welche nach statiscischen Ermittelungen über die Ernte⸗Ergebnisse der österreichisch⸗ungarischen Monarchie mitgetheilt . wurden. In Oesterreich⸗Ungarn zeigte die Weizenernte Cis leithaniens nahezu eine Durchschnittsernte, da nur ein Minus von nicht ganz 200,000 Metzen gegen einen Durchschnitt zu verzeichnen ist. In den Ländern der ungarischen Krone beträgt das Defizit gegen eine Durchschnittsernte nach genauen Berechnungen mehr als zwei Millio⸗ nen Centner. Verschärft wird dieser Ausfall durch den Umstand, daß die gesammte Ernte in qFualitativer Beziehung 4 Prozent gegen einen Durchschnitt beträgt. In Bezug auf die Roggen⸗Ernte walten etwas günstigere Verhältnisse vor. Das Defizit gegen eine Durchschnittsernte in Cisleithanien beträgt nach den Mit⸗ theilungen nur 100,000 Metzen, in Transleithanien ungefähr 700,000 Metzen. Das Mindergewicht in qualitativer Beziehung ist in Cis⸗ leithanien und in Transleithanien mit 3 % nicht zu hoch beziffert. Gerste: Auch in Betreff dieser Frucht ist nichts Erfreuliches zu melden. Das vistgi in Cisleithanien beträgt 1 ¼ Millionen, in Transleithanien 1 ½ Millionen Metzen. Die Qualität ist tief Unter dem Normalen. In Bezug auf Hafer zeigt sich in Cisleithanien ein Ueberschuß von 400,000 Metzen, in Transleithanien ein Defizit von 2,400,000 Metzen. 8

Unter den Omnibuspferden Londons ist, der „A. A. C. zufolge, seit einigen Tagen eine ernstliche Sterblichkeit einge⸗ treten. Mehrere hundert Pferde wurden von einer Krankheit befallen, deren genaue Natur und Ürsache noch nicht ermittelt worden ist, und sehr viele sind derselben erlegen. Die Symptome der Krankheit sind etwa folgende: Das Maul bedeckt sich mit einem dichten weißen Schaum, dann folgt heftiges Kneifen im Magen und in den Eing- weiden, eine Entzündung erstreckt sich vom Rückgrat bis zum Gehirn, eine Art von Delirium schlägt hinzu, und kurz darauf fällt das Opfer

zu Boden und stirbt.

Washington, 25. August. (W. T. B.) Der Bericht des Departements für Landwirthschaft konstatirt, daß im Laufe des Juli die Ernte im Innern des Landes durch die Witterung nicht ungünstig beeinflußt worden ist. Trockenheit herrschte im Allge⸗ meinen in Michigan, isconsin, Minnesota und den südatlantischen Staaten, während in Karolina, Südvirginien, Arkansas und Nebraska zahlreiche Regengüsse stattfanden. Der durchschnittliche Stand des Frühjahrsgetreides stellt sich auf 87, derjenige des Mais auf 96 x%. Die Baumwollernte hat weit weniger gelitten, als die Getreideernte. Der Ertrag derselben stellt sich in allen Staaten, mit Ausnahme von Tennessee und Kentucky weit über den einer Durchschnittsernte.

Gewerbe und Handel.

In den letzten Tagen sind die Aktien der mecklenbur⸗ gischen Eisenbahnen in den Verkehr der hiesigen Börse ein⸗ geführt worden. Die Bahn, hervorgegangen aus der Vereinigung der mecklenburgischen Eisenbahn und der Großherzoglichen Friedrich⸗ Franz⸗Eisenbahn, ging am 1. Januar in den Besitz und Betrieb einer Aktiengesellschaft über. Die Aktien blieben seither im Besitz der ersten Zeichner, die für 1873 eine Dividende von 5 %, fůür 1874 eine solche von 6 ½ * bezogen. Das Aktienkapital der Gesellschaft beträgt 13,500,000 in 27,000 Aktien zu 500 ℳ. Neben dem Aktienkapital besteht eine an die Großherzoglich meck lenburgische Regierung vom 1. Januar 1873 ab auf 64 Jahre zu zahlende Annuität von 960,000 jährlich, deren Werth, zu 5 % kapitalisirt, sich auf 19,200,000 besiffert so daß also die ganz von der jetzigen Gesellschaft bezahlte Summe inkl. eines ihr über⸗ wiesenen 1 und Erneuerungsfonds von 3,000,000 sich auf 32,700,000 oder auf 764,200 pr. Meile beläuft. 8

Die außerordentliche Generalversammlung der Frankfurter Bank nahm die vom größeren Bankausschuß gestellten Anträge auf Abänderung der Statuten und Bevollmächtigung des Verwaltungs⸗ rathes zur eventnellen Feststellung weiterer Statutenänderungen an.

Graf Guido Henckel von Donnersmarck hatte mehrere in der Provinz Stockholm belegene Gruben und Muthungen, wie die Caroline⸗Grube bei Söderby, die Nya⸗Kafvelles⸗, Häst⸗, Erica⸗ und Söderangs⸗Gruben angekauft, und ist ihm nunmehr die

Erlaubniß, die in Frage stehenden Gruben bearbeiten zu lafsen, er⸗ theilt worden. 8 8

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